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Diplomarbeit
Fachgebiet der Diplomarbeit:
Grafische Datenverarbeitung
Thema der Diplomarbeit:
Analyse der Aspekte stilisierter Charaktere
und Design eines 3D-Animationsfilms auf
Basis der erarbeiteten Erkenntnisse
Unternehmen, in dem die Diplomarbeit durchgeführt wurde:
3D Maximal
Diplomand:
Referentin:
Koreferent:
Betreuer in der Firma:
Alexander Schauß
Dipl.-Math. Sonja Emmel
Dipl.-Ing. Klaus Halassek
Dipl.-Ing. Klaus Halassek
Alexander Schauß
Höhenstrasse 23
65510 Hünstetten
Matrikelnummer: 759102
Studiengang: Medieninformatik
Fachsemester: SS 2008
Fachbereich: Informationstechnik-Elektrotechnik-Mechatronik /
Mathematik, Naturwissenschaften und Datenverarbeitung /
Mathematik, Naturwissenschaften und Informatik
Erklärung der Urheberschaft
Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Diplomarbeit ohne fremde Hilfe selbstständig verfasst habe und nur die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt wurden.
Friedberg, Datum
Unterschrift
II
Danksagung
Zuallererst möchte ich mich bei meiner Betreuerin Dipl.-Math. Sonja Emmel für die
hervorragende Betreuung während meiner Diplomarbeit bedanken.
Des Weiteren möchte ich Klaus Halassek danken, der mir in der Firma mit Ratschlägen zur Seite stand und seine Zeit für die Korrekturen opferte.
Zudem danke ich Martin Trippen und Hannah Dewies, die es mir ermöglichten, die
Diplomarbeit in ihrem Unternehmen (3D Maximal) anzufertigen und mich darüber
hinaus mit Ratschlägen im theoretischen sowie dem praktischen Teil unterstützten.
Zuletzt möchte ich mich noch bei meiner Familie und ganz besonders bei meiner
Mutter für so vieles bedanken.
III
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Analyse - Was ist ein Comic
2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Grafische Erzählstrategien . . . . . . .
2.4.1 Panel . . . . . . . . . . . . . . .
2.4.2 Rinnstein . . . . . . . . . . . . .
2.4.3 Sprechblasen . . . . . . . . . . .
2.4.4 Speedlines . . . . . . . . . . . .
2.4.5 Symbole, Farbe und Hintergrund
2.4.6 Stil und Form der Linien . . . . .
2.5 Analyse der Comic-Stile . . . . . . . . .
2.5.1 Amerikanische Comics . . . . .
2.5.2 Franko-belgische-Comics . . . .
2.5.3 Funnys . . . . . . . . . . . . . .
2.5.4 Manga . . . . . . . . . . . . . . .
2.6 Analyse der Filme . . . . . . . . . . . .
2.6.1 Jagdfieber . . . . . . . . . . . . .
2.6.2 Madagascar . . . . . . . . . . .
2.6.3 Horton hört ein Hu! . . . . . . . .
2.6.4 Die Unglaublichen . . . . . . . .
2.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . .
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3 Konzept
3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Die Entwicklung des Charakters . . . . . . .
3.2.1 Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.1.1 Konzeptzeichnung . . . . . .
3.2.1.2 Ausrüstung . . . . . . . . . .
3.2.1.3 Offene und subtile Hinweise
3.2.1.4 Proportionen . . . . . . . . .
3.2.1.5 Symmetrie und Asymmetrie
IV
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Inhaltsverzeichnis
3.2.1.6 Gruselige Verdrehung . . . . .
3.2.2 Analyse - Was macht einen Doktor aus?
3.2.3 Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.4 Entwicklung der anderen Stile . . . . . .
3.2.4.1 Jagdfieber . . . . . . . . . . .
3.2.4.2 Die Unglaublichen . . . . . . .
3.2.5 Die Biografie . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . .
4 Umsetzung in 3D
4.1 Einleitung . . . . . . . .
4.2 Modellierungstheorie . .
4.3 Modeling . . . . . . . .
4.4 Mapping . . . . . . . . .
4.5 High Polygon Modelling
4.6 Der Einsatz von nCloth .
4.7 Texturing und Shading .
4.8 Zusammenfassung . . .
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5 Rigging und Animation
5.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Rigging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.1 Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.2 Das „Custom Rig“ . . . . . . . . . . . . . .
5.2.2.1 Bein-Setup . . . . . . . . . . . . .
5.2.2.2 Spine-Setup . . . . . . . . . . . .
5.2.2.3 Arm-Setup . . . . . . . . . . . . .
5.2.2.4 Fertigstellung des „Custom Rigs“ .
5.2.3 Blendshapes . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.4 Skin Weights . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Animation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.1 Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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6 Rendering
6.1 Einleitung . . . . .
6.2 Lightsetup . . . . .
6.3 Settings . . . . . .
6.4 Zusammenfassung
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7 Fazit
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81
V
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
VII
A Anhang Eins
IX
B Anhang Zwei
XII
VI
Kapitel 1
Einleitung
Die vorliegende Diplomarbeit beschreibt die Erstellung eines Konzepts unter Berücksichtigung der Eigenschaften eines stilisierten Charakters, dessen Gesinnung die eines finsteren Doktors widerspiegeln soll. Dieses Konzept soll im Nachhinein auf zwei
zuvor ausgewählte und analysierte Stile angewandt werden. Abschließend sollen diese Ergebnisse in 3D umgesetzt werden.
Die Grundlagen zur Realisierung der Diplomarbeit beziehen sich auf eine Analyse,
die sich mit den Eigenschaften des Cartoon- bzw. Comicstils befasst. Dabei wird auf
die verschiedenen Techniken und Stilmittel eingegangen, derer sich der Comic bedient. Zusätzlich wird eine zuvor getroffene Auswahl von 3D-Animationsfilmen analysiert, wobei der Hauptfokus in diesem Fall auf den Charakteren liegt. Zwei der Stile
werden in der späteren Entwicklungsphase als Grundlage für die Umsetzung des
Konzeptcharakters dienen.
Die Realisierung des Konzepts und der beiden alternativen Stile befasst sich mit
den verschiedenen Phasen der Produktionspipeline, die für die Erstellung des 3DCharakters notwendig sind. Dazu gehören im einzelnen z.B. das Modeling und Texturing sowie das Erstellen von Materialien bzw. Shadern.
Die Erstellung eines „Custom Rigs“ für jeden der drei stilistisch unterschiedlichen
Charaktere ist ebenfalls Teil der Diplomarbeit und wird später als Grundlage für den
Animationsprozess dienen. Die Animation selbst befasst sich mit der Realisierung
von Walkcycles und Blendshapes.
Anschließend wird das Rendering und Lighting der Szene erklärt. Dabei wird neben
den verwendeten Lightsetups im näheren auf die verwendete Rendersoftware „Renderman Studio for Maya“ eingegangen.
Die fertigen Ergebnisse werden in Form eines 3D-Animationsfilms auf einer beiliegenden CD sowie einer Auswahl von Screenshots, die in Anhang Zwei beigefügt sind.
1
Kapitel 2
Analyse - Was ist ein Comic
2.1 Einleitung
Das nachfolgende Kapitel befasst sich mit der Frage, was ein Comic ist. Nach einem
kurzen Blick auf die Geschichte sowie einer Definition werden die einzelnen Komponenten eines Comics erklärt. Des Weiteren werden die Techniken, die ein Comic
verwendet, erläutert. Zum Ende des Kapitels gibt es einen Vergleich zwischen den
verschiedenen Comic-Stilen sowie die Analyse einer zuvor getroffenen Auswahl von
stilisierten 3D-Animationsfilmen.
2.2 Geschichte
Obwohl der Comic von vielen als „kindliches“ Medium abgestempelt wird, hat er eine
lang andauernde und interessante Entwicklung aufzuweisen. Bereits vor den ersten „richtigen“ Comics, die Ende des 19. Jahrhunderts erschienen, existierten in den
verschiedenen Kulturen Vorreiter, die eher als „Bildgeschichten“ bezeichnet werden
können.
Bei einem Blick in die Vergangenheit fällt auf, dass in der Zeit der Ägypter Hieroglyphen verwendet wurden, die in Form von Bildergeschichten ihre Erfahrungen wiedergegeben haben. Ein weiteres historisches Beispiel stellt die Epoche der Höhlenmalerei dar.
Bei den ersten Vorläufern des Comics handelte es sich um satirische Cartoons in
Form von Bilderbögen. Ein Beispiel ist „The Rakes Progress“ von 1780.
Zu den frühen Cartoons zählen neben Wilhelm Buschs „Max und Moritz“ aus dem
Jahr 1865 auch „Yellow Kid“ (Abbildung 2.1) von 1895. In dieser Zeit wurde die Farbe
2
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.2 Geschichte
als neue Eigenschaft hinzugefügt. Was zu Beginn noch als das Ergebnis von Kommerz und Technologie abgestempelt wurde, entwickelte sich später zu einem Stilelement, das die Wahrnehmung des Comics beeinflusste. Der Unterschied bestand
darin, dass der Text bei „Max und Moritz“ in Form von gereimten Bildunterschriften
erfolgte, während bei „Yellow Kid“ bereits die ersten Sprechblasen verwendet wurden.
Abbildung 2.1: Yellow Kid
Die Geburtsstunde des klassischen Comics war erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Mit Rudolph Dirks „Katzenjammer Kids“ (Abbildung 2.2) entstand 1897 der
erste richtige Comic-Strip, in dem sich die formalen Konventionen des Comics etablierten.
Abbildung 2.2: Katzenjammer Kids [12]
Einen wichtigen Pionier der europäischen Comics stellte Herge dar. Er erweckte 1929
3
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.2 Geschichte
„Tim und Struppi“ zum Leben. Ein weiterer Meilenstein der 40er und 50er Jahre war
neben dem ersten monatlich erscheinenden Comicheft „Famous Funnies“ von Max
Gaines die Geburtsstunde des Superhelden „Superman“, der 1938 seinen ersten Auftritt in einer Comic Serie des „Detective Comics“-Verlags bekam (Abbildung 2.3).
Abbildung 2.3: Action Comics #1 [12]
Die Geburtsstunde der Superhelden-Comics leitete gleichzeitig eine rege Entwicklung der Bewegungslinien ein. Was zu Beginn sehr chaotisch wirkte, wandelte sich
im Laufe der Zeit zu einem Stilmittel, das, geprägt durch die Superhelden-Comics,
ein Eigenleben verkörperte.
Ein Jahr später erschien mit „Batman“ der zweite Superheld bei DC, der im Gegensatz zu „Superman“ keine übernatürlichen Fähigkeiten besaß. Nach dem 2. Weltkrieg
antwortete Marvel auf die Superhelden-Comics von DC. Dies war die Geburtsstunde
der „Fantastischen Vier“.
Im Jahr 1969 entstanden die ersten „X-Men“-Comics. Schon in der dritten Folge starb
einer der Superhelden, was bis zu diesem Zeitpunkt einmalig war.
4
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.2 Geschichte
In den frühen 90ern revolutionierte Katsuhiro Otomo, beeinflusst durch Moebius, die
Mangas, indem er nicht nur die Hintergründe, sondern auch die handelnden Personen
naturalistisch darstellte. Die Verfilmung des 1000-seitigen Bandes „Akira“ (Abbildung
2.4) machte Mangas 1988 weltweit bekannt. Durch den hohen Bekanntheitsgrad der
Manga entwickelte sich mit der Zeit eine eigene Art von Symbolen, die einen enormen
Wiedererkennungseffekt aufweisen.
Abbildung 2.4: Akira [12]
Mit der Einführung von „South Park“ als TV-Serie wurde ein reiner TV-Comic erschaffen, der in puncto Figurendarstellung eine neue „Einfachheit“ einläutete.
Der heutige Comic lässt sich primär in die zwei Kategorien Unterhaltung und Belehrung unterteilen. Dabei begegnet man der einen Kategorie häufig in leicht abgewandelter Form im Alltag. Hier ist die Rede von Bedienungsanleitungen, die unter
anderem den Aufbau eines Regals oder die Benutzung eines Gerätes einfach und
schnell erklären können. Der Bereich Unterhaltung macht allerdings den durchaus
größeren Teil aus.
In der japanischen Kultur existiert darüber hinaus eine detailliertere Kategorisierung.
So unterscheidet man dort zwischen Themen für die verschiedenen Ziel- und Altersgruppen sowie den Geschlechtern.
In der Nachfolgenden Tabelle 2.1 werden alle Milestones noch einmal chronologisch
geordnet darestellt.
5
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.3 Definition
Tabelle 2.1: Milestones
Jahr
1780
1865
1895
1897
1929
1934
1938
1969
1988
1997
Comic
„The Rakes Progress“
„Max und Moritz“
„Yellow Kind“
„Katzenjammer Kinds“
„Tim und Struppi“
„Famous Funnies“
„Action Comics“
„X-Men“
„Akira“
„Southpark“
Zusatz
satirischer Cartoon in Form eines Bilderbogens
Text in Form von gereimten BIldunterschriften
Verwendung von Farbe
Geburtsstunde des klassischen Comics“
Erster Vertreter der Ligne Claire“
Erster monatlich erscheinender Comic
Geburtsstunde der Superhelden Comics und Superman
Erster Comic wo ein Superheld stirbt
Machte durch den Kinofilm Mangas über Nacht berühmt
Serie besteht aus einfachen geometrischen Formen
2.3 Definition
Dieser Abschnitt befasst sich mit der wesentlichen Frage, was ein Comic ist bzw.
was einen modernen Comic ausmacht. Er setzt sich mit der Definition „Comic“ auseinander. Grundlegend sollte diese Frage geklärt werden, bevor man sich mit den
Komponenten eines Comics und der Analyse der verschiedenen Stile befasst.
Dabei lässt sich die Frage, was ein Comic ist, am einfachsten mit einem Zitat von
Scott McCloud, einem amerikanischen Comic-Künstler und -Theoretiker, erklären.
Demnach sind Comics „zu räumlichen Sequenzen angeordnete, bildliche oder andere Zeichen, die Informationen vermitteln und/oder eine ästhetische Wirkung beim
Betrachter erzeugen“. [15] Die Definition von Will Eisener, ebenfalls amerikanischer
Comic-Zeichner, ist hingegen um einiges allgemeiner, da er den Comic als „sequentielle Kunst“ betrachtet. Im Gegensatz zu McClouds Definition, umfasst Eiseners Aussage neben den Comics ebenfalls Cartoons sowie Karikaturen. Aus diesem Grund ist
es sinnvoller, wenn man den allgemeineren Begriff „sequentielle Kunst“ verwendet.
Eine weitere Kategorisierung des Comics erfolgt mittels des „Big Triangle“, das auch
als das „Vokabular des Comics“ bezeichnet werden kann. Mit Hilfe dieses Dreiecks
lassen sich die diversen Stilrichtungen der Comics einordnen. Dabei bilden die drei
Begriffe „Realität“, „Schrift“ und „Bildebene“ jeweils einen Eckpunkt des Dreiecks und
repräsentieren gleichzeitig das jeweilige Extrem.
Demnach orientiert sich ein realistischer Comic in die Richtung des Eckpunkts „Realität“. Ein stetiges Streben in Richtung des Extrems „Bildebene“ sorgt für abstrakte
Ergebnisse. Nähert man sich nun dem Extrem „Schrift“, werden Zeichnungen einfacher und stilistischer, bis sie letztendlich die Form von beschreibendem Text annehmen. In einem Beispiel lässt sich das folgendermaßen darstellen. Aus dem Foto eines
6
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.4 Grafische Erzählstrategien
Bildebene
FACE
Sprache
Realität
Abbildung 2.5: The big Triangle
Charakters, dass sich im Dreieck in Richtung „Realität“ orientiert, wird ein stilisiertes
Cartoongesicht und schließlich das Wort „Face“, wenn man die Ebene „Schrift“ erreicht. (siehe Abbildung 2.5)
2.4 Grafische Erzählstrategien
Ein Comic setzt sich aus einer Vielzahl von Komponenten zusammen und bedient
sich einer Fülle grafischer Erzählstrategien. Das folgende Kapitel betrachtet die Aufgaben der einzelnen Bestandteile des Comics. Der Aufbau einer Comicseite kann
zum Beispiel wie in Abbildung 2.6 aussehen. Den Anfang macht das Panel gefolgt
von dem Rinnstein, die sich gegenseitig beeinflussen. Der Begriff Panel bezeichnet
eine räumliche Begrenzung einer visuellen Darstellung, wärhend der Rinnstein den
leeren Raum zwischen zwei Panels darstellt. Diese Elemente werden in den folgenden Unterkapiteln noch einmal ausführlich erklärt. Zum Schluss befasst sich dieses
Kapitel mit den Aspekten der inneren Handlung und Zustände.
