Was sagt das Tarifrecht zu Sonderformen der Arbeit in den

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Was sagt das Tarifrecht zu Sonderformen der Arbeit in den
Gut zu wissen –
Was sagt das Tarifrecht zu Sonderformen der
Arbeit in den Funktionsdiensten?
Immer wieder klagen Kolleginnen und Kollegen über zu viele Nachtdienste oder
Wochenenddienste, über zu lange Dienste oder dass der Arbeitgeber das Einspringen aus dem
Frei nicht honoriert. Ob nur ein subjektives Empfinden oder ggfs. objektivierbarer Verstoß
gegen geltendes Recht vorliegt – Konfliktpotenzial haben diese Themen in jedem Fall. Viele
solcher Probleme sind lösbar, wenn das aktuell geltende Tarifrecht und die Vorgaben des
Arbeitszeitgesetzes tatsächlich umgesetzt werden. Aber nur wer sein Recht kennt, kann es
auch einfordern. Jede Pflegefachperson ist daher gut beraten, sich über geltendes Arbeits- und
Tarifrecht auf dem Laufenden zu halten. Besonders gilt das für Pflegende in
Funktionsbereichen wie z.B. Endoskopie, Anästhesie, Notaufnahme oder Operationssaal, wo
auch die Sonderformen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst üblich sind. Da die meisten
Arbeitsverträge sich auf den TVöD-K (Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes für den
Dienstleistungsbereich Krankenhäuser) beziehen, hier nun eine Auswahl der wichtigsten
Paragrafen, die die Arbeit außerhalb der regulären Arbeitszeit betreffen. Eine weitere relevante
und für dieses Papier verwendete Quelle ist das ArbZG (Arbeitszeitgesetz). Zitate aus dem
TVöD-K sind grau, Zitate aus dem ArbZG hellrot hinterlegt.
Der TVöD-K befasst sich mit den Arbeitszeiten außerhalb der normalen Arbeit in den §§ 7 bis
9 als Sonderformen der Arbeit. Hinzu kommen im § 6 Ausführungen zur Regelmäßigen
Arbeitszeit und zur Arbeit an Sonn- und Feiertagen. In diesem Papier soll es gehen um:
 Überstunden
 Nachtarbeit
 Sonntagsarbeit
 Feiertagsarbeit
 Arbeit am 24.12. und 31.12.
 Arbeit am Samstag
 Wechselschichtarbeit
 Schichtarbeit
 Bereitschaftsdienst
 Rufbereitschaft.
berstunden: Oft wird darum gestritten, was Überstunden sind in Abgrenzung zur
ÜMehrarbeit. Dies ist u.a. relevant für die Zahlung von Zeitzuschlägen. Der TVöD-K liefert
die Definitionen in § 7 Abs. 6 u. 7:
(6) Mehrarbeit sind die Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte
regelmäßige Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von
Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 1.1 Satz 1) leisten. (7) Überstunden sind die auf
Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der
regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum
Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden.
Das heißt für die Teilzeitbeschäftigten im Tarifgebiet West, dass sie erst dann den
Überstundenzeitzuschlag bekommen, wenn sie mehr als 38,5 Stunden in einer Arbeitswoche
gearbeitet haben und dies nicht in der darauffolgenden Woche ausgeglichen wurde.
Vollzeitbeschäftigte
erhalten
den
Zeitzuschlag
für
Überstunden,
wenn
sie
außerdienstplanmäßig zusätzlich arbeiten und keine Minusstunden aus dem Vormonat haben.
Sollten sie sogar Überstunden aus dem Vormonat haben, die über den Stunden liegen, die in
der darauffolgenden Woche ausgeglichen werden, fallen auf jeden Fall die Zeitzuschläge für die
Überstunden an.
Ein Beispiel: Ich arbeite von Montag bis Freitag 40 Stunden und in der folgenden Woche 37
Stunden, so fallen für 1,5 Stunden Mehrarbeit und keine Überstunden an, weil diese in der
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1
darauffolgenden Woche ausgeglichen werden. Muss ich aber in der 2. Woche 38,5 Stunden
arbeiten, so sind für die 1.Woche 1,5 Stunden Zeitzuschlag fällig.
