Im Mittelpunkt das Kind - Waldorfschule Schwäbisch Hall

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Im Mittelpunkt das Kind - Waldorfschule Schwäbisch Hall
Im Mittelpunkt das Kind
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Inhalt
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
jedes Kind ist anders, und jedes
Kind ist etwas Besonderes.
Die Kinder stehen im Mittelpunkt
unserer Pädagogik.
Ihre individuelle Entwicklung
ganzheitlich zu fördern und zu begleiten gilt unser Trachten.
Erziehung in und zur Freiheit!
Doch Freie Waldorfschule heißt
immer auch einen Zipfel Zukunft zu
erhaschen, vorwegzunehmen, versuchen zu leben, denn: „…wer sich
über die Wirklichkeit nicht hinauswagt, der wird nie die Wahrheit erobern“, um mit Schiller zu sprechen.
Freiheit bedingt Verantwortung
– diese voll und ganz zu tragen erfordert Wachheit und Bewusstsein
für die Erfordernisse unserer Zeit
und den Willen zur Zusammenarbeit. In unserer globalisierten Welt
ist das im Zeitalter der Macht der
Medien nicht einfach, aber notwendiger denn je. Das entscheidende
Erziehungsmittel ist dabei das Vorbild von uns Erwachsenen, unsere
Glaubwürdigkeit und Authentizität
gegenüber den Kindern.
Die nachfolgende Broschüre
versucht Ihnen, einen Einblick zu
geben in das, was für uns in Schwäbisch Hall Freie Waldorfschule
heißt. Ihnen offen und authentisch
zu zeigen, wer wir sind, was wir
wollen und wie wir zu dem wurden
was wir heute sind. In der Hoffnung, diese Einblicke sind für Sie
ein erster Anstoß für eine Entwicklung, der Beginn eines „Spieles“ im
schiller’schen Sinne. Für weitergehende Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Nehmen Sie uns
in Anspruch!
4-6 Die Entstehung unserer Schule
7 Die Waldorfschulbewegung
8 Das Menschenbild der Waldorfpädagogik
9 Das Kulturbild der Waldorfpädagogik
Freiheit bedingt auch Schwächen, Fehler, Scheitern. Davor sind
wir nicht gefeit, trotz allem Idealismus, allem aufrichtigen Bemühen,
allem Streben. Unsere Schule ist
kein Hort der Seeligen, keine Insel,
kein Paradies, sie liegt mitten im Leben, in der gesellschaftlichen Realität – und das ist gut so.
10 Der Lehrplan
11 Der Hauptunterricht
12-14 Der Fachunterricht
14 Klassenlehrer und Fachlehrer/ der Religionsunterricht
15-16 Der Waldorfkindergarten und die Waldorfkinderkrippe
17 Die Waldorfkinderkrippe
18 Der Schularzt und die Heileurythmie
19 Welche Kinder nimmt die Schule auf?
20/21 Wer bezahlt die laufenden Kosten?
22 Wer bezahlt die Baukosten?
23 „Selbstverwaltung“
24 Schule leben
25-27 Selbstverwaltung im engeren Sinne des Wortes
28 Die politischen Bedingungen für ein freies Schulwesen
29/30 Die rechtlichen Bedingungen für ein freies Schulwesen
31 Die Vernetzung mit anderen Waldorfschulen
Milenko Kaukler, unser Gründungslehrer, hat für Sie den Inhalt
dieser Broschüre entwickelt. Ihm
gilt an dieser Stelle mein besonderer Dank. Viel Freude beim „Spielen“ wünscht Ihnen
Markus Stettner-Ruff
-Geschäftsführer-
32 Die Zukunft der Schule
33 Literaturangaben
34 Kontaktadressen
35 Überregionale Kontakte
Die Entstehung unserer Schule
Die Freie Waldorfschule Schwäbisch Hall (e.V.) entstand aus der Initiative der Schwäbisch Haller Bürger Hans Heckmann und Wolfgang
Kuhn, die ihre Kinder im Sinne der
Waldorfpädagogik erziehen wollten. Im Jahre 1975 veranstalteten
sie eine erste Bürgerversammlung.
1976 wurde der Förderverein
Waldorfschule Schwäbisch Hall
e. V. gegründet. Seine erste Tat war
die Eröffnung des Waldorfkindergartens in der Crailsheimer Strasse
26 im September 1978. Das Haus
des Kindergartens mit idealem Gartengelände hatte die Erbengemeinschaft Reichert hierfür geschenkt.
Im weiteren Verlauf bemühte
sich der Verein durch öffentliche
Vortragsveranstaltungen und Kurse, viele Menschen über die Aufgaben und Ziele der Waldorfschulbewegung zu informieren.
Durch
die
außerordentlich
großzügige Unterstützung von Gemeinderat wie Stadtverwaltung hat
die Schule ihre Heimat auf dem
Teurershof in Schwäbisch Hall gefunden, einem über dem Zentrum
der Stadt gelegenen alten Hofgut
aus der Stauferzeit, dessen Felder
für ein großes Wohngebiet verwandt
und dessen Gebäude aus dem 19.
Jahrhundert nun nach und nach für
Schulzwecke umgewandelt wurden
und werden.
Im September 1984 begann die
Freie Waldorfschule mit 117 Kindern in den Klassen 1-5 (54 aus
Schwäbisch Hall, 63 aus einem
großen Einzugsgebiet) und je 21
Kinder in 2 Kindergartengruppen
ihre Arbeit.
Damit wandelte sich der Förderverein in den Schulverein Freie
Waldorfschule Schwäbisch Hall
(e.V.) um. Bald wurde die dritte
Kindergartengruppe eröffnet. Während die Gründungsklassen klein
blieben, wurden die nachfolgenden
Klassen sehr groß und viele Kinder
mussten abgewiesen werden.
Parallelklassen, die bereits
mehrmals in der 4. und 5. Klasse
eingerichtet wurden, sind Ausnahmen und kommen zur Zeit nur alle
vier Jahre in Betracht, da die Schule überschaubar bleiben soll und
die räumlichen Kapazitäten dazu
nicht vorhanden sind.
Zur Zeit können in die ersten
Klassen durch den allgemeinen
Geburtenrückgang alle Kinder angenommen werden.
Seit Beginn des Schuljahres
1992/93 ist die Schule mit 12 Waldorfklassenstufen und einer Abiturklasse voll ausgebaut. 1984 startete
die Schule mit 117 Schülern.
Im Herbst 2007 hatte die Schule 6 Kinder in der Kinderkrippe, 63
Kinder in den drei Kindergartengruppen und 497 Schülerinnen und
Schüler in 15 Klassen, sowie 98 MitarbeiterInnen: 76 sind in Voll- oder
Teilzeit im pädagogischen Bereich
tätig; die anderen in Geschäftsführung, Technik, Verwaltung, Hausmeisterei, Schulküche und 22 geringfügig beschäftigte SchülerInnen
im Putzprojekt.
Für die vielen Kinder wurden
Neubauten erforderlich. Es entstanden im Lauf der ersten sechs Jahre
drei schmucke Holzpavillons und
der Oberstufenbau, unter strenger
Wahrung des denkmalgeschützten
Gutshofcharakters.
1997 wurde die „Salzscheuer“ zu einer prachtvollen Turnhalle
umgebaut. Bis Herbst 2002 folgte
der Umbau der großen Sandsteinscheuer im Norden zu Schülerwerkstätten, Aufenthaltsraum, Küche
und der Mensa „SoWieSo“.
Im Herbst 2002 wurde die „KulturScheune“ eingeweiht, ein Umbau
der zweiten großen Holzscheune
mit Bühne, herrlichem Mehrzwecksaal für Unterricht und Veranstaltungen aller Art (600 Personen) und
mit weiteren Mehrzweckräumen.
Im Jahre 2005 entstand im
Oberstufenbau die Schulbibliothek,
die auch für Menschen außerhalb
der Schule zugänglich ist.
Mit ihr wurde ein großzügiger
Frei- und Gruppenarbeitsbereich
mit Internetanschluss geschaffen.
Der provisorisch eingerichtete Informatikraum wurde im Zuge dieser
Maßnahmen neu und professionell
gestaltet.
Die Entstehung unserer Schule
Die Waldorfschulbewegung
Villa Seeblick
Im Sommer 2006 kam die ehemalige KiKiKiste dazu, heute „Villa
Seeblick“ genannt, da sie an einem
zauberhaften Teich steht.
Diese Holzbaracke diente der
Stadt viele Jahre als kleines Kinder- und Jugendzentrum für den
Stadtteil. Die Schule hatte der Stadt
erlaubt, sie auf das Schulgelände
zu stellen. In ihr wurden Fachräume
u. a. für Sprachen und Handarbeit
geschaffen.