7
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.4 Grafische Erzählstrategien
Abbildung 2.6: Beispiel einer Comicseite aus Nävis [16]
8
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.4 Grafische Erzählstrategien
2.4.1 Panel
Das Panel stellt eines der wichtigsten Komponenten des Comics dar. Neben der primären Funktion, Zeit und Raum zu erzeugen, wird unter anderem die Erzählstrategie
durch die Art und Häufigkeit der Panelübergänge bestimmt (Abbildung 2.7).
von Augenblick
zu
Augenblick
von Handlung
zu
Handlung
von Gegenstand
zu
Gegenstand
Mittag
Nacht
von Szene
zu
Szene
von Gesichtspunkt
zu
Gesichtspunkt
Paralogie
Abbildung 2.7: Bildliche Darstellung der Panelübergänge
Der Raum zwischen den Panels ist für das Verstreichen von Zeit zuständig. Dabei
stellt der Rahmen des Panels in der Szene sowohl eine zeitliche sowie räumliche Begrenzung dar.
Die Einteilung der Panelübergänge erfolgt in sechs verschiedenen Kategorien. Auffallend ist, dass sich westliche und japanische Comics in der Anzahl und Art der
verwendeten Übergangsarten stark unterscheiden. Dadurch wird vor allem die Art
9
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.4 Grafische Erzählstrategien
und Weise, wie die Geschichte erzählt wird, beeinflusst. So finden sich bei den westlichen Comics überwiegend die Übergänge „Augenblick zu Augenblick“, „Handlung zu
Handlung“ und „Gegenstand zu Gegenstand“ wieder. Die weiteren Panelübergänge
„Szene zu Szene“, „Gesichtspunkt zu Gesichtspunkt“ und „Paralogie“ erhalten wenig
bis gar keine Beachtung. Dies liegt darin begründet, dass diese Übergänge ausreichen, damit eine Geschichte effizient und prägnant wiedergegeben werden kann.
Daher sagt man den westlichen Comics eine Art lineare Aneinanderreihung von Höhepunkten und Zielstrebigkeit in der Erzählweise nach.
Eine der wenigen Ausnahmen innerhalb der westlichen Welt stellen wohl die Comics
von Art Spiegelman dar, der das komplette Spektrum an Übergängen in seinen Comics verwendet hat.
Im Gegensatz zu den westlichen Comics haben die japanischen Comics, bekannt als
Manga, eine andere Philosophie entwickelt. Demnach ergibt sich eine andere Verteilung der Panel-Übergänge. Dort finden, neben den bereits in westlichen Comics verwendeten Übergängen, häufig noch die Übergänge „Augenblick zu Augenblick“ und
„Gesichtspunkt zu Gesichtspunkt“ Verwendung. Auffallend ist, dass der letztgenannte
Übergang in den japanischen Comics einen starken Einfluss auf die Erzählstrategie
hat. Denn dieser Übergang wird dazu verwendet in einer Geschichte Atmosphäre und
Stimmung aufzubauen. Da es sich dabei um einen langwierigen Prozess handelt, bezeichnet man den Manga aus diesem Grund häufig als „Kunst der Pause“. Der bisher
noch nicht genannte letzte Übergang nennt sich „Paralogie“. Hier haben die Panels
keinen Bezug zueinander.
Eine weitere Unterteilung der Panels erfolgt in der Art und Weise, in welcher die Kombination Text und Bild darin verwendet werden. Hierfür unterscheidet man zwischen
sechs Varianten.
Die erste Kategorie besteht aus der textlastigen Verbindung (Abbildung 2.8). In diesen Panels übernimmt das Bild nicht mehr als eine illustrierende Rolle.
Abbildung 2.8: Textlastiges Panel [15]
Die zweite Kategorie stellt das Gegenteil dar. Hier Übernimmt das Bild die dominierende Rolle (Abbildung 2.9).
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Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.4 Grafische Erzählstrategien
Abbildung 2.9: Bildlastiges Panel [15]
Die „zweisprachigen Panels“ (Abbildung 2.10) hingegen verdeutlichen ein- und dieselbe Botschaft von Bild und Text. Bei der „additiven Verbindung“ (Abbildung 2.11)
wird dafür gesorgt, dass ein Bereich den anderen verstärkt oder näher ausführt.
Abbildung 2.11: Additives Panel [15]
Abbildung 2.10: Zweisprachiges Panel [15]
Bei der „Parallele“ (Abbildung 2.12) gehen Bild und Text eine völlig unterschiedliche
Richtung. Spricht man bei einem Panel von einer Montage (Abbildung 2.13), werden
die Wörter zum integralen Bestandteil des Bildes.
Die dominanteste Verbindung zwischen Text und Bild bezeichnet man als Korrelative
(Abbildung 2.14). Hier machen es sich Wort und Bild zum Ziel, eine Idee zu vermitteln,
die jedes Ausdrucksmittel allein nicht beschreiben könnte.
Letztendlich kann man sagen, dass eine Dominanz von Worten dazu führt, dass sich
11
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.4 Grafische Erzählstrategien
Abbildung 2.12: Paralleles Panel [15]
Abbildung 2.13: Montage Panel [15]
Abbildung 2.14: Korrelatives Panel [15]
den Bildern mehr Freiheit zur Entfaltung bietet und umgekehrt. Scott McClound beschreibt das recht einfach, indem er sagt, dass sich „Text und Bilder im Comic wie
zwei Tanzpartner“ verhalten, „die sich beim Führen abwechseln.“ [15] Dabei sollte
aber erwähnt werden, dass sich ein Führen beider Einzelteile konkurrierend auswirken kann und die gemeinsamen Ziele zerstört.
2.4.2 Rinnstein
Eine weitere sehr wichtige Komponente in Comics ist der Rinnstein, auch „Gutter“ genannt. Dabei handelt es sich um die Lücke zwischen zwei Panels, die Induktion beim
12
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.4 Grafische Erzählstrategien
Leser herbeiführt (siehe Abbildung 2.15). Die Induktion ist dabei nichts anderes, als
die auf Erfahrung beruhende Interpretationsleistung des Lesers, die weiße Fläche
zwischen den Bildern mit seiner Phantasie zu füllen. Die Natur der Induktion ermöglicht dem Leser, das Ganze wahrzunehmen, obwohl er nur einen Teil sehen kann.
Dieser Effekt wird durch den Autor als Motor verwendet, Spannung in einer Szene zu
erzeugen oder das Publikum zu fordern, indem die Phantasie angeregt wird.
Abbildung 2.15: Induktion durch Rinnstein [16]
Durch die Kombination der verschiedenen Panelübergänge und dem Rinnstein ist es
möglich, Raum und Zeit in dem Comic zu erzeugen. Dabei zerlegen die Panels „Zeit
und Raum zu einem abgehackten, stakkatohaften Rhythmus getrennter Augenblicke“
[15] und werden mit Hilfe der Induktion gedanklich zu einer zusammenhängenden,
geschlossenen Wirklichkeit konstruiert.
Der Zeichenstil des Comics, basierend auf dem „Big Triangle“, kann einen starken
Einfluss auf die Induktion ausüben. Dies wirkt sich darin aus, dass eine naturalistische oder stark abstrakte Darstellung nahe der Bildebene bei einem Comic zu der
Problematik führt, bei einem Leser keine Induktion zu erzeugen.
13
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.4 Grafische Erzählstrategien
2.4.3 Sprechblasen
Die Darstellung innerer Zustände und der Handlung geschieht durch die Verwendung
verschiedener Komponenten. Der Text spielt dabei eine sehr große Rolle, da es durch
ihn möglich ist, in dem monosensorischen Medium Comic, „das Wesen des Schalls
auf Papier zu bannen“ [15]. Ein Beispiel dafür ist das Ticken einer Uhr. Dabei erfolgt die Darstellung von Text entweder in Form von Sprechblasen (Abbildung 2.16)
oder durch die Verwendung von lautmalerischen Wörtern. Der Text über oder unter
einem Comic dient der Beschreibung einer Szene oder er wird zum Erzeugen von
Atmosphäre verwendet.
Abbildung 2.16: Beispiel für Sprechblasen [16]
Die Form der Sprechblasen kann abhängig von ihrer Bedeutung und Intention variieren. Dabei signalisiert die Pfeilspitze den betroffenen Charakter. Eine Blase in Form
einer Wolke signalisiert zum Beispiel, dass ein Protagonist gerade nachdenkt. Durch
die Verwendung verschiedener „Lettering Stile“ kann die Bedeutung des Textes durch
das Verändern von Form oder Stil der Wörter beeinflusst werden.
14
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.4 Grafische Erzählstrategien
2.4.4 Speedlines
Abbildung 2.17: Ein Beispiel für Speedlines [16]
Unter Speedlines (Abbildung 2.17) versteht man die Darstellung stilisierter Linien, mit
dem Ziel, Bewegungen und Geschwindigkeit innerhalb eines Panels wiederzugeben.
Häufig werden sie auch als „Actionlines“ oder „Bewegungslinien“ bezeichnet. Mit der
Einführung dieses Stilelements ist es möglich, dem Comic mehr Dramatik und Atmosphäre zu verleihen.
Während die Speedlines in den amerikanischen Comics durch ihre häufige Anwendung fast ein Eigenleben beziehungsweise eine körperliche Präsenz erreichen, bedienen sich die japanischen Comics der Linien als Stilmittel zur Erzeugung des Verwacklungseffektes. Diese, von Scott McCloud als „Subjektive Bewegung“ bezeichnete
Darstellung erlaubt dem Leser ein mitreißenderes Erlebnis(Abbildung 2.18).
2.4.5 Symbole, Farbe und Hintergrund
Symbole stellen eine Möglichkeit dar, Emotionen zu vermitteln. Sie werden dazu verwendet, „unsichtbare Belange, wie Gefühle oder die verschiedenen Formen sinnlicher
Wahrnehmung“[15] in einem Comic darzustellen. So werden die Symbole auch außerhalb des ursprünglichen Zusammenhangs für den Leser an einer beliebigen Stelle
wieder unmittelbar verständlich. Ein Beispiel stellt ebenfalls das Panel in Abbildung
2.18 dar.
Ein Beispiel ist der sichtbare Rauch einer Pfeife, der bildliche Ähnlichkeiten mit dem
unsichtbaren Geruch eines vermodernden Müllhaufens aufweist, aber trotzdem haben beide Darstellungen eine grundlegend unterschiedliche Bedeutung.
15
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.4 Grafische Erzählstrategien
Abbildung 2.18: Weiteres Beispiel für Speedlines [16]
Weitere Stilmittel zur Erzeugung von Atmosphäre und Darstellung von Emotionen
sowie Gefühlen kann die Art des Hintergrunds oder die Verwendung von Farbe übernehmen.
Der Hintergrund wird häufig dazu verwendet, bei einem Leser Empfindungen auszulösen, die er nicht sich selbst, sondern den Figuren, mit denen sich der Leser identifiziert, zuschreibt. In den japanischen Comics hat es sich soweit entwickelt, dass für
jede Gefühlsregung ein expressionistischer Effekt entwickelt wurde.
Ebenfalls wie der Hintergrund hat auch die Farbe für den Comic eine Bedeutung.
So vermitteln Comics, die in schwarz/weiß gehalten werden, die Kunst direkter. Diese Art der Comics nähert sich der Sprache. Bei den farbigen Comics hat die Form
selbst ein größeres Gewicht. Hier wird die Welt zu einem Spielplatz von Form und
Raum. Darüber hinaus kann ein Comic bei Verwendung expressiver Farben zu einem
berauschenden Erlebnis werden.
Ein weiterer Aspekt, den die Farbe eingenommen hat, lässt sich vor allem in den
amerikanischen Superheldencomics verdeutlichen. Hier übernimmt die Farbe ebenfalls eine Art symbolische Dimension, da sich die Farben der Kostüme in der Regel
nicht verändern. Damit funktionieren sie beim Leser wie eine Art Erkennungszeichen.
Dies führt dazu, dass der Held dem Leser länger im Gedächtnis bleibt und der Wiedererkennungseffekt steigt.
16
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.5 Analyse der Comic-Stile
2.4.6 Stil und Form der Linien
Eine weitere Möglichkeit, Atmosphäre zu erzeugen, wird mit Hilfe von Linie und Form
des Strichs realisiert. Dabei erzeugen ausgeprägte Striche, stumpfe Winkel und düsteres Schwarz zum Beispiel eine grausame, mörderische Welt, die prägend für die
„Dick Tracey“-Comics ist (Abilldung 2.19). Ein absolutes Gegenteil stellen die „Donald
Duck“-Comics dar, wo sanfte Kurven und ein klarer Strich eine schrullige, kindliche
Unschuld vermittelt (Abilldung 2.20).
Abbildung 2.19: Form der Linien [15]
Abbildung 2.20: Form der Linien [15]
Grundlegend ist nun geklärt, aus welchen Komponenten der Comic besteht. Erwähnenswert ist, dass der Comic seine Beliebtheit vor allem einer Eigenart des Menschen
verdankt. Da der Mensch eine egozentrische Rasse ist, sieht er in allem menschliche
Züge, auch wenn dort keine sind. Dies ist auch der Grund, warum in den Comics die
Charaktere häufig recht einfach gezeichnet sind und die Umgebung dem Leser meist
sehr detailverliebt präsentiert wird. Diese mehr oder weniger stark stilisierte Darstellung macht es dem Menschen einfacher, sich mit dem Charakter zu identifizieren,
was bei vielen Lesern den Reiz von Comics ausmacht.
2.5 Analyse der Comic-Stile
Das folgende Kapitel befasst sich mit der Analyse der Comic-Stile, die sich im Laufe
der Zeit in den verschiedenen Kulturen entwickelt haben. Dabei differenziert man im
wesentlichen den westlichen Comic-Stil und den Manga-Stil aus Fern-Ost. Die westlichen Comics werden zusätzlich in amerikanische und franko-belgischen-Comics unterteilt. Eine weitere Kategorie stellen die Funnys dar, die sowohl im amerikanischen
als auch im franko-belgischen Raum vorzufinden sind.
17
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.5 Analyse der Comic-Stile
Die Unterscheidungsmerkmale der verschiedenen Stile variieren in Art und Weise der
Zeichnungen, Colorierung sowie der Erzählstrategie. Die japanischen Comics weisen
zudem noch eine andere Leserichtung auf.
2.5.1 Amerikanische Comics
Prägend für die amerikanischen Comics ist vor allem das Genre der Superhelden, die
überwiegend von den beiden Verlagen Marvel- und DC-Comics vertrieben werden.
Der nachfolgende Analyse liegt „How to Draw Comics - The Marvel way!“ als Buch
zur Grundlage. Aus diesem Grund beschränkt sie sich auf die Marvel-Comics.
Repräsentativ für einen Marvel-Comic sind heroische und extreme Posen in Verbindung mit den Speedlines, die den „Dynamic-Marvel-Style“ erzeugen. Auffallend ist
das Erscheinungsbild der Helden, die im Gegensatz zu den „normalen“ Charakteren
meist größer, eindrucksvoller und imposanter dargestellt werden. Das gilt sowohl für
die männlichen als auch die weiblichen Helden.
Die dominanten Merkmale des männlichen Helden machen sich durch einen schlanken, muskulösen Körper sowie breite Schultern bemerkbar, die in einem starken Kontrast zu den schmalen Hüften stehen. Im Gegensatz zum weiblichen Pendant wirkt
alles kantiger. Weibliche Charakter hingegen besitzen breitere Hüften als Schultern.
Generell werden die weiblichen Helden, ausgenommen die Brust, etwas kleiner, sanfter und zarter gezeichnet. Auf die Betonung der Muskeln wird in den meisten Fällen
verzichtet. In den Gesichtern der Charaktere findet man identische Merkmale vor.
Das Ziel der Zeichner ist es, die Eigenschaften eines Helden leicht zu übertreiben
und weniger dramatische, negative Eigenschaften zu ignorieren.
Bei der Gestaltung der Gegenspieler sind gewisse Parallelen zu erkennen. Hier ist es
das Ziel, zum Beispiel durch schwere, imponierende Arme und einen breiten Stand
der Füße für mehr Gewicht und eine majestätische Haltung zu sorgen. Große, mächtige und schlagkräftige Hände sollen Brutalität suggerieren. Darüber hinaus spiegelt
sich im Gesicht eines Bösewichtes meist der Charakter bzw. die Persönlichkeit wider.
