Gartenstadt Gröbenzell

Transcrição

Gartenstadt Gröbenzell
Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
Konzeptstudie (Whitepaper)
V1.5 , 30.9.13
Gartenstadt Gröbenzell
(Green, Intelligent City Groebenzell)
Fortschreibung Perspektive Gröbenzell 2013
Fakten, Analysen, Perspektiven
Inhaltsübersicht:
Vorwort
1. Vision(en)
2. SRP-1980
2.1.
Umsetzungsproblematik
2.2.
verpasste Chancen
2.3.
Ist Gröbenzell den neuen Herausforderungen gewachsen?
3. Systemansatz zukünftige Stadtentwicklung
3.1.
Leitziele und Teilziele einer Stadtentwicklung in übersichtlicher Darstellung
3.2.
Kurzerklärung zu den Teil- und Teilunterzielen
4. Bewertungssystem für ein lebenswertes Gröbenzell
4.1.
Bewertungsverfahren
4.2.
Nutzwertanalyse
5. Stadt-planungs-, -entscheidungs-, Evaluierungsprozess
5.1.
Gewichtung und Bewertung
5.2.
Zertifizierung
6. Stadtmanagement, Qualitätsmanagement
7. kommunikative Herausforderung
8. SRP-2015
9. Zusammenfassung
Anhang1:
A1. Definitionen und Erklärungen
A2. Literaturhinweise
A3. Auszüge aus dem BauGB,
AA1: Städtebauliche Rahmenplanung der Gemeinde Gröbenzell (1980)
( bei der Gemeinde Gröbenzell anfordern )
AA2: Bebauungsplan Nr. 42 (Auszug)
AA3: Die Gartenstadt Gröbenzell (Auszug aus der Ausstellung 1982)
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Vorwort
Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg (Laoz)
Aufgrund neuer Entwicklungen fragen sich viele Gröbenzeller Bürger:
Können wir uns mit diesem Ort – Gröbenzell- noch identifizieren?
Welche Werte sind uns wichtig?
Nach welchen Grundsätzen wird heute in Gröbenzell geplant und entschieden?
Vergisst der Gemeinderat seine eigenen Beschlüsse?
Eine sehr fortschrittliche städtebauliche Rahmenplanung aus dem Jahre 1980 (SRP-1980)
scheint immer mehr in Vergessenheit geraten zu sein (AA1).
Einerseits soll in Gröbenzell unser kulturelles Erbe gewahrt bleiben, andererseits aber auch der
Sprung in die „Moderne“ transparent und effizient vollzogen werden.
Diese Studie soll einen Überblick und Anregungen geben für einen fortgeschrittene
städtebauliche Rahmenplanung in Gröbenzell.
Anmerkung:
Gröbenzell wird in dieser Konzeptstudie als Gemeinde oder als Gartenstadt bezeichnet.
Weitere Definitionen finden Sie im Anhang A1.
SPR-2015 : die fortgeschriebene städtische Rahmenplanung ab 2015
1. Vision(en):
Über dem Eingang zum Orakel von Delphi hieß es „Erkenne Dich selbst – und bleib wie Du
bist“? Die tiefere Bedeutung des Sinnspruchs „Gnos auton“ liegt jedoch in dem, was über dem
Tempeleingang nicht nur in Marmor gemeißelt wurde, sondern als Botschaft der Götter mitschwingt: „... und entwickle Dich zu dem, was Du sein könntest !“.
Wie entwickelt sich die Gartenstadt Gröbenzell zu dem was es sein könnte
- oder möchte?
Was ist die Vision für das Jahr 2050 ?
Fragen hierzu :
Wie wollen wir Gröbenzell nachhaltig und einmalig gestalten?
Wie wollen wir zukünftig leben, wohnen, arbeiten, konsumieren?
Wie wollen wir uns zukünftig mit der Gemeinde identifizieren?
Welche Visionen und langfristigen Ziele haben wir (Gröbenzeller) ?
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Eine Antwort darauf gab bereits die städtebauliche Rahmenplanung (SRP-1980)
im Jahre 1980 :
Ziel der Gemeinde ist es, die vorhandenen Qualitäten der Gartenstadt zu bewahren und zu
fördern, Fehlentwicklungen bei Gebäude- und Freiflächenstrukturen durch geeignete Maßnahmen
wieder in die Gartenstruktur zu integrieren, und Tendenzen, die dem Charakter der Gartenstadt
zuwiderlaufen, zu verhindern.
Gröbenzell, eine liebenswerte, nachhaltige Gartenstadt mit Wohlfühlcharakter !
Bereits im Wappen von Gröbenzell, verweisen zwei heraldische Rosen auf den Charakter
Gröbenzells als Gartensiedlung mit dem Beinamen: „Aufblühende Gartenstadt“.
2. Städtebauliche Rahmenplanung (SRP) von Gröbenzell, 1980
2.1. Städtebauliche Rahmenplanung
Die "Rahmenplanung" ist Oberbegriff und Synonym für alle informellen Planungen.
Die Gemeinde /Stadt bindet sich freiwillig an diese Rahmenplanung, die flexibel an
veränderte Situationen angepasst werden kann.
Der „Rahmenplan“ soll den größeren Zusammenhang planerischer Zielsetzungen transparenter machen unter räumlich-strukturellen, funktionalen, städtegestalterischen, soziokulturellen, ökologischen und/oder wirtschaftlichen Aspekten. Damit soll eine Entscheidungshilfe gegeben werden, die über kleinmaßstäbliche Ansätze in Bebauungsplänen
hinausgeht.
Erst durch die Umsetzung der Inhalte des Rahmenplanes in die Bauleitplanung werden die
Zielsetzungen verbindlich. (Flächennutzungsplan, Bebauungsplan und ggf. ergänzende
Satzungen)
Wenn die Unterrichtung und Erörterung über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung
auf Grundlage eines Rahmenplans erfolgt ist (gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BauGB), kann von einer
vorgezogenen Bürgerbeteiligung für einen Bebauungsplan abgesehen werden. Im Umkehrschluss heißt das, dass eine Bürgerbeteiligung stattfinden muss, wenn von einer genehmigten
Rahmenplanung erheblich abgewichen wird (!).
Der Rahmenplan dient auch als Entscheidungshilfe übergeordneter Behörden bei der
Beurteilung, Förderung und Genehmigung städtebaulicher Planungen und Maßnahmen sowie
als Informationshilfe für Bürger und Träger öffentlicher Belange zu den Absichten der
Gemeinde.
2.2. SRP-1980 (Städtebauliche Rahmenplanung 1980)
Die SRP von 1980 basiert auf einer Bestandsaufnahme und Analyse folgender Themen:
Lage, Nahbereich, Verkehrserschließung, Nachbarschaftsbeziehungen, GemeindeSozialstruktur, Ortsbild, Bevölkerung- und Einwohnerverteilung, Wirtschaftsstruktur , Sozial- und
Gesundheitswesen, Grünstruktur, innerörtliche Verkehrsstruktur und sonstigen Erhebungen.
Oberstes Planungsziel ist die Erhaltung und die Wiedergewinnung des für Gröbenzell
typischen Orts-, Gartenstadt und Wohngemeindecharakters.
Entsprechende Grünordnungspläne sorgen für ein aufgelockertes und reizvolles Gesamtbild
und tragen damit wesentlich zur Attraktivität der Stadt bei.
Das Siedlungsbild einer Gartenstadt wird durch eine organische, in weiten Teilen homogene
Grundstruktur, überwiegend kleinvolumiger Baumassen und geringe Verdichtung beschrieben,
sowie durch starken Baumbestand, Wasserlauf- und Grünflächen aufgelockert
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Weitere Verdichtungstendenzen sind zu verhindern.
Im SRP-1980 wird der Wohnwert und damit die Wohnzufriedenheit für die ansässige
Bevölkerung als überdurchschnittlich beschrieben.
In eindrucksvoller Weise zeigte eine Ausstellung im Juli 1982 die Vor- und Nachteile der Gebäude-,
Siedlungs- und Grünstruktur der Gemeinde Gröbenzell ( Anhang AA3).
Bereits 1980 haben die Planer folgende Forderung aufgestellt:
Vorausschauende Stadtplanung erfordert die Beteiligung und Integration „aller“ und keine
Planung einzelner Bürger hinter verschlossenen Türen !!!
Zweck der SRP-1980 ist es,
Entscheidungshilfen für alle städtebaulichen Fragen zu geben ( eine Art planerische
Überleitungs- und Zwischenstufe zur verbindlichen Bauleitplanung) ,
ein umfassendes und flexibles Instrument zu haben, an denen sich
Einzelentscheidungen orientieren können ( roter Faden!) und
Baupläne ableiten zu können, ohne dass der Aspekt Gartenstadt verloren geht.
Der damals vom Gemeinderat genehmigte SRP ist in vielen Bebauungsplänen von Gröbenzell
verbindlich umgesetzt worden, z.B. dem Bebauungsplan Nr. 42 – Eschenriederstr. aus dem
Jahre 1985-1987( Auszug :AA2 kann angefordert werden). In diesem Bebauungsplan wurde als
oberstes Planungsziel verbindlich festgeschrieben:
„Die Hauptaufgabe des Bebauungsplanes wird im Schutz des, trotz allem noch in
vielfältiger Form vorhandenen, sympathischen Gartenstadtcharakters vor weiterer
systematischer Aushöhlung gesehen.“
Durch die vorsorgende Gartenstadtpolitik sollen neue Erholungs- und Erlebnisräume für
Menschen geschaffen und gleichzeitig das Naturerbe für künftige Generationen gesichert
werden ! Gleichzeitig wird auf ein gesundes und ausgeglichenes Stadtklima wert gelegt!
In diesen Bebauungsplänen wurde versucht, durch Abwägung in jedem Einzelfall der
prägenden Umgebungsbebauung nicht nur rechnerisch, sondern auch im Sinne des Schutzes
und der Weiterentwicklung des typischen Gebietscharakters (Gartenstadt) gerecht zu werden.
Trotz der damals sehr fortschrittlichen Ziele und Planungen wird die „grüne Lunge“ Gröbenzells
ständig verkleinert, zugepflastert und zunehmend ausgehöhlt.
Andere Städte, z.B. München, scheinen ähnliche Probleme zu haben. Christian Ude beklagt
sich bemerkenswert offen über eine bestimmte Baupolitik der vergangenen Jahre : „Welcher
Depp war das?!“ (Süddeutsche Zeitung vom 30.8.13)
2.3. Umsetzungsproblematik des SRP-1980
Wer die Vergangenheit vergisst, tut sich schwer
die Zukunft ausgewogen zu gestalten!
Viele Gröbenzeller, selbst viele Gemeinderatsmitglieder, kennen den nach wie vor
gültigen SRP-1980 nicht.
Wo kein übergeordnetes Ziel ist, gibt es auch keinen geradlinigen Weg!
Nicht nur der selbstverpflichtende SRP 1980 ist in Vergessenheit geraten, sondern auch
die sogenannten Grundsatzbeschlüsse werden gelegentlich missachtet.
Die heute noch gültigen Beschlüsse sagen vereinfacht folgendes aus :
1. Keine Ausweisung von neuem privaten Baurecht
2. „Freihaltung“ zusammenhängender Grünflächen
3. „Freihaltung“ der Ortsränder (z.B. am Zillerhof, etc.)
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Es ist schon beschämend, wenn in der Zeitung zu lesen ist: „Vergißt der Gröbenzeller
Gemeinderat seine eigenen Beschlüsse?“ Eingegangene Bindungen sollten konsequent
eingehalten werden und nicht mit Argumenten, wie - einmalige Ausnahmesituationen,... kann
noch verantwortet werden, ...wurde immer schon so gemacht, etc. - unterlaufen werden.
Solche oft schwer, manchmal gar nicht nachvollziehbare Scheinargumente zerstören unsere
ureigenen Wurzeln, zerstören unsere Gartenstadt.
Mit Sorge werden die seit vielen Jahren gemachten Versprechungen Gröbenzeller
Spitzenpolitiker verfolgt:
Einerseits wird immer wieder , besonders vor der Wahl, eine schöne Gartenstadt in den
Vordergrund gestellt, andererseits verliert man schnell das Vertrauen an die baukulturelle
Umsetzung, da Bauten, wie in der Olchingerstr. ,Osterseestr., Ammerseestr. stark an
zweckorientierten, sozialen Wohnungsbau, an hohe Verdichtung und an eine fortschreitende
„Entgleisung „ der Baumassen erinnern. Den Gartenstadtcharakter von Gröbenzell hat das
sicherlich nicht gestärkt. Unter einer guten, ansprechenden Architektur und einem schönen
Wohnen im Grünen verstehen viele Gröbenzeller etwas anderes.
Gerade in letzter Zeit gibt es immer wieder neue Präzedenzfälle gegen den Gartenstadtcharakter, die insgesamt kein gutes Bild und keine sorgfältige Umsetzung des SRP-1980 und
der Grundsatzbeschlüsse abgeben. In zunehmendem Maße werden Ausnahmegenehmigungen, bzw. Abweichungen vom SRP-1980 und den alten Bebauungsplänen erteilt. So
entstehen immer mehr Präzedenzfälle, die einer weiteren Verdichtung und Verringerung der
Baukultur Vorschub leisten.
Der Arbeitskreis Siedlungsökologie der lokalen Agenda 21 Gröbenzell stellt zunehmend
mögliche Verstöße gegen den Gartenstadtcharakter fest :
Margaretenweg 7, Erlenstr, Heidestr. 1-1A und 2, Hollerweg, Olchingerstr.139, Kirchenstr.-HLönsstr., Hans-Sachs-Zweigstr., Waldstr.8, usw ....
Bei jeder Ortsbesichtigung werden immer mehr Präzedenzfälle entdeckt:
Forellen-Puchheimerstr., Walchenseestr., Eschenriederstr. 3a, Grünfinkenstr., Olchingerstr.
(Brunnenhof), usw.
2.4. Verpasste Chancen:
Der Charakter eines Ortes wird bestimmt vom „Maßstab seiner Bauten“, dem
Stadtgrundriss und dem Identitäts-Erholungscharakter -- nach Prof. Otto Meitinger
Einige Beispiele :
Die Einkaufs- und Versorgungssituation konzentriert sich stark auf das Gewerbegebiet
(Kaufland ,Tengelmann, Lidl, Aldi, etc.) und nur z.T. auf die Kirchenstr. Der MiniMalMarkt in der Ammerseestr. musste aufgeben. Das ist keine Politik der kurzen Wege und
der sozialen Kontrakte für ältere Menschen!
Die Verkehrssituation in Gröbenzell wird wenig neu durch- oder überdacht, sondern i.w.
„ausgebremst“. Eine neue Verkehrsplanung braucht Konzepte, politischen Willen, Geld
und Platz und wird nicht gelöst mit neuen Geschwindigkeits- Beschränkungen. Die
einzige überörtliche Straße im Norden von Gröbenzell, soll auf 30 km/h begrenzt
werden. Im Norden von Gröbenzell gibt es nach wie vor keine guten öffentlichen
Verkehrsanbindungen (auch wenn Vorschläge von der Bevölkerung abgelehnt wurden).
Gröbenzell befindet sich heute in einer Staufalle ( Olchingerstr.), weil schon seit 1970
eine Umgehungsstraße, im Süden und/oder Norden von Gröbenzell, und die
fortführenden Straßen nicht konsequent „weiter geplant“ wurden.
Die Schaffung neuer Arbeitsplätze in Gröbenzell ist lange Zeit vernachlässigt worden.
Der Gewerbe- und Wirtschaftsraum könnte auch unter Berücksichtigung des
Gartenstadtcharakters ( Dies muss nicht zwingend ein Widerspruch sein!) durchaus
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stärker gefördert und ausgebaut werden. Gröbenzell wäre dann auch attraktiver für
junge (Gröbenzeller) Familien. Pendlerströme könnten so z.T. reduziert werden.
Die Gestaltung eines Ortszentrums in Gröbenzell, war bereits vor 30 Jahren aktuell und
vor sechs Jahren ein altes Wahlthema..... Ähnlich verhält es sich mit einer verstärkten
Integration zwischen der Nord- und Südseite von Gröbenzell. In der Vergangenheit
wurden Chancen verpasst, die, wenn überhaupt noch realisierbar, zukünftig recht teuer
kommen werden.
Auch wenn die Kindergarten- und Schulsituation insgesamt als gut eingestuft werden
kann, gab es doch in der letzten Zeit eine wenig verständliche Informationspolitik, die
Ganztagsschule zu „konzentrieren“. Es mangelt am Betreuungspersonal für Kinder.
Tagespflegeplätze für ältere Menschen sind gesucht.
