Beschichtungsschäden – Schadensmechanismen und Lösungs

Transcrição

Beschichtungsschäden – Schadensmechanismen und Lösungs
Beschichtungsschäden – Schadensmechanismen und Lösungsansätze
Lars Wolff, Michael Raupach
ibac - Institut für Bauforschung RWTH Aachen
Zusammenfassung
Der Schutz von Betonflächen durch befahrbare starre oder rissüberbrückende polymere Beschichtungen ist heutzutage
vor allem im Bereich chloridbeaufschlagter Verkehrsflächen allgemein anerkannte Regel der Technik. Schäden dieser
Beschichtungen oder ein übermäßiger Verschleiß führen nicht selten zu umfangreichen Instandsetzungsmaßnahmen
verbunden mit langen Sperrzeiten des Objektes.
Wesentlicher Arbeitsschwerpunkt verschiedener Forschungsarbeiten am Institut für Bauforschung der RWTH Aachen,
ibac war und ist daher die Untersuchung der Mechanismen typischerweise bei polymeren Beschichtungen auftretender
Schadensbilder, z.B. der so genannten „osmotischen“ Blasenbildung. So konnten beispielsweise in einem durch die
Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG geförderten Forschungsvorhaben die Mechanismen der „osmotischen“ Blasenbildung detailliert beschrieben und Möglichkeiten zu deren Vermeidung entwickelt werden.
In folgenden werden typische Schadensbilder bei befahrbaren Beschichtungen vorgestellt sowie deren Ursache diskutiert. Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt dabei auf der Beschreibung der Mechanismen der „osmotischen“ Blasenbildung.
1. Einleitung
Die Beschichtung von Betonbauteilen ist seit Jahrzehnten allgemein anerkannte Regel der Technik. Ziel dieser Maßnahme ist beispielsweise die Sicherstellung der
Dauerhaftigkeit der Konstruktion gegenüber chloridinduzierter Korrosion bei Stahlbeton oder die Erhöhung
des Verschleißwiderstandes bei Industrieböden. Mittlerweile existieren in Abhängigkeit des Einsatzbereiches eine Vielzahl an Regelwerken zur Planung, Ausführung und Prüfung solcher Beschichtungsmaßnahmen. Beispielhaft seien hier die RL SIB [1] bzw.
DIN V 18026:2006-06
[2],
Teil 2
der
DIN EN 1504:2005-1 [3], das Merkblatt „Parkhäuser
und Tiefgaragen“ des Deutschen Beton- und Bautechnikvereins DBV [4] oder der State-of-the-Art Report
des RILEM Technical Committee TC 184-IFE „Industrial Floors“ [5] aus dem Jahre 2006 genannt.
In der Praxis können bei diesen Beschichtungen verschiedene Schadensbilder auftreten, die die Gebrauchstauglichkeit des Bauwerks sowie dessen Dauerhaftigkeit einschränken können. Im folgenden Bild ist eine
Übersicht verschiedener typischerweise bei befahrbaren polymeren Beschichtungen auftretender Schadensbilder gezeigt. Dabei erfolgt eine Unterscheidung nach
den wesentlichen Einflussfaktoren der Schäden aus der
Nutzung, aus der Umwelt sowie aus dem Substrat.
Typische Schadensbilder bei befahrbaren
Reaktionsharzbeschichtungen auf Beton
Einflüsse aus der
Nutzung des Bauteils
Einflüsse aus der
Umwelt
Einflüsse aus dem
Substrat
Verschleiß durch Fahrund Parkbetrieb oder
durch Reinigung
Versprödung infolge
von Umwelteinflüssen
(UV-Strahlung etc.)
"Osmotische
Blasenbildung" /
Delaminationen
Chemische Beanspruchung durch Treibund Schmierstoffe
Farbabweichungen /
Vergilbung
Rissbildung durch
Rissreitenänderungen
im Substrat
Bild 1: Typische Schadensbilder befahrbarer, polymerer Beschichtungen
Die schärfste und im wesentlichen die Dauerhaftigkeit
beschränkende Beanspruchung einer befahrbaren Beschichtung in einem Parkbau ist typischerweise die
Verschleißbeanspruchung durch den Fahr- und Parkbetrieb. Einflüsse aus der Umwelt hingegen sind bei
befahrbaren Beschichtungen lediglich bei Freidecks
relevant. Eine witterungsbedingte Versprödung ist
allerdings nur in seltenen Fällen Ursache einer nicht
mehr gegebenen Gebrauchstauglichkeit einer befahrbaren Beschichtung.
Die so genannte osmotische Blasenbildung tritt vermehrt bei rissüberbrückenden, weniger bei starren
Beschichtungen auf. Aufgrund der Zeitspanne zwischen Applikation der Beschichtung und Entstehung
der Blasen können die Folgekosten einer solchen Blasenbildung, z.B. infolge Nutzungsausfall die Kosten
der Beschichtungsmaßnahme um ein Vielfaches überschreiten.
Eine anteilige Zuordnung der Schadensbilder der typischerweise bei Beschichtungen von Betonbauteilen
auftretenden Schäden zu den jeweiligen Ursachen nach
[7] ist in Bild 2 dargestellt.
Bild 2: Anteilige Ursachen typischer Beschichtungsschäden nach [7]
In den folgenden Kapiteln werden einige der in Bild 1
genannten Schadensbilder detailliert beschrieben sowie
Möglichkeiten zur Vermeidung dieser Schadensbilder
aufgezeigt.
2 Verschleißbeanspruchungen
Verschleißbeanspruchungen der Beschichtung treten
bei Parkbauten verstärkt auf den Rampen sowie in
Kurvenbereichen von Fahrgassen, weniger auf den
Stellplätzen auf. Ein Beispiel einer Parkspindel mit
deutlichen Verschleißerscheinungen der Beschichtung
ist in Bild 3 dargestellt.
Bauteils orientieren. So sollten Rampen generell nur
mit starren OS-Systemen beschichtet werden. Aber
auch bei Parkdecks, bei denen nur einzelne Risse vorhanden sind, kann die Wahl eines starren und gegenüber einem elastischen Oberflächenschutzsystem verschleißfesteren System technisch und wirtschaftlich
sinnvoll sein. In diesem Fall müssen lokal vorhandene
Risse allerdings zwingend durch eine angepasste Rissbehandlung dauerhaft geschlossen werden [4].
Unter anderem zur Verbesserung der Verschleißeigenschaften starrer OS-Systeme der Klasse OS 8 ist dessen
Mindestschichtdicke nach dem 2. Ergänzungsblatt
(Dezember 2005) zur RL SIB, Ausgabe 2001 gegenüber der Ausgabe von 1990 um 50 % auf 1,5 mm bei
reinen Schutzmaßnahmen und um 150 % auf 2,5 mm
im Rahmen von Instandsetzungsmaßnahmen erhöht
worden.