Die Atelierräume, die Metallwerkstatt und die große Scheune
bieten die Möglichkeit, Schritt um
Schritt weitere Unterrichts- und Freizeiträume (z.B. Kernzeitbetreuung),
Werkstätten und eventuell einen
Hort, kostengünstig zu schaffen.
Auch das seit längerem leer
stehende „Hofgut Bier“, ca. 250 m
von der Schule entfernt, konnte in
dieser Phase gemietet werden.
Nach längeren Verhandlungen
mit der Stadt Schwäbisch Hall steht
es nach einem Gemeinderatsbeschluss ab Sommer 2008 zunächst
für zehn Jahre der Schule zur Verfügung. Im dortigen Wohnhaus fand
die Kinderkrippe, die im September
2007 eröffnete, ihren „Stall“.
Räume, die im Zuge einer stärkeren Individualisierung der Unterrichtsformen und der gesellschaftlichen Entwicklung hin zu einer
umfassenderen Ganztagesbetreuung der Kinder dringend benötigt
werden.
Die künftige Entwicklung
der Schule wird im Schlusskapitel
angesprochen.
Das Schulwesen war bis Ende
des 18. Jahrhunderts von den Kirchen getragen. Es ging dann in
staatliche Trägerschaft über.
Heute wollen immer mehr
Staatsbürger des Erziehungswesen selbst verantworten. Sie lösen
den Staat ab und gründen Kindergärten, Schulen und Hochschulen
in freier Trägerschaft.
Auf dem Weg zu einem freien
Schulwesen sind die Freien Waldorfschulen weltweit führend.
Die Schwäbisch Haller Waldorfschule fügt sich in die Gemeinschaft der knapp über 200 Waldorfschulen (Stand April 2008) in der
Bundesrepublik Deutschland ein.
Vielerorts bestehen Gründungsinitiativen. Die Lehrerkollegien und
Eltern führen und verwalten diese
Schulen örtlich in Eigenverantwortung. Lehrer, Schüler und Eltern jeder Waldorfschule stellen eine freie
und autonome Vereinigung dar.
Die deutschen Schulen haben
sich im Bund der Freien Waldorfschulen e.V. zusammengeschlossen. Weltweit sind es rund 1000
Schulen, die nach der Waldorfpäd-
agogik auf der Grundlage der Anthroposophie Rudolf Steiners (1861
– 1925) arbeiten. Dabei sind nur die
Unterrichtsmethoden anthroposophisch, nicht die Lehrinhalte.
Im Jahre 1919 richtete Dr. Rudolf
Steiner auf Wunsch des Stuttgarter
Fabrikanten Emil Molt (Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik) die erste Waldorfschule ein, in der zunächst vor
allem die Kinder der Arbeiterschaft
unterrichtet wurden. In wenigen
Jahren wurde sie zwölfklassig und
doppelzügig, mit Kindern verschiedenster Herkunft.
Diese Schule unterschied sich
von anderen Schulen dadurch,
dass ein ganzheitliches Menschenbild die Grundlage der Erziehung
und des Unterrichts bildete.
In diesem Menschenbild ist die
Seele Mittler zwischen vergänglichem Leib und ewiger Geistindividualität des Menschen. Alle Erziehungsmaßnahmen richten sich auf
Seele und Leib, die Geistindividualität hat unangetastet zu bleiben.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
(Art. 1, Abs. 1 Grundgesetz)
Das Menschenbild
der Waldorfpädagogik
Anregung und Pflege
Die heutzutage überbetonte
Denkfähigkeit ist nur eine der seelischen Kräfte des Menschen.
Das Menschenbild der Waldorfpädagogik betrachtet die gleichmäßige Anregung und Pflege aller
seelischen Kräfte als wesentliche
Grundlage der Persönlichkeitsentwicklung einerseits, des sozialen
und sachgemäßen Handelns des
künftigen Erwachsenen in der Gesellschaft andererseits.
Umfassende Bildung
Die beharrlichen Pflegemaßnahmen für solche Kräfte fördern die
Kreativität auf allen Lebensgebieten
wie auch die leibliche Gesundheit,
Leistungsfähigkeit und Geschicklichkeit, so dass nach 12 Waldorfschuljahren der nahezu mündigen
Individualität alle körperlichen und
seelisch-geistigen Fähigkeiten als
Grundqualifikation gut entwickelt
zur Verfügung stehen.
Welche Kräfte sind gemeint?
> unabdingbare Beobachtungsschärfe, Logik und Klarheit,
> Wahrheitsliebe und exakte Phantasie im Denken,
> ein berechtigtes Harmoniebedürfnis, mutvolle Herzhaftigkeit und
differenzierte Erlebnisfähigkeit im
Fühlen; über die wertfreie Tatkraft
hinaus,
> Moralität im Handeln
und schließlich, über eine allgemeine Menschlichkeit hinaus, eine
Gerichtetheit des ganzen Menschen
in Denken, Fühlen und Wollen auf
die christlichen Zukunftsziele unserer abendländischen Kultur.
Das „Kulturbild“
der Waldorfpädagogik
Das hier nur angedeutete Menschenbild ist nicht die alleinige
Quelle der Waldorfpädagogik.
Die zweite Quelle ist das „Kulturbild“ unserer Gegenwart und Zukunft: Was an Wissen und Können,
bis hin zur Computertechnik, von
einem jungen Menschen bei Schulabgang erwartet wird, soll der Waldorfschüler ebenso beherrschen,
wie andere.
Jeder Schüler soll, unabhängig von seinen späteren Berufsabsichten, eine umfassende Bildung
erhalten, durch die sich in ihm freie
Urteilskraft, Einsicht in die gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Strömungen der Gegenwart
und die eigenen Lebensideale heranbilden können.
Diese Fähigkeit kann nun der
Erwachsene für Ziele einsetzen, die
er als Bedürfnis der Mitwelt oder als
ursprünglichen Impuls seiner selbst
erkennt.
Zu den Konsequenzen des heutigen „Kulturbildes“ gehört es auch,
dass innerhalb der Waldorfschule
die schulüblichen Prüfungen abgelegt werden können.
Diese sind:
Hauptschulabschlussprüfung, Mittlere Reife-Prüfung, Fachhochschulreifeprüfung
und Abitur. Wichtig ist, dass gerade
das moderne Berufs- und Privatleben zunehmende Anforderungen
an die seelisch-geistige wie auch
körperliche Gesundheit des Menschen stellt.
Konzentrationsschwäche und
Computerarbeit vertragen sich
nicht. Hier wird die Waldorfschulzeit sich als segensreich und der
Volkswirtschaft dienlich erweisen,
indem sie die Gesundheit des Berufstätigen auf den genannten drei
Ebenen stärkt.
Ebenso wird sie helfen, im Privatleben menschlich belastbar und
in der wachsenden Freizeit schöpferisch zu sein. Sie vermeidet verfrühte Auslese und Zensurgebung,
Sitzenbleiben und falschen Leistungsdruck, will aber zum rückhaltlosen Einsatz aller Kräfte, zur harten Arbeit erziehen.
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Der Lehrplan
Der Lehrplan beruht in allen
Fächern auf den genannten zwei
Quellen des Menschenbildes und
der Kulturverhältnisse. Aber die
Kulturverhältnisse ändern sich rasant und in jedem Jahrzehnt tritt
uns eine überraschend andersartige Schülergeneration entgegen,
die starke Modifikationen unseres
Menschenbildes erfordert.
Deshalb muss der Lehrplan
ständig weiterentwickelt werden.
Er soll den Lehrer freilassen, seine
Geistesgegenwart anregen und ihn
nicht in Traditionen pressen.
Denn Waldorfschule gibt es
nicht, sie wird! Dennoch gibt es zeitlose Faktoren. Ein durchgehendes
Element des Unterrichts ist daher
die künstlerische, sprachliche,
musikalische, handwerkliche und
sportliche Arbeit mit den Schülern,
die erst seelische Entfaltung ermöglicht und die Grundlage für die
intellektuelle Entwicklung bildet.
Im künstlerischen, handwerklichen und sportlichen Üben werden Gefühls- und Willenskräfte aktiviert, aus denen selbstständiges
Erkennen und verantwortungsvolles
Handeln erwachsen.
Solches Lernen ist mehr als
Speichern von Informationen und
Einübung von Arbeitstechniken,
enthält aber beides.
Wie schon Pestalozzi gefordert
hat, sollen Hand, Herz und Kopf
harmonisch zusammenwirken – bis
zur Erdenreife (Pubertät); Hand
und Herz als Erzieher des Kopfes,
danach der Kopf als Erzieher von
Hand und Herz.
Diese stetige Entwicklung gilt
auch für die Unterrichtsformen, die
Didaktik, das Wie? Ein Beispiel dafür ist das so genannte „Bewegliche
Klassenzimmer“ mit seinen sowohl
in der Kreisform als auch frontal
einsetzbaren Bänkchen. Zum Sitzen, Arbeiten, Spielen und Bewegen sind diese flexibel handhabbar
und kommen dem Bewegungs- und
Kontaktbedürfnis heutiger Schulkinder entgegen. Sie bieten den
Lehrern ebenfalls die Möglichkeit,
eine intensive Begegnung- und Sozialkultur in der Klasse zu fördern.
