Inhaltsverzeichnis
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n. 44 - Mai 2008 cTc - kommunion und kommunikation Inhaltsverzeichnis 1. Brief des Generalministers Br. José Rodríguez Carballo, ofm –Rom, Italien 3 2. Die Armut bei Klara von Assisi Br. Rafael Blanco Pérez, ofm – Rom, Italien 6 3. Die heilige Agnes von Prag und ihre Botschaft für das heutige Europa Sr. M. Agnes Alžbeta Dufferová, osc- Maria Enzersdorf, Österreich 17 4. Verbunden in der „Gnade des Ursprungs“ Die Minderbrüder und die Armen Schwestern: ein Orden oder zwei? (I Teil) Sr. Edith van de Goorbergh, osc – Megen, Niederlande 30 5. Die Klausur in unseren Tagen für die Töchter der hl. Klara Sr. Veronika Namoyo, osc - Lusaka, Zambia 6. Bekanntmachungen... 6.1 6.2 Italien 6.1.1 Versammlung der Präsidentinnen und Geistlichen Assistenten der Föderationen der Klarissen in Italien, die in Santa Maria degli Angeli, stattfand. 6.1.2 Einhundert Jahre französische Klarissen in Assisi 1908 - 2008 Aus den Philippinen 6.2.1 Eine Einladung – laut und klar für unsere Zeit Br. Bienvenido Baisas, ofm 44 48 48 51 52 1 cTc - kommunion und kommunikation 2 cTc - kommunion und kommunikation 1. Brief des Generalministers Rom, 8. April 2007 Ostern Prot.: 097831 AN DIE SCHWESTERN PRÄSIDENTINNEN DER FÖDERATIONEN OSC Liebe Schwestern Präsidentinnen OSC, »Der Herr sei allezeit mit euch! Seid auch ihr allezeit mit Ihm« (SegCl 16)! Vor etwa 800 Jahren offenbarte der Höchste dem hl. Franziskus, dass er »nach der Form des heiligen Evangeliums leben« solle. Franziskus ließ es »mit wenigen Worten und in Einfalt« niederschreiben, und »der Herr Papst« hat es ihm bestätigt (Test 14-15). Es sind also nun 8 Jahrhunderte vergangen, dass dies geschah und das evangelische Abenteuer begann. Wir Minderbrüder wollen dieses Jubiläum begehen, indem wir dankbar der Vergangenheit gedenken, leidenschaftlich die Gegenwart leben und uns vertrauensvoll der Zukunft öffnen (vgl. Novo millennio ineunte, 1). Darum haben wir ein Projekt erarbeitet - Die Gnade unserer Ursprünge -, um unserem Leben und unserer Sendung eine besondere Qualität zu geben, so dass wir »in schnellem Lauf; mit leichtem Schritt, ohne den Fuß anzustoßen ...« um so sicherer »den Weg der Gebote des Herrn gehen können (2Ag 12.15) und die Möglichkeit haben, auch in Zukunft »durch das befreiende Angebot des Evangeliums unsere gespaltene, ungerechte und nach Sinnerfüllung hungernde Welt zu 3 cTc - kommunion und kommunikation stärken, wie es Franziskus und Klara von Assisi zu ihrer Zeit getan haben« (Der Herr gebe euch Frieden, 2). Wir wissen, dass wir auf diesem drei Jahre währenden Weg mit den drei Etappen »Unterscheidung« (2006), »evangelisches Lebensprojekt« (2007) und »Feier unserer Berufung« (2008-2009) nicht allein sind. Zu den vielen Menschen, die uns dabei begleiten, gehört vor allem Ihr Schwestern der hl. Klara. Ich persönlich erfahre sehr intensiv Eure Präsenz and Begleitung auf dem Weg, den wir begonnen haben, um mit stärkerer und kreativerer Treue unser Lebensprogramm zu erfüllen (vgl. 2Agn 11). Ich bin mir klar bewusst, wie viel ich persönlich Euch verdanke und wie viel der Orden der Minderbrüder Euch verdankt. Ebenso bin ich mir der Verantwortung bewusst, die ich übernommen habe, nämlich »immer fleißig für Euch besorgt und auf eine besondere Weise um Euch bemüht zu sein« (TestKl 29). Seit dem Beginn unseres Jubiläumsweges habe ich gemeinsam mit dem Generaldefinitorium darüber nachgedacht, wie wir dieses Ereignis besser gemeinsam feiern können. lm Gebet und im Prozess der Überlegungen und aufgrund dessen, was ich von vielen Schwestern hörte, ist mir der Gedanke gekommen, eine Begegnung mit allen Präsidentinnen der Föderationen der Armen Schwestern der hl. Klara zu unterstützen. Die Idee ist der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und der Gesellschaften des Apostolischen Lebens vorgetragen und von dieser gern gebilligt worden. Mit diesem Brief lade ich daher alle Präsidentinnen der Föderationen der Armen Schwestern der hl. Klara zu einem Treffen ein, das in Assisi vom 26. Januar bis 6. Februar 2008 stattfinden soll. Sobald es uns möglich ist, schicken wir Euch ein detailliertes Programm und genauere Informationen, um nach Assisi kommen zu können. Heute möchte ich nur mitteilen, dass 4 cTc - kommunion und kommunikation der 26. Januar der Tag der Ankunft und der 6. Februar der Tag der Abreise sein soll. Während der gesamten Dauer der Begegnung wird eine Simultanübersetzung in Englisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch und Deutsch angeboten. Schließlich bitte ich Euch, das beiliegende Anmeldeformular auszufüllen und es möglichst bald per Post oder Fax (+39 06 632247) an das Ufficio „Pro Monialibus” der Generalkurie in Rom zu schicken. Liebe Schwestern Präsidentinnen, ich bin überzeugt, dass diese Begegnung eine Zeit der Gnade für Euch und uns sein wird, eine Zeit, die uns helfen wird, in der Treue zum Evangelium, das für uns gemeinsam »Regel und Leben« ist (NbReg 1,1; RegKl 1,2), zu wachsen. Für Euch alle erbitte ich den Segen des Herrn, unseres Vaters, des hl, Franziskus, und unserer Mutter, der hl. Klara. Mit brüderlichem Gruß Fr. José Rodríguez Carballo, ofm Generalminister 5 cTc - kommunion und kommunikation 2. Die Armut bei Klara von Assisi Br. Rafael Blanco Pérez, ofm – Rom, Italien Wir wissen, dass die heilige Klara zum heiligen Franziskus ging, um ein neues Leben zu beginnen, einen neuen Weg, und sie entdeckte, dass dieser Weg nicht möglich war, ohne sich darüber klar zu sein, was Armut sei. Die Lebensform, die sie von Franziskus empfing, gründet auf der Armut, und darauf basiert auch das Testament. Das bedeutet; dass das Erbe, das sie den Schwestern hinterlassen hat, das Leben in der Armut ist. […] Eine Armut, die sich zeigt innerhalb der Klostermauern, in der Kontemplation, im Gebet und die sich unterscheidet von dem anfangs befolgten benediktinischen Modell. Die Armut ist die zentrale Dimension der mystischen Erfahrung Klaras; die Nachfolge Christi wurzelt für sie in der Armut. Erinnert euch daran, wie sie von Gregor IX. das Privileg der Armut wollte und erhielt! Klara fühlt sich frei, ihren Weg der Hingabe darin zu gehen, indem sie die materiellen Güter verlässt und sich Gott anvertraut. Um das Thema der Armut drehen sich tatsächlich die Briefe an Agnes von Böhmen und die anderen Schriften, mit deren Hilfe wir die geschichtlichen Ereignisse rekonstruieren können. Nach ihrem Tod, erzählt Celano in ihrer Lebensgeschichte, was aus dem Gebet, aus der Stille und aus der beständigen Suche nach der höchsten Armut deutlich geworden ist. Was ist die Armut? In der Bibel, zunächst in der Genesis, ist die Armut ein Übel, ein Mangel, eine Grenze. Gott hat in der Schöpfung die Armut nicht eingeplant. Der Glaubende ist nicht dazu aufgerufen, die Zahl der Notleidenden zu vergrößern, 6 cTc - kommunion und kommunikation sondern sie einzuschränken bis dahin, die Not aufzuheben, um allen die Lebensbedingungen zu gewähren, die Gott ihnen zugeteilt hat; Wohlstand ist keine Gabe des Bösen, sondern eine Gabe Gottes. Es ist eine unersetzbare Konstante für das Glück des Menschen, die allen zukommt und nicht nur einigen. Sein Übermaß kann das Gesamtwachstum des intelligenten Seins aufhalten, das nicht nur Leib, sondern auch Geist ist. Im Evangelium ist der Reichtum eine Gefahr, aber vorher noch ist das die Armut, weil das Risiko besteht, dazu verurteilt zu sein, mühsam nach dem täglichen Lebensunterhalt zu suchen, was bis zur Verkümmerung des Geistes führen kann. Die christliche Tradition hat aus der freiwilligen Armut das Kennzeichen der Menschen des Gottesreiches gemacht. Viele Generationen von Gläubigen waren eingeladen zu dieser Entäußerung, zum Verzicht auf die materiellen Güter, um sich nur um die Werte des Geistes und um das ewige Heil, das eigene und das der Brüder und Schwestern, zu sorgen. Es geht darum, kein Vermögen anzuhäufen auf der Erde, sondern nur im Himmel, allerdings ist es nicht so zu verstehen, als würde man durch eine radikale Entäußerung automatisch das Himmelreich erlangen. Die Option für die Armut kann immer einen Wert haben, aber er hängt einzig vom Vorteil ab, den daraus zuallererst die Notleidenden, die Bedürftigen und diejenigen, die sie auf sich nehmen, empfangen. Gott hat kein Gefallen am Elend, auch nicht am freiwilligen, wenn es nicht dazu dient, die Freude zu vermehren, das Glück, den Frieden dessen, der es erträgt, oder der Brüder und Schwestern, mit denen man das Leben teilt. Es kann sein, dass ein Bruder oder eine Schwester sehr arm an materiellen Gütern ist, aber dass er oder sie damit in keiner Weise zum Glück der Brüder und Schwestern beiträgt, 7 cTc - kommunion und kommunikation die mit ihnen zusammen leben. Im Buch Genesis finden wir einen Garten, in dem das Leben leicht und behaglich ist. Der Boden bringt weder Kummer noch Dornen hervor; es gibt weder Mühe, noch Schmerz, keine Krankheit, keine Verwirrung, keine Leidenschaften, keine Scham. Der Mensch ist weise, frei, gleichmütig, unsterblich. Der Garten ist die Zukunft des Menschen. Die Intention des Autors der Genesis ist immer auf den Menschen hin gerichtet, jedoch nicht auf seinen Anfangszustand, sondern auf seinen Endzustand. Das Bild des Gartens ist nicht das eines Anfangs, sondern das eines Ziels, eines Ziels, das noch zu erreichen ist. Es scheint so, als beschreibe der Autor in seinem Bild eine schon vergangene Situation, aber in Wirklichkeit ist es eine Zukunftsperspektive, ist es etwas, das noch zu tun ist. Das Glück liegt nicht hinter dem Menschen wie eine nostalgische Erinnerung an eine zugrunde gegangene Welt, an ein verlorenes Paradies, sondern steht vor ihm als Ansporn und als Ziel des Daseins. Eden ist das große Streben des intelligenten Seins, es ist der Trost, der ihn aufrecht hält auf seinem mühsamen Weg. Er ist gegenwärtig unglücklich, unwissend, ungeordnet, Opfer der Umwelt, der Umstände und der Leidenschaften, aber ursprünglich war es nicht so. Man kann sagen, dass seine Berufung, seine Bestimmung eine andere ist. Das Bild des Gartens ist das Programm und das für jeden Menschen bestimmte Schicksal. Das irdische Paradies ist eine Realität im Werden, die vom Menschen noch gebaut werden muss; Gott bietet die Mittel und die Hilfen, aber der Initiative des Menschen ist die Entdeckung und Verwirklichung überlassen. Solange es eine Wüste bleibt, anstatt sich dem Garten anzunähern, entfernt sich die Erde vom göttlichen Plan und der Mensch zeigt, dass er die Erhabenheit der empfangenen Berufung nicht bewahrt hat. […] 8 cTc - kommunion und kommunikation Sehen wir nun, wie die Sicht Jesu ist. Jesus ist ein Prophet, der Prophet der Armen; er verkündet den Armen die Befreiung, aber vor allem anderen sucht er das Schicksal des Armen zu teilen, es zu seinem eigenen Lebensstandard zu machen. Jesus wählt nicht die Armut, sondern die Armen, um ihnen zu helfen, aus der Ungesichertheit, der Beschwernis, der Angst, in der sie sich normalerweise befinden, herauszukommen. Auf dem Berg hat Jesus gesagt: „Selig die Armen, die Traurigen, die Sanftmütigen, die nach der Gerechtigkeit Hungernden und Dürstenden“; aber dies heißt nicht, dass Jesus den Mangel will und das Elend. Wer sich in Armut verstrickt findet, tut gewöhnlich alles, um da herauszukommen. Was schlägt Jesus uns vor? Er verleitet nicht zur passiven Resignation, sondern fordert die Gläubigen auf, sich zu mühen, dass es keine Unglückssituationen mehr gibt. Die Botschaft der Seligpreisungen