Wenn ein Dienstplan für einen ganzen Monat geschrieben wird, der genau die Sollarbeitszeit
für diesen Monat verplant hat, so fallen bei allen Stunden, die über diesen Dienstplan hinaus
gearbeitet werden, die Überstundenzeitzuschläge abzüglich der Minusstunden aus dem
Vormonat an.
Aus Sicht von Teilzeitbeschäftigten ist die Regelung der Überstundenzuschläge ungerecht.
Wenn jemand, egal ob vollzeitbeschäftigt oder teilzeitbeschäftigt, aus seinem geplanten Frei
von zuhause in den Dienst gerufen wird, sollte der Überstundenzeitzuschlag immer gezahlt
werden. Dieses im Tarifvertrag klar zu definieren wäre ein wichtiges Ziel für
Tarifverhandlungen.
Der Überstundenzeitzuschlag beträgt in den Entgeltgruppen 1 bis 9 30% und in den
Entgeltgruppen 10 bis 15 15%. (TVöD-K § 8 Abs.1a)
Berufspolitisch wäre es wichtig, dass die Arbeitgeber diese Überstunden auch wirklich bezahlen
müssen, denn nur dann hat der Arbeitgeber ein hohes Interesse daran, dass die reguläre
Dienstplanung dem Arbeitsanfall entspricht, nicht mehr so viele Überstunden geleistet und
Mitarbeiter nicht ständig aus ihrer Freizeit geholt werden.
N
achtarbeit:
§ 7 Abs. 5 TVöD-K: Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr.
Die zusätzliche Vergütung der Nachtarbeit wird im TVöD-K § 8 Abs. 1b geregelt und beträgt
für Nachtarbeit 20 v.H.,
für Beschäftigte nach § 38 Abs. 5 Satz 1 15 v.H.20.
Was steht im § 38 Abs. 5 Satz 1?
1
Die Regelungen für Angestellte finden Anwendung auf Beschäftigte, deren Tätigkeit
vor dem 1. Januar 2005 der Rentenversicherung der Angestellten unterlegen
hätte.
Da die meisten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und –pfleger zu den Angestellten
gehören, die der Rentenversicherung der Angestellten unterliegen, erhalten sie somit nur eine
zusätzliche Vergütung für den Nachtdienst von 15%.
Nachtarbeit wird zusätzlich mit Zusatzurlaub „vergütet“.
Dieser ist im TVöD-K § 27 Zusatzurlaub geregelt.
(3) Im Falle nicht ständiger Wechselschichtarbeit und nicht ständiger Schichtarbeit soll bei
annähernd gleicher Belastung die Gewährung zusätzlicher Urlaubstage durch Betriebs/Dienstvereinbarung geregelt werden.
(3.1) 1Beschäftigte erhalten bei einer Leistung im Kalenderjahr von mindestens
150 Nachtarbeitsstunden 1 Arbeitstag
300 Nachtarbeitsstunden 2 Arbeitstage
450 Nachtarbeitsstunden 3 Arbeitstage
600 Nachtarbeitsstunden 4 Arbeitstage
Zusatzurlaub im Kalenderjahr. 2Nachtarbeitsstunden, die in Zeiträumen geleistet werden, für
die Zusatzurlaub für Wechselschicht- oder Schichtarbeit zusteht, bleiben unberücksichtigt.40
(3.3) 1Bei Teilzeitbeschäftigten ist die Zahl der nach Absatz 3.1 geforderten Nachtarbeitsstunden entsprechend dem Verhältnis ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen
regelmäßigen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter zu
kürzen. 2Ist die vereinbarte Arbeitszeit im Durchschnitt des Urlaubsjahres auf weniger als fünf
Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, ist der Zusatzurlaub in entsprechender Anwendung
des § 26 Abs. 1 Sätze 4 und 5 zu ermitteln.
(3.4) 1Die Beschäftigten erhalten für die Zeit der Bereitschaftsdienste in den Nachtstunden (§
7 Abs. 5) einen Zusatzurlaub in Höhe von zwei Arbeitstagen pro Kalenderjahr, sofern
mindestens 288 Stunden der Bereitschaftsdienste kalenderjährlich in die Zeit zwischen 21.00
bis 6.00 Uhr fallen. 2Absatz 3.1 Satz 2 und Absatz 3.3 gelten entsprechend.