Mit der Erweiterung des Mobiliars um neu entwickelte, flexible
Klapptische, kann diese Unterrichtsform auch noch bis in die Mittelstufe hinein fortgesetzt werden.
Die Entscheidung obliegt dem
Klassenlehrer, welche Methode er
einsetzen will.
Der Hauptunterricht
Eingebettet in die großen
Rhythmen der Natur vollzieht sich
auch der menschliche Tages- und
Jahreslauf in Rhythmen. Dies wird
in der Waldorfpädagogik in vielfältiger Weise aufgegriffen. So werden viele Fächer in so genannten
„Epochen“ vermittelt: Deutsch, Mathematik, Geschichte, Erdkunde,
Wirtschaftskunde, Sachkunde, Naturkunde, Chemie, Physik, Biologie
u. a. werden in drei bis vier Wochen
dauernden Einheiten täglich in morgendlichen Doppelstunden , dem
„Hauptunterricht“, behandelt.
Diese tägliche Wiederkehr des
gleichen Faches zur gleichen Stunde führt nicht nur zu einer tieferen
Verbindung mit dem Stoff, sondern
weckt auch die Fähigkeit des Schülers in höherem Maße: Er wird „begabter“. Ein größerer Rhythmus ist
der der Jahreszeiten und der dazugehörenden Jahresfeste: Ostern,
Johanni, Michaeli, Weihnachten.
Durch die Art, wie in Kindergarten und Schule jede Jahreszeit
erlebt, wie ein Fest vorbereitet und
gefeiert wird, lernt das Kind, sich
in die natürliche und die dahinter
waltende göttlich-geistige Welt einzugliedern.
Kleinere Rhythmen beleben jede
Unterrichtsstunde und somit auch
die Kinder: Starke, bewegte Eigentätigkeit bei Sprech-, Sing- und
Bewegungsübungen zu Beginn,
ruhiges Anhören des Erzählstoffs
am Ende des Hauptunterrichts; im
Mittelteil die geistige Arbeit.
Also ein dreiteiliger Rhythmus,
tagtäglich. Die geistige Arbeit im
Mittelteil ist wiederum dreigliedrig: Erst Erinnern und begriffliche
Durchdringung des Stoffes vom
Vortag; dann Wahrnehmung und
aktive Beschreibung des neuen
Stoffes; schließlich Einübung der
Techniken und Inhalte.
Die ergänzende Betreuung nach Unterrichtsende bietet für Schüler der
1-4 Klasse ein freies Betreuungsangebot mit integriertem, gemeinsamen
Mittagessen in der Gruppe. Dieses Angebot muss über ein Entgeld der
Eltern mitfinanziert werden.
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Der Fachunterricht
Fächer, bei denen die Erkenntnisarbeit zurücktritt und das Fühlen
wie das wollende Tun überwiegen,
brauchen nicht durch Epochen
rhythmisiert zu werden, sie sind ohnehin rhythmisch genug und ziehen
sich, meist ganzjährig, belebend
durch den Wochenalltag:
Fremdsprachen, Musik, Malen,
Religion, Eurythmie, Turnen, Handarbeit, Handwerk. Dabei ist die
Eurythmie ein zentrales Fach der
Waldorfpädagogik. Wie kein anderes lehrt sie die Schüler Denken,
Fühlen und Wollen in Einklang zu
bringen und bereitet damit auf die
Bewältigung von Berufs- und Lebensaufgaben vor.
Der Fremdsprachenunterricht
(Englisch und Russisch) wird in den
Waldorfschulen mit der ersten Klasse begonnen, weil die Kinder in diesem Alter noch unmittelbar nachahmend lernen und die Intonation und
Aussprache übernehmen. Französisch kann, alternativ zu Russisch,
ab der 6. Klasse gewählt werden.
Überhaupt ist bis zum 9. Lebensjahr das pädagogische Grundprinzip die Nachahmung.
Die liebevolle, Vorbild gebende
Tätigkeit des Erziehenden prägt
sich dem Kind ein und ist ihm Richtschnur für eigenes Verhalten.
Die Vielfalt der menschlichen
Fähigkeiten zu pflegen, erfordert
eine Vielfalt von Fächern. Diese treten teils einmalig, teils in mehreren
Schuljahren auf.
Zu den oben erwähnten kommen u. a. hinzu: Zeichnen, Plastisches Gestalten in Holz, Kupfer
und Stein, Chor und Orchester,
Theater als künstlerische Fächer;
ferner Gartenbau, Schreinern,
Schmieden, Kartonage, Physikalische Technologie, Schneidern,
Informatik, Technisches Zeichnen,
Darstellende Geometrie, (meist
auswärtige) Praktika in Forstarbeit,
Landwirtschaft, Feldmessen, Berufserkundung und Sozialarbeit.
Hervorzuheben sind die kleineren
und größeren schauspielerischen
Einstudierungen mit ganzen Klassen, vor allem am Ende der 8. und
12. Klasse, im Fremdsprachenunterricht und in der TheaterAG
„Teatro Halli Galli“.
Sie gestalten als fächerübergreifendes Projekt eine vielfältige,
verantwortungsvolle künstlerische
und technisch-praktische Zusammenarbeit zahlreicher Menschen,
mitunter jahrgangsübergreifend.
In der Regel ist jedes Fach obligatorisch, damit die Schüler es sich
beizeiten angewöhnen, Schwierigkeiten nicht auszuweichen, und
damit Einseitigkeiten vermieden
werden. Ausnahmen, also Wahlmöglichkeiten, ergeben sich insbesondere in der Oberstufe zwischen
einem mehr handwerklich (prakt.
Projektunterricht) und einem mehr
wissenschaftlich betonten Zug (mit
zwei Fremdsprachen).
In den meisten Unterrichten bleiben die Gruppen aber gemischt, so
dass sich Schüler mit unterschiedlichen Begabungsschwerpunkten
gegenseitig wahrnehmen und anregen können.
Im Bereich der künstlerischen
und handwerklichen Fächer kann
in der Regel in Klasse 12 zwischen
mehreren Alternativen gewählt werden und im praktischen Projektunterricht, der klassenübergreifend
für die Klassen 9-11 stattfindet,
unter verschiedenen Werkstattangeboten.
Am Ende der 10. Klasse erfolgt die vorläufige Zuweisung in
prüfungsbezogene Gruppen (Realschulabschluss, Fachhochschulreife und Abitur). Die endgültige
Zuweisung liegt im zweiten Halbjahr der 11. Klasse.
Wer ein Abitur anstrebt, sollte
grundsätzlich möglichst durchgehend Unterricht in zwei Fremdsprachen haben.
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Klassenlehrer und Fachlehrer
Der jüngere Schüler braucht
eine konstante Bezugsperson, die
seine häuslichen Verhältnisse, seine Vorgeschichte und Entwicklung
genau kennt, die mit ihm und den
Eltern im Lauf der Jahre eine stabile Schicksalsgemeinschaft aufbaut.
Außerdem wäre die Fächervielfalt
vor allem in der Grundschulzeit
schädlich, wenn der Schüler ebenso viele Lehrer hätte.
Daher wird der dargestellte
„Hauptunterricht“ einer Klasse in
den ersten acht Schuljahren immer
vom gleichen Lehrer, dem „Klassenlehrer“ gegeben. Allerdings ist
dies ein Ideal, das durch die Lebensumstände manchmal durchbrochen wird. Nach Möglichkeit
erteilt der Klassenlehrer in seiner
Klasse teilweise auch laufenden
Fachunterricht, der im übrigen vom
ersten Schuljahr an von Fachlehrern
bestritten wird. Soweit wie möglich
begleitet der Klassenlehrer in den
ersten Schuljahren seine Klasse
auch im Unterricht der Fachlehrer.
Von der 9. Klasse an erteilen ausschließlich Fachlehrer auch den
Hauptunterricht.
Da auch die Oberstufenklassen
von Klasse 9 bis 13 mancherlei Betreuung brauchen, haben sie unter
den Fachlehrern einen oder zwei
ständige „Klassenbetreuer“. Die
Zusammenarbeit aller Lehrer einer
Klasse wird durch die Lehrerkonferenz, insbesondere die Klassenkonferenzen gewährleistet.
Der Religionsunterricht
Das religiöse Element durchzieht allen Unterricht einer Waldorfschule. Eine noch stärkere
Vertiefung des Gemüts kann der
Religionsunterricht bewirken.