ist, im Licht der biblisch prophetischen Tradition, unmissverständlich. Jesus wendet sich an die Armen, an die Betrübten, an die Hungernden nicht um sie aufzufordern, ihren Zustand zu akzeptieren, sondern um dessen Ende anzukündigen. Jesus preist die Armen nicht selig aufgrund ihrer Notlage, sondern im Gegenteil: er verlangt, dass auch ihnen vor allen anderen das Glück, der Wohlstand, die Freude am Leben gewährt sei. Die Armen werden nicht selig gepriesen wegen der Armut als solcher, sondern weil sie zu befreien sind aus dem Zustand der Not, der Abhängigkeit, in der sie sich seit jeher befinden; darum sind sie selig zu preisen. Das Ziel des evangelischen Weges ist nicht die Armut, die Entbehrung von Gütern, der Verzicht auf Freiheit oder auf Freude, sondern die Nächstenliebe, die Liebe. Wenn Jesus die Armut gewählt hat, dann nicht, um die Zahl der Bedürftigen zu vergrößern, sondern um ihnen zu helfen, aus ihrem Lebensstand 9 cTc - kommunion und kommunikation herauszukommen. Das Evangelium rät nicht die Flucht der Güter, sondern sie zu teilen. Was ist die Armut für Franziskus? Wenn man an Franziskus von Assisi denkt, kommt uns gewöhnlich seine Liebe zur Armut in den Sinn. In der Zeit, in der er lebte, war er jedoch nicht der einzige, der von der Armut begeistert war; noch vor ihm stellt man eine Bewegung fest, entsprungen aus der Entscheidung für die Armut, die in verschiedenen Gruppen in Europa lebendig ist. Die meistens hatten häretische Züge: man denke an die Armen Christi und an die anderen Wanderpredigergruppen, die Katarer, die Humiliaten, die Waldenser … Aber diese Armutsbewegung ist nicht der wahre Grund, warum Franziskus die Armut umarmen wollte. Für Franziskus ist die Armut nicht eine asketische Übung, sondern die Konsequenz aus der Vereinigung mit Christus, die in der Taufe begründet ist; es ist ein Ernstnehmen dessen, was im Brief an die Philipper geschrieben steht: „Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz“ (Phil 2,5-8). Für Franziskus von Assisi ist die Armut Teilhabe an der Wahl Christi. Franziskus fühlt sich durch die Armut Christi zur Armut gerufen. Er hatte gut verstanden, was in 2 Kor 8,9 gesagt ist: „Denn ihr wisst, was Jesus Christus, unser Herr, in seiner Liebe getan hat: Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen.“ Wenn die Armut Christi unsere Armut wird, wenn wir in uns das arme Sein Christi tragen, indem wir davon die Gegenwart 10 cTc - kommunion und kommunikation der Geschichte fortsetzen, dann werden wir auch an seiner Fülle teilhaben. Das Zentrum der Lebensweise bei Franziskus ist die Geschwisterlichkeit. In dieser Lebensweise der Brüder gibt es keine Ökonomie der Aneignung, sondern eine geschwisterliche Ökonomie. Die soziale Verbindung, die auf wirtschaftliche Beziehungen gründet, ist von Natur aus ungleich: wer mehr hat, verfügt über mehr. Die Verbindung, an die die franziskanische Bruderschaft appelliert, ist das Zusammenleben, zu dem alle beitragen können. Wenn Franziskus und seine Brüder mit der wirtschaftlichen Logik Assisis brechen, ist es im Wesentlichen nicht, um sich an die Bedingungen der Kleinen anzupassen; sondern weil sie mit einer Gesellschaft brechen wollen, die sozusagen mit der Diskriminierung, der Ausgrenzung und dem Ausschluss weitermacht. Nicht dass er unter die Armen ging und mit ihnen lebt, lässt Franziskus, wie er im Testament schreibt, von der Bitterkeit zur Süßigkeit hinübergehen, sondern dass er unter dem Antrieb Gottes die Grenze überschreitet, die ihn von den Leprakranken trennt, und ihnen Barmherzigkeit erweist, um sie so in die Gemeinschaft der Lebendigen zu führen. Für Franziskus von Assisi ist der entscheidende Moment der Bekehrung der Durchgang von einer menschlichen Bedingung zur anderen, es ist die Annahme der eigenen Eingliederung und Eintritt unter die Ausgeschlossenen, dessen Charakteristikum gerade das Zurückgewiesensein um ihres Zustandes willen war. Arm sein, im Sinne eines Lebens ohne irgendetwas Eigenes, bedeutet, dass Franziskus sich nicht selbst in die Mitte setzt, nicht Eigentumsansprüche um sich herum provoziert. Franziskus verlangt nicht, Dinge zu besitzen, er beansprucht keine Rechte auf andere Personen. Franziskus lobt und preist, ein Zeichen der Liebe Gottes, die allen gilt. Für ihn bedeutet Armut, Jünger Christi sein, die Begabungen, die Güter zu 11 cTc - kommunion und kommunikation geben, die jeder hat und die nicht zum eigenen Nutzen und Gebrauch da sind, sondern um die Welt in jenen Garten Eden zu verwandeln, der Gottes Traum für die Menschheit ist. Was ist die Armut für Klara? Die Armut ist für Klara ein einfaches und starkes Lebensprogramm. Es bedeutet, der fundamentalen Idee folgen, die Franziskus hinterlassen hat: das tun, was Christus tat. Dies öffnet ihr neue Horizonte im Hinblick auf ein Christentum, das sich auf seine Quellen besinnt. Sie betrachtet die Armut als Quintessenz einer großzügigen Nachfolge. Die Armut wird zu einem theologischen Ort, und deshalb nennt sie sie: „heiligste Armut, selige Armut, heilige Armut, gottgefällige Armut, Geschenk der Armut, Privileg der Armut, absolute Armut, höchste Armut, Gemeinschaft reich an Armut, unsere heilige Herrin Armut, leben in vollkommener Armut, leben ohne Eigentum“. Für Klara ist die Armut ein theologischer Ort, weil sie Jesus betrachtet, der in der Nacktheit des Fleisches geboren wird und der sein Blut vergießend stirbt. Er ist der Sohn unter uns und darum ist er arm. Die geistliche Erfahrung des „Mangels“ und die demütige Dankbarkeit für die Erlösung fordern auf, noch einmal den umgekehrten Weg zu gehen. Wie schon öfter gesagt, die Armut ist für Franziskus und Klara nicht sosehr eine asketische Übung, sondern ein Weise, in den armen, gekreuzigten und erlösenden Christus umgewandelt zu werden. Jesus, der nackt geboren wurde und sein Blut verströmend stirbt, ist für Klara der Spiegel. Sie lädt ein, aus dem eigenen Leben einen Spiegel zu machen, der reflektiert und getreu das Bild Jesu Christi überträgt. Wir wissen, dass jeder Spiegel ein authentisches Bild wiedergibt dank der Tatsache, dass es aus 12 cTc - kommunion und kommunikation dem Urbild entsteht. Wir können sagen, dass Christus in Franziskus Spiegel wird und diese in Klara und ihren Schwestern, die gerufen sind, ihrerseits zu Spiegeln zu werden, in denen alle, wirklich alle, das Urbild schlechthin erkennen können: Christus. In Klara ist die Armut nicht nur ein Ort oder hat nicht nur einen theologischen Sinn; die Armut hat Sinn für das Gemeinschaftsleben und für die Beziehung zu Gott. Klara verteidigt die Armut nicht als ein Ziel in sich; die Armut ist nicht das letzte Ziel ihres Lebens, sondern sie ist die Basis, um die Beziehungen unter den Schwestern festzulegen, und die Vorbedingung für eine intensive Beziehung zu Gott in Jesus Christus. Klara will, dass ihr Lebensstil sich in einer radikalen Armut umsetzt. Ein Teil dieser Armut ist die materielle Arbeit, ein anderer die geduldige Annahme der physischen Krankheiten und die Bereitschaft, der Anhäufung von Reichtümern zu widerstehen, dem vergeblichen Versuch, materielle Sicherheiten zu haben. Klara kämpft darum, vom Papst das Privileg der Armut zu erhalten, das ihr erlaubt, den Besitz jeglichen Eigentums zurückzuweisen, und das tut sie, weil sie die notwendigen Bedingungen schaffen möchte, um eine gegenseitige Beziehung zu Gott, der Menschheit und der Welt wiederherzustellen. Diese Wechselbeziehung wünscht sie zu erreichen, indem sie ein armes Leben lebt, indem sie alle auf die Falle einer Sicherheit hinweist, die eine Barriere zwischen ihr und Gott, zwischen ihr und der Welt aufrichten würde. Anstatt Reichtümer und Eigentum anzuhäufen und in Sicherheit zu leben wie die Leute, wählt Klara eine Lebensform randvoll vom Geist der Armut, der die Übung gegenseitiger Liebe verlangt, Widerspiegelung der Liebe Gottes zum Menschen. 13 cTc - kommunion und kommunikation Im Lebensstil Klaras ist die Armut wesentlich. In ihrem Testament liest man: „Nachdem der höchste himmlische Vater sich gewürdigt hatte, mein Herz durch seine Barmherzigkeit und Gnade zu erleuchten, dass ich nach dem Beispiel und der Lehre unseres hochseligen Vaters Franziskus Buße tue, habe ich bald nach seiner Bekehrung ihm freiwillig zusammen mit einigen Schwestern, die mir der Herr bald nach meine Bekehrung gegeben hatte, Gehorsam versprochen, wie uns der Herr durch dessen bewundernswertes Lebens und dessen Lehre das Licht seiner Gnade geschenkt hatte.“ Für Klara bedeutet Armut, mit wenigen Mitteln zu leben, ohne Vergünstigungen oder Privilegien, wieder ein Gleichgewicht zu suchen zwischen dem, was notwendig ist, und dem, was es nicht ist. Es meint den Wunsch nach einem armen Leben frei von bequemen und bürgerlichen Strukturen, es bedeutet, gemeinsam nach Mitteln zu suchen wie Schweigen, gemeinschaftliches und persönliches Gebet, um das innere Leben zu pflegen, es bedeutet, mit den Schwestern die Frucht der Arbeit der eigenen Hände zu teilen. Daher ist die Armut die Option für ein System des einfachen Lebens. Zum Beispiel mit Geld nicht vermögensbildend umzugehen. Heute wird es wesentlich sein, von einfacher und geeigneter Arbeit zu leben, eine soziale Unsicherheit im Rahmen der Unsicherheit der Arbeit zu erproben, die geschwisterliche Beziehung zu pflegen, um die Situationen der Not zu ertragen. Dies ist die Armut, die heute die Schwestern Klarissen leben müssen. Indem sie so leben, ist die Armut ein Ort der Begegnung. Die Spiritualität Klaras betont, dass, nur wenn man sie als Ort der Begegnung versteht, die Armut der Klarisse einen Sinn gewinnt. Die Armut ist Begegnung mit dem Geheimnis des 14 cTc - kommunion und kommunikation solidarischen Leidens mit dem Gekreuzigten, ist Begegnung mit jeder Realität der Schwäche des Lebens und der Menschen, in einer unbezwingbaren Bewegung des tiefen Einklangs; sie ist Begegnung mit der Schwäche und der Armut einer konkreten Kirche, die zwischen vielfältigen Gegensätzen und Widersprüchlichkeiten zappelt; sie ist Ort der Begegnung mit der Armut des eigenen Bruders, in dem man, jenseits seiner offensichtlichen Grenzen, etwas Positives ahnt; sie ist Ort der Begegnung im schrecklichen Bereich der universalen Armut. Sie ist auch Ort der Begegnung und der Versöhnung der inneren Armut, die einen Teil unseres eigenen Daseins ausmacht. Die Option für ein armes Leben entfernt jedes entfremdende Streben, hält das unvermeidliche Streben nach Anmaßung des einzelnen und der Gruppe auf und mehr noch, eröffnet den Prozess des Glaubens, der die Geschichte und das Leben von innen her erneuert. Ich schließe, indem ich an die Ansprache von Johannes Paul II. an die Schwestern Klarissen von Caltanisetta erinnere. Der Papst sagt: «Die heilige Mutter Klara schreibt: „Ich empfehle alle meine Schwestern, die gegenwärtigen und die künftigen, der heiligen Mutter, der römischen Kirche, sowie dem Papst, (…) auf dass er um der Liebe jenes Gottes willen, der bei seiner Geburt arm in die Krippe gelegt wurde, arm auf der Erde lebte und nackt am Kreuz verblieb, allezeit seine kleine Herde, die heilige Armut beobachten lasse, die wir Gott und unserem hochseligen Vater Franziskus versprochen haben.