Teilzeit - IG Metall Stuttgart

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Teilzeit - IG Metall Stuttgart
Teilzeit
Das aktuelle Gesetz betrieblich umsetzen Hinweise für Betriebsräte
Teilzeit
Das aktuelle Gesetz betrieblich umsetzen Hinweise für Betriebsräte
Te i lze i t
Te i lze i t
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
5
Aspekte, Umfang und Struktur von Teilzeitarbeit
Daten und Fakten zur Teilzeitarbeit
Teilzeit als strategische Option
Risiken und Einwände
Die Herausforderung für Betriebsräte:
Teilzeit gestalten
Die Individualrechte der Beschäftigten aus dem
Teilzeit- und Befristungsgesetz
Wer ist teilzeitbeschäftigt?
Förderung von Teilzeitarbeit durch den Arbeitgeber
Ausschreibung der Arbeitsplätze als Teilzeitplätze
Anspruch der Beschäftigten auf Information
Wer kann Teilzeit verlangen?
Teilzeit für alle Arbeitszeitgestaltungen
Durchsetzung der Teilzeit
Ablehnungsgründe
Welche Fristen müssen beachtet werden?
Ist befristete Teilzeit möglich?
Einseitige Arbeitszeitänderung durch
den Arbeitgeber?
Die Rechte der Beschäftigten und das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats: ein Konflikt?
Teilzeit für Schwerbehinderte
Elternzeit-Teilzeit
Verlängerung der Arbeitszeit
2
6
8
20
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24
26
26
27
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28
28
30
30
31
32
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35
36
37
39
3
Te i lze i t
Te i lze i t
Vorwort
Benachteiligungsverbot
Diskriminierungsverbot
Aus- und Weiterbildung für Teilzeitbeschäftigte
Kündigungsverbot
Die Kollektivrechte des Betriebsrats aus dem
Betriebsverfassungsgesetz
Bedingungen für Teilzeit regeln
Der Betriebsrat beschafft sich Informationen
Fragebogen für Arbeitgeberinformationen
Beschäftigte informieren
Das Initiativrecht wahrnehmen
Lage und Verteilung der Arbeitszeit regeln
Verlängerung der Arbeitszeit
Ausschreibung von Arbeitsplätzen
Einstellung von Teilzeitbeschäftigten
Ausübung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Personalplanung und Weiterbildungsmaßnahmen
Hinweise für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen
42
42
45
45
47
47
47
50
53
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54
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57
58
58
59
Tarifpolitik, Tarifvertrag und Teilzeit
60
Anlagen
65
65
67
68
70
Anmerkungen zum allgemeinen Teilzeitantrag
Teilzeitantrag
Elternzeit-Teilzeitantrag
Eckpunkte zur Betriebsvereinbarung über Teilzeitarbeit
Seit 1. Januar 2001 gibt es in Deutschland eine neues Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (kurz: TzBfG): Erstmals ist darin ein
gesetzlicher Anspruch auf Teilzeitarbeit festgelegt worden. Damit Beschäftigte ihre individuellen Wünsche nach flexibler Arbeitszeitgestaltung aber
auch realisieren können, brauchen sie die Unterstützung ihrer Betriebsräte.
Mit dieser Broschüre wenden wir uns an die gewerkschaftlichen Vertreter,
die Teilzeitmodelle in den Betrieben initiieren und gestalten wollen: attraktiv für die einzelnen Beschäftigten - sozialverträglich für die Belegschaften.
Entstanden ist die Broschüre aus der Zusammenarbeit der Vorstandsbereiche Frauen- und Gleichstellungspolitik, Betriebspolitik, Sozialpolitik und
Tarifpolitik. Sie enthält einen Überblick zum Stand der Teilzeitarbeit in
Deutschland, informiert über die Rechte der einzelnen Beschäftigten und
über die Rechte der Betriebsräte, Teilzeitarbeit kollektivrechtlich zu regeln.
Außerdem zeigt sie in einem Ausblick, welche tarifpolitischen Aufgaben
noch vor uns liegen. Die spezifischen Aspekte von Altersteilzeit oder einer
Absenkung der Arbeitszeit zur Verhinderung betriebsbedingter Kündigungen sind nicht aufgenommen worden.
Viele Betriebe haben erkannt, dass sich Arbeitszeiten, die sich an den
Wünschen der Beschäftigten orientieren, und wirtschaftlicher Erfolg nicht
ausschließen. Eine Herausforderung für die Gewerkschaften und Betriebsräte liegt jetzt darin, die gesetzlich ermöglichten individuellen Arbeitszeitansprüche durch betriebliche und tarifliche Rahmenregelungen abzusichern
und zu erweitern.
(Kirsten Rölke)
4
(Horst Schmitthenner)
5
A s p e kt e , U m fa n g u n d St r u ktu r
A s p e kt e , U m fa n g u n d St r u ktu r
Aspekte, Umfang und Struktur von Teilzeitarbeit
Teilzeitarbeit hat in den letzten zwanzig Jahren einen starken Bedeutungswandel erfahren und gesamtwirtschaftlich in Deutschland wie europaweit
kontinuierlich zugenommen. Nach allen Prognosen ist davon auszugehen,
dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Im Unterschied dazu ist die unbefristete Vollzeitbeschäftigung in Deutschland wie in der gesamten EU
kontinuierlich rückläufig.1 Mit den im Januar 2001 in Kraft getretenen
neuen gesetzlichen Regelungen zur Teilzeitarbeit hat die deutsche Regierung dieser Entwicklung Rechnung getragen und Vorgaben aus der EU in
nationales Recht umgesetzt.
In der gewerkschaftlichen Diskussion sind neue Gesichtspunkte für die
Beurteilung von Teilzeit hinzugekommen: Die Normalarbeitszeit ist immer
noch die anzustrebende Beschäftigungsform. Das arbeitszeitpolitische
Ziel der IG Metall sind kollektive Arbeitszeitverkürzungen. Doch Teilzeitarbeit ist für viele Beschäftigte die einzige Möglichkeit, um die aus der individuellen Lebenslage heraus entstehenden Notwendigkeiten und Interessen mit der Berufsarbeit abzustimmen. In Deutschland herrschen noch
immer große Defizite bei den Kinderbetreuungsangeboten. Deshalb setzt
sich die IG Metall auch für die Möglichkeit ein, Arbeitszeit individuell zu
verkürzen.
Ein weiterer neuer Gesichtspunkt in der gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Diskussion findet Beachtung: Teilzeitarbeit kann einen guten
Beitrag zu mehr Partnerschaft zwischen Männern und Frauen leisten,
wenn zunehmend auch Männer die gebotenen Möglichkeiten nutzen.
In der wissenschaftlichen Diskussion wird immer wieder auf die Erosion
des Normalarbeitsverhältnisses verwiesen. In neueren Ansätzen wird aber
auch danach gefragt, wie das Leitbild für ein neues Normalarbeitsverhältnis aussehen kann. Bisher war der soziale Kern des alten Normalarbeitsverhältnisses der Schutz der Beschäftigten vor Willkür und Marktrisiken,
die Verringerung sozialer Ungleichheit und eine ausreichende materielle
Existenzsicherung. Für uns Gewerkschaften sind diese Vorgaben weiterhin
aktuell, doch aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung müssen wir sie
um zwei Ziele ergänzen: erstens um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und zweitens um mehr Wahlfreiheiten. Vor allem höher qualifizierte
Beschäftigte streben mehr Wahlfreiheiten in der Arbeitszeit an.2 Wenn
künftig Männer und Frauen gleichermaßen Beruf und Familie vereinbaren
werden, brauchen sie zwangsläufig mehr Wahlmöglichkeiten. Zusätzlich
ist die Politik gefordert, für die Kinderbetreuung bessere Rahmenbedingungen herzustellen.3
Teilzeit kann auch unter dem Aspekt der Beschäftigungssicherung interessant sein. So hat die IG Metall Bezirkleitung Hannover 1998 einen
„Tarifvertrag zur Beschäftigungsförderung“ abgeschlossen, der im
Modellversuch ermöglicht, betrieblich geregelt die Arbeitszeit abzusenken und im entsprechenden Volumen Neueinstellungen vorzunehmen.
vgl. Gerhard Bosch, Konturen eines neuen Normalarbeitsverhältnisses,
WSI-Mitteilungen 4/2001
3
vgl. IAB Kurzbericht Nr. 7, 12.4.2001
2
1
6
vgl. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Kurzbericht Nr. 14, 25.10. 00
7
D at e n u n d Fa kt e n
D at e n u n d Fa kt e n
Daten und Fakten zur Teilzeitarbeit
Was ist Teilzeit? - eine kurze Definition
Teilzeitarbeit umfasst eine breite Palette von Arbeitszeitmodellen unterhalb der tariflichen bzw. üblichen Wochenarbeitszeit. Teilzeitarbeit bedeutet nicht nur die klassische Halbtagsstelle oder eine Drei-Tage-Woche.
Teilzeitarbeit kann auch eine vollzeitnahe Beschäftigung bedeuten, in der
Metallindustrie z.B. eine 32-Stunden-Woche.
Voll- und Teilzeitbeschäftigte
Früheres Bundesgebiet (1984 – 1998)
Abhängig
Beschäftigte
Insgesamt
Teilzeitarbeit erleichtert oft Arbeitszeitmodelle, bei denen die Verteilung
der Arbeitszeit im Interesse der Beschäftigten variabel gestaltet werden
kann. Das sind auch Modelle, bei denen sich eine kürzere Wochenarbeitszeit erst innerhalb längerer Bezugsräume ergibt, zum Beispiel über längere Freistellungsphasen (Sabbaticals).
In dieser Broschüre gehen wir nicht auf die besonderen gesetzlichen und
tariflichen Regelungen zur Altersteilzeit ein.
Die Entwicklung der Teilzeitarbeit in Ost und West
In den alten Bundesländern ist die Zahl der abhängig Beschäftigten von
1984 bis 1992 kontinuierlich gestiegen, danach wurde sie wieder rückläufig. Trotz dieses Rückgangs gab es 1998 jedoch etwa 2,5 Millionen mehr
abhängig Beschäftigte als im Jahr 1984. Diese Zunahme ist vor allem auf
den Anstieg der Frauenerwerbstätigkeit zurückzuführen, insbesondere auf
den Ausbau der Teilzeitarbeit von Frauen im Dienstleistungsbereich.4
4
Engelbrech G., Folgen der Beschäftigtenkrise. Zur aktuellen Beschäftigtenentwicklung bei
ost- und westdeutschen Männern und Frauen, IAB-Werkstattbericht Nr. 3, 1999
8
1984 1)
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
davon
Frauen
Männer
VollzeitTeilzeitTeilzeitbeschäftige2) beschäftige3) quote4)
VollzeitTeilzeitTeilzeitbeschäftige2) beschäftige3) quote4)
in 1.000
in 1.000
in 1.000
in %
in 1.000
in 1.000
in %
23.282
23.491
23.819
23.985
24.305
24.718
26.176
26.479
26.877
26.562
26.099
25.932
25.985
25.840
25.896
6.383
6.440
6.511
6.673
6.634
6.791
7.036
7.131
7.231
7.068
6.986
6.889
7.019
6.838
6.782
2.470
2.621
2.711
2.724
2.859
2.933
3.596
3.720
3.910
3.998
4.026
4.096
4.187
4.387
4.521
27,9
28,9
29,4
29,0
30,1
30,2
33,8
34,3
35,1
36,1
36,6
37,3
37,4
39,1
40,0
14.208
14.232
14.391
14.372
14.565
14.736
15.205
15.274
15.347
15.099
14.653
14.473
14.246
14.007
13.933
221
198
206
216
247
258
338
355
389
398
434
474
533
608
660
1,5
1,4
1,4
1,5
1,7
1,7
2,2
2,3
2,5
2,6
2,9
3,2
3,6
4,2
4,5
1) 1984: EG-Arbeitskräftestichprobe.
2) Selbsteinstufung der Befragten.
3) Anteil an allen weiblichen abhängig Beschäftigten.
4) Anteil an allen männlichen abhängig Beschäftigten.
Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus (Arbeitstabelle), Fachserie 1, Reihe 4.1.1.
Eigene Berechnungen.
Alle statistischen Angaben der nachfolgenden Ausführungen sind - wenn nicht anders
ausgewiesen - entnommen aus: Klammer, Klenner u.a., WSI-FrauenDatenReport, Berlin 2000
9
D at e n u n d Fa kt e n
D at e n u n d Fa kt e n
Bemerkenswerte Fakten sind:
> Die Zahl der vollzeitbeschäftigten Frauen hat sich seit 1984 nur
gering nach oben verändert (1984: 6.383.000; 1998: 6.782.000).
Die Zahl der teilzeitbeschäftigten Frauen hat sich in einem
stetigen Zuwachs seit 1984 fast verdoppelt (1984: 2.470.000;
1998: 4.521.000). Die Anzahl der vollzeitbeschäftigten Männer
hingegen hat sich seit 1984 gering nach unten verändert (1984:
14.208.000; 1998: 13.933.000) . Wie bei den Frauen lag der Höhepunkt mit 15.347.000 vollzeitbeschäftigten Männern im Jahr 1992.
Doch das bedeutet: Trotz gestiegener Frauenerwerbstätigkeit hat
das Erwerbsvolumen der Frauen vergleichsweise wenig zugenommen. Bis jetzt teilen die Frauen die Erwerbsarbeit unter sich auf.
Es hat keine Aufteilung des vorhandenen Erwerbsarbeitsvolumens
zwischen den Geschlechtern gegeben.
> Die Teilzeitquote der Frauen, also der Anteil von Teilzeitbeschäftigten an allen erwerbstätigen Frauen, ist von 27,9 Prozent im Jahr
1984 auf 40 Prozent im Jahr 1998 gestiegen.
> Die Zahl der teilzeitbeschäftigten Männer hat sich seit 1984 prozentual gesehen bis 1998 verdreifacht: absolut gesehen jedoch
auf sehr niedrigem Niveau mit 221.000 teilzeitbeschäftigten
Männern im Jahr 1984 auf 660.000 im Jahr 1998! Die Teilzeitquote
der Männer ist damit in diesem Zeitraum von 1,5 auf 4,5 Prozent
gestiegen.