Deshalb sollte jedes Kind an
einem solchen Unterricht teilnehmen. Die Eltern jedoch entscheiden
letztlich darüber, ob ihr Kind Religionsunterricht haben soll und welchen. Die Kirchen (evangelische
und katholische Kirche und Christengemeinschaft) lassen den konfessionellen Unterricht durch ihre
Der Waldorfkindergarten
und die Waldorfkinderkrippe
Vertreter in der Schule erteilen.
In der Unter- und Mittelstufe
findet für evangelische und katholische Kinder ein gemeinsamer ökumenischer Religionsunterricht statt,
der in die Oberstufe hineinwächst.
Außerdem wird in der Schule ein
„Freier Christlicher Religionsunterricht“ für solche Kinder angeboten,
die keinen konfessionellen Unterricht besuchen. Er ist überkonfessionell christlich.
Eine vollwertige waldorfpädagogische Erziehung kann im Elternhaus stattfinden. Aber das ist oft nur
eingeschränkt möglich. Daher sind
der Waldorfkindergarten und die
Waldorfkinderkrippe ein wichtiger
Bestandteil des pädagogischen
Gesamtkonzepts unserer Schule.
Zwei Kindergartengruppen auf
dem Schulgelände und eine in der
Crailsheimer Straße bieten über 60
Kindern im Alter von 3 bis 7 Jahren Platz. Alle drei Gruppen haben
schöne, „heimelige“ Räume mit natürlichen Materialien und mit einem
abwechslungsreichen Garten.
Spaziergänge und Ausflüge in
die Natur gehören wie das Freispiel,
das gemeinsame Vesper, Spiele,
Reigen und Märchenerzählungen
zum Tageslauf des Kindergartentages. Das Kindergartenkollegium
besteht aus erfahrenen, langjährig
tätigen Waldorferzieherinnen.
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Kindergarten ist
uns wichtig. Unsere Kindergartengruppen sind Gruppen mit verlängerten Öffnungszeiten und haben
von 7 Uhr bis 13 Uhr geöffnet und
schließen sich der Ferienregelung
der Schule an.
Ab September 2008 bieten wir
eine bedarfsorientierte Nachmittagsgruppe und in den Ferien eine
Feriengruppe an, um die notwendige Betreuung von Kindern berufstätiger Eltern ganztägig und in den
Ferien gewährleisten zu können.
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Der Waldorfkindergarten
und die Waldorfkinderkrippe
Der Waldorfkindergarten führt
Kinder im Alter von 3 bis 7 Jahren
zu einer allseitigen Entwicklung der
körperlichen, seelischen und geistigen Kräfte. Die Individualität jedes
Kindes wird besonders geachtet,
seine Eigenaktivität behutsam gestärkt und das Kind im Zusammenhang mit der ganzen Gruppe
zu spontaner Betätigung und zu
sozialer Einstellung geführt. Einseitigkeiten und Verfrühungen werden
vermieden.
Das pädagogische Grundprinzip ist das nachahmende Lernen,
das sich durch die Vorbild gebende Tätigkeit der Kindergärtnerin
entfaltet.
Weil sich das kleine Kind noch
ganz in diesem Kontakt mit dem
Menschen entwickelt und die Umwelt das Kind in diesem Lebensalter noch besonders stark prägt,
werden Tätigkeiten und äußeres
Erscheinungsbild der Umgebung
möglichst nachahmenswert gestaltet. Deshalb wird auch großer Wert
auf die Elternarbeit gelegt.
Da Kindergarten und Kinderkrippe Bestandteil der Schule sind,
sind die Kindergärtnerinnen den
Lehrern in jeder Hinsicht gleichgestellt, nehmen an den Konferenzen
teil und wirken in der Selbstverwaltung uneingeschränkt mit.
Außerdem gibt es eine wöchentliche Fachkonferenz für alle
Kindergarten- und Kinderkrippenmitarbeiterinnen.
Die Waldorfkinderkrippe
Die Kinderkrippe, unser jüngstes Kind, befindet sich auf dem
Gelände des Hofguts Bier, ebenfalls auf dem Teurershof, ca. 250
m von der Waldorfschule entfernt,
im Schafbrunnenweg. Ihre schön
renovierten und liebevoll eingerichteten Räume schaffen eine vertrauensvolle und familiäre Atmosphäre.
Die ersten drei Lebensjahre
sind für die Gesamtentwicklung
des Kindes entscheidend, da der
Mensch nie wieder so viel in solch
kurzer Zeit lernt - Gehen, Sprechen,
Denken. Alles Erlebte hinterlässt
unauslöschliche Eindrücke. In diesen ersten Jahren braucht das Kind
deshalb vor allem Ruhe und Zeit
für die notwendigen Entwicklungsschritte.
Die Betreuung findet in einer
kleinen Gruppe von 6 bis 10 Kindern
im Alter von einem Jahr bis zu drei
Jahren statt, in der den kleinen Kindern der notwendige Schutz- und
Ruheraum gegeben werden kann
und die Anregungen zur gesunden
Entfaltung ihrer Fähigkeiten.
Das
erfahrene
Erzieherinnenteam bildet die Hülle, welche
den Kindern die Liebe, Wärme und
Pflege gibt, die sie brauchen.
Die Bedürfnisse des kleinen
Kindes stehen dabei ganz im Mittelpunkt. Zum Gesamtkonzept der
Kinderkrippe gehören die gemeinsamen Mahlzeiten und der Mittagsschlaf in dem dafür liebevoll eingerichteten Schlafraum.
Die Kinderkrippe hat bei einer
Öffnungszeit von 8 Stunden momentan von 7.30 Uhr bis 15.30 Uhr
geöffnet, berücksichtigt aber bei
ihren Öffnungszeiten den Bedarf
der Eltern.
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Der Schularzt und die Heileurythmie
Besonders wichtig sind der
schuleigene Arzt oder die Ärztin.
Bei den Lernanfängern hilft er/sie,
die Schulreife festzustellen. Auf
Vorschlag des Klassenlehrers untersucht er/sie bestimmte Kinder.
Ob ein Kind zeitweilig Heileurythmie erhält und welche Übungen
es dabei braucht, können nur er/sie
mit dem/der Heileurythmist/in – im
Einvernehmen mir Eltern und Lehrer – entscheiden.
Die Schule hat eine eigene
Heileurythmiestelle. Ferner steht
der Schularzt/die Schulärztin zur
Verfügung, wenn sich schulische
Probleme aus gesundheitlichen
oder seelischen Krisen ergeben.
Auch für Oberstufenschüler, Eltern und Mitarbeiter kann der Schularzt ein wichtiger Ansprechpartner
sein. Für sie/ihn besteht die übliche
Schweigepflicht.
Wichtig ist: Die Aufnahme eines Kindes in Kindergarten oder Schule ist
nicht einkommensabhängig. Eine Auswahl nach dem Einkommen der Eltern
widerspricht dem sozialen Anliegen der Waldorfpädagogik. Der Mitgliedsbeitrag der Eltern sollte ihrem Einkommen aber angemessen sein.
Welche Kinder nimmt
die Schule auf?
Die Freie Waldorfschule Schwäbisch Hall (e.V.) ist eine „Einheitliche Volks- und Höhere Schule“.
Der im baden-württembergischen
„Gesetz für die Schulen in freier Trägerschaft“ verankerte Name „Einheitliche Volks- und Höhere Schule“
weist hin auf den Grundsatz, Kinder
jeder Herkunft und Konfession, jeder sozialen und kulturellen Schicht
zu vereinen. Vom ersten Schultag
des Lernanfängers an bis zum
Ende der 12. Klasse, der „Höheren
Schule“, sitzt „Arbeiterkind“ neben
„Direktorenkind“, deutsches neben
Ausländerkind, reiches neben Kind
von Sozialhilfeempfängern, hochbegabtes Kind neben schwach begabtem Kind.
Kurzum, jede Freie Waldorfschule ist eine uneingeschränkt „Öffentliche Schule“, aber eben „in freier
Trägerschaft“, nicht in staatlicher
und keinesfalls eine „Privatschule“,
denn die ist für Kinder – meist begüterter – Privatleute.
Aus folgenden Gründen kann
ein Kind abgewiesen werden: Eine
Klasse kann wegen Überfüllung
nicht mehr belastet werden; wenn
es in eine spezielle Schule gehört;
wenn die pädagogische Auffassung
der Eltern mit der Waldorfpädagogik
unvereinbar ist. Bei der Zusammenstellung einer Kinderkrippen-und
Kindergartengruppe oder 1. Klasse
haben Geschwister von unseren
Kindergarten- und Schulkindern in
der Regel, aber nicht automatisch,
den Vorrang. Ebenso ist bei der
Kindergartenaufnahme der Besuch
unserer Kinderkrippe ein Vorrangkriterium.
Auch die zeitliche Reihenfolge
der oft jahrelangen Voranmeldung
durch die Eltern sowie deren Bereitschaft, die Waldorfpädagogik
zu unterstützen, fallen ins Gewicht.