“ Den armen und gekreuzigten Christus nachahmen, das ist das franziskanische Ideal, von dem ihr Beispiel und lebendige Botschaft sein sollt. Es handelt sich um ein Modell christlichen Lebens, das der Poverello von Assisi gewählt hat als Lebensmodell, ein gültiges Modell auch heute in einer Welt, in der man häufig glaubt, die Quelle des Glücks im Reichtum, in der Errungenschaft materieller Güter zu finden. Wie sehr 15 cTc - kommunion und kommunikation braucht die Menschheit euer Zeugnis, das sie zur Betrachtung der wahren Werte führt, die von der Zeit nicht verschlissen werden; wie sehr braucht sie eure ruhige Freude, die aus der innigen Vereinigung mit Christus aufsteigt. Liebste Schwestern, seid weiterhin treue Töchter des heiligen Franziskus und der heiligen Klara. Die Armut voller Freude, die Liebe zum Gekreuzigten, die Ganzhingabe euer selbst, ohne Furcht und Zögern, bilden das Kostbarste, das ihr der neuen Evangelisation anbieten könnt. Treu zur heiligen Regel, wird jedes Kloster wie eine Burg des Evangeliums erscheinen, gebaut auf dem Berg, zu dem hin die müden Wanderer ihren Blick heben, um auf ihrem Weg Glauben und Hoffnung wieder zu finden. Mit solchen Ausblicken vertraue ich euch dem Schutz Mariens und eurer heiligen Gründer an, eurer Heiligen und Seligen und davon gibt es sehr viele in dieser Familie, die im Laufe der Jahrhunderte Reichtümer der Heiligkeit hervorgebracht hat, und gern erteile ich euch, die ihr hier seid, und allen Klarissen, vor allem den alten und kranken, den apostolischen Segen.» Referat, das Br. Rafael Blanco Pérez, ofm anlässlich der Versammlung der Föderationspräsidentinnen und – rätinnen der italienischen Klarissen in Santa Maria degli Angeli gehalten hat – Assisi, 27. Juni 2007 16 cTc - kommunion und kommunikation 3. Die heilige Agnes von Prag und ihre Botschaft für das heutige Europa Sr. Maria Agnes Alžbeta Enzersdorf, Österreich Dufferová, osc- Maria Einleitung Mit den Heiligen ist es genauso wie mit den Sternen. Aus der Ferne schauen sie wie ganz kleine Lichter aus, und erst nach einer tieferen Beobachtung und Forschung zeigen sie ihre verborgenen Schätze, um uns mit ihren glänzenden Strahlen zu faszinieren. Denn wenn wir staunend wissen, dass allein „unsere Galaxie ungefähr 10 Sterne hat und eine von ihnen unsere Sonne ist“1, so staunen wir um so mehr mit den Heiligen, die uns mit ihrer Liebe so stark begeistern können, dass wir uns „zu Dank und Jubel aufschwingen“ und mit der „gesamten Schöpfung (…) Gottes Größe und Güte preisen“2. Die heilige Agnes, die sich selbst „Schülerin des heiligen Franziskus und Tochter des böhmischen Königs“ nennt,3 „war eine außerordentliche europäische Persönlichkeit des 13. Jahrhunderts – hinsichtlich ihrer Herkunft, ihres Intellektes, ihrer Kontakte zur geistlichen Elite ihrer Zeit und hauptsächlich ihres Werkes, das auch für die Gegenwart inspirierend ist“4. Die folgende Studie bietet mit ihren zwei Teilen, Einleitung und Schluss einen mehrschichtigen Blick auf das Leben einer der bedeutendsten Frauen des Hochmittelalters an. Der erste Teil – Agnes von Prag im Garten Klaras – „kleine Pflanze des heiligen Franziskus“ – lenkt die Aufmerksamkeit auf das Lebenswerk von Agnes, auf ihre Berufung hin, das heißt, auf ihre ständig treue Mitarbeit mit demjenigen Herrn, dessen leise Stimme sie immer so klar mitten auf stürmischer 17 cTc - kommunion und kommunikation See der ruhmsüchtigen Welt wahrnahm. Das Ziel dieses Teiles ist keineswegs die Erstellung einer vollständigen Liste der verschiedensten Taten von Agnes, sondern die Entdeckung des „nur einen“ Notwendigen, das sie als „das Bessere gewählt hat“ und das „ihr nicht genommen werden soll“. (vgl. Lk 10,42) Der zweite Teil – Agnes von Prag – ihre berühmte Herkunft und ihr Erbe – gewährt einen reflexiven Einblick in das historische, kulturelle und religiöse Milieu des mittelalterlichen Europa im Hinblick auf seine heutigen Verhältnisse. Agnes von Prag im Garten Klaras – „kleine Pflanze des heiligen Franziskus“ „Franziskus steht am Anfang der Berufung Klaras und ihrer Schwestern“, nicht nur in Assisi. Klara nennt sich seine „kleine Pflanze“. „Das geistliche Band“ verbindet „in der Kontemplation Gottes die Minderbrüder und die Armen Schwestern. ... Klara bemerkt mit Zufriedenheit, dass die Kontemplation der Armen Frauen originaler Teil des Charismas des hl. Franziskus ist“. Die Brüder, besonders nach dem Tod des Franziskus, finden „in Klara die Hüterin des ursprünglichen evangelischen Entwurfs“. Die gemeinsame Berufung bildet die franziskanische Identität: Die Schwestern und die Brüder nähern sich einander, um sich mitzuteilen „was es Neues vom Herrn gibt“5. Heute würden wir sagen, dass das typische Zeichen der franziskanischen Identität der Jubel ist – Eine ständige und freudige Kommunikation unter Brüdern und Schwestern über die vergangenen, gegenwärtigen und mit „sicherer Hoffnung“ erwarteten zukünftigen Großtaten des Herrn. Die heilige Klara fühlte, dass Franziskus sie zum Bräutigam ihrer Seele führen könnte und als Franziskus jemanden über Klara sprechen hörte, fühlte er eine glühende Sehnsucht „diese außerordentliche Braut“ zu begleiten. „Der Heilige Geist ist am Werk in diesen beiden Herzen, die nach dem Absoluten dürsten.“6 Die «zündenden Funken» des Charismas von Franziskus und 18 cTc - kommunion und kommunikation Klara springen auf Agnes über und so ist sie „zu einem «brennenden Ofen» geworden. So, wie Gott zusammen mit Franziskus und Klara wirkt, so wirkt er auch mit Agnes: Aus „jedem Dialog“ und Gebet macht er eine „Theophanie“, eine „immer klarere Bekundung seiner Gegenwart und seines Willens“.7 Der „Garten“ Klaras in Prag, wo Agnes in der Klausur aus dem Verlangen, Christus mit ganzer Hingabe zu lieben, sich einschließen will, ist auch als Garten Eden zu verstehen, also als der Garten, wo der Herr, „gegen den Tagwind“ hin, so gern einherschreitet. (Vgl. Gen 2,15b., 3,8a) Obwohl die heilige Agnes (20.1. 12118 – 69.3. 1282) auf ihre Seligsprechung (1874) fast 600 Jahre und auf ihre Heiligsprechung (1989) mehr als 700 Jahre warten musste10, ist sie die berühmteste böhmische Heilige geworden.11 Diese Tatsache hat mehrere Gründe. Der Hauptgrund ihres Ruhmes ist aber das Zeugnis ihrer äußersten Armut aus Liebe zu Christus, ihrem Bräutigam. Die nach der heiligen Klara „ehrwürdige und heilige Jungfrau, die Herrin Agnes, die Tochter des erhabenen und ruhmreichen Königs von Böhmen“12 zog mit bewundernswertem Mut und mit Demut, als „die schönste der Frauen“ (Hld 6,1), den Blick „des Geliebten“ auf sich und hat „in seinen Augen Gefallen gefunden“ (Hld 8,10b). Um dieser Liebe willen verachtete sie nun den ganzen Reichtum ihres Hauses (Vgl. Hld 8,7b) und ließ sich wie ein Siegel auf das Herz des Geliebten legen. (Vgl. Hld 8,6a) Agnes war nicht zufrieden mit ihrem Zustand der königlichen Tochter, sie wollte so sehr Gottes Dienerin sein, um dem „armen Gekreuzigten“ mit „glühender Sehnsucht“13 (1Agn 13) nachzufolgen, sein Haus wieder von innen her aufzubauen (vgl. Gef 13)14 und zur Stütze der gebrechlichen „Glieder Christi seines unaussprechlichen Leibes“ zu werden (vgl. 3Agn 8)15. Die Prinzessin Agnes, die von Kindheit an in Klöstern (Trebnitz und Doxan) erzogen wurde, „gewann jedoch eine starke“ Hinneigung „zum geistlichen Leben“.16 Ihr Verlangen wurde erst nach dem Tod ihres Vaters Premysl Ottokar I. (?1155 – 19 cTc - kommunion und kommunikation 15.12.1230) erfüllt. Schon 1231 gründete sie „nach dem Vorbild ihrer Verwandten, Elisabeth von Thüringen, ... in Prag das Spital des heiligen Franziskus mit einem Doppelkloster“ für Minderbrüder und Klarissen. „Dabei wurde sie von ihrem Bruder Wenzel I. sowie ihrer Mutter Konstanze unterstützt. Die am rechten Moldauufer errichteten Stiftsbauten gehören zu den ältesten gotischen17 Sehenswürdigkeiten in den böhmischen Ländern. Papst Gregor IX. nahm das Kloster 1234 unter seine Obhut.“18 Die archäologischen Untersuchungen ermöglichten schon 1940-1942 und 1953-1955 eine bessere Vorstellung von dem klösterlichen Komplex „Zum heiligen Franziskus“. „Dem Bau des Klosters ging die Gründung eines Spitals voran, das später den Kreuzherren mit dem Roten Stern anvertraut wurde.“19 Das alles war für Agnes nicht das Wichtigste. Sie hatte ständig das Beispiel von Franziskus und Klara vor Augen. Beide Heiligen verließen die wohlhabenden Häuser ihrer Eltern und bevorzugten die armen Wohnungen am Rand der Stadt, um ihr Leben mit dem Schicksal der Armen zu teilen. „1237 wurde Agnes feierlich in den Klarissenorden aufgenommen und kurz darauf wurde sie Äbtissin des Klosters. Sie war die erste Tochter aus dem Königshaus, die in einen Orden mit strenger Armutspflicht eintrat.“20 Dennoch: „die Königstochter“ bleibt „herrlich geschmückt, ihr Gewand ... durchwirkt mit Gold und Perlen. Man geleitet sie in bunt gestickten Kleidern zum König, Jungfrauen sind ihr Gefolge“. (Vgl.: Ps 45,14-15) Zwei Franziskanerbrüder in Prag – einer von Worms, der andere Dietrich von Kutná Hora - verhalfen ihr zum Kontakt mit Klara im Kloster San Damiano. Die spätere liebevolle Beziehung beider Frauen wurde so freundschaftlich und tief, dass Klara sich an Agnes wandte als an die Hälfte ihrer Seele21, an den Schrein ihrer „herzlichen und ganz besonderen Liebe“22. 20 cTc - kommunion und kommunikation Agnes ging es nicht um Streben nach Erfolg, sie lebte glücklich und zufrieden in immer größerer Dankbarkeit für das Geschenk ihrer Berufung, Schönheit ihrer einzigen Liebe. Schon vor dem Eintritt ins Kloster bemühte sie sich um Tugenden. „Als ärmste Magd Christi mit einem schlichten, ja hässlichen Gewande, keineswegs um den Körper zu schmücken, sondern nur um ihre Blöße zu verdecken, damit aller Ruhm der Königstochter nur von innen heraus strahle.“23 Ihr Leben, ähnlich wie das Leben von Franziskus und Klara „wurde ständig angeregt von dem Verlangen, ohne Furcht und ohne Zögern neu zu beginnen“24. Denn „keiner, der in den Krieg zieht, lässt sich in Alltagsgeschäfte verwickeln … und wer an einem Wettkampf teilnimmt, erhält den Siegeskranz nur, wenn er nach den Regeln kämpft“. (2 Tim 2,4-5) Die heilige Agnes eignete sich diese Kampfregeln an und erkannte schon lang vor ihrem Eintritt ins Kloster, „wie vergänglich das Reich dieser Welt ist“. Sie setzte alles auf eine Karte, befahl „all ihr Gold und Silber sowie allen kostbaren Schmuck, den sie besaß, und sonstige Kostbarkeiten zu verkaufen und unter den Armen zu verteilen, wobei sie sich wünschte, dass diese irdischen Güter, indem sie in die Hände der Armen gelangen würden, die himmlischen Schätze vermehren mögen“. Nach dem Beispiel ihrer Cousine Elisabeth von Thüringen (1207-1231) errichtete sie „das berühmte Krankenhaus neben der Brücke der Stadt Prag zu Ehren des heiligen Franziskus“. Kaiser Friedrich II., wissend, dass sie eine tüchtige Frau war, wollte sie heiraten, bat ihren Bruder Wenzel I. um ihre Hand. Doch nach der Kenntnis ihres Entschlusses reagierte er demütig, aus christlichem Glauben, voller Verständnis mit folgenden Worten: „Da die Schwester des böhmischen Königs aber einen höheren Herrn, als Wir es sind, erwählt hat, wollen Wir diese Tat nicht als eine Beleidigung ansehen, da Wir glauben, dass dieser Entschluss durch Gottes Eingebung geschehen ist.