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2
Das bedeutet, dass Sie 288 Stunden im Jahr von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr Bereitschaftsdienst
geleistet haben müssen. Hier ist es unerheblich in welcher Bereitschaftsdienststufe Sie
eingruppiert sind. Haben Sie nur 287 Bereitschaftsdienststunden in der Nacht geleistet,
erhalten Sie keinen Zusatzurlaub.
Z
eitzuschläge für Sonntagsarbeit:
§ 8 Abs.1 regelt den Anspruch
c) für Sonntagsarbeit 25 v.H., des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts
der Stufe 3 der jeweiligen Entgeltgruppe.
Bei der Arbeit an Sonn- und Feiertagen ist auch der § 6.1 zu berücksichtigen.
(3) 1Beschäftigte, die regelmäßig an Sonn- und Feiertagen arbeiten müssen, erhalten innerhalb
von zwei Wochen zwei arbeitsfreie Tage. 2Hiervon soll ein freier Tag auf einen Sonntag fallen.
Weisen Sie ihre/n Vorgesetzte/n auf diesen § 6.1 Absatz 3 hin, sollte sie/er Sie an drei
Sonntagen im Monat verplant haben. Ausnahmen sind die Monate mit fünf Sonntagen, da geht
auch ein dritter Sonntagsdienst.
Z
eitzuschläge bei Feiertagsarbeit und Zeitzuschläge für Arbeit am 24.Dezember
und am 31. Dezember jeweils ab 6 Uhr
d) bei Feiertagsarbeit
- ohne Freizeitausgleich 135 v.H.,
- mit Freizeitausgleich 35 v.H.,
e) für Arbeit am 24. Dezember und am 31. Dezember jeweils ab 6 Uhr 35 v.H. des auf eine
Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 der jeweiligen Entgeltgruppe.
Hierzu ist auch der § 6 Abs. 3 Regelmäßige Arbeitszeit zu berücksichtigen:
(3) 1Soweit es die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse zulassen, wird die/der Beschäftigte
am 24. Dezember und am 31. Dezember unter Fortzahlung des Entgelts nach § 21 von der
Arbeit freigestellt. 2Kann die Freistellung nach Satz 1 aus betrieblichen/dienstlichen Gründen
nicht erfolgen, ist entsprechender Freizeitausgleich innerhalb von drei Monaten zu gewähren.
3
Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich für den 24. Dezember und 31. Dezember, sofern
sie auf einen Werktag fallen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden. 13
Arbeit an Feiertagen regelt der § 6.116 Arbeit an Sonn- und Feiertagen. Hierbei gelten
unterschiedliche Regelungen, je nachdem ob Wechselschicht- und Schichtarbeit vorliegt oder
nicht.
In Ergänzung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 5 gilt für Sonn- und Feiertage folgendes:
(1) 1Die Arbeitszeit an einem gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, wird durch
eine entsprechende Freistellung an einem anderen Werktag bis zum Ende des dritten
Kalendermonats – möglichst aber schon bis zum Ende des nächsten Kalendermonats –
ausgeglichen, wenn es die betrieblichen Verhältnisse zulassen. 2Kann ein Freizeitausgleich
nicht gewährt werden, erhält die/der Beschäftigte je Stunde 100 v.H. des auf eine Stunde
entfallenden Anteils des monatlichen Entgelts der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe nach
Maßgabe der Entgelttabelle.
(2) 1Für Beschäftigte, die regelmäßig nach einem Dienstplan eingesetzt werden, der
Wechselschicht- oder Schichtdienst an sieben Tagen in der Woche vorsieht, vermindert
sich die regelmäßige Wochenarbeitszeit um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten
durchschnittlichen Wochenarbeitszeit, wenn sie an einem gesetzlichen Feiertag, der auf
einen Werktag fällt, a) Arbeitsleistung zu erbringen haben oder b) nicht wegen des
Feiertags, sondern dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt sind und deswegen an
anderen Tagen der Woche ihre regelmäßige Arbeitszeit erbringen müssen. 2Absatz 1 gilt in
diesen Fällen nicht.