Vor allem bei steilen Rampen sollte das Abstreu- und
Füllkorn der Beschichtung ausreichend widerstandsfähig sein. Eine Alternative zu üblicherweise verwendetem Quarzsand kann beispielsweise Korund sein. Wesentliche Voraussetzung für die Wirksamkeit des Füllkorns ist dessen vollständige Einbettung in die polymere Matrix. Wird beispielsweise ein zu großes und nicht
auf die Schichtdicke der Beschichtung verwendetes
Korn verwendet, kann dieses nicht ausreichend in das
Bindemittel eingebettet werden. Ein rascher Verschleiß
mit Ausbrechen einzelner Körner ist die Folge. Zudem
ist bei einem über die gesamte Beschichtungsdicke
reichendem Größtkorn eine erhöhte Durchlässigkeit für
Chloride gegeben. Im folgenden Bild ist ein solcher
Fall bei einer OS 8 Beschichtung in einer Tiefgarage
nach [22] gezeigt.
Bild 4: OS 8 Beschichtung mit nicht auf die Gesamtschichtdicke abgestimmtem Größtkorn der
Abstreuung [22]
Bild 3: Verschleiß einer starren Beschichtung auf
einer Parkspindel
Die Wahl des geeigneten Beschichtungssystems sollte
sich somit außer an das vorhandene Rissbild sowie die
zu erwartenden Rissbewegungen im Substrat auch an
der zu erwartenden Verschleißbeanspruchung des
Die Prüfung der Abriebfestigkeit von befahrbaren
Beschichtungen
erfolgt
zur
Zeit
nach
DIN EN ISO5470-1 [21]
mit
dem
TaberAbriebprüfgerät.
Die aufgebrachte Beanspruchung ist allerdings nur
bedingt mit dem Abrieb durch ein- und ausfahrende
Pkw zu vergleichen, so dass hier Bedarf nach einem
wesentlich praxisnäheren Prüfverfahren besteht. In
Bild 5 ist beispielsweise ein Verschleißprüfgerät der
Firma Sika für befahrbare Beschichtungen gezeigt.
Bild 5: Sika Prüfverfahren für befahrbare Beschichtungen nach [23]
Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass bei sorgfältiger Planung und Ausführung auch polymere Rampenbeschichtungen viel befahrener Parkbauten, z.B. an
Flughäfen o.ä. eine Dauerhaftigkeit von deutlich über
10 bis 15 Jahren aufweisen können [22]. Zur Verbesserung des Verschleißwiderstandes polymere Beschichtungen besteht weiterhin jedoch noch Forschungsbedarf.
3 Alterung
Die Alterung polymerer Beschichtungen äußert sich
i.d.R. in einem Schichtdickenabbau, einer Versprödung
oder einer abnehmenden Adhäsion zum mineralischen
Untergrund. Bei Parkbauten sind diese Alterungsmechanismen üblicherweise von untergeordneter Bedeutung. Bei wenig befahrenen Freidecks jedoch kann eine
Versprödung infolge von Umwelteinflüssen durchaus
den die Gebrauchstauglichkeit einschränkenden Faktor
darstellen. In Bild 6 ist eine Rissbildung in einer Beschichtung der Klasse OS 11b eines Freidecks nach
etwa 15 Jahren dargestellt. Die dargestellten Risse sind
im wesentlichen auf eine Versprödung der PURbasierten Schwimm- und Verschleißschicht zurückzuführen.
Die Dauerhaftigkeit polymerer Beschichtungen ist in
der Vergangenheit üblicherweise durch zeitintensive
Freibewitterungen untersucht worden, siehe z.B. [20].
Ein Nachteil dieser Verfahrensweise ist jedoch die
lange Dauer solcher Forschungsvorhaben sowie die
nicht zu beeinflussende und nicht reproduzierbare
natürliche Bewitterung. So wurden im Rahmen eines
vom BMVBS geförderten Langzeitvorhaben polymere
Beschichtungen an zwei Orten, Duisburg und Sylt,
über einen Zeitraum von insgesamt 12 Jahren freibe-
wittert und die Ergebnisse mit den in der RL SIB beschriebenen künstlichen Bewitterungsverfahren verglichen, siehe auch [20].
Bild 6: Rissbildung in einer 15 Jahre alten polymeren
Beschichtung der Klasse OS 11b infolge Versprödung der PUR-basierten Schwimm- und
Verschleißschicht
Zur Zeit läuft ein Verbundforschungsvorhaben mit
dem Deutschen Kunststoff-Institut DKI in Darmstadt,
dem Institut für Technische und Makromolekulare
Chemie ITMC und dem ibac an der RWTH Aachen.
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wird der Einfluss verschiedener Bewitterungsparameter, z.B. Temperatur, Feuchte, UV-Strahlung etc. isoliert voneinander untersucht. Da die Detektion möglicher Veränderungen nicht, wie bisher üblich im Makromaßstab
(Änderung der Haftzugfestigkeit, Rissüberbrückungsfähigkeit etc.), sondern mithilfe der NMR-Mouse® auf
molekularer Ebene erfolgt, können bereits kleinste
Materialveränderungen registriert und deren Auswirkung mithilfe bereits existierender Ergebnisse aus
natürlichen Bewitterungen extrapoliert werden.
Die NMR-Mouse® (Nuclear Magnetic ResonanceMobile Universal Surface Explorer) ist praktisch ein
Computer-Tomograph im Taschenformat, der zerstörungsfrei die Untersuchung der Molekülstruktur eines
Polymers erlaubt. Beispielsweise können mit der
NMR-Mouse® am Bauwerk die Vernetzungsdichte des
Polymers oder vom Polymer aufgenommene Feuchtigkeit detektiert werden. Ein Beispiel der NMR-Mouse®
bei der Untersuchung einer Probefläche einer polymeren Beschichtung in einer Tiefgarage ist im folgenden
Bild gezeigt.
Bild 7: Untersuchung einer Epoxidharzgrundierung
mittels
NMR-Mouse
und
MultiringElektroden auf einer Probefläche in einer
Tiefgarage
Zur Zeit befindet sich der Einsatz der NMR-Mouse®
bei polymeren Beschichtungen noch im Versuchsstadium. Ziel ist es, diese Technologie dahingehend zu
entwickeln, dass Alterungseffekte einer Beschichtung
zerstörungsfrei direkt am Bauwerk ermittelt und darauf
basierend Aussagen zu dessen Restlebensdauer getroffen werden können [24].