“ Die Königstochter strahlte von innen heraus „in Gestalt der Reinheit des Gewissens und der Mannigfaltigkeit der schmückenden Tugenden“.25 21 cTc - kommunion und kommunikation Agnes von Prag – ihre berühmte Herkunft und ihr Erbe Die Verwandtschaft der heiligen Agnes ist berühmt, ihre Familienmitglieder sind meistens weltweit bekannt. Von diesen Personen sind mehrere von Bedeutung für die Geschichte der Völker Europas, einige selig- und heiliggesprochen. Sei es der Vater von Agnes, Premysl Ottokar I. (1155 – 1230), „ihre Mutter – die zweite Gattin des Königs – die fromme Konstanze von Ungarn“26 (1181 – 1240), Tochter von Béla III. von Ungarn und Anne de Chantillon, ihr Bruder Wenzel I. (1205 – 23.9.1253), ihre Schwester Anna Lehnická, oder ihr Neffe, Sohn von Wenzel I., Enkel von Premysl Ottokar I. und einer der bedeutendsten böhmischen Könige Premysl Ottokar II. (?1233 – 26.8.1278), der „bezaubert von der Schönheit“ der Tochter des ungarischen Königs Béla IV. war, der heiligen Margarita (1242 – 18.1.1270) später Dominikanerin, um deren Hand er vorher bat. Sei es „ihre Cousine, die heilige Elisabeth von Thüringen (1207 – 1231), oder ihre Tante, Herzogin und heilige Hedwig (von Andechs) von Schlesien (1174 – 15.10.1243 in Trebnitz). Wir sollten vielleicht nach dem Sinn dieser Zusammenhänge an der Kreuzung der heutigen Menschheit fragen. Denn nicht die Starken der Heerscharen auf den Kampffeldern und Kriegen schreiben die Geschichte, sondern die „Kleinen“. Die Heiligen sind es, die die Richtung der ganzen Geschichte inmitten von Leiden, durch ihre eigene Ohnmacht und Bereitschaft zum Opfer, aus reiner Liebe zu Gott bestimmen, weil sie seinen heiligen Willen am besten erfüllen. Die Mächtigen aber „werden gerichtet mit Macht“. (Weish 6,6). Das „Vertrauen auf die Macht der Ohnmächtigen, die aus dem Geheimnis des Kreuzes kommt“27, geschieht ausschließlich auf Grund des geschenkten Glaubens. Eine weitere Frage geht über das Warum der so späten Heiligsprechung von Agnes (erst 1989). Sind es wirklich nur historische, kulturelle oder religiöse Hindernisse? Sind es nicht viel mehr die ausdrücklichen Spuren der göttlichen 22 cTc - kommunion und kommunikation Vorsehung? Johannes Paul II. sprach Agnes, die „mit allen europäischen Dynastien versippt war“28 heilig nach zehn Jahren seines päpstlichen Dienstes, am 12. November 1989, an der Schwelle der samtenen Revolution in Prag. Das war ein Signal, ein Zeichen mit einer konkreten Bedeutung: um Freiheit zu kämpfen. Derselbe Papst erhob am 3. Oktober 2004 den Carlo d´Austria (1887-1922) Imperatore e Re29 als letzten Seligen seines Pontifikates zur Ehre der Altäre. Hat der gute Papst unbewusst einen Fehler gemacht? Schwerlich. Die Zeiten ändern sich. Europa hat ein weiteres Zeichen bekommen: Es braucht dringend eine vollständige Versöhnung seiner Völker. Zwischen Agnes und Karl stehen acht Jahrhunderte. Agnes, die Königstochter, begeisterte mit ihrem neuen Weg der Armut, verlässt die Welt, zieht sich in die Verborgenheit eines Klarissenklosters zurück. Karl, wenig verstandener begabter junger Herrscher, endet nach erfolglosem Mühen um den Frieden der Völker Europas im Exil zu Funchal auf Madeira. Er „trug die goldene Krone, die sich durch seine Verantwortung und Liebe zur Wahrheit in die Dornenkrone verwandelte. Damit ist er für uns ein Zeichen geworden: Europa braucht Menschen, die sich verwunden lassen, die Nein zum Egoismus und zur Sünde sagen.“30 Karl stirbt verlassen von „Freund“ und Feind. Doch zu seinem Begräbnis „an jenem Frühlingstage im April 1922 kamen alle Inselbewohner – 30.000, um ihrem Freund die letzte Ehre zu bezeigen, dessen letztes Wort «Jesus» war.“31 Die Geschichte wiederholt sich zwar nicht, aber unsere Verhältnisse als Sünder, bleiben dieselben. In der Apostelgeschichte lesen wir etwas Ähnliches: „Da trat Petrus auf, erhob seine Stimme und begann zu reden: Ihr Juden … habt ihn (Jesus Christus) durch die Hand von Gesetzlosen ans Kreuz geschlagen und umgebracht. … Als sie das hörten, traf es sie mitten ins Herz, und sie sagten zu Petrus … Was sollen wir tun, Brüder?“ (Vgl. Apg 2, 14.23.37) Was sollen wir heute tun, Schwestern und Brüder? Umkehren und die Gabe des Heiligen Geistes empfangen, um die 23 cTc - kommunion und kommunikation Verheißung Gottes zu erlangen. (Vgl. Apg 2, 38-39) Mögen uns alle Heiligen helfen! Schluss Reich sein in Armut – von Gott geschenktes Charisma – das Armutsideal, um das Klara ihr ganzes Leben lang kämpfte. Sie lehrte es oft ihre Gefährtinnen32. Agnes war davon im Tiefsten ihres Inneren betroffen. Da konnte sie ein ganz neues Leben beginnen, ein Leben der echten Liebe. In Einfachheit, ohne etwas Besonderes zu tun, nur das Evangelium Jesu Christi leben. Durch ein ganz freies Ja, Christus dem armen Gekreuzigten nachfolgen und Ihm ähnlich werden. Verwendete Literatur Agnes von Böhmen, Gebetsblatt. Rom/München, 12.11.1989. Bini, Giacomo, Klara von Assisi ein Lobgesang. Brief des Generalministers, 63 S. Rom : JA per Ufficio Comunicazioni OFM, 2002, 63 S. Blažek, Mikuláš/Ďurček, SJ Karol/Rojka, SJ Ľuboš, Filozofický a fyzikálny pohľad na vesmír, Bratislava : Typi Universitatis Tyrnaviensis a VEDA SAV, 2006, 315 S. ISBN 80-8082-079-1 (Typi Universitatis Tyrnaviensis), ISBN (Veda) 80-224-0929-4 Die Bibel. Altes und Neues Testament. Einheitsübersetzung. Freiburg/ Basel/Wien : Herder, 1995, 1460 S. ISBN 3-451-18988-7 Gebunden, ISBN 3-451-19998-X Paperback, ISBN 3-451-19999-8 Leder Goldschnitt Die Feier des Stundengebetes. Franziskanisches Proprium für die franziskanischen Ordensgemeinschaften des deutschen Sprachgebietes, Freiburg/Basel/Wien : Herder, 1980, 477 S. Fassbinder, Maria, Die selige Agnes von Prag. Eine königliche Klarissin. Wert/Westf. : Dietrich-Coelde-Verlag, 1957, 180 S. 24 cTc - kommunion und kommunikation Feu et lumière. 800ème anniversaire de la naissance de sainte Claire d´Assise, N0 109 – 13 F – Juillet – Août 1993 50140 Mortain – 47 S. ISSN 0760-5099 Lehmann, Leonhard (Hg.), Das Erbe eines Armen. FranziskusSchriften, Kevelaer : Topos plus, 2003, 194 S. ISBN 3-7867-8464-7 L´Osservatore Romano, Giornale quotidiano politico religioso. Speciale Supplemento a „L´Osservatore Romano“ N. 229 – Domenica 3 ottobre 2004, 16 S. Němec, Jaroslav, Die Verehrung der seligen Agnes von Böhmen und der Prozeß ihrer Heiligsprechung, Thaur/Tirol : Österreichischer Kulturverlag, 1989, 159 S. ISBN 3-85395-1279 Schauber, Vera/Schindler, Hanns Michael, Heilige und Namenspatrone im Jahreslauf, Augsburg : Pattloch Verlag, 1993, 702 S. ISBN 3-629-00068-1, ISBN 3-629-00082-7 Schlosser, Marianne (Hg.), Im Spiegel Christi. Die Schriften der Klara von Assisi, Kevelaer: Topos plus, 2004, 111 S. ISBN 3-7867-8532-5 Schneibergova, Martina: Spaziergang durch Prag [21.04.2001] In: http:/www.radio.cz/print/de/7218. Studia Aloisiana. Ročenka Teologickej fakulty Trnavskej univerzity 2003. Bratislava : TFTU, 2003, 377 S. ISBN 80-7141-430-1 Světlo, Týdeník Matice Cyrilometodějské, XI, 39, 28.9.2003, Olomouc, 19 S. http://cs.wikipedia.org/wiki/Ane%C5%BEka %C4%8Cesk%C3%A1 http://www.abcsvatych.com/rozdeleni/cestisvati.htm 1 Blažek, Mikuláš/Ďurček, SJ Karol/Rojka, SJ Ľuboš, Filozofický a fyzikálny pohľad na vesmír, S. 270. 2 Lehmann, Leonhard (Hg.), Das Erbe eines Armen. Franziskus25 cTc - kommunion und kommunikation Schriften, S. 15. 3 „Mit diesen Worten – mit Demut, aber zugleich stolz – stellte sich die premyslidische Prinzessin Agnes im Jahre 1245 in einer der Urkunden vor, die die Stellung des Hauses des heiligen Franziskus betrafen.“ In: Schneibergova, Martina: Spaziergang durch Prag [21.04.2001]. 4 Schneibergova, Martina: Spaziergang durch Prag [21.04.2001]. 5 Vgl. Bini, Giacomo, Klara von Assisi ein Lobgesang. S. 21-22. 6 „L´Esprit Saint est à l´œvre dans ces deux cœurs assoiffés d´absolu.“ Vgl. Renault, Agnès: Clair miroir de Marie. S. 4-15. In: Feu et lumière. 800ème anniversaire de la naissance de sainte Claire d´Assise, S. 6-7. 7 Vgl. Bini, Giacomo, Klara von Assisi ein Lobgesang, S. 21-22. 8 „Das genaue Geburtsdatum der Agnes ist nicht bekannt. Ihr Vorname deutet auf die Zeit um den Tag der römischen Märtyrerin Agnes [?304] – d.h. auf den 21. Januar 1211 hin.“ Was ihr Gebutsjahr betrifft, gibt es drei Möglichkeiten: „Agnes, die 1207 (möglicherweise auch 1205 oder 1211) als Tochter des böhmischen Königs Ottokar I. zur Welt gekommen war…“ In: Schauber, Vera/Schindler, Hanns Michael, Heilige und Namenspatrone im Jahreslauf, S. 86. Da das bezeichnete Geburtsjahr des älteren Bruders von Agnes, Wenzel I. (1205 – 23.9.1253) http://cs.wikipedia.org/wiki/Ane%C5%BEka % C4%8Cesk%C3%A1 auf das Jahr 1205 fält, können wir das Jahr 1205 als Geburtsjahr von Agnes als unwahrscheinlich ansehen. 9 So nach http://www.abcsvatych.com/rozdeleni/cestisvati.htm. Ältere Quellen sprechen über den 2. März. Vgl. Schauber, Vera/Schindler, Hanns Michael, Heilige und Namenspatrone im Jahreslauf, S. 86, oder Die Feier des Stundengebetes. Franziskanisches Proprium, S.55. Im Proprium ist sogar Klaras Sterbejahr „zwischen 1280 und 1283“ bestimmt. S. 55. 10 „Die Bemühungen um die Heiligsprechung der Agnes von Böhmen sind schon unmittelbar nach ihrem Tod gescheitert. Auch Versuche der Kanonisierung in späteren Jahrhunderten waren erfolglos. Ein Problem stellten ihre verschollenen Gebeine dar, denn für den damaligen Kanonisierungsprozess waren die Gebeine des Heiligen unbedingt erforderlich. Zur Seligsprechung von Agnes kam es im November 1874, und ... am 12. November 1989 wurde Agnes heiliggesprochen. … Fünf Tage nach der Heiligsprechung brach in Prag die samtene Revolution aus. Viele Christen meinen, dass auch die heilige Premyslidin damals mit ihrer Fürbitte den Sturz des totalitären Regimes beschleunigt habe.“ In: Schneibergova, Martina: Spaziergang durch Prag [21.04.2001]. 26 cTc - kommunion und kommunikation „Königin Elisabeth von Böhmen ließ das Leben und die berühmtesten Wunder der seligen Agnes aufschreiben, als sie 1328 in Rom um Eröffnung des Kanonisationsprozesses ihrer Großtante bat, denn sie hoffte, so eher Erhörung zu finden.“ In: Fassbinder, Maria, Die selige Agnes von Prag, S. 167. „Nach dem Zeugnis des franziskanischen Bischofs Johann Marignolli (gest. 1362) ersuchte auch Karl IV., König von Böhmen und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, kurz nach dem Jahre 1353 Papst Innozenz VI., Agnes von Böhmen heiligzusprechen. Aber auch diesmal war es dem Papst nicht möglich, diesem Ansuchen nachzukommen, verhandelte man doch damals gerade über die Rückkehr des Papstes aus Avignon nach Rom.“ In: Němec, Jaroslav, Die Verehrung der seligen Agnes von Böhmen, S. 49. 11 Svatá Anežka Česká (20.1.1211 – 6.3.1282) „Nejslavnější česká světice“ Vgl. In: http://www.abcsvatych.com/rozdeleni/cestisvati.htm 12 Vgl. 1 Agn 1. In: Schlosser, Marianne (Hg.), Im Spiegel Christi, S. 8182. 13 Schlosser, Marianne (Hg.), Im Spiegel Christi, S. 84. 14 „Dreigefährtenlegende: Die Dreigefährtenlegende und der Anonymus Perusinus, hrsg. Von E. Grau und H. Betschart, Werl 1993 (FrQuSchr 8).“ In: Schlosser, Marianne (Hg.), Im Spiegel Christi, S. 10. 15 Schlosser, Marianne (Hg.), Im Spiegel Christi, S. 96. 16 Als ganz kleines Mädchen verbrachte sie eine Zeit im Zisterzienerinnenkloster in Trebnitz (Třebnice), „das die Schirmherrschaft der Hedwig von Schlesien genoss“. „Nach dem Tod ihres Verlobten und der Vermählung von Prinzessin Anna kehrte Agnes 1216 nach Böhmen zurück, und zwar in das Prämonstratenserinnenkloster Doksany [Doxan], in dem Töchter führender Adelsfamilien erzogen wurden.“ Vgl.: In: Schneibergova, Martina: Spaziergang durch Prag [21.04.2001]. 17 Apropos: „Man hält den Kölner Bischof, den heiligen Albert den Großen (1205 – 1260) für einen der Hauptinspiratoren der deutschen Gotik.“ Ďurček, Karol: Filozofia slobodomurárstva a učiteľský úrad Katolíckej cirkvi, S. 97-106. In: Studia Aloisiana. S. 97. 18 Schneibergova, Martina: Spaziergang durch Prag [21.04.2001]. 