Junge aber auch ältere Familien mit mittlerem oder unterem Einkommen haben es in
Gröbenzell schwer, bezahlbaren und angepassten Wohnraum zu finden. Die Situation
ist für die Gemeinde zwar schwierig aber nicht völlig aussichtslos. Auch hier wäre eine
langfristige Planung – Einheimischen Modelle (davon gibt es nur eins!), altersgerechte
Wohn-Modelle, Genossenschafts-Modelle, Mehrgenerationenwohnen, flexible
Wohnraumgestaltung, etc. - mit diesbezüglichen „Anreizen“ von großem Vorteil.
Die Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen konnte sinnvoll verstärkt werden.
Eine hohe „Nachverdichtung“, Bodenversiegelung und hohe Baumassen nehmen ohne
wirklich zwingenden Grund und größeren Anstieg der Bevölkerungszahl immer mehr zu.
Bereits im SRP-1980 (Seite 20a) wurde in der parzellenweise Verdichtung und in der
zu hohen und massiven Bebauung im Ortszentrum ein diametral entgegengesetztes
Element zur Gartenstadt gesehen! Diese „Unkultur“ hat sich fortgesetzt. Die freiwillige
Verpflichtung der Gemeinde den SRP-1980 umzusetzen, scheint heute niemand mehr
zu kennen. Z.B. wurde 2012 im Bebauungspan Nr. 68 , Kirchenstr.- H.Löns-Str. (Hexe),
der Baugrund für ein großes Wohn- und Geschäftshaus hoch verdichtet, Kinderspielplätze wurden einfach gegen Kostenübernahme weggedrückt. Für die Kinder will jetzt
die Gemeinde Spielplätze im „Straßenraum“ schaffen! Es wurde auf „intensive“
Begrünungsmaßnahmen verzichtet , ebenso auf evtl. ausreichende Parkmöglichkeiten.
Evtl. fehlende Stellplätze können abgelöst werden. Nachdem die Parkplatzsituation in
der Kirchenstr. bekanntermaßen schon sehr angespannt ist, sind solche Entscheidungen absolut unverständlich. Wie soll denn hier eine Gartenstadt mit hoher
Wohnkultur verwirklicht werden?
Häufig werden Probleme bei der Bebauung isoliert und separat behandelt. Es werden
einzelne Bebauungspläne geändert, neues Baurecht eingeräumt (Margaretenweg, etc) .
In kleinen Schritten werden fundamentale Grundsätze Gröbenzeller Bebauungsplanung
unterlaufen und unwiederbringlich zerstört. Unüberlegte oder einseitig maßgeschneiderte „Genehmigungen“ können hier eine ungeheure Auswirkung haben, da
Nachbarn ggf. ein einklagbares Recht auf Gleichbehandlung besteht.
Ein neues Stadtquartier zu planen (Bahnhofstr.) und die Verkehrsplanung - bei einem
größeren Hotelbau- „hinten“ anzustellen und oder kilometerweit über verkehrsberuhigte,
z.T. sehr enge oder eng gemachte Straßen umzuleiten ist nicht sehr klug.
Wir müssen intelligenter mit unserer Gemeinde, mit unseren Bürgern und unserer
Verkehrssituation umgehen und wirklich alle Punkte einfließen lassen und abgewogen
berücksichtigen.
Wenn wiederholt, ohne wirklich zwingenden Grund, gegen die bestehenden Bebauungspläne
und gültigen Satzungen gestimmt wird, werden die Bürger in ihrer Lebensqualität, ihrer
Gleichbehandlung und ihren Grundrechten verletzt. Das ist keine weitsichtige Gestaltung und
keine Politik der Zukunft. Grundlegende Leitziele der Stadt werden aufgegeben und durch
höchst problematische Präzedenzentscheidungen mit oder ohne Konzessionen ersetzt.
Eine fortgeschriebene SRP ist daher zwingend erforderlich.
Gerade im Baubereich fehlt es an Weitsicht und an dem Willen, zukünftige Aufgaben
konsequent planerisch umzusetzen.
Einzel- oder aufgeschobene Entscheidungen, ohne Konzept und Blick für das Ganze,
„verbauen“ mittel- und langfristig die Chancen für ein Gröbenzell von morgen.
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Gerade in Konfliktsituationen werden klare Vorstellungen, klare Rahmenbedingungen und
durchdachte Entscheidungen von den Bürgern gewünscht und kein, überspitzt formuliert,
„Teppich ausrollen“ von Fall zu Fall, von Parzelle zu Parzelle, usw.
Die Gemeinde Gröbenzell hat auch viele Chancen genutzt und sehr gute Arbeit geleistet:
im Freizeit- und Sportbereich
im Kultur- und Vereinsbereich
sowie teilweise im Baumschutzbereich
Anmerkung:
Oft wird der Siedlungsdruck als Hauptgrund für die Bautätigkeit in Gröbenzell vorgegeben. Das ist nur
bedingt nachvollziehbar, da der Bevölkerungsanstieg in den letzten Jahren sehr langsam verläuft. In den
Jahren 2001 bis 2011 nahm die Bevölkerung um 3,7% ( 709 Personen), die Wohnungsanzahl um ca.
10% (859 Wohnungen) zu. In Wirklichkeit dürften es Investoren und Gröbenzeller Bürger sein, die hier
großes Geld sehen. Es ist schon sehr verwunderlich, dass wegen „einzelnen“ der Identitätsverlust der
Gartenstadt Gröbenzell in Kauf genommen wird, ohne nachhaltige und monitäre Auflagen und ohne das
Gemeinwesen der Gemeinde erheblich zu stärken. In anderen fortschrittlichen Städten gibt es
umfangreiche Programme für junge Familien, für altersgerechtes Wohnen, nachhaltige Ökologie und
Klimaschutz, Beiträge für eine bessere Mobilität und präventive Verkehrsvermeidung, etc., die mit
erheblichen, z.T. unterschiedlichen Auflagen für Bauwillige verbunden sind.
2.5. Verschläft Gröbenzell den Trend ?
Ökologische Architektur, lange ein Nischenthema, ist im „Mainstream“ angekommen. Weltweit geht der Trend im Städtebau -- zum Grünen -- Selbst in den Großstädten entstehen
zunehmend dörfliche Strukturen mit Grünflächen und Gärten (Stichwort: urban gardening).
Auch spielen die sogenannten weichen Standortfaktoren, wie Erholung und Freizeit, Spielplätze, Ausbildung für die Kinder, etc. eine immer größere Rolle (Prof. Albert Speer, Junior).
Seit Mitte 2005 geht der Trend in Richtung Renaissance integrierter Stadtplanung:
Angestoßen wurde dies mit der Agenda 21 , 1992 auf der UNO Konferenz für Umwelt und
Entwicklung und der Nachfolgekonferenz Aalborg +10 ,1994. Der Nachhaltigkeitsgedanken
wurde fortgeführt in der Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt (2007), der
nationalen Stadtentwicklungspolitik des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und
Städteplanung (2007) und der Toledo Declaration der EU- Städtebauminister ( 2010).
In Gröbenzell scheint dieser Trend --- Stadtplanung mit Weitblick, mit Nachhaltigkeit und
Bürgerbeteiligung--- noch nicht richtig angekommen zu sein oder nur auf ganz wenige Entscheidungen begrenzt zu sein. Hier geht der Trend eher antizyklisch in Richtung Einzelentscheidung, in Richtung Stadtverdichtung, siehe Olchingerstr. etc. -- und einer Ausnutzung
des Baurechts bis an und z.T. über die Baulinien- bis an und über die festgelegte GFZ, oder in
Richtung Abbau von Bildungsstätten ( z.B. eine Art Abstufung zur Dependance der Bernhard
Rössner Grundschule, auch wenn dies eine spezielle Situation wiedergibt) oder in Richtung
„Verlängerung“ der kurzen Wege, usw. Man bekommt zunehmend den Eindruck von
sogenannten Patchwork- Entscheidungen, die langfristig nur bedingt oder nicht mehr im
„grünen Bereich“, d.h. einer vorbildlichen, grünen, zukunftsträchtigen „Wohlfühlstadt“ liegen.
Weltweit arbeiten Stadtplaner, Architekten, Ingenieure, Soziologen und andere Experten
interdisziplinär zusammen, um die Vision lebenswerter und liebenswerter, grünen aber auch
urbane Städte zu gestalten. In diesem Zusammenhang spielen auch die Themen wie
Nachhaltigkeit und Bürgerpartizipation für unsere Zukunft eine immer wichtigere Rolle.
Eine Stadt, wie Freiburg, hat gewaltig aufgeholt und wurde mehrfach ausgezeichnet als –
zukunftsfähige Kommune, als „European City of the Year“, etc. --. Davon können wir
Gröbenzeller, die einst einmal Vorreiter der „Green City“ und einer gut durchdachten
Verkehrskonzeption waren, heute leider nur noch träumen. Wir sind weit zurückgefallen.
Unser Wohnen und Leben in der Gartenstadt Gröbenzell muss neu überdacht, diskutiert ,
verstanden und entschieden werden.
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Es gilt eine Brücke zu bauen – zwischen dem alten Bewahrenden und den neuen
Herausforderungen - die von der Mehrheit der Gröbenzeller Bürger gewollt und getragen wird.
2.6. Ist Gröbenzell den neuen Herausforderungen gewachsen?
Die Entwicklung von Städten und Stadtquartieren ( Wohnvierteln) steht- gegenüber 1980- ganz
allgemein vor neuen und sehr unterschiedlichen Herausforderungen:
1.Veränderungen der Gesellschaft (kulturelle und soziale Vielfalt (Zuwanderer), Wandel der
Arbeitswelt, Vereinbarkeit von Familie und Beruf (home office), zunehmende Zahl älterer
Menschen (demografischer Wandel), sich öffnende Schere: arm – reich (wachsende soziale
Ungleichheit), einerseits Zuzug in Ballungsgebiete (Großstadt), andererseits Landflucht,
Bildungsarmut, Wandel im Sicherheitsdenken, Schnelllebigkeit, etc.
2.Wandel der gesellschaftlichen Formen (Zusammenhalt, soziale Fürsorge, Abbau der
Sozialsysteme, Generationenprobleme, Wunsch nach Teilhabe, Steigende Interaktion,
Renaissance der Live-Erlebnisse aber auch von Heimatverbundenheit, etc.)
3. Technologische Veränderungen: Internet, digitale Medien, e-Mobilität, Industrie- 4.0,
Schnelligkeit von Innovationen, Kurzlebigkeit von Produkten (z.B. Handy), etc.
4. politische und wirtschaftliche Veränderungen: Finanzkrise, EU-Krise und verstärkt EUVorgaben, Krise kommunaler und öffentlicher Haushalte, Legitimationskrise,
Verteilungsgerechtigkeit, zu große Geldmengen, die nicht an reale Geschäfte gebunden sind,
überforderte Führungs- und Rechtsprechungssysteme, „Ökonomisierung“ der Verwaltung,
Energiewende, etc.
5. Globalisierungsveränderungen: globaler Wettbewerb, globale Risiken (Marktversagen, ...),
Internationalisierung der Wirtschaft und des Handels, Nutzung unterschiedlicher Kosten, Löhne,
Fertigungsstätten und Märkte weltweit, explosionsartige Angebotsvermehrung, etc.
6. Ressourcenknappheit, bzw. das Ende der Ressourcen (fossile Energie, Süßwasser,
Bodenschätze, hochwertiges Ackerland, Nahrungsmittel (z.B. Fische), etc )
7.Umweltverschmutzung (Klimaveränderung, Zunahme der Müllberge, Feinstaubbelastung,
Luft- und Wasserverschmutzung, Pflanzen- und Artensterben, chemische Giftstoffe, etc.)
8. Änderung/Einbringung neuer Baugesetze ( Gestaltungsfreiheit der Bauherren,
Baugenehmigung im Freistellungsverfahren, etc.)
Diese Veränderungen haben direkte Folgen auf stadtplanerische Prozesse:
1. die finanzielle Krise des Staates und der Kommunen führt zu Verschiebungen von
Prioritäten im öffentlichen Aufgabenbereich. Ein entsprechender Um- und Rückbau von
Leistungen ist die Folge- primär im Bereich sozialer Dienste und Wohnungsversorgung.
2. Die Erpressbarkeit der Kommunen nimmt zu (Präzedenzfälle (Bau), schlechte OutSourcing- Politik, fehlender „Unterstützung“ für junge Unternehmen, etc.
3. Investitionen und deren Planungen verlagern sich verstärkt aus dem öffentlichen in den
privaten Bereich.
4. unter dem Investitionsdruck privaten Kapitals und privater Bauherren werden bisher
geltende normative Regeln geschwächt. Im Freistellungsverfahren sind Bauherr und
Planer für Ihren Bau allein verantwortlich. Bei größeren Bauvorhaben scheint die strenge
Meßlatte bei Bauanträgen niedriger zu liegen (siehe Olchingerstr.139, Margaretenstr.
etc.). Eine nahezu vollständige Abholzung und eine hohe Bodenverdichtung werden
auch hier entgegen gültige Beschlüsse in Erwägung gezogen und sogar genehmigt.
5. ohne Zustimmung des Nachbarn wird per Gesetz der individuellen Gestaltungsfreiheit
ein zu großer Feiraum gegeben.
6. das Tempo und das Ausmaß der Veränderungen finden in immer kürzeren Zeiträumen
statt, obwohl die Umsetzgeschwindigkeit fast gleich geblieben ist.
(The magnitude of change is large and the pace of change is limited).
Damit verringern sich nicht nur planerische Handlungsspielräume, sondern es ändert sich auch
der gesellschaftliche Hintergrund städtebaulicher Planung. Als Reaktion auf den sozialen
Wandel der Gesellschaft in Richtung zunehmender Individualisierung wächst der Wunsch des
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Einzelnen zur Mitsprache bei öffentlichen Belangen und zur Mitgestaltung des eigenen
Lebensumfeldes.
Aufgrund des verstärkten Trends zur Regionalisierung werden globale Herausforderungen
zunehmend direkt oder indirekt auch eine Herausforderung für eine lokale Gemeinde, wie
Gröbenzell. Die Bürger stellen immer höhere Anforderungen an die Kommune. Längst reicht es
nicht mehr Hauptaufgaben zu erfüllen. Kultur-, Freizeit-, Mobilitäts- ITK-Angebot, Image,
Identität und andere sogenannte „weiche Faktoren“ kommen ständig hinzu.
Selbst technologische- oder Globalisierungs- Veränderungen haben einen Einfluss auf
Gemeindeentscheidungen, da die Wohn- und Arbeitswelt immer mehr zusammenwächst.
Arbeiten im eigenen „Home Office“ ist heute schon bei vielen Firmen selbstverständlich.
Es wird immer schwieriger, mehr „Wünsche“ mit immer weniger „Kapital“ zu befriedigen.
Die Möglichkeiten der Verwaltung auf Gemeinde-/Stadtebene sind – falls man dies richtig
einsetzen kann- aber durchaus weitreichend, wie z.B. die
Personalhoheit:
räumt den Gemeinden das Recht ein, das Personal auszuwählen, anzustellen, zu befördern und gesetzeskonform zu
entlassen.
Organisationshoheit:
umfasst das Recht zur eigenen Gestaltung der Verwaltungsorganisation.
Planungshoheit:
räumt den Gemeinden das Recht ein, Bauleitpläne (Flächennutzungs- und Bebauungspläne) in
eigener Verantwortung aufzustellen, um das Gemeindegebiet zu ordnen und zu gestalten.
Rechtsetzungshoheit:
enthält das Recht, kommunale Satzungen rechtsverbindlich zu erlassen.
Finanzhoheit:
gibt den Gemeinden das Recht zu eigenverantwortlicher Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft.
Steuerhoheit:
räumt den Gemeinden das Recht zur Erhebung von Steuern ein (soweit dieses Recht nicht durch
übergeordnete Gesetze zum Finanzausgleich wieder rückgängig gemacht wird).
Eine nicht angepasste, hierarchisch strukturierte Verwaltung gibt aber schon bei recht einfachen
Fragen ausweichende Antworten.