Eine weitere Eigenschaft der Marvel-Comics ist die Verwendung extremer Posen, die
für den „Dynamic-Marvel-Style“ verantwortlich sind (Abbildung 2.21). Dabei verzichtet
man auf Zwischenpositionen, indem man lediglich die erste und die letzte Zeichnung
verwendet, damit eine größere Wirkung der Bewegungen erzeugt wird.
18
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.5 Analyse der Comic-Stile
Abbildung 2.21: Marvels Dynamic-Style [9]
2.5.2 Franko-belgische-Comics
Eine vollkommen andere Entwicklung der Stilrichtung liegt den franko-belgischen Comics zugrunde. Häufig werden diese auch als „Semi-Realistische-Comics“ bezeichnet. Der Grund hierfür sind die stark stilisierten Charaktere, die im Kontrast zu den
sehr realen Umgebungen stehen. Es wird zwischen der „Brüsseler Schule“ und der
„École Marcinelle“ differenziert. Die Comics der „École Marcinelle“ stehen für einen
dynamischen Zeichenstil und die Zeichnungen der „Brüsseler Schule“ wirken eher
statisch.
Prägend für die „Brüsseler Schule“ ist vor allem Hergé, der unter anderem für die
„Abenteuer von Tim und Struppi“ (Abbildung 2.22) verantwortlich ist.
Repräsentativ für die „École Marcinelle“ ist Joseph Gillain mit seinem Comic-Magazin
„Spirou“. „Lucky Luke“ (Abbildung 2.23), „Spirou und Fantasio“ sowie „Die Schlümpfe“
gehörten unter anderem zu den Comics, die im Magazin „Spirou“ erschienen.
Das Hauptmerkmal der Brüsseler Schule ist die „Ligne Claire“. Charakterisiert wird
dieser Stil durch einfache, präzise Konturen und eine flächige, monochrome Farbgebung. Darüber hinaus wird auf die Verwendung von Schraffuren, Schattierungen
19
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.5 Analyse der Comic-Stile
Abbildung 2.22: Tim und Struppi [12]
Abbildung 2.23: Lucky Luke [12]
und Farbverläufen weitestgehend verzichtet. Dem Leser fällt es leichter, sich mit dem
Charakter eines „Ligne-Claire“-Comics zu identifizieren, da die Gesichtszüge kaum
definiert sind und somit reichlich Spielraum für Interpretationen vorhanden ist.
Der Stil der „École Marcinelle“ gilt im Prinzip als Gegenstück zur „Ligne Claire“. DIes
macht sich unter anderem durch ein uneinheitlicheres Erscheinungsbild bemerkbar.
Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass den Zeichnern dieser Schule keine Gren-
20
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.5 Analyse der Comic-Stile
zen gesetzt oder Vorgaben gemacht werden. Diese Stilrichtung fokussiert die Entwicklung eines eigenen Zeichenstils als „Lernziel“.
2.5.3 Funnys
In der Kategorie der Funnys finden sich unter anderem auch die Abenteuer von „Asterix“ wieder. Bekannter sind aber die stark cartoonhaften Geschichten von „Micky
Mouse“ oder „Donald Duck“ (Abbildung 2.24), die auch als „Animal-Funnys“ bezeichnet werden können.
Abbildung 2.24: Donald Duck [12]
Dabei bedienen sich diese Comics ebenfalls der bereits bekannten Stilmittel wie Bewegungslinien, Verwendung von Farben und den Techniken bei den Panelübergängen. Prägend für diesen Stil sind allerdings die stark stilisierten Charaktere, bei denen
es sich überwiegend um Tiere oder Phantasiewesen handelt. Die Handlung spielt dabei meist in stark vereinfachten, fiktiven Welten.
2.5.4 Manga
Der Manga-Stil (Abbildung 2.25) ist in der heutigen Zeit sehr bekannt und weit verbreitet. Dabei stellt der Begriff Manga eine eher unscharfe Definition dar. Denn bei
den japanischen Zeichentrickfilmen handelt es sich ebenfalls um Manga. Aus diesem
Grund bezeichnet man japanische Zeichentrickfilme als „Anime“.
In Japan sind Manga so stark etabliert, dass sich für verschiedene Zielgruppen diverse Unterkategorien gebildet haben. So differenziert man unter anderem nach Al-
21
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.5 Analyse der Comic-Stile
Abbildung 2.25: Beispiel: Akira [12]
ter sowie Hobbys beziehungsweise Fachgebieten oder dem Geschlecht. Ein Beispiel
sind Manga, die sich mit der japanischen Geschichte beschäftigen.
Die Manga haben gewisse Merkmale, die in keinem anderen Comic-Stil vorkommen.
Auffallend ist, dass der Manga die Geschichte stärker durch Bilder als durch den Text
erzählt. Darüber hinaus findet man überwiegend Schwarz-Weiss-Zeichnungen vor.
Schaut man sich einen Manga an, fallen als dominierende, charakteristische Stilmittel
meist die großen Augen, bunten Haare und einfachen Gesichtszüge auf. Die Charaktere in Geschichten mit ernsthafter und ansprechender Handlung nehmen realistischere Züge an, als die Charaktere in einem Manga für Kinder. Dort wird versucht,
vor allem durch eine stark vergrößerte Darstellung der Augen, das so genannte Kindchenschema zu bedienen.
22
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.5 Analyse der Comic-Stile
Dass sich dieser Stil in Fernost etabliert hat, liegt an dem Verständnis der Japaner,
dass diese Form der Darstellung als neutral angesehen wird und demnach keine Zuordnung einer bestimmten Rasse zulässt. Dabei sind Manga so aufgebaut, dass die
neutrale Darstellung immer den Ort der Handlung als Bezugspunkt annimmt, wo der
Fokus der Geschichte liegt. So werden Japaner neutral dargestellt, wenn die Handlung in Japan stattfinden soll. Spielt die Handlung allerdings in Europa, erhalten die
Europäer ein neutrales Aussehen.
Zur Verstärkung dieser Darstellung verwenden die Zeichner in einem Manga Klischees. Demnach werden Europäer häufig mit ausgeprägter Nase und breitem Kinn
gezeichnet und Afro-Amerikaner erhalten übertrieben dicke Lippen und häufig eine
Rastafrisur, während ein chinesicher Charakter meist mit Schlitzaugen und traditionellen Gewändern dargestellt wird.
Eine ebenfalls häufig verwendete Technik ist das Verformen der Körperteile. Der dafür
verwendete Fachbegriff lautet „Super Deformed“. Diese Art der Darstellung wirkt sich
vor allem auf die relevanten Körperteile aus, die speziell für die Aktion extrem groß
dargestellt werden. Dies hat lediglich die Fokussierung des betreffenden Körperteils
als Ziel. Damit haben die Zeichner ein weiteres Werkzeug, um Emotionen und Stimmungen eines Charakters dem Leser näher zu bringen. Bei der Verniedlichung von
Charakteren wird dieser Effekt ebenfalls angewandt. Dabei wird die korrekte Anatomie vernachlässigt.
Durch die Augen und den Mund werden Emotionen oder Gefühle wie Wut dargestellt.
In diesen Fällen wird das betreffende Körperteil relativ groß dargestellt. Der Nase wird
dafür nicht so viel Beachtung geschenkt, da sie keine Bedeutung für die Emotionen eines Charakters hat. Aus diesem Grund wird sie nur angedeutet und recht klein dargestellt. Neben den Augen, die meist sehr viel Raum in Anspruch nehmen, übernehmen
die Haare eine dominierende Rolle in der Gestaltung eines Manga-Charakters.
Bei den Mangas fällt auf, dass sie einen ganz eigenen Stil von Symbolen entwickelt
haben. Dabei beschränkt sich die Darstellung von Gefühlen und Stimmungen meist
auf das Gesicht. So sind die Merkmale für Verlegenheit in einem Anime ein rot angelaufener Kopf und in einem Manga eine überdimensionierte Schweißperle an der
Schläfe. Ein schwarzes Kreuz auf Stirn oder Hinterkopf soll den Ärger eines Charakters ausdrücken. Müde beziehungsweise schlafende Personen werden durch eine
große Blase charakterisiert, die aus der Nase kommt. Der Indikator für Schmerz kann
ein anschwellendes, pulsierendes Körperteil sein.
23
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.6 Analyse der Filme
2.6 Analyse der Filme
Das letzte Kapitel der Analyse befasst sich mit Filmen, die in einem stilisierten 3DAnimationsfilm umgesetzt wurden. Es werden kurz Aspekte genannt, wieso einige
Umsetzungen auf Basis der Comics nicht in 3D stattgefunden haben.
Bei eingehender Analyse der gegenwärtigen Comic-Verfilmungen ist zu erkennen,
dass überwiegend Realverfilmungen umgesetzt werden, die Computer lediglich für
die Realisierung von Spezialeffekten verwenden. Hin und wieder werden aber auch
komplette Charaktere wie zum Beispiel der „Sandman“ aus „Spiderman 3“ oder „Silver Surfer“ aus „Fantastic Four 2“ realisiert. Trotz dieser glaubhaften Darstellung der
computerbasierenden, sehr realistisch wirkenden Charaktere handelt es sich um eine
Realverfilmung. Mit einem stilisierten Cartoon beziehungsweise Comic haben diese
Filme nichts mehr gemeinsam. Der Hauptgrund liegt wohl darin, dass die Charaktere in den amerikanischen Comics zwar stilisiert und überproportional dargestellt
werden, aber trotzdem noch das Wesen eines Menschen haben.
Bei dem Manga-Stil lassen sich ähnliche Tendenzen erkennen. Dort existiert ebenfalls keine Umsetzung eines japanischen Comics in einem modernen 3D-Animationsfilm. Diverse 3D-Filme bedienen sich an einigen der Stilelemente, die einen Manga ausmachen. Die beiden Final-Fantasy-Umsetzungen sind jedoch Einzelfälle. Der
Hauptgrund dieser Tatsache lässt sich damit erklären, dass Mangas meist in Form
von Animes produziert werden. Animationsfirmen wie Pixar oder auch Dreamworks
verwirklichen häufig eigene Ideen und übernehmen gerade deshalb nur wenige Grundlagen aus Comics. Die meisten Parallelen dieser Filme findet man jedoch in den Funnys.
Der Hauptgrund für die Umsetzung eines 3D-Animationsfilms, wie zum Beispiel „Madagascar“ oder „Jagdfieber“, ist der, dass eine Realverfilmung nur schwer zu realisieren ist, da häufig Tiere oder andere Wesen in den Hauptrollen agieren. Einer der
letzten Animationsfilme von Pixar stellt allerdings eine Ausnahme dar. Bei „Die Unglaublichen“ spielt die Geschichte in einem realen Setting und stilisierte, cartoonhafte
Charaktere in Form von Menschen übernehmen die Hauptrolle.
Die Grundidee des Cartoon-Looks liegt darin, den Realismus auf eine witzige Art zu
reduzieren und trotzdem den meist lustigen Charakteren und Storys mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Betrachtet man nun die verschiedenen Produktionen der Firmen, stellt man fest, dass
diese gewisse Ähnlichkeiten in den verwendeten Techniken aufweisen. Dies wirkt sich
meist in einem bunten, meist fröhlichen Cartoon-Look aus. Ziel vieler Produktionen
ist das Kreieren eines eigenen cartoonhaften Stils.
Für die Analyse fällt die Auswahl auf vier Animationsfilme. Dabei handelt es sich um
24
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.6 Analyse der Filme
den Titel „Jagdfieber“ von Sony Pictures, die neue Blue Sky Produktion „Horton hört
ein Hu“, Dreamworks „Madagascar“ und „Die Unglaublichen“, der von Pixar produziert wurde.
2.6.1 Jagdfieber
Die Story in „Jagdfieber“ handelt von einem Bären, der unter Menschen groß geworden ist und dadurch deren Eigenarten übernommen hat. Letztendlich muss er wieder
in die Wildnis zurück, wo ihm das Leben nicht sehr leicht fällt. Neben dem Bär, einem Elch und weiteren Waldbewohnern spielen in diesem Film auch menschliche
Charaktere eine Rolle.
Auffallend an „Jagdfieber“ ist der stark stilisierte Look, der an die älteren Cartoons erinnert. Die ironischen, verwaschenen Hintergründe und einfachen Objekte, wie zum
Beispiel Bäume, wirken relativ zweidimensional (Abbildung 2.26). In Kombination mit
den langen, ausladenden Schatten soll der Fokus des Betrachters auf die Charaktere
gelenkt werden. Inspiriert wurde dieser Look durch Eyvind Earle, der unter anderem
in den 50er Jahren für die Hintergrundgestaltung in den Disney-Produktionen zuständig gewesen ist.
Abbildung 2.26: Ein Hintergrund aus Jagdfieber
Zudem fällt auf, dass nichtorganische Objekte keine parallelen Linien besitzen, was
vor allem in der Stadt der Fall ist. Zur Realisierung dieses Effekts wird darauf geachtet,
dass keine perfekten Würfel oder Dreiecke verwendet werden. Dieser unsymmetrisch
25
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.6 Analyse der Filme
Stil kann zum Beispiel bei einer Serie von Fußabdrücken dafür sorgen, dass diese in
der Größe variieren und keine gerade Linie bilden.
Das ironisch wirkende Charakterdesign (Abbildung 2.27) definiert sich aus geraden
Linien sowie schwungvollen Kurven, die im Kontrast zueinander stehen. Die Kombination aus übertriebenen Proportionen und aus dem Gleichgewicht gebrachte Formen
repräsentieren den Stil des Charakters.
Abbildung 2.27: Die Charaktere
Die männlichen Charaktere werden generell etwas runder und kräftiger dargestellt
als die weiblichen Charaktere. Die weiblichen Charaktere weisen zusätzlich noch eine
gestreckte Gesichtsform auf. Dies wird in den Abbildungen 2.28 und 2.29 noch einmal
grafisch dargestellt.
Verstärkt wird der spezielle Look der Charaktere durch simple Texturen, Materialien und Oberflächen sowie die pastellfarbene, nichtreflektierende Farbgebung. Dabei
wird darauf geachtet, dass das einfache Aussehen nicht als „billig“ wahrgenommen
wird. Zur Realisierung dieser Aufgabe werden verschiedene Lichttechniken, wie zum
Beispiel „Subsurface-Scattering“ verwendet. Dabei erhält die Haut einen Effekt, als
würde sie von innen heraus glühen. Dadurch wird eine plastische, aber nicht zu real
wirkende Haut erstellt.
Die Art der Animationen spielt ebenfalls eine wichtige Rolle für den stilisierten Look.
Hier werden Techniken zur Reailisierung eines „cartoonhaften“, schwungvollen Stils
verwendet. Dabei werden die übertriebenen Proportionen durch das Quetschen und
Strecken der Charakter, auch als „squash and stretch“ bezeichnet, erreicht. Diese Art
der Animation erinnert stark an die Animationsfilme der 30er Jahre. Zudem wird eine
Art „Pose-to-Pose-Animation“ verwendet, die gewisse Ähnlichkeiten zu den Schlüsselpositionen der alten Animationsfilme hat.
26
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.6 Analyse der Filme
Abbildung 2.28: Grundobjekte
Abbildung 2.29: weiblicher Charakter
2.6.2 Madagascar
Ebenfalls wie bei „Jagdfieber“ setzt sich Dreamworks bei „Madagaskar“ als oberstes
Ziel, einen eigenen, zweidimensional wirkenden Stil zu definieren. Im Film übernehmen vier Zoobewohner die Hauptrolle, die sich später wider Willen in der Wildnis
zurechtfinden müssen.
