Umfrage zur Mädchenbeschneidung in Deutschland
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Umfrage zur Mädchenbeschneidung in Deutschland
BERUF + POLITIK Umfrage zur Mädchenbeschneidung in Deutschland Eine gemeinsame Umfrage von BVF, UNICEF und Terre des Femmes soll die Lage von betroffenen Frauen verbessern und Behandlungsmöglichkeiten dokumentieren. Um ein umfassendes Bild zu erhalten, ist es wichtig, dass möglichst viele Frauenärzte den Fragebogen ausfüllen und einschicken. Noch ist das Thema Beschneidung für viele Gynäkologinnen und Gynäkologen hierzulande ein unbekanntes Terrain. Sprachbarrieren, Unsicherheit und Mentalitätsunterschiede kennzeichnen die schwierige Verständigung mit den betroffenen Frauen und deren medizinische Behandlung. Das Fortbildungsdefizit ist eklatant und bekannt – sowohl der Deutsche Ärztetag als auch die Bundesärztekammer haben mehrfach darauf hingewiesen. Mit dem Fragebogen zum Thema „Mädchenbeschneidung in Deutschland“, der bereits in der Januar-Ausgabe des FRAUENARZT veröffentlicht wurde, möchte der BVF nun gemeinsam mit UNICEF Deutschland und Terre des Femmes dieses Defizit abbauen helfen. Angeregt durch die bereits im Frühjahr 2001 von UNICEF Schweiz durchgeführte Umfrage unter mehr als 1.000 eidgenössischen Frauenärzten möchten wir nun erstmals in Deutschland die Lage von betroffenen Frauen und die Möglichkeiten der medizinischen Behandlung dokumentieren. Dazu brauchen wir Ihre Mithilfe. Wir möchten Sie Grausames Ritual Beschneidung 102 FRAUENARZT n 46 (2005) n Nr. 2 deshalb nochmals bitten, den Fragebogen auszufüllen und an die Geschäftsstelle des BVF zu faxen. Rund 2 Mio. Mädchen im Alter von 4 bis 14 Jahren werden jedes Jahr an ihren äußeren Geschlechtsorganen beschnitten. Insgesamt wird die Genitalbeschneidung in 28 Ländern Afrikas sowie einigen Staaten Asiens und des Mittleren Ostens praktiziert. 130 Mio. Mädchen und Frauen sind betroffen. Die Eingriffe reichen vom Einstechen und Abtrennen der Vorhaut der Klitoris bis hin zu ihrer vollständigen Amputation. In Eritrea, Somalia, Äthiopien und im Sudan ist die extremste Form der Beschneidung, genannt Infibulation (Fibula = Schilfrohr), stark verbreitet. Dabei werden die großen Labien entfernt und die Wundränder bis auf eine schilfrohrdünne Öffnung zugenäht. Die Auswirkungen dieses grausamen Rituals reichen bis nach Deutschland. Denn von den über 115.000 Afrikanerinnen, die hierzulande leben, stammen 50.000 aus Ländern, in denen Genitalbeschneidung üblich ist. Bei einer ärztlichen Behandlung sind die betroffenen Frauen mit drei Tabus auf einmal konfrontiert: Sie müssen nicht nur über Sexualität sprechen, sondern sich zugleich in einer fremden Sprache und einem fremden Kulturkreis verständlich machen. Die Gratwanderung zwischen medizinischer Aufklärung und der Gefahr, eine Patientin vor den Kopf zu sto- Füllen Sie bitte den Fragebogen aus, in: FRAUENARZT 1/2005, Seite 10 ßen, ist äußerst schwierig. „Es gibt sowohl die gut informierte Migrantin, die um eine Korrektur bittet, als auch Frauen, die sich über das Ausmaß ihrer eigenen Beschneidung nicht ganz im Klaren sind“, erklärt der Gynäkologe Dr. Christoph Zerm, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft „Frauengesundheit in der Entwicklungszusammenarbeit“ (FIDE). Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung etwaiger Folgekomplikationen seien deshalb medizinische Informationen und Einfühlungsvermögen jenseits von Mitleid oder Ablehnung. Auf internationaler Ebene wird die Beschneidung zunehmend geächtet. Sie ist mittlerweile in elf afrikanischen Staaten gesetzlich verboten, darunter Ghana, Senegal, Benin und Kenia. Auch in den beiden afrikanischen Chartas für Frauenrechte und für das Recht und Wohlergehen des Kindes wird die Tradition ausdrücklich verurteilt. Doch die Macht der Tradition ist häufig stärker als Gesetze und Konventionen. In Eritrea werden zum Beispiel noch immer knapp 90 Prozent aller jungen Mädchen und Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren beschnitten. Die Erfahrungen aus UNICEF-Programmen im Senegal belegen, dass Verbote nur dort wirksam sind, wo sie auch von den Dorfbewohnern selbst mitgetragen werden. Die langjährige Kooperation mit der einheimischen Organisation TOSTAN hat das westafrikanische Land zum Vorreiter im Kampf gegen die Beschneidung gemacht: Bereits über 1.400 Dörfer haben mit der Tradition gebrochen. Für diese erfolgreiche Aufklärungsarbeit wurde TOSTAN kürzlich von der Weltgesundheitsorganisation ausgezeichnet. Astrid Prange, UNICEF Deutschland