Analyse und Bewertung typischer

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Analyse und Bewertung typischer
Analyse und Bewertung typischer Geräuschmuster von
Verbrennungsmotoren
Dr.-Ing. Christian Nettelbeck, Dipl.-Ing. Philipp Sellerbeck, HEAD acoustics
GmbH
1 Einleitung
Störgeräuschen an Verbrennungsmotoren kommt eine hohe Bedeutung zu, da sie unter Wettbewerbsgesichtspunkten eine entscheidende Rolle spielen und im Allgemeinen mit unzureichender Produktqualität gleichgesetzt werden. Insbesondere bei der Geräuschbewertung von
Verbrennungsmotoren in der Automobil- und Zulieferindustrie zeigt sich immer deutlicher,
dass eine Reduzierung des Schalldruckpegels nicht hinreichend ist, um die geforderte Geräuschqualität zu erzielen. Vielmehr ist eine Vorgehensweise unter Berücksichtigung der analytischen Fähigkeiten des menschlichen Gehörs notwendig.
Die Bearbeitung von Störgeräuschen bedingt aufgrund der Komplexität bestehender technischer Systeme einen hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand. Hierbei ist es wichtig, bereits
zu einem frühen Zeitpunkt des Lösungsprozesses eine möglichst eindeutige Beschreibung der
wahrgenommenen Störgeräusche zu erhalten. Diese Situation ist zurzeit jedoch nicht gegeben:
Verbale Beschreibungen des Höreindrucks variieren zum Teil von Anwender zu Anwender, es
wird für verschiedene Störgeräusche der gleiche Begriff verwendet (und umgekehrt) oder aber
verbale Beschreibungen fehlen. Ebenfalls gibt es derzeit in diesem Bereich keine Standardisierung. Folglich ist die Ausgangssituation zur Bearbeitung bestehender Geräuschprobleme meist
ungenau definiert. Dies führt zu Kommunikationsverlusten zwischen Motorenherstellern und
Zulieferunternehmen sowie zu ineffizienten Investitionen in vermeintliche Lösungen, die jedoch das eigentliche Problem nicht behandeln.
Aus der beschriebenen Situation lassen sich Fragestellungen ableiten, deren Beantwortung zu
einer Verbesserung der Ausgangslage wesentlich beitragen können. Diese sind schematisch im
Folgenden aufgelistet und dargestellt:
1.
Welches sind zu wahrgenommenen Störgeräuschen die adäquaten verbalen Beschreibungen und welche sensitiven Deskriptoren (Wahrnehmungsmerkmale) in welcher
Ausprägung gehören dazu?
2.
Welches sind die physikalischen Messgrößen, die das Störgeräusch kennzeichnen?
Analyse und Bewertung typischer Geräuschmuster von Verbrennungsmotoren
3.
Wie ist die Korrelation zwischen den sensitiven und physikalischen Deskriptoren?
4.
Wie kann die Kommunikation bei der Übermittlung des Hörempfindens verbessert
werden, um zu einem Konsens bei der Beurteilung eines wahrgenommenen Störgeräusches zu kommen?
Die Fragestellungen wurden näher im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsvorhabens,
welches von der Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e.V. (FVV, Frankfurt)
gestellt und in den Firmen HEAD acoustics GmbH unter der Leitung von Herrn Dr. Genuit,
Synotec Psychoinformatik GmbH unter der Leitung von Herrn Dr. Blutner und FORWISS
unter der Leitung von Herrn Prof. Görz bearbeitet wurde, eingehend untersucht. Die Arbeit
wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi, Bonn) über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen e.V. (AiF, Köln), (AiF-Nr. 11963) finanziell
gefördert.
2 Subjektive und objektive Beschreibung von Störgeräuschmustern
2.1 Subjektive (verbale) Beschreibung von Störgeräuschmustern
Im Rahmen des oben angegebenen Forschungsvorhabens wurden typische Störgeräusche, wie
sie von Verbrennungsmotoren verursacht werden können, gesammelt und im Anschluss verbale Beschreibungen für diese Störgeräusche von einer Gruppe von Akustikexperten mittels ausführlicher subjektiver Bewertungen festgelegt. Dabei wurde insbesondere auch auf den lautmalerischen Zusammenhang zwischen verbaler Beschreibung und Störgeräusch geachtet. In der
unten aufgeführten Tabelle 2.1 sind die gefundenen verbalen Beschreibungen der 51 Störgeräuschmuster aufgelistet.