4 Farbechtheit
Die Farbechtheit bzw. eine Vergilbung einer Beschichtung ist bei einer befahrbaren Beschichtung im Parkbauten i.d.R. nur von untergeordneter Bedeutung.
Üblicherweise werden derartige Effekte bei intensiver
Nutzung bereits nach kurzer Zeit durch eine Verschmutzung sowie Gummiabrieb der Reifen überdeckt.
Eine Beeinträchtigung der Dauerhaftigkeit infolge
einer Vergilbung einer Beschichtung ist üblicherweise
nicht gegeben, da die Vergilbung lediglich die Deckversiegelung, nicht jedoch die hwO (hauptsächlich
wirksame Oberflächenschutzschicht) betrifft.
Bei wenig genutzten Parkbauten allerdings kann selbst
ohne eine direkte Sonnenbestrahlung eine unzureichende UV-Stabilität zu einer signifikanten Änderung
des optischen Erscheinungsbildes führen. Im folgenden
Bild ist eine starre Epoxidharzbeschichtung eines Industriebodens in einem überdachten Bereich dargestellt. Selbst in diesem vor direkter Sonnenbestrahlung
geschützten Bereich zeigte die nicht abgedeckte Beschichtung gegenüber den abgedeckten Bereichen eine
deutliche Vergilbung.
Bild 8: Vergilbung einer Epoxidharzbeschichtung
eines Industriefußbodens infolge UVBeanspruchung
Um die Anforderungen an die Farbe und deren Dauerhaftigkeit bei Parkbauten sicherzustellen, sollten diese
bereits bei der Ausschreibung klar formuliert werden.
5 „Osmotische“ Blasenbildung / Delaminationen
5.1 Allgemeines
Das Schadensbild der so genannten „osmotischen Blasenbildung“ ist nahezu so alt wie die Anwendung der
Betonbeschichtung selber. Nach [7] tritt dieses Schadensbild heutzutage bei etwa 3 % aller Beschichtungsschäden auf.
Grundsätzlich lassen sich bei Reaktionsharzbeschichtungen auf Beton zwei Arten von Blasen unterscheiden:
-
Direkt während der Applikation auftretende Blasen:
Diese sind häufig auf verarbeitungsbedingte Lufteinschlüsse im Beschichtungsstoff oder aus dem
Untergrund entweichende Luft zurückzuführen, siehe z.B. [9, 10].
-
Zeitverzögernd auftretende Blasen: Diese Blasen
treten erst deutlich nach Applikation des Beschichtungsstoffes, d.h. wenige Wochen bis Monate, mitunter auch Jahre später auf. Meist sind diese Blasen
flüssigkeitsgefüllt.
In Bild 9 sind diese beiden unterschiedlichen Arten
von Blasen beispielhaft dargestellt. Das linke Bild zeigt
eine geöffnete Blase in einer PUR-Beschichtung infolge von Lufteinschlüssen im Beschichtungsstoff. Im
rechten Bild ist der Querschnitt einer flüssigkeitsgefüllten Blase einer OS 11a Beschichtung mit
Delamination zwischen Grundierung und hwO dargestellt.
Bild 9: Verarbeitungsbedingte Blase infolge von
Lufteinschlüssen
im
Beschichtungsstoff
(links); Zeitverzögert aufgetretene flüssigkeitsgefüllte Blase mit Delamination zwischen
Grundierung und hwO (rechts)
Da die erstgenannten Blasen meist auf Verarbeitungsfehler während der Applikation zurückzuführen sind,
werden im Folgenden ausschließlich die Mechanismen
der zeitverzögert auftretenden Blasen betrachtet.
Bisherige Forschungsarbeiten sahen die Hauptursache
der Blasenbildung in osmotischen Transportphänomenen zwischen dem mineralischen Untergrund und einzelnen Lagen der Beschichtung. Die detaillierten Mechanismen dieser Blasenbildung konnten bisher allerdings nur ansatzweise beschrieben werden. Eine sichere Vermeidung dieses Schadensbildes ist somit derzeit
nur durch kostenintensive Zusatzmaßnahmen, z.B. die
Anordnung so genannter Zwischenschichten unterhalb
der polymeren Beschichtung möglich, siehe z.B. [8].
In der Praxis können bei der Beschichtung von Betonbauteilen mit polymeren Oberflächenschutzsystemen
verschiedenste Schadensbilder einer Ablösung einzelner Lagen als auch eine komplette Delamination der
gesamten Beschichtung mitsamt epoxidharzbasierter
Grundierung auftreten. Als Ursache dieser Schäden
wurde in der Vergangenheit häufig die so genannte
„osmotische Blasenbildung“ angenommen, in Einzelfällen selbst bei einer großflächigen Delamination der
gesamten Beschichtung. In Bild 10 sind Beispiele einer
großflächigen Ablösung der hwO von der Grundierung
sowie eine lokale Blasenbildung zwischen Grundierung und hwO dargestellt.
Bild 10: Großflächige Ablösung einer PUR-basierten
hwO von der Grundierung (links); Lokale
Blasenbildung zwischen Grundierung und
hwO (rechts)
Erstmals hat Klopfer über diese Blasenbildung bei
einer Schwimmbadinnenbeschichtung auf Epoxidharz-
basis berichtet. Die auf den Stahlbeton aufgetragene
Beschichtung zeigte etwa 6 Monate nach Ausführung
im Jahr 1969 kleine, flüssigkeitsgefüllte Blasen mit
einem Durchmesser von etwa 7 mm. Als Ursache dieser Blasenbildung wurden durch Klopfer osmotische
Transportprozesse zwischen dem ungenügend ausgehärteten Epoxidharz und dem in das Epoxidharz eindiffundierenden Wasser angenommen [6]. Seit diesem
Zeitpunkt wird die zeitverzögert auftretende Blasenbildung mit flüssigkeitsgefüllten Blasen i.d.R. mit dem
Begriff der „osmotischen Blasenbildung“ bezeichnet.
Die Beschaffenheit der für diese Theorie zwingend
erforderlichen, semipermeablen Membran ist dabei der
in der Literatur wohl am kontroversesten diskutierte
und doch bisher nur im Ansatz untersuchte Aspekt des
Schadensbildes der „osmotischen Blasenbildung“.
Aus diesem Grund wurden im Rahmen eines von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG geförderten
Forschungsprojektes in den vergangenen Jahren am
Institut für Bauforschung in Aachen, ibac umfangreiche Untersuchungen zu den Mechanismen der Blasenbildung von Reaktionsharzbeschichtungen auf Beton
durchgeführt.