10
In den neuen Bundesländern ist die Zahl der abhängig Beschäftigten seit
1991 deutlich gesunken.
Voll- und Teilzeitbeschäftigte
Neue Bundesländer (1991 – 1998)
Abhängig
Beschäftigte
Insgesamt
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
davon
Frauen
Männer
VollzeitTeilzeitTeilzeitbeschäftige1) beschäftige1) quote2)
VollzeitTeilzeitTeilzeitbeschäftige1) beschäftige1) quote3)
in 1.000
in 1.000
in 1.000
in %
in 1.000
in 1.000
in %
7.407
6.443
6.160
6.201
6.298
6.204
6.076
5.983
2.887
2.516
2.326
2.240
2.259
2.308
2.220
2.166
614
430
460
575
591
541
571
598
17,5
14,6
16,5
20,4
20,7
19,0
20,5
21,6
3.859
3.463
3.329
3.299
3.348
3.276
3.193
3.114
47
34
44
86
100
79
93
105
1,2
1,0
1,3
2,5
2,9
2,4
2,8
3,3
1) Selbsteinstufung der Befragten.
2) Anteil an allen weiblichen abhängig Beschäftigten
3) Anteil an allen männlichen abhängig Beschäftigten.
11
D at e n u n d Fa kt e n
D at e n u n d Fa kt e n
> Dabei verloren Männer und Frauen von 1991 bis 1998 jeweils
ca. 700.000 Vollzeitarbeitsplätze.
Teilzeitquoten
q
Früheres Bundesgebiet und Neue Bundesländer (1998)
> Die Zahl der teilzeitbeschäftigten Frauen ist absolut gesehen etwa
gleich geblieben (1991: 614.000; 1998: 598.000). Da jedoch 1998
deutlich weniger Frauen einer Vollzeitbeschäftigung nachgingen,
ist die Teilzeitquote der ostdeutschen Frauen von 17,5 Prozent im
Jahr 1991 auf 21,6 Prozent im Jahr 1998 gestiegen.
Früheres Bundesgebiet
Frauen
Teilzeit
40%
Männer
Teilzeit
5%
> Die Teilzeitquote der Männer hat sich von 1,2 Prozent im Jahr 1991
auf 3,3 Prozent im Jahr 1998 erhöht. Auch im Osten gilt, dass sich
die Zahl der teilzeitbeschäftigten Männer absolut gesehen auf sehr
niedrigem Niveau bewegt (1991: 47.000; 1998: 105.000).
Vollzeit
60%
Bezogen auf die Teilzeitarbeit ist Ost und West also gemeinsam, dass sie
fast ausschließlich von Frauen verrichtet wird.
Ein ähnlicher Trend ist bei den ausschließlich geringfügig Beschäftigten
festzustellen: Je nach Erhebungsmethode bewegte sich der Anteil der
Frauen an den ausschließlich geringfügig Beschäftigten in Ost und West
zwischen 63 Prozent (ISG 197) und 75 Prozent (Mikrozensus 1998).5
Vollzeit
95%
Neue Bundesländer
Frauen
Teilzeit
22%
Männer
Teilzeit
3%
Vollzeit
78%
5
vgl. Klammer, Klenner u.a., WSI-FrauenDatenReport,Berlin 2000, Tab.2.A.30
und Tab.2.A.31
12
Vollzeit
97%
Quelle:
1,1,Reihe
Quelle: Statistisches
StatistischesBundesamt,
Bundesamt,Fachserie
Fachserie
Reihe4.1.1,
4.1.1,1998
1998
13
D at e n u n d Fa kt e n
D at e n u n d Fa kt e n
Einen deutlichen Unterschied zwischen West und Ost gibt es beim Stundenumfang der Teilzeitbeschäftigung. Im Osten arbeiten teilzeitbeschäftigte Frauen häufiger im vollzeitnahen Stundenbereich. Frauen in Westdeutschland arbeiten eher in der klassischen Halbtagstätigkeit oder
darunter.
Gefragt nach den Gründen für ihre Teilzeitarbeit gaben im Jahr 1998 mehr
als die Hälfte der Frauen, aber nur 10,5 Prozent der Männer familiäre Verpflichtungen an. 13,4 Prozent der Frauen, aber 20,4 Prozent der Männer
arbeiteten Teilzeit, weil sie keine Vollzeitstelle gefunden hatten. Für 28,8
Prozent der Männer, aber nur für 4 Prozent der Frauen war eine Aus- bzw.
Fortbildung der Grund für die Teilzeitarbeit.
Normalerweise geleistete Wochenarbeitsstunden
von teilzeiterwerbstätigen Frauen
Früheres Bundesgebiet und Neue Bundesländer (1995)
Abhängig Beschäftigte in Teilzeitarbeit und Gründe für Teilzeitarbeit
Deutschland [1998]
Abhängig Beschäftigte 18-65 Jahre
Früheres Bundesgebiet
(Mittelwert in Stunden 19,5%)
Frauen
3.034
57,3%
38,3%
Männer
Neue Bundesländer
(Mittelwert in Stunden 26,6%)
(in 1.000)
24,8%
955
18,7%
23,2%
20,6%
17,2%
688
13,4%
15,5%
14,5%
10,6%
9,9%
8,8%
8,6%
5,9%
156
20,4%
14
206 220
4,0% 28,8%
205
26,8%
96
1,9% 40
5,2%
80
10,5%
weil Vollzeit- wegen Schul- aufgrund von
tätigkeit nicht ausbildung
Krankheiten,
zu finden
oder sonst.
Unfallfolgen
Aus- und Weiterbildung
wegen persönlicher
oder
familiärer Verpflichtungen
131
2,6%
47
6,1%
0
r4
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nt
e
35
bi
su
su
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30
25
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5
30
5
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20
21
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15
15
bi
su
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er
20
2,6%
weil Vollzeit- ohne Angabe
tätigkeiten
des Grundes
aus anderen
Gründen nicht
gewünscht
15
D at e n u n d Fa kt e n
D at e n u n d Fa kt e n
Gewünschte Arbeitszeit und tatsächlich geleistete Arbeitszeit stimmen oft
nicht überein. Im Jahr 1999 wünschten sich in den alten Bundesländern
13 Prozent der Teilzeitbeschäftigten eher eine Vollzeitstelle, in den neuen
Bundesländern waren dies sogar 39 Prozent. Auffällig ist hierbei allerdings, dass in den neuen Bundesländern im Jahr 1995 mit 52 Prozent
noch über die Hälfte der Teilzeitbeschäftigten eine Vollzeitstelle bevorzugt
hätten.
Arbeitszeitwünsche von Teilzeitbeschäftigten
Früheres Bundesgebiet und Neue Bundesländer [1995, 1999]
Früheres Bundesgebiet
1995
1999
lieber
Vollzeit
13%
lieber
Vollzeit
9%
weiterhin
Teilzeit
87%
weiterhin
Teilzeit
91%
Neue Bundesländer
1995
1999
lieber
Vollzeit
52%
Bei den Vollzeitbeschäftigten zeigt sich folgendes Bild: Laut Befragungen aus dem Jahr 19996 wünschten sich an weniger tatsächlich zu leistende Arbeitszeit die Männer in Ostdeutschland 3,5 Wochenstunden
und die Männer in Westdeutschland 3,6 Wochenstunden. Frauen in Ostdeutschland wollten gerne drei Stunden, Frauen in Westdeutschland
sogar 4,3 Stunden weniger arbeiten, als sie es im Moment müssen. Die
individuellen Verkürzungswünsche liegen in einem so niedrigen Stundenbereich, dass sie ein Argument mehr für weitere kollektive Arbeitszeitverkürzungen liefern.
Die hier genannten Daten und Fakten spiegeln die Trends aus der
Gesamtwirtschaft wider. Betrachtet man die einzelnen Wirtschaftszweige, sind allerdings große Unterschiede festzustellen. So hat sich die Teilzeitarbeit im Verarbeitenden Gewerbe und den industriellen Wirtschaftszweigen, also auch in den Organisationsbereichen der IG Metall, wenig
bis gar nicht durchgesetzt. In diesen Branchen lag 1999 auch die Teilzeitquote der Frauen in den alten Ländern deutlich unter 20 Prozent, bei den
Frauen in den neuen Ländern sogar nur um 10 Prozent. Wie sich die sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen und Männer 1999 nach
ihrer Teilzeitbeschäftigung genau auf die einzelnen Wirtschaftszweige
verteilt haben, zeigen die beiden folgenden Abbildungen.
lieber
Vollzeit
39%
Bundesmann-Jansen, Groß, Munz, Arbeitszeit 99, Ergebnisse einer repräsentativen
Beschäftigtenbefragung zu traditionellen und neuen Arbeitszeitformen in der Bundesrepublik
Deutschland, Köln 2000
6
weiterhin
Teilzeit
48%
16
weiterhin
Teilzeit
61%
17
18
0,5
1,2
0,8
1,3
Quelle: Bundesanstalt für Arbeit. Eigene Berechnungen
1,3
1,2
1,5 1,5 1,3
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D at e n u n d Fa kt e n
D at e n u n d Fa kt e n
Frauen und Männer in Teilzeitarbeit in den Alten Bundesländern 1999
Anteil in Prozent
Frauen und Männer in Teilzeitarbeit in den Neuen Bundesländern 1999
Anteil in Prozent
13,9
Frauen
Männer
11,2
4,9
1,9
0,8
0,4
Frauen
Männer
8,1
6,6
5,8
5,2
3,8
4,4
3,1
2,1
2,9
1,8
1,2
0,4
1,1
0,2
0,5
0,7
1,1
0,6
3,3
1,1
0,7
1,0
0,6
1,2
0,7
3,1
1,8
2,8
0,6
Quelle:
Quelle:Bundesanstalt
Bundesanstaltfür
fürArbeit.
Arbeit.Eigene
EigeneBerechnungen
Berechnungen
19
Te i lze i t a l s s t r at e g i s c h e O pt i o n
Te i lze i t a l s s t r at e g i s c h e O pt i o n
Teilzeit als strategische Option
Zum gewerkschaftlichen Ziel weiterer kollektiver Arbeitszeitverkürzungen
ist ein weiteres hinzugekommen: individuelle Formen von Arbeitszeitverkürzungen zu ermöglichen. Dabei kann Teilzeitarbeit heutzutage nicht
mehr nur „Frauenthema“ sein. Vielmehr ist sie von uns Gewerkschaften
als strategische Option zu nutzen:
> für die bessere Vereinbarkeit von Bildung bzw. Qualifizierung und
Arbeit in bestimmten Lebensphasen. So ist in Deutschland z.B. der
Prozentsatz der Jugendlichen zwischen 15 und 29 Jahre, die Teilzeitarbeit und Bildung miteinander verbinden, zwischen 1987 und 1995
von 15 auf 26 Prozent gestiegen.7 Die Nachfrage nach gut geregelter
Teilzeitarbeit ist in dieser Altersgruppe also sehr hoch.
Als Option
> für mehr Beschäftigung. Durch die Bereitstellung von Teilzeitarbeits> auf mehr Wahlmöglichkeiten der Beschäftigten bei der Dauer der
plätzen bestehen Möglichkeiten, neue Arbeitsplätze zu schaffen. So
haben z.B. im bereits erwähnten Modellversuch des Bezirks Hannover durch den 1999 in Kraft getretenen Tarifvertrag zur Beschäftigungsförderung 881 Beschäftigte in 18 Betrieben ihre Arbeitszeit
abgesenkt und einen Lohnausgleich erhalten. Dafür
wurden 210 Beschäftigte neu eingestellt.
Arbeitszeit, d.h. auf die bessere Realisierung der Wunscharbeitszeit.
> für eine Flexibilisierung bei der Verteilung der Arbeitszeiten im Interesse der Beschäftigten. Denn bis jetzt bedeutet Flexibilisierung fast immer, die Interessen der Beschäftigten den betrieblichen
und unternehmerischen Interessen nach flexiblem Einsatz unterzuordnen. Hier gilt es, auf der Basis der neuen gesetzlichen Regelungen das Recht der Beschäftigten auf mehr Zeitsouveränität durchzusetzen.
> für die Angleichung der Teilzeitarbeit an die Schutzstandards der
Vollzeitarbeit: Je mehr und besser wir die Teilzeitarbeit regeln, umso
mehr wird sie ein „Normalarbeitsverhältnis“, und als einziger Unterschied bleibt die Arbeitszeit. Wenn uns diese Angleichung gelingt,
erhöht dies unsere Attraktivität als moderne und starke Gewerkschaft.
> für mehr Partnerschaft und Chancengleichheit von Männern und
Frauen. Bei attraktiven betrieblichen Regelungen der Teilzeitarbeit,
die die gleichen Chancen bei Einkommen, Fortbildung und Aufstiegsmöglichkeiten garantieren, würden auch Männer sich stärker für Teilzeitarbeit interessieren - zugunsten einer partnerschaftlichen häuslichen Arbeitsteilung. Für Männer und Frauen würde dies die bessere
Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. von Karriere und Familie
bedeuten.
20
vgl. Gerhard Bosch, Konturen eines neuen Normalarbeitsverhältnisses,
WSI Mitteilungen 4/2001
7
21
Risiken und Einwände
Risiken und Einwände
Risiken und Einwände
Die oben dargestellten Chancen und strategischen Optionen sind die eine
Seite der Medaille. Die andere Seite sind die Risiken von Teilzeitarbeit
und die Einwände gegen sie.
Risiko Nr. 1: Einkommensverlust
Teilzeitarbeit bedeutet automatisch ein geringeres Einkommen. Beschäftigte in den niedrigen Lohn- und Gehaltsgruppen können Einkommensverluste nicht verkraften. Für Menschen mit mittleren Verdiensten bedeutet
Teilzeit, am Rande des Existenzminimums oder darunter zu leben.