Tabelle 2.1 Verbale Beschreibung von Störgeräuschen
Blubbern
Brummen
Brutzeln
Buhen
Dröhnen
Grollen
Grunzen
Heulen
Jaulen
Kieseln
Klappern
Klingeln
Klopfen
Knattern
Kollern
Kreischen
Mahlen
Muhen
Nageln
Patschen
Pfeifen
Pochen
Prasseln
Puffern
Quaken
Quieken
Quiet-
Rasseln
schen
Rattern
Rauigkeit
Rauschen
Resonanz
Rollen
Schaben
Scheppern
Schettern
Schmettern
Schnarren
Schnattern
Schwe-
Schwirren
Stöhnen
bung
Stottern
Summen
Zirpen
Zischen
Tickern
Trommeln
Weinen
Wimmern
Wummern
2.2 Objektive Beschreibung von Störgeräuschmustern
Zur Korrelation der verbalen Beschreibungen mit objektiven, physikalisch definierten Beschreibungen wurden stark ausgeprägte Störgeräuschmuster hinsichtlich allgemeiner Attribute
wie Bandbreite, Spektrum, Signalart und Modulationsfrequenz analysiert. Basierend auf diesen
Untersuchungen wurden für jedes Störgeräuschmuster entsprechende allgemeine Attribute
festgelegt und für alle Muster zusammengefasst.
Tabelle 2.2 Festlegung der Attributgrenzen
Bandbreite
Spektrum
Signalart
Modulation
schmalbandig
hörbar in einem Bereich schmaler als 1 bis 2 Bark
breitbandig
hörbar in einem Bereich breiter als 1 bis 2 Bark
tief
Schwerpunkt bis 300 Hz
mittel
Schwerpunkt zwischen 300 Hz und 1000 Hz
hoch
Schwerpunkt über 1000 Hz
tonal
eine oder mehrere sehr schmalbandige Komponenten
stochastisch
nicht periodisch
impulshaltig
Schnelle, plötzliche Veränderungen des Zeitsignals
(im Pegel oder in der Frequenz)
langsam
Modulationsfrequenz fm ≤ 10 Hz
mittel
10 Hz ≤ fm ≤ 40 Hz
schnell
fm ≥ 40 Hz
Die Festlegung der Attributsgrenzen ist in der Tabelle 2.2 zur Orientierung abgebildet. Einen
Auszug aus der Zusammenfassung der allgemeinen Attribute zeigt die Tabelle 2.3.
Tabelle 2.3 Auszug aus der Zusammenfassung der allgemeinen Attribute
Bandbreite
Spektrum
breit
Schm.
tief
X
X
Brummen
Brutzeln
tonal
X
X
X
hoch
Stoch
.
Modulationsfrequenz
Imp.haltig
Kl.
fm
Mit.
fm
Hohe
fm
X
X
Buhen
Dröhnen
mi
Signalart
X
X
X
X
X
X
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Grollen
X
X
X
Heulen
X
X
X
Kieseln
X
X
X
X
X
3 Möglichkeiten und Beispiele zur Analyse typischer
Störgeräusche
Neben der allgemeinen Beschreibung der Störgeräuschmuster mittels der oben beschriebenen
Attribute wie Bandbreite, Spektrum, Signalart und Modulationsfrequenz wurden für alle Störgeräuschmuster auch Analyseverfahren ermittelt welche besonders gut geeignet sind die typischen Merkmale jedes Musters herauszustellen. Tabelle 3.1 zeigt einen Auszug aus dieser
Zusammenfassung.