Bei den Arbeiten an Sonn- und Feiertagen wird oft der Ausgleichszeitraum für den
Freizeitausgleich nicht eingehalten. Es ist also darauf zu achten, dass man nicht mehr als zwei
Sonntage hintereinander arbeiten muss und dass der Freizeitausgleich für Feiertage in
zeitlicher Nähe zu dem Feiertag gewährt wird.
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Z
eitzuschläge für Arbeit an Samstagen § 8 Abs. 1
Für Arbeit an Samstagen sieht der TVöD-K folgende Zuschlagsregelung vor:
f) für Arbeit an Samstagen von 13 bis 21 Uhr, soweit diese nicht im Rahmen von
Wechselschicht oder Schichtarbeit anfällt 20 v.H.,
für Beschäftigte nach § 38 Abs. 5 Satz 1 für Arbeit an Samstagen von 13 bis 21 Uhr 0,64 Euro
21
des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 der jeweiligen
Entgeltgruppe.
Für uns gilt der § 38 Abs. 5 Satz 1. Wir erhalten als Angestellte im Gesundheitswesen nur die
0,64 Euro Zuschlag pro Stunde.
W
eitere Sonderformen der Arbeit § 7 TVöD-K
Wichtig sind hier, gerade für die Arbeit im Funktionsdienst, diese Sonderformen:
- Wechselschichtarbeit
- Schichtarbeit
- Bereitschaftsdienst
- Rufbereitschaftsdienst
Den Begriff „Schichtdienst“ kennt der Tarifvertrag nicht, er ist im Zusammenhang mit
Dienstplangestaltung aber sehr verbreitet. Dadurch entstehen häufig Missverständnisse. Was
bedeutet Wechselschichtarbeit und wie unterscheidet sie sich von der Schichtarbeit? Wofür ist
der Unterschied relevant?
Im TVöD-K finden wir im § 7 Abs. 1 und 2 folgende Definition:
(1) 1Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan/Dienstplan, der einen
regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen
die/der Beschäftigte längstens nach Ablauf eines Monats erneut zu mindestens zwei
Nachtschichten herangezogen wird.17 2Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in
denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird.
3
Nachtschichten sind Arbeitsschichten, die mindestens zwei Stunden Nachtarbeit umfassen.
(2) Schichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel des
Beginns der täglichen Arbeitszeit um mindestens zwei Stunden in Zeitabschnitten von
längstens einem Monat vorsieht, und die innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13
Stunden geleistet wird.
Der wesentliche Unterschied zwischen Wechselschichtarbeit und Schichtarbeit ist, dass in der
Wechselschichtarbeit in drei Schichten und im Schichtdienst in zwei Schichten gearbeitet wird.
Die Wechselschichtarbeit ist aber nur dann eine Wechselschichtarbeit, wenn mindestens
zweimal im Monat auch nachts gearbeitet wird und zwar mindestens zwei Stunden nach 21.00
Uhr oder mindestens 2 Stunden vor 6:00 Uhr.
Schichtarbeit ist nur dann Schichtarbeit, wenn die zwei Schichten innerhalb einer Zeitspanne
von 13 Stunden geleistet werden.
Beispiel 1:
Frühdienst: 06:00 Uhr bis 14:00 Uhr > 8 Stunden
Spätdienst: 11:00 Uhr bis 19:00 Uhr > 8 Stunden
Gesamtzeit beider Schichten: 06:00 Uhr bis 19:00 Uhr = 13 Stunden
Die Bedingung des Schichtarbeit ist erfüllt.
Beispiel 2:
Frühdienst: 07:00 Uhr bis 15:00 Uhr > 8 Stunden
Spätdienst: 08:45 Uhr bis 16:45 Uhr > 8 Stunden
Gesamtzeit beider Schichten: 07.00 Uhr bis 16:45 Uhr = 9,75 Stunden
Im Beispiel 2 sind wesentliche Voraussetzungen für die Schichtarbeit nicht erfüllt. Die Differenz
zwischen dem Schichtbeginn von Früh- und Spätdienst ist geringer als 2 Stunden und es
werden nur 9,75 Stunden abgedeckt. Bei Wechselschichtarbeit und Schichtarbeit zählen der
Bereitschaftsdienst und die Rufbereitschaft nicht als Schichtzeit.
