Die Abfindung von betrieblicher Altersversorgung
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Die Abfindung von betrieblicher Altersversorgung
Folge 064 19.08.2011 SLPM Veh Die Abfindung von betrieblicher Altersversorgung In der Praxis stellt sich oftmals die Frage, ob betriebliche Altersversorgung (bAV) abfindbar ist. Arbeitsrechtliche Sicht Gemäß § 3 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) ist eine Abfindung von gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften im Falle der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur möglich, wenn die in § 3 Abs. 2 BetrAVG genannten Grenzen nicht überschritten werden. Für 2011 bedeutet das, dass die Rente nicht höher als 25,55 EUR monatlich in den alten und 22,40 EUR in den neuen Bundesländern bzw. eine Kapitalleistung nicht höher als 3.066 EUR respektive 2.688 EUR sein darf, damit sie abgefunden werden kann. Diese Regelung gilt auch für laufende Renten, allerdings nur, wenn diese ab dem 01.01.2005 zu laufen begonnen haben. Für Renten, die bereits vor dem 01.01.2005 erstmals zur Auszahlung gelangt sind, sind Abfindungsvereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber – unabhängig von der Höhe – möglich. Kein Abfindungsverbot besteht für Anwartschaften während eines aktiven Arbeitsverhältnisses, unabhängig davon, ob die gesetzlichen Fristen für die Unverfallbarkeit des § 1b Abs. 1 BetrAVG bereits erreicht sind und unabhängig von deren Höhe. D.h. nach Maßgabe des BetrAVG ist eine 1 Abfindung während des aktiven Arbeitsverhältnisses einvernehmlich möglich. Steuerrechtliche Sicht Die steuerliche Behandlung der Abfindungszahlung richtet sich nach dem jeweiligen Durchführungsweg. D.h., die Abfindung einer nach § 3 Nr. 63 EStG geförderten betrieblichen Versorgungszusage über die Durchführungswege Pensionskasse, Pensionsfonds und Direktversicherung ist nach § 22 Nr. 5 EStG zu versteuern. Die Abfindungszahlung einer Direktzusage oder einer Unterstützungskassenversorgung ist nach § 19 Abs. 2 EStG zu versteuern. Die sog. Fünftelungsregelung des § 34 EStG kann hierbei angewandt werden. Die Abfindung einer nach § 40b EStG pauschal besteuerte Versorgung in den Durchführungswegen Pensionskasse und Direktversicherung in Form des Rückkaufswerts ist nach den Regelungen des § 22 Nr. 5 b i.V. m. § 20 Abs.1 Nr. 6 EStG als sonstige Einkünfte zu versteuern. Wenn der Abschluss der Direktversicherung vor dem 01.01.2005 erfolgt ist und die Versicherung seit Abschluss bereits 12 Jahre bestanden hat, sind die Erträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. beim Arbeitnehmer steuerfrei. Hat der Vertrag jedoch weniger als 12 Jahre bestanden, sind die Erträge voll zu versteuern. Ist die Direktversicherung nach dem 31.12.2004 abgeschlossen worden, sind die im Rückkaufswert enthaltenen Erträge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EStG n.F. grundsätzlich komplett zu versteuern, es sei denn die Auszahlung erfolgt nach Vollendung des 60. Lebensjahres und die Versicherung hat mindestens 12 Jahre bestanden; dann ist nur die Hälfte der Erträge zu versteuern (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG n.F.). Sozialversicherungsrechtliche Sicht Gemäß einer Besprechung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger am 21./22.11.2006 sind Abfindungen von Anwartschaften bei weiter bestehendem Arbeitsverhältnis als sozialversiche- 1 Zu beachten ist jedoch, dass sich Restriktionen für eine Abfindung aus tariflichen Besonderheiten (nichtrückkaufsfähiger Tarif) oder im Durchführungsweg Unterstützungskasse auch aus der Satzung ergeben können. 