Brutzeln
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Dröhnen
x
x
x
x
x
x
Grunzen
x
Heulen
x
x
x
x
x
x
x
Jaulen
Kieseln
Wavelet
x
x
Buhen
Grollen
VFR
Tonalität
Spec. Rauigkeit
Spec. Prominence
Spec. Lautheit
Schärfe
x
Rauigkeit
x
x
Relative Approach
Ordnungsspektrum
x
Lautheit
Pegel(filtered)
Kurtosis
Hearing Model
Rauigkeit
Hearing Model
Impulsiveness
x
Brummen
Modulationsanalyse
Blubbern
Autokorrelation
Artikulationsindex
Tabelle 3.1 Auszug aus der Zusammenfassung der geeigneten Analysen
x
x
x
Klappern
x
x
x
Klingeln
x
x
x
3.1 FFT und FFT vs. time
Fast-Fourier-Transformation: Übergang vom Zeitbereich in den Frequenzbereich.
Die FFT ist ein Standardverfahren, mit dem sich im ersten Schritt ein Überblick der zeitvariablen, spektralen Zusammensetzung des zu untersuchenden Signals verschafft wird. Bei der Fourier-Analyse werden beliebige, zeitliche Vorgänge eindeutig in eine Summe bzw. ein Integral
harmonischer Schwingungen zerlegt.
Anwendungsbereich: Analyse stationärer und instationärer Geräusche
Bild 3.1 zeigt die ‚FFT vs. time‘-Analyse des Musters Rattern, hier ist die Frequenz f in Hz
über der Zeit t in Sekunden aufgetragen und der Pegel L in dB(A) durch die Farbstruktur codiert. Es ist nur der linke Aufnahmekanal der Kunstkopfaufzeichnung dargestellt.
Bild 3.1: Darstellung der FFT über der Zeit für das Störgeräusch Rattern
Dieses Spektrogramm macht deutlich, dass das Störgeräusch Rattern eine ausgeprägte zeitliche
Struktur besitzt, die sich über einen großen Frequenzbereich ausdehnt.
3.2 Filterbankanalyse
Bei der Filterbankanalyse wird das zu untersuchende Signal mit parallelen Bandpässen (Filterbank) mit unterschiedlichen Mittenfrequenzen und Filterbreiten (angegeben in 1/n Oktaven)
gefiltert. Die Pegel der gefilterten Signalanteile werden dann in Abhängigkeit von Frequenz
und Zeit dargestellt.
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Bild 3.2: Darstellung einer 1/24 Oktav Analyse über der Zeit eines Türbetätigungsgeräusches
Auch bei der Filterbankanalyse ist wie bei der FFT-Analyse ein Kompromiss zwischen Zeit
und Frequenzauflösung zu finden. Gegenüber der Analyse FFT vs. time hat die Filterbankanalyse jedoch den Vorteil einer variablen Frequenz- und Zeitauflösung, welches der Signalverarbeitung des menschlichen Gehörs näher kommt. Durch die Wahl einer entsprechend kurzen
Zeitkonstante für die Pegelberechnung lässt sich eine gute zeitliche Auflösung bei hohen Frequenzen erzielen, ohne auf eine gute Frequenzauflösung bei niedrigen Frequenzen zu verzichten.
Bild 3.2 zeigt zur Erläuterung eine „1/24-Oktav vs. time“ Analyse (Zeitkonstante 2ms) eines
Türbetätigungsgeräusches. Es ist deutlich eine gute Zeit- und Frequenzauflösung zu erkennen.
So werden die zeitlich eng aufeinander folgenden Geräuschmuster z.B. bei 9kHz, welche zu
einem unangenehmen Geräuscheindruck führen, sehr gut wiedergegeben. Eine FFT-Analyse
mit der gleichen Zeitauflösung hätte in diesem Fall (Abtastrate 32kHz) eine Frequenzauflösung
von 500Hz.
3.3 Modulationsanalyse
Die Modulationsanalyse [1] liefert Spektren der Einhüllenden von Teilbändern des analysierten
Signals. Der Anwender kann damit Modulationen mit ihrer Frequenz, ihrer Stärke und ihrem
zeitlichen Verlauf erkennen. Die Amplitudenmodulation bei Frequenzen unter 5 Hz wird
Schwankungsstärke genannt, die mit Modulationsfrequenzen oberhalb von 20 Hz bezeichnet
man als Rauhigkeit. Die Modulationsanalyse umfasst einen breiteren Frequenzbereich, der
auch den Bereich der Rauhigkeit und Schwankungsstärke mit einschließt.