19 Němec, Jaroslav, Die Verehrung der seligen Agnes von Böhmen, S. 24. „Wie im Jahre 1985 in der Zeitschrift der «Gesellschaft der Freunde von Altertümern» abgedruckt wurde, verlief der Bau in drei Hauptabschnitten: 27 cTc - kommunion und kommunikation Im ersten, in der Zeit vor 1234, wurden das Kloster für die Armen Schwestern von St. Damian und die Kirche «Zum- heiligen Franz» errichtet, beide Gebäude gekennzeichnet als romanischer Block. Im zweiten Bauabschnitt, der von 1238 bis 1245 dauerte, wurde die Kirche erweitert und außerdem ein neues Klostergebäude sowie ein neuer Chor für die Ordensleute gebaut, somit praktisch ein neuer Dom, der auf den Namen der heiligen Barbara geweiht wurde. Im dritten Bauabschnitt, nach 1253 begonnen, wurden die Kirche «Zu Christus dem Erlöser» gebaut und die Kapelle «Zur heiligen Magdalena», beide bereits im gotischen Stil, ebenso wie die Bauten des zweiten Bauabschnittes. Noch zwei weitere Kapellen wurden hinzugefügt, eine «Zur allerseligsten Jungfrau Maria» und eine «Zum heiligen Michael», sodass der gesamte Komplex des Klosters zum «Heiligen Franz» eine ganze Reihe von Kirchen und Kapellen in sich einschloß.“ In: Němec, Jaroslav, Die Verehrung der seligen Agnes von Böhmen, S. 24. 20 Schneibergova, Martina: Spaziergang durch Prag [21.04.2001]. 21 Vgl. http://www.abcsvatych.com/rozdeleni/cestisvati.htm. 22 4 Agn 1. In: Schlosser, Marianne (Hg.), Im Spiegel Christi. S. 103. 23 Němec, Jaroslav, Die Verehrung der seligen Agnes von Böhmen, S. 89. 24 Bini, Giacomo, Klara von Assisi ein Lobgesang. S. 30. 25 Vgl.: Němec, Jaroslav, Die Verehrung der seligen Agnes von Böhmen, S. 79, 80, 81, 89. 26 Schneibergova, Martina: Spaziergang durch Prag [21.04.2001]. 27 Eine der Fürbitten lautet: „Stärke in uns das Vertrauen auf die Macht der Ohnmächtigen, die aus dem Geheimnis des Kreuzes kommt“. In: Agnes von Böhmen, Gebetsblatt. 28 Ein kurzer Lebenslauf von Agnes: „Agnes von Böhmen 1211 – 1282, Königstochter und Mitschwester der heiligen Klara von Assisi, war mit allen europäischen Dynastien versippt, Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen warb um ihre Hand. Agnes aber wählte den Weg der neuen Armutsbewegung und kämpfte wie Klara in Assisi für das von ihr in Prag gegründete Klarissenkloster um die vollkommene franziskanische Armut in der Nachfolge Christi. So tritt die Heilige in den Reigen großer Frauen des Mittelalters, neben ihren nahen Verwandten, Hedwig von Schlesien und Elisabeth von Thüringen, den Patroninnen ihrer Länder und Völker in Mitteleuropa.“ In: Agnes von Böhmen, Gebetsblatt. 29 Vgl. „Domenica 3 Ottobre 2004 Il solenne rito in Piazza San Pietro. 28 cTc - kommunion und kommunikation Giovannii Paolo II proclama cinque nuovi beati, Pierre Vigne (16701740), Joseph-Marie Cassant (1878-1903), Anna Katharina Emmerick (1774-1824), Maria Ludovica De Angelis (1880-1962), Carlo d´Austria (1887-1922)“. In: Speciale. Supplemento a „L´Osservatore Romano“ N. 229, S. 1, 14-16. 30 Dufferová, Alžbeta: Kaiser Karl: Ein neuer Seliger für Europa?. Vortrag am 30. 11. 2003 im „Haus Gisingen“ in Feldkirch. S. 87-96. In: Studia Aloisiana, S. 95. 31 Vgl. Mattei, Paolo: Poslední katolický císař. S. 8-13, In: Světlo, S. 811. 32 Vgl.: Renault, Agnès: Clair miroir de Marie, S. 4-15. In: Feu et lumière. 800ème anniversaire de la naissance de sainte Claire d´Assise, S. 11. 29 cTc - kommunion und kommunikation 4. Verbunden in der „Gnade des Ursprungs“ Die Minderbrüder und die Armen Schwestern: ein Orden oder zwei? (I Teil) Sr. Edith van de Goorbergh, osc – Megen, Niederlande Als der Generalminister des Minderbrüderordens, Br. José Rodríguez Carballo, unser Kloster "Sint-Josephberg" in Megen in den Niederlanden im März 2007 besuchte, drückte er den Wunsch aus, dass die Schwestern und Brüder sich weiterhin gegenseitig inspirieren sollten. Dabei betonte er unsere Verbundenheit vom Ursprung her: "Franziskus und Klara, die gemeinsam dem Evangelium in authentischer Weise Gestalt gegeben haben. Auch wir sind gerufen, in ihren Fußspuren in unserer Zeit und Kultur dasselbe zu tun. Lasst uns den Jugendlichen gegenüber offen sein, die auf der Suche nach Authentizität sind. Wir müssen nicht perfekt, sondern authentisch sein. Bleibende Aufmerksamkeit für die Anfangsund Weiterbildung muss Priorität haben. Autonomie ist gut, kann aber auch tödlich sein. Es ist wichtig, dass man sich zu einer größeren Gemeinschaft zugehörig fühlt." Der Generalminister stellte uns zum Schluss die Frage: "Bilden wir als Brüder des hl. Franziskus und Schwestern der hl. Klara einen oder zwei Orden? Ich bin überzeugt, dass Franziskus und Klara beide nur einen Orden wollten", soweit Bruder José. Sprechen die ältesten Quellen von einem Ersten Orden (der Minderbrüder) und dem Zweiten Orden (der Klarissen)? Und wenn ja (oder nein), was sind dann die Konsequenzen für uns im Jahr 2008? Ich will versuchen, hierauf eine Antwort zu formulieren. Dabei beschränke ich mich auf die frühesten Quellen: die Regel der Minderbrüder aus dem Jahre 1223, die Lebensform 30 cTc - kommunion und kommunikation der Armen Schwestern von 1253, die so genannten Konstitutionen Hugolins von 1219, die Lebensform von Papst Innozenz IV. von 1247 und schließlich die Regel von Papst Urban IV. von 1263. Auch suche ich in den ältesten Zeugnissen der Zeitgenossen von Franziskus und Klara, ob irgendwo von einem Ersten und Zweiten Orden gesprochen wird. Ich beschränke mich auf den Zeitraum zwischen 1211 und 1263. In dem zuletzt genannten Jahr hat Papst Urban IV. seine Regel verfasst, auf die alle in Klausur lebenden Frauen, damals Damianitinnen genannt, erneut Profess ablegen mussten.1 Wie Klara begann In der Nacht vom 27. auf den 28. März 1211 wird Klara von Assisi mit Wissen des Bischofs von Assisi in der kleinen Kirche der heiligen Maria von Portiuncula als erste Frau von Franziskus in den Orden aufgenommen. Die äußeren Zeichen dafür sind die Tonsur bzw. das kurz geschorene Haar als Zeichen der Aufnahme in den geistlichen Stand und das Anlegen eines Bußkleides mit Gürtel. Sofort danach bringen die Brüder sie zur Benediktinerinnenabtei San Paolo delle Abbadesse. Dort konnte sie sich auf das Asylrecht berufen, das dieser Abtei verliehen wurde, um Frauen, die ein Büßerleben führen wollten, Obdach gewähren zu können. Schon bald wird Klara von ihrer Familie belästigt. Sie zieht nach Sant' Angelo di Panzo, wo eine semireligiöse Gruppe von Frauen in einem geschlossenen Kloster lebt. Ihre Schwester Katharina folgt ihr bald, aber ihr Onkel Monaldo und sein Gefolge kommen, um sie auf gewalttätige Weise zurückzuholen. Die Männer setzen ihr dermaßen zu, dass sie sie halbtot zurücklassen, erstaunt über ihr außergewöhnliches Gewicht. Franziskus nimmt auch Katharina in den Orden auf. Er schneidet ihr Haar ab und gibt ihr das Büßergewand. Franziskus nennt sie 31 cTc - kommunion und kommunikation Agnes. Auch Pacifica de Guelfuccio hat sich in dieser Anfangsphase angeschlossen. Nach einem kurzen Aufenthalt in Sant' Angelo di Panzo gehen sie zu dritt nach San Damiano. Diese Kirche mit angrenzendem Hospiz hat Franziskus eigenhändig wieder hergestellt und hergerichtet für die Frauen, die ihm folgen.2 Gut vierzig Jahre später blickt Klara in ihrer Lebensform auf diesen Anfang zurück. Sie tut das ganz bewusst, wie sie ihre Texte immer wohlüberlegt geschrieben hat: „Nachdem der höchste himmlische Vater sich gewürdigt hatte, mein Herz durch seine Gnade zu erleuchten, dass ich nach dem Beispiel und der Lehre unseres hochseligen Vaters, des heiligen Franziskus, Buße tue, habe ich bald nach seiner Bekehrung ihm freiwillig zusammen mit meinen Schwestern Gehorsam versprochen. Als aber der selige Vater bemerkte, dass wir keine Armut, Beschwernis, Mühsal, Niedrigkeit und Verachtung der Welt fürchteten, ja, dass wir dies sogar für große Wonne hielten, schrieb er uns, von Liebe bewegt, eine Lebensform auf folgende Art nieder: »Da ihr euch auf göttliche Eingebung hin zu Töchtern und Dienerinnen des erhabensten höchsten Königs, des himmlischen Vaters, gemacht und euch dem Heiligen Geist verlobt habt, indem ihr das Leben nach der Vollkommenheit des heiligen Evangeliums erwähltet, so will ich und verspreche dies für mich und meine Brüder, für euch genauso wie für diese immer liebevolle Sorge und besondere Verantwortung tragen.«" (KlReg VI, 1-4). Sorgfältig erwähnt sie die Fakten: 1. Sie empfing ihre Berufung, ein Leben in Buße zu führen, von Gott dem Vater. 2. Franziskus war ihr Beispiel. Er lehrte sie auch, wie sie ihr Leben auf das Evangelium abstimmen konnte. 3. Es liegt etwas Zeit zwischen der Aufnahme in den Orden 32 cTc - kommunion und kommunikation und dem Gehorsamsgelübde. Erst als sie zu dritt sind, haben sie Franziskus Gehorsam versprochen. Klara betont die Tatsache, dass sie ihr Leben in San Damiano zusammen mit ihren Schwestern begonnen hat: "Zusammen mit meinen Schwestern habe ich ihm freiwillig Gehorsam versprochen" [una cum sororibus meis obedientiam voluntare sibi promisi]. Da steht "promisi". „Promittere“ ist in jener Zeit die juridische Formel für "Gelübde ablegen". Zusammen bildeten sie eine Gemeinschaft. Den Pilgerweg der Armut kann man nicht alleine gehen, sondern mindestens zu zweit nach dem Evangelienwort: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen". 4. Franziskus sah, dass Klara und ihre Mitschwestern verstanden, dass es um die Nachfolge des armen und demütigen Christus ging. Nach einer Probezeit und als Antwort auf das Gehorsamsversprechen gibt er ihnen zwischen 1212 und 1214 die oben erwähnte "forma vivendi", in der er verspricht, dass sowohl er wie auch seine Brüder sich immer um Klara und ihre Schwestern kümmern werden. Die Schwestern sollen wie die Brüder ihre Erfahrungen am Evangelium Jesu Christi ausrichten und ihrem Leben allmählich eine Form geben. Die Zeit zwischen 1214 und 1217 Im Vierten Laterankonzil im Herbst 1215 wurde in Kanon XIII bestimmt, dass jede neue religiöse Gemeinschaft eine anerkannte Regel annehmen muss.3 Dadurch entsteht für die junge Gemeinschaft von San Damiano ein Problem. Franziskus hat Klara und ihren Schwestern die "forma vivendi" (KlReg VI, 1-4) gegeben, aber diese kann für die kirchliche Behörde nicht als eine Klosterregel gelten. Zuvor im Jahre 1209 haben die Brüder von Papst Innozenz III. die 33 cTc - kommunion und kommunikation Erlaubnis für ihren neuen Lebensentwurf erhalten mit der Genehmigung, Bußpredigten zu halten. Letzteres bedeutet: die Menschen zu einem Leben in Bußfertigkeit aufzurufen. Von einer offiziell anerkannten Regel mit einer päpstlichen Bulle ist, so weit wir wissen, noch keine Rede.4 Die Schwestern von San Damiano haben also Schwierigkeiten. Klara sieht schon bald die Gefahr für ihre Lebensentscheidung. Keine der bestehenden Regeln ist auf ein gemeinschaftliches Leben ohne Besitz und regelmäßigem Einkommen ausgerichtet. Jede Regel wird also in Konflikt geraten mit der evangelischen Armut, wie sie sie zusammen mit ihren Schwestern Franziskus versprochen hat. Der Überlieferung zufolge geht Klara selbst nach Perugia, um Papst Innozenz III. ihr Problem vorzulegen. Sie bittet ihn, der Gemeinschaft von San Damiano das "Privileg der Armut" zu gewähren.5 Das "propositum" (Lebensentwurf) erhält sie auch. Darin steht, dass die Schwestern von niemandem gezwungen werden können, Besitz anzunehmen (Vers 4). Es ist nicht eindeutig, ob dies mündlich oder schriftlich erklärt wurde.6 Zwischen 1217 und 1241 1217 wird Kardinal Hugolin dei Conti de Segni päpstlicher Gesandter für die autonomen Klöster der in Klausur lebenden armen Frauen in der Lombardei und der