Entgegen dem bisherigen Verständnis der Mechanismen der Blasenbildung haben die Untersuchungen
dieser Forschungsarbeit grundlegend neue Erkenntnisse im Hinblick auf deren Ursachen gebracht, siehe z.B.
[11, 13, 18]:
-
Osmotische Transportprozesse sind bei der Entstehung der Blasen nicht relevant, da keine für die
maßgeblichen Inhaltsstoffe der Blasenflüssigkeiten
semipermeable Membran vorhanden ist.
-
Eine auf Beton aufgetragene Epoxidharzgrundierung ist nicht homogen. Vielmehr können
infolge physikalischer Wechselwirkungen mit dem
mineralischen Untergrund Separationen innerhalb
des flüssigen Epoxidharzes auftreten, die einen wesentlichen Einfluss auf die Adhäsion zum mineralischen Untergrund haben können.
-
Ein Chromatographie-Effekt der untersuchten Epoxidharze bei Auftrag auf ein mineralisches Substrat
konnte, in Einzelfällen, lediglich für Benzylalkohol
nachgewiesen werden.
-
Der für eine Ablösung einer Grundierung oder
Beschichtung erforderliche Druck innerhalb des
Kapillarporengefüges des Betons liegt deutlich, in
Einzelfällen um mehr als 90 %, unterhalb der vorhandenen Haftzugfestigkeit der jeweiligen Beschichtungslage.
-
Lokale Fehlstellen innerhalb der vernetzten Epoxidharzgrundierung sind der wesentliche Ausgangspunkt der Entstehung einer Blase oberhalb
der Grundierung. So stellen diese Fehlstellen die erforderliche Verbindung zwischen dem Kapillarporengefüge des Betons und dem Inneren der Blase
dar.
Wurde in bisherigen Arbeiten zu den Mechanismen der
Blasenbildung die Haftzugfestigkeit der jeweiligen
Beschichtungslage direkt in Relation zu dem für eine
Ablösung der Beschichtung erforderlichen Druck gesetzt, haben die eigenen Laborversuche und FEBerechnungen, siehe z.B. [11, 18] gezeigt, dass die
Beanspruchung des Verbundes im Randbereich einer
Blase nicht direkt mit der Haftzugfestigkeit der Beschichtung korreliert werden kann. Die bisher angenommene Höhe des für eine Delamination erforderlichen Druckes von mindestens etwa 1,5 N/mm² lag
somit um mehr als eine Dekade zu hoch. Sowohl die
Laborversuche als auch die FE-Berechnungen haben
gezeigt, dass ein lokales Adhäsionsversagen bereits bei
Drücken von etwa 0,1 N/mm² auftreten kann.
Ursache dieser Differenz ist die nicht vergleichbare
Beanspruchung des Verbundes einer Beschichtung
durch eine uniaxiale Zugbeanspruchung bei der Bestimmung der Haftzugfestigkeit im Gegensatz zu einem dreidimensionalen Spannungszustand zwischen
Beschichtung und Substrat bei Entstehung einer Blase.
Die beiden grundsätzlich unterschiedlichen Spannungszustände bei Bestimmung der Haftzugfestigkeit
sowie Abschälen einer Beschichtung sind im folgenden
Bild 11 nach [14] schematisch dargestellt. Bei einer
sich bildenden Blase treten die dargestellten Schälspannung allerdings nicht nur in einer Richtung, sondern infolge der kreisrunden Form der Blase rotationssymmetrisch auf.
5.2 Einflussfaktoren einer Blasenbildung
Die im vorangegangenen Kapitel kurz beschriebenen
neuen Erkenntnisse im Hinblick auf die Ursachen der
Blasenbildung haben gezeigt, dass dieses Schadensbild
sehr komplex ist und durch viele Parameter beeinflusst
wird. Dazu zählen im Einzelnen:
-
Die Beschaffenheit der Betonrandzone des zu
beschichtenden Bauteils (Porenstruktur)
Der Wassergehalt in der Randzone und im Kernbeton des zu beschichtenden Bauteils
Die Zusammensetzung der Beschichtungsmaterialien, vornehmlich der Epoxidharzgrundierung
Die Art der Applikation der einzelnen Beschichtungslagen
Die Wahrscheinlichkeit einer Blasenbildung wird somit sowohl durch Parameter beeinflusst, auf die das
ausführende Unternehmen praktisch keinen Einfluss
hat (z.B. Beschaffenheit der Betonrandzone, Zusammensetzung der Beschichtungsmaterialien) als auch
durch Parameter, die durch den Beschichter sehr wohl
bewertet werden können und müssen (z.B. Wassergehalt in der Randzone des Beton, Art der Applikation
der einzelnen Beschichtungslagen etc.).
Im folgenden werden die Auswirkungen der vorgenannten Parameter auf die Wahrscheinlichkeit einer
Blasenbildung einzeln beschrieben sowie Maßnahmen
zu der Verringerung des Risikos einer Blasenbildung
aufgezeigt.
Beschaffenheit der Betonrandzone
Bei Auftrag der flüssigen Epoxidharzgrundierung auf
das mineralische Substrat können physikalische Wechselwirkungen zwischen Epoxidharz und Beton zu partiellen Separationen und einer lokalen Fehlstellenbildung innerhalb der Grundierung führen. Das Ausmaß
dieser Wechselwirkungen ist maßgeblich von der Beschaffenheit des Untergrundes und der Zusammensetzung der Epoxidharzgrundierung abhängig.
In Laborversuchen wurde das Vorhandensein dieser
lokalen Fehlstellen indirekt über Diffusionsversuche
von Natrium, Kalium sowie Benzylalkohol durch Freie
Filme und grundierte Betonscheiben nachgewiesen.
Dabei wurden neben der Zusammensetzung der Epoxidharzgrundierung die folgenden Parameter variiert:
•
•
Bild 11: Vergleich einer Zugbeanspruchung (links)
und Schälbeanspruchung (rechts) in einer Verbundfuge nach [14]
Im Beton z.B. von Günter bereits gemessene Kapillardrücke von bis zu etwa 0,3 N/mm² [12] können, entgegen bisheriger Erkenntnisse, somit bereits zu einem
lokalen Adhäsionsversagen einer Beschichtung führen.
•
Zusammensetzung des Betons (Kapillarporosität)
Zustand des Betons vor Auftrag der Grundierung
(trocken, nass)
Zusätzliche Abstreuung der Grundierung
Der Aufbau der Diffusionszellen sowie die Verfahrensweise bei der Auswertung sind u.a. in [11] beschrieben.