Es kann eine Auswertung der Einhüllenden bzgl. Pegel, Modulationsgrad oder Modulationsfrequenz durchgeführt werden.
Das folgende Bild 3.3 zeigt ein Blockschaltbild der Analyse. Danach werden die einzelnen
Schritte erläutert.
Bild 3.3: Extraktion des Teilbandes (Bandpassfilterung)
Das Eingangssignal wird mit einem IIR-Bandpass [2] gefiltert, um das betreffende Teilband zu
extrahieren. Dabei besteht die Möglichkeit, eine bestimmte Oktave, Terz oder Frequenzgruppe
auszuwählen. Zur Filterung wird ein Butterworth-Filter 4. Ordnung verwendet.
Erste Unterabtastung:
Je nach Frequenzlage des Teilbandes kann die Abtastrate nun verringert werden, da hohe Frequenzanteile je nach Lage des Bandpasses fehlen. Diese Unterabtastung dient der Rechenzeitverkürzung, vor allem jedoch erhöht sie die Qualität des folgenden Hilbert-Transformators, der
im folgenden Abschnitt beschrieben ist.
Hilbert-Transformator:
Der Hilbert-Transformator errechnet aus dem Eingangssignal den Imaginärteil der entsprechenden komplexen Hüllkurve. Der Realteil ist durch das Eingangssignal selbst gegeben. Der
Hilbert-Transformator ist im Zeitbereich durch folgende h(n) und im Frequenzbereich durch
H(ejω) gegeben:
Als reales Filter ist der Transformator als FIR Filter mit 119 Abtastwerten nach der Gleichung
für h(n), multipliziert mit einem Kaiser-Bessel Fenster, realisiert. Durch die Fensterung ist der
Amplitudengang des Filters nicht genau 1 an allen Frequenzen, sondern steigt bei tiefen Frequenzen von 0.0 auf 1.0 an. Daher wird, wie im vorigen Abschnitt beschrieben, das Eingangs-
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signal entsprechend der Frequenzlage des Bandes unterabgetastet. Tieffrequente Bänder werden stärker unterabgetastet, wodurch der Übergangsbereich bei tiefen Frequenzen entsprechend
schmaler ausfällt. Hochfrequente Bänder werden weniger unterabgetastet, da sie keine tieffrequenten Anteile haben. Der Übergangsbereich des Filters kann in diesem Fall breiter ausfallen.
Bildung der Einhüllenden:
Die Einhüllende ist der Betrag der komplexen Hüllkurve: Die Quadrate des Realteils (das
Bandpasssignal) und des Imaginärteils (das Ausgangssignal des Hilberttransformators) werden
addiert. Aus dem Ergebnis wird die Quadratwurzel berechnet. An dieser Stelle ergibt sich,
wenn das Eingangssignal ein reiner Sinuston ist und ein Teilband um diesen Ton herum ausgewählt wurde, ein Gleichsignal mit der Amplitude des Sinustons. Ist der Sinus amplitudenmoduliert, so erhält man den Modulationsverlauf.
Zweite Unterabtastung: Die Einhüllende kann nun entsprechend der Bandbreite des gewählten
Teilbandes weiter unterabgetastet werden, denn - bei der Verwendung eines idealen Bandpasses - können in der Einhüllenden nur noch Frequenzen auftreten, die kleiner als diese Breite
sind.
Tiefpassfilterung der Einhüllenden:
Die Einhüllende wird nun tiefpassgefiltert. Dazu wird ein Tiefpass zweiter Ordnung benutzt.
Diese Grenzfrequenz ist entscheidend für die gesamte Unterabtastung des Signals (Max. Env.
Frequency).
Dritte Unterabtastung: Je nach Grenzfrequenz der Tiefpassfilterung wird die Einhüllende nochmals unterabgetastet.