Grundlage für das auffallende Charakterdesign sind ebenfalls eine Vielzahl klassischer Cartoons aus den 40er und 50er Jahren. Die Charaktere werden durch scharfe,
stilisierte Formen geprägt. Auffallend sind die teilweise übertriebenen Proportionen
der Zoo- und Dschungel-Bewohner, wie in Abbildung 2.30 zu sehen. Die menschlichen Charaktere, die in diesem Film hauptsächlich als Nebendarsteller agieren,
geben ein relativ reales, aber doch sehr rundes Bild wieder. Dies wird in den Abbildungen 2.31 und 2.32 noch einmal verdeutlicht. Das Design setzt vor allem bei
den beiden im folgenden beschriebenen Schauplätzen starke Kontraste, was viel zur
Atmosphäre beiträgt. Das erste Setting ist ein urbaner Zoo in New York, der eine
dunkle, sehr gedämpfte Farbpalette aufweist. Selbst die Pflanzen wirken durch ihren
Schnitt sehr kantig und nicht organisch. Dadurch erhält man einen sehr steril wirken-
27
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.6 Analyse der Filme
Abbildung 2.30: Die Hauptdarsteller
den Look sowie eine triste Stimmung. Im Kontrast dazu steht Madagaskar, das als
zweiter Schauplatz der Geschichte dient. Die Insel wird geprägt von lebendigen, satten Farben. Durch die kurvigen, flüssigen Formen wirkt alles wild und nicht mehr so
begrenzend wie im New Yorker Zoo. Dabei orientiert sich der Stil an den Malereien
des französischen Künstlers Henri Rousseau, der in seinen Kunstwerken gerne mit
übergroßen und satten, grünen Pflanzen arbeitete.
Bei der Umsetzung von „Madagaskar“ legte Dreamworks vor allem auf das Entwickeln
eines eigenen Animationsstils sehr viel Wert. Ziel war es, für das Charakterdesign die
entsprechenden extremen Posen und Proportionen zu erlangen. Dafür orientierten
sich die Entwickler unter anderem an den klassischen Cartoons der 30er und 40er
Jahre, wo Comedy häufig durch Bewegung und Gestik vermittelt wurde. Beispiele dafür sind herunterklappende Kiefer oder plötzlich größer werdende Augen. Aus diesem
Grund entschied man sich für einen sehr schwungvollen Animationsstil, der den Charakteren und ihren Bewegungen mehr Persönlichkeit verleiht. Diese recht aufwendi-
28
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.6 Analyse der Filme
Abbildung 2.31: Grundobjekte
Abbildung 2.32: weiblicher Charakter
ge Vorgehensweise wurde durch die Verwendung eines speziellen Rigs realisiert. Mit
Hilfe dieses Rigs konnten gewisse Teile einer Hierarchie bewegt, gequetscht oder gestreckt werden, ohne andere Bereiche zu beeinflussen bzw. Geometrien zu zerstören.
Melmans Kopf, Schultern, Hüfte und jedes seiner vier Beine lassen sich zum Beispiel
unabhängig voneinander bewegen, was es den Animateuren ermöglicht, einen sehr
„cartoonhaften“ Bewegungsablauf zu erstellen.
2.6.3 Horton hört ein Hu!
„Horton hört ein Hu“ wird in diesem Unterkapitel analysiert. Entwickelt wurde der Film
von Blue Sky Studios, die unter anderem für „Ice Age“ verantwortlich sind. Dabei
handelt die Story von einen Elefanten mit Namen Horton, der in einem Staubkorn
ein „paralleles Universum“ entdeckt hat, das er mit allen Mitteln versucht zu beschützen.
Hier finden ebenfalls die bereits erwähnten Designelemente der anderen Filme Verwendung. Primärziel ist allerdings die Umsetzung des „seuss’chen Stils“, wie er be-
29
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.6 Analyse der Filme
Abbildung 2.33: Umsetzung des seuss’chen Stils
reits in den Kinderbüchern Anwendung findet. Dieser Stil charakterisiert sich durch
den Einsatz unsymmetrischer Objekte und Formen. In den Abbildungen 2.34 und
2.35 ist dies anhand des Charakters zu sehen, der aus elliptischen Grundobjekten
besteht. Runde sowie quadratische Formen existieren überhaupt nicht. Bei der Gestaltung der Objekte wurde großer Wert darauf gelegt, dass sie keinen rechten Winkel
haben. Zur Umsetzung dieses Stils ist es wichtig, die Balance zwischen Stil und Realismus zu erreichen.
Die stark stilisierten Formen generieren in Kombination mit den matten Oberflächen,
die relativ grobkörnig und fleckig wirken, und den gedämpften, matten Farben ein
harmonisches, cartoonhaftes Gesamtbild.
Zum Überwinden der Grenzen der physikalischen Animation findet hier ebenfalls das
Quetschen und Strecken der Form Verwendung. Dabei wird viel Wert auf ein extremes Aussehen und Bewegungsabläufe gelegt. Gerade bei den Animationen ist es
wichtig, sich an den ikonischen Posen aus dem bereits 1954 erschienen Buch „Horton Hears a Who!“ zu orientieren.
Interessant ist die Verwendung von Radiosity, die zum ersten Mal in einem Animationsfilm Anwendung findet. Diese wirkt sich aus, indem zum Beispiel alle Objekte
30
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.6 Analyse der Filme
Abbildung 2.34: Grundobjekte
Abbildung 2.35: weiblicher Charakter
durch ihre Farbe auf der grauen Haut von Horton leicht reflektieren. Diese Technik,
die häufig auch als „Color Bleed“ bezeichnet wird, sollte zu Beginn nur vereinzelt angewendet werden, schaffte es aber dann in den kompletten Film. Damit gelang es den
Entwicklern einen eigenen stilisierten Look zu erschaffen, der sich von den anderen
beiden genannten Filmen stark unterscheidet.
2.6.4 Die Unglaublichen
Pixars „Die Unglaublichen“ (Abbildung 2.36) stellt eine gewisse Ausnahme zu den
zuvor genannten Filmen dar. Zwar ist es auch hier das Ziel, einen Animationsfilm
im stilisierten Cartoon-Look zu erstellen. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass
diesmal menschliche Charaktere die Hauptrollen übernehmen. Dabei besitzen die
Helden Superkräfte und weisen starke Parallelen zu den Fantastic-Four auf. Charakterisierend für den Film ist die recht einfache und stilistische Gestaltung der Helden
sowie der weiteren Charaktere, die sich an den Superhelden-Comics von Marvel oder
DC orientieren. Dabei weisen auch sie wieder in gewisser Weise übertriebene Pro-
31
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.6 Analyse der Filme
Abbildung 2.36: Die Hauptcharaktere
portionen auf. Dies wird in den Abbildungen 2.37 und 2.38 noch einmal anhand eines
weiblichen Charakters grafisch dargestellt.
Abbildung 2.38: weiblicher Charakter
Abbildung 2.37: Grundobjekte
Auffallend sind vor allem die satten Farben und matten Materialien. Betreffend der
Farben sollte erwähnt werden, dass die Wahl der roten Farbe für die Anzüge nicht
32
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.7 Zusammenfassung
grundlos ist. Zum einen wird Rot nach dem Hell-Dunkel-Kontrast als erste Farbe wahrgenommen und zum anderen verkörpert die Farbe Energie, Kraft und Mut.
Für das spezielle Aussehen der Charaktere wurde viel Wert auf die Darstellung der
Haut gelegt, die weder realistisch noch plastisch wirken soll. Dafür verwendete man
spezielle Techniken, wie bereits bei „Jagdfieber“ genannt. Das Ergebnis führte dazu,
dass die Haut der Charaktere unmerklich von innen heraus leuchtet. Dabei ist es
das Ziel, dass die Haut weder fleckig noch pickelig wirken soll. Sie muss einfach
aussehen, darf aber nicht das Aussehen von Plastik annehmen.
Die durch die 60er Jahre inspirierte Architektur der Stadt und die Umgebung wirkt
im Gegensatz zu den anderen genannten Beispielen symmetrisch und orthogonal.
In Kombination mit dem stilisierten Look der Charaktere hat Pixars einen eigenen
Cartoon-Look kreiert.
Wie bereits bei den anderen Produktionen erwähnt, legte man auch bei „Die Unglaublichen“ großen Wert auf einen eigenen, übertriebenen Animationsstil.
2.7 Zusammenfassung
Dieses Kapitel beginnt mit einem kurzen geschichtlichen Rückblick und der Definition,
was einen Comic/Cartoon ausmacht.
Im Kern setzt es sich in Kapitel 2.4 mit den grafischen Erzählstrategien des Comics
auseinander. Dabei wird insbesondere auf die Bedeutung der verschiedenen gestalterischen Mittel, wie zum Beispiel das Panel oder den Rinnstein eingegangen. Dabei
wird klar, inwiefern das Lesen eines Comics und das Erzeugen von Zeit durch die
Wahl und Häufigkeit der verschiedenen Panelübergänge in Verbindung mit dem Rinnstein beeinflusst wird. Die unterschiedlichen Kombinationen von Text und Bild tragen
ebenfalls dazu bei.
Zudem befasst sich das Kapitel mit der Verwendung der gestalterischen Mittel, wie
unter anderem der Sprechblase, die zur Darstellung des Schalls in Form von Sprache
oder Geräuschen dient sowie den Speedlines, mit deren Hilfe Bewegung suggeriert
wird. Weitere Mittel stellen die Symbole und Farbe, der Hintergrund sowie Stil und
Form der Linien dar. Unabhängig von ihren speziellen Aufgaben haben sie alle gemeinsam, dem Leser Gefühle und Emotionen zu vermitteln.
In Kapitel 2.5 werden die verschiedenen Comicstile analysiert. Durch die Analyse
kommt man zu dem Ergebnis, dass die Einteilung der Comicstile in fünf verschiedene Kategorien erfolgt. Eine grobe Gliederung erfolgt in westlichen Comics sowie den
Comics aus Fern-Ost. Die etablierte Bezeichnung für diese Art von Comics lautet
Manga. Die auffallenden charakteristischen Merkmale dieses Stils sind die großen
33
Kapitel 2 Analyse - Was ist ein Comic
2.7 Zusammenfassung
Augen und kindlich wirkenden Züge.
Eine Unterkategorie der westlichen Comics stellen die Superhelden-Comics dar, die
ihren Ursprung überwiegend in Amerika haben. Repräsentativ für diesen Stil sind die
übermenschlich wirkenden Charaktere und ihre dynamischen, extremen Posen.
DIe franko-belgischen Comics stellen einer weitere Unterkategorie der westlichen Bildergeschichten dar und unterteilen sich wiederum in die „Brüsseler Schule“ und die
„École Marcinelle“. Prägend für diese Stile sind stark stilisierte Charaktere und realistisch wirkende Umgebungen.
Die letzte Unterkategorie der westlichen Comics stellen die Funnys dar. Diese stark
stilisierte Form des Comics ist als eigenständige Kategorie sowohl in den frankobelgischen sowie den amerikanischen Regionen anzutreffen. Charakteristischstes
Merkmal ist die tierische Darstellung der Hauptcharaktere.
Der letzte Teil des Kapitels betrachtet eine Auswahl verschiedener 3D-Animationsfilme, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, einen eigenen stilisierten, cartoonhaften Look zu generieren und typische Animationen zu erschaffen, die sich meist an
den Cartoons der 40er oder 50er orientieren. Dabei wird neben einer Analyse der
Charaktere auf die jeweiligen Eigenschaften der Filme speziell eingegangen.
Diese umfangreichen Erkenntnisse werden im nächsten Kapitel für die Konzeption
des Charakters verwendet. Danach wird dieser Charakter in eine zuvor getroffene
Auswahl von Stilen übertragen.
34
Kapitel 3
Konzept
3.1 Einleitung
Dieses Kapitel setzt sich mit der Konzeption eines Charakters und der anschließenden Umsetzung in zwei weiteren Stilen auseinander.
Die Entwicklung eines Konzepts ist das Thema des ersten Teils in diesem Kapitel.
Dabei liegt der Fokus auf Details und Eigenschaften eines Charakters, die für die
Entwicklung einer Persönlichkeit zuständig sind. Eine zusätzlich für das Konzept entwickelte Biografie soll dem Charakter noch mehr Tiefe verleihen. Zur Realisierung des
Charakterkonzepts wird eine Auswahl gewisser Richtlinien als Grundlage verwendet,
die auf dem PDF „Effective Character Design“[18] basieren.
Im zweiten Teil des Kapitels wird die Umsetzung des zuvor erstellten Konzepts in
die zwei weiteren Stile behandelt. Diese basieren auf einer Auswahl der zuvor analysierten Animationsfilme. Die Charakteristika und Eigenschaften des jeweiligen Stils
werden ausführlicher behandelt.
3.2 Die Entwicklung des Charakters
Die Auswahl grundlegender Details kann für die Erstellung eines Charakters ausschlaggebend sein. Ziel der Diplomarbeit ist die Erarbeitung eines düsteren, fiesen
aber trotzdem tollpatschig wirkenden Doktors. Diese Grundlagen der Entwicklung
werden im nachfolgenden Kapitel erläutert.
35
Kapitel 3 Konzept
3.2 Die Entwicklung des Charakters
3.2.1 Richtlinien
Zur Erstellung des Konzepts werden gewisse Richtlinien und visuelle Kommunikationsmittel beachtet, die in diesem Unterkapitel behandelt werden.
3.2.1.1 Konzeptzeichnung
Der erste Schritt zur Realisierung eines Charakters besteht in der Erstellung vieler
kleiner Zeichnungen und Skizzen, die zum Kreieren der ersten Ideen dienen. In der
nachfolgenden Phase des Prozesses werden aus einer breiten Auswahl von Skizzen die einzelnen Ideen aufgegriffen, mit denen sich das Konzept identifizieren kann.
In dieser Phase können die einzelnen Ideen neu geformt oder kombiniert werden.
Unbrauchbare Ideen werden verworfen.
3.2.1.2 Ausrüstung
Die Darstellung von Ausrüstung jeglicher Art kann ebenfalls zur schnellen Identifikation eines Charakters dienen und Aufschlüsse über seine Persönlichkeit geben.
Die Verwendung zu vieler Details in Form von Ausrüstung überladen allerdings das
Konzept des Charakters und stören somit das Gesamtbild. Dies führt dazu, dass der
Wiedererkennungseffekt des Charakters geschmälert wird.
Ein schönes Beispiel stellen unter anderem die vielen Superhelden wie „Superman“
oder „Batman“ dar, die durch eine Kombination sparsamer Details, einem einprägsamen Logo sowie wiederholender Farben und Muster einen enorm hohen Wiedererkennungseffekt haben.
Zusätzlich wird Farbe in den meisten Fällen dazu verwendet, die Gesinnung und Persönlichkeit eines Charakters darzustellen. Die Wahl trister, dunkler, gedämpfter Farben verkörpert meist einen traurigen, finsteren oder bösen Charakter und steht im
Kontrast zu fröhlichen, satten, hellen Farben.
3.2.1.3 Offene und subtile Hinweise
Ein weiteres wichtiges Detail zur Charakterrealisierung ist die Verwendung von offenen und subtilen Hinweisen. Diese unterstützen den Betrachter, einen schnellen
Aufschluss über die Gesinnung, Ideale oder den Glauben eines Charakters zu geben.
Als Beispiel für einen offenen Hinweis dient eine alte Wehrmachtsuniform. Anhand
dieses Details wird dem Betrachter sofort klar, dass es sich um einen Soldaten aus
36
Kapitel 3 Konzept
3.2 Die Entwicklung des Charakters
dem 3. Reich handelte.
Die subtilen Hinweise hingegen arbeiten mit allgemeineren Details. So kann eine lange Robe zum Beispiel Auskunft darüber geben, dass es sich um einen religiösen
Anhänger handelt. Eine Aussage über seinen Glauben oder seine Ideale lässt sich
nicht treffen. In 3.1 ist das Beispiel offeneder Hinweise, die auf Anhieb deutlich machen, dass es sich der gezeigte Charakter in einem „Wild West“-Szenario wiederfinden kann.
Abbildung 3.1: Beispiel für offene/subtile Hinweise
3.2.1.4 Proportionen
Die Variation der Körperproportionen bei Menschen oder menschenähnlichen Wesen
nimmt gerade bei der Entwicklung von Cartoon-Charakteren eine große Rolle ein. Die
Darstellung eines Charakters mit überproportional großem Kopf oder sehr großen
Füßen führt bei dem Betrachter zu einer differenzierten Wahrnehmung.
37
Kapitel 3 Konzept
3.2 Die Entwicklung des Charakters
3.2.1.5 Symmetrie und Asymmetrie
Ein weiteres visuelles Kommunikationsmittel ist die Verwendung von Symmetrie oder
Asymmetrie. Dabei bewirkt die Darstellung der Symmetrie ein ideales Erscheinungsbild. Asymmetrische Details werden häufig mit Fehlern in Verbindung gebracht. Richtig angewendet können sie allerdings eine klare Nachricht verdeutlichen.