Während die Untersuchung Freier Filme der jeweiligen
Epoxidharzgrundierungen in keinem Fall eine Durchlässigkeit von Alkalien der Betonporenlösung gezeigt
hat, konnten bei der Untersuchung grundierter Betonscheiben in Abhängigkeit sowohl der Art und Beschaffenheit des mineralischen Substrats als auch der Zusammensetzung und Applikation der Epoxidharzgrundierung unterschiedlich stark ausgeprägte Diffusionsraten gemessen werden.
Untersucht wurden drei unterschiedliche, jeweils bauaufsichtlich zugelassene Epoxidharzgrundierungen,
deren genaue Zusammensetzung dem ibac in allen
Fällen bekannt war. Die Zusammensetzung der beiden
untersuchten Betone sowie die Gehalte nicht reaktiver
Bestandteile in den jeweiligen Epoxidharzgrundierungen sind in den folgenden beiden Tabellen zusammengestellt.
In Vorversuchen wurde EP 1 als ausgeprägt blasenanfällig bewertet, hier traten reproduzierbar Blasen bei
diversen Parameterkombinationen auf. EP 2 zeigte nur
sehr vereinzelt eine Blasenbildung und EP 3 wurde als
blasenstabil bezeichnet. Hier wurde in keinem Fall eine
Blasenbildung beobachtet.
Tabelle 1: Betonzusammensetzung
Parameter
Zementart
Einheit
-
Na2O-Äquivalent
Zementgehalt
kg/m³
w/z-Wert
ßD. 28 d
N/mm²
Kapillarporosität Vol.-%
Bezeichnung des Betons
C 20/25
C 50/60
CEM I
32,5 R
0,40
240
0,75
25
8
CEM I
42,5 R
0,60
455
0,40
65
3
Tabelle 2: Anteil an nicht reaktiven Bestandteilen der
Epoxidharze bezogen auf Gesamtmasse
Bezeichnung des Epoxidharzes
Anteil an
Benzylalkohol
Nonylphenol
EP 1
12
2
EP 2
EP 3
Anteil in M.-%
5,5
3
2
Im folgenden Bild sind die differentiellen Leitfähigkeitsänderungen für die beiden Betonzusammensetzungen sowie die drei Epoxidharzgrundierungen infolge einer Diffusion von Natrium und Kalium durch die
Grundierung gezeigt. Je größer die differentielle Leitfähigkeitsänderung, desto ausgeprägter ist die Bildung
von Fehlstellen in der Epoxidharzgrundierung. Zudem
ist der Wertebereich aus untersuchten Schadensfällen
dargestellt. Hier wurde die Epoxidharzgrundierung im
Bereich von Blasen zwischen Grundierung und PUR-
basierter Schwimmschicht analog zu den im Labor
hergestellten Proben untersucht.
Bild 12: Differentielle Leitfähigkeitsänderung in Abhängigkeit der Untergrundbeschaffenheit sowie der Zusammensetzung der Epoxidharzgrundierung
Der Einfluss seitens des Substrats ist klar zu erkennen:
-
Bei Auftrag der Grundierung auf einen trockenen
Beton zeigen sich höhere Diffusionsraten als beim
identischen, jedoch wassergesättigten Beton.
-
Mit zunehmender Dichtigkeit des Porengefüges des
Betons nehmen die Diffusionsraten durch die aufgetragene Grundierung ab.
Die dargestellten Ergebnisse zeigen eindeutig, dass die
Kontaktzone Beton/Grundierung in Abhängigkeit sowohl der Art und Zusammensetzung des Betons als
auch der Art des Epoxidharzes für gelöste Alkalien der
Betonporenlösung als permeabel angesehen werden
kann.
Da es sich bei allen dargestellten Epoxidharzgrundierungen um bauaufsichtlich zugelassene Produkte handelt und die Applikation im Labor entsprechend den
Angaben der jeweiligen Hersteller durchgeführt wurde,
ist hier eine Einflussnahme seitens des Beschichters
ohne die genaue Kenntnis der Zusammensetzung kaum
möglich. Ähnlich verhält es sich mit der Bewertung der
Porenstruktur des Betons. Auch dieser Faktor kann
durch den Beschichter kaum bewertet und schon gar
nicht beeinflusst werden.
Anders sieht es bei dem Wassergehalt des Betons bei
Auftrag der Grundierung aus. Entsprechend den Technischen Merkblättern sowie der RL SIB /1/ muss der
Beton bei Auftrag der Grundierung zumindest im oberflächennahen Bereich trocken sein. Hierdurch wird
jedoch die Wahrscheinlichkeit einer Fehlstellenbildung
und somit auch einer Blasenbildung deutlich erhöht.
Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Stenner et
al [8]. Auch in ihren Untersuchungen zeigte ein trocken grundierter und beschichteter Beton eine deutlich
größere Wahrscheinlichkeit einer Blasenbildung, während ein nass beschichteter Beton praktisch keine Blasenbildung gezeigt hat.
Da umgekehrt allerdings der Auftrag einer Grundierung auf einen wassergesättigten Beton je nach Epoxidharzgrundierung zu einer ungleich größeren Schadenswahrscheinlichkeit führen kann, sollte trotz der
vorgenannten Ergebnisse weiterhin die Epoxidharzgrundierung auf einen in der Randzone abgetrockneten Beton aufgetragen werden.
dieses Verfahren auch eine qualitative sowie bei entsprechender Kalibrierung auch eine quantitative Analyse der chemischen Zusammensetzung des Polymers.
Weitere Informationen zur Funktionsweise eines konfokalen Raman-Mikroskops sind u.a. in [18] oder [19]
enthalten.
Während an den mit Tiefe 2 bis 4 bezeichneten Punkten die ungestörte Bulkphase des Epoxidharzes vorliegt, die praktisch eine zum Freien Film identische
Zusammensetzung aufwies, zeigte sich im Bereich des
mit Tiefe 1 gekennzeichneten Punktes eine gegenüber
der Bulkphase deutliche Anreicherung von Benzylalkohol in der Kontaktzone zum Beton.
So kann der Auftrag einer Epoxidharzgrundierung auf
einen nassen Beton zu einer flächigen Delamination
der gesamten Grundierung bzw. Beschichtung führen.
Gemeinhin wird dieses Schadensbild mit einer schlechten Nasshaftung der Epoxidharzgrundierung begründet. Im folgenden Bild ist ein Ausschnitt einer großflächigen Delamination einer rissüberbrückenden Beschichtung mitsamt Grundierung auf einem Parkdeck
dargestellt.
