Hintergrundinformationen zu Ruanda

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Hintergrundinformationen zu Ruanda
Hintergrundinformationen zu Ruanda
Geographie
Ruanda ist ein kleiner, sehr dicht bevölkerter Staat in Ostafrika. Er grenzt an Burundi,
die Demokratische Republik Kongo, Uganda und Tansania. Ruanda lässt sich in drei
Großlandschaften unterteilen: Die (süd-)östliche Senke, das zentrale Hochplateau und
die Kongo-Nil-Wasserscheide, die sich im Westen entlang des Kivu-Sees von Nord nach
Süd erstreckt. Im Nordwesten erhebt sich die Kette der Virunga-Vulkane; der Karisimibi
ist mit 4 507 m der höchste Berg Ruandas. Ruanda wird auch »Land der tausend Hügel«
genannt. Das wechselfeuchte tropische Klima, durch die Höhenlage gemildert (mittlere
Tagestemperatur 18° C), weist zwei Regenzeiten und eine Trockenzeit auf.
Eine Besonderheit sind die vom Aussterben bedrohten Berggorillas in den VirungaVulkanen. Bekannt geworden sind sie durch den Film »Gorillas im Nebel« über das Leben
der US-amerikanischen Forscherin Dian Fossey mit den Berggorillas.
Ruanda – Blatt 1
Landeskundliche Fakten
Amtsprache: Kinyarwanda, Französisch, Englisch
Hauptstadt: Kigali; 800.000 Einwohner (zum Vergleich: Berlin 3 Mio.)
Staatsform: Präsidialrepublik
Staatsoberhaupt: Präsident Paul Kagame
Fläche: 26.000 km2 (Deutschland: 358.000 km2)
Einwohnerzahl: 9 Mio. (Deutschland: 83 Mio.)
Bevölkerungsdichte: 300 Einwohner pro km2 (Deutschland: 231)
Währung: Ruanda-Franc
Pro-Kopf-Einkommen/Jahr: circa 180 Euro (Deutschland: 27.253 Euro)
Unabhängigkeit: von Belgien am 1. Juli 1962
Ethnische Zugehörigkeit in Ruanda und in Burundi:
85 % Hutu,
14 %Tutsi,
1 % Twa.
Religionszugehörigkeit in Ruanda:
55 % katholische Christen,
38 % protestantische Christen,
5 % Muslime,
2 % andere.
Religionszugehörigkeit in Burundi:
65 % katholische Christen,
20 % traditional-afrikanische Religionen,
13 % protestantische Christen,
2 % Muslime.
Eckdaten Geschichte
1884–1916/18: Ruanda ist Teil der deutschen Kolonie »Deutsch-Ostafrika« (heute: Burundi,
Ruanda, Tansania).
1918–1962: Ruanda-Urundi wird Belgien vom Völkerbund (später von der UNO) als
Mandatsgebiet zugesprochen (Tansania geht an Großbritannien). Die Tutsi Minderheit
dominiert und regiert die Hutu Mehrheit.
1962: Unabhängigkeit von Ruanda und Burundi.
1962–1973: Erste Republik. Die Hutu Mehrheit übernimmt die Kontrolle. Massaker
an Tutsi, Vertreibungen von Tutsi, Flucht der Tutsi. Viele leben jahrzehntelang in den
Nachbarländern (Uganda, Burundi, Tansania und DR Kongo, auch Kenia).
1973–1994: Zweite Republik. Die sozialen Spannungen führen 1973 zu einem unblutigen
Militärputsch; Absetzung des ersten Präsidenten Kayibanda durch Generalmajor
Habyarimana (Hutu), der als Staatspräsident (Wiederwahl 1978, 1983 und 1988) ein
Einparteiensystem etabliert.
1. Oktober 1990: Die Ruandische Patriotische Front (RPF), vor allem Exil-Ruander
(Tutsi) aus Uganda, greifen Ruanda an, um militärisch die Rückkehr von Flüchtlingen
zu erzwingen. Die RPF besetzt Teile Nord-Ruandas. Versuch der Regierung mit der
Einführung des Mehrparteiensystems die innenpolitischen Spannungen zu mildern.
Unterdessen warnen muslimische Autoritäten vor ethnisch begründeter Gewalt und setzen
sich öffentlich für Gewaltlosigkeit ein.
Juli 1992: Internationale Verhandlungen erreichen einen Waffenstillstand.
4. August 1993: Unterzeichnung des Arusha-Friedensabkommens zwischen dem
Präsidenten von Ruanda, Habyarimana (Hutu) und der RPF, der Tutsi-Rebellenarmee.
Oktober 1993: Im Nachbarland Burundi wird der Präsident Ndadaye (Hutu) von Tutsi
ermordet, ein Bürgerkrieg zwischen Hutu und Tutsi beginnt.