3.2.1.6 Gruselige Verdrehung
Die subtile, gruselige Verdrehung (Abbildung 3.2) wird dazu verwendet, dem Charakter etwas unscheinbar-unheimliches zu verleihen. Dies wird durch das Weglassen
gewisser Details bei einem Charakter realisiert, die eigentlich für den Betrachter als
selbstverständlich gelten. Dies führt dazu, dass dieser vom Betrachter als „falsch“
wahrgenommen wird und dadurch mit negativen Aspekten in Verbindung gebracht
wird. Ein Beispiel stellt das Fehlen der Pupillen dar. Dies vermittelt letztendlich einen
schaurigen, düsteren Eindruck.
Abbildung 3.2: Subtile, gruselige Verdrehung
38
Kapitel 3 Konzept
3.2 Die Entwicklung des Charakters
3.2.2 Analyse - Was macht einen Doktor aus?
Zusätzlich zu dem „Effective-Character-Design“ soll die Analyse in diesem Unterkapitel Aufschluss über Merkmale und Verhaltensmuster eines Doktors geben. Eine grobe
Einteilung lässt zwei verschiedene Kategorien zu.
Die erste Kategorie besteht aus rein visuellen Merkmalen und wird durch auffallende
Merkmale, unter anderem einen langen weißen Kittel, gekennzeichnet. Ein Beispiel
hierfür ist der fiese Dr. Octavius „Octopuss“ (Abbildung 3.3) aus den alten Spiderman
Comics.
Abbildung 3.3: Doktor der Kategorie 1
Die zweite Kategorie umfasst die Charaktere, die sich durch ihre Verhaltensweise, ihr
39
Kapitel 3 Konzept
3.2 Die Entwicklung des Charakters
Wissen oder ihren Titel definieren. Dabei werden die optischen Details überwiegend
vernachlässigt. Diese Art von Doktoren wird meist durch ihre ausgesprochen hohe
Intelligenz charakterisiert. Weitere markante Merkmale sind ein verrücktes oder berechnendes Handeln. Viele Beispiele sind im Marvel- und DC-Universum anzutreffen.
Eine der bekanntesten Charaktere ist Dr. Doom (Abbildung 3.4), bekannt aus „Fantastic Four“.
Abbildung 3.4: Doktor der Kategorie 2: Dr. Doom
Zu den optischen Merkmalen gehören, wie bereits erwähnt, ein langer, weißer Kittel,
aber zum Beispiel auch das rote Kreuz. Häufig werden die Charaktere auch mit weißen bzw. grauen Haaren dargestellt. Dies dient als Indikator für das bereits betagte
Alter, was wiederum häufig mit einem hohen Wissenstand, Weisheit und Intelligenz in
Verbindung gebracht wird. Weitere signifikante Details sind zum Beispiel ein Stetkoskop, eine Spritze, Latexhandschuhe sowie eine Krawatte oder eine Knochensäge.
40
Kapitel 3 Konzept
3.2 Die Entwicklung des Charakters
3.2.3 Umsetzung
Bei der Entwicklung des Charakters wird darauf geachtet, dass der Stil des fertigen
Konzepts in der Kategorie Funnys einzuordnen ist, was dem fertigen Gesamtbild etwas Ironisches verleihen soll.
Das auffallendste Detail ist der überproportional große Kopf mit dem ausgeprägten,
dominanten Kinn und der ausgeprägten Stirnpartie. Die Darstellung der Hände und
Füße ist ebenfalls größer als der Rest des Körpers. Zusätzlich wurde bei dem Design
der Hände auf einen fünften Finger verzichtet, um eine überladen wirkende Hand zu
vermeiden. Als Indikatoren des bereits fortgeschrittenen Alters dienen eine Glatze
sowie eine krumme, gebückte Haltung und der ausgeprägte Buckel.
Abbildung 3.5: Die finalen Konzeptzeichnungen
Ein auffallendes Merkmal des Kopfes ist, dass er so konzipiert wurde, dass die ausgeprägten Wangenknochen in Verbindung mit dem Kinn die Silhouette eines Totenkopfs
haben, was in Verbindung mit der Hakennase und den ausgeprägten Wangenknochen für ein unheimliches, böses Erscheinungsbild sorgen soll.
Die Brille erfüllt mehrere Zwecke. Zum einen sorgt sie dafür, das der Charakter als
belesener, weiser Mann wahrgenommen wird. Außerdem soll sie den Effekt der subtilen, gruseligen Verdrehung bewirken, in dem sie den Blick in die Augen des Doktors
unmöglich macht.
Der Mundschutz mit der ironisch wirkenden, aufgemalten Grimasse und das rote
Kreuz auf der linken Schulter, was die Form eines Kruzifixes hat, stellen ein weiteres Detail dar, die den finsteren Charakter des Doktors wiederspiegeln.
Das fertige Konzept ist in Abbildung 3.5 zu sehen.
41
Kapitel 3 Konzept
3.2 Die Entwicklung des Charakters
3.2.4 Entwicklung der anderen Stile
Dieses Kapitel beschreibt die Anwendung des fertigen Konzepts auf die zuvor getroffene Auswahl der zwei weiteren Stile. Dabei handelt es sich um „Jagdfieber“ und
„Die Unglaublichen“. In den nachfolgenden Unterkapiteln wird im Speziellen auf die
jeweilige Umsetzung des Konzepts in den Stilen eingegangen.
3.2.4.1 Jagdfieber
Abbildung 3.6: Konzeptzeichnung von Shaw[17]
Für die Umsetzung des „Jagdfieber“-Stils dient Shaw, der im Film die Hauptrolle des
bösen, hinterlistigen Jägers verkörpert. Zu seinen auffallendsten Merkmalen zählen
die sehr langen, dominierenden Beine in Verbindung mit dem verhältnismäßig kleinen Oberkörper. Seine sehr langen Arme enden in großen, bedrohlich wirkenden
Händen. Der Kopf ist im Vergleich zu den anderen männlichen Charakteren aus dem
Film zu einer ovalen Form gestreckt. Sein Hals ist kaum wahrnehmbar.
Im Allgemeinen fällt bei dem Charakter sofort auf, dass er durch seinen sportlichen
aber doch sehr großen Körperbau sehr beweglich und agil wirkt. Diese extreme Darstellung unterscheidet ihn als bedrohlichen Hautpcharakter von den anderen Jägern,
die meistens kleiner und dicker dargestellt werden.
42
Kapitel 3 Konzept
3.2 Die Entwicklung des Charakters
Bei der Umsetzung des Konzepts in den Stil wird nun darauf geachtet, dass die auffallenden Merkmale des bösen Jägers übernommen und durch die Details des Konzepts
ergänzt werden. Das Ergebnis wird in Abbildung 3.7 verdeutlicht. Die Kreise in dem
Bild dienen dazu, die Proportionen zu überprüfen. Dabei ist die Anzahl der Köpfe die
Größenangabe. Diese Vorgehensweise soll dafür sorgen, dass ein Charakter wohldefinierte Proportionen hat. In diesem Fall ist der Charakter so konzipiert, dass der
Kopf 5-mal in den Körper passt.
Abbildung 3.7: Fertiges Jagdfieber Konzept
3.2.4.2 Die Unglaublichen
Zur Realisierung des „Superhelden“-Stils, der für „Die Unglaublichen“ prägend war,
dienen verschiedene Charaktere als Grundlage. Dazu gehören unter anderem der
Bösewicht „Syndrome“ sowie „Rick Dicker“, der Anwalt der Familie Parr (Abbildung3.8).
Das Ziel bei diesem Stil war es, den von Marvel und DC inspirierten Look in dem Film
zu erreichen und daraus einen Charakter zu entwickeln, der die ironischen Proportionen des Stils wiedergeben kann. Dies wird realisiert, indem der Oberkörper proportional größer als der Unterkörper dargestellt wird. Weitere Details sind die wuchtigen
Arme und großen Hände, die eine unscheinbare Präsenz ausstrahlen. Im Fall des
43
Kapitel 3 Konzept
3.2 Die Entwicklung des Charakters
Abbildung 3.8: Vorlagen für das Konzept
fiesen Doktors sollen sie eine finstere, bedrohende Persönlichkeit repräsentieren.
Der starke Unterschied der Symmetrie von Ober- und Unterkörper soll dem Charakter etwas Ironisches und Witziges verleihen. Das fertige Konzept wird in Abbildung
3.9 noch einmal visuell dargestellt.
Abbildung 3.9: Fertiges „Die Unglaublichen“ Konzept
44
Kapitel 3 Konzept
3.3 Zusammenfassung
3.2.5 Die Biografie
Die in Anhang Eins befindliche Biografie befasst sich mit der speziell für das Konzept
erfundenen Biografie des Doktors. Diese wurde entwickelt, um dem dem Charakter
durch eine fiktive Geschichte und Geschehnisse noch mehr Persönlichkeit, Glaubwürdigkeit und Tiefe zu verleihen.
3.3 Zusammenfassung
Zu Beginn befasst sich das Kapitel mit verschiedenen Richtlinien, die bei der Erstellung eines Charakters bzw. verschiedener Konzepte behilflich sein können. Gerade
bei der Erstellung des Doktors spielen die offenen und subtilen Hinweise ein wichtige
Rolle, da sie dem Charakter einen schnellen Wiedererkennungseffekt verleihen. Für
die Realisierung eines Cartoonstils kann die Verwendung asymmetrischer Formen
und Stile von Vorteil sein.
Die Analyse, „Was einen Doktor ausmacht“ geht neben den subtilen und offenen
Hinweisen auf das typische Handeln ein. Das Kapitel der „Umsetzung“ schildert die
einzelnen Richtlinien, Komponenten und Stilmittel, die bei der Erstellung des Konzepts verwendet wurden. Die nachfolgende Biografie soll den Charakter nachträglich
unterstützen.
Das letzte Unterkapitel befasst sich mit der Portierung des fertigen Konzepts auf die
beiden zuvor ausgewählten Stile der 3D-Animationsfilme.
Basierend auf dem Konzept (und den beiden Portierungen des Stils) wird nun im kommenden Kapitel die Umsetzung in eine 3D-Modell erläutert. Dies Betrifft das „Modeling“, „Mapping“ und „Texturing“ bzw. das Verwenden von Shadern.
45
Kapitel 4
Umsetzung in 3D
4.1 Einleitung
Kapitel 4 befasst sich mit der Umsetzung des 3D-Modells, basierend auf den Grundlagen des in Kapitel 3 erarbeiteten Konzepts.
Die Einführung in die Theorie der Polygonmodellierung, die für die Umsetzung der
3D-Modelle verwendet wird, verschafft einen Überblick über die einzelnen Komponenten eines Polygons und die Vor- und Nachteile dieser Technik.
Im darauffolgenden Unterkapitel werden schließlich die einzelnen Arbeitsschritte nach
und nach erläutert, die zur Erstellung des „Low-Polygon-3D-Meshes“ nötig sind. Zur
Realisierung des 3D-Modells wird Autodesk „Maya 2008“ verwendet.
Anschließend wird auf das Mapping des zuvor erstellten 3D-Modells eingegangen.
Dabei handelt es sich um einen Vorgang, in dem das „3D-Mesh“ durch die Verwendung verschiedener Tools auf eine zweidimensionale Fläche, die spätere Textur, projiziert wird.
Dieser Prozess der Erstellung der Textur und der Materialien wird im darauf folgenden Kapitel beschrieben. Zur Realisierung der Textur wird „Adobe Photoshop CS3“
verwendet.
Abschließend behandelt das Kapitel den Workflow, der zum Erstellen einer HighPolygon-Variante nötig ist.
4.2 Modellierungstheorie
Die für die Diplomarbeit verwendete Modellierungstechnik ist die Polygonmodellierung. Das Wort „Polygon“ hat seine Herkunft aus dem Griechischen und bedeutet
46
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.2 Modellierungstheorie
soviel wie Vieleck. Ein Polygons besteht im einzelnen aus Vertices (Punkten), Edges
(Kanten), Faces (Flächen) und den Normals (Normalenvektoren).
Abbildung 4.1: Beispiel eines einfachen Polygons
Der Grundbestandteil jedes Polygons (Abb. 4.1) ist das Vertex bzw. ein Verbund mehrerer Vertices. Dabei handelt es sich um Punkte in einem dreidimensionalen Raum.
Die gerade Verbindung zweier Vertices wird als Edge bezeichnet. Das Face wiederum besteht aus mindestens drei Vertices, verbunden durch drei Edges. Diese Form
des Faces wird häufig auch als Triangle (dreieckiges Polygon) bezeichnet und stellt
das einfachste Polygon dar. Die in der Modellierung am häufigsten verwendete Form
eines Polygons ist das „Quad“. Dabei handelt es sich um ein Polygon mit vier Vertices und Edges. Die Erstellung eines Meshes, das aus mehreren Faces besteht,
erfolgt aus Gründen der Einfachheit aus „Quads“. Vor dem Export ist es notwendig,
die „Quads“ für eine saubere Darstellung zu triangulieren, da intern alles in Triangles
berechnet wird. Dabei werden vier- und n-seitige Polygone in Polygone mit drei Vertices und Edges verwandelt.
47
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.2 Modellierungstheorie
Die Normale eines Polygons gibt an, welche von beiden Seiten die Vorderseite und
somit sichtbar ist. In Verbindung mit aktiviertem „Backface Culling“ kann nur das Polygon gesehen werden, dessen Normale in Richtung des Betrachters zeigt.
Für die Realisierung eines „sauberen Meshes“ muss darauf geachtet werden, dass
ein Polygon nicht mehr als vier Edges besitzt und Faces sowie Edges sich nicht gegenseitig schneiden. Die Normalen der Faces sollten alle in eine einheitliche Richtung
zeigen. Sind diese Kriterien erfüllt, ist von einem sauberen „Mesh“ die Rede.
Der Nachteil der Polygonmodellierung besteht darin, dass vollkommen runde Flächen
nicht erzeugt werden können. Allerdings kann durch die Verwendung vieler Polygone
die Approximation einer runden Fläche erreicht werden. Dies geht allerdings durch
die massive Anzahl benötigter Polygone zu Lasten der Geschwindigkeit (Abbildung
4.2).
Abbildung 4.2: Beispiel mit 10, 15 und 20 Subdivisions
Der Vorteil der Polygone beruht auf der schnelleren Darstellungsmöglichkeit von Objekten und Szenen im Vergleich zu „NURBS“ oder „Sub Division Surfaces“. Da die
Polygonmodellierung feinere Details zulässt, das Texturing einfacher vonstatten geht
und die Renderings sehr schnell fertig sind, ist sie die erste Wahl bei der Realisierung
von computeranimierten Filmen.
48
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.3 Modeling
4.3 Modeling
Vor der Erstellung des „Low Polygon“-Modells werden mit Hilfe von zwei „Polygon
Planes“ und den beiden orthogonalen Ansichten „front“ und „side“ zwei Referenzen
erstellt, anhand derer man sich bei der Erstellung des 3D-Meshes orientieren kann
(Abbildung 4.3). Diese werden anschließend auf einen „Display-Layer“ gelegt und
mittels der „Layer-Optionen“ gesperrt. Dies hat den Vorteil, dass die Planes nicht
mehr ausgewählt werden können und somit das Selektieren des 3D-Modells um ein
erhebliches Maß vereinfachen.
Abbildung 4.3: Einrichten der Imageplanes
Maya bietet verschiedene Möglichkeiten, ein „Low Polygon“-Modell zu realisieren. Der
nachfolgende Workflow erläutert die persönliche Vorgehensweise. Diese kann allerdings entsprechend den eigenen Vorlieben anderer Artists variieren.
In diesem Fall macht die Erstellung des Kopfes den Anfang. Als Grundobjekt wird ein
Würfel verwendet, der in Höhe, Breite und Tiefe drei Unterteilungen hat (Abbildung
4.4). Nun werden die einzelnen Vertices des Würfels so verschoben, dass die erste
grobe Grundform den beiden zuvor eingerichteten Referenzen entspricht.
Durch das Hinzufügen neuer Edges mit Hilfe des „Insert Edge Loop“-Tools oder dem
49
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.3 Modeling
„Split Polygon“-Tool wird das grobe Modell so lange verfeinert, bis es den erwünschten Detailgrad erreicht hat (Abbildung 4.5). Dabei sollte allerdings darauf geachtet
werden, dass es sich um ein Low-Poly-Modell handelt und dadurch die Polygonanzahl relativ gering sein sollte.