Bild 14: Auswertung einer Messung mittels Konfokaler Raman-Spektroskopie der auf einen nassen
Beton C 20/25 aufgetragenen EP-Grundierung
EP 1
Bild 13: Ausschnitt einer großflächigen Delamination
der kompletten Beschichtung mitsamt Grundierung auf einem Parkdeck
Eine der Ursachen dieser schlechten Nasshaftung kann
eine partielle Separation einzelner Bestandteile der
Epoxidharzgrundierung bei Auftrag auf den Beton
sein. Die Einflüsse seitens der Epoxidharzgrundierung
sowie des mineralischen Substrats auf eine mögliche
Separation wurden am ibac umfangreich untersucht.
Detaillierte Ergebnisse zu diesen Untersuchungen
werden u.a. in [18] veröffentlicht werden. Vor allem
bei Epoxidharzgrundierungen mit einem hohen Anteil
an Benzylalkohol kann diese Separation verstärkt auftreten.
Im folgenden Bild 14 ist beispielhaft ein Ergebnis der
Konfokalen Raman-Spektroskopie an EP 1, aufgetragen auf einen wassergesättigten Beton C 20/25 dargestellt. Die Konfokale Raman-Spektroskopie erlaubt die
dreidimensionale Untersuchung der Polymerstruktur
durchscheinender Polymere, wie z.B. einer Epoxidharzgrundierung. Neben einer Bildgebung erlaubt
Eine Separation einzelner Bestandteile einer auf Beton
aufgetragenen Epoxidharzgrundierung kann, wie im
vorliegenden Fall für Benzylalkohol gezeigt, sowohl zu
einer Schwächung des Verbundes zum mineralischen
Substrat als auch einer geschwächten Adhäsion nachfolgender Beschichtungslagen führen. Da diese Separation, je nach EP-Formulierung, sowohl bei Auftrag der
Grundierung auf einen trockenen als auch einen praktisch wassergesättigten Beton auftreten kann, ist dieser
Effekt durch den Verarbeiter kaum zu beeinflussen.
Vorbereitung des Betonuntergrundes
Während in Bild 12 lediglich ein nicht gestrahlter,
Beton untersucht wurde, wird im folgenden der Einfluss einer Untergrundvorbereitung vor Auftrag der
Grundierung betrachtet. Die Untergrundvorbereitung
im Labor erfolgte stets durch Strahlen mit festem
Strahlgut, die erzielte Rautiefe betrug etwa 0,5 mm
nach Kaufmann [15].
Im folgenden Bild sind die analog zu Bild 12 ermittelten differentiellen Leitfähigkeitsänderungen für den
Beton C 20/25 dargestellt. Die Auftragsmenge der
Grundierung wurde gegenüber der in Bild 12 gezeigten
Ergebnisse nicht verändert.
bar zu einer gewissen Abdichtung dieser Fehlstellen.
Hier ist anzunehmen, dass durch die Vergrößerung der
Schichtdicke der Grundierung infolge des Quarzkorns
der Abstreuung zunächst vorhandene Fehlstellen im
noch flüssigen Epoxidharz überdeckt und verschlossen
werden, siehe auch Bild 17.
Bild 15: Differentielle Leitfähigkeitsänderung in Abhängigkeit des Wassergehaltes des Betons, der
Untergrundvorbereitung sowie der Zusammensetzung der Epoxidharzgrundierung
Eine Untergrundvorbereitung führt in allen Fällen zu
einer deutlichen Reduktion der Fehlstellenbildung
innerhalb der Grundierung. In Einzelfällen konnten die
Diffusionsraten bis auf Null reduziert werden.
Bei Abstreuung einer Epoxidharzgrundierung auf dem
vergleichsweise dichten C 50/60 ist der Ausgangspunkt
ein anderer. So sind in der nicht abgestreuten Grundierung zunächst nur sehr wenige Fehlstellen im Epoxidharz vorhanden. Durch die zusätzliche Abstreuung
allerdings entstehen neue Fehlstellen in der Epoxidharzgrundierung, da einzelne Quarzkörner die Grundierung durchdringen und lokal zu einer Perforation
führen können. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam
Rheinwald bei der Betrachtung von Beschichtungsschäden in Form von Blasen. Auch er geht von einer
möglichen Perforation der Epoxidharzgrundierung
durch eine Abstreuung aus [16].
Einfluss einer Abstreuung der Grundierung
Ziel einer Abstreuung ist die Verbesserung der Adhäsion zwischen Grundierung und nachfolgenden Beschichtungslagen durch Vergrößerung der wahren
Oberfläche der Grundierung. Auf diese Weise ist neben einer chemischen Bindung zwischen der epoxidharzbasierten Grundierung und der nachfolgenden
Beschichtungslage auch eine mechanische Adhäsion
über eine Verkrallung möglich.
Zur Untersuchung des Effekt einer Abstreuung wurde
die auf den Beton aufgetragene Grundierung in frischen Zustand mit Quarzsand abgestreut. Nicht gebundener Sand wurde nach Erhärten der Grundierung
entfernt. In Bild 16 ist der Einfluss der Abstreuung auf
eine Fehlstellenbildung in der Grundierung anhand der
ermittelten differentiellen Leitfähigkeitsänderungen
dargestellt.
Auffällig ist, dass die Abstreuung je nach Substrat
einen positiven oder negativen Effekt auf die Diffusionsraten zu haben scheint. So wurde bei allen drei
untersuchten Epoxidharzen auf dem C 20/25 bei einer
zusätzlichen Abstreuung eine Verringerung der Diffusionsraten gemessen. Bei dem C 50/60 kehrt sich dieser Trend um, die Diffusionsraten steigen bei einer
zusätzlichen Abstreuung an. Vermutlich führt die unterschiedliche Anzahl der vorhandenen Fehlstellen in
der Grundierung auf dem C 20/25 und C 50/60 vor
Aufbringen der Abstreuung zu dieser gegenläufigen
Tendenz:
Ausgehend von einer vergleichsweise hohen Diffusionsrate aufgrund einer Vielzahl an Fehlstellen in der
Grundierung eines auf den C 20/25 aufgetragenen
Epoxidharzes führt eine zusätzliche Abstreuung offen-
Bild 16: Differentielle Leitfähigkeitsänderung in Abhängigkeit der Betonzusammensetzung, der
Zusammensetzung der Epoxidharzgrundierung sowie der Abstreuung
Der Einfluss eines auf die Applikationsmenge der
Grundierung abgestimmten Größtkorns auf die resultierende Schichtdicke ist in Bild 17 dargestellt. Die
Auftragsmenge des EP-Bindemittels war in beiden
Fällen identisch.
