trauung kalifornien
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trauung kalifornien
Ein besonderes Stück Auswanderungsgeschichte von Peter Steiner Dass im 19. Jahrhundert Scharen von Schweizern – auch Wynentaler – nach Amerika auswanderten, ist bekannt. Das interessante Thema wird in der Literatur gerne behandelt. Wenig erfährt man aber in der Regel darüber, dass einzelne Amerika-Fahrer, die es sich leisten konnten, nach Jahren für kurze Zeit zurückkamen, um Verwandte und Bekannte zu besuchen oder Angelegenheiten finanzieller Art zu regeln. Und schon gar nichts hört man davon, dass junge Männer die alte Heimat manchmal noch aus einem ganz andern Grund aufsuchten: um eine Frau mit nach Amerika zu holen. Natürlich gab es in den Siedlungsgebieten der Neuen Welt genügend heiratsfähige Mädchen, auch solche deutscher Sprache: Mädchen, die als Kinder mit ihren Eltern ausgewandert oder die schon drüben zur Welt gekommen waren. Manche Burschen fanden denn auch ihre Zukünftige ganz natürlich in der neuen Umgebung. Andere aber zogen offensichtlich die Heirat mit einer jungen Frau aus dem altvertrauten heimischen Umfeld vor. Manchmal bestand vielleicht gar keine Absicht, und der Zufall oder das Schicksal spielte mit. Ein Heimkehrer mag während seines meist doch mehrere Wochen dauernden Aufenthalts an einem jungen Mädchen im Bekanntenkreis Gefallen gefunden und es als flotter, wohlhabender Mann aus der geheimnisumwitterten Ferne für sich und das «Abenteuer Amerika» gewonnen haben. Wohl noch häufiger aber dürfte der junge Mann die lange und teure Reise übers Meer ganz bewusst auch deshalb auf sich genommen haben, weil er mit einer Frau zurückkehren wollte, mit einer ganz bestimmten, die er vor seiner Auswanderung kennen und lieben gelernt hatte. Er hatte ein Mädchen auf sich warten lassen mit dem Versprechen, es später zu sich zu holen, sobald er drüben eine sichere Existenz aufgebaut hatte. Während seiner Abwesenheit hatte er sich sicher bemüht, die Beziehung durch einen Briefwechsel aufrecht zu erhalten. Es sollte ihm ja nicht so gehen wie dem Söldner im bekannten Aargauerlied, dessen Mädchen bei seiner Heimkehr «scho lang en andere Ma» hatte. Doch lassen wir Beispiele sprechen, die uns alle bei Auswanderern aus Dürrenäsch begegnet sind. 1849 war Wilhelm Bertschi, damals 24 Jahre alt, mit seiner verwitweten Mutter und seinen Geschwistern nach Nauvoo im Bundesstaat Illinois gezogen, einer wenige Kilometer vom Mississippi entfernt gelegenen Siedlung. Bald war es ihm und seinen beiden Brüdern möglich, den Kauf von Land und den Aufbau einer Farm zu planen. Um ihnen zustehendes Geld zu beschaffen, kehrte Wilhelm schon 1851 nach Dürrenäsch zurück. Er verkaufte dort nachträglich das ehemalige Familienhaus mit einem Baumgarten. Dann kehrte er nicht nur mit Geld an den Mississippi zurück, sondern auch mit einer Frau. Vor der Abreise heiratete er Verena Walti, die in Dürrenäsch aufgewachsen war wie er. Ob die beiden zuvor bereits als Verlobte gegolten hatten, ist in diesem Fall nicht bekannt, es ist aber gut möglich. Solche privaten Dinge gehen ja aus amtlichen Quellen nicht hervor. Das nächste Beispiel ereignete sich 20 Jahre später. Damals tauchte der inzwischen 36jährige Hans Rudolf Steiner, Hansjoggenruedis, nach mehr als einem Jahrzehnt Abwesenheit in Kalifornien in der alten Heimat auf. Er nutzte die Gelegenheit, im Juli 1871 Karolina Wirz zu heiraten. Sie war Dürrenäscherin, aber auswärts aufgewachsen. Er kann sie deswegen kaum schon vor seiner Auswanderung gekannt haben, auch weil sie damals 1 noch ein halbes Kind gewesen war. Zudem spricht sein langes Fortbleiben eher gegen eine bereits bestehende Bekanntschaft. Hans Rudolf muss es also gelungen sein, Karolina in Kürze für ein Leben mit ihm in der Fremde zu gewinnen. Er hatte wohl die günstigen Lebensumstände drüben so überzeugend schildern können. Wie er Karolina kennnen gelernt hatte – sie wohnte vor der Hochzeit in Aarau – bleibt im dunkeln. Vielleicht hatten gemeinsame Bekannte vermittelt. Das frischvermählte Ehepaar reiste bald nach der Heirat samt einem noch unmündigen Neffen Karolinas ins ferne Kalifornien. Seit 1865 weilte auch Friedrich Steiner, der 1843 geborene Sohn des Gerichtspräsidenten Samuel Steiner zunächst in Kalifornien, später als Viezüchter im Nachbarstaat Nevada. 1876 reiste er in die Schweiz zurück, und zwar eigens, wie in einem Zeitungsbericht nach seinem Tod später vermerkt wird, um sein «sweathart» aus früheren Zeiten, Susanna Urech aus Hallwil, um die Hand zu bitten. In diesem Fall hatte eine Beziehung also tatsächlich lange Jahre überdauert. Im Unterschied zu Karolina Wirz war Susanna beim Wegzug ihres Freundes allerdings auch bereits erwachsen gewesen. Nachkommen des Paares leben bis heute in Nevada. Emil Steiner als junger Mann, 1850-1923 / Susanna Steiner-Baumann im Alter, *1859 Friedrichs jüngerer Bruder Emil mit Geburtsjahr 1850 liess sich wesentlich später, 1878, ebenfalls in Nevada nieder. Im erwähnten Zeitungsbericht heisst es, er habe dann ein Mädchen geheiratet, das direkt aus der Schweiz kam. Das tönt, wie wenn seine Braut ihm nachgereist wäre. In Wirklichkeit holte er Susanna Baumann aus Leutwil ebenfalls in der Schweiz ab. Die Trauung fand im April 1883 erwiesenermassen in Dürrenäsch statt. Emil und Susanna wohnten und arbeiteten zunächst weiterhin in Nevada, übersiedelten aber später nach Kanada. Auch ihre Nachkommen sind noch heute dort. Das sind nur vier Beispiele von nach Amerika geholten Bräuten. Sie liessen sich zweifellos vermehren. Sowohl weitere aus Dürrenäsch stammende Männer wie erst recht solche aus andern Dörfern verhielten sich sicher ähnlich. Wenn diese besondere Seite der Auswanderungsgeschichte wenig bekannt ist, hängt das damit zusammen, dass es für den Forscher mühsam und aufwendig ist, zu entsprechenden Resultaten zu kommen. 2 Meist ist der Tatbestand des Abholens nirgends ausdrücklich vermerkt oder dann in einer amerikanischen Zeitung, die einem nicht ohne weiteres zur Verfügung steht. Den nötigen Aufschluss kann nur die Kombination verschiedener Quellen bringen. Quellen • Bürgerregister, Gemeinderatsprotokolle und Fertigungsprotokolle von Dürrenäsch • Nevada State Journal vom 22.09.1940 3