Aus dem Besuch des Waldorfkindergartens ist kein Anspruch auf
Aufnahme in die Schule abzuleiten.
Waldorfkindergartenkinder müssen
also, wie alle anderen, für den künftigen Schulbesuch beizeiten vorangemeldet werden! Umgekehrt setzt
die Aufnahme in den Kindergarten
nicht die Absicht eines späteren
Besuches der Freien Waldorfschule
voraus.
Für Anmeldungen und Gesprächstermine wende man sich an das
Schulbüro (Tel.: 0791-97061-0).
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Wer bezahlt die laufenden Kosten?
Idealerweise müsste zur freien
Ausübung ihres Erziehungsrechts
allen Eltern ein „Erziehungsgeld für
Schulzwecke“ (z.B. ein Erziehungsgutschein) zur Verfügung stehen,
das sie an die Schule ihrer Wahl
weiterleiten könnten.
Die freie Schulwahl ist ja im
Grundgesetz
verankert.
Stattdessen schöpft die „Öffentliche
Hand“ das Geld in Form von Steuergeldern ab, das sie dann an die
Schulen ihrer Wahl weiterleitet. Das
heißt, öffentliche Schulen in staatlicher Trägerschaft werden zu 100%
von der Öffentlichen Hand finanziert, hingegen öffentliche badenwürttem-bergische Schulen in freier
Trägerschaft, also auch die Freien
Waldorfschulen, nur zu ca. 75% ihrer Schulbetriebskosten.
Die Differenz zu den tatsächlichen Kosten müssen mithin Eltern
und Freunde der Schule durch regelmäßige Mitgliedsbeiträge aufbringen.
Bei der Landesregierung haben
jahrzehntelange Verhandlungen mit
den rund 55 baden-württembergischen Waldorfschulen nur mäßige Fortschritte gebracht.
Trotz unserer Gemeinnützigkeit
lässt sich der Begriff „Privatschule“
nicht abschütteln.
Der Elternbeitrag wird durch
eine Beitragsordnung, die sich die
Mitglieder selber geben, festgelegt.
Der durchschnittliche Kostendeckungssatz für die Schule liegt derzeit bei monatlich ca. 200,- € pro
Elternhaus. Da die Eltern und Erziehungsberechtigten unterschiedliche Zahlungskraft haben, wurde
ein Orientierungssystem entwickelt,
innerhalb dessen sich die Eltern ihren Mitgliedsbeitrag ermitteln und
frei festlegen können. Logischerweise wird dieser Elternbeitrag
nicht pro Kind, sondern pro Geldquelle, vereinbart. Bei veränderter
Sachlage sind entsprechende Änderungen vorzunehmen.
In der Satzung heißt es dazu:
„Die Aufnahme eines Kindes in
die Freie Waldorfschule bzw. dem
Kindergarten hängt nicht von der
Summe bereits geleisteter oder der
Höhe zukünftiger Mitgliedsbeiträge
ab. Eine Auswahl nach Einkommen
der Eltern widerspricht dem sozialen Anliegen der Waldorfpädagogik.“ Die Beitragsordnung gilt für
Kindergarten und Schule, da wir
beide als eine Einheit sehen. Aufgrund von Zuschussbedingungen
der Kommune ist dies bei der
Kinderkrippe nicht so. Dort orientiert sich der Elternbeitrag an den
Beiträgen der städtischen Einrichtungen. Auf Antrag ist eine Unterstützung durch die kommunale Sozialbehörde möglich.
Um einen Zuschuss der Stadt
und der Kreisgemeinden zu den
laufenden Kosten pro Schüler bemühen wir uns seit langem, aber
bisher ohne Aussicht auf Erfolg.
Manche Städte gewähren ihren
Waldorfschulen regelmäßige hohe
Zuschüsse.
Das Gelände des Gutshofs
Teurershof wurde dem Schulverein
1984 auf Erbpacht für 100 Jahre von
der Stadt Schwäbisch Hall zur Verfügung gestellt. Im Moment (Schuljahr 07/08) zahlt die Schule eine
jährliche Erbpacht von 46.000,- €.
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Wer bezahlt die Baukosten?
Die Freie Waldorfschule Schwäbisch Hall (e.V.) musste bis 1999
teils Neubauten, teils Umbauten
der landwirtschaftlichen Gebäude
für rund 10 Millionen Mark finanzieren. Über 6 Millionen DM Zuschuss
kamen von Staat und Stadt, der
Wert der freiwilligen Elternarbeit am
Bau ist mit rund einer halben Million
DM zu veranschlagen. Etwa 1,5 Millionen DM wurden von 1984–1995
vom laufenden Haushalt abgezweigt, was zu extrem niedrigen
Mitarbeitergehältern geführt hatte
und nicht länger fortgesetzt werden
konnte. Die restlichen 2 Millionen
DM wurden fremdfinanziert.
Von 1999 bis Herbst 2002 wurden zwei Scheunen umgebaut:
so entstanden der Nordbau (rund
700.000,- €) und die KulturScheune (ca. 2 Mio. €) – alles ohne Zuschüsse der öffentlichen Hand vom
Verein selbst finanziert, aber mit
Hilfen von Stiftungen und Spenden.
Andere Bauvorhaben (z.B. Umbau
des „Südbaus“) werden noch warten müssen.
Notwendige Grundlagen für
diese ständige Bautätigkeit ist die
„Einlage in den Vereinsfonds“ zur
Bildung eines kreditwürdigen Eigenkapitals.
Jedes Elternhaus hat eine zinslose Einlage von zur Zeit 2.500,- €
in den Vereinsfonds einzubringen,
die rückzahlbar wird, sobald das
letzte Kind des Elternhauses von
der Schule abgeht. Die neue Elterngeneration wird die dann entstandenen Lücken füllen. Es entsteht
also kein verlorener Zuschuss. Den
Familien, die die Einlage nicht ganz
aufbringen können, wird innerhalb
der Schulgemeinschaft geholfen.
Eine Ratenzahlung der Einlage ist
möglich. So ist auch bei der durch
die Bautätigkeit bedingten „Einlage
in den Vereinsfonds“ gewährleistet, dass kein Kind der Schule aus
finanziellen Gründen fernbleiben
muss. Bei alledem ist der Schulverein infolge seiner Bautätigkeit
noch auf weitere Geldquellen angewiesen: zinslose oder zinsgünstige Darlehen von Eltern, Spenden,
Leih-Schenkungsgemeinschaften
(Eltern bürgen gegenseitig für zinsgünstige Darlehen, die sie zugunsten des Schulvereins aufnehmen,
verzinsen und tilgen), Zuschüsse
von Stiftungen, Firmen usw.. Momentan muss die Schule jährlich
85.000,- € Zinsen für die Bankdarlehen zahlen und ca. 80.000,- €
jährlich tilgen.
Die außerunterrichtlichen
Lebensformen - „Selbstverwaltung“
Jede Waldorfschule ist eine
vitale und autonome Lebensgemeinschaft von Kindern, Eltern,
Kindergärtnerinnen,
Lehrkräften
und anderen Mitarbeitern. Daher
entfaltet sich eine Fülle kultureller Aktivitäten, die anderwärts in
diesem Umfang selten und in dieser Art völlig unüblich sind – der
Waldorfschulgeist hat einen unverwechselbaren Stil in allen praktischen Einzelheiten. So ergeben
sich auch in unserer Waldorfschule
eine Fülle von Arbeitsformen und
Arbeitsgruppen, die sich bei Bedarf verändern. Ihre Beschreibung
könnte ein Buch füllen. Daher muss
eine teilweise Aufzählung an dieser
Stelle genügen.
Die Hausbesuche des Klassenlehrers und der Kindergärtnerinnen,
etwa einmal pro Jahr, vermitteln ihnen das Milieu eines jeden Kindes
und ermöglichen ein ausführliches
pädagogisches Gespräch, das die
Erfordernisse der Kindes-Individualität erkennen hilft.
Weitere Gespräche mit allen
Lehrern ihres Kindes können die Eltern jederzeit vereinbaren. Ein Mal
im Jahr gibt es an zwei Samstagen
im März einen offiziellen Elternsprechtag für Unter- und Mittelstufe
und für die Oberstufe. Klassenelternabende und solche der Kindergärten bieten ungefähr fünfmal im
Jahr Gelegenheit, den Eltern zu
berichten, pädagogische Erkenntnisse zu erarbeiten und besondere
Belange der Klassen und Kindergartengruppen zu besprechen.
Allgemeine Elternabende, teils
in Form öffentlicher Vorträge, oft
mit anschließender Aussprache,
führen in Grundsatzfragen ein.
Pädagogische Studienkurse und
künstlerische Kurse bieten nicht
nur tieferen Einblick in das geistige
Element, das die Schule trägt, sondern pflegen Fähigkeiten, sind belebende Erwachsenenbildung. Nur
Lehrer und Eltern, die selbst noch
lernen, sind Vorbild für das Lernen
der Kinder.