Risiko Nr. 2: Leistungsverdichtung
Teilzeitarbeit steigert unumstritten die Produktivität der Einzelnen - sie
kann aber auch zu unverträglichen Leistungsverdichtungen für Teilzeitarbeitende und auch für die KollegInnen im Arbeitsumfeld führen. Hier sind
Betriebsräte gefordert, über Personalbemessungsstrategien Leistungsverdichtung zu verhindern.
Risiko Nr. 3: Karriereknick
Teilzeitarbeit kann immer noch Benachteiligungen in den persönlichen
beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten zur Folge haben - also zum Karriereknick führen. So besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Tatsache, dass die meiste Teilzeitarbeit von Frauen verrichtet wird und dass
Frauen viel seltener in besser bezahlten, in leitenden und führenden Positionen anzutreffen sind. Hier liegt eine weitere Herausforderung für
Betriebsräte im Untenehmen dafür zu sorgen, dass Teilzeitbeschäftigte
gleiche Entwicklungsmöglichkeiten haben wie ihre vollzeitbeschäftigten
Kolleginnen und Kollegen.
22
Risiko Nr. 4: Verluste in der Rente
Wer heute in Teilzeitbeschäftigung geht, muss morgen Einbußen in der
Rente hinnehmen. Das soziale Sicherungssystem in Deutschland basiert
auf einem lebenslangen Vollzeiterwerbsleben. Abweichende Erwerbsverläufe sind nicht ausreichend abgesichert. Hier ist vor allem die Politik
gefordert.
Risiko Nr. 5: Festschreibung der traditionellen Rollen von Männern
und Frauen
Wenn Teilzeitarbeit auch in Zukunft ausschließlich Frauensache bleibt,
wird sie die traditionelle Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen
eher verfestigen. Nur wenn es gelingt, die starre Gegenüberstellung von
Vollzeit- und Teilzeitarbeit in den Unternehmen aufzulockern, werden
mehr Männer ihre Arbeitszeit verringern.
Einwand: Oft heißt es in den Unternehmen, Teilzeit sei nicht überall
machbar, schon gar nicht in Führungs- und Leitungsfunktionen. Doch
genau betrachtet arbeiten auch heute schon viele Führungspersonen in
verschiedenen Teilzeitfunktionen: z.B. als Betriebsinhaber und gleichzeitig als Geschäftsführer eines Verbandes, als Spezialist in einem Unternehmensteam und gleichzeitig als externer Weiterbilder, als 1. Bevollmächtigter einer IG Metall Verwaltungsstelle und gleichzeitig als Landtagsabgeordneter etc. Dies beweist, dass Teilzeitarbeit auch in Führungsfunktionen praktikabel ist.
23
H e r au s fo r d e r u n g
H e r au s fo r d e r u n g
Die Herausforderung für Betriebsräte:
Teilzeitarbeit gestalten
Betriebsräte sind mehr denn je gefordert, Teilzeitarbeit zu gestalten:
attraktiv für die einzelnen Beschäftigten - sozialverträglich für die
Belegschaften.
Dabei müssen die Risiken und Nachteile gegenüber den Chancen von
Modellen der flexiblen Arbeitszeitgestaltung abgewogen und die Belegschaften über alle Aspekte der Teilzeitarbeit informiert werden.
In der betrieblichen kollektiven Gestaltung von Teilzeitarbeit ist wesentlich, die herrschenden Vorurteile gegenüber Teilzeitarbeit abzubauen und
eine Akzeptanz der Vorteile bei Vorgesetzten zu steigern. Dazu gehört
auch die Überzeugungsarbeit, dass Teilzeitlösungen für alle Zielgruppen also auch für Fach- und Führungspersonal - umsetzbar sind.
Nicht zuletzt sind alle kollektiv- und individualrechtlichen Möglichkeiten
zugunsten der Beschäftigten auszuschöpfen. Dabei sollen die folgenden
Kapitel behilflich sein.
24
25
Rechte der Beschäftigten
Rechte der Beschäftigten
Die Individualrechte der Beschäftigten
aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz
Am 1. Januar 2001 ist das Teilzeit- und Befristungsgesetz in Kraft getreten.
Neben neuen Befristungsregelungen enthält es erstmals Durchsetzungsrechte für Teilzeitinteressierte. Im Folgenden werden die gesetzlichen Individualrechte dargestellt. Einzelvertragliche Regelungen aber auch solche
in Betriebsvereinbarungen (s. S. 47ff ) und in Tarifverträgen (s. S. 60ff )
dürfen nach § 22 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz8 nur zugunsten der
Arbeitnehmer vom Gesetz abweichen.
Förderung von Teilzeitarbeit durch den Arbeitgeber
Trotz der verbindlichen Formulierung in § 6: „hat zu ermöglichen“ ist die
Regelung nur eine Aufforderung des Gesetzgebers an die Arbeitgeber, Teilzeitarbeit auf allen Unternehmensebenen zu fördern. Aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass hiermit vor allem auch höher qualifizierte Tätigkeiten von Männern gemeint sind. Konkrete Rechtsansprüche erwachsen
nicht aus § 6. Wohl aber kann die Förderverpflichtung herangezogen werden,
wenn es darum geht, Einzelbestimmungen des Gesetzes oder unbestimmte
Begriffe wie „Treu und Glauben“ und „Fürsorgepflicht“ auszulegen.
Wer ist teilzeitbeschäftigt?
In § 2 ist fixiert, wer teilzeitbeschäftigt ist. Dies ist zum einen definiert
über die jeweilige Dauer der Arbeitszeit und zum anderen über die Festlegung, welche vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer vergleichbar sind.
Bei der Dauer der Arbeitszeit reicht jede Unterschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit (z.B. Wochen- oder Monatsarbeitszeit) von Vollzeitbeschäftigten aus. Das kann z.B. pro Woche nur eine Stunde sein, aber auch 30
oder mehr Stunden. § 2 Abs. 2 stellt ausdrücklich klar, dass auch geringfügig Beschäftigte Teilzeitbeschäftigte sind, denen deshalb auch alle
Rechte aus dem Gesetz zustehen.
Vergleichspersonen sind nach § 2 Abs. 1 nur die Vollzeitbeschäftigten
des Betriebes mit derselben Art des Arbeitsverhältnisses (z. B. befristetes
oder unbefristetes Arbeitsverhältnis) und der gleichen oder einer ähnlichen Tätigkeit. Lässt sich auf Betriebsebene kein vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter finden, so kann nach § 2 Abs. 1 auf Vollzeitbeschäftigte des
jeweils anwendbaren Tarifvertrages abgestellt werden. Gibt es keinen
Tarifvertrag, so ist auf den jeweiligen Wirtschaftszweig abzustellen.
8
26
Ausschreibung der Arbeitsplätze als Teilzeitarbeitsplätze
Nach § 7 müssen Arbeitsplätze grundsätzlich auch als Teilzeitplätze ausgeschrieben werden. Das gilt nur dann nicht, wenn sich der Arbeitsplatz für
eine Teilzeittätigkeit nicht eignet. Darunter wird nach der Gesetzesbegründung verstanden, dass eine Ausschreibung (auch) als Teilzeitarbeitsplatz
immer dann unterbleiben kann, wenn die „betrieblichen Möglichkeiten“ für
einen Einsatz als Teilzeitkraft nicht gegeben sind.
Auch wenn damit die Anforderungen an eine Teilzeitausschreibung herabgesetzt sind, bedeutet dies nicht, dass der Arbeitgeber völlig frei ist. Er muss
schon für den zu besetzenden Arbeitsplatz die objektive Nichteignung für
Teilzeitkräfte darlegen. Einfach zu entscheiden, „in meinem Unternehmen
oder in diesem oder jenem Aufgabenbereich setze ich nur Vollzeitleute ein“,
entspricht nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen. Allerdings hat eine
Verletzung des § 7 Abs. 1 individualrechtlich keine Folgen (zu den Rechten
des Betriebsrats s. S. 47). Es gibt generell keinen Einstellungsanspruch und
damit auch keinen Anspruch auf Einstellung als Teilzeitkraft.
Alle nachfolgenden §§ ohne Bezeichnung sind solche des Teilzeit- und Befristungsgesetzes
27
Rechte der Beschäftigten
Rechte der Beschäftigten
Anspruch der Beschäftigten
auf Information
§ 7 Abs. 2 verschafft den Arbeitnehmern,
die Arbeitszeitänderungswünsche - sei es
für eine kürzeren oder längeren Zeitraum
- angemeldet haben, einen Individualanspruch auf Information über die ihrer Eignung und ihren Wünschen entsprechenden, neu zu besetzenden Arbeitsplätze.
Der Arbeitgeber muss also über solche
Stellenbesetzungspläne unterrichten, die
für den veränderungssuchenden Arbeitnehmer in persönlicher und fachlicher
Hinsicht in Betracht kommen. Die Unterrichtungspflicht bezieht sich außerdem
nicht nur auf zu besetzende Stellen
im Betrieb, sondern im gesamten Unternehmen.
Berufsbildung (also Auszubildende, aber auch unternehmensfremde
Umschüler) nicht mit. Teilzeitbeschäftigte zählen unabhängig von
ihrer jeweiligen Wochenstundenzahl (also auch geringfügig
Beschäftigte) dagegen voll.
> Persönliche Voraussetzung für den Reduzierungsanspruch ist ein
länger als sechs Monate bestehendes Arbeitsverhältnis, d. h. ein
Beschäftigter kann erst zu Arbeitsbeginn des ersten Tages nach
Ablauf von sechs Monaten des Bestehens seines Arbeitsverhältnisses den Verringerungsantrag stellen. Auf eine tatsächliche Beschäftigung innerhalb der sechs Monate kommt es nicht an. Deshalb
kann auch aus einem ruhenden Arbeitsverhältnis heraus eine Verringerung der Arbeitszeit nach Ende des Ruhezeitraums verlangt werden. Dies ist insbesondere wichtig für Mütter und Väter, die gegen
Ende der „Elternzeit“ (so die gesetzliche Bezeichnung für den Erziehungsurlaub ab 01.01.2001) feststellen, dass sie nur mit reduzierter
Stundenzahl wieder in den Betrieb zurückkehren können (Achtung!
Drei-Monats-Mindestankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 einhalten).
> Anspruchsberechtigt sind im Übrigen nicht nur Vollzeitkräfte,
Wer kann Teilzeit verlangen?
§ 8 gibt unter den nachfolgenden Voraussetzungen allen Arbeitnehmern
einen gesetzlichen Individualanspruch auf Verringerung ihrer Arbeitszeit
und Berücksichtigung ihrer Arbeitszeit-Verteilungswünsche:
sondern auch bereits in Teilzeit Beschäftigte. Diese können eine
weitergehende Arbeitszeitverkürzung beantragen.
> Anspruchsberechtigt sind nur Beschäftigte in Unternehmen (alle
Betriebe, Niederlassungen etc. werden zusammengerechnet) mit in
der Regel mehr als 15 Arbeitnehmern. Dabei zählen Personen in
28
29
Rechte der Beschäftigten
Teilzeit für alle Arbeitszeitgestaltungen
Verkürzt werden kann die Wochen-, Monats-, Saison- oder Jahresarbeitszeit. Der Gesetzgeber will mit der Neuregelung alle denkbaren Arbeitszeitgestaltungen erfassen (zur Teilzeit von Schwerbehinderten und Eltern
s. S. 36 und 37). Im Rahmen dieser Broschüre kann nicht auf die besonderen Voraussetzungen und Anforderungen der Altersteilzeit (s. hierzu
Altersteilzeitgesetz und einschlägige Tarifverträge), der Arbeit auf Abruf
(§ 12 ) und der Arbeitsplatzteilung (§ 13) eingegangen werden.
Durchsetzung der Teilzeit
Die Einführung eines Anspruchs auf Arbeitszeitreduzierung in § 8 Abs. 1
soll nach der Gesetzesbegründung dazu beitragen, „eine ablehnende Haltung von Arbeitgebern gegenüber realisierbaren Teilzeitarbeitswünschen
der Arbeitnehmer zu überwinden“. Der Gesetzgeber geht dabei zunächst
von einem sog. Konsensmodell aus, wie sich aus § 8 Abs. 3 ergibt.
Danach sollen beide Seiten versuchen, über das Arbeitszeitvolumen sowie
über die Verteilung der Arbeitszeit Einvernehmen zu erzielen.
Erst, wenn dies nicht gelingt, kommt das „Konfliktmodell“ zur Anwendung. Der Arbeitgeber muss nach § 8 Abs. 4 der vom Arbeitnehmer beantragten Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit zustimmen, soweit
dem nicht betriebliche Gründe (s. S. 31) entgegen stehen. Im Streitfall
entscheiden die Gerichte. Es gibt also weder für den Arbeitnehmer ein
Selbst-Verkürzungsrecht, noch für den Arbeitgeber ein Blockaderecht.
30
Rechte der Beschäftigten
Allerdings könnten Arbeitgeber versucht sein, über den Verfahrensweg
faktisch die Arbeitszeitwünsche ihrer Beschäftigten zu torpedieren. Da
Arbeitnehmer die Zustimmung des Arbeitgebers herbeiführen müssen, ist
nötigenfalls eine arbeitsgerichtliche Klage erforderlich. Diese richtet sich
auf Abgabe der verweigerten Zustimmungserklärung.
Hat die Klage in der ersten Gerichtsinstanz Erfolg, so ist damit aber noch
nicht der Anspruch durchgesetzt. Nach § 894 ZPO gilt nämlich eine
Erklärung erst mit Rechtskraft eines entsprechenden Urteils als abgegeben. Und rechtskräftig wird erst dann eine Entscheidung, wenn gegen sie
kein Rechtsmittel mehr möglich ist. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung können Jahre vergehen.
Es besteht deshalb die Gefahr, dass sich auch noch so berechtigte und
betrieblich ohne Weiteres realisierbare Arbeitszeitwünsche von selbst
erledigen (das Kind ist im Kindergarten, der pflegebedürftige Vater inzwischen gestorben etc.). Hier könnte nur eine richterliche einstweilige
Verfügung zur vorläufigen Regelung der Arbeitszeit helfen, die jedoch
nicht einfach zu erreichen sein wird. Von daher liegt es im Interesse aller,
die Teilzeitmodelle verwirklichen möchten, sich möglichst mit dem Arbeitgeber zu einigen.