W
ie werden nun der Schichtdienst und die Wechselschicht belohnt?
Für die Wechselschichtarbeit gibt es eine Zulage von 105 Euro im Monat und 6 Tage
Zusatzurlaub im Jahr, für die Schichtarbeit monatlich eine Zulage von 40 Euro sowie 3 Tage
Zusatzurlaub im Jahr. (TVöD – K § 8 Abs. 5 und 6)
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(5) 1Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, erhalten eine Wechselschichtzulage
von 105 Euro monatlich. 2Beschäftigte, die nicht ständig Wechselschichtarbeit leisten, erhalten
eine Wechselschichtzulage von 0,63 Euro pro Stunde.
(6) 1Beschäftigte, die ständig Schichtarbeit leisten, erhalten eine Schichtzulage von 40 Euro
monatlich. 2Beschäftigte, die nicht ständig Schichtarbeit leisten, erhalten eine Schichtzulage
von 0,24 Euro pro Stunde.
Hier ist zu bedenken, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eine Wechselschichtzulage
oder eine Schichtzulage erhalten, keine Zulagen für Arbeit an Samstagen erhalten.
(§ 8 Abs. 1 f: … für Arbeit an Samstagen von 13 bis 21 Uhr, soweit diese nicht im Rahmen von
Wechselschicht- oder Schichtarbeit anfällt)
§ 27 Zusatzurlaub
(1) Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 7 Abs. 1 oder ständig Schichtarbeit
nach § 7 Abs. 2 leisten und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1
zusteht, erhalten
a) bei Wechselschichtarbeit für je zwei zusammenhängende Monate und
b) bei Schichtarbeit für je vier zusammenhängende Monate
einen Arbeitstag Zusatzurlaub.
Dieser Zusatzurlaub steht Ihnen zu, sobald die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt sind. (§
27 Protokollerklärung zu den Absätzen 1,2 und 3.1)
B
ereitschaftsdienst und Rufbereitschaft TVöD – K § 7.118
2
Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar
Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt.
Das heißt, es darf nur dann ein Bereitschaftsdienst angeordnet werden, wenn die Zeit ohne
Arbeit überwiegt. In vielen Kliniken sind aber in den Bereitschaftsdienststufen 2 und 3 oft
Zeiten enthalten, in denen überwiegend gearbeitet wird.
Beispiel:
Der Bereitschaftsdienst beginnt um 18:00 Uhr und endet am Morgen um 07:00 Uhr. Die
Aufzeichnungen über die Arbeitsbelastung im Bereitschaftsdienst zeigen, dass die Op.Programme normalerweise bis 21:00 Uhr laufen. Danach fallen Notfälle an, was aber nicht
regelmäßig der Fall ist. Durchschnittlich ergibt sich eine Bereitschaftsdienstbelastung von 38 %
(Bereitschaftsdienst Stufe 2). Würden nun die ersten 3 Stunden als Arbeitszeit berechnet und
anschließend ein Bereitschaftdienst von 21.00 bis 7.00 Uhr angeordnet, müsste die
Bereitschaftsdienststufe von 2 auf 1 abgesenkt werden. Dies bedeutet für die Mitarbeiter/innen
im OP, dass sie 0,75 Stunden weniger vergütet bekämen.
Aufgrund dieser Regelung gibt es also keine Bestrebungen der Beschäftigten, hier eine
Änderung im Sinn des TVöD - K herbeizuführen. Durch die schlechte Vergütung des
Bereitschaftdienstes wird dieser Dienst für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unattraktiv. Würde
der Nachtdienst deutlich besser bezahlt werden als nur die 15% -Zulage, könnte sich hier
etwas ändern. Ich halte eine Zulage von 50% für angemessen (persönl. Meinung des Autors D.
Balsing).