Toskana. Anfangs standen diese neuen Klöster unter der Autorität des Ortsbischofs. Hugolin bringt diese Klöster unmittelbar unter die Autorität des Heiligen Stuhls (Exemtion). Er sorgt auch für einen Visitator, der in seinem Namen handeln kann.7 Zwischen dem 27. August und dem 30. Juli 1219 verfasst er eine "Lebensform und -weise" [forma et modum vivendi] für die Klöster, die noch keine anerkannte Regel haben, gründend auf der Benediktsregel (RegHug 3).8 Auffallend 34 cTc - kommunion und kommunikation darin sind die sehr strengen Klausurbestimmungen (RegHug 4) und die Fastenvorschriften (RegHug 7). Mit diesen neuen Regelungen wird die kirchlich-juridische Situation sehr verworren: die Klöster werden dem Orden des Benedikt zugerechnet, sind aber direkt der Kirche von Rom unterstellt. Für Klara und ihre Schwestern, die mit Wissen von Franziskus auch diese "Lebensform und -weise" erhalten, wird es noch undurchsichtiger. Gehören sie noch zum Orden des Franziskus? Franziskus haben sie ja Gehorsam versprochen, und er hat versprochen, immer für sie zu sorgen. Kardinal Hugolins Wertschätzung gegenüber Klara und ihren Schwestern Nach einem Besuch in San Damiano schreibt Hugolin im Jahre 1220 Klara einen Brief voller Lob.9 In ihm zeigt sich seine Hochachtung für Klara und für das, was er in San Damiano gesehen hat. Über die „allerhöchste Armut“ steht nichts Konkretes darin. Ist diese Wahl Klaras für ihn ein Problem? Später, als er unter dem Namen Gregor IX. Papst wird, hat er bei einem Besuch in Assisi zwischen Mai und dem 16. Juni 1228 versucht, Klara davon zu überzeugen, etwas Besitz anzunehmen. Als Klara sich entschieden weigert mit Berufung auf ihr Gelübde, gewährt er den Schwestern von San Damiano das "Privileg der Armut".10 Dies ist ein offizielles päpstliches Dokument, dessen Original im Archiv des Protomonastero in Assisi aufbewahrt wird.11 Bei der Heiligsprechung von Franziskus im Jahre 1228 gibt Papst Gregor IX. Br. Thomas von Celano den Auftrag, eine Hagiografie über Franziskus zusammenzustellen. In Kapitel 8 wird der "Orden der Armen Frauen" rühmend erwähnt. Es ist auffällig, dass das Leben dieser recht jungen Gemeinschaft hier so überschwänglich gerühmt wird. Nachdem die Tugenden genannt sind - mit der "höchsten Armut" als Kennzeichen der Lebensweise in der Mitte –, heißt es am 35 cTc - kommunion und kommunikation Ende: "Und was hier vorläufig über die gottgeweihten Jungfrauen und die so frommen Mägde Christi gesagt wurde, möge genügen, da ihr wunderbares Leben und ihre ruhmvolle Regel, die sie vom Herrn Papst Gregor, dem damaligen Bischof von Ostia, erhielten, ein eigenes Werk und Muße verlangen würden.“12 Was ist die Absicht dieses Abschnitts? Soll Franziskus' Tugendhaftigkeit dargestellt oder viel mehr die Gemeinschaft von San Damiano als Beispiel vorgestellt werden, die nach der von Gregor selbst entworfenen "Lebensform und -weise " lebte? Dann können wir hier etwas Kirchenpolitik erspüren, um seine Lebensform von 1219 anzupreisen. Dieses Kapitel berichtet, "dass sechs Jahre nach der Bekehrung des seligen Franziskus“ an diesem Ort der Orden der Armen Frauen und heiligen Jungfrauen seinen Ursprung gefunden hat. Und dass "Klara der feste Grundstein und das Fundament war". Nicht Franziskus, sondern Hugolin habe San Damiano die „Satzung“ oder Lebensregel gegeben, so wird da suggeriert. Im zweiten Teil von Kapitel X der ersten Lebensbeschreibung wird Franziskus jedoch als derjenige bezeichnet, der den Orden der Armen Frauen gegründet hat [plantavit] (1Cel 116). Nirgends steht etwas von einem Ersten oder Zweiten Orden. In 1 Celano 37 wird wohl über eine „dreifache Streiterschar” von Männern und Frauen gesprochen, die die Kirche nach dem Beispiel des Franziskus erneuern, aber nichts über „Orden“: „War er doch der auserlesene Künstler, nach dessen Vorbild, Regel und Lehre in hervorhebenswerter Weise die Kirche Christi in beiden Geschlechtern erneuert wird und eine dreifache Streiterschar von Auserwählten triumphiert. Und allen gab er eine Richtschnur für ihr Leben und zeigte in Wahrheit jedem Stand den Weg zum Heil.” Keine einzige der frühesten Quellen erwähnt einen „Ersten 36 cTc - kommunion und kommunikation oder Zweiten Orden”. Zwischen 1234 und ihrem Tod hat Klara mit Agnes, der Prinzessin aus dem böhmischen Königshaus, die in Prag ein Kloster gründete, korrespondiert. Sie hatte von Klara gehört und wünschte sich für ihre Gemeinschaft dieselbe Lebensweise. Aus Klaras Briefen wird deutlich, dass sie sich allmählich immer mehr von der Politik Gregors IX. für Frauenklöster distanziert (vgl. 2Agn 17 und 3Agn 30f). Im Jahre 1234 stellt Klara sich selbst Agnes gegenüber vor als „Frauen, die im Kloster San Damiano in verborgener Zurückgezogenheit leben“ (1Agn 2) und nicht von „Armen Frauen” wie in der Lebensbeschreibung von Celano. Am 24. Mai 1239 bestätigt Papst Gregor IX. noch einmal seine „Lebensform und -weise” für alle Klöster der Damianitinnen, einschließlich des Klosters in Prag. Franziskus blieb bis zu seinem Tod Klara und ihren Schwestern verbunden. Kurz bevor er 1226 starb, schrieb er für Klara und ihre Schwestern seinen "Letzten Willen" auf: "Ich, der ganz kleine Bruder Franziskus, will dem Leben und der Armut unseres höchsten Herrn Jesus Christus und seiner heiligsten Mutter nachfolgen und in ihr bis zum Ende verharren. Und ich bitte euch, meine Herrinnen, und gebe euch den Rat, ihr möchtet doch allezeit in diesem heiligsten Leben und in der Armut leben. Und hütet euch sehr, dass ihr niemals und in keiner Weise auf die Lehre oder den Rat von irgendjemandem hin davon abweicht" (KlReg VI, 7-9). Er stellt sich selbst als Beispiel hin und bittet darum, in der Nachfolge des armen und demütigen Christus immer treu zu bleiben. Er warnt vor "irgendjemandem", der sie davon abbringen will. Meint er den Papst oder bestimmte Minderbrüder? Franziskus hat sehr darunter gelitten, dass seine ursprüngliche Berufung sowohl von einer großen Zahl der Brüder als auch von den kirchlichen Amtsträgern nicht 37 cTc - kommunion und kommunikation mehr wirklich verstanden wurde.13 Zwischen 1241 und 1253 Am 22. August 1241 stirbt Papst Gregor IX. Sein Nachfolger ist Papst Celestin IV., der schon nach 16 Tagen stirbt. Erst 1243 wird Papst Innozenz IV. gewählt. Dieser Papst übernimmt die Politik seiner Vorgänger bezüglich der religiösen Frauen, und am 13. November 1245 bestätigt er noch einmal mittels Dekret die „Lebensform und –weise“ von Papst Gregor IX., die an die Benediktregel gekoppelt war. Mittlerweile ist die "cura monialium" sowohl innerhalb des Ordens der Minderbrüder als auch für die kirchliche Behörde eine brennende Frage geworden. Viele Brüder sind nicht begeistert davon, die geistliche und materielle Sorge für die vielen Klöster der Damianitinnen auf sich zu nehmen. Auch die kirchliche Behörde will Minderbrüder für kirchliche Aufgaben befreien. Um dem Druck der Schwestern und den Beschwerden der Minderbrüder entgegen zu kommen, verfasst Papst Innozenz IV. am 9. August 1247 eine neue "Lebensform " [Forma vivendi]. Diese basiert auf der von Papst Honorius III. bestätigten Regel von 1223 des Ordens der Minderbrüder (vgl. RegInn 1). Er nennt dieses Dokument die "Regel des Franziskus". Dieses Dokument unterscheidet klar zwischen der Regel und der "Lebensform".14 Innozenz macht auch Gebrauch von der Lebensform des Hugolin, die er früher aufs Neue bestätigt hat. In diesem Dokument zeigt sich, dass auch dieser Papst nicht gut verstanden hat, worum es Klara und ihren Schwestern ging. Der Kern der evangelischen Inspiration bleibt undeutlich. Obwohl die Schwestern das Gelübde ablegen, ohne Eigentum zu leben, wird doch weiterhin erlaubt, dass die Gemeinschaft Besitz annehmen kann (RegInn 11). Diese "Forma vivendi" wird von vielen 38 cTc - kommunion und kommunikation Klöstern nicht gut aufgenommen. Bis zu diesem Zeitpunkt unterstanden die unabhängigen Klöster unmittelbar der kirchlichen Autorität. Vielleicht ist für viele die Macht des Generalministers der Minderbrüder zu groß, wodurch die Autonomie der Klöster beeinträchtigt wird.15 Schon 1250 wird diese "regula" und "forma vivendi" vom Papst als nicht verpflichtend erklärt. Dennoch ist dieses Dokument für Klara ein Schritt in die richtige Richtung gewesen. Die Verbundenheit mit dem Orden der Minderbrüder ist wiederhergestellt (RegInn 2) und die geistliche Sorge für die Schwestern gesichert. Für Klara bleibt die Aufgabe, die ursprüngliche Inspiration sicher zu stellen. Klara und ihre Mitstreiterinnen haben inzwischen schon eifrig an einem Entwurf für eine „Lebensform für die Armen Schwestern“ [forma vitae ordinis sororum pauperum] gearbeitet.16 In diesem Dokument hält Klara sich eng an die Regel der Minderbrüder von 1223. Klar formuliert sie die Verbundenheit mit Franziskus und seinen Brüdern vom Ursprung her (Kapitel 1). Sie distanziert sich von dem Namen "Orden der Damianitinnen" und "Orden der Armen Frauen" mit der Bezeichnung: "Orden der Armen Schwestern". Um den Inhalt ihrer Berufung zu profilieren, übernimmt sie außer den Schriften, die Franziskus ihr hinterlassen hat (Kapitel 6), wörtlich die Kerntexte aus der Regel von 1223 (Kapitel 7-10), insbesondere die, die sich auf das Leben ohne Eigentum und das liturgische Gebet beziehen. Auch Teile aus der Regel Benedikts, der Lebensformen von Hugolin von 1219/1239 und Innozenz IV. von 1247 hat sie aufgenommen. Rainald, Kardinalbischof und Ordensprotektor der Minderbrüder, approbiert diese "Forma vitae" am 16. September 1252. Papst Innozenz IV. bestätigt diese "Forma vitae" mit einer päpstlichen Bulle am 9. August 1253. Sowohl im Dokument wie in der päpstlichen Bulle steht an keiner 39 cTc - kommunion und kommunikation Stelle das Wort "regula", sondern "forma vitae". Klara hat sich also deutlich für den formellen Abschluss an den Orden der Minderbrüder entschieden, wovon in der „Forma vivendi“ von Innozenz IV. die Rede ist. Und sie hat sich nach dem Beispiel Hugolins und Innozenz’ IV. an Kanon XIII des Vierten Laterankonzils gehalten. In der "Lebensform der Armen Schwestern“ lässt Klara die Bestimmungen weg, die sich auf das Wanderleben der Brüder beziehen, und sie fügt Bestimmungen hinzu, die Bezug haben auf ein konkretes Leben der Schwestern innerhalb des Klosters. Es ist ganz offensichtlich: Sie hatte kein Bedürfnis nach einer neuen Regel, denn sie verlangt danach, aus demselben Ursprung und der Inspiration zu leben und dem treu zu bleiben. Es ist wie mit der Regel des Franziskus für die Einsiedeleien. Auch das ist ein Modell für eine besondere Gruppe von Brüdern, die zwar die Regel der Minderbrüder befolgen, für die aber besondere Absprachen nötig sind. Für Klara und ihre Schwestern gilt dasselbe: Schwestern und Brüder schöpfen aus ein und derselben Inspiration, die in verschiedenen Lebensweisen gelebt werden kann. Nach Klaras Tod Isabella, die Tochter Ludwigs VIII., gründete um 1259 ein Kloster in Longchamps nahe Paris. Mit Hilfe Bonaventuras, seit 1257 Generalminister der Minderbrüder, stellt sie eine Ordensregel auf. Eine formelle Angliederung an den Orden der Minderbrüder ist nicht erwähnt. Papst Alexander IV. (das ist der oben genannte Kardinal Rainald, der Innozenz IV. als Papst folgte) hat dieses Dokument bestätigt. Es fällt auf, dass dieses Dokument nicht "Forma vitae", sondern "Regula" genannt wird. Die Schwestern legten ihre Gelübde "sub Regula a Domino Alexandro, papa IV" ab. Dies ist bemerkenswert, denn diese Approbation verstößt gegen Kanon XIII des Vierten