Stellen Sie doch einfach mal die Frage:
--- Wer ist eigentlich für die Schönheit der Stadt zuständig ? --Das Argument : „Bauwillige dürfen ihr Baurecht ausnutzen“ ist nachvollziehbar, da Baurecht
nicht entschädigungslos reduziert werden darf. Dennoch sollte die Gemeindeverwaltung mit
Nachdruck das beschlossene oberste Ziel aller Bebauungspläne verteidigen : ein nachhaltiges
schönes Wohnen und Leben , sowie eine Identifizierung mit der Gartenstadt Gröbenzell und
nicht ein „Bauen auf Kosten des Nachbarn“ (siehe Seite 18 ). Diese Grundsätze werden
unterlaufen , wenn für einige Bauwillige und Investoren Bebauungspläne teilweise zu ihrem
Vorteil erweitert oder geändert, allgemeine Baugesetzte -streng genommen- missachtet oder
geschickt legal umgangen werden (siehe §1, BauGB), oder Schwarzbauten geduldet oder
nachträglich genehmigt werden. So etwas riecht schnell nach willkürlicher „Wirtschaft“ und nicht
nach chancengleichem Handeln.
Ein fortgeschriebener SRP, dessen Verpflichtung ernst genommen wird, kann hier eine
große Argumentations- und Umsetzungs- Hilfe sein!
Eine ganzheitliche Betrachtung wird immer notwendiger, da die Anzahl der Entscheidungskriterien steigt und viele Kriterien miteinander „verzahnt“ sind und die eigentlichen
Problemthemen immer mehr im politischen und persönlichen Gezänk „untergehen“:
Die Abwanderung junger Familien ist besorgniserregend: in der Altersgruppe der 25 bis 29
jährigen verlassen seit Jahren rund 350 bis 380 Personen p.a . Gröbenzell. Gegenüber der
Altersgruppe der 18- 24jährigen ist dies ein Schwund von fast 30%.
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Die Zunahme der Bürger über 65 ist besorgniserregend: In den Jahren 2001 bis 2011 ist die
Bevölkerung von Gröbenzell im Alter von 65 und mehr Jahren von 15 auf 24% gestiegen.
Tendenz weiterhin stark ansteigend. Heute leben bereits rund 6000 Senioren, ca. 26%, in
Gröbenzell.
Auch wenn die Senioren in Gröbenzell insgesamt gut aufgestellt und vernetzt sind, besteht seit
vielen Jahren ein Nachholbedarf für Senioren : Einkaufsmöglichkeiten bes. im Ortszentrum,
kurze Wege, altersgerechte Verkehrsanbindungen, altersgerechter Wohnraum (!), Betreuungsund Wohngemeinschaften für Demenz- und Dread-Disease- Kranke, etc. Die Versorgung und
Pflege der zunehmenden Zahl älterer Menschen in den eigenen vier Wänden muss neu
durchdacht und verbessert werden.
Die Gemeinde „vergreist“ und die gut ausgebildeten „Jungen“ ziehen fort.
Die Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips lässt sehr zu Wünschen übrig:
Der Gartenstadtcharakter wird immer mehr ausgehöhlt. Der Schutz der Natur, der biologischen
Vielfalt und unserer natürlichen Ressourcen, sowie die Sicherung der Luft- Wasser und
Bodenqualitäten wird immer problematischer gehandhabt : Spielplätze im Straßenraum,
Bodenversiegelung bis an die Nachbargrenze, Volldiscounter am falschen Platz, etc. sind
denkbar schlechte Umsetzungen des Nachhaltigkeitsgedankens, zu dem sich der Gemeinderat
im März 2000 nach den Vorgaben der lokalen Agenda 21 und im SRP-1980 verpflichtet hat.
Neben baukulturellen Aspekten sind Fragen der Ökonomie, der Ökologie , des Verkehrs und
der Energieeffizienz in allen Phasen der Planung und Umsetzung gleichrangig zu berücksichtigen.
Bürgerflucht - die lokale Gröbenzeller Politik überzeugt nicht (immer):
Viele Gröbenzeller verlieren das Interesse am politischen Leben oder wenden sich von einer
Politik ab, die ihre eigenen Beschlüsse nicht mehr zu kennen scheint, die keine überzeugende
Vision, keine durchdachten Konzepte oder Alleinstellungsmerkmale vermitteln kann, deren
Sitzungen stark von politischen und weniger von sachlichen Argumenten geprägt ist und bei
dem das Gemeinwohl zwar in den Wahlprogrammen schön angepriesen aber oft ungenügend,
zu langsam und zu unverständlich umgesetzt wird. „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“
Nicht geschulte Verantwortungs- und Entscheidungsträger sind daher, ganz allgemein
gesehen, oft sehr überfordert (*1). Eine ganzheitliche Rahmen- und Detailplanung, eine bessere
Mitbeteiligung der Bürger an wichtigen Entscheidungen, und ggf. eine effizientere Verwaltung
sind Wege solche Herausforderungen zu meistern.
Im Baubereich können zukunftsfähige Lebensräume und –qualitäten nur durch
ein intensives Zusammenwirken aller Beteiligten, Akteure und Experten (Architekten,
Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten, Stadtplaner und (Beratende) Ingenieure (*2) ),
städteplanerisch sinnvoll gestaltet und umgesetzt werden.
(*1) Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass das menschliche Gehirn optimalen Entscheidungen bei mehr
als 7 Parameter (linear), oder 2-3 Parameter nichtlinear nicht mehr oder nicht mehr optimal verarbeiten
kann. Im Umkehrschluss muss daher gefordert werden, dass Entscheidungsträger, die wissenschaftliche
Entscheidungsmethoden nicht beherrschen oder transparent darstellen, zu ihrem Amt nicht befähigt sind.
Ein Auto darf man auch nicht ohne Führerschein fahren!
Integrative Lösungsansätze sind oft hoch komplex und weit mehr als nur die Summe der jeweiligen
Einzelteile, -parameter.
(*2) auf die Nennung weiblicher Formen, z.B. Bürgerinnen, wurde aus sprachökonomischen Gründen verzichtet.
Im technischen Bereich gibt es eine Vielzahl von Methoden multidimensionale, nicht lineare
Probleme optimal zu lösen.
In diesem Konzeptpapier werden u.a. sehr einfache und erprobte Methoden kurz vorgestellt.
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3. Systemansatz zukünftiger Gemeinde – und Stadtentwicklung
Ein übergeordneter Gestaltungswillen geht schnell verloren, wenn Bauantrag für Bauantrag im
Kleinen bearbeitet wird (*4). Heute gilt es alle kommunalen Handlungsfelder wie Gemeindestruktur, Gemeindeplanung, Gesundheit, Soziales, Mobilität, Wohnen, Wirtschaft, Arbeiten,
Umwelt, Lernen und Kultur integrativ mit- oder aufeinander abzustimmen. Dabei wird die
Gemeinde bzw. Gemeindeentwicklung als ein Ganzes gesehen und verstanden (Systemansatz). Eine isolierte Betrachtungsweise hat keine Zukunft mehr!
Das Gemeinde- oder Kommunalmanagement hat die Aufgabe gemeinsam erarbeitete Visionen
umzusetzen, um allen Bürgern hohe Lebensqualität zu bieten. Es geht um die Sicherung der
Zukunftsfähigkeit. Hierbei spielen die vier wechselseitig voneinander abhängigen Pfeiler wirtschaftlicher Wohlstand, soziale Sicherheit, die Stabilisierung der ökologischen Systeme und
Standort-Ziele (Gartenstadtcharakter, etc.) eine unverzichtbare Rolle.
Ziel ist es, die "am besten geeignete Strategie" für die Zukunftsfähigkeit der Kommune zu
entwickeln, umzusetzen, fortzuschreiben und regelmäßig zu überprüfen (Reviewing /
Monitoring).
Um eine Strategie umzusetzen sind Leitbilder mit konkreten Leit- und Teilzielen erforderlich, die
das gedankliche Wechselspiel zwischen Teil und Ganzheit, das Einordnen von Teilerkenntnissen in ein Gesamtkonzept, sowie das wechselweise Denken auf unterschiedlichen Ebenen
der Abstraktion erlauben. Gerade weil die Gemeinde so wenig „Platz“ hat, ist die
Abwägung der Möglichkeiten und Spielräume in diesem Wechselspiel von besonderer
Bedeutung. Gut abgewogene und nachhaltige Entscheidungen sind daher gefragt!
(*4). Oft kommt von kommunaler Seite der Einwand: Die Grundstücke sind im Privatbesitz. Nachdem die
Gesetzgebung den „Gestaltungsparagraphen“ freigegeben hat, können wir da nichts machen, ....
In der Schweiz schüttelt man über so viel Unverständnis, fehlenden Weitblick, bürgerunfreundliche
Ausreden (überlastete Ämter, etc. ) und/oder möglicherweise dem Gemeinwohl zuwiderlaufendes
Verhalten nur den Kopf.
Der schleichende Prozess einer parzellenweisen Bearbeitung und Verdichtung ist bereits im SRP1980 als planerisch ungezügelt, als negativ und als Auflösungsprozess der Gartenstadt Gröbenzell
bemängelt worden.
Wollen wir unsere Gemeinde wegen unzureichender Gesetze, nicht nachvollziehbarer
Ausnahmeregelungen, privater Geschäftstüchtigkeit, kurzsichtiger oder anders gearteter
Entscheidungsträger zu einer „Rumpelkammer“ verkommen lassen ?
Unsere Kinder werden uns fragen, was habt ihr damals aus unserer Stadt gemacht ? Warum
habt ihr den SRP-1980 derart stümperhaft umgesetzt?
3. Leitziel und Teilziele
Erhalt des Gartenstadtcharakters und eines schönen Wohnens:
Dieses bereits im Jahre 1980 postulierte Leitziel ist heute noch richtig und gültig.
In der Zwischenzeit sind eine Vielzahl neuer Aspekte, Trends und Herausforderungen hinzugekommen, siehe den Punkt 2.4., die in einer zukünftigen Gemeindeplanung mit berücksichtigt
werden müssen. Die Entscheidungskomplexität ist gegenüber 1980 erheblich gestiegen.
Heute sind zusätzlich Standortqualitäten, Umwelt – und Gesundheits-, soziale und kulturelle -,
Verkehrs und wirtschaftliche Gesichtspunkte stärker integrativ zu berücksichtigen. Langfristig ist
eine hohe Lebensqualität , eine ausgewogene „Identität“ der Bürger mit der Gemeinde,
Grundvoraussetzung für eine gemeinsame Zukunftsplanung und -bewältigung
Der Amerikaner Boyd Cohen bildete 2012 die moderne Stadt in drei Funktionsbereichen ab:
1. Sozialtechnischer Aspekt : Ökonomie, Verwaltung, Sicherheit, Nachhaltigkeit, Akzeptanz
2. Technologien + Anwendungen: IKT, Heimvernetzung, zukünftige Einkaufsmöglichkeiten,
social media, etc.
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3. Funktionsbereiche : intelligente Energienutzung, Mobilität, ITK, Infrastruktur, etc.
In dem von ihm erstellten weltweiten Städtevergleich im Hinblick auf Innovation, Technologie
und Nachhaltigkeit siegten die Städte Wien vor Toronto, Paris und New York. Linz, Salzburg
und Innsbruck liegen auf dem Platz 9, 10,12. Offensichtlich können wir von den Österreichern
viel lernen! Auch Freiburg, Ingoldstadt und Neumarkt haben aufgeholt, siehe lokale Agenda 21.
Wo wird wohl bei einem solchen Städtevergleich Gröbenzell liegen ?
Es gibt viele, unterschiedliche Modellbeschreibungen für eine Stadt. Ein interessanter Ansatz
teilt die Stadt in 6 charakteristische, intelligente (smart) Bereiche ein, die wiederum unterteilt
sind. Klare übersichtliche Modelle haben den Vorteil, dass sie leicht überschaubar sind und
dass selten Kriterien vergessen werden.
People
Bürger
•
•
•
•
•
•
Mobility
Mobilität
Living
Leben
Environment
Umgebung
Economy
Wirtschaft
Government
Verwaltung
Smart People – hohe Kreativität in einer inklusiven Gesellschaft (siehe Def.) mit zeitgemäßer
Bildung für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts
Smart Mobility – intermodale Verkehrssysteme mit Priorisierung nicht motorisierter Optionen und
umfassender Nutzung von IKT
Smart Living – Betonung von kultureller Dynamik und Lebensqualität, Sicherheit und Gesundheit
Smart Environment – ‚grüne’ Gebäude, Energie und Stadtplanung
Smart Economy – Unternehmertum und Innovation, Produktivität, lokale ebenso wie globale
Vernetzung
Smart Government – Ermöglichung von angebots- und nachfrageorientierter Politik, Transparenz
und offener Zugang zu Daten, IKT und eGovernment
Der TÜV Rheinland teilt den Zertifizierungsprozess in 8 Bewertungsfelder auf: Städtebau,
Wohnumfeld, Identifikation, Mitwirkung, Architektur, Soziales, Ökologie und Infrastruktur.
Es gibt auch Modelle, bei denen mehr als 120 Entscheidungskriterien mit einfließen und
berücksichtigt werden.
Gleich welches von den verschiedenen Modellen herangezogen wird, die Betrachtungsweise
ist, im Gegensatz zu dem SRP 1980, mehr multidimensional und integrativ.
Im Gegensatz zum SRP 1980 ist es heute möglich qualitative Parameter in der Bewertung,
beim Scoring (ähnlich wie bei der Darlehensvergabe einer Bank) zu bewerten, zu gewichten
und dadurch mit einfließen zu lassen. Eine „Subjektivität“ kann mittels statistischer Verfahren in
Klassen unterteilt und somit auch quantitativ innerhalb bestimmter Grenzen ermittelt werden.
Mögliche Leitgedanken für die Gemeinde Gröbenzell sind:
1. Miteinander gut leben, begegnen und verantwortungsvoll konsumieren
2. mit Qualität wohnen
3. im Einklang mit der Natur leben (Natur bewahren!)
4. Lernen, Kultur, soziale Gerechtigkeit erleben und stärken
5. mehr direkt-demokratisch mitbestimmen
6. verbesserte Mobilitäts- und Verkehrskonzepte umsetzen
7. innovativ und effizient arbeiten, wirtschaften und verwalten
8. global denken, lokal handeln
Jede Gemeinde, jede Stadt hat ihr eigenes Zielsystem und ihren eigenen Weg für eine nachhaltige Stadtplanung zu finden. Zur besseren Verständlichkeit wird ein einfaches Zielsystem,
ein Zielbaum, für Gröbenzell graphisch übersichtlich dargestellt. Dieses Zielsystem kann nach
Bedarf situationsgerecht verfeinert und permanent verbessert werden.
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Rahmenbedingungen (politisch, gesellschaftlich, rechtlich, ...) und Finanzierungsmöglichkeiten
Akteure
Leitziele
Teilziele
Unterteilziele
Standort
- gestalterische Qualität Stadt
Qualität
- städtebaul. Besonderheiten
- Siedlungsqualität
Bürger,
Dialog
Haushalte
Le-
- Frei-, Grünflächen
bens-
- Bodenversiegelungsgrad
Bürger-
quali-
beteiligung
tät
Bürger-
= LQ
- Wohnumfeld
qualität
- Nachbar , -bebauung
- Erholungsqualität
- Sicherheit, ...
plattform
- Wohnobjekt
qualität
- Wertigkeit Grundstück
- Entwurfs-Planungsqualität
- Bauausführungsqualität
Politik
- Energieeffizienz
Verwaltung
- Gebäudeintelligenz
Ökologie &
- Schutz natürl. Ressourcen
Gesundheit
- Schutz der natürl. Vielfalt
- Schutz des Ökosystems
Wirtschaft-
- Schutz der Gesundheit
Gewerbetreib.
Soziokulturelle
- Gesundheitsversorgungsquali.
Lebensqualität
- Bildungsqualität
- Qualität sozialer Infrastruktur
- kulturelle Angebote
- soziale Wohnraumquali.
Interressens-
- Quali. soziale Programme
gruppen
Vereine
Mobilität
- Verkehrskonzept
- Verkehrsmix
- Parkraum
Medien
Qualität des Wirtschafts-
- Arbeitsstandortqualität
und Gewerbestandortes
- Föderungsqualität WQ
= WQ
- Innovationsqualität
- Quali. wirtschaftl. Umfeld
Stadtmanagement-
- Qualität Stadtentwicklung, - planung
qualität
- (Bau) Prozessumsetzungs-qualität
=SQ
- Bürgerqualität Stadtverwaltung
- Kommunikations- Beteiligungsquali.
Qualitätsmanagement
Bewertungssystem
Sanktionssystem
Übersichtsschema einer möglichen Zielstruktur der Gartenstadt Gröbenzell
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Die Unterziele können nochmals untergliedert werden, z.B. gestalterische Qualität
a) ästhetische Wirkung (Maßstäblichkeit, spezifische Gestaltung, Dominanz, Kontrast);
b) Orientierbarkeit (Klarheit, Einprägsamkeit, Erlebbarkeit, Erreichbarkeit);
c) Anregung (Abwechslungsreichtum, Vielfältigkeit, Attraktivität);
d) Identifikation (Individualität, Bedeutungsgehalt, persönliche Bindung, Erlebniswert);
e) historische Kontinuität (geschichtliche -, bauhistorische - , kunsthistorische Bedeutung und
Erinnerbarkeit).