Abbildung 4.5: fertiger
Kopf
Abbildung 4.4: grober Würfel
„Low
Poly“-
Die Vorgehensweise bei dem Körper, bestehend aus Füßen, Beinen, Armen, Händen und Torso, ist ähnlich. Basierend auf einem Würfel, dem durch das „Insert Edge
Loop“-Tool in der Höhe sechs Unterteilungen hinzugefügt werden, unterscheidet er
sich vom Kopf in der Hinsicht, dass nur eine Hälfte modelliert und später mittels „Mirror Geometry“ einfach gespiegelt wird. Bei dem Kopf wäre diese Methode nur bedingt
möglich gewesen, da dieser eine leicht asymmetrische Form hat.
Nachdem die Vertices des Würfels wieder den Referenzen angepasst werden, beginnt erneut das Verfeinern des Modells durch das Hinzufügen von Edges mit Hilfe
der bereits genannten Tools.
Wichtiger Bestandteil beim Verfeinern des Modells ist das Erstellen von weiteren „Edge Loops“ entlang der Gelenke, was für eine sauberere Verformung im späteren Animationsprozess sorgt (siehe Abbildung 4.6). Nachdem die fertige Hälfte gespiegelt
ist, kann der Körper mit dem Kopf mit Hilfe des „Combine“-Tools verbunden werden.
Die beiden aufeinanderliegenden Kanten am Hals werden mit Hilfe des Merge-Tools
bearbeitet. Dabei werden die doppelten Vertices miteinander verschmolzen.
Die Erstellung der Hand erfolgt ebenfalls separat basierend auf einem Würfel. Mit
50
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.3 Modeling
Abbildung 4.6: Optimierung an den Gelenken
Hilfe des „Add Division“-Tools wird diesem Würfel ein Division-Level von zwei hinzugefügt. Die nachfolgenden Arbeitschritte sind bereits bekannt und bestehen aus der
Anpassung der Geometrie durch das Verschieben der „Vertices“. Anschließend wird
mit Hilfe des „Combine“- und des „Merge“-Tools die Hand mit der Körpergeometrie
verbunden.
Die weiteren Bestandteile des Charakters wie Augen und Brille entstehen auf die selbe Weise, basierend auf Primitiven. Zur Realisierung des Kittels wird das „Duplicate
Faces“-Tool verwendet. Mittels des „Paint Selection“-Tools werden die notwendigen
Faces der Körpergeometrie markiert und dann dupliziert. Der Kittel wird zu einem
späteren Zeitpunkt in ein nCloth-Objekt umgewandelt.
Abschließend zeigt dieses Kapitel in Abbildung 4.7 das fertige Modell des Konzepts
sowie den beiden anderen Stilen.
51
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.4 Mapping
Abbildung 4.7: Finale „Low-Poly“-Modelle
4.4 Mapping
Dieses Kapitel befasst sich mit dem Erstellen der UV-Map, häufig auch als TextureMapping bezeichnet. Hierbei besteht das Ziel in der Projektion des dreidimensionalen
Objekts auf eine zweidimensionale Fläche, die UV-Map. Diese dient schließlich dazu,
dem 3D-Modell mittels der U- und V-Koordinaten eine Textur zuzuweisen.
Die Kunst beim Texture-Mapping besteht darin, das 3D-Objekt möglichst verzerrungsfrei auf die zweidimensionale Fläche zu projizieren. Zudem spielt das Bestimmen der
Größe der einzelnen UV-Shells ein wichtige Rolle. Ein UV-Shell definiert sich dabei
als ein zweidimensionales Abbild einer zuvor erstellten dreidimensionalen Auswahl
von Polygonen. Die UV-Shell des Kopfes wird zum Beispiel größer dargestellt als die
der Beine oder die Schuhsohlen. Dies kommt daher, dass Bereiche wie der Kopf mehr
Details als die Beine oder gar die Schuhsohlen benötigen. Letztere sind zudem die
meiste Zeit nicht sichtbar.
Der erste Schritt besteht darin, dem 3D-Objekt ein Material zuzuweisen, dessen Farbkanal wiederum eine sogenannte Checker-Textur hinzugefügt wird. Diese Textur enthält ein schachbrettähnliches Muster, was optional in verschiedenen Farben eingefärbt ist oder dessen einzelne Felder nummerische- oder alphanummerische Ziffern
aufweisen. Der Sinn einer solchen Textur besteht darin, Verzerrungen frühzeitig zu
52
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.4 Mapping
erkennen und anschließend zu beseitigen.
Es muss ein sinnvoller Bereich des 3D-Objekts, wie zum Beispiel der Arm von der
Schulter zum Handgelenk markiert und mit Hilfe des „Create Planar Mapping“-Tools
ein „Shell“ bzw. UV-Mesh erstellt werden. Dieses UV-Mesh repräsentiert die selektierten Faces. An den Kanten der Auswahl, in diesem Fall der Schulter und dem Handgelenk, werden automatisch Schnittkanten erzeugt (Abbildung 4.8). Damit das projizierte Polygonmesh allerdings verzerrungsfrei entfaltet werden kann, benötigt es eine
weitere Schnittkante. Nach dem Markieren der notwendigen Edges wird mit Hilfe des
„Cut UVs“-Tools die Schnittkante erzeugt. Jetzt kann mittels des Unfold-Tools das
UV-Mesh entfaltet werden. Extreme Verzerrungen sollten nun verschwunden sein.
Für die Optimierung kann nun das Unfold-Tool in Kombination mit den „UV-“ oder
„Edge-Pinning“-Optionen oder das „Relax UV“-Tool verwendet werden.
Abbildung 4.8: Beispiel für eine Schnittkante
Die Vorgehensweise und die verwendeten Tools bleiben bei den weiteren Shells wie
Oberkörper oder Beinen gleich. Das Ergänzen sinnvoller Schnittkanten ist notwendig, damit ein sauberes UV-Mesh entsteht. Beispiele hierfür sind die Innenseiten der
Beine oder die der Arme, die durch den Rumpf selten gesehen werden. Der Grund
für diese verdeckten Schnittkanten ist optischer Herkunft, denn diese Stellen werden
53
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.5 High Polygon Modelling
die meiste Zeit durch andere Körperteile verdeckt und eventuell vorhandene Seams
fallen demnach nicht so schnell auf.
Die fertige UV-Map des Doktors ist in Abbildung 4.9 zu sehen.
Abbildung 4.9: Die finale UV-Map
4.5 High Polygon Modelling
Zur Realisierung der „High Polygon“-Variante gibt es verschiedene Ansätze. Es besteht die Möglichkeit, das „Low Polygon“-Modell in einem Sculpt-Programm, wie zum
Beispiel ZBrush, zu bearbeiten oder mittels des in Maya integrierten „Sub Division
54
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.5 High Polygon Modelling
Modellings“ ein hochauflösendes Modell zu erstellen. Für die Diplomarbeit wird die
in der aktuellen Maya Version integrierte „Poly Smooth Preview“ verwendet. Diese
erlaubt es, das „Low Polygon“-Modell in einer detaillierteren Darstellung anzeigen zu
lassen. Durch das „Crease Edge“-Tool ist es möglich, bestimmte Kanten zu betonen
bzw. die Rundungen zu reduzieren (siehe Abbildung 4.10).
Abbildung 4.10: „Low“- und „High Polygon“-Variante
Der Vorteil dieser Variante liegt darin, dass zum einen das Texture-Mapping ohne weiteres von der „Low Polygon“-Variante übernommen werden kann. Zum anderen lässt
sich das „Low Polygon“-Modell hochauflösend darstellen und trotzdem recht einfach
animieren. Erst vor dem Rendering ist es notwendig, das „Low Polygon“-Modell in die
hochauflösende Darstellung zu konvertieren. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass
das bereits geriggte „Low Polygon“-Modell konvertiert wird, und somit das Erstellen
erneuter Skin-Weights entfällt.
55
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.6 Der Einsatz von nCloth
4.6 Der Einsatz von nCloth
Für die Darstellung des Arztkittels wird das nCloth-System aus Maya verwendet. Dafür wird die gewünschte Geometrie in ein nCloth-Objekt umgewandelt. Dabei ist eine
hohe Auflösung des Meshs wichtig, um ein möglichst reales Verhalten simulieren zu
können. Zusätzlich wird ein passives Objekt, in diesem Fall der Charakter, benötigt,
der als Kollissionsobjekt für das nCloth-Objekt dienen soll. Durch den Befehl „Create
Passive“ wird aus dem Charakter ein „Rigid Body“. Abbildung 4.11 zeigt das „nCloth“Objekt in Aktion.
Abbildung 4.11: Finales nCloth in Aktion
Das „nCloth“-System bietet eine Vielzahl von Parametern, die dazu dienen, jede erdenkliche Art von Material zu simulieren. Zu den wichtigen Attributen zählen neben
der Stretch, Compression und Bend Resistance, die Masse (Mass) sowie die Deform Resistance. Während die ersten drei Attribute die Resistenz der genannten Eigenschaft mit steigendem Wert erhöhen, definiert Mass die Gewichtung des ClothObjekts. Die Deform Resistance beeinflusst, wie stark sich das Objekt ausgehend
von der Ursprungsform verformt.
56
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.7 Texturing und Shading
Für den späteren Animationsprozess ist der „Set Initial State“-Befehl wichtig. Da sich
die Position und Haltung des Charakters zum nCloth-Objekt unterscheiden, ist es
notwendig, das nCloth-Objekt in der Bindpose des Charakters zu simulieren und allmählich in die Startposition des Walkcycles zu überführen. Hat dies funktioniert, kann
der „Initial State“ gesetzt werden und die Keys für die Bindpose wieder gelöscht werden. Zusätzlich kann es hilfreich sein, mittels nConstraints Kragen und Ärmelenden
an den „Rigid Body“ zu pinnen. Sonst kann es zu Problemen bei den späteren Animationen führen. Zusätzlich sollte auf die Auflösung der Meshes geachtet werden. Ein
zu stark aufgelöstes Mesh führt wie ein zu gering aufgelöstes Mesh zu Problemen
bei der Simulation der Objekte.
4.7 Texturing und Shading
Die Realisierung der Shader geschieht mittels Slim. Dabei handelt es sich um ein
Tool, das im „Renderman Studio for Maya“-Paket enthalten ist. Mit Slim ist es möglich,
Shader, ähnlich wie im Hypershade von Maya, nodebasiert zusammenzustellen. Optional kann die Erstellung der Shader mit Hilfe der „Renderman Shading Langugae“
programmiert werden. Für die Diplomarbeit werden die Shader mittels der Benutzeroberfläche von Slim erstellt.
Bevor ein neuer Shader in Slim erstellt werden kann, muss eine neue Palette erstellt
werden. In dieser Palette kann nun ein Shader durch Hinzufügen verschiedener Nodes realisiert werden.
Für den Charakter werden zwei Shader verwendet. Bei dem ersten handelt es sich
um einen „Deluxe Shader“. Diesem können eine Vielzahl neuer Nodes in Form von
Attributen zugewiesen werden. Im Fall der Diplomarbeit sind dies ein „Subsurface
Scattering“-Node und ein „Maya Image Node“. Letztere wird benötigt, um die zuvor
in Photoshop erstellte Textur inklusive des UV-Layouts dem Shader zuzuweisen. Ein
normaler „Image Node“ führt dazu, dass das UV-Layout deplaziert ist und somit zu
einem unsauberen Ergebnis führen würde. Der „Subsurface Scatter Node“ sorgt dafür, dass die betroffenen Objekte oder Flächen einen wächsernen Look bekommen
und dementsprechend plastischer wirken. In diesem Fall wird der Shader für den Kopf
verwendet.
Der zweite Shader besteht aus einem „Blinn Node“, dem ebenfalls ein „Maya Image
Node“ zugewiesen wird. Dieser Shader wird für den Körper des Charakters verwendet. Einstellungen wie Reflectivity und Eccentricity werden auf ein Minimum reduziert.
Der Shader für die Brille ist genau so aufgebaut wie der Shader für den Körper. Lediglich die Attribute des Shaders werden nicht auf ein Minimum reduziert. In Abbildung
4.12 ist das Shadingnetwork des Shaders für die Brille zu sehen.
57
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.8 Zusammenfassung
Abbildung 4.12: Shading-Network in Slim
Die in Slim fertig gestellten Shader können letzendlich der Maya-Szene und anschließend der Geometrie hinzugefügt werden.
4.8 Zusammenfassung
Der erste Teil dieses Kapitels befasst sich mit der Erstellung des 3D-Modells basierend auf dem im vorherigen Kapitel entwickelten Konzept. Das Kapitel beginnt mit
einer kurzen Einführung in die Theorie der Polygonmodellierung. Dabei werden die
Vor- und Nachteile dieser Technik erwähnt.
Im nachfolgenden Kapitel geht es dann um die Umsetzung des dreidimensionalen
„Low Polygon Meshs“. Hierfür werden zuerst zwei Referenzen erstellt, anhand derer
man sich im Programm an den Konzeptzeichnungen orientieren kann. Mit Hilfe der
in Maya vorhandenen Tools entsteht nach und nach der Charakter. Da dieser später animiert werden soll, muss bereits bei der Modellierung darauf geachtet werden,
dass an den Gelenken zusätzliche „Edge-Loops“ erstellt werden. Dies führt dazu,
58
Kapitel 4 Umsetzung in 3D
4.8 Zusammenfassung
das diese Stellen bei der späteren Animation besser dargestellt werden. Die Erstellung des „High-Polygon-Modells“ wird ebenfalls betrachtet und es wird zusätzlich auf
die Vorteile dieser Variante eingegangen.
Auf den Prozess des „Texture-Mappings“ wird im darauffolgenden Unterkapitel eingegangen. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, das dreidimensionale Geometrie auf
eine zweidimensionale Fläche projiziert. Dies ist notwendig, damit später per U- und
V-Koordinaten eine Textur auf die Geometrie gelegt werden kann. Wichtig ist es dabei,
sinnvolle Schnittkanten zu setzen und ein möglichst sauberes und verzerrungsfreies
UV-Mesh zu erstellen.
Abschließend wird in diesem Kapitel auf die Erstellung der Shader mittels Slim eingegangen. Im Einzelnen werden die verwendeten Shader und Nodes genannt, die bei
der Erstellung verwendet werden.
Mit dem fertigen 3D-Modell kann nun in Kapitel 5 die Erstellung des Rigs und Realisierung der Animation fortgesetzt werden.
59
Kapitel 5
Rigging und Animation
5.1 Einleitung
Das fünfte Kapitel befasst sich mit der Erstellung des „Custom Rigs“. Ein „Custom
Rig“ ist ein Konstrukt aus Handles, die entweder aus Primitiven oder Kurven bestehen. Durch das Manipulieren dieser Handles (Hilfskurven) in Form von Translation
oder Rotation wird das 3D-Modell bewegt und letztendlich animiert. Im Kern besteht
ein Rig aus einer Joint-Hierarchie. Darüber hinaus kann ein „Custom Rig“ Komponenten wie „Forward“ und „Inverse Kinematics“, „Driven Key“-Animationen, „Blend Shapes“, „Cluster“, „Expressions“ und „Constraints“ enthalten. Die Bedeutung der einzelnen Komponenten wird im einzelnen in den nachfolgenden Kapiteln näher erläutert.
Nach der Fertigstellung des Rigs und der Blendshapes wird das „Custom Rig“ per
„Smooth Bind“ mit dem 3D-Modell verbunden. Anschließend werden die „Skin Weights“
optimiert, die die Abhängigkeit zwischen den einzelnen „Vertices“ und „Joints“ definieren.
Der letzte Teil des Kapitels befasst sich mit der Erstellung der Animationen. Das Ziel
dieses Kapitels ist die Realisierung eines individuellen „Walkcylces“ für die beiden
adaptierten Stile. Ergänzt wird dies durch die Verwendung von Blendshapes und einer
Animation des Konzept-Charakters.
5.2 Rigging
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, dient das „Custom Rig“ dazu, das 3D-Modell
mithilfe von Handles zu animieren. In der Regel wird ein „Custom Rig“ an die Bedürfnisse des zu animierenden Charakters angepasst und mit der entsprechenden
Funktionalität ergänzt, die ein Artist beim späteren Animationsprozess des Charakters benötigt.
60
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.2 Rigging
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen „Biped“- und „Quadruped“-Charakteren.
Ein „Quadruped“ wird für das Animieren von Lebewesen verwendet, die sich auf vier
Beinen fortbewegen. Das „Biped“ findet Verwendung bei der Erstellung eines Charakters, der sich auf zwei Beinen fortbewegt.
Ein gängiges „Custom Rig“ besteht meist aus einer Kombination von „Forward“- und
„Inverse Kinematic“-Komponenten. Die Funktionsweise der „Forward Kinematics“ erfolgt über die Rotation der Joints. Diese Methode ist sehr intuitiv und erfordert eine sehr gute visuelle Auffassung. Denn das Positionieren einer Hand erfordert zuerst das Rotieren des Schulter-Joints und des in der Hierarchie darunter liegenden
Ellenbogen-Joints.