FFT: Die Einhüllende wird nun einer normalen FFT-Analyse unterzogen, genau wie ansonsten
das Originalsignal. Bei der Modulationsanalyse wird der Gleichanteil des Signals im FFTSpektrum mitberechnet und dargestellt, um so die Stärke der Modulation des Teilbandes beurteilen zu können. Entfernt wird der Gleichanteil nur für die Analyse Modulation frequency vs.
time, da dieser bei einer Einhüllenden sehr groß ist und durch die Fensterung (Hanning, ...) auf
die unteren Spektrallinien verschmiert würde.
In Bild 3.4 ist das Ergebnis einer Modulationsanalyse des Störgeräusches Rattern abgebildet,
dazu ist auf der Ordinate die Trägerfrequenz f in Hz und auf der Abszisse die Modulationsfrequenz fm ebenfalls in Hz aufgetragen. Der Modulationsgrad m des Signals wird durch die unterschiedlichen Farben dargestellt. Das Störgeräuschmuster Rattern ist stark moduliert mit
einer Modulationsfrequenz fm = 10,5 Hz und deren Harmonischen.
Bild 3.4: Modulationsanalyse für das Störgeräuschmuster Rattern
3.4 Schärfe
Schallsignale, deren Spektralanteile sich überwiegend im Bereich hoher Frequenzen befinden,
werden vom menschlichen Gehör als "scharf" oder "schrill" empfunden. Als Maß für diese
Empfindung wurde die Schärfe [3], [4] eingeführt. Entscheidend für die Schärfe ist der
Schwerpunkt der Fläche unter der Einhüllenden des Spektrums. Je weiter dieser Schwerpunkt
in Richtung hoher Frequenzen verlagert ist, desto schärfer wird ein Signal empfunden. Die
Einheit der Schärfe ist acum. Einem Schmalbandrauschen bei 1kHz mit einer Bandbreite kleiner als 150 Hz (Frequenzgruppenbreite) und einem Pegel von 60 dB wird eine Schärfe von 1
acum zugerechnet.
Aures schlägt für die Berechnung der Schärfe die folgende Vorgehensweise vor: Die Schärfe S
lässt sich als ein mit gA(z) gewichtetes, erstes Moment der Tonheitsverteilung der spezifischen
Lautheit N'(z) berechnen. Um das Ergebnis annährend pegelunabhängig zu machen, wird durch
die Gesamtlautheit N dividiert. Die Formel lautet dann:
z = 24 Bark
∫ N′(z)⋅ g (z)⋅ z / Bark ⋅ dz
A
S = 0,11⋅
z =0
z = 24 Bark
acum
(3.1)
∫ N′(z)⋅ dz
z =0
mit
gA(z) = 0,078 ⋅
und
e0,171⋅ z / Bark
N / sone
⋅
z / Bark ln(0,05 ⋅ N / sone + 1)
(3.2)
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z = 24 Bark
N=
∫ N′(z)⋅ dz .
z =0
Da die oben genannte Formel nach Aures noch zu recht großen Pegelabhängigkeiten führt,
schlägt von Bismarck folgende Formel vor:
z = 24 Bark
∫ N′(z)⋅ g (z)⋅ z / Bark ⋅ dz
B
S = 0,11⋅
z =0
z = 24 Bark
acum
(3.3)
∫ N′(z)⋅ dz
z =0
mit
gB(z) = 1
für z ≤ 15 Bark
gB(z) = 0,2 ⋅ e0,308( z / Bark −15) + 0,8
für z > 15 Bark .
Als typisches Beispiel für ein Störgeräuschmuster bei welchem vergleichsweise sehr hohe
Werte für die Schärfe auftreten ist das Brutzeln zu nennen. Bild 3.5 zeigt die Analyse dieses
Störgeräuschmusters.
Bild 3.5: Analyse des Störgeräuschmusters Brutzeln: links FFT vs time, rechts Schärfe vs. time
(von Bismarck)
3.5 Relative Approach
Das menschliche Gehör reagiert besonders empfindlich auf schnelle zeitliche Änderungen in
akustischen Signalen, oder auf spektrale Strukturen, die ausgeprägte Maxima und Minima
aufweisen. Konstante oder langsam veränderliche Pegelverläufe über der Zeit und langsame
Änderungen der Frequenz eines Sweep-Signals rufen nach einer gewissen Zeit keine erhöhte
Aufmerksamkeit mehr hervor. Für eine subjektive Beurteilung akustischer Signale können
bekannte oder gelernte Muster als Referenz dienen. Daher basieren Sprachgütebeurteilungen
zum Beispiel auf einem Vergleich des betrachteten, verfälschten Signals mit dem gleichzeitig
zur Verfügung stehenden Original. Unser Gehör ist außerdem in der Lage, auch unbekannte
Signale zu beurteilen.