Ablehnungsgründe
Nach § 8 Abs. 4 kann der Arbeitgeber die Arbeitszeitwünsche nur ablehnen, wenn betriebliche Gründe hierfür vorliegen. Solche Gründe sind insbesondere: Wesentliche Beeinträchtigungen der Organisation, des
Arbeitsablaufs oder der Sicherheit des Betriebes sowie eine durch die
31
Rechte der Beschäftigten
Arbeitszeitveränderung verursachte unverhältnismäßige Kostenbelastung.
Der Arbeitgeber muss diese im Einzelnen darlegen und im Streitfall auch
beweisen. Die Ablehnung kann sich nur auf die gewünschte Lage oder
aber auf Lage und Dauer der Arbeitszeit beziehen. Was als Ablehnungsgrund ausreicht und was nicht, wird sich erst im Laufe der Zeit durch die
Rechtsprechung näher bestimmen lassen.
Welche Zusatzkosten als nicht mehr tragbar erscheinen, kann nur unter
Bezugnahme auf die Kostensituation im Unternehmen entschieden werden. Der Betrieb ist hierzu kein geeigneter Anknüpfungspunkt.
Der häufig zu erwartende Einwand, die beantragte Arbeitszeitreduzierung
nicht ausgleichen zu können, wird nur dann greifen, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass geeignete Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt nicht
zur Verfügung stehen (so die Gesetzesbegründung).
Verlangen mehrere Arbeitnehmer gleichzeitig oder kurz hintereinander
eine Verringerung ihrer Arbeitszeit und entstünden durch Erfüllung aller
Zeitwünsche wesentliche betriebliche Schwierigkeiten, so muss der
Arbeitgeber eine nachvollziehbare Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der Beweggründe und der sozialen Situation der Teilzeitwilligen treffen.
Welche Fristen müssen beachtet werden?
Der zeitliche Ablauf gestaltet sich so:
> Spätestens drei Monate vor gewünschtem Beginn muss der Arbeitnehmer nach § 8 Abs. 2 dem Arbeitgeber seine Arbeitszeitwünsche
mitteilen.9 Wird diese Frist nicht eingehalten, kann der Antrag auf
Teilzeit abgelehnt werden. Der Beginn verschiebt sich nicht einfach
nach hinten.
9
32
Rechte der Beschäftigten
> Die Vertragsparteien haben dann miteinander zu verhandeln
(§ 8 Abs. 3). Dabei haben beide Seiten ihre jeweilige Interessenlage darzulegen.
> Einigen sie sich, so können sie für die Arbeitszeitveränderung auch
einen anderen Termin (früher oder später) festlegen.
> Will der Arbeitgeber die beantragten Veränderungen ablehnen
oder ihnen nur teilweise zustimmen, so muss er dies dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Veränderungstermin schriftlich mitteilen (§ 8 Abs. 5). Eine Begründung
muss - anders als nach § 15 Abs. 7 Bundeserziehungsgeldgesetz nicht schriftlich erfolgen. Es reicht - ist aber auch erforderlich - ,
wenn dem Arbeitnehmer die Gründe mündlich übermittelt werden
(z.B. im Rahmen der Erörterungen nach § 8 Abs. 3).
> Gibt es kein Einvernehmen zwischen den Vertragsparteien und versäumt der Arbeitgeber die einmonatige Mitteilungsfrist, verringert
sich die Arbeitszeit auch ohne Vereinbarung so, wie es der Arbeitnehmer wünscht (§ 8 Abs. 5).
> Dies gilt ebenso für die von ihm vorgeschlagene Verteilung (Lage)
der Arbeitszeit (§ 8 Abs. 5).
> Nach Zustimmung des Arbeitgebers zur Verringerung oder im Falle
der berechtigten Ablehnung kann der Arbeitnehmer erst zwei Jahre
s. den allgemeinen Teilzeitantrag als Muster in der Anlage
33
Rechte der Beschäftigten
später wieder eine Verringerung seiner Arbeitszeit verlangen
(§ 8 Abs. 6).
> War die Ablehnung allerdings objektiv unberechtigt und gibt sich
der Arbeitnehmer damit nur vorerst zufrieden, z. B. weil er das
Arbeitsverhältnis nicht belasten will, so dürfte auch vor Ablauf der
Zwei-Jahressperrfrist ein erneutes Reduzierungsverlangen zulässig
sein - insbesondere dann, wenn sich zusätzlich auch noch die Verhältnisse geändert haben.
Ist befristete Teilzeit möglich?
Eine Verringerung der Arbeitszeit muss nicht auf Dauer sein, sondern
kann auch nur für eine bestimmte Zeit (z.B. für einen Zeitraum von zwei
Jahren) herbei geführt werden. Arbeitnehmer, die nicht wissen, ob oder
wie sie mit einem niedrigeren Verdienst auskommen, werden zu einer
„Teilzeit auf Probe“ eher bereit sein, als sich gleich auf Dauer festzulegen.
Auch wenn Unsicherheit besteht, wie lange eine Teilzeittätigkeit - z.B. in
Pflege- oder Betreuungsfällen - erforderlich ist, liegt es im Interesse der
Beschäftigten, sich zunächst nur für eine gewisse Zeit festzulegen.
Der Arbeitgeber hat nach § 8 Abs. 3 zu versuchen, auch über einen solchen Teilzeitwunsch auf Zeit Einvernehmen zu erzielen. Ablehnen kann er
nur, wenn „betriebliche Gründe“ (§ 8 Abs. 4) gegen die zeitweilige Teilzeit
vorliegen. Es müsste dann von ihm - unter Angabe konkret nachvollziehbarer Fakten - nachgewiesen werden, dass für die gewünschte Befristungsdauer keine ausreichende Auffanglösung (z. B. eine befristete
Ersatzeinstellung oder durch betriebliche Umorganisation) gefunden
34
Rechte der Beschäftigten
werden kann. Der Einwand, im Gesetz sei eine nur zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit nicht ausdrücklich geregelt, zieht nicht. Wenn der
Gesetzgeber einen Anspruch auf Teilzeit „entsprechend den Wünschen des
Arbeitnehmers“ (so der Wortlaut des § 8 Abs. 4) einräumt, so kann dieses
Recht auch zeitlich eingeschränkt in Anspruch genommen werden.
Einseitige Arbeitszeitänderung durch den Arbeitgeber?
§ 8 Abs. 5 gibt dem Arbeitgeber das Recht, zwar nicht die Dauer, wohl aber
die Verteilung der Arbeitszeit wieder zu ändern - und zwar einseitig im Rahmen seines Direktionsrechts (wobei das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu beachten ist; s. unten und S. 47ff ).
Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass nachweisbare betriebliche
Interessen die Beschäftigteninteressen erheblich überwiegen. Die Anforderungen sind also sehr hoch. Im Streitfall entscheiden die Gerichte. Unter
geeigneten Umständen kann eine einstweilige Verfügung beantragt werden.
Auf jeden Fall muss der Arbeitgeber eine Ankündigungsfrist von mindestens einem Monat einhalten.
Die Rechte der Beschäftigten und das Mitbestimmungsrecht
des Betriebsrats: ein Konflikt?
Der Arbeitgeber hat bei der Festlegung der Lage der Arbeitszeit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (s. S. 55f ) zu beachten. Darauf ist auch
in der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 3 und 5 ausdrücklich hingewiesen
worden. Der Arbeitgeber muss sich also nicht nur mit den Vorstellungen der
Beschäftigten über ihre Arbeitszeit auseinander setzen, sondern auch wenn es nicht nur um absolute Einzelfälle ohne Auswirkungen auf andere
35
Rechte der Beschäftigten
Rechte der Beschäftigten
Beschäftigte geht - die kollektiven Regelungsbedürfnisse des Betriebsrats
beachten. Das kann, muss aber nicht zu Schwierigkeiten führen. Nach
einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (vom 13. Oktober 1987 -1 ABR
10/86) entfallen Mitbestimmungsrechte nicht, weil Arbeitnehmer individuelle Arbeitszeiten wünschen. Hat sich der Arbeitgeber - ohne entsprechende betriebliche Regelung - mit einem/r Beschäftigten auf eine
bestimmte Verteilung der reduzierten Arbeitszeit geeinigt, so darf die
Teilzeitkraft gleichwohl solange nicht eingesetzt werden, bis mit dem
Betriebsrat Einvernehmen über diese Arbeitszeitgestaltung erzielt worden
ist. Dasselbe gilt bei Versäumung der in § 8 Abs. 5 festgelegten Monatsfrist.
Teilzeit für
Schwerbehinderte
§ 81 Abs. 5 des Sozialgesetzbuchs IX gewährt Schwerbehinderten einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, „wenn die kürzere
Arbeitszeit wegen Art und Schwere der Behinderung notwendig
ist“. Aber auch hier gilt - ähnlich
wie nach § 8 Abs. 4 -, dass die
Anspruchserfüllung dem Arbeitgeber zumutbar sein muss und nicht
mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden sein darf.
36
Elternzeit-Teilzeit
Am 1. Januar 2001 sind Änderungen des Bundeserziehungsgeldgesetzes
in Kraft getreten, allerdings nur für Eltern von Kindern, die ab dem
01.01.2001 geboren sind. Nach dem dortigen neuen § 15 Abs. 4 bis 7 gibt
es eine Reihe von Sonderregelungen für Mütter und Väter in Elternzeit
(früher: Erziehungsurlaub), die während dieser Zeit in Teilzeit weiterarbeiten möchten. Danach gilt Folgendes:
> Väter und Mütter dürfen während der Elternzeit bis zu 30 Stunden
wöchentlich erwerbstätig sein, sei es beim alten oder bei einem
neuen Arbeitgeber (in letzterem Fall muss allerdings der alte Arbeitgeber zu
stimmen).
> Eine bereits vor der Elternzeit aufgenommene Teilzeittätigkeit kann
unverändert fortgesetzt werden, soweit das Limit von 30 Wochenstunden nicht überschritten wird.
> Mütter und Väter erhalten während der Elternzeit das Recht, bis zu
zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit zu verlangen, wenn:
1. im Unternehmen in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer (ohne Berufsbildungspersonen) beschäftigt
werden,
2. das Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechung länger als
sechs Monate bestanden hat,
37
Rechte der Beschäftigten
Rechte der Beschäftigten
3. die beantragte Arbeitszeit für mindestens drei Monate
auf einen Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden
verringert werden soll,
Nach Ende der Elternzeit hat der Arbeitnehmer das Recht, zu der
vor dieser Zeit geltenden Arbeitszeit zurückzukehren (§ 15 Abs. 5
Bundeserziehungsgeldgesetz).
4. dagegen keine „dringenden betrieblichen Gründe“
sprechen und
Will der früher vollbeschäftigte Vater bzw. die Mutter auch nach
Ende der Elternzeit weiterhin in Teilzeit arbeiten, muss rechtzeitig spätestens drei Monate vor Ende der Elternzeit - ein Teilzeitantrag
nach § 8 gestellt werden.
5. ein entsprechender Verringerungsanspruch dem Arbeitgeber mindestens acht Wochen vorher schriftlich mitgeteilt
worden ist.
> Will der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit
ablehnen, so muss er dies innerhalb von vier Wochen mit schriftlicher Begründung tun. Obwohl es im Bundeserziehungsgeldgesetz
keinen Automatismus wie nach § 8 Abs. 5 TzBfG gibt, realisieren
sich bei Fristversäumnis des Arbeitgebers die Arbeitszeitwünsche
des Arbeitnehmers, wenn sein Antrag auch den Anforderungen des
§ 8 TzBfG entspricht.
> § 15 Bundeserziehungsgeldgesetz enthält keine besonderen Regelungen über die Verteilung der verringerten Arbeitszeit. Insoweit
finden die allgemeinen Bestimmungen des § 8 Anwendung. Wünsche der Beschäftigten nach einer bestimmten Lage der Arbeitszeit
können deshalb nur dann abgelehnt werden, wenn der Arbeitgeber
hiergegen betriebliche Gründe anführen kann.
In der Anlage (s. S.68) ist ein Musterformular für eine kombinierte
Beantragung von Elternzeit und Teilzeit zu finden.
38
Im Übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 4 bis 7 für teilzeitbeschäftigte Mütter und Väter in der Elternzeit ebenso, wie für teilzeitbeschäftigte Schwerbehinderte (siehe Gesetzesbegründung
zu § 23).
Verlängerung der Arbeitszeit
Abgesehen von dem Sonderfall der Elternzeit (s. oben Nr.14) gibt es keinen allgemeinen Anspruch auf Rückkehr zur alten Arbeitszeit oder auch
nur zur Verlängerung der aktuellen Arbeitszeit.
Nach § 7 Abs. 2 besteht - auf entsprechenden Wunsch eines Arbeitnehmers - eine Informationspflicht über zu besetzende Arbeitsplätze im
Betrieb oder Unternehmen. Daran anknüpfend gewährt § 9 Teilzeitbeschäftigten einen Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung, wenn es
um die Besetzung von freien Arbeitsplätzen mit längerer Arbeitszeit geht.
Dieses Recht steht Vollzeitbeschäftigten zu, die ihre Arbeitszeit verringert
haben - aber auch denjenigen, die von vornherein als Teilzeitkräfte eingestellt worden sind.
39
Rechte der Beschäftigten
Der Verlängerungsanspruch ist an folgende Voraussetzungen gebunden:
> Der/die Teilzeitbeschäftigte hat einen Verlängerungswunsch geäußert.
> Es gibt einen freien Arbeitsplatz mit einer entsprechenden Arbeitszeit,
>
>
>
>
der besetzt werden soll.
Der Teilzeitbeschäftigte ist persönlich und fachlich in der Lage,
diesen Arbeitsplatz auszufüllen.
Andere Interessenten für den Arbeitsplatz - seien es externe
Bewerber oder Belegschaftsangehörige - sind nicht besser
geeignet.