Laterankonzils: keine neuen 40 cTc - kommunion und kommunikation Ordensregeln. Es wird nämlich von der höchsten kirchlichen Autorität selbst eine neue "Regula" zu den bestehenden Ordensregeln hinzugefügt. Später, im Jahre 1263, wird Papst Urban IV. aufs Neue die Regel von Longchamps bestätigen.17 Inzwischen ist aufgrund dieser Entwicklungen die anfangs durch Hugolin beabsichtigte Einheit in der Formgebung des Lebens in den Klöstern der Damianitinnen – und einiger anderer Namen – weiter weggerückt. Um wieder Ordnung hineinzubringen, verfasst Papst Urban IV. am 12. April 1263 für alle Frauenklöster eine eigene „Regula“. Die Schwestern werden, größtenteils gegen ihren Willen, von ihren früheren Gelübden entbunden, und sie müssen von neuem Profess ablegen "sub Regula a Domino Urbano, papa quarto". Mit dieser neuen "Regula" erlöschen die Bindungen an die Letzte Regel der Minderbrüder oder an die Regel Benedikts. Zwar werden viele Klöster weiterhin von den Brüdern geistlich betreut, aber das wohl auf freiwilliger Basis seitens der Brüder.18 Die Dispensen und Privilegien, die den verschiedenen Klöstern in der Vergangenheit verliehen wurden, durften weiter gelten, doch das "Privileg der Armut" wurde durch die Verfügung bezüglich gemeinschaftlicher Einkünfte und Besitz aufgehoben (Kapitel 21). Die Schwestern werden zusammen als „der Orden der heiligen Klara“ [Ordinum sanctae Clarae] in die Geschichte eingehen. Klara ist ihr hervorragendes Vorbild, doch die evangelische Armut, die Klara so am Herzen lag, ist in diesem Dokument verschwunden. So gründete Papst Urban IV. den "Orden der Klarissen " (Urbanistinnen). Seit damals führt der Orden ein eigenes Leben, losgelöst von Klaras ursprünglichen Intentionen und formell losgelöst vom Orden der Minderbrüder.19 (1 Fortsetzung) 1 1231 braucht Papst Gregor IX. den Namen „Ordo Sancti 41 cTc - kommunion und kommunikation Damiani“ (Damianitinnen) zum ersten Mal. Niklaus Kuster OFMcap/ Kreidler-Kos, Martina, Neue Chronologie zu Clara von Assisi, in: Wissenschaft und Weisheit, 69, 1 (2006), 3-46, 18. 2 Vgl. 1Cel 18. 3 „Ne nimia religioumum diversitas gravem in Ecclesia Dei confusionem inducat, firmiter prohibemus ne quis de cetero novam religionem inveniat; sed quicumque voluerit ad religionem converti, unam de approbatis assumat; similitur qui voluerit religiosam domum fundare de novo, regulam et institutionem accipiat de religionibus approbatis“ (Lat IV: Canon XIII) In: I. Omaechevarría, Escritos de Santa Clara y documentos complementarios. (Biblioteca de Autores Cristianos), (Madrid 1982) 206. 4 Von dieser „Urregel“ kann man Fragmente in der Ersten Regel (1221) finden. Schon zwischen 1217 und 1221 stellte Franziskus auch eine Ergänzung zur Regel zusammen für „das gottesfürchtige Wohnen in Einsiedeleien“, deren Text erhalten ist (Regel für Einsiedeleien). 5 Das “Privileg der Armut” beinhaltet, dass die Schwestern nie gezwungen werden können, Besitz in welcher Form auch immer anzunehmen. 6 W. Maleczek versuchte nachzuweisen, dass das Privileg von 1216 von Papst Innozenz III. eine Fälschung sei. In: Das Privilegium Paupertatis Innozenz’ III. und das Testament der Klara von Assisi. Überlegungen zur Frage ihrer Echtheit, in: W. Maleczek, Klara von Assisi. Das „Privilegium Paupertatis“ und das Testament, Istituto Storico dei Cappuccini, Rom 1995. Niklaus Kuster hat die Thesen von Maleczek widerlegt in: N. Kuster, Das Armutsprivileg Innozenz’ III. und Klaras Testament: echt oder raffinierte Fälschungen? in: Collectanea Franciscana / 66 / 1-2 / 1996. 7 Vgl. „The Letter of Pope Honorius III to Cardinal Hugolino, in: Clare of Assisi. Early Documents. Edited and translated by Regis J. Armstrong, ofmcap. Saint Bonaventure, NY 14778, 1993, 87 f. 8 Vgl. Lateinischer Text in: I. Omaechevarría, Escritos de Santa Clara, 214-229. 9 In: Leben und Schriften der heiligen Klara, Werl 1997, 344. 10 LegKl n. 14: „Als er [der Papst] ihr zuredetet, sie solle ob der Zeitläufte und Weltgefahren ihre Zustimmung geben, einige Besitzungen zu haben, die er ihr selbst freigebig anbot, widerstand sie mit unerschrockenem Mut und ließ sich nicht im geringsten dazu herbei. Da antwortete ihr der Papst: „Wenn du wegen des Gelübdes fürchtest, so 42 cTc - kommunion und kommunikation entbinden Wir dich davon.“ Sie aber sprach: „Heiliger Vater, auf gar keine Weise will ich in Ewigkeit von der Nachfolge Christi befreit werden.“ 11 Text des Privilegs von Papst Gregor IX. (1228) in: Leben und Schriften der heiligen Klara, Werl 1997, 331 ff. 12 1Cel 20. 13 In seinem „Audite poverelle“ (Mahnlied für die Schwestern der heiligen Klara), das er ebenfalls kurz vor seinem Tod schrieb, betont Franziskus den “Gehorsam” und er bittet, sie mögen “sorgsam mit den Almosen umgehen”. Vermutlich spielt er hier auf den „Gehorsam“ an, den die Schwestern Franziskus auf „göttliche Eingebung“ hin versprochen haben. 14 Die Lebensform von Papst Innozenz IV. in: I. Omaechevarría, Escritos de Santa Clara, 238-259. 15 „Beati Francisci Regulam quamtum ad tria tantum, videlicet, oboedientiam, abdicationem proprii in speciali et perpetuam castitatem, necnon Formam Vivendi praesentibus annotatam, secundum quam specialiter vivere decrevistis“ (RegInn). Die Schwestern legen auf beide Gelübde ab. Auch wird da von “Orden” gesprochen: in singulis monasteriis vestri Ordinis”. 16 Aus dem zweiten und dritten Brief Klaras an Agnes von Prag wird deutlich, dass Agnes schon früher einen Entwurf für eine Lebensform bei Papst Gregor IX. eingereicht hat, diese aber abgewiesen wurde. 17 Vgl. I. Omaechevarría, Escritos de Santa Clara, 293-324. 18 Vgl. Kapitel 7 und 20. Die Äbtissin wird von der Gemeinschaft gewählt und durch den Kardinalprotektor bestätigt, nicht mehr durch den Generalminister der Minderbrüder (Kapitel 22); vgl. KlReg Kapitel 4). 19 Niklaus Kuster, Eine neu entdeckte Lichtgestalt. Forschungsberichte zu Clara von Assisi. In: Wissenschaft und Weisheit, Band 68 / 1 / 2005, 125-153. 43 cTc - kommunion und kommunikation 5. Die Klausur in unseren Tagen für die Töchter der hl. Klara Sr. Veronika Namoyo, osc - Lusaka, Zambia Der vollständige Titel von Verbi Sponsa, dem kirchlichen Dokument, das unsere Regeln der Klausur beinhaltet, lautet: Instruktion über das kontemplative Leben und die Klausur der Nonnen. Die Regeln der Klausur können nicht getrennt werden vom Begriff und der Wirklichkeit des kontemplativen Lebens. Diese Regeln gelten für die Nonnen, die unter der Führung des Heiligen Geistes erwählt und versprochen haben, dieser besonderen Berufung des Geistes zu folgen. Die Klausur ist an diese Berufung gebunden und besonders an ihre monastischen Formen: es ist ein kontemplatives Leben in einer Gemeinschaft, die zu einem Orden oder einer Kongregation gehört, die von der Kirche anerkannt sind. Bevor wir über Klausur sprechen, sollten wir darum das Problem unserer Identität lösen. Sind wir, wollen wir "einem gänzlich kontemplativen Leben geweiht" sein, "verborgen mit Christus in Gott" und "Zeichen der ausschließlichen Vereinigung der Kirche mit Ihm"? (Einleitung Verbi Sp.) Eine intensive Suche nach dem lebendigen Gott und ein beharrliches Bemühen "allzeit zu beten" verlangen die Freiheit von den Aufgaben des aktiven Apostolates und brauchen einen eigenen Schutz gegen Störung und Aufregung oder Lärm, was die traditionellen Gesetze der Klausur sicherstellen. Jahrhunderte lang sind die Klarissen dieser Lebensform gefolgt. Sie ist zusammen mit der franziskanischen Liebe zur Herrin Armut und der großen Sorge um die geschwisterliche Einheit der Hauptfaktor ihrer Identität. Ihre Annahme der Regel der Päpstlichen Klausur ist der Ausdruck und die Verteidigung ihrer besonderen Berufung zu einem Leben ausschließlicher Kontemplation und ihrer besonderen Mission in der Kirche. 44 cTc - kommunion und kommunikation Das verlangt einen starken Glauben an die erlösende Kraft des Gebetes und Opfers in der Einheit mit Christus. Ordensleute, die für die Kranken sorgen und unterrichten oder in sozialen Werken beschäftigt sind, leben das Ostergeheimnis auf andere Weise. Die Kirche erwartet von uns nicht, ihre speziellen Lasten zu teilen, sondern im Namen aller Wesen dem lebendigen Gott unaufhörlich Anbetung und Lobpreis darzubringen und in Stille, Buße und Einsamkeit zu verharren im Suchen nach vollkommener Vereinigung mit ihm. Wie Klara, Theresia, Gertrud und viele andere gezeigt haben, hat diese Einheit die Kraft, sogar in die dunkelsten und entferntesten Orte auszustrahlen. Das Schlimmste, was einer Klarisse passieren kann, ist der Versuch, das Bewusstsein dieser hohen Berufung und geistlichen Verantwortung einer fortschreitenden Aushöhlung aller ihrer Versprechungen anheimzugeben, gewöhnlich unter dem Deckmantel einiger gut gemeinter Absichten. Kann es nicht geschehen, dass wir mit den Armen beginnen und in Mittelklasse-Komfort enden, dass wir uns an Vigilien erfreuen, aber bald überzeugt sind, dass Schlafen gesünder ist; dass wir nur dann bereitwillig gehorchen, wenn Befehle Rücksicht nehmen auf unsere Wünsche und Ideen? Und vor allem, sind wir nicht manchmal geneigt zu denken, dass unsere Trennung von "der Welt" vernünftig sein sollte (wir sollten nicht irgendetwas Interessantes oder Erfreuliches versäumen), wohltätig (wir wollen unseren lieben Besuchern keinerlei Opfer auferlegen, indem wir die Zeit abkürzen, in der wir uns mit ihnen über eine Unmenge von Details unterhalten)? menschlich (wenn meine Mutter krank ist, wünscht sie nur meine Hilfe - und vielleicht ist es der letzte Geburtstag meines Vaters...) oder was ist falsch daran, mit franziskanischen Kaplänen oder Gästen unterhaltsame Mahlzeiten zu teilen? Sind sie nicht unsere Brüder? E-mails? In unseren Tagen ist der Zugang zu Computer und Nachrichten fast ein Menschenrecht... Es gibt immer eine gewisse Grenze der Auslegung von 45 cTc - kommunion und kommunikation Texten und Regeln. Wir kennen die Übertreibungen des Fundamentalismus aller Art, aber Ehrlichkeit und Treue sollten uns helfen zu unterscheiden zwischen einer berechtigten Ausnahme und einer schleichenden Gewohnheit, die dem besonderen Geist der universalen Gesetze des kontemplativen Lebens entgegen gesetzt ist, sogar in nicht christlichen Religionen. Diese Gesetze, die den Rückzug von der Welt, die Strenge und das vom Gebet erfüllte Schweigen betreffen, sind bestimmt unsere Freiheit zu bewahren, um entsprechend unserer Berufung und den Ermahnungen des II. Vatikanums intensiv "mit Gott allein beschäftigt" zu sein. Wir teilen nicht die Arbeiten der tätigen Schwestern und die vielen Opfer des Familienlebens. Unserem kontemplativen Leben muss mit Eifer und Ernsthaftigkeit nachgegangen werden. Es kommt alles darauf an, dass wir jene Einheit mit Gott erlangen, die Er für uns bestimmt hat; die Früchte davon müssen wir Ihm darbringen für die vielen Brüder und Schwestern, die auf ihrem Weg zu Ihm unsere Hilfe brauchen. Wir können die wahren Fundamente dieses Lebens nicht schwächen, indem wir uns dem Geist dieser Welt fügen, der wir so öffentlich entsagt haben. Einige sprechen von drastischen "Anpassungen an unsere Zeit". Wo sie eingeführt worden sind, scheinen sie nicht zahlreichere echte Berufungen angezogen zu haben oder mehr Glück in die Gemeinschaft gebracht zu haben. Es ist eindeutig notwendig, unsere Schwestern mit mehr theologischen und psychologischen Kenntnissen zu versorgen, als andere Zeiten dies anbieten konnten, und das Erwerben von nützlichen Fertigkeiten zu fördern, aber Jahre in Universitäten zu verbringen oder lange und kostspielige Reisen zu unternehmen scheint nicht geeignet oder notwendig zu sein, gerade wenn so viele andere Kommunikationsmittel angeboten werden. Ein Computer kann ein Instrument für schnelle Arbeit sein und es ermöglichen, mehr Zeit der Gebet zu widmen oder er kann gerade diese Zeit verschlingen. 