Die häufiger verwendete Methode ist die „Inverse Kinematic“. Diese verwendet ein
zielbasiertes System. Dabei wird der Arm zum Beispiel über das Bewegen des Handgelenks navigiert, während der Rest des Arms automatisch folgt.
Bei der „Inverse Kinematic“ existieren drei Arten von Solvern. Bei dem „ikRPSolver“
handelt es sich um den Standard und somit am meisten verwendeten Solver in Maya.
Er findet häufig Anwendung in „Jointchains“ wie Armen oder Beinen. Dabei kann die
Position des Knies oder Ellbogens über die „Rotation Disk“ und den „Pole Vector“ des
„ikHandles“ beeinflusst werden.
Der „ikSCSolver“ ist die zweite Variante der „Inverse Kinematic Solver“. Der „Single
Chain IK Solver“ findet oftmals in Jointketten wie dem Fuß Verwendung, da eine Rotation der „Jointchains“ in diesem Fall nicht notwendig ist. Das Fehlen der „Rotation
Disk“ unterscheidet diesen Solver von dem „ikRPSolver“.
Der letzte Solver ist der „ikSplineSolver“. Dieser wird bei komplexen „Jointchain“Konstruktionen, wie zum Beispiel der Wirbelsäule, verwendet. Meist werden hierbei
mehrere „Joints“ zusammen im selben Bereich zur selben Zeit animiert. Dabei werden die einzelnen „CVs“ („Control Vertices“) eines „Splines“ selektiert und für die Animation manipuliert. Dies geschieht durch Cluster, mit denen es durch einen „Constraint“ möglich ist, die „Control Vertices“ der „ikSPlineCurve“ zu beeinflussen.
Durch die Verwendung von „Constraints“ lassen sich zum Beispiel die Position, die
Orientierung oder die Skalierung eines Objektes durch ein anderes Objekt beeinflussen. Dadurch ist es möglich, Animationsprozesse zu automatisieren oder spezielle
Limits auf Objekte zu erstellen. Maya unterstützt eine Vielzahl verschiedener „Constraints“, welche im Lauf des Kapitels erwähnt werden.
61
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.2 Rigging
5.2.1 Vorbereitung
Die Erstellung der Hierarchie mittels des „Joint Tools“ ist der erste Schritt, bevor mit
dem Erstellen des Rigs fortgefahren werden kann. Dabei ist zu beachten, dass die
Joint-Hierarchie mit dem „Root Joint“ beginnt, der sich bei einem „Biped“ in der Hüftregion befindet. Die Reihenfolge, in der die einzelnen Jointchains wie Beine, Wirbelsäule, Arme oder Kopf erstellt werden, liegt im eigenen Ermessen und Workflow des
Artists. Zur Orientierung und richtigen Platzierung der „Joints“ dient das 3D-Modell als
Referenz. Dank dem „Mirror Joint“-Tool ist es möglich, die erstellten Arm- und Bein„Jointchains“ zu spiegeln. Abschließend sollten die einzelnen „Joints“ mit sinnvollen
Bezeichnungen versehen werden. Eine geläufige Benennung wird in Abbildung 5.1
dargestellt.
Abbildung 5.1: Sinnvolle Benennung einer Joint Hierarchie
Durch die Verwendung des „Orient Joint“-Tools werden die einzelnen „Joints“ orientiert. Dieser Vorgang ist für das einwandfreie Funktionieren der Rotationsachsen notwendig. Zudem sollte darauf geachtet werden, dass wie in Abbildung 5.2 die y-Achse
entlang der „Spine“ in ein und dieselbe Richtung zeigen. Sollte dies nicht der Fall
62
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.2 Rigging
sein, müssen diese „Joints“ dementsprechend korrigiert werden. Das Auslassen dieses Vorgangs führt dazu, dass die „Jointchains“ verschiedene Vorzeichen im Graph
Editor aufweisen, was wiederum zu Verwirrung und einem komplizierteren Animationsprozess führen kann.
Abbildung 5.2: Finale Orientierung der Joints
Den erstellten Display-Layern (Abbildung 5.3) werden später die einzelnen „Control
Curves“ und unwichtigen Komponenten wie „ikHandles“ oder „Cluster“ zugewiesen.
Letztere werden mithilfe der Layeroptionen ausgeblendet, was eine bessere Übersicht gewährleistet.
63
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.2 Rigging
Abbildung 5.3: Strukturierung durch Layer
5.2.2 Das „Custom Rig“
Dieses Kapitel befasst sich mit dem Erstellen der einzelnen Komponenten des „Custom Rigs“ und geht dabei detailliert auf die verschiedenen Arbeitschritte ein. Wie
bei der „Joint-Hierarchie“ ist es auch beim Prozess des Riggens sinnvoll, alle neu
erstellten Komponenten mit einer sinnvollen und einheitlichen Namenskonvention zu
benennen.
5.2.2.1 Bein-Setup
Das Beinsetup besteht aus einer Kombination mehrerer „ikHandles“,´einem „Reverse
Foot Lock“ sowie diverser Constraints. Mittels des „ikRPSolvers“, der zwischen dem
Hip- und Ankle-Jointchain erzeugt wird, bewegt man später das Bein. Der „Reverse
Foot Lock“ (Abbildung 5.4), der aus einer weiteren „Joint-Hierarchie“ besteht, wird
mittels des „Parent“-Befehls mit dem zuvor erzeugten „ikHandle“ verbunden. Die Aufgabe dieser zusätzlichen Joint-Hierarchie besteht darin, das Abrollen des Fußes zu
realisieren. Zwei weitere Orient-Constraints für den „Ball-“ und „Toe-Joint“ des Fußes sorgen dafür, dass diese sich beim Bewegen des Fußes richtig verhalten und
entsprechend dem „Reverse Foot Lock“ folgen.
Anschließend wird die „Foot Control Curve“ erstellt. Diese wird mit dem „Root Joint“
des „Reverse Foot Locks“ durch ein „Parent-Constraint“ verbunden. Anschließend
64
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.2 Rigging
Abbildung 5.4: Rot: „Reverse Foot Lock“
wird der „Control Curve“ ein Attribut hinzugefügt, mit dem das Abrollen des Fußes
gesteuert werden kann. Mit Hilfe der „Set Driven Key“-Methode und einem neuen
Attribut wird im späteren Animationsprozess das Abrollen des Fußes realisiert.
Für die Kontrolle des Knies wird eine „Knee Control Curve“ erstellt, die mittels eines
„Pole Vector Constraints“ die Position des Knies beeinflussen kann. Abschließend
wird der „Knee Control Curve“ ein „Knee Lock“-Attribut hinzugefügt. Das Aktivieren
bzw. Deaktivieren des „Knee Lock“ geschieht mittels einer „Driven Key-Animation“.
Bei aktiviertem „Knee Lock“ folgt die „Control Curve“ dem „Root Joint“ des „Reverse
Foot Lock“, während bei einem deaktiviertem Status die „Control Curve“ an Ort und
Stelle verweilt. Dadurch soll ein „Snappen“ der „Jointchain“ beim Animieren der Beine
vermieden werden.
Zum Schluss werden alle überflüssigen Attribute, aus Gründen der Übersicht, mit
Hilfe von „rig101 LocknHide“ [14], einem simplen Skript, gesperrt und unsichtbar gemacht.
65
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.2 Rigging
5.2.2.2 Spine-Setup
Das Setup der Wirbelsäule basiert auf einem „ikSpline Handle“. Dabei handelt es sich
um eine „Curve“, deren „Control Vertices“ die einzelnen „Joints“ beeinflussen. Dieser
„ikSpline Handle“ wird zwischen dem „Hip-“ und dem letzten „Spine Joint“ erstellt.
Anschließend wird jedem CV der Curve ein Cluster zugewiesen, damit eine Kontrolle
der „SplineCurve“ möglich ist (Abbildung 5.5).
Abbildung 5.5: Darstellung der Cluster
Diese Cluster werden nun per „Point Constraints“ mit den zuvor erstellten „Control
Curves“ verbunden und anschließend die verschiedenen „Control Curves“ per ParentBefehl der „Hip Control Curve“ zugewiesen. Zuletzt wird ein „Parent Constraint“ zwischen der „Hip Control Curve“ und dem „Root Joint“ erstellt. Mittels des „Connection
Editors“ wird der „Chest Control Curve“ noch ein weiteres Attribut hinzugefügt, welches mittels des „Connection Editors“ mit dem „Twist“-Attribut des „ikSpline Handles“
verbunden wird. Dadurch ist das Rotieren der Brust durch die Rotation der „Chest
Control Curve“ möglich.
66
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.2 Rigging
Zum Schluss werden die „Cluster“ und „ikHandles“ dem „unUsed“ Layer und die „Control Curves“ dem „upperControl“ Layer zugewiesen. Die „Control Curves“ der „Upper
Control“ sind in Abbildung 5.6 noch einmal grafisch dargestellt.
Abbildung 5.6: Upper Control Setup
Das „ikSetup“ für den Kopf besteht aus einer simplen Konstruktion. Ein „ikSCsolver“
wird per Parent-Befehl einer „Control Curve“ zugewiesen, mit der wiederum der „Neck
Joint“ kontrolliert werden kann.
5.2.2.3 Arm-Setup
Das Arm-Setup besteht aus einer Kombination von „Inverse“ und „Forward Kinematics“. Durch ein boolsches Attribut kann zwischen den beiden Varianten je nach Verwendung gewechselt werden.
Das „ikSetup“ besteht aus zwei „ikRPsolvern“, wobei der erste die Schulter und der
zweite das Bewegen des Arms ermöglicht. Zur Gewährleistung der Rotation des „Forearm Joints“ muss man sich allerdings eines kleinen Tricks bedienen. Ein direktes
Setzen der Jointchain zwischen Shoulder- und Wrist-Joint führt dazu, dass der „Forearm Joint“ gesperrt ist und somit nicht mehr rotiert werden kann. Aus diesem Grund
wird die „Jointchain“ zwischen „Shoulder“ und „Forearm Joint“ erstellt und nachträglich der „Endeffector“ verschoben. Dies geschieht, indem man über den Hypergraph
67
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.2 Rigging
den „EndEffector Node“ auswählt und anschließend mit dem Move-Tool auf den „Wrist
Joint“ snappt (siehe Abbildung 5.7). Nun lässt sich der Arm über den zweiten „ikChain“ bewegen und die Rotation des „Forearm Joints“ ist ebenfalls möglich. Die beiden „ikHandles“ werden nun wieder per „Point Constraint“ mit den entsprechenden
„Control Curves“ verbunden. Ein „Pole Vector Constraint“ in Kombination mit einer
„Elbow Control Curve“ ermöglichen das Positionieren des Ellbogens.
Abbildung 5.7: Optimieren des Endeffectors
Die „Control Curve“, die dem „Wrist Joint“ hinzugefügt wird, dient zum einen als Handle, um die Rotation der Hand zu bestimmen. Zudem werden dieser „Control Curve“
die Attribute für den „fkikSwitch“ und die diversen „Driven Key“-Animationen der Finger zugewiesen. Diese „Driven Key“-Animationen umfassen Zum Beispiel das Greifen
eines Gegenstandes oder das Ballen zu einer Faust.
Zusätzlich wird dem „Forearm Joint“ eine Expression zugewiesen, die dafür sorgt,
dass beim Rotieren der x-Achse der „Wrist Control Curve“ der „Forearm Joint“ um
einen bestimmten Faktor mit rotiert (Abbildung 5.8).
Der zweite Teil des Arm-Setups besteht aus den „Forward Kinematics“ die über das
Rotieren der einzelnen Joints realisiert wird. Allerdings werden diese Joints aus Grün-
68
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.2 Rigging
Abbildung 5.8: Erstellung der „Expression“
den der Übersicht über zuvor erstellte „Control Curves“ kontrolliert. Anschließend werden die „Control Curves“ durch ein „Point Constraint“ mit den entsprechenden Joints
verknüpft.
Zur Vervollständigung des Arm-Rigs werden noch „Parents“ bzw. „Parent Constraints“
zwischen den „Control Curves“ erstellt, damit beim Rotieren der Schulter oder des
Ellbogens der Ellbogen bzw. das Handgelenk entsprechend folgen.
5.2.2.4 Fertigstellung des „Custom Rigs“
Mittels der „Global Control“ wird das spätere Positionieren, Rotieren sowie Skalieren
des „Custom-Rigs“ möglich. Dazu müssen lediglich alle Control-Curves selektiert,
gruppiert und letztendlich die Gruppe benannt werden. Weitere Gruppierungen entstehen für die „Joint Hierarchie“ und die „ikHandles“. Nun werden die neu erstellten
69
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.2 Rigging
Gruppen nacheinander durch einen „Parent-“ und „Scale Constraint“ mit dem „Global
Control Node“ verbunden.
Zuletzt werden die nicht mehr benötigten Attribute der „Control Curves“ gesperrt und
versteckt. Dadurch wird eine bessere Übersicht gewährleistet. (Abbildung 5.9)
Abbildung 5.9: Sperren und Verstecken von Attributen
5.2.3 Blendshapes
Blendshapes stellen eine relativ schnelle und einfache Art dar, Gesichtsanimationen,
wie zum Beispiel Emotionen, zu realisieren. Dazu wird in diesem Fall der Kopf des 3DModells mehrmals dupliziert. Mit Hilfe des „SoftMod“-Tools lässt sich die Geometrie
relativ einfach und intuitiv bearbeiten und den Wünschen entsprechend anpassen.
Nachdem eine Auswahl von Blendshapes (Abbildung 5.10) generiert ist, werden diese der ursprünglichen Kopfgeometrie zugewiesen.
Diese einzelnen Blendshapes lassen sich letztendlich über den „Attribute Editor“ oder
per „Blendshape Window“ separat oder in Kombination aufrufen.
70
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.2 Rigging
Abbildung 5.10: Die Blendshapes
71
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.2 Rigging
5.2.4 Skin Weights
Der Prozess des „Skin Weigtings“ dient dazu, die Gewichtung der einzelnen „Vertices“, die durch die „Joints“ beeinflusst werden, anzupassen. Dabei wird auf der 3DGeometrie mittels Schwarz-, Weiß- und Grauwerten bestimmt, welcher Joint auf welche Vertices Einfluss hat. Dieser Vorgang ist notwendig, da beim Binden der Geometrie an die Joints häufig Vertices von falschen Joints beeinflusst werden, was zu unerwünschten Deformationen führen kann. Diese werden mit Hilfe der „Skin Weights“
korrigiert.
Abbildung 5.11: Modell mit „Skin Weights“
72
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.3 Animation
5.3 Animation
Der zweite und letzte Teil dieses Kapitels befasst sich mit der Animation. Neben einem
kurzen Überblick der Animationstheorie befasst sich das Kapitel letztendlich mit der
Erstellung des Walkcycles und der Blendshape-Animationen.
In der Theorie gibt es grundsätzlich verschiedene Ansatzmöglichkeiten zur Realisierung von Animationen. Im Fall der Diplomarbeit wird die „Pose to Pose“-Animation verwendet. Diese aus dem Zeichentrick stammende Technik verwendet eine Art Schlüsselbildverfahren. Dabei werden lediglich die Schlüsselbilder gezeichnet, während dazwischen eine Art Interpolation stattfindet.
Für die Erstellung des Walkcycles werden Referenzen verwendet. Anhand dieser Referenzen lassen sich die Schlüsselposen der verschiedenen Stadien des Cycles ausmachen, die als spätere Keyframes in der Animation dienen.
5.3.1 Umsetzung
Für die Realisierung der Animation werden 25 Frames benötigt. Dabei stellen Frame
1 und Frame 25 ein- und dieselbe Schlüsselpose dar. Beim späteren Loopen der
Animation wird lediglich Frame 25 abgeschnitten, damit ein sauberer Übergang und
somit ein flüssiges Ergebnis erreicht wird.
Abbildung 5.12: Walkcycle: Positionierung der Füße
73
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.3 Animation
Der allgemeine Workflow zur Erstellung eines Walkcycles beginnt mit einer groben Erstellung der einzelnen Schlüsselposen. Zu Beginn fokussiert sich die Erstellung des
Cycles auf die fünf Schlüsselpositionen der Beine und Hüfte. Jede der fünf Schlüsselpositionen ist einem Stadium des Walkcycles zugeordnet. Diese lauten Contact
(F1/F25), Down (F4/F16), Passing (F7/F19), Peak Point (F10/F22) und Contact (F13).