Die Grundidee der Relative Approach – Analyse [5] besteht darin, aus dem bis zum aktuellen
Zeitpunkt bekannten Signalverlauf einen Schätzwert für den aktuellen Signalwert zu ermitteln
und von diesem dann zu subtrahieren.
Der Schätzwert kann zunächst vereinfachend als Mittelwert der vergangenen Signalwerte interpretiert werden. Die Differenz zwischen aktuellem Signalwert und Schätzwert stellt ein Maß
für die Änderung des Signals dar.
Grundlage für dieses neue Verfahren stellt eine gehöradäquate Spektroskopie dar. Es ist eine
Zeit-Frequenz-Analyse der Pegelverläufe erforderlich, um den Eigenschaften des menschlichen
Gehörs gerecht zu werden.
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Zusätzlich muss dem nichtlinearen Zusammenhang zwischen Schalldruck und subjektiv empfundener Lautstärke durch Einsatz einer gehörgerechten Pegeltransformation (vgl. Gehörmodell nach Sottek) Rechnung getragen werden.
Nach der Spektralanalyse und nichtlinearen Pegeltransformation erfolgt die oben erwähnte
Berechnung eines Schätzwertes für den aktuellen Signalwert und die Differenzenbildung.
Anwendungsbereiche:
• Deutliche Darstellung zeitlicher und spektraler Strukturen
• Detektion auffälliger Signalkomponenten, auch solcher mit niedrigem Energiegehalt
• Hervorheben impulsartiger Geräusche, wie Quietsch- und Klappergeräusche
Als Beispiel für eine typische Anwendung des Relative Approach ist in Bild 3.6 ein Geräusch
mit dem Relative Approach analysiert worden, welches Squeaks enthält.
Bild 3.6: Analyse von Squeak-Geräuschen mit dem Relative Approach
4 Korrelation subjektiver Bewertungen mit objektiven
Analysen (Geräuschmetrik)
In der Produktentwicklung oder im Benchmarking benötigt man häufig eine Aussage über die
Wahrnehmung des Geräuschkomforts. Es wurde daher ein objektives Messverfahren entwickelt, welches die Geräuschqualitätswerte, die dem Qualitätsurteil des Hörers möglichst gut
entsprechen, maschinell berechnet und einen Einzahlwert liefert. In der Regel bezeichnet man
solche Verfahren als Geräuschmetrik.
Die Entwicklung einer Geräuschmetrik besteht im Wesentlichen aus vier Arbeitsschritten (Bild
4.1). Zunächst definiert man das Geräuschqualitätsmerkmal des Produktes, welches untersucht
werden soll. Die Definition der Betriebszustände und die physikalische Beschreibung des Geräusches werden in dieser Phase stattfinden. Anschließend sucht man ein Signalanalyseverfahren, das die zeitlichen und spektralen Strukturen des Geräusches beschreibt und daher eine
Möglichkeit für die Klassifikation gibt. Im nächsten Schritt führt man Hörversuche durch, um
eine Aussage darüber zu bekommen, welches Geräusch hoch oder minderwertig bewertet wird.
Eine Zusammenführung der Ergebnisse aus der objektiven und subjektiven Analyse erfolgt
durch unterschiedliche statistische Verfahren (z.B. Regressionsanalyse, Spearmansche Rangkorrelation, Faktoranalyse usw.). Dementsprechend können die Zusammenhänge zwischen den
einzelnen Einflussgrößen und dem Geräuschqualitätsurteil ermittelt und eine Geräuschmetrik
entwickelt werden.
Analysis
Metric Optimization
Judgment
Bild 4.1: Verfahren der Geräuschmetrikentwicklung
Bei HEAD acoustics wurden bisher verschiedene Geräuschmetriken für unterschiedliche Produktgeräusche entwickelt. Im Folgenden ist ein Anwendungsbeispiel für das Dieselverbrennungsgeräusch beschrieben.