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Selbstverwaltung
im engeren Sinne des Wortes
Schule leben
Elternnachmittage zeigen aus
dem Unterricht einer Klasse, wie
etwas gelernt wird, interne und
öffentliche
Schülerdarbietungen,
traditionell „Monatsfeier“ genannt,
zeigen fertig Erarbeitetes aus dem
Unterricht aller Klassen, gelegentlich durch Ausstellungen ergänzt.
Hier – und in Sprechstunden nach
Vereinbarung können neue Interessenten erste Einblicke gewinnen.
Das Jahrbuch und der Pädagogische Bericht des Kollegiums,
die einmal im Jahr erscheinen,
die zweimal jährlich erscheinende
Schulzeitschrift „Quarz“ und ein
alle 2 bis 3 Wochen erscheinendes
„InfoBlättle“ sind kulturell-soziale
Instrumente geworden. All’ diese
Lebensformen unserer Schule können sich durch den unerschöpflichen Geist der Waldorfpädagogik
vermehren und ändern.
In teilweise ganzjährigen Elternarbeitsgruppen entstehen kunsthandwerkliche Gegenstände, auf
deren Verbreitung die Waldorfpädagogik angewiesen ist, insbesondere Spielzeug und Puppen. Diese
kommen beim Martinsmarkt, der
alle Kräfte von Eltern, Lehrern und
Schülern vereint, zum Verkauf.
Weitere gemeinsame Feste, wie
die Weihnachtsspiele, Johannifeier
oder künstlerische Aufführungen aller Art geben jeder Jahreszeit ihre
Prägung. Arbeitsgruppen von Eltern und Lehrern helfen wo immer
es Not tut: Großputztage, Bauarbeiten in Eigenregie, Geländebepflanzung, Bibliothek usw.
Schuleltern zu sein kann fast
zum Hauptberuf werden! Die Betonung liegt aber auf kann, denn es
liegt in der absoluten Freiheit des
Einzelnen wie und in welchem Umfang er/sie sich in die Schulgemeinschaft einbringen will.
Was Schuldirektor, stellvertretender Direktor, Stadtverwaltung,
Schulamt, Oberschulamt, Kultusministerium und Landtag für eine
staatliche Schule an kaum ermesslicher Arbeit leisten, wollen Lehrer,
Eltern und Freunde unserer Schule
selber vor Ort überlegen und verwirklichen. Theorie und Praxis sollen in einer Hand liegen.
Die Vereinigung von Menschen,
die sich ehrfurchtsvoll, beschützend und begeistert als Schule um
unsere Schülerschar schließt, ist
in rechtlicher Hinsicht ein gemeinnütziger „eingetragener Verein“:
Freie Waldorfschule Schwäbisch
Hall (e.V.). Der „Verein“ ist also ein
juristischer Aspekt der Vereinigung
der Schule, nicht ein zusätzlicher
Trägerverein.
Das kommt in seiner Satzung
zentral zum Ausdruck. Als Vereinsmitglied gehört man zur Schule,
auch wenn man keine eigenen Kinder mehr auf der Schule hat oder
je hatte.
Alle Mitglieder verantworten
die Arbeit des Vereins in der Mitgliederversammlung. „Schule“ und
„Kindergarten“ sind pädagogische
Aspekte dieser Vereinigung von
Menschen. Weitere Einrichtungen,
weitere Aspekte der Schule sind für
die Erziehungsarbeit erforderlich:
Der Schulrat, das jüngste Gremium des Vereins, ist nach einer
einjährigen Probephase seit Juli
2008 offizielles Satzungsorgan. Er
setzt sich aus gewählten Vertretern
jeder Klasse, des Kindergartens
und der Kinderkrippe, aus Mitgliedern der Schulführungskonferenz,
aus dem Vorstand, aus Mitgliedern
des Geschäftsführungsteams und
aus zwei Schülervertretern der SMV
zusammen.
Er tagt monatlich und ist ein Art
Schulparlament, das der Schulgemeinschaft die Chance bietet, eine
erweiterte Zusammenarbeits-, Verantwortungs- und Entscheidungskultur zwischen Eltern, Mitarbeitern
und Schülern zu entwickeln und zu
gestalten.
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Selbstverwaltung
im engeren Sinne des Wortes
Mit speziellen Aufgaben betraut
und ebenso jederzeit jedermann
zugänglich, sofern er bereit ist, Verantwortung zu tragen, also auch regelmäßig mitzumachen, sind viele
Arbeitskreise, denen ein Maximum
an Selbstständigkeit und Entscheidungskompetenz zugestanden
wird, z.B. Baukreis, Veranstaltungskreis, Basarkreis usw..
Andere Kreise entstehen vorübergehend im Zusammenhang mit
einer einmaligen Aufgabe.
Ganz umfassend ist die Arbeit
des Vereinsvorstandes, welcher
den Verein führt und seine Aktivitäten nach Außen und Innen verantwortet. Näheres steht hierzu in der
Vereins-Satzung. Das Geschäftsführungsteam mit dem Schulbüro
und die Hausmeisterei sind weitere
Stützen der Schule.
Alle diese Institutionen sind so
selbständig und doch wieder voneinander abhängig, wie die Organe
eines menschlichen Organismus.
Sie ermöglichen die Arbeit desjenigen Organs, das die eigentliche
Aufgabe der Schule, die Erziehungsarbeit, zu leisten hat: das
Kollegium.
Laut Vereinssatzung bestimmt
es seine personelle Zusammensetzung, seine Aufgaben und seinen
Arbeitsstil selbst, denn nur freie
Menschen können zur Freiheit erziehen.
Teil dieser Selbstbestimmung
ist die Gestaltung der Einkommen
im Rahmen der im Vereinsbudget
vorgegebenen Summe des Pädagogischen Etats.
So hat sich in Schwäbisch Hall
ein einheitliches Grundgehalt für
alle Mitarbeiter ergeben, seien sie
jung oder alt, Kindergärtnerinnen,
Fachlehrer oder Hausmeister.
Die gleichfalls von dem Kollegium festgesetzten Zulagen richten
sich nur nach den sozialen Verpflichtungen (Ehegatte bzw. Lebenspartner, Kinder, Eltern usw.); eine
geringfügige Alterszulage ab 50
Jahren hilft, altersbedingte Kosten
zu tragen.
Ebenso sind alle Kollegen
gleichberechtigt, keiner ist einem
anderen untergeordnet. Für Teilzeitkräfte gilt sinngemäß Ähnliches.
Jeden Donnerstag von 16.00 bis
22.00 Uhr trifft sich das Lehrerkollegium zur Konferenz. Diese beginnt
mit der Pädagogischen Konferenz,
in der gemeinsam, und danach in
den Pädagogischen Fachkonferenzen von Kindergarten, Unter-,
Mittel- und Oberstufe an pädagogischen Themen gearbeitet wird.
Sechs verschiedene Verwaltungsgruppen (Baukreis, Pädagogischer
Kreis, Personalkreis, Sozialkreis,
Schulgestaltungskreis, Therapeutischer Kreis). treffen sich nach Bedarf, um ihre wichtigen Aufgaben
zu besprechen und durchzuführen.
Am Abend tritt die „Schulführungskonferenz“ zusammen, an der
die Mitarbeiter teilnehmen, die sich
mindestens für ein Jahr verpflichten, regelmäßig dort mitzuarbeiten
und mindestens schon ein Jahr an
der Schule tätig sind.
Neben einem Elternvertreter
aus dem Vorstand können auf Antrag auch Eltern aus dem Schulrat,
unter denselben Bedingungen wie
die Mitarbeiter, teilnehmen.
Beschlüsse werden teils einmütig, teils mehrheitlich gemäß
der Geschäftsordnung gefasst.
Das „Republikanische Prinzip“ soll
verstärkt werden: Delegation von
Aufgaben an bevollmächtigte Gremien, wie die Verwaltungsgruppen
oder zeitlich begrenzt geschaffene
Gruppen.
Gelegentliche
Klassenkonferenzen umfassen alle Lehrer, die
in einer Klasse unterrichten. Fachkonferenzen umfassen die Lehrer
eines Fachs oder Bereichs. Die
Schülermitverantwortung ist in der
Vereinssatzung verankert. Vertreter
aus den Klassen 7 bis 13 arbeiten
Initiativen aus. Sie wählen sich zwei
beratende Lehrer aus.
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Die politischen Bedingungen
für ein freies Schulwesen
Die rechtlichen Bedingungen
für ein freies Schulwesen
Nach Jahrzehnten eines gewissen Wohlwollens von Landespolitikern und staatlichen Behörden
schlägt seit Beginn der achtziger
Jahre ein kalter Wind allen Schulen
in freier Trägerschaft entgegen.