46 cTc - kommunion und kommunikation Das Kriterium sollte nicht sein: "Ist diese neue Erfindung moderner, geschickter, bringt sie mehr Komfort und Zugang zu einer geschäftigen, interessanten Welt?" sondern: "Macht sie unser Leben dem Evangelium Jesu, der Armut und dem kontemplativen Geist Klaras in unseren gegenwärtigen Umständen gleichförmiger?" Ist es eine Hilfe oder ein Hindernis für das immerwährende Gebet? Mit diesem werden wir stets "festhalten, was wir halten", das ist die Gnade unserer Berufung, die besondere Gnade "allezeit mit Gott zu sein" in schweigsamer Gesinnung und einem brennenden, ungeteilten Herzen. Wenn wir das Leben zeitgenössischer Heiliger lesen, die vor kurzem seliggesprochen wurden, bemerken wir, dass viele von ihnen mannigfaltige schöpferische Werke als Antwort auf neue Bedürfnisse unternahmen, aber es scheint nicht, dass ihr inneres Leben außerordentliche Anpassungen an moderne Zeiten verlangte. Viele Dinge haben sich seit der Zeit Christi geändert, aber nicht unsere menschliche Natur noch die Wege des Geistes in der Tiefe eines kontemplativen Herzens. Wir sind in diesen Tagen eingeladen, einige Klausurregeln an gegenwärtige Bedürfnisse anzupassen. Sollten wir nicht dafür sorgen, dass wir in diesem Prozess die Weisheit des Kreuzes und die Freiheit jener nicht ausschließen, die kein anderes Verlangen haben als "den Sohn Gottes mit ganzer Hingabe zu lieben, der sich selbst gänzlich an uns hingegeben hat"? Klara verließ niemals ihre Klausur, nicht weil irgendjemand sie verpflichtete die Gesetze zu halten, die sie so weise selbst geschrieben hat, sondern weil Jesus Christus für sie hier war und sie für Ihn. Sie hatte ihn gefunden und wünschte sonst nichts. Das ist noch immer genug für jene, die ihr folgen. 47 cTc - kommunion und kommunikation 6. Neuigkeiten... 6.1 en Itali s u A 6.1.1 Versammlung der Präsidentinnen und Geistlichen Assistenten der Föderationen der Klarissen in Italien, die in Santa Maria degli Angeli, stattfand. Vom 24. Juni - 2. Juli 2007 fand die Versammlung der Präsidentinnen der Föderationen der Klarissen mit den Geistlichen Assistenten statt. Die Versammlung erarbeitete das Material aller Gemeinschaften der Föderationen. Folgende Punkte ergaben sich: ZUSAMMEN AUF DEM WEG *Wichtigkeit der Kommunion, die es ermöglicht, dass wir weiterhin unseren Weg gehen, wie wir, die Präsidentinnen, es während dieser Tage zusammen erlebt haben. 1. DAS HEILIGE EVANGELIUM ZU LEBEN. Die gemeinsame Dynamik, die das Wort in den Mittelpunkt unseres Lebens stellt - nicht als ein Buch, sondern als die Person Jesu Christi: • Die Gültigkeit der beschaulichen Dimension unseres Lebens. • Größere Aufmerksamkeit für die Liturgie. • Die Einheit in unserem Leben, wenn wir mit dem Wort in den liturgischen Feiern umgehen und dann in den alltäglichen Lebenssituationen. • Die Vereinfachung unseres Gemeinschaftslebens, von Unruhe und Hetze befreit. 48 cTc - kommunion und kommunikation • Ein Weise des Gebetes zu finden, die uns ermöglicht, gleichzeitig in Beziehung mit unserer Zeit zu leben und doch die Priorität unserer Lebensform respektiert. • Formung der Innerlichkeit und des Stillschweigens. • Die Wiederentdeckung eines franziskanisch-klarianischen Stils der lectio divina, dabei aber die Gefahr des Intellektualismus zu vermeiden. • Das Schreiben von Ikonen als ein Mittel, das Wort darzustellen. Wie bieten wir diese wertvolle Spannung jungen Menschen an, die wir treffen? Wie geben wir Zeugnis dafür in der Kirche und in der heutigen Gesellschaft? 2. IN DER HEILIGEN ARMUT. Eine gemeinschaftlich gelebte Armut, die ein offener Ort der Begegnung ist, wo das wesentliche und ernsthafte Leben neu entdeckt werden kann • Suchen nach Arbeit, die zur Unterstützung unserer Lebensform • • • • • • ausreicht, aber nicht Gottes Vorsehung und unsere Berufung, Bettler zu sein, in Gefahr bringen könnte. Die Formung zur Verantwortung bezüglich unserer Arbeit, besonders im Umgang mit Dingen und Zeit in Solidarität mit den Armen. Wachsamkeit und Flexibilität gegenüber den Anforderungen des Lebens. Konfrontation mit althergebrachten Strukturen, die in die heutige Situation eingepasst werden müssen. Einen Weg zu finden, den Armen zu helfen, vereinbar mit unserer Lebensform. Den Bußgeist unseres Charismas in Ehren halten. Wir haben einen Austausch über unser Ordenskleid angefangen. Wie bieten wir diese wertvolle Spannung jungen Menschen an, die wir treffen? Wie geben wir Zeugnis dafür in der Kirche und in der heutigen Gesellschaft? 49 cTc - kommunion und kommunikation 3. IN HEILIGER EINHEIT. Der gemeinsamen Dynamik unser freundschaftlichen Beziehungen, die im Glauben gründen, haben wir wieder neu Ausdruck verliehen: • Sorge und Aufmerksamkeit dafür, dass unsere Beziehungen ehrlicher, menschlicher, freier, vergebender werden. • Den Dienst der Äbtissin als Dienerin der Gemeinschaft und das Reifwerden der Gemeinschaft achten. Die Verantwortung der Schwestern, sich der fraternità zu widmen. Das Sehnen nach Heiligkeit in der Gemeinschaft. Der Übergang von Zusammenleben zu Gemeinschaftsleben. Mehr Gebrauchmachen von Kommunikation, die unsere Lebensform bietet {Kapitelsversammlung, Erneuerung des Lebens, Pläne für das Gemeinschaftsleben...} • Eine positive Einsicht, dass Konflikte eine Möglichkeit zur Reifung sind. • Besondere Fürsorge für kranke Schwestern und die Bereitschaft, unsere eigene Schwäche zu ertragen. • • • • Die gemeinsame Spannung, in die Zugehörigkeit zum Orden hineinzuwachsen. • Bereit sein, einander kennen zu lernen und als Föderationen sowie als Klöster Austausch zu pflegen. • Eine offene Mentalität, die bereit ist, für den Austausch praktische Hilfe zu geben und anzunehmen. Die gemeinsame Dynamik, mit dem 1. Orden und der örtlichen Kirche mitzuarbeiten, aber doch unser Charisma zu respektieren. Wie bieten wir diese wertvolle Spannung jungen Menschen an die wir treffen? Wie geben wir Zeugnis dafür in der Kirche und in der heutigen Gesellschaft? 50 cTc - kommunion und kommunikation 6.1 en Itali s u A 6.1.2 Einhundert Jahre französische Klarissen in Assisi 1908 - 2008 1908, nach legte die kleine Gruppe Paray-le-Monial den Grundstein für 3, Borgo San Pietro, Assisi in der Stadt Klara. dreijähriger Wanderschaft, der Klarissen-Coletinnen aus eine Neugründung in Nummer des hl. Franziskus und der hl. Hundert Jahre später halten die Klarissen des Klosters der hl. Coleta in Assisi den goldenen Faden in Erinnerung, wie er sich durch die Ereignisse ihrer Geschichte zieht, und ebenso erinnern sie an die demütige Antwort der Schwestern, ihrer Vorgängerinnen. Was ist der Mittelpunkt der Schwestern für die Zukunft? Zu den Feierlichkeiten: Innerhalb des liturgischen Kirchenjahres können Sie alle teilnehmen, wenn wir die Gegenwart Gottes in unserem täglichen Leben feiern werden. 4. Oktober 2007 - Eröffnung der Feierlichkeiten “Fremde und Pilger.” Abraham brach auf, ohne zu wissen wohin er gehen sollte. Eine feierliche Liturgie des hl. Franziskus mit Br. Gilles Bourdeau ofm. 3. Februar 2008 - für unsere italienischen Bekannten “Form des Lebens und Reform des Lebens.” Eucharistie des Festtages der hl. Coleta mit Mons. Domenico Sorrentino, Bischof von Assisi. 11. August 2008 - für unsere französischen Bekannten Eine Einladung zum Hochzeitsfest. Feierliche Liturgie zu Ehren der hl. Klara mit Fra Francois Bustillo 51 cTc - kommunion und kommunikation ofmconv. 4 Oktober 2008 - Ende der Hundertjahrfeier. “Lasst uns beginnen, Schwestern!“ Feierliche Liturgie für das Fest des hl. Franziskus mit Fra Pierre Brunette ofm. Außerdem: 17 November 2007 - Ein italienisches Gespräch “Eine französische Gegenwart in Assisi“ In Zusammenarbeit mit ITA Zwischen Assisi und Frankreich Die kirchlichen, politischen und kulturellen Resonanzen einer Gründung ausfindig zu machen. Sprecher: M. Tosti, F. Santucci, J.M. Ticchi, G. Buffon, Suor M. Aimee di Paray-leMonial; Leiter der Diskussion: P. Messa. 16. - 18. Mai 2008 - Ein französisches Gespräch “En retrait et en resau”. Eine dreitätige Vertiefung unseres Wissens über die hl. Klara und die hl. Coleta und ein Verstehen der Wichtigkeit des beschaulichen Lebens der Klarissen für unsere Zeit, 2008. Mit Hilfe von Sr. Colette di Nice, M. Bartoli, Jean Vanier. Diskussionsleiter: Fra Pascal Aude ofmcap. Mit Mons. Benoit Riviere, Bischof von Paray-le-Monial. Ihre Aus 6.2 den n ppine Phili Schwestern von Assisi. 6.2.1 Eine Einladung – laut und klar für unsere Zeit Klara „nach dem Beispiel und der Lehre unseres heiligen Vaters Franziskus“ (TestCl 2+7) übernahm die ganze 52 cTc - kommunion und kommunikation Radikalität des Evangeliums als ihre Lebensweise. Länger als 40 Jahre ihres bekehrten Lebens erschaute sie täglich das, was sie in ihrem letzten Brief an Agnes von Prag, der anderen tapferen Frau des Weges nach dem Evangelium, schrieb: „Am Ende diese Spiegels aber beschaue die unaussprechliche Liebe, mit der er am Stamme des Kreuzes leiden und an ihm durch die schimpflichste Art des Todes sterben wollte. Als daher dieser Spiegel selbst am Holz des Kreuzes angebracht wurde, da erinnerte er die Vorübergehenden an das, was sie erwägen sollten, indem er sprach: „Ihr alle, die ihr des Weges vorüberzieht, habt Acht und seht, ob ein Schmerz gleich meinem Schmerz!“ Lasst uns dem Rufenden und Weheklagenden mit einer Stimme und einem Geist antworten, wie er selbst sagt: „Immer denke ich daran, und meine Seele schmachtet in mir dahin.“ Daher also mögest du vom Feuer der Liebe immer stärker entzündet werden, o Königin des himmlischen Königs. (4Agn). Solche Einladung muss laut und klar auch in unserer Zeit zu hören sein, wenn rings um uns Anzeichen und Aufschreie durch das Elend und Leiden der Menschen bemerkbar werden. Noch geht der Krieg weiter in vielen Teilen der Erde: im Irak, in Afghanistan, Israel/ Palästinenser, Sri Lanka, Dafur, Somalia, Kongo und so weiter. Was für eine Verschwendung von wertvollem Leben und Eigentum. Warum wird unser Land als ein Land betrachtet, das mit am häufigsten die menschlichen Gesetze durch ungesetzliches Töten verletzt? Wie viele Familien sind auseinander gerissen durch innere und äußere Umstände, die noch mehr gebrochenes Leben hervorbringen, das Hilfe braucht. So viele gebrochene Versprechen, die wieder zur Folge haben, dass viele ihr Vertrauen verloren haben, nicht nur in die Umstände, sondern auch in den Anderen und in die Institutionen wie Staat oder Kirche, die sich nicht immer als glaubwürdig erwiesen haben. Warum wurde unser politisches System zu einem Zirkus aus korrupten Männern und Frauen, die nicht sensibel sind für den 53 cTc - kommunion und kommunikation wirklichen und trostlosen Zustand unserer Armen im Land? Unsere Gemeinschaften sollen deswegen, wie klein auch immer ihre Hilfe scheinen mag, Gemeinschaften von Solidarität und Hoffnung sein, inmitten einer gebrochenen und düsteren Welt. Solche Solidarität und Hoffnung sind Werte, die wir vor allem einander zeigen sollten, ehe wir fähig sind, sie anderen widerzuspiegeln. Br. Bienvenido Baisas, ofm (Audite, Poverelle Vol X, 2 (2007)Madre Jeronima Federation OSC, Philippinen) 54 PRO-MANUSCRIPTO Monastero S. Chiara - Cortona (Ar) Italia