Ruanda – Blatt 2
6. April 1994: Nach Verhandlungen zur Umsetzung des Arusha-Abkommens wird das
Flugzeug mit dem ruandischen Präsidenten Habyarimana und dem neuen burundischen
Präsidenten Ntaryamira (Hutu) in Ruandas Hauptstadt Kigali abgeschossen.
6. April – 15. Juli 1994: Die regierenden Hutu in Ruanda machen Tutsi-Rebellen für
den Anschlag verantwortlich und starten einen generalstabsmäßig geplanten und
durchgeführten Völkermord an den Tutsi. Innerhalb von 100 Tagen werden ca. 1 Mio. Tutsi
und oppositionelle Hutu ermordet. Nur 10 % der ruandischen Tutsi überleben, viele Dank
der Hilfe von Muslimen. Die RPF kämpft jetzt gegen das den Völkermord organisierende
Hutu-Regime. Die RPF erobert Stück für Stück ganz Ruanda.
4. Juli 1994: Die RPF übernimmt die Kontrolle über die Hauptstadt Kigali. Die RPF
übernimmt die Kontrolle, der Völkermord ist beendet. 2 Mio. Hutu fliehen in die
Nachbarländer aus Angst vor Racheakten der Tutsi.
19. Juli 1994: Die siegreiche RFP unter Führung von Paul Kagame setzt eine
Koalitionsregierung und den gemäßigten Hutu Pasteur Bizimungu als Staatspräsidenten
ein. Dieser bittet bei der Einsetzung des ersten muslimischen Ministers die Muslime
Ruandas »die anderen Ruander zu lehren, wie man zusammenlebt«.
1998: Beginn des Kongokriegs, an dem sich Ruanda beteiligt – offiziell, um dorthin
geflohene Reste der Hutu-Milizen zu verfolgen, aber auch, um sich an den kongolesischen
Bodenschätzen zu bereichern.
30. Juli 2002: Die Demokratische Republik Kongo und Ruanda schließen einen
Friedensvertrag, der u. a. den Rückzug der ruandischen Streitkräfte aus Kongo sowie die
Entwaffnung der Hutu-Milizen, die von Kongo aus in Ruanda militärisch operieren, regelt.
März 2000: Rücktritt von Staatspräsident Bizimungu; Kagame wird sein Nachfolger.
Mai – Oktober 2003: Präsidenten- und Parlamentswahlen: eine neue Verfassung wird per
Referendum angenommen. Durchführung der ersten freien Wahlen zum Staatspräsidenten
seit 1962. Kagame im Amt bestätigt. Bei den Parlamentswahlen im Oktober 2003, an denen
sich erstmals mehrere Parteien beteiligen konnten, gewann die seit 1994 herrschende und
von der RFP geführte Koalition.
Religionen, Sprachen
Schon seit der deutschen, vor allem aber seit der belgischen Kolonisation nach dem Ersten
Weltkrieg wurde das Land christlich missioniert, was zu einer Dominanz des in Belgien
vorherrschenden Katholizismus führte, dem kurz vor dem Völkermord etwa zwei Drittel der
Bevölkerung angehörten, gegenwärtig 55 %.
Protestanten, rund 38 %, sind durch verschiedene Kirchen vertreten (Anglikaner,
Presbyterianer, Adventisten, Methodisten und Baptisten). Zum Islam bekennen sich rund
5 % der Ruander. Auch charismatische Gruppen, Adventisten und viele neue Kirchen
(Wiedergeborene Christen und Erweckungskirchen) konnten sich seit dem Völkermord
ausbreiten.
Der einheimische Ahnen- und Ryangombe-Kult tritt zwar öffentlich nicht in Erscheinung,
wird jedoch neben den eben zitierten Religionen von einem beträchtlichen Teil der
Bevölkerung weiterhin praktiziert. Es handelt sich dabei ebenfalls um eine monotheistische
Religion mit einem Schöpfergott (Imana) und einer großen Persönlichkeit (Ryangombe), die
wie Jesus ein Mittler und irdischer Repräsentant Gottes war. Wegen der Ähnlichkeit dieser
beiden Figuren waren die Ruander leicht für den christlichen Glauben zu gewinnen.
Muttersprache nahezu aller Ruander ist die Bantu-Sprache Kinyarwanda. Circa 90 Prozent
der Einwohner beherrschen ausschließlich diese Sprache. Weitere offizielle Amtssprachen
sind Französisch (seit der belgischen Kolonialzeit) und (seit Mitte/Ende 1994) Englisch, vor
allem von aus Tansania und Uganda rückkehrenden Langzeitflüchtlingen eingeführt.
Ruanda – Blatt 3