In Abbildung 5.12 wird dies noch einmal anschaulich dargestellt.
Nach der Erstellung des groben Ablaufs kann mit der Verfeinerung der Animationskurven fortgefahren werden. Dies geschieht mit Hilfe des „Graph Editors“. Dabei werden
zu Beginn die Anfangs- und Endtangenten für ein sauberes Loopen geglättet.
Ein weiterer Punkt in dieser Phase ist das Erzeugen von Gewicht. Dies ist besonders
wichtig, um eine glaubwürdige Animation zu erschaffen. Ein Beispiel hierfür ist das
Heben und Senken der Füße während eines Schritts. Die Aufwärtsbewegung des
Fußes geschieht langsam und träge, wohingegen das Senken und Platzieren des
Fußes schneller und schwerer stattfindet.
Nach einem ansprechenden Ergebnis der Bein- und Hüftanimationen wird mit der Anpassung der Oberkörper- und Armanimationen fortgefahren (Abbildung 5.13). Dabei
wird sich an den Stadien der Beine orientiert und die Arme vorerst grob angepasst.
Im „Graph Editor“ werden anschließend wieder die Animationskurven optimiert. Dabei ist zum Beispiel auf das Nachschwingen des Unterarms zu achten, was für mehr
Gewicht und eine glaubhafte Animation notwendig ist.
Abbildung 5.13: Walkcycle: Positionierung der Arme
74
Kapitel 5 Rigging und Animation
5.4 Zusammenfassung
5.4 Zusammenfassung
Zu Beginn befasst sich Kapitel 5 mit der Erstellung des „Custom Rigs“. Dabei werden
die einzelnen Komponenten, wie „Inverse“ und „Forward Kinematic“, „Constraints“
oder „Blendshapes“ erwähnt und im Detail erläutert. Zudem wird auch der theoretische Teil berücksichtigt und darauf hingewiesen, dass gerade das Beibehalten der
Übersicht durch das Erstellen von Layern und eine einheitliche Namenskonvention
von hoher Bedeutung sind.
Bei der Umsetzung wird dann im einzelnen auf die diversen „Jointchains“ wie Beine
und Arme eingegangen und deren Funktionsweise näher erläutert. Abschließend wird
auf die Erstellung der „Blendshapes“ und der „Skin Weights“ eingegangen.
Im zweiten Abschnitt des Kapitels wird die Erstellung der Animationen dargestellt. Im
Kern wird die Realisierung des Walkcycles erläutert. Zuvor wird dieser Abschnitt mit
einer kurzen theoretischen Einführung eingeleitet.
Mit der Fertigstellung der Animationen und dem finalen 3D Modell aus Kapitel 4
kann nun im nachfolgenden Kapitel mit dem Rendering und Lighting fortgefahren
werden.
75
Kapitel 6
Rendering
6.1 Einleitung
Im letzten Kapitel der Diplomarbeit liegt der Fokus auf dem Lighting und anschließenden Rendering. Bei einem Rendering wird die fertige Szene unter Beachtung
verschiedener Parameter und Komponenten wie Lichtern, Shadern und Geometrie
berechnet. Dies kann in einem Einzelbild oder einer Folge von Bildern geschehen.
Mit Hilfe eines Videobearbeitungsprogramms lässt sich aus der Folge von Bildern eine Sequenz erstellen. Aus einer Folge solcher Sequenzen entsteht anschließend ein
Animationsfilm. Für das finale Erscheinungsbild eines Renderings spielen mehrere
Faktoren eine Rolle. Grundlegend kann die Wahl des verwendeten Renderers einen
bestimmten Look erzeugen. Für die Realisierung des Animationsfilms wurde „Renderman Studio for Maya“ verwendet. Zudem wird unter anderem das Lighting, die
verwendeten Shader sowie die spezifischen Rendersettings wie „Sub Surface Scattering“ und „Depth of Field“ genauer betrachtet.
6.2 Lightsetup
Bevor der Prozess des Renderns gestartet und die Feineinstellungen der unterschiedlichen Render Settings vorgenommen werden können, wird zunächst das „Light Setup“ erstellt.
Dieses besteht aus einer Kombination von Lichtern. In diesem Fall ergänzen sich
mehrere „Point-“ und „Spot Lights“ in Kombination mit einem „Environment Light“.
Dieses sorgt mit einer reduzierten Intensität für eine gleichmäßige diffuse Beleuchtung. Zusätzlich wird mittels des „Occlusion Attributs“ eine Lichtsituation mit weichen
Schatten erzeugt, die für noch mehr Tiefe in der Szene sorgen.
76
Kapitel 6 Rendering
6.3 Settings
Die verschiedenen Settings der Intensität werden ebenfalls angepasst. Dies beschränkt
sich neben der Intensität beim Spotlight auf den „Cone Angle“ sowie „Penumbra Angle“ und „Drop Off“. Dabei beschreibt der „Cone Angle“ die Größe des Spots. Während „Penumbra Angle“ den linearen Lichtabfall an der äußeren Lichtkante definiert,
bestimmt der „Drop Off“ den Intensitätsabfall von der Lichtmitte zu den Kanten.
Für die finalen Renderings werden gewisse Settings des „Environment Lights“ angepasst. Während für die Testrenderings Sampleraten von 128 bzw. 256 verwendet
wurden, wird für das finale Rendering die Samplerate auf 1024 gesetzt und eine
maximale Variation von drei eingestellt. Die Anzahl der Samples gibt an, wie viele
Lichtstrahlen in die Hemisphäre losgeschickt werden. Je kleiner der Max-VariationWert, desto hochwertiger wird das Endergebnis. Die Erhöhung dieser Settings geht
allerdings zu Lasten der Renderzeit.
Mittels „Light Linking“ werden die einzelnen Lights den verschiedenen Geometrien zugeordnet. Dies ermöglicht eine bessere Kontrolle der einzelnen Lichter und hilft beim
Vermeiden von überstrahlten Objekten. Zudem muss sichergestellt werden, dass in
den Rendersettings „Raytracing“ aktiv ist. Dadurch werden neben Reflektionen auch
die Darstellung hochwertigerer Schatten möglich.
6.3 Settings
Mittels der „Depth of Field“-Settings der Kamera kann ein Unschärfe-Effekt erzeugt
werden. Dieser nimmt je nach Settings mit steigender Entfernung zur Kamera zu.
Hauptsächlich wird dieser Effekt dazu verwendet, Charaktere oder bestimmte Objekte
in den Fokus des Betrachters zu lenken, während der Hintergrund unscharf erscheint.
Zur Realisierung dieses Effekts werden die „Focus Distance“- und der „F-Stop“-Wert
der jeweiligen Kamera angepasst. Eine Alternative ist das Erzeugen von Unschärfe
im späteren Compositing-Prozess. Mit den vorhandenen Masken für die Charaktere
kann dieser Prozess zu einem hochwertigeren Ergebnis führen.
Durch das „Sub Surface Scattering“, welches bereits im Kapitel 4.7 kurz erwähnt wurde, kann eine plastisch wirkendere Oberfläche erzeugt werden, in der das Licht in die
obersten Schichten zu dringen scheint. Dabei sollte allerdings immer ein Kompromiss zwischen Qualität und Performance gefunden werden. Die wichtigen Attribute
sind hierbei „Albedo“ und der „Scattering Free Path“. Letzterer gibt an, wie viel Weg
das Licht in dem Objekt zurücklegt. „Albedo“ hingegen definiert, was unter der Haut
geschieht. So ist es möglich, durch das Zuweisen einer Textur im „Albedo“-Kanal Venen hinzufügen.
Für das finale Rendering werden abschließend einige globale Render-Settings von
Renderman eingestellt. Die „Shading Rate“ liefert mit kleinerem Wert ein zunehmend
77
Kapitel 6 Rendering
6.3 Settings
besseres Ergebnis. Dabei gibt dieser Wert Renderman vor, wie genau jedes einzelne
Micropolygon unter Beachtung des Shaders berechnet werden soll. Größere Werte
zwischen zehn und 20 sorgen dafür, dass nicht mehr alle Polygone berücksichtigt
werden, sondern nur noch interpoliert werden. Ein Micropolygon ist eine weitere Unterteilung eines Polygons. Wie in den nachfolgenden Abbildungen zu sehen ist, wirkt
sich das in dem Rendering darauf aus, wie scharf das Endergebnis und im besonderen die Texturen letztendlich dargestellt werden (Abbildung 6.1 und 6.2).
Abbildung 6.1: Shadingrate = 15
Abbildung 6.2: Shadingrate = 1
Die „Pixel Samples“ geben an, wie häufig der Renderer die Szene an jedem Pixel
neu berechnen soll. Zudem ist dieser Wert für das Antialiasing zuständig. Gerade bei
vielen kleinen Objekten spielen die Pixel Samples eine größere Rolle als die Shading
78
Kapitel 6 Rendering
6.3 Settings
Rate. Das führt allerdings wieder zu einer stärkeren Beinträchtigung der Performance. Im Fall der Diplomarbeit wird allerdings ein nicht allzu hoher Wert für die Pixel
Samples benötigt. Hier genügt ein Wert zwischen sechs bzw. zwölf je nach Ermessen vollkommen aus. In den Abbildungen 6.3 und 6.4 wird dies nochmal grafisch
dargestellt und verdeutlicht, dass kleinere Werte ein Rauschen im Bild veruraschen
können.
Abbildung 6.3: Pixel Samples = 1
Abbildung 6.4: Pixel Samples = 9
79
Kapitel 6 Rendering
6.4 Zusammenfassung
Abbildung 6.5: Finales Rendering
6.4 Zusammenfassung
Dieses letzte Kapitel der Diplomarbeit schließt mit dem Thema Rendering und Lighting ab. Dabei handelt es sich um die Berechnung der fertigen Szene unter der Berücksichtigung der verschiedenen Parameter. Neben der Verwendung der verschiedenen Lichtern unter Berücksichtigung der spezifischen Attribute wird ebenfalls auf
die Render-Settings für das finale Rendering eingegangen. Zusätzlich werden noch
spezielle Eigenschaften wie „Depth of Field“ und „Sub Surface Scattering“erklärt. Ziel
ist dabei ein optimales Ergebnis aus Qualität und Performance beziehungsweise Zeit
zu erlangen.
80
Kapitel 7
Fazit
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit der Analyse stilisierter Charaktere basierend auf Comics und einer Auswahl von 3D-Animationsfilmen. Dabei werden unter
anderem Aussagen von Scout McCloud aufgegriffen und genauer betrachtet. In einer
seiner Kernaussagen steht, dass ein Comic „zu räumlichen Sequenzen angeordnete,
bildliche oder andere Zeichen, die Informationen vermitteln und/oder eine ästhetische
Wirkung beim Betrachter erzeugen“ ist.
Ergänzt durch weitere Zitate geht die Diplomarbeit auf die einzelnen Aspekte und
Komponenten des Comics, wie zum Beispiel die Panelübergänge und Stilvarianten
eines Comics ein und erläutert deren Funktionsweise. Dabei fällt bei näherer Betrachtung auf, dass sich in den einzelnen Kulturen unter anderem Unterschiede und
Gemeinsamkeiten in der der Art und Weise der Erzählstrategien und Gestaltung entwickelt haben. Zudem haben sich unterschiedliche Stile und Themen in den verschiedenen Kulturen über die Jahre ausgeprägt und etabliert.
Die nachfolgende Analyse der verschiedenen 3D-Animationsfilme beschreibt unter
anderem den Übergang vom Comic als Medium in die bewegten Bilder. Dabei wurde
besonderer Wert darauf gelegt, eine Auswahl von möglichst unterschiedlichen Stilen
zu treffen. Im Hauptfokus liegt allerdings die Betrachtung der verschiedenen Charaktere, die die Basis für die Entwicklung und Umsetzung des eigenen Charakterkonzepts darstellen.
Es wird erkenntlich, wie der Comic als statisches Medium unter Verwendung der verschiedenen Komponenten Raum und Zeit erzeugt sowie Emotionen oder Atmosphäre vermittelt. Zudem wird geklärt, worin die Gemeinsamkeiten zwischen Comics und
Animationsfilmen liegen.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Konzeptions- und Entwicklungphase eines Charakter. Dazu werden die unterschiedlichen Aspekte bei der Ausarbeitung und
Realisierung eines Charakters erklärt und auf kleine Details eingegangen, die bei den
Betrachtern dazu verwendet werden, gewisse Reaktionen und Empfindungen zu erzeugen.
81
Kapitel 7 Fazit
Kapitel 7 Fazit
Das fertige Ergebnis des Konzepts stellt letztendlich einen fiesen Doktor dar, der
verschiedene gestalterische Komponenten, wie zum Beispiel den Mundschutz, verwendet, damit ein böser Charakter erzeugt wird.
Im nachfolgenden vierten Kapitel wird die Umsetzung des zuvor entwickelten Konzepts in den einzelnen Phasen der Produktionspipeline wiedergegeben. Diese umfasst neben dem Modeling und Texturing das Rigging und die Animation sowie das
finale Rendering inklusive Lighting.
In dieser Phase spielte die Planung und eine durchdachte Herangehensweise eine
wichtige Rolle. Gerade im Bereich der nCloth-Simulation traten gegen Ende der Diplomarbeit vermehrt Fehler auf, die durch gezielte Recherchen behoben wurden. Die
Problematik war ein zu hohes bzw. niedrig aufgelöstes Mesh, was bei der Kollision zu
Fehlern und unschönen Ergebnissen geführt hat.
Während der Entwicklung wurde unter anderem klar, warum in heutigen Produktionen
für jedes Themengebiet spezialisierte Artists verwendet werden, ganz unabhängig,
ob es sich nun um einen stilisierten oder real aussehenden Charakter handelt. Dies
liegt vor allem an der Komplexität der einzelnen Bereiche und dem damit verbundenen recht hohen Aufwand, sich auch in mehreren Gebieten sehr gute Kenntnisse und
Fähigkeiten anzueignen und diese weiter zu verbessern.
Mit Hilfe der Diplomarbeit konnten die Erfahrungen in den bereits bekannten Gebieten
wie Modeling und Mapping vertieft und weiterentwickelt werden. Darüber hinaus fand
zusätzlich eine gewisse Orientierung bezüglich neuer Interessengebiete wie Animation und Rendering, in diesem Fall durch Pixars Renderman, statt. Diese werden in
zukünftigen Projekten sehr hilfreich sein.
Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass die Diplomarbeit gerade im Bereich der
eigenen Planung neue Erkenntnisse gebracht hat. Dies umfasst in der organisatorischen Ebene den Projektplan und die Einhaltung der selbst erstellten Milestones.
Zusätzlich konnten Erkenntnisse im Bereich der Geschichte des Comic und der Entwicklung eines Charakterkonzepts gemacht und gerade im Bereich der Entwicklung
viele neue Erfahrungen und Kenntnisse gesammelt werden.
82
Literaturverzeichnis
[1] Polygon Modeling.
Stand: 01.06.08.
http://en.wikipedia.org/wiki/Polygonal_modeling,
[2] Polygon Modeling. http://en.wikibooks.org/wiki/Polygon_Modeling, Stand:
01.06.08.
[3] Wikipedia: Comic. http://de.wikipedia.org/wiki/Comic, Stand: 21.05.08.
[4] Liste, 3D Animationsfilme.
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_
Computeranimationsfilmen, Stand: 22.05.08.
[5] Making of Madagascar - Gone Wild. http://features.cgsociety.org/story_
custom.php?story_id=3030&page=2, Stand: 24.05.08.
[6] Making of Madagascar - Gone Wild. http://www.siggraph.org/programs/
archive/reports/conference/2005/articles/madagascar/?searchterm=
%20madagascar, Stand: 24.05.08.
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VII
Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis
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VIII
Anhang A
Anhang Eins
IX
Anhang A Anhang Eins
Anhang A Anhang Eins
Abbildung A.1: Akte Heinrich von Leidens
X
Anhang A Anhang Eins
Anhang A Anhang Eins
Abbildung A.2: Biografie Heinrich von Leidens
XI
Anhang B
Anhang Zwei
Abbildung B.1: Shot: Konzept
XII
Anhang B Anhang Zwei
Anhang B Anhang Zwei
Abbildung B.2: Shot: Incredible Stil
XIII
Anhang B Anhang Zwei
Anhang B Anhang Zwei
Abbildung B.3: Shot: Open Season Stil
XIV

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