In der Regel hat das Dieselverbrennungsgeräusch eine spezifische zeitliche und spektrale
Struktur, die als „Diesel-Nageln“ oder auch „Diesel-Tickern“ bezeichnet wird und einen signifikanten Einfluss auf die Qualitätsbewertung des Hörers hat. Insbesondere ist die Einordnung
unterschiedlicher Ausprägungen des vorhandenen Störgeräusches mit Hilfe der üblichen Analysemethoden nicht möglich.
Es sollte eine Geräuschmetrik entwickelt werden, mit der die Geräuschqualität eines Dieselverbrennungsgeräusches hinsichtlich des auftretenden Nagelns objektiv bewertet werden kann.
Bei den Untersuchungen wurden die Innenraumgeräusche (Kunstkopfaufnahmen) von DieselFahrzeugen in verschiedenen Betriebssituationen verwendet. Für diese Diesel-Geräusche wurden in Hörversuchen die Geräuschqualitätsbewertungen nach der Kategorienskala VDI 2563
(1990) ermittelt [1: sehr schlecht, 7: befriedigend, 10: exzellent].
Die entwickelte Geräuschmetrik ist eine Kombination von unterschiedlichen Analysemethoden. Eine der Analysemethoden kann die charakteristischen Merkmale von Dieselverbrennungsgeräuschen nicht nur im Idle, sondern auch in instationären Zuständen identifizieren. Die
Beispielergebnisse dieser komplexen Analysemethode sind in Bild 4.2 für zwei Fahrzeuge
dargestellt. Die Analyseergebnisse bilden die zeitliche und spektrale Struktur des Verbrennungsgeräusches sehr deutlich ab und zeigen, dass beim Fahrzeug A im Vergleich zu Fahrzeug
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B deutlich weniger dieseltypische Nagel- bzw. Ticker-Geräusche auftreten. Insbesondere ist für
das Fahrzeug B die deutliche Modulation zwischen ca. 1-3 kHz zu erkennen.
Vehicle B
Vehicle A
low
strong
strong
low
Bild 4.2: Vergleich der Analyseergebnisse (Relative Approach) zweier Fahrzeuginnenraumgeräusche.
Fahrzeug A mit wenig Dieselnageln, Fahrzeug B mit starkem Dieselnageln.
Basierend auf den entwickelten Analyseverfahren kann ein Einzahlwert zur Unterscheidung
von akustisch guten und schlechten Dieselverbrennungsgeräuschen abgeleitet werden. Die
entwickelte Geräuschmetrik zeigt eine Korrelation von 0.92 zu Bewertungen von Versuchspersonen (Bild 4.3). In der Praxis lässt sich die HEAD Dieselverbrennungsgeräuschmetrik gut
einsetzen, um die Geräuschunterschiede bei Änderungsmaßnahmen in der Motor- und Soundpackageentwicklung beurteilen zu können.
10
9
calculated metric
8
7
6
5
R2 = 0.92
4
3
2
1
1
2
3
4
5
6
subjective ratings
7
8
Abbildung 4.3: Darstellung des Metrikergebnisses über den subjektiven Bewertungen
9
10
5 Literatur:
[1] Zwickler, E.; Zoller, M. „Elektroakustik“ 2. Auflage, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg
1987
[2] Lacroix, A. „Digitale Filter: eine Einführung in zeitdiskrete Signale und Systeme“ 2. Auflage, Oldenbourg-Verlag, München, 1985
[3] Aures, W. „Berechnungsverfahren für den Wohlklang beliebiger Schallsignale, ein Beitrag
zur gehörbezogenen Schallanalyse“, Doktorarbeit, TU München, 1984
[4] von Bismarck, G. „Extraktion und Messung von Merkmale der Klangfarbenwahrnehmung
stationärer Schalle“, Dissertation, TU München 1972
[5] Genuit, K. “Objective Evaluation of Acoustic-Quality Based on Relative Approach” InterNoise ’96 30.07. – 02.08.1996, Liverpool, England