Die Bilder zeigen eindrucksvoll, dass die Schichtdicke
der Grundierung durch die Abstreuung im vorliegenden Fall mehr als verdreifacht wird. In der Grundierung vor Aufbringen der Abstreuung vorhandene Fehlstellen werden durch diesen Effekt offenbar wirksam
überdeckt.
wurde. In Bild 18 rechts sind im Bereich einer geöffneten Blase lose auf der Grundierung aufliegende Quarzkörner zu sehen. Hier wurde die geforderte Auftragsmenge der Grundierung unterschritten sowie mit einer
nicht auf die Applikationsmenge des EP-Bindemittels
abgestimmten Körnung abgestreut.
Bild 17: Schichtdicke einer Grundierung ohne Abstreuung (links) und mit Abstreuung (rechts),
jeweils mit identischer Auftragsmenge des
Bindemittels
Die Praxis zeigt jedoch, dass eine Abstreuung unter
Baustellenbedingungen auch einen negativen Einfluss
auf die Adhäsion zwischen Grundierung und hwO
haben kann. So kann sowohl eine zu geringe Abstreuung als auch die Verwendung einer nicht auf die
Schichtdicke der Grundierung abgestimmten Körnung
die Adhäsion derart negativ beeinflussen, dass sowohl
eine lokale Blasenbildung als auch eine großflächige
Delamination der Schwimmschicht begünstigt werden.
Weiterhin muss vor Auftrag weiterer Beschichtungslagen überschüssiger Sand sorgfältig entfernt werden.
So ist beispielsweise die in Bild 10 links dargestellte
großflächige Delamination der hwO primär durch eine
unzureichende und ungleichmäßige Abstreuung verursacht worden.
In Bild 18 sind weitere Beispiele einer fehlerhaften
Abstreuung dargestellt. In beiden Fällen wurden die
aufgetretenen, zumeist blasenförmigen Delaminationen
durch den Bauherrn zunächst unter dem Schadensbild
der „osmotischen“ Blasenbildung zusammengefasst.
Eine genauere Untersuchung der Kontaktzone analog
der Bild 12 dargestellten Ergebnisse zeigte zunächst in
allen Fällen eine Diffusion von Alkalien durch die
Grundierung als Hinweis auf im Epoxidharz vorhandene Fehlstellen, so dass osmotische Transportprozesse
bereits frühzeitig als Schadensursache ausgeschlossen
werden konnten.
Bild 18: Unzureichende Abstreuung (links, Ansicht der
Unterseite der abgelösten PUR-Schwimmschicht) und nicht auf die Applikationsmenge
des EP-Bindemittels abgestimmte Körnung
der Abstreuung (rechts)
In Bild 18 links ist die Unterseite der abgelösten PURSchwimmschicht dargestellt. Anhand der wenigen,
unregelmäßigen Abdrücke der Abstreuung zeigt sich,
dass diese nur in unzureichender Menge aufgebracht
Einfluss unerwünschter Nebenreaktionen der PURSchwimmschicht
Bei Bewertung einer Delamination zwischen Grundierung und PUR-Schwimmschicht wurde bei Schadensfällen häufig eine Bläschenbildung in der der Grundierung zugewandten Seite der PUR-Schwimmschicht
vorgefunden. Diese Bläschenbildung ist im folgenden
Bild beispielhaft dargestellt.
Bild 19: Schaumstruktur an der Unterseite einer PURSchwimmschicht im Bereich geöffneter Blasen
Die Ursache der Bläschenbildung ist auf eine Nebenreaktion der Isocyanatkomponente der PUR-Beschichtung mit Wasser, z.B. infolge einer Taupunktunterschreitung des Substrates bei Auftrag der Schwimmschicht zurückzuführen. Dabei reagiert die Isocyanatkomponente der PUR-Beschichtung über eine Polykondensation mit Feuchtigkeit unter Abspaltung von
Kohlendioxid zu einer Harnstoffverbindung.
Die durch die Reaktion der Isocyanatkomponente mit
Feuchtigkeit hervorgerufene Bläschenbildung führt zu
einer Schwächung des Verbundes zwischen Grundierung und hwO, so dass bereits geringe Kapillardrücke
aus dem Substrat oder auch eine mechanische Beanspruchung durch Verkehr zu einer lokalen bis großflächigen Delamination der Schwimmschicht führen können.
Vermieden werden kann dieses Schadensbild durch
eine sorgsame Erfassung der Lufttemperatur, Luftfeuchte sowie der Bauteiltemperatur und Einhaltung
des Abstands zwischen Bauteiltemperatur und Taupunkttemperatur von mindestens 3 K.
6 Zusammenfassung
In der vorgestellten Zusammenfassung wurden verschiedene bei befahrbaren Beschichtungssystemen
typischerweise auftretende Schadensbilder beschrieben. Schwerpunktmäßig wurden Schadensbilder betrachtetet, deren Ursache in der Vergangenheit häufig
mit der so genannten „osmotischen“ Blasenbildung
beschrieben wurde.
Ergebnisse eines am ibac bearbeiteten Forschungsvorhabens haben jedoch eindrucksvoll gezeigt, dass osmotische Transportprozesse bei Entstehung flüssigkeitsgefüllter Blasen innerhalb der polymeren Beschichtung
sowie großflächigen Delaminationen einzelner Beschichtungslagen nicht relevant sind. So lag die wesentliche Begründung der Osmose als Schadensursache
in der Annahme eines für eine Delamination erforderlichen Druckes in der Größe der jeweiligen Haftzugfestigkeit der Beschichtung. Laborversuche sowie FESimulationen des Verbundes zwischen Beschichtung
und Beton haben jedoch gezeigt, dass eine lokale Delamination der Beschichtung bereits bei deutlich geringeren Drücken von maximal etwa 10 % der jeweiligen
Haftzugfestigkeit der Beschichtung auftreten kann.
Die Vermeidung einer Blasenbildung durch eine sorgfältige Applikation der Beschichtung ist nur in begrenztem Maße möglich. Hier ist zudem eine Modifikation vorhandener Epoxidharzformulierungen zur
Vermeidung der Entstehung lokaler Fehlstellen oder
großflächiger Separationen bei Auftrag der Grundierung auf den Beton erforderlich.
Es ist geplant, geeignete Prüfverfahrens zu entwickeln,
mit Hilfe derer die „Blasenanfälligkeit“ von Epoxidharzgrundierungen im Labor zielsicher untersucht
werden kann.
7 Danksagung
Die vorgestellten Untersuchungen wurden mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG durchgeführt. Für die Unterstützung
sei an dieser Stelle gedankt.