Bei gleicher Eignung dürfen der Verlängerung nicht Arbeitszeitänderungswünsche anderer Teilzeitbeschäftigter entgegen stehen. In
einem solchen Fall soll nach der Gesetzesbegründung der Arbeitgeber nach billigem Ermessen entscheiden dürfen, auf wessen Veränderungswunsch er eingeht. Dabei ist der Arbeitgeber allerdings
nicht völlig frei. So hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom
15.12.1994 - 2 AZR 320/94) entschieden, dass soziale Belange im
Rahmen einer Ermessensentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben
dürfen. Im Ergebnis wird der Arbeitgeber deshalb bei konkurrierenden Anträgen die Arbeitszeit desjenigen verlängern müssen, der bei sonst gleichen Voraussetzungen - aufgrund seiner sozialen Schutzbedürftigkeit am dringendsten einer Verlängerung bedarf.
Und schließlich dürfen auch diesem Verlängerungsanliegen nicht
„dringende betriebliche Gründe“ entgegen stehen.
Verstößt der Arbeitgeber bei einer anderweitigen Neueinstellung gegen ein
berechtigtes Verlängerungsverlangen einer im Betrieb bereits beschäftigten
Teilzeitkraft, so kann nach dem Willen des Gesetzgebers (s. Begründung zu
40
Rechte der Beschäftigten
§ 9) der Betriebsrat, gestützt
auf § 99 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz, die Zustimmung zur Einstellung verweigern. Dasselbe muss auch
gelten, wenn eine Verlängerung der Arbeitszeit - eventuell zusammen mit sonstigen
Veränderungen - Versetzungscharakter hat und eine bereits
im Betrieb beschäftigte Teilzeitkraft
einer sozial schutzwürdigeren anderen Teilzeitkraft vorgezogen wird.
Wie bereits oben dargestellt, setzt der Verlängerungsanspruch nach § 9
voraus, dass ein entsprechender freier Arbeitsplatz vorhanden ist. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kann es einen auf die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gestützten, weiter gehenden
Verlängerungsanspruch geben. So dürfte der Arbeitgeber verpflichtet
sein, auf einen Veränderungswunsch auch dann einzugehen, wenn kein
freier Arbeitsplatz vorhanden ist, es dem Arbeitgeber aber ohne größere
Schwierigkeiten möglich ist, das Arbeitszeitvolumen des Verlängerungswilligen zu erhöhen. Gegebenenfalls ist der Arbeitgeber sogar zu einer
Umorganisation verpflichtet, z.B. wenn es für die Verlängerung gewichtige
und verständliche Gründe des Antragstellers gibt. Für eine solche Auslegung der Fürsorgepflicht spricht § 5 Abs. 3 b und c der EU-Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (Richtlinie 97/81/EG vom 15.12.1997). Danach
sollen Arbeitgeber Anträge von Teilzeitbeschäftigten auf Erhöhung ihrer
Arbeitszeit auch unabhängig von der Existenz entsprechender freier
41
Rechte der Beschäftigten
Arbeitsplätze berücksichtigen. EG-Richtlinien müssen bei der Auslegung
unbestimmter Rechtsbegriffe (hier: Fürsorgepflicht) beachtet werden.
Benachteiligungsverbot
Nach § 5 verboten - und damit nach § 134 Bürgerliches Gesetzbuch
unwirksam - sind alle sich negativ auf das Arbeitsverhältnis auswirkenden
Maßnahmen als Reaktion auf Teilzeitwünsche, also z. B. Entgeltkürzungen, Umsetzungen, Benachteiligungen beim beruflichen Aufstieg, aber
auch Abmahnungen und erst recht Kündigungen.
Diskriminierungsverbot
Das Diskriminierungsverbot gilt uneingeschränkt, ist also anwendbar auf
einzelvertragliche Regelungen, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge.
§ 4 Abs. 1 verbietet, dass Teilzeitbeschäftigte ohne sachlichen Grund
gegenüber Vollzeitbeschäftigten schlechter behandelt werden. Eine Besserstellung wäre demnach zulässig. Allerdings müsste das dann auch
sachlich begründet werden (in der Gesetzesbegründung werden beispielhaft arbeitsmarktpolitische Gründe angeführt), damit keine Diskriminierung von Vollzeitbeschäftigten stattfindet.
Ausdrücklich hervorgehoben wird in § 4 Abs. 1, dass beim Arbeitsentgelt
oder anderen teilbaren geldwerten Leistungen Teilzeitbeschäftigte einen
ihrer Arbeitszeit entsprechenden Anspruch haben. Nach dem Wortlaut des
Gesetzes kann bei geldwerten Leistungen eine Schlechterstellung Teilzeitbeschäftigter auch nicht mit einer sachlichen Begründung gerecht-
42
Rechte der Beschäftigten
fertigt werden. Aus der Gesetzesbegründung wird allerdings deutlich,
dass der Gesetzgeber dies nicht so gewollt hat. Dort heißt es nämlich,
dass die anteiligen Geldleistungen für Teilzeitbeschäftigte nur „regelmäßig“ zu erfolgen haben, „wo dies angemessen ist“, bzw. dass „der
Arbeitgeber nicht berechtigt ist, bestimmte Vergütungsbestandteile
(z. B. Sozialzulagen) wegen der Teilzeit ohne sachlichen Grund gänzlich
zu versagen“.
Daraus ist zu schließen, dass die Anforderungen an einen sachlichen
Grund für eine Schlechterstellung bei Geldleistungen sehr hoch angesetzt
werden müssen. So dürfte der schlichte Hinweis, Vollzeitbeschäftigte mit
Geldleistungen stärker an den Betrieb binden zu wollen, nicht mehr ausreichen. Eine schlechtere Bezahlung mit der Begründung, es handele sich
um einen Nebenerwerb, ist ebenfalls unzulässig.
Nach der bisherigen Rechtsprechung war es schon unzulässig, Teilzeitbeschäftigte auszuschließen z.B. bei:
>
>
>
>
>
Weihnachtsgeld/Sonderzahlungen
Spät- und Nachtarbeitszuschlägen
Betriebsrenten
Jubiläumszuwendungen
Beihilfeleistungen
Demgegenüber sollte es zulässig sein, Überstundenzuschläge von der
Überschreitung der tariflichen Vollarbeitszeit abhängig zu machen (ob
diese Rechtsprechung unter Geltung des § 4 Abs. 1 Bestand haben kann,
ist zweifelhaft). Beim Urlaub kann umgerechnet werden.
43
Rechte der Beschäftigten
Rechte der Beschäftigten
Arbeiten Beschäftigte regelmäßig
an weniger Wochentagen als Vollzeitbeschäftigte, so reduziert sich
ihr Urlaubsanspruch entsprechend.
Arbeiten z.B. Vollzeitbeschäftigte
mit einem 30tägigen Urlaubsanspruch an fünf Tagen, Teilzeitbeschäftigte aber nur an drei Tagen in
der Woche, so beträgt der Teilzeiturlaub 18 Arbeitstage (gerechnet:
30 geteilt durch 5 mal 3).
Teilzeitbeschäftigte müssen sich grundsätzlich nur solche Leistungskürzungen gefallen lassen, die ihrer - gemessen an einer Vollzeitbeschäftigung - geringeren Arbeitszeit entsprechen. Wenn aber der Arbeitgeber
Pauschalleistungen an die Beschäftigten unabhängig von der jeweiligen
individuellen Verdiensthöhe zugesagt hat (z.B. ein nach Betriebszugehörigkeit gestaffeltes Jubiläumsgeld) oder nur pauschal auf die soziale
Unterstützungsbedürftigkeit abgestellt wird (z.B. durch Zahlung einer freiwilligen betrieblichen Krankenbeihilfe, die bestimmte Kosten abdeckt),
haben Teilzeitbeschäftigte Ansprüche auf dieselbe Leistungshöhe wie
Vollzeitbeschäftigte.
Teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder haben nach § 37 Abs. 3. und
6 Betriebsverfassungsgesetz Anspruch auf Freizeitausgleich (bzw. ersatzweise eine Mehrarbeitsvergütung), wenn sie Betriebsratsarbeit bzw. schulungen nicht innerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit durchführen
können.
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Aus- und Weiterbildung für Teilzeitbeschäftigte
Nach § 10 müssen bei Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen auch Teilzeitbeschäftigte eine faire Chance erhalten. Die Bildungsangebote haben
sich in gleicher Weise an Voll- und Teilzeitkräfte zu richten. Nach der
Gesetzesbegründung geht es dabei nicht nur um eine Verbesserung der
Qualifikation für die gerade ausgeübten aktuellen Tätigkeiten, sondern
auch um Maßnahmen zur Förderung des beruflichen Aufstiegs und der
beruflichen Mobilität. Konkurrieren mehrere Voll- und/oder Teilzeitbeschäftigte um nicht für alle ausreichende Bildungsmöglichkeiten, darf der
Arbeitgeber nach seinem Ermessen entscheiden, muss allerdings soziale
Gesichtspunkte berücksichtigen.
Findet die Fortbildungsmaßnahme außerhalb der persönlichen Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigten statt, besteht zumindest dann ein Vergütungsanspruch - wie für geleistete Arbeit -, wenn die Fortbildung zur
Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten erforderlich oder nützlich ist und
die Teilnahme vom Arbeitgeber gewünscht wurde.
Kündigungsverbot
Ein besonderes Kündigungsverbot gilt, wenn der eigentliche oder wesentliche Beweggrund für die Kündigung eine Weigerung des Arbeitnehmers
war, von einer Vollbeschäftigung in Teilzeit oder umgekehrt zu wechseln
(§ 11 Satz 1).
Das Recht zur Kündigung aus anderen Gründen bleibt nach § 11 Satz 2
erhalten. Ist z. B. der alte Arbeitsplatz durch eine betriebliche Organisationsentscheidung des Arbeitgebers weggefallen oder hat sich dieser im
45
Rechte der Beschäftigten
Ko ll e kt i v r e c h t e
Die Kollektivrechte des Betriebsrats
aus dem Betriebsverfassungsgesetz
Arbeitszeitvolumen verändert (wenn der Arbeitgeber sich z.B. aufgrund
eines nachvollziehbaren unternehmerischen Konzeptes dazu entschlossen hat, bestimmte Aufgaben nur noch von Teilzeit- bzw. Vollzeitkräften
durchführen zu lassen) und ist der davon betroffene Arbeitnehmer nicht
bereit, in ein anderweitiges zumutbares Voll- oder Teilzeitarbeitsverhältnis
zu wechseln, so ist eine Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, nicht ausgeschlossen. Bei unvermeidbaren betriebsbedingten
Kündigungen sind sowohl Teilzeitkräfte als auch Vollzeitkräfte in die Sozialauswahl einzubeziehen, wenn es dem Arbeitgeber nur darum geht,
überschüssiges Arbeitsvolumen durch Entlassungen abzubauen.
Bedingungen für Teilzeit regeln
Da häufig die Situation unklar ist, sollte für die Einreichung einer Kündigungsschutzklage sicherheitshalber stets die dreiwöchige Klagefrist des
§ 4 Kündigungsschutzgesetz eingehalten werden, auch wenn sie nicht für
das besondere Kündigungsverbot des § 11 gilt.
Der Betriebsrat beschafft sich Informationen
Um Teilzeitarbeit attraktiv für die Beschäftigten und gleichzeitig sozialverträglich für die Belegschaften zu gestalten, müssen die Bedingungen der
verkürzten Arbeitszeit auf betrieblicher Ebene ausgehandelt und verbindlich geregelt werden. Dabei geht es auch darum, die Gefährdung von Vollzeitarbeitsplätzen durch Teilzeitansprüche zu verhindern.
Dazu müssen auch die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes
korrekt angewendet werden. Zu den kollektivrechtlichen Bestimmungen
gibt dieses Kapitel Hinweise.
Die Betriebsräte brauchen umfassende Informationen, um den Anforderungen und Problemen von Teilzeitbeschäftigten gerecht zu werden. Sie
müssen viel über die konkreten Arbeitsbedingungen und deren mögliche
Veränderung wissen. Nur dann können die Mitbestimmungsrechte wirksam genutzt werden.
Rechtsgrundlagen für die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates sind folgende Paragrafen im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) und im
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG):
§ 7 Abs. 3 TzBfG
§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG
§ 80 Abs. 1 Nr. 2 b BetrVG
§ 92 BetrVG
§ 80 Abs. 2 BetrVG
§ 96 BetrVG/§ 10 TzBfG
§ 90 BetrVG
§ 106 BetrVG
§ 92 a BetrVG
§ 99 BetrVG
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Ko ll e kt i v r e c h t e
Um die Möglichkeiten für Teilzeitarbeit im Betrieb beurteilen zu können,
sind zunächst zwei Dinge erforderlich: Zum einen muss sich der Betriebsrat einen Überblick über die bestehenden Teilzeitarbeitsplätze im Betrieb
verschaffen und sich über Möglichkeiten zur Erweiterung des Angebotes
an Teilzeitarbeitsplätzen informieren. Zum anderen muss er in Erfahrung
bringen, ob Vollzeitbeschäftigte in Teilzeit beschäftigt werden wollen und
welche Möglichkeiten bestehen bzw. welche organisatorischen Voraussetzungen hierzu geschaffen werden müssen.
Ko ll e kt i v r e c h t e
Wünsche der Beschäftigten erfragen und über die Folgen einer entsprechenden Veränderung der Arbeitszeit umfassend informieren.
Nach § 7 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz hat der Arbeitgeber den
Betriebsrat über Teilzeitarbeit in Betrieb und Unternehmen zu informieren. Der Informationsanspruch bezieht sich dabei auf alle bereits vorhandenen und geplanten Teilzeitarbeitsplätze sowie Möglichkeiten der
Umwandlung von Teilzeitarbeitsplätzen in Vollzeitarbeitsplätze und umgekehrt. Auch über vorhandene Wünsche von Arbeitnehmern, aus der
Vollzeitbeschäftigung in die Teilzeit wechseln zu wollen oder umgekehrt,
hat der Arbeitgeber Auskunft zu erteilen. Unterlagen, die der Betriebsrat
zur Beurteilung der Regelungsmöglichkeiten von Teilzeit benötigt, sind
ihm vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen.