5. Stadt- Planungs-, Entscheidungs- und Zertifizierungprozess
Auf Wunsch vieler Leser ist das vollständige Kapitel in den Anhang mit aufgenommen worden.
Zum besseren Verständnis wird nachfolgend nur noch das Regelkreismodel allgemein dargestellt.
.
Visionen
Ideen
Ziele
intern, extern
Grobplanung
Alternativen
Entscheiden
Situations-/
Abweichsanalyse
Vergleichen
Umsetzen
Überwachung
Ist
Gartenstadt Gröbenzell
Akteure: Bürger, Stadtverwaltung, Wirtschaftsvertreter, Interessensgruppen, Medien
Umwelt, Gesellschaft: soziokulturell, politisch, rechtlich, ökonomisch, ökologisch, (bau)technisch,.
Allgemeines Regelkreismodell
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7. Gemeindeentwicklungsmanagement,
Qualitätsmanagement
Gerechtigkeit gibt jedem das Seine, maßt sich nicht Fremdes
an und setzt den eigenen Vorteil zurück, wo es gilt, das Wohl
des Ganzen zu wahren
Ambrosius
Das Gemeindemanagement und die Gemeindeplanentwicklung ist in erster Linie dem
Gemeinwohl verpflichtet!
Kernelemente sind die Chancengleichheit von verschiedenen Teilräumen, Alters- und
Sozialgruppen (Gender Mainstraming) und schwachen Akteuren, sowie gleiche Beteiligungschancen und ein gerechter Interessenausgleich – sozial und kulturell, ökologisch und
ökonomisch. Ein solcher Interessensausgleich kann nur erfolgen, wenn Ziele, Planungen,
Entscheidungs- und Überwachungskriterien klar vorgegeben oder gemäß dem Regelkreislaufmodell erarbeitet werden. Evt. auftretende größere Zielkonflikte sollten demokratisch legitimiert
und nicht im kleinen Kreis der Verwaltung entschieden werden. Ein Stadtmanagement sollte
darüber hinaus bürgerfreundlich, partizipativ, effizient und kostenbewusst sein.
Der städtische Planungsprozess wird i.d.R ressort- , akteurübergreifend , ganzheitlich und
integrativ verstanden und wird unterteilt in
a) Planungs (prozess) management,
Normalerweise wird von einem „top-down“ Design (von oben nach unten) ausgegangen, also
einer Betrachtungsweise, die von den Leitzielen abgeleitet wird. In Gröbenzell haben die Bürger
in den letzten Jahren oft den Eindruck, dass mit einem „bottom-up“ Design gearbeitet wird :
zuerst wird eine kleine Parzelle, ein kleiner Bebauungsplan (Gröbenzell hat über 100
Bebauungspläne) geändert und hofft später angrenzende Bebauungspläne in eine „größere
Planung“ integrieren zu können. Diese Vorgehensweise ist anfangs einfacher, führt aber
nachträglich meist zu teueren und „verkrampften“ Lösungen. Eine Integration, ohne Blick fürs
Ganze, ohne Rahmenplanung für ein Stadtviertel oder die ganze Stadt, ist dann oft nicht mehr
möglich oder es müssen zu viel Kompromisse geschlossen werden.
Chancengleichheit, heißt auch nicht, planen und bauen auf Kosten der Nachbarn ! D.h.
Parzellen werden neu und für die Nachbarn nachteilig aufgeteilt, Baulinien oder Tiefgaragen
z.T. so weit vorgezogen, dass ein Anpflanzen von Bäumen oft nicht mehr möglich ist
(Margaretenweg, Hollerweg, Olchingerstr.....), es werden komplette Gehölze oder Baumgruppen gerodet (Olchingerstr 139,..., Margaretenweg, Erlenstr., Grünfinkenstr., ...) Terrassen
werden vor oder bis an die Grundsstücksgrenze gelegt (Hollerweg, Escherriederstr.3a,
Grünfinkenstr.), der Boden wird großflächig versiegelt, Stellplätze werden ggf. gegen Ablöse
„wegrationalisiert“, der Dachraum wird geschickt zum Wohnraum umgestaltet, dass er nicht zur
Bruttogeschossfläche gerechnet wird, etc. Der Umweltschutz, eine sozialgerechte Bodennutzung, das städtebauliche Orts- und Landschaftsbild und der Nachbarschutz bleiben „auf
der Strecke“.
In der Stadtplanung darf von den prinzipiell gleichrangigen sozialen, ökologischen und
wirtschaftlichen Aspekten nicht einer „weggewogen“, ausgeklammert oder dem
Nachbarn zugeschoben werden (da gibt es ja Bäume und Grünflächen! Wo bleibt da der
gerechte Interessensausgleich!). Bestechen lässt sich die Natur auf die Dauer nicht. Den Fehler
den andere Städte, wie Kassel, längst bedauern, sollten wir nicht wiederholen: Eine strikte
Trennung von Wohnen, Verkehr und Einkaufen geht nicht auf. Die Beziehungen und die
Vernetzung untereinander muss ausgewogen sein. Daher sind auch Ausnahmeregelungen
grundsätzlich zu vermeiden, §1 des BauGB ist strikt einzuhalten. (*6).
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Unsere Vision, unsere Vorstellung und unsere Identität mit einer lebenswerten GartenWohfühlstadt darf nicht durch grenzwertige Ausnutzungen oft schwammig und/oder
unzureichend formulierter Gesetze oder ungleiche Behandlungen zerstört werden.
Bei der Abwägung zwischen Kapital (Gewinn, Eigennutz, ...) und Gartenstadtcharakter,
Einzelgut und Gemeingut, ist stets zu bedenken, dass Kapital relativ leicht, die Grünflächen
oder der Charakter einer Stadt dagegen sehr schwer ersetzbar sind, oft unwiederbringlich
verloren sind. Beide Kriterien sind also nicht gleich zu gewichten! Wir benötigen eine
sogenannte Win-Win-Situation : Gemeinde und Bürger müssen „gewinnen“ und nicht allein
einzelne Bürger, bzw. Investoren (I win ).
Ein zielführendes Gemeindemanagement braucht deshalb eine fortgeschriebene SRP
und klare Vorgaben, die von Experten ausgearbeitet und von Bürgermehrheiten getragen
werden.
Die gegenwärtige „Unbeholfenheit“ und Eigenwilligkeit Gröbenzeller Entscheidungsgremien
kann wiederholt in Presseartikeln nachgelesen werden:
In der Hand von Investoren,
Kommt Schlechtes dabei raus, müssen Gröbenzeller Jahrzehnte damit leben,
Erstickt Gröbenzell an selbst geschaffenen Problemen ?
Zusagen (damals gemeint war die DB) gelten in Gröbenzell nur solange, bis eine neue
Situation eintritt. Und dies ist in Gröbenzell permanent der Fall!
Auch wenn die eine oder andere Formulierung überzogen sein mag, Journalisten haben die
Gabe bestimmte Sachverhalte gespitzt auf den Punkt zu bringen!
Wenn wir Gröbenzeller die dreidimensionale Sprache (Architektur) zunehmend
vergessen, dann vergessen wir auch zunehmend einen wichtigen Teil unserer Kultur!
Offensichtlich ist dies nur wenigen Bürgern und Entscheidungsträgern bewusst!
(*6) Die meisten Ausnahmeregelungen basieren auf gummiartigen Gesetzesformulierungen. Ausnahmen
können z.B. beschlossen werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, oder die
Abweichung städtebaulich vertretbar ist, oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar
nicht beabsichtigten Härte führen würde oder wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher
Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Ohne klare Leitziele können solche
Formulierungen nahezu willkürlich ausgelegt und der eigentliche Sinn des Gesetzes und der Schutz
künftiger Generationen, siehe §1 BauGB , problemlos unterlaufen werden. Ausnahmeregelungen sind
wirklich nur in extremen Ausnahmefällen zu vertreten und sollten nicht zunehmend zur Regel gemacht
werden!
b) Projekt- und Umsetzungsmanagement,
Oft „vernachlässigt“ aber ebenso wichtig ist das
c) Informations- und Kommunikationsmanagement (siehe Kapitel 7) und das
d) Qualitätsmanagement
e) Beschwerde- und Sanktionsmanangement
Das Qualitätsmanagement stellt eine vorgegebene Qualität sicher und umfasst alle
Maßnahmen und (Dienst-) Leistungen, die notwendig sind, um die gewünschte Qualität zu
erreichen und zu erhalten.
Bei der Bauplanung „von gestern“ ging es primär um die Abwendung von Fehlern und Mängeln.
Allein das Kriterium Mangelfreiheit ist aber keineswegs ausreichend, um eine Aussage über die
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Qualität eines Gebäudes zu treffen. Gestaltungs-, Nutzungs-, Wohnumfeldqualitäten, usw.
spielen hier ebenso eine wichtige Rolle (s.u.).
Ein global gehaltener Bebauungsplan und eine allgemein gehaltene funktionale Baubeschreibung ( ist so bei vielen Bauträgern heute noch der Fall) reichen bei weitem nicht aus, um
eine gewünschte hohe Gebäudequalität zu erreichen.
Bei der Gebäudeplanung „von heute“ werden eine Reihe zusätzlicher Objektqualitäten verlangt,
wie
Städtebauliche Qualität
Gestalterische Qualität
Technische Qualität
Funktionale Qualität
Ökologische Qualität
Wirtschaftliche Qualität
Gesamtnutzen innerhalb des gesamten Lebenszyklus
Mit dem fertiggestellten Bauwerk ist der Qualitätsprozess aber noch nicht abgeschlossen. Der
Betrieb und Unterhalt eines Gebäudes, sowie der Rückbau (die Entsorgung) gehören zum
Lebenszyklus der baulichen Infrastruktur und unterliegt qualitativen sowie ökologischen
Anforderungen.
Es kommt letztlich auf die tatsächlich gewollte, geplante und integrative Umsetzung an.
Das Qualitätsmanagement muss das sicherstellen und sollte ein integraler Bestandteil der
kommunalen Verwaltung sein. Dies setzt aber auch voraus, dass die Ziele und Kriterien
möglichst genau definiert und in gewissen Grenzen mess-, bewert- und kontrollierbar sind. Ist
das nicht möglich oder wird es unterlassen, wird der Regelkreis unterbrochen. Dann kann auch
keine Evaluierung, keine Abweichanalyse gemacht werden, um daraus wieder neue Schlüsse
und Verbesserungen zu ziehen, die wieder in die Planung zurück fließen. Mehrarbeit und
Chaos sind dann vorprogrammiert.
Ein Gemeindemanagement bei dem die Qualitätssicherung nicht funktioniert, kann auch nicht
gut „performen“. Der SRP- 1980 wurde zunehmend ausgehöhlt, weil die Gemeinde keine
vollständige Qualitätssicherung durchführen lässt oder offensichtlich zeitweise hohe
Planungsziele oft ohne erkennbaren Grund aufgibt. Den Bürgern ist es schwer zu vermitteln,
wenn viele Gemeinderatsmitglieder oder auch einer der neuen Bürgermeisterkandidaten ihre
Reden und Texte gern mit einer „schönen Gartenstadt Gröbenzell“ ausschmücken, diese
zunehmend immer weniger zu erkennen ist.
Eine Überarbeitung der SRP –2015 macht nur dann Sinn, wenn eine hochwertige
Qualitätssicherung in der Bauleitplanung vorgesehen ist, die von unabhängigen Fachleuten
durchgeführt wird (*7).
Es gibt Städte die hierfür einen eigenen unabhängigen Rat oder eine eigene Kommission
einsetzen, z.B. in Freiburg gibt es einen Nachhaltigkeitsrat, der z.T. erhebliche Vollmachten,
Einfluß- und Sanktionsmöglichkeiten hat.
Wenn wir unseren Kindern und Enkeln ein intaktes ökologisches, soziales und ökologisches
Gefüge hinterlassen wollen, muss die Zukunftsfähigkeit und Lebensqualität sorgfältig erarbeitet,
umgesetzt, streng und unabhängig kontrolliert und ständig verbessert werden.
(*7) unabhängig deshalb, weil Personen, die zuvor bereits Bewertungen durchgeführt haben, oder direkt
betroffen sind, oftmals zugunsten ihrer alten Bewertung oder Situation entscheiden.
Gutes Management hat nichts mit Wunschdenken zu tun: „Wir gehen davon aus, dass die
eingereichten Pläne vollständig und richtig sind und plankonform umgesetzt werden!“
Jeder erfahrene Bauleiter kann über solche gutgläubigen Äußerungen von Entscheidungsträgern nur staunen.
Eine Gartenstadt oder ein Bauamt ohne wirklich wirkungsvolles Sanktions- Baumanagement
kann oder will seine Leitziele nicht umsetzen. Die Folge ist ein „Bau Wild-West“ .
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Stadt –und Gemeindeverwaltungen stehen heute vor ähnlichen Problemen, wie die Industrieunternehmen
vor etwa 20 Jahren: alles sollte effizienter, intelligenter, kostenbewusster und partizipativer
ablaufen. Viele Industrieunternehmen haben es geschafft, ihre internen Strukturen (Organisation und
Prozesse) umzugestalten und setzten damals auf modernste IT-Technik, z.B. ERP-Systeme (Enterprise
Ressource Planning) oder 3D- Simulationen bei Fertigungsabläufen.
Analog hierzu denken heute führende Wissenschaftler darüber nach, wie eine sicherere, durchgängige,
kooperative und effiziente IT- gestützte Stadtbeobachtung, -planung, -entwicklung, -verwaltung, kommunikation und -steuerung z.B. in Form eines
„Integrativen City Management Cockpit“
eingeführt werden kann. Die Prozesse werden möglichst umfassend und barrierefrei als Service
„process as a service“ jedem Bürger in Echtzeit transparent sichtbar, mitbestimmbar und überprüfbar
gemacht. Im Rahmen eines erweiterten Integrativen City Management Cockpit können alle Stufen der
Qualitätskontrolle zeitnah oder online transparent für alle dargestellt werden. Diese Systeme befinden
sich z.T. noch in Entwicklung, aber warum sollte Gröbenzell sich hier nicht an einem solchen
Forschungsvorhaben beteiligen.
Ein weiterer interessanter Ansatz ist das sogenannte Living Lab „ Urbane Technologien“ das derzeit in
Hannover erprobt wird. Bei diesem Lab geht es darum, die städtischen Genehmigungs- und Versorgungsprozesse deutlich zu beschleunigen und transparenter zu gestalten.
Das zukünftige Gemeindemanagement hat sich dem tiefgreifenden und schnellen Wandel von
Gesellschaft, Staat und Wirtschaft zu stellen und die Umsetzung der Vision einer integrativen,
prosperierenden, kreativen und zukunftsfähigen Kommune, die allen Bürgern hohe Lebensqualität bieten,
zu gewährleisten.
Ein wichtiger Beitrag zur Modernisierung der Verwaltung kann durch eine sichere elektronische
Abwicklung von Geschäftsprozessen bewerkstelligt werden ( E-Government). Die Prozesse werden
beschleunigt, die Kommunikation vereinfacht und damit die Qualität und Effizienz des öffentlichen
Verwaltungshandelns erhöht. Kostenintensive Parallel- und Doppelent- und abwicklungen werden
vermieden, wenn über Verwaltungsgrenzen hinweg zusammengearbeitet wird. Dieser Leitgedanke wurde
im Jahr 2009 in dem neugeschaffenen Art. 91c im Grundgesetz verankert.
Instrumente, z.B. ein integratives City Management Cockpit oder das Public Innovation Management
(siehe Kapitel 7) sind Antworten darauf, wie langfristige Ziele jenseits von Parteipolitik und
gesetzten Zeitfenstern als wesentliche Bestandteile von nachhaltiger und transparenter Governance
verankert werden können?«
Der Wirtschaftsstandort Gröbenzell könnte durch ein „Expert Innovation Management“
effizient verbessert werden. Kleinere und mittelständische Unternehmen könnten mit dem
Expert know-how , günstigen Voraussetzungen und der Anbindung an die Münchner
Universitäten in zukünftigen Milliarden-Märkten tätig sein oder werden, wie Medizintechnik,
neue Materialien und neue Baustoffe, Nanotechnik oder elektrisch gedruckte Schaltungen. Im
Gegensatz zu manchem Baulöwen, macht es Sinn, Vorbereitungen zu treffen und ggf. den
Teppich auszurollen, denn mittel- und langfristig wäre das mehrfach ein gutes Investment für
die Gartenstadt.