1 2 rungspflichtiges Arbeitsentgelt anzusehen. Dies gilt unabhängig von der Höhe der aus der Anwartschaft resultierenden Leistung auf bAV und unabhängig davon, ob die Anwartschaft bereits gesetzlich unverfallbar war oder nicht. Es handelt sich bei dem gezahlten Abfindungsbetrag bzw. Rückkaufswert um einen geldwerten Vorteil für den Beschäftigten, der nach § 14 Abs. 1 SGB IV als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung anzusehen ist. Für die Beitragsberechnung findet § 23 a SGB IV Anwendung. Die Verbeitragung erfolgt bis zur gültigen Beitragsbemessungsgrenze (BBG). Beispiel: Ein Arbeitnehmer erhält im Juni 2011 eine Abfindung seiner bAV z.B. in Form des Rückkaufswerts einer Direktversicherung. Sein Brutto-Arbeitslohn liegt bei 3.000 EUR, der Rückkaufswert beträgt 10.000 EUR. Die Verbeitragung erfolgt bis zur noch nicht ausgeschöpften BBG, d.h. in Höhe von 3.712,50 EUR (BBG in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung 2011) – 3.000 EUR = 712,50 EUR. Die Vormonate des laufenden Kalenderjahres müssen für die sozialabgabenrechtliche Behandlung mit einbezogen werden. D.h. es werden für die Monate Januar bis Juni 6 x 712,50 EUR = 4.275 EUR der Abfindungszahlung mit Sozialabgaben belegt. 5.725 EUR der Abfindungszahlung sind damit im Ergebnis sozialabgabenfrei. Würde der Arbeitnehmer die Abfindungszahlung bereits im Februar erhalten, würde die Abfindung dem Entgeltabrechnungszeitraum des Vorjahres zugeordnet werden, da die Abfindung zusammen mit dem laufenden Entgelt (10.000 + 2 x 3.000 = 16.000 EUR) die anteilige BBG (2 x 3.712,50 = 7.425 EUR) des aktuellen Jahres überschreitet. Dann ermittelt man wiederum für das Vorjahr die Differenz zwischen der Jahres-BBG und dem Arbeitsentgelt: 45.000 (BBG Kranken-/Pflegeversicherung 2010) – 36.000 = 9.000 EUR. Damit werden von der Abfindung 9.000 EUR verbeitragt und lediglich 1.000 EUR der Abfindungszahlung bleiben sozialabgabenfrei. Diese Rechnung erfolgt analog auch für die Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Der „Rückgriff“auf die Monate des Vorjahres erfolgt immer dann, wenn die Abfindungszahlung in den Monaten Januar bis März erfolgt (sog. „Märzklausel“) und der Arbeitnehmer bereits im Vorjahr bei diesem Arbeitgeber beschäftigt war und natürlich nur dann, wenn durch die Abfindung zusammen mit dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt des laufenden Kalenderjahres die anteilige JahresBBG in einem Versicherungszweig überschritten wird. Erfolgt die Abfindung nach vorzeitigem Ausscheiden mit unverfallbaren Anwartschaften im Rahmen der nach § 3 BetrAVG erlaubten Grenzen liegt grundsätzlich kein Arbeitsentgelt vor, d.h. es werden keine Sozialversicherungsbeiträge erhoben. Steht die Abfindung jedoch im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, erfolgt die Verbeitragung als Versorgungsbezug. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer das 59. Lebensjahr vollendet hat. Auch die Abfindung einer laufenden Rente ist als Versorgungsbezug zu verbeitragen. Die Abfindung eines Versorgungsbezugs wird für die Belastung mit Sozialabgaben rechnerisch auf 10 Jahre verteilt; monatlich sind also 1/120 der Abfindung sozialversicherungspflichtig. Zusammenfassung 1. Eine Abfindung von bAV ist nur in den in § 3 BetrAVG verankerten Grenzen bzw. während eines aktiven Arbeitsverhältnisses möglich. 2. Die steuerliche Behandlung der Abfindungszahlung richtet sich nach dem jeweiligen Durchführungsweg der bAV. 3. Die Abfindung von bAV während eines aktiven Arbeitsverhältnisses wird grundsätzlich als Arbeitsentgelt verbeitragt (die Märzklausel sollte beachtet werden), die Abfindung von laufenden Renten als Versorgungsbezug. Die Abfindung von baV anlässlich des vorzeitigen Ausscheidens mit unverfallbaren Anwartschaften ist grundsätzlich sozialversicherungsfrei; als Versorgungsbezug erfolgt die Verbeitragung nur dann, wenn die Abfindung in zeitlichem Bezug zum Ausscheiden aus dem Erwerbsleben erfolgt. 2 Bei Versorgungsbezügen (§ 229 SGB V) sind Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu erbringen. Bei Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) sind zusätzlich auch Beiträge an die gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung zu bezahlen. 2