In der Bundesrepublik Deutschland steht das freie Schulwesen
verfassungsrechtlich gleichrangig
neben dem staatlichen Schulwesen (Grundgesetz Artikel 7,, Abs.
4 und 5) Das Finanzhilfeurteil des
Bundesverfassungsgerichts vom
8. April 1987 hat eine „Schutz- und
Förderpflicht des Staates“ für das
freie Schulwesen festgestellt und
überdies erklärt:
Aus dem Geiste des Grundgesetzes und des Urteils ergibt sich
aber auch eine Schutzpflicht im
pädagogischen Bereich (z.B. waldorfeigene Schulabschlüsse statt
Abitur usw.) und eine Förderpflicht
im investiven Bereich. Das Recht
auf Baukostenzuschüsse hat das
Bundesverfassungsgericht
1994
nach der Klage einiger Waldorfschulen bestätigt.
„Die Privatschulfreiheit ist im
Blick auf das Bekenntnis des
Grundgesetzes zur Würde des
Menschen (Art. 1, Abs. 1 GG), zur
Entfaltung der Persönlichkeit in
Freiheit und Selbstverantwortlichkeit (Art. 2 GG), zur Religions- und
Gewissensfreiheit (Art. 4 GG), zur
religiösen und weltanschaulichen
Neutralität des Staates und zum
natürlichen Elternrecht (Art. 6, Abs.
2, Satz 1 GG) zu würdigen“.
In Baden-Württemberg hat am
1. Januar 1990 die Novellierung
des „Gesetzes für Schulen in freier
Trägerschaft“ (von der Regierung
irreführend
„Privatschulgesetz“
genannt) nicht nur eine Benachteiligung der Waldorfschulen gegenüber Schulen in kirchlicher Trägerschaft gebracht, sondern auch eine
Wartefrist von 3 Jahren bis zum
ersten Haushaltszuschuss für neu
gegründete freie Schulen.
Dies Urteil hatte nur die Aufgabe, mit der „Förderpflicht“ den
laufenden Haushalt (Schulbetriebskosten) freier Schulen zu sichern.
Überdies wurden die Baukostenzuschüsse ersatzlos gestrichen.
Das Bundesverfassungsgericht hat
später die Wartefrist bestätigt, aber
die Streichung der Baukostenzuschüsse als ungesetzlich beurteilt.
Der Staat wehrt sich gegen die
freie Konkurrenz, die er doch sonst
empfiehlt! Mehr noch als die Konkurrenz stört ihn die starke geistige
Ausstrahlung.
Die staatlichen Zuschüsse und
manche Hilfen der Stadt Schwäbisch Hall sind ein Beispiel für diese teilweise Anerkennung der Bürgerinitiative „Waldorfschule“.
Die nachgewiesene kostengünstigere Wirtschaftsweise der
Waldorfschulen wird vom Staat
ignoriert – er müsste ja sonst seine
eigenen Schulen in die Freiheit entlassen, um Geld zu sparen.
In fast allen Bundesländern
schränken die neueren Gesetze,
welche die Schulen in freier Trägerschaft betreffen, diese ein. Nur manche Oppositionsparteien bekunden
noch deutlich ihre Sympathie.
Bei Politikern und Behörden
der Kommunen und Landkreise ist
die Haltung unterschiedlich. Man
finanziert und akzeptiert teilweise,
dass auch die freien Schulen so
öffentlich wie die staatlichen sind,
so dass man sie seinen Bürgern
ermöglichen möchte, wenn sie ein
entsprechendes Interesse äußern.
Der Gedanke, dass der Staat
das Geistesleben lähmt und sich
daraus zurück zu ziehen hat, ist
nach wie vor chancenlos. Nach
dem „Pisa-Schock“ will der Staat
das Schulleben noch mehr zentralisieren und die Wirtschaft möchte es
durch Normen standardisieren.
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Die rechtlichen Bedingungen
für ein freies Schulwesen
Das „Gesetz für Schulen in freier
Trägerschaft“ spricht in §1 von der
„öffentlichen Aufgabe“ der freien
Schulen, aber das Kultusministerium vertritt die Auffassung, es bestehe „kein öffentliches Bedürfnis“
nach neuen Waldorfschulen, da diese in Baden-Württemberg bereits
„flächendeckend“ seien.
Die Verfassung des Landes Baden-Württemberg sieht in Artikel
14, 2 auch für „private mittlere und
höhere Schulen“ (also ab Klasse
5) einen „unentgeltlichen Besuch“
(also staatlichen Kostenersatz) vor,
aber eben nur dann, wenn ein „öffentliches Bedürfnis“ nach einer
freien Schule „vorliegt“.
Einer früheren Landesregierung
verdanken wir eine vorzügliche
„Verordnung der Landesregierung über die Freien Waldorfschulen (Einheitlich Volks- und Höhere
Schulen)“ vom 13. November 1973,
wo die Waldorfschulen als Genehmigungsvoraussetzung verpflichtet
werden, nur die „Pädagogik Rudolf
Steiners“ anzuwenden.
Das müsste ja irgendwann
auch zur Finanzierung waldorfspezifischer Fächer (Eurythmie,
Handwerk, Gartenbau usw.) und
zur Anerkennung waldorfeigener
Schulabschlüsse (statt Abitur usw.)
führen.
Im Jahr 2007 wurde das so genannte „Privatschulgesetz“ erneut
novelliert. Das „Brutto-Kosten-Modell“ wurde als Grundlage der Finanzierung der Schulen in freier
Trägerschaft eingeführt. Angestrebt
ist, bis zum Jahre 2011 dieses umzusetzen und schrittweise zu einer
80%igen Bezuschussung eines
Waldorfschülers im Vergleich zu
einem Staatschüler zu kommen.
Die dreijährige Wartezeit der Zuschüsse für neue Schulen und die
Streichung der Baukostenzuschüsse bleiben davon unberührt.
Die Vorverlegung des staatlichen Abiturs in das 12. Schuljahr
birgt die Gefahr, dass viele traditionelle Formen der Waldorfoberstufe
unmöglich werden. Ein waldorfeigener Schulabschluss (mit Hochschulzugangsberechtigung) wird
überlebensnotwendig.
Die Vernetzung
mit anderen Waldorfschulen
Wie schon dargestellt, sind die
Waldorfkindergärten und Waldorfschulen in vielfältiger Weise weltweit miteinander vernetzt. Im Bund
der Freien Waldorfschulen und der
Landesarbeitsgemeinschaft
Baden-Württemberg, der Internationalen Vereinigung der Waldorfkindergärten und der Vereinigung der
Waldorf-Kindertageseinrichtungen
Baden-Württemberg (Kontaktadr.
am Ende d. Brosch.) arbeiten wir
deutschland- bzw. baden-württembergweit eng zusammen.
Eine der Hauptaufgaben ist
dabei die Aus- und Weiterbildung
der Mitarbeiter der Waldorfeinrichtungen, die weitgehend in eigenen
Hochschulen, Seminaren und Ausbildungsstätten geleistet wird. Die
Vertretung der Waldorfschulbewegung in Öffentlichkeit und Politik ist
eine weitere wichtige Aufgabe.
Regional wurde in den letzten
Jahren die Zusammenarbeit intensiviert. Die Regionalgruppe Ostwürttemberg der Geschäftsführer,
in der sich neun Schulen zusammengefunden haben, trifft sich regelmäßig vierteljährlich.
In dem im März 2008 gegründeten Netzwerk Waldorfpädagogik
in Hohenlohe und Westmittelfranken arbeiten die Waldorfkindergärten von Weckelweiler, Künzelsau,
Dinkelsbühl und Crailsheim und
die Waldorfschule am Burgberg in
Crailsheim und unsere Einrichtung
zusammen, unterstützen und beraten sich in verschieden Aufgabenbereichen.
Die 2006 gegründete Waldorfschule am Burgberg in Crailsheim
ist unsere Patenschule, mit der wir
eng zusammenarbeiten.
Weitere Patenschulen haben
wir in Moskau (Semejnyj Lad), in
Sankt Petersburg (Datschnom) und
Odessa (Stupeni) mit denen es einen regen Schüler- und Mitarbeiteraustausch gibt.
Diese Partnerschaften und die
dadurch möglichen kurz- und längerfristigen
Auslandsaufenthalte
unserer Mittel- und Oberstufenschüler, spielen für unser Fremdsprachenkonzept eine wichtige
Rolle.
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Die Zukunft der Schule
Uns fehlen noch manche Räumlichkeiten, vor allem durch die Verdoppelung bzw. Verdreifachung des
Raumbedarfs durch die Aufteilung
der Klassen in den Fachstunden
und veränderte, individuellere Unterrichtsformen, z.B. das „bewegte
Klassenzimmer“: ein größerer Musiksaal, ein weiterer Eurythmie-,
Turn- und Spielsaal, Schüler- und
Lehrerarbeitsräume, multifunktionale Schulräume, ein Elternsprechzimmer usw..