7. Kommunikative Herausforderung
Wer nicht mitwirken kann, verliert nach dem Interesse auch das
Gespür für Verantwortung in der Gesellschaft
Vorwort:
Bei verschiedenen Diskussionen, kam immer wieder zum Ausdruck, dass den Bürgern großzügige
Grünzonen, schönes, ruhiges Wohnen, gute Verkehrsanbindungen sehr wichtig sind, sie aber auch die
Problematik der hohen Bodenpreise, der zunehmenden Bodenversiegelung und der nicht immer
überzeugenden Informations- und Entscheidungspolitik sehr bedauern.
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Wiederholt waren folgende Kommentare zu hören:
Warum wissen wir das nicht? Warum erfahren wir das nicht?
wir verstehen nicht, warum so gebaut werden darf und woanders nicht,
wir wollen mehr mitentscheiden,
warum nicht gleiches Recht für alle ? Und Ausnahmeregelungen für bestimmte Leute?
Offensichtlich gibt es viele Kommunikationsprobleme :
a) die derzeit gültige städtebauliche Rahmenplanung ist weitestgehend unbekannt.
b) Die Bürger fühlen sich schlecht informiert und verstehen oft weitreichende Entscheidungen im
Baubereich nicht.
c) Wichtige Grundsätze einer kommunalen Politik, wie Gerechtigkeit, Glaubwürdigkeit und
Transparenz werden - speziell im Baubereich - zunehmend beschädigt.
Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass sich eine gewisse Politikverdrossenheit breit macht.
Es herrscht jedoch Einigkeit darin, dass Demokratie erst dann lebendig wird und stabil bleibt,
wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht nur im Wahlkampf den Eindruck vermittelt bekommen,
dass ihre Stimme etwas zählt. Deshalb ist es von großer politischer Bedeutung, dass über
Vorhaben der Gemeindeplanung frühzeitig und umfassend informiert wird, um diese dann mit
allen Interessierten intensiv erörtern zu können.
Problemstellungen in der Gemeindeplanung bedürfen daher eines intensiven Dialoges. Die
Bürger sind die „Nutzer der Stadt“. Sie kennen sich in deren „Gebrauch“ aus, wissen um
Probleme und Möglichkeiten und können so vielfältige und wichtige Anregungen geben.
Weil die Bewohner vor Ort die „Experten des Alltags“ sind, kommt ihnen eine besondere Bedeutung als Dialogpartner für andere Experten zu. Bei der Frage nach dem, was sein soll, bei
der Auseinandersetzung über Ziele, Werte, Ethik sind Laien oft hoch kompetent aber auch
gefordert zugleich. Für die Qualität von Planungsprozessen ist es von großer Bedeutung, die
verschiedenen Wissensarten (instrumentelles Wissen , Faktenwissen , prozedurales und
praktisches Wissen) zusammenzuführen. Deshalb ist auch der Kommunikationsprozess in einer
Gemeinde von so hoher Bedeutung und ist nicht allein von einer kleinen Verwaltung zu
bewältigen, die nur einen kleinen Teil des Expertenwissens bereitstellen kann.
Das Leitbild der Kommunen hat sich geändert, auch wenn in einigen Gemeinden die Uhr stehen
geblieben zu sein scheint. Kommunale Verwaltungen sollen sich nicht mehr als hoheitliche
Organe verstehen, sondern als „Dienstleister“ für die Bürger einer Stadt /Gemeinde.
(Kommentar von Heiner Geißler : Die Zeit der „Basta-Entscheidungen” ist vorbei! ,siehe Stuttgart 21: „Die Bürger
wurden nie gefragt!” oder Castor-Transport: „Bürger werden nicht eingebunden!” .
Prof. G. Banner erklärt anschaulich die Entwicklungsstufen einer Gemeinde
OrdnungsDienstleistungsBürgerKommune
Kommune
Kommune
bis 1980
90er
(20)00er
Rechtmäßigkeit
Leistung
Lebensqualität,
Ziel
Fokus
Steuerung
LeitungsVerständnis
Staat
Hierarchie
Administration
Abnehmer
Markt
Management
sozialer Zusammenhalt
Bürger
Netzwerke
Governance, strategische
Führung
Verwaltungen vergessen gerne, dass sie nicht eigenständige Unternehmen sind, sondern
eingebunden in einen politischen Auftrag, in eine genehmigte städtebauliche Rahmenplanung,
zu der sie sich freiwillig verpflichtet haben, und die nicht von Fall zu Fall vergessen oder
unterschiedlich ausgelegt werden darf oder sollte.
Für öffentliche Planungen ist die Auseinandersetzung mit der Vielfalt von Interessen und
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Gesichtspunkten sogar gesetzlich vorgeschrieben. Die Interessen und Belange der Bürger
sind „gegeneinander und untereinander“ gerecht abzuwägen und nicht einseitig oder
bevorzugend zu entscheiden.
„Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung,
sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines
Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu
unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben“, § 3 des
BauGesetzbuches.
Baukultur ist mehr als nur Baukunst. Sie ist ein Spiegel unserer Gesellschaft und unseres
Zusammenlebens und damit auch Prozesskultur, die Veränderungen und Wandel berücksichtigt. Dafür braucht es das Gespräch, die Kommunikation und die Auseinandersetzung
zwischen allen am Planungs- und Bauprozess Beteiligten.
Es geht darum, Verantwortung zu teilen, gemeinsam die Probleme zu erörtern und sich zu
fragen, worin der gesellschaftliche Mehrwert liegt, -- nicht nur der Mehrwert eines Einzelnen
oder eines Investors--. Sicherlich ist dies von Fall zu Fall abzuwägen, aber ohne übergeordnetes Ziel, ohne SRP, gibt es keinen dauerhaften, erfolgreicher Weg. Gerade bei sehr
spartanisch formulierten Bebauungsplänen kann ein SRP eine große Entscheidungshilfe sein.
„Partizipation auf der Ebene muss von Anfang an und nicht erst anhand fertiger Pläne
erfolgen.“ Die Einsicht oder der Aushang mit einem Zeitfenster von 4 Wochen ist oft absolut
unzureichend.
Welche „Baukultur“ in der Gemeinde wichtig sind, ist nicht alleine eine Frage der
Verwaltung oder von Architekten. Das ist primär eine Frage der Bürger, die in der Gemeinde
wohnen und leben und ein Recht haben, ihre Gemeinde mit zu gestalten und zu verschönern!
Die Verwaltung muss die Bürger ernst nehmen und darf sich nicht hinter Personalmangel oder
oft veralteten oder unzureichend durchdachten und formulierten Gesetzen verschanzen.
Ein aufgeklärter Bürger will wissen und sehen, was wie geplant und tatsächlich umgesetzt wird.
Es muss auch in überschaubaren Zeiträumen passieren, ansonsten erlahmt das Interesse und
die Bereitschaft zur Kooperation.
Beteiligung braucht Zeit, personelle Kapazitäten und kostet Geld. Dennoch gilt: keine
Beteiligung – aus Gründen der Politikmüdigkeit und des mangelnden Engagements -- ist
wesentlich teurer als jede Partizipation. Die Verwaltung muss bereit sein, über die Ziele und die
konkreten Planungen in der Gemeinde im Dialog – auf gleicher Augenhöhe- mit den Bürgern
zu sprechen . Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V., Arbeitspapier Städtenetzwerk, Berlin, 2011
Zukunftsfähigkeit setzt Bürgerbeteiligung voraus. Jede Nachhaltigkeitsstrategie ist nur mit
und nicht gegen den Bürger umsetzbar. Die Bürger müssen sich sowohl mit dem Prozess, als
auch mit dem späteren Ergebnis (Leitbild) identifizieren (können). Es ist deshalb wichtig einen
breiten Konsens in der Bürgerschaft für die langfristige Vision und für Umsetzungsprojekte zu
erreichen und zu gewinnen.
Bei großen Planungen werden Bürger miteinbezogen. Allerdings sind die Umsetzungszeiten
recht lang, so dass das Interesse in Gröbenzell zunehmend abnimmt, z.B. Bahnhofstr..
Bei kleineren und mittleren Planungen, z.B. Olchingerstr 139, Erlenstr., Kirchenstr. ,etc. ,
,
werden die Bürger meist nicht ausreichend informiert und in die Planung integriert. Eine kurze
Information, eine Einsichtnahme oder ein Aushang von 4 Wochen vor den „Sitzungen“ ist i.d.R.
nicht ausreichend. Nachdem im Feistellungsverfahren die Nachbarn nicht mehr informiert
werden (müssen), besteht ein erheblicher kommunikativer Nachholbedarf an
Informationen, an Partizipation, an Kooperation.
Anmerkung:
Eine sorgfältige Bestandsaufnahme, eine fachkundige Problemanalyse und Ausarbeitung sind
Grundlagen für einen qualifizierten Dialog.
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Interessante Mitwirkung -Möglichkeiten sind:
1.Das Dialogverfahren auf Basis moderner Governancestrukturen, (Die Veränderung von
Regelungsstrukturen durch die Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure, nach den Prinzipien: Offenheit und
Transparenz von Strukturen bzw. Prozessen, klare Verantwortlichkeiten, Rechenschaftspflicht und
Fairness), Qualitätssicherung durch Kundenfeedback und Wirkungsmessung.
2. Im Planungsbereich das Open-Source und Open Data Verfahren, in denen sich jeder zu Fragen der
Gemeindeentwicklung oder zu Problemen im einzelnen äußern kann. Neuer soziale Medien und ein
kollaboratives und aktives Beschwerdemanagement können hierzu genutzt werden (Sammlung von
Bürgermeinungen, von Ideen und Konzepten, Fotos, Kommentaren, Bewertungen, etc.). Auch
Moderationen und Workshops wären hilfreich.
3.Beratungsgremien, z.B., Zusammenarbeit in Zielgruppen, Gemeindeforum, Forum- ,Agenda 21Arbeitskreise, Gemeindegestaltungskommission(en) in denen Einzelfragen und -projekte erörtert werden
und der Dialog mit den politischen Gremien und der Öffentlichkeit gegeben ist.
4.Public Innovation Management: qualifizierte Zielgruppen denken über die Qualität und EffizienzVerbesserung von Themen nach, wie : eGovernment, eHealth, Public Security, Smart Mobility, Smart
Communication, Smart Energy, etc. (IT- gestütztes- Stadtmanagement, - Gesundheitswesen, öffentliche
Sicherheit, intelligente Verkehrssteuerung, Kommunikation und intelligenter Energieeinsatz ).
Als Medium für Kommunikationsprozesse gewinnt, neben der Presse, qualifizierter
Moderationskreise und unverzichtbarer persönlicher Kontakte (z.B. in Diskussionsforen), das
Internet immer mehr an Bedeutung. Das gilt vor allem für interaktive und dialoggesteuerte
Beteiligungsformen und digitale Bürgerentscheide. Die Fa. SAP lässt ihre Aktionäre heute
bereits online, per Internet, abstimmen. Einzelne in sozialen Netzwerken spontan gebildete
Interessengruppen können sich durchaus schneller und partizitiver organisieren als Kommunen,
Behörden oder sogar Unternehmen. Diese Entwicklung ist auch bei einem Gemeindemanagement zu berücksichtigen.
Demokratie ist manchmal mühsam – aber sie ist der Feind der Mauschler, der Korrupten
und der Autokraten!
8. SRP-2015;
Vision without action is a dream .
Action without a vision is a nightmare
Eine Vision zu haben, ohne zu handeln ist (nur) ein Traum.
Zu Handeln, ohne eine Vision zu haben, ist ein Alptraum !
Eine Gemeinde ist ein hoch vernetztes System!
Die Komplexität der Entscheidungen – auch in Gröbenzell- nimmt ständig zu.
Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen,
wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung
gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl
der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten. Sie sollen dazu
beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen
zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung,
insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt
und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln.
Hier wird nicht aus der städtebaulichen Rahmenplanung Gröbenzell, sondern aus dem Baugesetzbuch (BauGB), §1 , zitiert.
In einem anderen Werk mit verpflichtendem Charakter steht:
• eine angemessene innerörtliche Durchgrünung ist sicherzustellen,
• das Klima innerhalb der Gemeinde (Gröbenzell) ist zu verbessern
• die Lebensräume für Tiere und Vögel ist zu sichern.
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
Hier wird nicht aus der städtebaulichen Rahmenplanung Gröbenzell, sondern aus der
Baumschutzordnung vom 15.8.2010 auszugsweise zitiert.
Was versteht denn die Gemeindeverwaltung heute unter gerechter Bodennutzung, Erhalt des
Orts- und Landschaftsbildes, weitläufigen Grünstreifen, Klimaschutz, baukultureller Entwicklung
und ihren freiwilligen Verpflichtung zum SRP 1980 und den Grundsatzbeschlüssen? Welchen
Sinn macht es, wenn zunehmend hoch problematische Einzelentscheidungen getroffen werden,
die einer übergeordneten Planung, den Bebauungspläne und Satzungen, zuwiderlaufen
Ganze Gehölze und Baumgruppen lässt man abholzen, auch außerhalb der Baugrenzen. ( Wird
so das Klima verbessert? Werden so Lebensräume für Tiere und Vögel gesichert ?). Grund und
Boden werden derart hoch versiegelt, dass Bäume meist nur noch am Rande vereinzelt oder
auf Kosten der Nachbarn stehen bleiben oder angepflanzt werden können. Baukörper oder
Terrassen werden direkt bis an oder auf Grundstücksgrenzen genehmigt. Wo hat die
Gartenstadt dann noch Platz? Wie wird das Gröbenzeller Ortsbild baukulturell erhalten und
weiterentwickelt?
Im amerikanischen Zitat heißt es: Handeln ohne ein Vision zu haben, ist ein Alptraum !
Weitere Alpträume soll der fortgeschriebene SRP verhindern ! Eine Gemeindeplanung muss
allen Akteuren die Win-Win- Situation für Gröbenzell nach gemeinsam festgelegten Leitzielen
erklären und klar vorgeben.
Es sind nicht Gesetze und Normen, die eine „Gartenstadt“ erfolgreich machen – sondern es
sind die Menschen, die ihre Visionen und Ziele konsequent unter Berücksichtigung aller
Punkte in ausgleichender Form in einer Win-Win –Situation umsetzen “
Eine städtebauliche Rahmenplanung (SRP) gibt die großen zukünftigen Leitziele und vorstellungen der Gemeinde/ Stadt wieder, um Entscheidungen über kleinmaßstäbliche
Ansätze, wie so oft recht spartanisch und unvollständig in den Bebauungsplänen formuliert, zu
erleichtern. Eine SRP ist wesentlich mehr und visionärer als eine Bauleitplanung.
Zu wünschen wäre auch, dass ein SRP mehr Rechtsicherheit gibt, auch wenn dieser für die
Stadt/ Gemeinde nur freiwillig bindend ist. Wesentlich bessere Bebauungspläne und andere
verbindliche „Umsetzungsvorgaben“ sind gerade beim Bauen im sogenannten Freistellungsverfahren wichtig, da sich hier der Bauherr nur an den heute noch sehr knapp gehaltenen
Bebauungsplan und an gültige Baugesetze halten muss, ansonsten darf nahezu „vogelwild“
gebaut werden. (Das ist keine Win-Win- Situation!)
Der Gang zum Gericht, wie so oft von den Bauämtern empfohlen, ist im nachhinein eine
schlechte Lösung für alle und besonders für nachbarschaftliche Beziehungen.
Sowohl die Bundesregierung als auch der Deutsche Städtetag empfiehlt einen stärkeren
Gebrauch von einer integrierten, strategischen Stadtentwicklungsplanung als Grundlage für
Prioritäten, Evaluierungen und Förderprogramme zu machen.
Auch im Aktionsprogramm der Agenda-21 werden Handlungsaufträge für eine nachhaltige,
kommunale Stadt- Entwicklung integrativ und umfassend gesehen:
• Nachhaltigkeit aus ganzheitlicher Sicht „als Regenschirm oder Dach“ für Umwelt,
Soziales, Kultur und Wirtschaft,
• Verabschiedung und Umsetzung städtebaulicher Leitlinien in den Bereichen städtisches
Umweltmanagement, Bodenpolitik, Infrastrukturplanung, kommunales Finanz- und
Verwaltungswesen, etc.,
• breite und qualifizierte Bürgerbeteiligung,
• Good Governance Strukturen für den Gesamtprozess,
• hohe Ergebnisqualität
Eine verbesserte städtebauliche Rahmenplanung (SRP) - 2015 erscheint sehr sinnvoll und
dringend notwendig!