8 Literatur
[1] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton ; DAfStb;
DAfStb-Instandsetzungs-Richtlinie: Schutz und
Instandsetzung von Betonbauteilen. Teil 1: Allgemeine Regelungen und Planungsgrundsätze. Teil
2: Bauprodukte und Anwendung. Teil 3: Anforderungen an die Betriebe und Überwachung der
Ausführung. Teil 4: Prüfverfahren. Ausgabe Oktober 2001. Berlin : Deutscher Ausschuss für
Stahlbeton, 2001; einschließlich Berichtigungsblättern
[2] DIN V 18026 Vornorm: Oberflächenschutzsysteme für Beton nach DIN EN 1504-2:2005-01;
Ausgabe Juni 2006
[3] DIN EN 1504-2: Produkte und Systeme für den
Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken - Definitionen, Anforderungen, Qualitätsüberwachung und Beurteilung der Konformität Teil 2: Oberflächenschutzsysteme für Beton, Ausgabe Januar 2005
[4] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein ; DBV ;
DBV-Merkblattsammlung: Merkblatt Parkhäuser
und Tiefgaragen (Fassung Januar 2005). Berlin :
Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein, e.V.,
2005
[5] Seidler, P. ; RILEM TC 184-IFE: Industrial
Floors, State-of-the-Art Report of RILEM Technical Committee TC 184-IFE. Bagneux : RILEM
Publ., 2006. - In: RILEM Report 36
[6] Klopfer, H.: Unterwasseranstrich in einem
Schwimmbecken - Blasenbildung im Anstrich infolge ungenügender chemischer Aushärtung des
Bindemittels. Stuttgart : Forum-Verlag, 1974. In: Bauschäden Sammlung : Sachverhalt- Ursachen-Sanierung. Band 1, S. 149-152
[7] Frick, R.: Rückwärtige Durchfeuchtung erdberührter Betonplatten; langjährige Erfahrung mit
Reaktionsharzbeschichtungen aus der Praxis. Ostfildern : Technische Akademie Esslingen, 2006. In: Verkehrsbauten : Schwerpunkt Parkhäuser, 2.
Kolloquium, Ostfildern, 31. Januar und 1. Februar 2006. – Vortrag
[8] Stenner, R. ; Machill, N.: Adhäsion und Blasenbildung von Beschichtungen bei rückseitiger
Feuchteeinwirkung. Ostfildern : Technische Akademie Esslingen, 2003. - In: Industrieböden '03,
Internationales Kolloquium, 21. - 23. Januar
2003, (Seidler, P. (Ed.)), Vol. I, S. 79-102
[9] Klopfer, H.: Anstrichschäden: Strukturen, Verhaltensweisen und Schadensformen von Anstrichen
und Kunststoffbeschichtungen. Wiesbaden : Bauverlag, 1976
[10] Lohmann, T.: Vermeiden von Blasenbildung
beim Beschichten poröser Untergründe. Ostfildern : Technische Akademie Esslingen, 2007. In: Industrieböden '07, Internationales Kolloquium, Ostfildern, 16. - 18. Januar 2007, (Seidler, P.
(Ed.)), S. 275-283
[11] Wolff, L. ; Raupach, M. ; Hailu, K.: Ursachen der
Blasenbildung bei Reaktionsharzbeschichtungen
auf Beton - Welche Rolle spielt die Osmose? :
Causes of Blistering of Reaction Resin Coatings
on Concrete - Is Osmosis Relevant?. In: Betonund Stahlbetonbau 102 (2007), Nr. 7, S. 439-449
[12] Günter, M.: Beanspruchung und Beanspruchbarkeit des Verbundes zwischen Polymerbeschichtungen und Beton. Karlsruhe, Universität Fridericiana, Fachbereich Bauingenieur- und Vermessungswesen, Dissertation, 1997
[13] Wolff, L. ; Raupach, M. ; Hailu, K.: Blistering of
Reactive Resins Coatings on Concrete: Causes
and Prevention. Teddington UK : PRA, 2007. In: Protective Coatings Protective the Substrate
and the Environment, The Netherlands, 24 - 25
October 2007, Paper 6, S. 90-107
[14] Loctite: World Wide Design Handbook; 2. Auflage, Erasmusdruck GmbH, Mainz 1998
[15] Kaufmann, N.: Das Sandflächenverfahren. In:
Straßenbau-Technik (1971), Nr. 3, S. 131-135
[16] Rheinwald, G.: Osmoseblasen an einer rissüberbrückenden EP-Beschichtung. Ostfildern : Technische Akademie Esslingen, 2007. - In: Industrieböden '07, Internationales Kolloquium, Ostfildern, 16. - 18. Januar 2007, (Seidler, P. (Ed.)), S.
255-259
[17] Kittel, H. ; Reul, H.: Lehrbuch der Lacke und
Beschichtungen. Band 7: Produkte für das Bauwesen, Beschichtungen, Bauklebstoffe, Dichtstoffe. 2. Aufl. Stuttgart: Hirzel, 2005
[18] Wolff, L: Mechanismen der Blasenbildung bei
Reaktionsharzbeschichtungen auf Beton. Aachen,
Rheinisch Westfälische Technische Hochschule,
Fakultät für Bauingenieurwesen, Dissertation, erscheint 2008
[19] Bornemann, R. ; Lemmer, U. ; Walk-Lauffer, B. ;
Raupach, M.: Bestimmung der Polymerverteilung
in Textilbewehrtem Beton mittels konfokaler
Raman-Mikroskopie. In: Photonik 37 (2005), Nr.
4, S. 60-63
[20] Raupach, M. ; Wolff, L.: Prüf- und Anforderungskriterien für die Dauerhaftigkeit von Oberflächenschutzsystemen im Rahmen der ZTV-SIB,
Teil IV, (ibac). Aachen : Institut für Bauforschung, 2002. - Forschungsbericht F 519
[21] DIN EN ISO 5470: Bestimmung des Abriebwiderstandes, Teil 1 Taber-Abriebprüfgerät, Ausgabe September 1990
[22] Raupach, M. ; Wolff, L.: Reduktion der Bewehrungsüberdeckung bei vorhandener Beschichtung
bei Parkhaus-Neubauten. Stuttgart : IRB-Verlag,
2004.- Best.-Nr. T 3063; ISBN 3-8167-6692-7;
Aachen : Institut für Bauforschung, 2004. - Forschungsbericht Nr. F 892
[23] Eckhardt, H.: Sika besteht den ultimativen Härtetest für Parkhausbeschichtungen. Sika Forum,
Magazin für Betoninstandsetzung, Fußbodenbeschichtung, Bauwerksabdichtung, Ausgabe August 2007
[24] Orlowsky, J., Baias, M., Raupach, M.: NMR
Measurements on Concrete-Coatings, International Conference on Concrete Repair, Rehabilitation and Retrofitting 2008, Cape Town, South Africa, 24 - 26 November 2008