Die künftige Bautätigkeit ist ein
Überhang aus der längst vergangenen Pionierphase der Schule.
Gegenwart und Zukunft unserer
Pädagogik erfordern, dass Bewährtes sich nicht als bloße Tradition erhält, sondern sich durch
Geistesgegenwart neu gebiert und
wandelt, ohne dabei seine Identität zu verlieren. Auch der Mensch
durchläuft als Kind, Jugendlicher,
Erwachsener und Greis höchst unterschiedliche Erscheinungsformen
seiner stets identischen Individualität. So ist unsere Pädagogik in
stetem Wandel begriffen und bleibt
dennoch identisch.
Aus dem Untergrunde der heutigen Menschenseele, sagt Rudolf
Steiner, drängen drei Zukunftsim-
pulse in ihr Bewusstsein: absolute
Brüderlichkeit mit Bezug auf die
sozialen Zustände im physischen
Leben; ferner im seelischen Leben
die praktizierte Anerkennung des
Göttlichen im anderen Menschen;
schließlich für das Geistesleben
die Einsicht in die geistige Natur
der Welt. Hier muss die Pädagogik
Hebammendienst leisten.
Die Freie Waldorfschule Schwäbisch Hall (e.V.) wird stets bemüht
sein, das zur Entfaltung zu bringen,
was im natürlichen und geistigen
Wesen des Menschen veranlagt ist.
Sie wird andererseits stets danach
trachten, diesen Menschen, der
sich durch zergliederndes Denken
und Handeln überflüssig gemacht
und an den Rand der Selbstzerstörung gebracht hat, durch Denken
und Handeln in Zusammenhängen
wieder, aber in neuer, heute angemessener Weise in das Weltenganze einzugliedern.
Sie wird ihre Schüler nur dann
richtig für die Zukunft erziehen,
wenn diese nicht kopfschüttelnd
vor einer unbegreiflichen Welt resignieren, sondern, sie voll begreifend, noch im hohen Alter sich und
die Welt erneuernd, an Gegenwart
und Zukunft mitwirken.
Literaturangaben
Zur näheren Bekanntschaft mit unserer Schule empfehlen wir folgende Literatur:
Gratis erhältlich im Schulbüro sind die ausführlichen Broschüren
1) „Die Schulordnung – Einblick in die Arbeitszusammenhänge
der Freien Waldorfschule Schwäbisch Hall (e.V.)“,
2) „Leitfaden durch die Oberstufe“
3) das Jahrbuch
4) die Schulzeitung „Quarz“
5) die Informationsbroschüre „Im Mittelpunkt das Kind –
Waldorfpädagogik in Hohenlohe und Westmittelfranken“
6) das „InfoBlättle“ (erscheint alle 2-3 Wochen mit Informationen zum Schulleben)
In unserer öffentliche Bibliothek (Kontakt: 0791/97061-34) auszuleihen
oder über alle Buchhandlungen beziehbar:
1) Rudolf Steiner: Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkt der Geisteswissenschaft.
Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz, TB 6580
2) Christoph Lindenberg: Waldorfschulen – angstfrei lernen, selbstbewusst handeln.
Rowohlt-Verlag, Hamburg, rororo-Sachbuch
3) A. Burkart: Das große Rudolf Steiner Buch; Faszination Rudolf Steiner, beide Kailash-Verlag
4) Tilo v. dem Borne: Schule und Elternhaus. Verlag Urachhaus, Stuttgart
5) Johannes Kirsch: Fragen an die Waldorfschule. Flensburger Hefte Verlag,
6) Internationale Vereinigung der Waldorfkindergärten:
Waldorfpädagogik in den ersten drei Jahren ; Recht auf Kindheit – eine gute Kinderstube,
Heft 3 (Bestelladresse siehe Adressenliste)
7) Pädagogische Forschungsstelle Bund der Freien Waldorfschulen
Leitlinien der Waldorfpädagogik für die Kindheit von 3 bis 9 Jahren
(siehe Adressenliste)
Aus dem Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart:
1) Frans Carlgren/Arne Klingborg: Erziehung zur Freiheit –
Bilder und Berichte aus der internationalen Waldorfschulbewegung.
2) Ernst-Michael Kranich: Anthropologische Grundlagen der Waldorfpädagogik.
3) Caroline von Heydebrand: Vom Lehrplan der Freien Waldorfschule.
4) Stefan Leber: Die Menschenkunde der Waldorfpädagogik.
5) Stefan Leber: Die Sozialgestalt der Waldorfschule.
6) Henning Köhler: Von ängstlichen, traurigen und unruhigen Kindern.
7) Erhard Fucke: Grundlinien einer Pädagogik des Jugendalters (zur Lehrplankonzeption Kl. 6-10).
8) Stefan Leber/Walter Liebendörfer: Anthroposophie und Waldorfpädagogik in den Kulturen der Welt.
9) Dietrich Esterl: „Was bedeutet Anthroposophie für die Waldorfschule?“.
10) Monika Schopf-Beige: Bestanden. Lebenswege ehemaliger Waldorfschüler: 19 Gespräche
11) Johannes Kiersch: Die Waldorfpädagogik: Eine Einführung in die Pädagogik Rudolf Steiners,
12) Freya Jaffke: Spielen und Arbeiten im Waldorfkindergarten
13) Erziehungskunst , Monatszeitschrift für die Pädagogik Rudolf Steiners,
Verlag Freies Geistesleben, Tel. 0711/2853200; www.geistesleben.com
.
34
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Kontaktadressen
Freie Waldorfschule Schwäbisch Hall (e.V.)
Teurerweg 2 - 74523 Schwäbisch Hall
Tel. 07 91-9 70 61-0
Fax: 07 91-9 70 61-22
[email protected]
www.waldorfschule-hall.de
Kindergärten Teurerweg 2
Tel. 07 91-9 70 61-15 (nur von 7.30-8.00 Uhr und von 12.00-12.30 Uhr)
Kindergarten Crailsheimer Straße 26
Tel. 07 91-4 16 65
(nur von 7.30-8.00 Uhr und ab 12.00 Uhr)
Kinderkrippe Schafbrunnenweg 51
Tel. 0791/9401972
Bankverbindungen:
VR Bank Schwäbisch Hall
Konto 11 33 00 4 - BLZ 622 901 10
GLS Gemeinschaftsbank
Konto 11 952 000 - BLZ 430 609 67
ZukunftsWerk Teurershof e.V.
der Kultur- und Förderverein der Freien Waldorfschule Schwäbisch Hall
www.zukunftswerk-sha.de
[email protected]
Bankverbindung ZukunftsWerk Teurershof e.V.
GLS Gemeinschaftsbank
Konto 66 583 800 - BLZ 430 609 67
Überregionale Kontakte
Internationale Vereinigung der Waldorfkindergärten e.V.
Geschäftsstelle: Le Quartier Hornbach 15, 67433 Neustadt
Tel. 06321/959686
[email protected]
www.waldorfkindergarten.org
Vereinigung der Waldorf-Kindertageseinrichtungen
Baden-Württemberg e.V.
Schlattbachstr. 4, 72348 Rosenfeld
Tel.0 74 28/91 72 43, [email protected]
Bund der Freien Waldorfschulen
Wagenburgstraße 6, 70184 Stuttgart
Tel. 0711/210420
[email protected]
www.waldorfschule.de
Landesarbeitsgemeinschaft
der Freien Waldorfschulen
Baden-Württemberg
Libanonstraße 3, 70184 Stuttgart
Tel. 0711/ 481278
[email protected]
www.waldorfschule-bw.de
Herausgeber:
Freie Waldorfschule Schwäbisch Hall (e.V.)
1. Auflage 1985,
9. überarbeitete Auflage, August 2008
Text: Milenko Kaukler
Ergänzungen: Markus Stettner-Ruff
Gestaltung: [email protected]
Fotos: Wilfried Peltner, Nicole M. Susca
und Archiv FWS Schwäbisch Hall
Satz: Birgit Richters-Vitel
Druck: Siller Print Factory Schwäbisch Hall
ZukunftsWerk e.V. - der Förderverein der Freien Waldorfschule Schwäbisch Hall
ZukunftsWerk Teurershof e.V. . Teurerweg 2 . 74523 Schwäbisch Hall
Telefon: 0791. 97061.23 . Fax: 0791. 97061.22
www.zukunftswerk-sha.de
[email protected]
G
WIR
LT E N
E S TA
ZUKU NF T
Veranstaltungsorganisation
Räume für jeden Mietbedarf
von 20-600 Plätzen
Rudolf Siebert
0791. 97061.23
Kulturprogramm
Veranstaltungskreis
der
Waldorfschule
SoWieSo
Vito Susca
Ökol. Mittagstisch
Dr.
Die Schulküche
0791.
9464565
Bettina Geiger
0791. 97061.27