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
1. der bestehende SRP war und ist heute noch ein überzeugendes und schlüssiges
Grundkonzept.
2. Zusätzliche Herausforderungen an die Gemeinde/Stadt Gröbenzell sind seit 1980 stark
gestiegen. Soziale, kulturelle, ökologische, verkehrstechnische und wirtschaftliche
Gesichtspunkte sind heute „gewichtet“ mit einzubeziehen. Vor allem die Identität der
Gartenstadt muss gewahrt bleiben und dennoch neue (Lebens-) Qualitäten geschaffen
werden. Eine Vielzahl von Zielen, Qualitäten und Maßnahmen müssen von allen
Akteuren neu durchdacht, besprochen und beschlossen werden.
3. Wir formen heute die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder und sind verantwortlich,
was in Zukunft geschieht.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Appelle oder Absichtserklärungen allein nicht mehr ausreichend sind.
Eine verbesserte städtebauliche Rahmenplanung (SRP) – 2015 sollte die Leitziele für die
„konsequente“ Planumsetzung vorgeben, ansonsten „versandet“ auch ein neuer Plan recht
schnell.
Mit berücksichtigt werden muss ein Paradigmawechsel auf verschiedenen Ebenen:
So wie sich das Leitbild der Kommunen im Laufe der Jahre gewandelt hat (siehe Kapitel 7)
- von der Ordnungs- zur Bürgerkommune- ,
so wandelten sich auch die Ansprüche der Bürger
- vom passiven Bürger zum Mitgestalter (Teilhaber)
so wandelt sich auch die Anforderung an eine moderne SRP-2015
- von einem Steuerungs- zu einem Regelkreis -Modell
- von der Betrachtung einzelner Bereiche zu einer integrativen, ganzheitlichen,
multidimensionalen Betrachtung;
Mit Nachdruck ist auf die Sicherstellung und effiziente Durchführung gemeinsam postulierter
nachhaltiger Leitziele zu achten, durch Vorgaben oder Umsetzungsvorschriften:
1. wie eine SRP –gerechte Entscheidungsfindung vorgenommen werden kann und soll
(Leitziele, Zielsystem, Gewichtungs- und Bewertungssystem, Entscheidungssystem)
2. wie ein Qualitätsmanagement und eine Qualitätssicherung erfolgen kann und soll,
3. wie verstärkt eine Kommunikation, ein Dialog und Beteiligung mit den Bürgern und allen
anderen Akteuren auf gleicher Augenhöhe erfolgen kann und soll,
4. eine Evaluation, eine Abweichanalyse erfolgen kann und soll,
5. wie Verbesserungsvorschläge erneut unter Beteiligung aller Bürger in die Planung mit
eingebracht werden können und sollen,
6. wie weit es notwendig ist, neue Bebauungspläne und Satzungen für eine nachhaltige
Gartenstadtbebauung aufzustellen (Nachbarschutz, GFZ, Grünflächenanteil, etc.)
7. wie und in welchem Umfang Planverstöße geahndet werden sollen und können,
8. wie weit computergestützte Systeme die Verwaltung, die Bürger und andere Akteure
beteiligen und/oder entlasten können oder sollen,
9. wie die Effizienz des Stadtmanagements bei hoher Qualität und Good Governance
Strukturen noch gesteigert werden können,
10. wie weit eine Kooperation, Vernetzung und ein Vergleich mit andern Städten
durchgeführt werden soll.
Je früher wir anfangen, desto besser!
Es sollte uns nicht abschrecken, obwohl hier ein gutes Stück Arbeit vor uns liegt.
Es wird Zweifler und Nörgler geben - welche Ziele, welche Modelle, welche Bewertung, etc. ?Es wird „Isolierer“ geben, die erst Teilbereiche lösen wollen, dann aber schnell den Überblick
und das Ganze aus den Augen verlieren (*8).
Doch diese Probleme sind lösbar, wenn alle konstruktiv mit Experten zusammenarbeiten.
Selbst die überstolzen Engländer waren recht überrascht, als Olympia 2012 in London , von
Deutschen entscheidend mitgeplant, so erfolgreich ablief.
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
Kompetente Planung und Umsetzung zahlt sich aus!
In keinem Schritt einer Projektumsetzung kann mehr eingespart werden, als in einer fundierten
Planung und einer darauf abgestimmten, systematischen Umsetzung.
Hohe Lebensqualität und Nachhaltigkeit fordert seinen Preis:
Ein gutes Stück Arbeit liegt nicht nur im neu fortgeschriebenen SRP , sondern auch in einer
damit verbundenen, dialogfreundlichen Verwaltungsmodernisierung, einem Gemeindemanagement, das sich diese kulturellen Umbrüche verinnerlicht die Grundsatzbeschlüsse und den SRP
aktiv und konsequent verteidigt und einer neuen Verantwortungs- und Beteiligungskultur aller
Akteure, besonders der Bürger.
Wenn dieses Modell konsequent umgesetzt wird, hätte Gröbenzell die Chance aus einer
„Verlierer (loser) –Position“ in eine „Gewinner (best of class)- Position“ aufzusteigen.
(*8) Dem Autor ist es wichtig, erstmals einen Überblick zu geben, um die Komplexität und „Verzahnung“
der einzelnen Teilbereich aufzuzeigen. Aus diesem Grund werden noch nicht fertige Lösungen
präsentiert, sondern Wege, Modelle und Verfahren, wie solche Lösungen gemeinsam erarbeitet und von
der Bürgerschaft mehrheitlich mit getragen werden können.
9. Zusammenfassung
Nicht weil die Dinge schwierig sind, wagen wir sie nicht,
sondern weil wir sie nicht wagen, sind sie so schwer ! (Seneca)
Die derzeit gültige SRP (städtebauliche Rahmenplanung) ist nach wie vor aktuell und zeigte
bereits vor 30 Jahren eine damals hoch innovative Lösung für
die Erhaltung und Weiterentwicklung der Gartenstadt, der „Green City,“ Gröbenzell auf.
Da die Welt um uns und in unserer Gartenstadt komplexer geworden ist, müssen heute mehr
Köpfe in ökonomischer, sozialer, kultureller und finanzieller Sicht integrativ miteinander denken.
Das geht weit über das Thema Ökologie und Energie hinaus. Das verlangt ein Commitment
aller Beteiligten, eine Good (e)Governance, die „Bewahrung der Schöpfung“ und ein
verantwortungsvolles, nachhaltiges Handeln.
Gröbenzell braucht eine fortgeschriebene Rahmenplanung, einen Masterplan, braucht aktuelle
Leitziele, Regeln, die zukunftsweisend, nachhaltig und effizient sind und die Wohn- und
Lebensqualität möglichst aller Bürger in der Gartenstadt, wenn möglich im gleichen Maße,
verbessert und verschönert. Dieses sich langsam einschleichende Klein-Klein, das neue
„Bauen auf Kosten der Nachbarn“ ist sofort abzustellen!
Unsere Baukultur ist auch ein Spiegel unserer Gesellschaft und sollte nicht zur Bau-Unkultur
ausarten. Aktives Mitarbeiten und Umdenken wird von allen Akteuren gefordert. Es verlangt
Mut, Vorstellungskraft und hohes Einfühlungsvermögen sich diesen Herausforderungen zu
stellen und weitsichtige, nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Es (er)fordert neue Wege, neue
Strukturen und neue ITK-Werkzeuge für das Gemeindemanagement in Kooperation mit den
Bürgern.
Welche Aufgaben städtebaulich wichtig sind, können und sollten nicht allein Ämter und
Architekten, sondern auch alle betroffenen Bürger (mit)verantworten, die ihre Lebens- und
Wohnqualität selbst bestimmen, erarbeiten und sinnvoll umsetzen wollen. In 8 Kapiteln wird ein
erster Überblick und auch neue Anregungen gegeben, um einen „Mehrwert“ für die Gartenstadt
Gröbenzell ganzheitlicher, effizienter und kooperativer zu gestalten.
Wichtig ist neben dem hohen Engagement aller Akteure auch mehr Dialog, mehr Kreativität und
das Denken in neuen bereichsübergreifenden Dimensionen. Das muss gelernt, muss
gemeinsam systematisch erarbeitet, durchgeführt, überprüft und verbessert werden, sonst
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
gehen die Diskussionen schnell wieder im politischen „Geplänkel“ unter. Das wäre auf Dauer
zu Schade für Gröbenzell.
Der Lohn eines Bürger- Engagements ist unsere Gartenstadt von „morgen“.
Ein lebendiges, ein lernendes, ein hoch vernetztes Gröbenzell, im Grünen, in der es sich auch
für unsere Kinder und Enkelkinder lohnt zu wohnen und zu leben.
Ein fortgeschriebener städtebaulicher Rahmenplan (SRP-2015), muss weiter gefasst werden
und die hierfür ausgearbeiteten Umsetzungspläne (Flächennutzungspläne, Bebauungspläne,
Satzungen, Prozessumsetzungspläne) nach dem bekannten Regelkreismodell offen und
transparent gestaltet werden.
Ein fortgeschriebener SRP verlangt nicht nur eine hohe Partizipation der Bürger, sondern setzt
auch den starken Willen voraus,
dass dieser in enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung- mit Experten- und vor
allem mit den Bürgern offen und nachvollziehbar durchgeführt wird,
dass nachhaltige und ganzheitliche Entscheidungen getroffen werden und
dass dieser SRP auch konsequent eingehalten, überprüft und verbessert wird.
Wer den Mut hat, neue nachhaltige Lösungen zu planen, wird auch Gröbenzell als Lebensraum
von Morgen begreifen, gestalten und schätzen.
Unser Bau- und Verwaltungssystem braucht ein „Up-Date“. Und wir Bürger brauchen Politiker,
die den Wandel gekonnt , voraus- und weitsichtig gestalten!
Packen wir es an! Das Schwerste ist immer der Anfang!
Zitat:
„Die wirkliche Politik ( und Entscheidungsfindung) ist
klein, grau, hässlich und schweißtreibend“ - Wolfgang Thierse
Das muss nicht so sein!
Die Bürger von Gröbenzell haben die Freiheit selbst darüber zu entscheiden !
Mit entsprechendem Wissen und weitsichtigem Verstand könnte dieser Satz auch lauten:
Unsere wirkliche Politik ( und Entscheidungsfindung) ist
gelungen, sozial ausgeglichen, nachhaltig und lebenswert“.
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
p.s.1 : Viele Informationen können im einzelnen nicht überprüft werden.
Der Autor übernimmt hierfür keinerlei Haftung oder Verantwortung.
p.s. 2.: Weitere Anregungen nehme ich gerne entgegen:
Wolfgang Radzieowski, Ammerseestr.13. 82194 Gröbenzell, Tel: 08142-6989
Email- Adresse : [email protected]
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Vervielfältigungen gleich welcher Art und welchen Umfanges, auch auszugsweise, sind nur mit
Erlaubnis des Autors gestattet.
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
Anhang
Gartenstadt Gröbenzell
(Green, Intelligent City Groebenzell)
A1. Definitionen und Abkürzungen
A2. Literaturhinweise
A3. Stadt- Planungs-, Entscheidungs- und Zertifizierungprozess
A4. Auszüge aus dem BauGB
AA1. Stadtbaulicher Rahmenplan 1980 (bei der Gemeinde anfordern)
AA2. Auszug aus dem Bebauungsplan Nr. 42
AA3. Die Gartenstadt Gröbenzell, Auszug aus der Ausstellung 1982
AA4. Lokale Agenda 21 (Richtschnur gemeindlichen Handelns,
www.a21-groebenzell.de/Agenda 21/Leitbild/ Neufassung der Agenda 21),
A1. Definitionen und Abkürzungen , die im Konzeptpapier öfters verwendet werden.
A1.1. Kurzdefinitionen:
Kurzerklärung
Dorf
Als Dorf bezeichnet man eine zumeist kleine Gruppensiedlung mit
geringer Arbeitsteilung. In Bayern gilt gemäß der Entschließung des
Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 18. Oktober 1950
(Nr. I B1 – 68a 1) grundsätzlich jede Ansiedlung mit 10 oder mehr
Wohngebäuden, die keine Stadt ist, als Dorf.
Stadt
Eine Stadt zeichnet sich durch ein gewisse Größe aus, durch hohe
Bebauungsdichte und eine geschlossene Ortsform.
Es besteht ein Kern-Rand-Gefälle bezogen auf beispielsweise die Wohnund Arbeitsstättendichte, Miet- und Lebenshaltungskosten u.ä. (vgl.
nebenstehende Abb. V. F. LEHNER aus „Regionale Ordnung in Verkehr
und Städtebau“. 38. Kongreß des internationalen Verbandes für
öffentliches Verkehrswesen (UITP), London, 1969, S.20).
Ein weiteres Merkmal ist die Erwerbsstruktur der Stadtbevölkerung. Die
Mehrheit der Bevölkerung geht nicht einer agraren Tätigkeit, sondern
Tätigkeiten im sekundären oder tertiären Sektor nach .
Die Stadt ist in sich funktional und sozialräumlich gegliedert.
Eine Stadt besitzt einen Bedeutungsüberschuß gegenüber ländlichen
Siedlungen, d.h. städtische Einrichtungen werden von Bewohnern des
Umlands ebenso genutzt. Dadurch ergibt sich eine Verkehrsbündelung
und hohe Verkehrswertigkeit der Stadt.
Städte sind durch eine besondere Bevölkerungsstruktur gekennzeichnet.
Überdurchschnittliche Anteile von Einpersonen-Haushalten und
Kleinfamilien mit nur einem Kind sind als Merkmale von Städten bekannt.
Eine Stadt hat eine eigene Regierung/ Verwaltung, eine eigene
Geschichte, eigene Rechte, wie Markthoheit, eigene Lage, Bauwerke,
Netzwerke, bürgernahe und andere Versorgungseinrichtungen.
Nach der Rechtsverordnung der bayrischen Staatsregierung gibt es hierzu
einen Kriterienkatalog, den Gröbenzell überwiegend nicht erfüllt.
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
Gröbenzell ist daher ein Dorf, eine Gemeinde, eine Gartenstadt.
Bürger
Als Bürger (lat. Civis) werden hier die weiblichen und männlichen
Angehörigen der Kommune bezeichnet.
Akteure:
Ein Akteur (vom französischen acteur für „Handelnder“) ist der Urheber
einer Handlung
Akteure einer Stadt sind Gruppen von Handelnden, wie z.B.
die Stadtverwaltung, die Bürger, die Vereine, die Vertreter von Gewerbe
und Wirtschaft, und andere Gruppen
Mit der Gartenstadt Gröbenzell sollte städtebaulich eine Siedlung vor
Gartenstadt,
Gartenstadtcharakter: den Toren des Landeshauptstadt geschaffen werden, deren organische
Grundstruktur überwiegend kleinvolumige Baumassen und eine geringe
Verdichtung aufwies, aufgelockert durch starken Baumbesatz, Wasserlauf
und Grün- und Gartenflächen. Mit dieser Idee verbunden war ein
aufgelockertes und reizvolles landschaftliches Gesamtbild und ein
schönes und gesundes Wohnen.
Elemente des Ortbildes und der Gartenstadt Gröbenzell werden in der
städtebaulichen Rahmenplanung, auf den Seiten 16- 20, beschreiben.
nachhaltig
ökologisch, sozial und wirtschaftlich optimiertes und auf lange Zeit
ressourcenschonend angelegtes Handeln
Wir
Gemeint ist : wir Gröbenzeller Bürger
System
eine geordnete Gesamtheit von Elementen mit Beziehung zwischen den
Elementen, die eine bestimmte Ordnung haben oder bestimmten Regeln
unterliegen. Ein System erlaubt das Einordnen von Teilerkenntnissen in
ein Gesamtkonzept um konkrete Situation zu bewältigen, trotz
unvollständigem Wissen.
Intelligent (smart):
i.d.R. technische Vor- oder Einrichtungen, die das Leben vereinfachen,
bequemer oder komfortabler machen, indem Raum, Geld, Zeit , Energie
oder andere Ressourcen optimal eingesetzt werden.
Partizipation
die Beteiligung an von Dritten gestalteten Planungsprozessen (zumeist:
Erörterung öffentlicher Planungen mit Bürgerinnen und Bürgern, ggf. auch:
Mitentscheidung).
Kooperation
Zusammenarbeit selbständiger Akteure (z.B. in Form einer Koordination
– also dem Abstimmen von Aktivitäten )
Kriterien:
Kriterien sind wichtige Merkmale der definierten Qualität.