Auch der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber einen individuellen
Anspruch auf Information über neu zu besetzende Teilzeitarbeitsplätze
(vgl. § 7 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz). Bei entsprechenden Verhandlungen mit dem Arbeitgeber sollte immer der Betriebsrat hinzugezogen werden (§ 82 Abs. 2 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz).
Bevor mit dem Arbeitgeber Verhandlungen über die Möglichkeit von Teilzeitregelungen aufgenommen werden, sollte der Betriebsrat immer die
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Ko ll e kt i v r e c h t e
Ko ll e kt i v r e c h t e
Fragebogen für Arbeitgeberinformation
1. Wie viele Teilzeitbeschäftigte gibt es im Betrieb?
........................................................................................................
2. In welchen Bereichen/Abteilungen o.ä. sind wie viele
teilzeitbeschäftigt?
a. Abt. ..............................................: ................ Beschäftigte
b. Abt. ..............................................: ................ Beschäftigte
c. Abt. ..............................................: ................ Beschäftigte
3. Wie ist die Verteilung auf die Geschlechter?
männlich: ...................................................
weiblich: .....................................................
4. Ist arbeitsvertraglich eine feste Dauer der Arbeitszeit vereinbart?
Ja:
Nein:
Wenn ja:
Wie ist die Dauer der Arbeitszeit festgelegt:
a. täglich feste Dauer
b. wöchentlich feste Dauer
c. monatlich feste Dauer
d. Jahresarbeitszeit
5. Werden Teilzeitbeschäftigte zu Mehrarbeit herangezogen?
Ja:
Nein:
50
Wenn ja:
Wie hoch war das Mehrarbeitsvolumen?
a. im vergangenen Monat: .......
b. im vergangenen Quartal: .......
c. im vergangenen Jahr: .......
6. Sind Lage und Verteilung der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag
fest vereinbart?
Ja:
Nein:
Wenn nein:
Ist die Festlegung der Lage der Arbeitszeit von der Zustimmung der
Beschäftigten abhängig?
Ja:
Nein:
7. Werden Beschwerden im Zusammenhang mit Dauer, Lage und
Verteilung der Arbeitszeit erhoben?
Häufig:
Selten:
Nie:
8. Wie wird Teilzeitarbeit aus Sicht des Arbeitgebers eingeschätzt?
Eher positiv:
Eher negativ:
9. Beabsichtigt der Arbeitgeber die Ausweitung von Teilzeitarbeit?
Ja:
Nein:
51
Ko ll e kt i v r e c h t e
Ko ll e kt i v r e c h t e
10. Bestehen Wünsche der Beschäftigten auf Wechsel von
Voll- in Teilzeitarbeit oder umgekehrt?
Ja:
Nein:
Wenn ja:
wie viele?........
11. Welche Maßnahmen sind beabsichtigt, um Wünschen der
Beschäftigten nach Veränderung der Arbeitszeit Rechnung tragen
zu können?
Beschäftigte informieren
Der Betriebsrat muss die eingehenden Informationen auswerten. Will er
die Probleme der Teilzeitbeschäftigten regeln, ist der nächste Schritt die
Information der betrieblichen Öffentlichkeit und die Diskussion mit Vertrauenskörper und Belegschaft.
Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten:
>
A: ...............................................................................................
Dabei sollte einfach und schlüssig dargestellt werden, warum man
gerade jetzt diese Probleme aufgreift, was sie für alle Beschäftigten
im Betrieb bedeuten und worum es bei einer geplanten Initiative
geht.
B: ...............................................................................................
(ggf. auf einem gesonderten Blatt erläutern)
>
Das Thema Teilzeitarbeit sollte auf einer Betriebsversammlung
behandelt werden. Dort kann anhand konkreter Beispiele aufgezeigt werden, warum die Arbeitszeit und die Arbeitsbedingungen
der Teilzeitbeschäftigten verbindlich geregelt werden sollen und
müssen. Dasselbe gilt für die Wünsche von Beschäftigten nach
Rückkehr zur Vollzeitarbeit. Es sollte klar werden, dass von einer
solchen Regelung letztlich alle Arbeitnehmer/innen - Vollzeit- und
Teilzeitbeschäftigte - profitieren.
>
Unter bestimmten Bedingungen ist es empfehlenswert, die Teilzeitbeschäftigten zu einer besonderen Teil-Betriebsversammlung einzu-
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Betriebsrat die notwendigen
Auskünfte zu erteilen und gegebenenfalls Unterlagen vorzulegen (vgl.
§ 7 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz). Sollte sich der Arbeitgeber
weigern, kann der Betriebsrat den Arbeitgeber gegebenenfalls im
Beschlussverfahren zur Erteilung der Informationen zwingen.
52
Betriebsrat, Vertrauenskörper sowie Jugend- und Auszubildendenvertretung sollten in einer Information für die Beschäftigten kurz
und bündig über die Probleme berichten.
53
Ko ll e kt i v r e c h t e
Ko ll e kt i v r e c h t e
> laden. Dies ist gemäß § 42 Betriebsverfassungsgesetz möglich und
kann sinnvoll sein, wenn z.B. über Regelungen zur Teilzeitarbeit
verhandelt wird. Dann können die Beschäftigten ihre Wünsche,
Interessen und Forderungen nochmals formulieren und damit den
Betriebsrat in seiner Verhandlungsposition unterstützen.
Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten (und insbesondere die sog. Arbeit auf
Abruf nach § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz) erstreckt. Das Betriebsverfassungsgesetz unterscheidet dabei nicht zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten. Auch entfällt das Mitbestimmungsrecht nicht, weil einzelne
Arbeitnehmer bestimmte individuelle Arbeitszeiten wünschen.
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden:
Das Initiativrecht wahrnehmen
Die nächsten Schritte zielen darauf, mit dem Arbeitgeber Gespräche aufzunehmen und die Teilzeitarbeit zu regeln. Dazu müssen die vorhandenen
Mitwirkungsrechte des Betriebsrates voll ausgeschöpft werden. Auch
kann der Betriebsrat Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie
und Erwerbstätigkeit vorschlagen (§ 92 Abs. 3 sowie § 80 Abs. 2 a und
2 b Betriebsverfassungsgesetz).
>
„Der Betriebsrat hat mitzubestimmen bei der Festlegung der
Mindestdauer der täglichen Arbeitszeit, bei der Festlegung der
Höchstzahl von Tagen in der Woche, an denen teilzeitbeschäftigte
Arbeitnehmer beschäftigt werden sollen, und bei der Festlegung
der Dauer der Pausen für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer...“
(Beschluss vom 13. Oktober 1987 - 1 ABR 10/86).
Das Betriebsverfassungsgesetz und unsere Tarifverträge geben u.a.
folgende Handlungsmöglichkeiten:
>
„Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz über die Frage mitzubestimmen, ob Teilzeitkräfte an festen
Zeiten oder nach Bedarf beschäftigt werden sollen“ (Beschluss
vom 28. September 1988 - 1 ABR 41/87).
>
„Folge des Mitbestimmungsrechtes nach § 87 Abs. 1 Nr. 2
Betriebsverfassungsgesetz ist es, dass der Arbeitgeber den Einsatz
von Arbeitnehmern in kapazitätsorientierter variabler Arbeitszeit
nicht einseitig anordnen kann“ (Beschluss vom 28. September
1988 - 1 ABR 41/87).
Lage und Verteilung der Arbeitszeit regeln
Regelungen im Arbeitsvertrag reichen allein nicht aus, um die Beschäftigten zu schützen. Lage und Verteilung der Arbeitszeit auf die Werktage
sowie die Dauer der täglichen Arbeitszeit und der Pausen müssen unter
Beachtung der Tarifverträge durch eine Betriebsvereinbarung geregelt
werden. Das ist ein wichtiger Punkt, damit die Interessen der Teilzeitbeschäftigten sich auch durchsetzen lassen können. Der Betriebsrat hat ein
Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 2 und 3 Betriebsverfassungsgesetz, das sich sowohl auf die Lage als auch auf die Verteilung der
54
Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz ein
„Initiativrecht“ für generelle Regelungen zur Lage der Arbeitszeit von Teil-
55
Ko ll e kt i v r e c h t e
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Ko ll e kt i v r e c h t e
zeitbeschäftigten (Bundesarbeitsgericht vom 13. Oktober 1987 - 1 ABR
69/86). Dieses Initiativrecht kann er nutzen, um mit dem Arbeitgeber
über die materiellen Arbeitsbedingungen und die Absicherung der Teilzeitarbeitsverhältnisse zu verhandeln. Er kann selbst tätig werden und
muss nicht auf Vorstöße oder Veränderungen des Arbeitgebers warten.
mungspflichtige Mehrarbeit vor. Arbeitszeitverlängerungen oder sonstige
Veränderungen der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten sollten betrieblich
möglichst nur zugelassen werden, wenn sie auf Wunsch der Beschäftigten
erfolgen.
Bei der Festlegung der Dauer der wöchentlichen Arbeitzeit von Teilzeitbeschäftigten hat das Bundesarbeitsgericht ein unmittelbar auf § 87 Abs. 1
Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz gestütztes Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrates verneint. Der Betriebsrat kann jedoch durch die Mitbestimmung bei der Mindest- und Höchstdauer der täglichen Arbeitszeit, der
Festlegung der Lage der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie der
Verteilung auf einzelne Wochentage Einfluss nehmen. Der Betriebsrat
sollte in diesem Rahmen auf die Interessen und Bedürfnisse der Beschäftigten zugeschnittene unterschiedliche Arbeitszeitmodelle entwickeln
und darüber verhandeln.
Ausschreibung von Arbeitsplätzen
Verlängerung der Arbeitszeit
Einstellung von Teilzeitbeschäftigten
Auch vorübergehende Verlängerungen der Arbeitszeit, die vom Arbeitgeber veranlasst werden, unterliegen nach den Tarifverträgen und dem
Betriebsverfassungsgesetz (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz) der Mitbestimmung des Betriebsrates (Bundesarbeitsgericht vom
23.07.1996 - 1 ABR 13/96).
Die „betriebsübliche Arbeitszeit“ ist bei Teilzeitbeschäftigten die im
Arbeitsvertrag vereinbarte und (gemessen an einer Vollzeitbeschäftigung)
regelmäßig verkürzte Dauer der Arbeitszeit (Bundesarbeitsgericht vom
23. Juli 1996 - 1 ABR 13/96). Wird sie überschritten, liegt eine zustim-
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, vor der Einstellung von Teilzeitbeschäftigten
die Zustimmung des Betriebsrates einzuholen. Dazu gehört auch die Information über die einzelvertraglichen Vereinbarungen (§ 99 Abs. 1 und 2
Betriebsverfassungsgesetz). Der Betriebsrat kann die Zustimmung gemäß
§ 99 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz verweigern, wenn einer der dort
genannten Gründe vorliegt - wenn beispielsweise die vereinbarte Stundenzahl gegen eine tarifvertragliche Regelung verstößt (Bundesarbeitsgericht
vom 28.01.1992 - 1 ABR 45/91).
Nach § 7 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz in Verbindung mit § 93
Betriebsverfassungsgesetz ist der Arbeitgeber auf Verlangen des Betriebsrates verpflichtet, Arbeitsplätze auch als Teilzeitarbeitsplätze auszuschreiben, wenn sie hierfür geeignet sind. Soweit entsprechende Wünsche von
Beschäftigten vorliegen, sollte der Betriebsrat immer auf einer innerbetrieblichen Ausschreibung bestehen. Verstößt der Arbeitgeber gegen seine
Verpflichtung zur innerbetrieblichen Ausschreibung, kann der Betriebsrat
der Einstellung nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 Betriebsverfassungsgesetz widersprechen.
57
Ko ll e kt i v r e c h t e
Ko ll e kt i v r e c h t e
Ausübung der Mitbestimmungsrechte
des Betriebsrates
Mitbestimmung heißt, dass der Betriebsrat die Initiative
zur Regelung von Teilzeit ergreifen kann; und bei Nichteinigung mit dem Arbeitgeber ist es ihm möglich, eine
Regelung durch Anrufung einer Einigungsstelle zu
erzwingen (§ 87 Abs. 2 in Verbindung mit § 76 Betriebsverfassungsgesetz). Über die Mitbestimmung im Einzelfall hinaus sollte dabei möglichst der Abschluss einer
Betriebsvereinbarung angestrebt werden, in der die
Arbeitsbedingungen der Teilzeitbeschäftigten umfassend und abschließend geregelt sind.
Kommt es zu einer Regelung, muss der Arbeitgeber die bereits abgeschlossenen oder neuen Arbeitsverträge inhaltlich dieser Regelung
anpassen. Arbeitszeitlage, Stundenzahl pro Tag, Verschiebungen und
Veränderungen der Arbeitszeit können also geregelt, Mehrarbeit kann
kontrolliert bzw. unterbunden werden. Bei all diesen Möglichkeiten sind
die Betriebsräte nicht allein. Die IG Metall unterstützt sie bei der Wahrnehmung und Durchsetzung ihrer Mitbestimmungsrechte.
Personalplanung und Weiterbildungsmaßnahmen
Im Rahmen der Personalplanung kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber
Vorschläge für eine Umwandlung von Vollzeitarbeitsplätze in Teilzeitarbeitsplätze und umgekehrt machen (vgl. § 92 Abs. 3 sowie § 80 Abs. 1
Nr. 2 a und 2 b Betriebsverfassungsgesetz). Der Arbeitgeber hat den
Betriebsrat dabei über die Teilzeitmöglichkeiten sowohl im Betrieb als
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auch im Unternehmen zu informieren (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 Teilzeit- und
Befristungsgesetz) und ihm die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung
zu stellen.
Der Arbeitgeber hat nach § 96 Betriebsverfassungsgesetz außerdem mit
dem Betriebsrat Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung von Teilzeitbeschäftigten zu beraten. Den Arbeitgeber trifft nach § 10 Teilzeit- und Befristungsgesetz sogar eine Verpflichtung zu entsprechenden Maßnahmen
in der Förderung der beruflichen Entwicklung und Mobilität von Teilzeitbeschäftigten. Die Durchführung entsprechender Maßnahmen unterliegt
nach § 98 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz dem Mitbestimmungsrecht
des Betriebsrates.