Übrigens: Wenn in den Bereitschaftsdienst geplante Operationen gelegt werden und deshalb
keine Ressourcen mehr für Notfälle zur Verfügung stehen, trifft den Arbeitgeber und nicht die
diensttuende Pflegefachperson ein Organisationsverschulden. Der Arbeitgeber hat das
Weisungsrecht, im Bereitschaftsdienst reguläre Arbeit anzuordnen.
Wie lang darf ein Bereitschaftsdienst sein?
Dies regelt der TVöD – K § 7.1 in den Absätzen 2 bis 5.
(2 )1Abweichend von den §§ 3, 5 und 6 Abs. 2 ArbZG kann im Rahmen des § 7 ArbZG die
tägliche Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes über acht Stunden hinaus verlängert
werden, wenn mindestens die acht Stunden überschreitende Zeit im Rahmen von
Bereitschaftsdienst geleistet wird, und zwar wie folgt:
a) bei Bereitschaftsdiensten der Stufe I bis zu insgesamt maximal 16 Stunden täglich; die
gesetzlich vorgeschriebene Pause verlängert diesen Zeitraum nicht,
b) bei Bereitschaftsdiensten der Stufen II und III bis zu insgesamt maximal 13 Stunden
täglich; die gesetzlich vorgeschriebene Pause verlängert diesen Zeitraum nicht.
Der Bereitschaftsdienst in Stufe I darf maximal mit Pausen nur 16 Stunden dauern und in den
Bereitschaftsdienststufen II und III maximal 13 Stunden.
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Aber auch hier keine Regelung ohne Ausnahme! Unter definierten Bedingungen kann der
Bereitschaftsdienst auf bis zu 24 Stunden verlängert werden, wenn die wöchentliche
Arbeitszeit von 56 Stunden in der Bereitschaftsdienststufe I und von 54 Stunden in den
Bereitschaftsdienststufen II und II nicht überschritten werden. Siehe hierzu § 7.1 Absatz 3.
Rufbereitschaft
TVöD – K § 7.1: (8) 1Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt. 2Durch tatsächliche Arbeitsleistung innerhalb
der Rufbereitschaft kann die tägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden (§ 3 ArbZG)
überschritten werden (§ 7 ArbZG).
Im Zuge des neuen Arbeitszeitgesetzes wurden viele Bereitschaftsdienste in den Kliniken in
Rufbereitschaftsdienste umgewandelt. Doch geht das so einfach? Die Formulierung im § 7.1
Absatz 8, wonach erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt, bedeutet, dass
die Regel sein muss, dass keine Arbeit zu leisten ist. Wenn sich in der Praxis herausstellt, dass
durch Veränderungen im Rufdienst regelmäßig Arbeit anfällt, ist die Anordnung von
Rufbereitschaft tarifwidrig. Sicher kann keine Rufbereitschaft angeordnet werden, wenn der
Aufenthaltsort dafür vom Arbeitgeber vorgeschrieben wird. Dies gilt im Besonderen für
bindende Vorgaben, innerhalb welcher Zeit ein/e Mitarbeiterin/Mitarbeiter sich am Einsatzort
einzufinden hat. Darin könnte die Anordnung von Bereitschaftsdienst zu sehen sein, da der
Arbeitgeber durch eine starre Zeitgrenze den Aufenthaltsort der Arbeitnehmer/innen bestimmt.
Bedenklich sind auch Rufbereitschaften, in denen 15 Stunden und mehr ununterbrochen
durchgearbeitet wird. Hier wird die Gefährdung von Patienten billigend in Kauf genommen.
Übrigens ist bei diesen Belastungen eine halbstündige Pause nach 6 Stunden Arbeit zwingend
einzuplanen.
In § 5 Abs. 3 des Arbeitszeitgesetzes werden Arbeitnehmer/innen in Krankenhäusern in
Rufbereitschaft nur 5,5 Stunden Ruhezeit (arbeitsfreie Zeit nach Rufbereitschaft) zugestanden, obwohl normalerweise vor und nach der Rufbereitschaft eine 8-Stundenschicht abgeleistet
werden muss.
ArbZG § 5 Ruhezeit
(1) Die Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen
Arbeitszeit eine
ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben.