Indikatoren:
Indikatoren sind bewertbare und messbare Größen oder Kenngrößen, die
das jeweilige Kriterium quantitativ beschreiben sollen
Monitoring
Monitoring ist meist eine Langzeitüberwachung mit Protokollierung eines
Vorganges oder Prozesses mit dem Zweck, Unregelmäßigkeiten, Störfälle
oder Grenzüberschreitungen möglichst frühzeitig zu erkennen und ggf.
steuernd einzugreifen.
Z.B.: Aufzeichnung der Verkehrsdichte (Fahrzeuge pro Stunde oder Tag)
einer Hauptstraße über lange Zeiten hinweg.
Evaluation
bedeutet einen ‚Wert aus etwas ziehen’,
Eine Evaluierung ist die Analyse und Bewertung eines Projektes, eines
Prozesses oder einer Organisationseinheit nach bestimmten Kriterien.
Zweck der Evalutation ist es, Prozesse transparent zu machen,
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
Wirkungen zu dokumentieren und Zusammenhänge aufzuzeigen,
letztlich um (weitere) Entscheidungen treffen zu können. Z.B. mit dem Ziel,
Ablaufprozesse effektiver zu gestalten, den Input effizienter einzusetzen,
den Output zu erhöhen, den Wirkungsgrad zu verbessern, die
Nachhaltigkeit zu sichern etc.
Mit einer Evaluationen soll i.a. erreicht werden:
Prozess- u. Potenzialbeobachtung
Überprüfung Zielerreichung
Relevanz-/ Signifikanzprüfung
Wirkungsüberprüfung
Zertifizierung
(lat. Certum facere = sicher machen) beschreibt ein Verfahren, bei dem
eine unabhängige Institution schriftlich bestätigt, dass Produkte,
Dienstleistungen, Prozesse, Berufsabschlüsse etc. festgelegten
Anforderungen entsprechen. Damit verbunden ist stets die
Unterscheidung zwischen „entspricht“ und „entspricht nicht“ sowie ggf.
zusätzlich eine Bewertung im Sinne von „bestanden“, „gut“, „sehr gut
Ranking
beschreibt die Einstufung eines Untersuchungsgegenstandes (Universität,
Stadt, Schulsystem…) in eine Reihenfolge aller untersuchten Fälle.
Ranking-Verfahren basieren in der Regel auf relativen
Bewertungsmaßstäben. Oft werden Rankings als Zeitreihe angelegt, so
dass eine Beobachtung von Auf- bzw. Abstieg möglich wird. Sie erleben
derzeit einen Boom, weil sie im Wettbewerb der Städte, Regionen und
Länder eine Positionsbestimmung versprechen, die auf großes
öffentliches Interesse stößt. Oft werden die Bewertungsverfahren nicht
offengelegt
Die Grundflächenzahl (BauNVO, § 19) gibt den (Brutto) Flächenanteil
eines Baugrundstückes an, der überbaut werden darf;
• GRZ 0,3: 30 % der Grundstückfläche dürfen überbaut werden
Beispielrechnung: Grundfläche des Hauses (140 m²) inkl. Außenmauern : Fläche des Grundstückes (500 m²) = 0,28 (somit GRZ von 0,3
unterschritten)
GRZ
GFZ
Die Geschossflächenzahl gibt das Verhältnis der gesamten (Brutto)
Geschossfläche (aller Vollgeschosse) zur Fläche des jeweiligen
Grundstückes an.
Soziale Inklusion
Eine soziale Inklusion liegt vor, wenn jeder Mensch in seiner Individualität
von der Gesellschaft akzeptiert wird und die Möglichkeit hat, in vollem
Umfang an ihr teilzuhaben oder teilzunehmen.
Es handelt sich hier um schwere Krankheiten, wie z. B. Krebs, schwere
Leber-, Nieren- und Lungererkrankungen, Multiple Sklerose, Querschnittslähmungen, etc., aber auch um andere schwere gesundheitliche Einschränkungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Folgen schwerer Unfälle.
Die Anzahl und die Art der schweren Krankheiten oder Behinderungen ist
nicht genau definiert und variiert unter den Versicherern stark.
Dread Disease
ITK
Informations- und Telekommunikation
1.2. Abkürzungen
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
Abkürzung
Kurzerklärung
SRP
städtebauliche Rahmenplanung (Gröbenzell
FMEA
(Failure Mode and Effects Analysis „Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse“ oder kurz „Auswirkungsanalyse“)
Die acht exemplarischen Zukunfts- und Nachhaltigkeitsreports sind:
Getting Into the Right Lane for 2050. A Primer for EU Debate/ Netherlands
Environmental Assessment Agency, 2009
Peer Review der deutschen Nachhaltigkeitspolitik 2009
World Business Council for Sustainable Development (vorgestellt
beim 2010 World CEO Forum in New Delhi, India)
Journal f Generationengerechtigkeit (JfGG) 2010
Meta-Analyse Technologieprognosen. Internationaler Vergleich 2010, VDI
Technologiezentrum
European Green City Index 2009
Rat f Nachhaltige Entwicklung, Stabilisierung der Finanzmärkte. Empfehlung zu
internationalen und nationalen Maßnahmen fiskalischer Nachhaltigkeitspolitik 2010.
World Migration Report 2010, International Organization for Migration (IOM)
A2. Literaturhinweise (Auszug)
1
2
Autor/Herausgeber
BMVBS
Titel
Leitfaden für nachhaltiges Bauen
2011
Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung
3
4
5
6
7
8
Frauenhofer
Seminar 1
Selle & Wachten
Speer Albert &
Partner
Löffler, Dr. Elke
Grabow, Dr. Bussow
Schneider, Dr. Ing.,
Carmen
„Morgenstadt“ City Insights
2011-13
Ahaus_-_Werkstattbericht_Sem1-Städteplanung
Woran orientiert sich die Stadtplanung –Aachen 08/2008
Die intelligente Stadt im 21. Jahrhundert
03/2011
„Big Society” Eine neuer Verantwortungsteilung 2010
zwischen Staat und Bürger in England“
- von Government International
Nachhaltige Stadtentwicklung in Deutschland
06/2012
Nachhaltigkeitskriterien beim Bauen
03/2013
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9
Stadt Salzburg
10
Stadt Linz
11
Lokale Agenda 21
Augsburg
Speer Albert &
Partner
Stadt Ludwigsburg
12
13
14
15
16
17
18
Landeshauptstadt
München
Landeshauptstadt
München
(B.A.U.M.) e.V.
Frankfurt für alle _ Handlungsperspektiven
02/2009
Stadtentwicklungskonzept der Stadt
05/2012
Ludwigsburg, Leitsätze und Ziele
Perspektive München, Evaluierungsbericht 2007 2007
Fortschreibung Perspektive München 2010
2010
Intelligent Cities – Wege zu einer nachhaltigen,
2013
Bundesdeutscher Arbeitskreis
für umweltbewußtes
Management
effizienten und lebenswerten Stadt, Zus.fassung
Lokale Agenda 21
Augsburg
DV
Kriterien für nachhaltige Bauleitplanung
- FragebögenKommission: Zertifizierung in der
Stadtentwicklung
11/2007
Stadtvision, 10 Thesen zur nachhaltigen
Stadtentwicklung, Modellstadtteil Vauban,
Freiburg
The Top 10 Smart Cities On The Planet
05/1999
Integrierte Stadtentwicklungsplanung und
Stadtentwicklungsmanagement
Green City Freiburg – Wege zur Nachhaltigkeit
Leitbild der Agenda 21 für Gröbenzell
04/2013
Internettechnologien für ein zukunftsfähiges
Stadtmanagement
Smart Cities Applikations and Requirements
Zukunftsprojekt-erde.de
Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum
München 11/2012 , Gemeinde Gröbenzell
2012
Deutscher Verband für
Wohnungswesen, Städtebau, ...
19
Konferenz
„Stadtvision“
20
Cohen, Boyd
21
24
DST
Deutscher Städtetag
Stadt Freiburg
Lokale Agenda 21
Gröbenzell
Feldafinger Kreis
25
26
27
Net!Works
ZukunftsWerkstadt
PV
22
23
Checkliste zur Nachhaltigkeitsbewertung
05/2012
Wohnbau Stadt Salzburg
LES! – Linz entwickelt Stadt!, Kriterien für eine 10. 2004
nachhaltige Stadtentwicklung,
Familienfreundlichkeitsprüfung – Augsburg
2008
Seite 30 von 49
2009
2012
2013 ?
2009/10
2011
2012
2012
Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
5. Stadt- Planungs-, Entscheidungs- und Zertifizierungprozess
Anmerkung.
Dieses Kapitel soll keine zweisemestrige Vorlesung ersetzen, sondern nur kurz allgemeine Abläufe und
eine interessante Entscheidungshilfe vorstellen.
Planen bedeutet die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns und dient zur
Umsetzung der Absichten und Ziele in konkreten Maßnahmen.
Ohne klare Leitbilder, ohne einen „vollständigen Satz“ bewertbarer Ziele und Kriterien, ist eine
Steuerung bzw. Regelung in der Stadtentwicklung nicht möglich.
Eine erfolgreiche Stadtentwicklungsplanung ist sehr umfangreich und basiert auf drei Säulen: eine
systematische, regelmäßig wiederholte und gemeinsame Handlungsweise
• systematisch: die Umsetzung sollte systematisch nach dem Regelkreismodell erfolgen:
a) Analyse und Formulierung von anschaulichen und messbaren Zielen (Indikatoren)
b) Entwicklung und Umsetzung von darauf ausgerichteten Maßnahmen z.B. nach einer
Prioritätenliste,
c) Überprüfung der Erfolge dieser Maßnahmen mit einer Bestandsaufnahme. Zweck dieser
Arbeitsschritte ist es, die eigenen Handlungen so gut wie möglich an den Zielen auszurichten,
um diese (ständig) besser zu erreichen
• regelmäßig wiederholt: oben genannte Arbeitsschritte werden in regelmäßigen Abständen,
beispielsweise jedes Jahr, alle x Jahre usw. wiederholt, überprüft und fortgeschrieben
(regelmäßiges oder kontinuierliches Monitoring). Damit soll erreicht werden, die eigene Lage
besser einzuschätzen und die Effektivität der eigenen Handlungen stetig zu verbessern, indem
Ziele, ihre Messbarkeit und die Maßnahmen bei Bedarf „nachjustiert“ werden.
• gemeinsam: die Entscheidungen werden auf eine breite Basis gestellt, an den Arbeitsschritten
werden alle Akteure beteiligt, die zum Erfolg (oder Misserfolg) der Aktivitäten beitragen können
oder beigetragen haben (Verwaltung, Politik, Unternehmen, Einrichtungen, Verbände und
Vereine, private Haushalte). Angestrebt wird
a) größere Zufriedenheit und größere Effektivität, da sich mehr Akteure an den Zielen
orientieren, die sie selbst mitgestaltet und mitformuliert haben,
b) größere Effizienz, da die Akteure ihre Aktivitäten besser koordinieren, um Doppelarbeit etc.
zu vermeiden.
In der Systemtechnik werden Verfahren und Hilfsmittel zur Analyse, Planung, Auswahl und zur optimalen
Gestaltung komplexer Systeme ausführlich beschrieben, wie nach Kepner/ Tregoe , Brauchlin oder vielen
anderen. Die Vorgehensweise wird meist unterteilt in drei oder vier Schritten.
1. Situationsanalyse
• Herausgliederung der spezifischen Situation
• Festlegung vorrangiger Fragestellungen
• Zergliederung in Teilprobleme (gut strukturierte -, schlecht strukturierte -, Pseudo- und noch nicht
entdeckte potentielle Probleme)
2. Problemanalyse
• Beschreibung des Problems (im Detail)
• Suchen nach möglicher Ursachen für eine Abweichung
3. Entscheidungsanalyse
• Definition der Zielsetzungen ( evt. Konfliktbehandlung, Zielhierarchie oder -baum mit möglichst
unabhängigen Zielen und weiterer Kriterien, z.B. KO -Kriterien
• Gewichtung der Leit- und Teilziele
• Bewertung von Alternativen (eine von mehreren Möglichkeiten)
• Wahl der besten Alternative
.
Einem erfahrenen Planer stehen eine Vielzahl von Analysetechniken zur Verfügung , wie z.B.
Checklisten, Multimomentstudien, Interview- Methoden, Umfragen, Szenario-Techniken, statistische
Methoden und Indikatoren, vergleichbare Studien, Stärke-Schwäche-Analysen, Prognose-Techniken,
usw.
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
Visionen
Ideen
Ziele
intern, extern
Grobplanung
Alternativen
Entscheiden
Situations-/
Abweichsanalyse
Vergleichen
Umsetzen
Überwachung
Ist
Gartenstadt Gröbenzell
Akteure: Bürger, Stadtverwaltung, Wirtschaftsvertreter, Interessensgruppen, Medien
Umwelt, Gesellschaft: soziokulturell, politisch, rechtlich, ökonomisch, ökologisch, (bau)technisch,.
Allgemeines Regelkreismodell
Bei der Entscheidungsfindung komplexer Systeme geht es erstmals darum, Klarheit über die
unterschiedlichsten Alternativen zu gewinnen, um grundsätzliche Fehler zu vermeiden.
5.1 Gewichtung und Bewertungsverfahren
Eines der bekanntesten nicht monitären Bewertungsverfahren ist die Nutzwertanalyse auch
bekannt als Punktebewertungsverfahren. Dieses Verfahren dient dazu, aus einem
multidimensionalen Zielsystem die beste aller untersuchten Alternativen auszuwählen.
Die Teilziele werden dann gewichtet und nach Punkten bewertet (Wie wichtig ist dieses
Kriterium zur Erreichung des Leitziels) .
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
Beispiel:
Identifikation mit der Stadt: ?
Zuordnung auf einer numerischen Skala
gar
nicht
1
2
gering
mittel
3
5
4
hoch
6
7
8
9
sehr
hoch
10
Anmerkung:
Qualitative Kriterien, z.B. Wohlfühlindikatoren sind oft schwer absolut zu quantifizieren.
Oft ist es ausreichend die Indikatoren nur relativ (z.B. mit besser oder schlechter) zu bewerten. Subjektive
Meinungen können durchaus in bestimmten Grenzen objektiv erfasst werden,
a) durch Einordnung an vorgegebenen Bewertungsskalen (z.B. Kriterienkataloge)
b) durch statistische Mittlungsverfahren
c) durch tendenzielle- Einstufungen ( besser-schlechter bei Umfragen, Image-Rankings, Einstufung
der Zufriedenheit städtischer Dienstleistungen, etc) oder
d) durch Einstufungen in Toleranz- oder Bandbreiten –Bereiche
Eine Evaluation unter Städten oder ein Städtevergleich ist derzeit nur sehr bedingt möglich, da die
Zielsysteme und „Bewertungsmaßstäbe“ z.T. noch vereinheitlicht werden müssen. Daran wird aber mit
Hochdruck gearbeitet,
a) der Vergleich mit anderen Städten ( Evaluierung) kann auch als Lernprozess dienen, um zu
sehen was andere Stadtverwaltungen besser machen und um effizientere Strukturen
aufzubauen, und
b) um die Effektivität des öffentlichen Mitteleinsatzes zu bewerten. Dies ist gemäß Artikel 104b,
Grundgesetz gesetzlich vorgesehen.
Die Nutzwertanalyse hat eine Reihe von Vor- und Nachteilen, auf die geachtet werden muss,
aber hier im einzelnen nicht eingegangen wird. Erfahrene Planer können mittels verschiedener
zusätzlicher Untersuchungen und statischer Mittelungen den besten Nutzwert recht sicher und
transparent ermitteln. Mit weiteren Methoden kann sowohl die Sensitivität der Kriterien als auch
die Wahrscheinlichkeit, dass Fehler in der Umsetzung auftreten erstaunlich gut abgeschätzt
werden, z.B. mit einer FMEA ( Failure Mode and Effects Analysis : Fehlermöglichkeits- und
Einfluss-Analyse). Natürlich gibt es keine 100%ige Sicherheit, diese Methoden haben sich aber
bewährt und werden weltweit mit Erfolg eingesetzt , z.B. bei vielen großen Bauwerken weltweit
oder der Olympiade 2012 in London.
Im einzelnen wird bei der Nutzwertanalyse (siehe Musterberechnung ) wie folgt vorgegangen:
Die jeweilige Gewichtung wird mit der Punktebewertung der jeweiligen Alternative multipliziert
und die Summe aller Multiplikationen ergibt dann ein Endergebnis. Die Alternative mit der
höchsten Punktzahl ist nach subjektiver Bewertung die beste Alternative, bzw. die Alternative
mit dem höchsten Nutzen.
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
Ziel/ Kriterium
Standortqualität
Gewich-.
tung
%
Alternative A
Bew.
Alternative B
Bew.