Hinweise für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen
Arbeitgeber argumentieren häufig, es handele sich bei Teilzeitbeschäftigten um „Einzelfälle“, die nicht den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates unterliegen würden. Das ist so nicht richtig. Im Allgemeinen besteht
ein Regelungsbedarf, unabhängig von der Person und den individuellen
Wünschen der einzelnen Beschäftigten. Der Arbeitseinsatz von Teilzeitbeschäftigten wie von Vollzeitbeschäftigten im Betrieb erfolgt systematisch
entsprechend den „betrieblichen Bedürfnissen“. Damit unterliegen auch
generelle Regelungen zur Teilzeitarbeit nach der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts der Mitbestimmung des Betriebsrats. Dabei ist
nicht entscheidend, ob der Arbeitgeber eine generelle Regelung wünscht,
denn dem Betriebsrat steht im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz ein Initiativrecht zu (Bundesarbeitsgericht vom 13. Oktober 1987 - 1 ABR 69/86).
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Ta r i f p o l i t i k , Ta r i fve rt r ag u n d Te i lze i t
Ta r i f p o l i t i k , Ta r i fve rt r ag u n d Te i lze i t
Tarifpolitik, Tarifvertrag und Teilzeit
„Teilzeitarbeit kann auch ein Instrument zur Entlastung des Arbeitsmarktes sein. Darüber hinaus entspricht Teilzeit in spezifischen Lebenssituationen den Wünschen der Beschäftigten. Deshalb sollte tarifvertraglich
ein Anspruch auf Teilzeit, Regelungen zum Rückkehrrecht in Vollzeit und
zur Gleichstellung bzw. zum Schutz vor Diskriminierung erreicht werden“
(aus der Entschließung 3 zur Tarifpolitik des 19. Ordentlichen Gewerkschaftstages der IG Metall vom 3. bis 9. Oktober 1999).
Viele Beschäftigte müssen oder möchten kürzer arbeiten - auch wenn sie
dadurch weniger verdienen. Schlechtere Arbeitsbedingungen und Benachteiligungen am Arbeitsplatz müssen aber nicht hingenommen werden,
denn Teilzeitbeschäftigte haben die gleichen Rechte wie Vollzeitbeschäftigte, die Tarifverträge gelten grundsätzlich auch für sie.
Erstmals 1990 konnten in den Tarifverträgen der Metallindustrie Regelungen zur Teilzeitarbeit aufgenommen werden, die über eine reine Definition
hinausgingen. So wurden die Arbeitszeitbestimmungen zum Beispiel im
Manteltarifvertrag für die hessische Metallindustrie um folgende Regelungen ergänzt:
> Arbeitnehmer mit Teilzeitarbeit haben im Rahmen ihres Arbeitsvertrages die gleichen tariflichen Rechte und Pflichten wie Vollzeitbeschäftigte, soweit sich nicht aus den Tarifverträgen etwas anderes
ergibt.
> Teilzeitarbeit soll, sofern sachliche Gründe keine andere Regelung
erfordern, so gestaltet werden,
• dass die jeweils gültigen Grenzen der Sozialversicherungspflicht im Rahmen der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht unterschritten werden. Ist dies aus betriebsorganisatorischen Gründen nicht möglich oder wünscht der
Arbeitnehmer eine kürzere Arbeitszeit, ist der Arbeitnehmer
auf mögliche sozialversicherungsrechtliche Folgen schriftlich
hinzuweisen.
• dass die tägliche Arbeitszeit mindestens drei Stunden
beträgt und zusammenhängend erbracht werden kann.
> Wünschen Arbeitnehmer mit Teilzeitarbeit den Übergang in Voll> „Arbeitnehmer, deren individuelle regelmäßige wöchentliche
Arbeitszeit geringer als die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit
gemäß Ziffer 1 ist, sind Teilzeitbeschäftigte. Teilzeitarbeit wird
einzelvertraglich vereinbart.
zeitarbeit oder eine andere Arbeitszeit unterhalb der Vollzeitarbeit,
so soll dem Rechnung getragen werden, wenn eine solche Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz oder mit einer anderen
Arbeitszeit am gleichen Arbeitsplatz betrieblich möglich ist.“
> Wünschen Arbeitnehmer Teilzeitarbeit, so soll dem im Rahmen der
betrieblichen Möglichkeiten Rechnung getragen werden.
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Ta r i f p o l i t i k , Ta r i fve rt r ag u n d Te i lze i t
Nach dem Manteltarifvertrag von 1999 für das Textilreinigungsgewerbe
der Bundesrepublik haben die Beschäftigten bei der Beachtung von
Ankündigungsfristen einen individuellen Anspruch auf Absenkung der
Arbeitszeit mit einem Rückkehrrecht in die ursprüngliche Arbeitszeit.
Die tarifliche Regelung zur individuellen Absenkung der wöchentlichen
Arbeitszeit hat folgenden Wortlaut:
„Der/die Arbeitnehmer(in) kann eine individuelle Absenkung seiner/ihrer
regelmäßigen Wochenarbeitszeit beantragen. Dieser Antrag kann auf
unbestimmte Zeit gestellt werden. Mit einer Frist von zwei Monaten zum
Ablauf von sechs Monaten kann der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin wieder eine Erhöhung bis zur ursprünglichen Arbeitszeit verlangen.
Dem Antrag des/r Arbeitnehmers(in) ist vorbehaltlich entgegenstehender,
zwingender Gründe zu entsprechen.
Für eine weitere oder neue Absenkung der Wochenarbeitszeit beträgt die
Wartezeit 24 Monate.
Die individuelle Arbeitszeit darf die Wochenarbeitsstunden nicht unterschreiten, die mindestens einer Beitragspflicht zur Bundesanstalt für
Arbeit unterliegen.“
Der IG Metall ging und geht es in den Verhandlungen vor allem darum, die
Teilzeit-Arbeitsverhältnisse unterhalb der Sozialversicherungsgrenze einzuschränken und den Wünschen der Beschäftigten nach Verringerung der
Arbeitszeit bzw. Rückkehr in Vollzeit Rechnung zu tragen. Dies war auch
eine Forderung an den Gesetzgeber. Ende 2000 wurden neue gesetzliche
Regelungen getroffen (s. S. 26ff ), die es zu Gunsten der Beschäftigten
auszuschöpfen gilt.
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Ta r i f p o l i t i k , Ta r i fve rt r ag u n d Te i lze i t
Das neue Gesetz enthält allerdings eine Reihe von Einschränkungen und
Unklarheiten. Es bleibt für kollektivrechtliche Regelungen auch auf tariflicher Ebene noch ein breites Spektrum an Forderungen, wie zum Beispiel:
>
Verbesserter Rechtsanspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit
>
Rückkehrrecht in Vollarbeitszeit oder eine andere Teilarbeitszeit
>
Klarstellung der Möglichkeit der zeitlichen Befristung
>
Absicherung des Prinzips der Freiwilligkeit
>
Angebot von Teilzeitarbeit auf allen betrieblichen Hierarchieebenen
>
Qualifizierungsanspruch auch für Teilzeitbeschäftigte
>
Berichterstattungspflicht des Arbeitgebers über die Entwicklung
der Teilzeitbeschäftigung bezüglich Eingruppierung, Aufstieg und
Weiterbildung
>
Verschiedene Arbeitszeitmodelle für Teilzeitbeschäftigte
>
Keine Leistungsverdichtung, insbesondere bei Umwandlung von
Vollzeitarbeitsplätzen
>
Finanzielle Anreize, sowohl für arbeitsmarktentlastende als auch
familienbedingte Teilzeit
63
Ta r i f p o l i t i k , Ta r i fve rt r ag u n d Te i lze i t
A n l ag e n
Anlagen
> Ersatzeinstellungen beim Zustandekommen eines entsprechenden
Zeitvolumens durch Reduzierung der Arbeitszeit
> Einschränkung von geringfügiger Beschäftigung und Arbeit auf
Abruf
Anmerkungen zum allgemeinen Teilzeitantrag
Zum allgemeinen Teilzeitantrag (gestützt auf § 8) ist Folgendes anzumerken:
> Der gewünschte Beginn der Arbeitszeitreduzierung muss mindestens drei Monate nach Antragstellung liegen. Das betreffende
Datum ist in der ersten Zeile einzutragen.
> Regelung und Bezahlung von Mehrarbeit
> Um zu verhindern, dass bei berechtigter Ablehnung nur eines
Diese Punkte werden in die Diskussionen der Tarifkommissionen eingehen müssen, wenn es darum geht, über die weitere Arbeitszeitpolitik
der IG Metall zu entscheiden.
Arbeitszeitwunsches eine zweijährige Sperrfrist für weitere Anträge
(§ 7 Abs. 6) eintritt, ist zu empfehlen, dass sich Teilzeitinteressierte
Gedanken über eine „zweitbeste Lösung“ machen und diese in den
Antrag aufnehmen. Der sog. Hilfsantrag kommt nur dann zum Tragen,
wenn der Hauptantrag berechtigt abgelehnt wird.
> Für diejenigen, die nicht auf Dauer ihre Arbeitszeit reduzieren
wollen, ist die Möglichkeit einer zeitlichen Einschränkung vorgesehen (s. der Satz in den Klammern).
Der Elternzeit-Teilzeitantrag kombiniert das Verlangen nach Elternzeit
(früher: Erziehungsurlaub) mit dem speziellen Teilzeitantrag während der
Elternzeit nach § 15 Abs. 4-7 Bundeserziehungsgeldgesetz.
> Da die Inanspruchnahme der Elternzeit nach § 16 Bundeserziehungsgeldgesetz durch den Arbeitgeber nicht verhindert werden kann,
wohl aber der Teilzeitwunsch (wenn „dringende betriebliche Gründe“
dagegen sprechen), kann die Situation entstehen, dass eine Elternzeit mit Null-Arbeitszeit herbeigeführt wird, obwohl der/die Arbeitnehmer/nehmerin sich das auf keinen Fall finanziell leisten kann.
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A n l ag e n
A n l ag e n
____________________________________
(Vor- und Nachname)
____________________________________
(Abteilung, Kostenstelle etc.)
> Wer ohne Teilzeitarbeit Elternzeit nicht in Anspruch nehmen kann
________________
(Ort, Datum)
An die Personalabteilung im Hause
oder will, sollte den ersten Kreis ankreuzen.
Teilzeitantrag
> Der zweite Kreis sollte angekreuzt werden, wenn die Elternzeit auf
jeden Fall in Anspruch genommen werden soll oder muss, auch
wenn der Teilzeitwunsch abgelehnt wird. Es kann dann versucht
werden, die Teilzeit gerichtlich durchzusetzen.
Ich beantrage die Verringerung meiner regelmäßigen Arbeitszeit ab dem_______
von __________ Stunden
auf __________Stunden
(alte Wochen- od. Monats- oder Jahresarbeitszeit)
(neue gewünschte Arbeitszeit)
und eine Verteilung der neuen Arbeitszeit wie folgt (Uhrzeiten eintragen):
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sollten der Verwirklichung meines Arbeitszeitwunsches betriebliche Gründe
entgegenstehen, beantrage ich hilfsweise eine Verringerung auf ________Stunden
und/oder eine Verteilung wie folgt (Uhrzeiten eintragen):
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
(evtl.: Die Verringerung meiner Arbeitszeit soll vorerst nur gelten bis: __________)
Ich bitte um Ihre schriftliche Bestätigung. Sollten Sie Einwände gegen meine
Arbeitszeitwünsche haben, bitte ich um ein klärendes Gespräch.
___________________________
(Unterschrift)
Kopie an Betriebsrat mit der Bitte um Unterstützung meines Teilzeitantrags.
Am ________________Antrag erhalten:____________________
(Personalabteilung)
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A n l ag e n
A n l ag e n
__________________________________________
(Vor- und Nachname)
__________________________________________
(Abteilung, Kostenstelle etc.)
________________
(Ort, Datum)
An die Personalabteilung im Hause
Elternzeit - Teilzeitantrag
Nach der Geburt meines Kindes möchte ich Elternzeit in Anspruch nehmen und
mit verringerter Arbeitszeit weiterarbeiten.
Die Elternzeit soll wie folgt liegen (maximal 4 Zeitabschnitte):
von _______________________ bis _____________________
von _______________________ bis _____________________
von _______________________ bis _____________________
von _______________________ bis _____________________
Während der Elternzeit möchte ich in Teilzeit arbeiten (maximal 2 Teilzeitwünsche)
von ___________ bis _________________ mit ___ Wochenstunden (15 - 30)
von ___________ bis _________________ mit ___ Wochenstunden (15 - 30)
Gewünschte
Verteilung :
von...bis....Uhr
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
(Folgendes je nach Interessenlage bitte ankreuzen)
Die oben stehende Elternzeit wird nur unter der Bedingung in Anspruch
genommen, dass mir eine Teilzeitbeschäftigung ermöglicht wird.
Die oben stehende Elternzeit wird auf jeden Fall in Anspruch genommen.
Mein Teilzeitwunsch bleibt allerdings aufrecht erhalten.
Ich bitte um eine schriftliche Bestätigung bzw. um ein klärendes Gespräch.
________________________
(Unterschrift)
Kopie an Betriebsrat mit der Bitte um Unterstützung meines Teilzeitantrags.
Am __________ Antrag erhalten:____________________
(Personalabteilung)
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A n l ag e n
A n l ag e n
Eckpunkte einer Betriebsvereinbarung zur Teilzeitarbeit
Präambel
Arbeitgeber und Betriebsrat sind sich einig, dass eine Beschäftigung im
Unternehmen grundsätzlich im Rahmen von Vollzeitarbeitsverhältnissen
erfolgt. Um den Beschäftigten eine individuell angepasste Arbeitszeitgestaltung auf allen Qualifikationsstufen zu ermöglichen, werden die
Betriebsparteien alle Voraussetzungen schaffen und die erforderlichen
organisatorischen Massnahmen ergreifen, um Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern ungeachtet ihres Alters, Geschlecht oder Qualifikation
einen Anspruch auf Teilzeitarbeit einzuräumen. Hierbei ist den arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen einer menschengerechten Gestaltung der
Arbeitsplätze Rechnung zu tragen. Die Teilzeitarbeit ist so zu gestalten,
dass eine Diskriminierung der Beschäftigten ausgeschlossen und eine
gleichberechtigte Teilhabe an betrieblichen Leistungen sowie bei der Weiterbildung und bei den beruflichen Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten gewährleistet ist. Teilzeitbeschäftigten ist auf ihren Wunsch eine
Rückkehr zur Vollzeitarbeit zu ermöglichen. Diese Betriebsvereinbarung
darf nicht zum Anlass genommen werden, Änderungskündigungen zum
Zwecke der Änderungen der Arbeitszeit auszusprechen.