(3) Abweichend von Absatz 1 können in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur
Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft, die nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen, zu
anderen Zeiten ausgeglichen werden.
Wie wird die Rufbereitschaft bezahlt?
TVöD – K § 8 Absatz 3 regelt u.a., dass jede Rufbereitschaft, die länger als zwölf Stunden
dauert, mit zwei Stunden pauschaliert und bezahlt wird. Am Samstag/Sonntag und an den
Feiertagen wird dieser Betrag verdoppelt. Ist die Rufbereitschaft kürzer als zwölf Stunden, wird
jede Stunde mit 12,5% der Stundenvergütung entsprechend der Entgeltgruppe bezahlt.
Jeder Arbeitseinsatz wird mit der Überstundenvergütung und den entsprechenden Zuschlägen
bezahlt. Dabei wird jede angefangene Stunde, hierzu zählt bereits die Zeit auf dem Weg zum
Einsatz, auf eine volle Stunde aufgerundet.
Bereitschaftsdienstentgelt TVöD – K § 8.1
Der Bereitschaftsdienst wird entsprechend der Bereitschaftsdienstbelastung in drei
verschiedenen Stufen pauschaliert.
Stufe Arbeitsleistung innerhalb Bewertung
des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit
I
bis zu 25 v.H.
60 v.H.
II
mehr als 25 bis 40 v.H.
75 v.H.
III
mehr als 40 bis 49 v.H.
90 v.H.
Zusätzlich wird an Feiertagen ein Zuschlag in Höhe von 25% pro Stunde gezahlt und für die
Zeit zwischen 21:00 Uhr und 06:00 Uhr ein Nachtzeitzuschlag von 15% pro Stunde.
(§ 8.1 Absätze 5 und 6)
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Die korrekte Umsetzung von Tarifrecht und Arbeitszeitgesetz ist, wie man sieht, manchmal
eine recht komplizierte Materie. Arbeitnehmer/innen können aber erwarten, dass ihr
Arbeitgeber sich konsequent daran hält und sich nicht, oft zu ihren Ungunsten, dabei irrt.
Damit das für beide Seiten zufriedenstellend gelingt, hat allerdings auch der Mitarbeiter/die
Mitarbeiterin eine Mitwirkungsverpflichtung – mindestens insofern, als dass er/sie ihren
Arbeitsnachweis zeitnah und korrekt führt und abliefert. Dieses Papier zeigt aber auch, dass
man den für das eigene Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvertrag und die aktuelle Fassung des
Arbeitszeitgesetzes zum Nachlesen zur Hand haben sollte. Dafür gibt es z.B. im Internet viele
kostenlose Möglichkeiten, das aktuelle Arbeitszeitgesetz kann auch beim Bundesministerium
für Arbeit als kostenlose Broschüre angefordert werden.
DBfK-Mitglieder sind im Vorteil: sie werden über ihren Verband immer wieder aktuell über
wichtige Sachverhalte rund um ihren Arbeitsalltag informiert. Bei Fragen oder Problemen am
Arbeitsplatz bis hin zu Rechtsfragen oder gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzenden
Ansprüchen können sie sich individuell beraten und begleiten lassen.
Gemeinsame Verfasser:
Anja Sollmann, Rechtsanwältin, DBfK Nordwest
Dietrich Balsing, DBfK Bundesarbeitsgemeinschaft Pflege im Funktionsdienst
Redaktionelle Bearbeitung: Johanna Knüppel, DBfK Bundesverband e.V.
Quellen:
TVöD-K
Durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser
Inhaltsgleich vereinbart zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände
(VKA) sowie den Gewerkschaften ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerk-schaft (ver.di) und
dbb beamtenbund und tarifunion.
Die Durchgeschriebene Fassung gibt, soweit nicht anders angegeben, den Stand vom 1. März
2014 wieder.
http://www.vka.de/site/home/vka/tarifvertraege__texte/
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
Herausgeber:
Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Referat Information, Publikation, Redaktion
53107 Bonn
Stand: Juli 2014
http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/a120arbeitszeitgesetz.pdf?__blob=publicationFile
Dialog
Beratung
Fakten
Kompetenz
… der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe
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