Alternative C
Bew.
10
10
1
8
0,8
6
0,6
Wohnumfeld
Qualität
10
5
0,5
7
0,7
6
0,6
WohnobjektQualität
10
3
0,3
6
0,6
7
0,7
Ökologische
Qualität
25
6
1,5
8
2,0
6
1,5
Soziokulturelle
Qualität
20
5
1
9
1,8
6
1,2
Moblität
10
7
0,7
6
0,6
7
0,7
Qualität
Wirtschaftsstandort
15
3
0,45
4
0,6
4
0,6
∑/Gesamtnutzwert
100%
5,45
7,1
5,9
Bewertungsschema: „wenig“ (bzw. unbekannt) = 0 Punkte; „mittel“ = 7 Punkte; „viel“ = 10 Punkte
"niedrig"
"mittel"
"hoch"
Muster einer Nutzwertanalyse: Die Alternative B hat in diesem Beispiel den höchsten Nutzen
Dieses Entscheidungsverfahren bringt viele Vorteile:
a) Quantitative und qualitative Ziele können in die Entscheidung mit einfließen,
b) Das Ablaufschema kann vorgegeben und „standardisiert“ werden, so dass viele
„Anfängerfehler“ in der Anwendung ausgeschlossen werden können,
c) Ein ausgearbeiteter Zielbaum zeigt die Entscheidungskomplexität übersichtlich auf und
reduziert das Risiko, dass Ziele einfach vergessen oder ausgeblendet werden.
d) Die Nutzwertanalyse kann gleichzeitig auch als Kommunikations- und Informationsinstrument eingesetzt werden. Verschiedene Alternativen können transparent verglichen
werden. Das ist von großem Vorteil, wenn die jeweiligen Akteure (Stadt, Bürger
(Eigentümer), Investor (Käufer),... ) zu ganz anderen Alternativen kommen (*5).
e) Standardisierte Entscheidungsverfahren können auch in digitaler Form erarbeitet und
versandt werden.
f) Nachbarn und/oder viele Bürger können leicht in digitaler Form in so ein Entscheidungsverfahren eingebunden werden. Eine interessante neue Form der Bürgerbeteiligung!
g) Dieses Verfahren lässt sich grundsätzlich auch für andere Entscheidungen z.B. im
Verkehrs- oder Energiebereich einsetzen.
Vordergründig mag dieses Verfahren zeitaufwändig erscheinen, bringt aber, richtig eingesetzt,
viele Vorteile, dass es sinnvoll erscheint, darüber nachzudenken und es anzuwenden.
(*5) Bislang wurde in städtebaulichen Planungen oft nur die Kriterien der Stadt analysiert und
berücksichtigt. Prinzipiell ist für jede Planung von jedem Akteur eine Nutzwertanalyse durchzuführen. Die
Auswahlalternativen sind dann miteinander zu vergleichen. Auf dieser Basis ist ein Konsens oder
Kompromiss transparenter und „gerechter“ zu erreichen.
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
Die Gemeinde/Stadt hat mit einem solchen Verfahren - über die Gewichtung der Teilziele – zum ersten
Mal die Möglichkeit die Leitziele einer städtebaulichen Rahmenplanung wirkungsvoll, transparent
und angemessen mit einfließen zu lassen.
5.2. Zertifizierungsverfahren
Zertifizierung (lat. certum facere = sicher machen) ist ein Verfahren, bei dem eine
unabhängige Institution schriftlich bestätigt, dass Produkte, Dienstleistungen, Prozesse,
Gebäude, etc. festgelegten Anforderungen entsprechen. Damit verbunden ist i.d.R. eine
Bewertung im Sinne von „mangelhaft“ bis „sehr gut“.
Seit 1995 gibt es auch für Gebäude eine Reihe von Zertifizierungsverfahren, die, je nach
Zielsetzung und Land ihre Vor- und Nachteile haben. Im einzelnen sollen hier nur ein paar
bekannte Namen von Zertifizierungsverfahren aufgezählt werden:
im Markt seit
zertifizierte
Objekte 2011
BREEAM
LEED (-ND)
TÜV Rheinland
- Großbritannien-
- USA-
-Deutschland-
-Deutschland-
Building Research
Establishment
Wenvironmental
Assessment Method
Leadership in Energy
and Enevironmental
Design for
Neighborhood
(Lebensqualität in
Siedlungen)
(Gesellschaft für
nachhaltiges Bauen)
1990
110 000
1998
10 000
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2007
70 000 ?
DGNB
2009/ 10
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Leistungsvergleiche (Artikel 91d Grundgesetz)
veröffentlicht vom Bundesministerium für Justiz
Die Kommission sieht Leistungsvergleiche (Benchmarking) in der öffentlichen Verwaltung als hilfreiche
Instrumente zur Verwaltungsmodernisierung an. Sie schlägt vor, mit einem neuen Artikel 91d
Grundgesetz eine verfassungsrechtliche Bestimmung für ein freiwilliges Zusammenwirken von Bund und
Ländern bei Leistungsvergleichen in der Verwaltung zu schaffen und dadurch die Bereitschaft zur
Durchführung solcher Vergleiche in Deutschland zu fördern.
Auszüge aus dem Baugesetzbuch
veröffentlicht vom Bundesministerium für Justiz
Bau GB, § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der
Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan
(verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche
Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen
Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen,
wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber
künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit
dienende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine
menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen
und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der
Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild
baukulturell zu erhalten und zu entwickeln.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der
Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2. die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler
Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen Kosten
sparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3. die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien,
der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer
sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4. die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie
die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5. die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten
Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die
Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6. die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse
für Gottesdienst und Seelsorge,
7. die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege,
insbesondere
a) die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen
ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b) die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des
Bundesnaturschutzgesetzes,
c) umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung
insgesamt,
d) umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e) die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f) die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g) die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-,
Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h) die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung
zur Erfüllung von bindenden Beschlüssen der Europäischen Gemeinschaften festgelegten
Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
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Dipl.-Ing. Wolfgang Radzieowski
i) die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a,
c und d,
8. die Belange a) der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer
verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b) der Land- und Forstwirtschaft,
c) der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d) des Post- und Telekommunikationswesens,
e) der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser,
f) der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9. die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, einschließlich
des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer
Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen
Entwicklung,
10. die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von
Militärliegenschaften,
11. die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen
Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12. die Belange des Hochwasserschutzes.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und
untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für
ihre Änderung,
Ergänzung und Aufhebung.
§ 1a Ergänzende Vorschriften zum Umweltschutz
(1) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die nachfolgenden Vorschriften zum Umweltschutz
anzuwenden.
(2) Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden; dabei sind zur
Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten
der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Wiedernutzbarmachung von Flächen,
Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen
auf das notwendige Maß zu begrenzen. Landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte
Flächen sollen nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden. Die Grundsätze nach den Sätzen 1 und 2
sind nach § 1 Abs. 7 in der Abwägung zu berücksichtigen.
(3) Die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des
Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Abs. 6
Nr. 7 Buchstabe a bezeichneten Bestandteilen (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz)
sind in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 zu berücksichtigen. Der Ausgleich erfolgt durch geeignete
Darstellungen und Festsetzungen nach
den §§ 5 und 9 als Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich. Soweit dies mit einer nachhaltigen
städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der
Landschaftspflege vereinbar ist, können die Darstellungen und Festsetzungen auch an anderer Stelle als
am Ort des Eingriffs erfolgen.
Anstelle von Darstellungen und Festsetzungen können auch vertragliche Vereinbarungen nach § 11 oder
sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen
werden. Ein Ausgleich ist nicht erforderlich, soweit die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung
erfolgt sind oder zulässig waren.
(4) Soweit ein Gebiet im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b in seinen für die Erhaltungsziele oder
den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind die
Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen
Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Kommission anzuwenden.
(5) Den Erfordernissen des Klimaschutzes soll sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel
entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung
getragen werden. Der Grundsatz nach Satz 1 ist in der Abwägung nach § 1
BauGB, § 3 Beteiligung der Öffentlichkeit
(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der
Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder
Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen
Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung
und Erörterung zu geben. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen
werden, wenn
1. ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die
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Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder
2. die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind. An die
Unterrichtung und Erörterung schließt sich das Verfahren nach Absatz 2 auch an, wenn die Erörterung zu
einer Änderung der Planung führt.
(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde
wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats
öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung sowie Angaben dazu, welche Arten
umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt
zu machen; dabei ist darauf hinzuweisen, dass Stellungnahmen während der Auslegungsfrist abgegeben
werden können, dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den
Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und, bei Aufstellung eines Bebauungsplans, dass ein Antrag
nach § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung unzulässig ist, soweit mit ihm Einwendungen geltend
gemacht werden, die vom Antragsteller im Rahmen der Auslegung nicht oder verspätet geltend gemacht
wurden, aber hätten geltend gemacht werden können. Die
nach § 4 Abs. 2 Beteiligten sollen von der Auslegung benachrichtigt werden. Die fristgemäß gegebenen
Stellungnahmen sind zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. Haben mehr als 50 Personen
Stellungnahmen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt abgegeben, kann die Mitteilung dadurch ersetzt
werden, dass diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht wird; die Stelle, bei der das
Ergebnis der Prüfung während der Dienststunden eingesehen werden kann, ist ortsüblich bekannt zu
machen. Bei der Vorlage der Bauleitpläne nach § 6 oder § 10 Abs. 2 sind die nicht berücksichtigten
Stellungnahmen mit einer Stellungnahme der Gemeinde
Bau GB, § 8 Zweck des Bebauungsplans
(1) Der Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche
Ordnung. Er bildet die Grundlage für weitere, zum Vollzug dieses Gesetzbuchs erforderliche
Maßnahmen.
(2) Bebauungspläne sind aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Ein Flächennutzungsplan ist nicht
erforderlich, wenn der Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen.
(3) Mit der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans kann gleichzeitig
auch der Flächennutzungsplan aufgestellt, geändert oder ergänzt werden (Parallelverfahren). Der
Bebauungsplan kann vor dem Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden, wenn nach dem Stand
der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des
Flächennutzungsplans entwickelt sein wird.
(4) Ein Bebauungsplan kann aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, bevor der
Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan
der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird
(vorzeitiger Bebauungsplan). Gilt bei Gebiets- oder Bestandsänderungen von Gemeinden oder anderen
Veränderungen der Zuständigkeit für die Aufstellung von Flächennutzungsplänen ein
Flächennutzungsplan fort, kann ein vorzeitiger Bebauungsplan auch aufgestellt werden, bevor der
Flächennutzungsplan ergänzt oder geändert ist.
§ 13 Vereinfachtes Verfahren
(1) Werden durch die Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht
berührt oder wird durch die Aufstellung eines Bebauungsplans in einem Gebiet nach § 34 der sich aus
der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung ergebende Zulässigkeitsmaßstab nicht wesentlich
verändert oder enthält er lediglich Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a, kann die Gemeinde das vereinfachte
Verfahren anwenden, wenn
1. die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung
nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen,
nicht vorbereitet oder begründet wird und
2. keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b genannten
Schutzgüter bestehen.
(2) Im vereinfachten Verfahren kann 1. von der frühzeitigen Unterrichtung und Erörterung nach § 3 Abs. 1
und § 4 Abs. 1 abgesehen werden,
2. der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist gegeben
oder wahlweise die Auslegung nach § 3 Abs. 2 durchgeführt werden,
3. den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme
innerhalb angemessener Frist gegeben oder wahlweise die Beteiligung nach § 4 Abs. 2 durchgeführt
werden. Wird nach Satz 1 Nr. 2 die betroffene Öffentlichkeit beteiligt, gilt die Hinweispflicht des § 3 Abs. 2
Satz 2 Halbsatz 2 entsprechend.
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(3) Im vereinfachten Verfahren wird von der Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4, von dem Umweltbericht
nach § 2a, von der Angabe nach § 3 Abs. 2 Satz 2, welche Arten umweltbezogener Informationen
verfügbar sind, sowie von der zusammenfassenden Erklärung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 und § 10 Abs. 4
abgesehen; § 4c ist nicht anzuwenden. Bei der Beteiligung nach Absatz 2 Nr. 2 ist darauf hinzuweisen,
dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird.
§ 13a Bebauungspläne der Innenentwicklung
(1) Ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere
Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) kann im beschleunigten
Verfahren aufgestellt werden. Der Bebauungsplan darf im beschleunigten Verfahren nur aufgestellt
werden, wenn in ihm eine zulässige Grundfläche im Sinne des § 19 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung
oder eine Größe der Grundfläche festgesetzt wird von insgesamt
1. weniger als 20.000 Quadratmetern, wobei die Grundflächen mehrerer Bebauungspläne, die in einem
engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt werden, mitzurechnen sind, oder
2. 20.000 Quadratmetern bis weniger als 70.000 Quadratmetern, wenn auf Grund einer überschlägigen
Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 dieses Gesetzes genannten Kriterien die Einschätzung
erlangt wird, dass der Bebauungsplan voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat, die
nach § 2 Abs. 4 Satz 4 in der Abwägung zu berücksichtigen wären (Vorprüfung des Einzelfalls); die
Behörden und sonstigenTräger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereiche durch die Planung berührt
werden können, sind an der Vorprüfung des Einzelfalls zu beteiligen.
Wird in einem Bebauungsplan weder eine zulässige Grundfläche noch eine Größe der Grundfläche
festgesetzt, ist bei Anwendung des Satzes 2 die Fläche maßgeblich, die bei Durchführung des
Bebauungsplans voraussichtlich versiegelt wird. Das beschleunigte Verfahren ist ausgeschlossen, wenn
durch den Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben begründet wird, die einer Pflicht zur
Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die
Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen. Das beschleunigte Verfahren
ist auch ausgeschlossen, wenn Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7
Buchstabe b genannten Schutzgüter bestehen.
(2) Im beschleunigten Verfahren
1. gelten die Vorschriften des vereinfachten Verfahrens nach § 13 Abs. 2 und 3 Satz 1 entsprechend;
2. kann ein Bebauungsplan, der von Darstellungen des Flächennutzungsplans abweicht, auch aufgestellt
werden, bevor der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt ist; die geordnete städtebauliche
Entwicklung des Gemeindegebiets darf nicht beeinträchtigt werden; der Flächennutzungsplan ist im
Wege der Berichtigung anzupassen;
3. soll einem Bedarf an Investitionen zur Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur
Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum oder zur Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben in der
Abwägung in angemessener Weise Rechnung getragen werden;
4. gelten in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 Eingriffe, die auf Grund der Aufstellung des
Bebauungsplans zu erwarten sind, als im Sinne des § 1a Abs. 3 Satz 5 vor der planerischen
Entscheidung erfolgt oder zulässig.
(3) Bei Aufstellung eines Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren ist ortsüblich bekannt zu machen,
1. dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach
§ 2 Abs. 4 aufgestellt werden soll, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 2 einschließlich der hierfür
wesentlichen Gründe, und
2. wo sich die Öffentlichkeit über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die wesentlichen
Auswirkungen der Planung unterrichten kann und dass sich die Öffentlichkeit innerhalb einer bestimmten
Frist zur Planung äußern kann, sofern keine frühzeitige Unterrichtung und Erörterung im Sinne des § 3
Abs. 1 stattfindet. Die Bekanntmachung nach Satz 1 kann mit der ortsüblichen Bekanntmachung nach § 2
Abs. 1 Satz 2 verbunden werden. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 2 erfolgt die Bekanntmachung
nach Satz 1 nach Abschluss der Vorprüfung des Einzelfalls.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Änderung und Ergänzung eines Bebauungsplans.
§ 31 Ausnahmen und Befreiungen
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in
dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der
Planung nicht berührt werden und
1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern oder
2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen
Belangen vereinbar ist.
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§ 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten
Ortsteile
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art
und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in
die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen
an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht
beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a
erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art
allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der
Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Abs. 1, im Übrigen ist § 31 Abs. 2
entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale
Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann
im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
1.der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten
Gewerbe- oder Handwerksbetriebs oder der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung einer
zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken dient,
2.städtebaulich vertretbar ist und
3.auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der
Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der
Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
1.die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die
Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die
einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt
sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 ist, dass
1.sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung
nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen,
nicht begründet wird und
3.keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b genannten
Schutzgüter bestehen.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 und
3 Satz 1 sowie Abs. 4 getroffen werden. § 9 Abs. 6 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach
Absatz 4 Satz 1 Nr. 3 sind ergänzend § 1a Abs. 2 und 3 und § 9 Abs. 1a entsprechend anzuwenden; ihr
ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nr. 1 beizufügen.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 sind die Vorschriften über die
Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend
anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ist § 10 Abs. 3 entsprechend
anzuwenden.
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