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§ 2 Begriffsbestimmung
(1) Änderungen der Arbeitszeit liegen vor, wenn Beschäftigte eine Verringerung oder Verlängerung ihrer individuellen regelmäßigen Arbeitszeit
verlangen.
(2) Teilzeitarbeit liegt vor, wenn die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit unterschreitet.
§ 1 Geltungsbereich
(1) Diese Betriebsvereinbarung gilt räumlich für alle Betriebsstätten des
Unternehmens.
(3) Soweit die Arbeitszeit wegen der Anordnung von Kurzarbeit oder aufgrund der Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung vorübergehend verkürzt wird berührt dies nicht den Status der betroffenen Beschäftigten als
Vollzeitbeschäftigte.
§ 3 Gestaltung von Teilzeitarbeitsplätzen
(1) Bei der Ermöglichung und Gestaltung von Teilzeitarbeit sind sowohl
die Wünsche der einzelnen Arbeitnehmer als auch die Interessen des
Betriebs und der Belegschaft zu berücksichtigen. Die Umwandlung von
Vollzeit- in Teilzeitarbeitsverhältnisse darf weder zu einer Leistungsverdichtung am Arbeitsplatz noch zu einer Verringerung des Arbeitszeitvolumens der Gesamtbelegschaft führen. Bei der Personalbemessung sind
Teilzeitbeschäftigte entsprechend dem Verhältnis ihrer Arbeitszeit zur
tariflichen Regelarbeitszeit zu berücksichtigen. Teilzeitarbeit soll auch
berufliche Aufstiegschancen ermöglichen und Beschäftigungsmöglichkeiten auf den Führungsebenen schaffen.
(2) Ihr persönlicher Geltungsbereich erstreckt sich auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Ausnahme der Auszubildenden und der leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG.
(2) Die Beschäftigung in Teilzeitarbeit ist grundsätzlich nur im Rahmen
sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse zulässig. Ausnahmen
bedürfen der Zustimmung des Betriebsrates im Einzelfall.
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(3) Wünschen von Teilzeitbeschäftigten bezüglich der Länge und Lage
sowie der Verteilung der Arbeitszeit ist im Rahmen der bestehenden
betrieblichen Regelungen Rechnung zu tragen. Die tägliche Arbeitszeit
muss in der Regel mindestens 4 Stunden betragen. Hinsichtlich der
wöchentlichen Arbeitszeit ist eine gleichmäßige Verteilung auf die Werktage zwischen Montag und Freitag anzustreben. Bei Arbeitnehmern, die
einen Anspruch auf Elternzeit geltend machen, ist die wöchentliche
Höchstarbeitszeit auf 30 Stunden begrenzt.
(4) Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit sind im Arbeitsvertrag
schriftlich zu vereinbaren. Die Vereinbarung einer Verpflichtung zu Mehrarbeit oder Kurzarbeit ist nur zulässig, soweit eine Inanspruchnahme im
Einzelfall von der vorherigen Zustimmung des Beschäftigten abhängig ist.
In begründeten Ausnahmefällen ist die Anordnung von Mehrarbeit nach
vorheriger Zustimmung zulässig, wenn hierbei die Ankündigungsfrist von
4 Tagen eingehalten wird. Die Vereinbarung von Teilzeitarbeit in Form der
Arbeit auf Abruf ist unzulässig.
§ 4 Ausschreibung von Arbeitsplätzen und Auswahlrichtlinien
(1) Arbeitsplätze sind bei Vorliegen eines Interesses der Beschäftigten
grundsätzlich auch als Teilzeitarbeitsplätze auszuschreiben. Dabei
werden frei werdende Arbeitsplätze zunächst innerbetrieblich ausgeschrieben.
nehmerInnen, die einen Anspruch auf Elternzeit haben, und dann die übrigen Beschäftigten zu berücksichtigen.
(3) Reicht das Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen nicht aus, um allen
Bewerbern eine Teilzeitarbeit zu ermöglichen, werden zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Massnahmen vereinbart, um ein ausreichendes Angebot zur Verfügung zu stellen.
(4) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend, wenn teilzeitbeschäftigte
ArbeitnehmerInnen eine Verlängerung ihrer Arbeitszeit wünschen.
§ 5 Gleichbehandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten
(1) Keine Arbeitnehmerin und kein Arbeitnehmer darf wegen der Inanspruchnahme von Teilzeitarbeit oder von sonstigen Rechten aus dieser
Betriebsvereinbarung benachteiligt werden.
(2) Das Benachteiligungsverbot umfasst insbesondere eine Nichtdiskriminierung bzw. Gleichbehandlung in folgenden Bereichen:
> Entgelt, Eingruppierung und Entlohnungsgrundsätze, wobei
Datenermittlungen bei der Leistungsentlohnung grundsätzlich
an Vollzeitarbeitsplätzen durchzuführen sind;
> Zulagen und Zuschläge, wobei Mehrarbeitszuschläge soweit tarif(2) Bei der Besetzung von Arbeitsplätzen haben innerbetriebliche BewerberInnen Vorrang vor der Besetzung durch andere Personen. Reicht das
Angebot an Teilzeitarbeit nicht aus, um alle BewerberInnen zu berücksichtigen, sind bei gleicher Eignung zunächst Schwerbehinderte, dann Arbeit-
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lich zulässig grundsätzlich in Freizeit abzugelten sind und für jede
Arbeitsstunde anfallen, die über die vertraglich vereinbarte
wöchentliche Arbeitszeit hinausgeht;
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> gleichberechtigte Ansprüche auf Einbeziehung in die betriebliche
Qualifizierungsplanung und beruflichen Aufstieg sowie gleicher
Zugang zu betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen;
> Betriebliche Altersversorgung;
> soziale Leistungen und Nutzung von Sozialeinrichtungen;
> Sozialauswahl bei Kündigungen und sonstigen personellen Einzelmaßnahmen;
(3) Bei Inanspruchnahme von Elternzeit bezieht sich der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit auch auf die Übertragbarkeit eines Anteils von
bis zu 12 Monaten in dem Zeitraum zwischen dem dritten und dem achten
Geburtstag eines Kindes. Während des Elternurlaubs kann eine zweimalige Verringerung der Arbeitszeit beantragt werden.
(4) Der Arbeitgeber hat dem Verlangen einer/s Beschäftigten nach Verringerung der Arbeitszeit einschließlich der gewünschten Verteilung statt zu
geben, soweit nicht betriebliche Gründe entgegenstehen. Beabsichtigt
der Arbeitgeber aus derartigen Gründen eine Ablehnung des Verlangens,
bedarf er hierzu der Zustimmung des Betriebsrates.
> berufliche Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten.
(3) Soweit Teilzeitbeschäftigte an Aus- und Weiterbildungsmassnahmen
ausserhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit teilnehmen, haben sie hierfür
einen Vergütungsanspruch wie für geleistete Arbeit. Für teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder gilt dies auch für die Teilnahme an Schulungen
nach § 37 Abs. 6 BetrVG.
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(5) Schwerbehinderte haben abweichend von Abs. 4 Satz 1 einen
Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit einschließlich der gewünschten
Verteilung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen der Art und Schwere der
Behinderung verlangt wird.
§ 6 Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit
(1) Alle Beschäftigten, deren Betriebszugehörigkeit mehr als 6 Monate
besteht, haben im Rahmen dieser Betriebsvereinbarung einen Anspruch
auf Verringerung ihrer individuellen Arbeitszeit. Die Verringerung der
Arbeitszeit kann dabei auch zeitlich befristet verlangt werden.
(6) Hat der Arbeitgeber ein Verlangen des/r Arbeitnehmers/in abgelehnt,
gilt die vom Arbeitnehmer gewünschte Verringerung der Arbeitszeit nach
Umfang und Verteilung als festgelegt, wenn der Betriebsrat nicht die nach
Abs. 4 Satz 2 erforderliche Zustimmung erteilt hat. Dasselbe gilt, wenn
der Arbeitgeber ein Verlangen des Arbeitnehmers nicht schriftlich unter
Angabe der Gründe oder später als 4 Wochen nach Geltendmachung
ablehnt.
(2) Der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit bezieht sich sowohl auf
die Verkürzung der täglichen, wöchentlichen und monatlichen Arbeitszeit
als auch auf Lage und Verteilung der Arbeitszeit.
§ 7 Verlängerung der Arbeitszeit
(1) Teilzeitbeschäftigte haben einen Anspruch auf Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung bzw. Verlängerung ihrer Arbeitszeit, der der Höhe nach durch
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die tariflich geregelte wöchentliche Arbeitszeit begrenzt ist. Der Anspruch
besteht auch, wenn die Teilzeit nur befristet vereinbart war und der/die
Beschäftigte eine vorzeitige Beendigung der Teilzeit wünscht.
§ 9 Ergänzende Regelungen
(1) Personelle Einzelmaßnahmen im Rahmen dieser Betriebsvereinbarung
bedürfen der Zustimmung des Betriebsrates.
(2) Für den Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit gilt § 6 dieser
Betriebsvereinbarung entsprechend. Eine Ablehnung des Anspruchs auf
Verlängerung der Arbeitszeit ist dabei ausgeschlossen, soweit durch die
Verlängerung der Arbeitszeit Mehrarbeit im Betrieb abgebaut werden
kann.
(2) Von den Regelungen dieser Betriebsvereinbarung kann im Einzelfall
mit Zustimmung des Betriebsrates abgewichen werden.
§ 8 Geltendmachung von Ansprüchen
(1) Ansprüche auf Verringerung (§ 6) oder Verlängerung (§ 7) sind in der
Regel spätestens 8 Wochen vor dem gewünschten Beginn der Änderung
der Arbeitszeit beim Arbeitgeber geltend zu machen. Schwerbehinderte
können den Anspruch auf Verkürzung der Arbeitszeit nach § 6 dieser
Betriebsvereinbarung auch ohne Einhaltung der Frist geltend machen,
soweit die Arbeitszeitverkürzung wegen Art und Schwere der Behinderung
beantragt wird.
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(3) Arbeitgeber und Betriebsrat werden in regelmäßigen Abständen über
Möglichkeiten beraten, um Wünchen der Beschäftigten nach Veränderung
ihrer Arbeitszeit durch Umwandlung von Teilzeit- in Vollzeitarbeitsplätzen
und umgekehrt Rechnung tragen zu können.
(4) Im Rahmen der Personal- und Qualifikationsplanung sowie im Rahmen
der Arbeitszeitgestaltung sind die Wünsche der Beschäftigten nach Veränderung ihrer Arbeitszeit zu berücksichtigen. Die bestehenden Betriebsvereinbarungen sind entsprechend anzupassen, wobei die geltenden
Regelungen zur betriebsüblichen Arbeitszeit bei der Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen zu beachten sind.
(2) Die Fristen nach Abs. 1 kommen nicht zur Anwendung, soweit
Arbeitsplätze im Betrieb ausgeschrieben werden, die bei einer erfolgreichen Bewerbung eine Veränderung der Arbeitszeit entsprechend den
Wünschen des/r Bewerbers/in zur Folge hätten.
(5) Teilzeitarbeit kann genutzt werden, um die Anordnung von dauerhafter Mehrarbeit zu vermeiden. Sie darf nicht zum Anlass genommen werden, vorübergehende Personalengpässe zur Vermeidung von Kurzarbeit
oder sonstiger Formen der vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit
auszugleichen.
(3) Wurde ein Wunsch von Beschäftigten auf Veränderung der Arbeitszeit
in der Vergangenheit abgelehnt, kann der Anspruch auf Veränderung der
Arbeitszeit nach Ablauf von 6 Monaten erneut geltend gemacht werden.
Die Möglichkeit einer Bewerbung nach Abs. 2 bleibt hiervon unberührt.
§ 10 Streitigkeiten
(1) Kommt es im Zusammenhang mit der Durchführung, Auslegung oder
Anwendung dieser Betriebsvereinbarung zu Meinungsverschiedenheiten
zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat entscheidet eine aus je 2 Beisitzern
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der Betriebsparteien eingesetzte paritätische Kommission. Wird in der
paritätischen Kommission keine Einigung erzielt, entscheidet eine Einigungsstelle nach § 76 Abs. 6 BetrVG verbindlich.
(2) Absatz 1 Satz 1 gilt in den Fällen entsprechend, in denen einem Antrag
eines/r Beschäftigten nach Veränderung der Arbeitszeit nicht entsprochen
wird und der/die Beschäftigte eine innerbetriebliche Streitschlichtung
nach Abs. 1 verlangt. Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen.
§ 11 Schlussbestimmungen
Diese Betriebsvereinbarung tritt mit dem Tag der Unterzeichnung in Kraft.
Sie kann mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Ende des Kalenderjahres erstmals nach 2 Jahren gekündigt werden. Im Falle der Kündigung wirken die Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung bis zum
Inkrafttreten einer neuen Betriebsvereinbarung nach.
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Impressum
Herausgeber:
IG Metall-Vorstand
Abt. Frauen- und Gleichstellungspolitik
Redaktion: Werner Hinrichs, Abt. Sozialpolitik
Anna Merklin, Abt. Frauen- und Gleichstellungspolitik
Heidi Schleicher, Abt. Tarifpolitik
Jürgen Ulber, Abt. Gewerkschaftliche Betriebspolitik
Gestaltung: kus-design, Mannheim
Fotos: Sven Ehlers
Druck: Union-Druckerei Frankfurt/M.
Februar 2002
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