Reisebericht Brasilien 2011

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Reisebericht Brasilien 2011
I. Reisebericht
Tudo bem? Tudo bem!
Zwei Blechbläserensembles Brassolinos und Fünf Engel für Sunny,
zusammengefasst auch als Großes Blechbläserensemble der Musikschule
Frankfurt am Main e.V. musizierend, unter der Leitung von Sunhild Pfeiffer, sowie
das Schlagzeugensemble Beat It! unter der Leitung von Jens Reuver, reisten in den
Osterferien 2011 nach Brasilien, um dort mit 2 Kammerorchestern, Camerata
Jaraguá do Sul unter Leitung von Ricardo Feldens und Camerata Ivoti unter der
Leitung von Irving Feldens zu musizieren und zu konzertieren.
Insgesamt umfasste die Reisegruppe 17 SchülerInnen (15 Jungs und 2 Mädels) im
Alter zwischen 11 und 18 Jahren, sowie 3 Lehrer – neben den Ensembleleitern reiste
Norbert Schirrmacher, Posaunenlehrer an der Musikschule, zur Betreuung und
Unterstützung mit.
Die erste Woche vom 18. - 23. April verbrachten die Frankfurter in Jaraguá do Sul im
südlichen Bundesstaat Santa Catarina, die zweite Woche vom 25. - 30. April dann in
Ivoti in Rio Grande do Sul. Beide Bundesstaaten haben eine starke Verbindung zu
Deutschland; im 19. Jahrhundert sind viele Bauern, vornehmlich aus dem Hunsrück,
nach Brasilien ausgewandert, um dort in der Hoffnung auf ein besseres Lebens einen
Neuanfang zu wagen. Noch heute sprechen die Nachkommen sogenanntes
Hunsbucklig, im Grunde einen Hunsrücker Dialekt. Insofern war die Verständigung
relativ unproblematisch; waren zu wenig Deutschkenntnisse vorhanden, ging es mit
Englisch, den ein oder andern erlernten portugiesischen Wortfetzen oder gar mit
Händen und Füßen weiter in eine muntere Verständigung.
Sowohl in Jaraguà do Sul als auch in Ivoti waren wir in Familien untergebracht,
meistens zu zweit, manchmal auch alleine – je nach Möglichkeit der Gastgeber.
Morgens wurden alle Frankfurter von den Gasteltern zum vereinbarten Treffpunkt
gebracht, von dort starteten wir dann in der Regel mit einem Bus zu unserem
Tagesausflug, oftmals in Begleitung einiger brasilianischer SchülerInnen.
Mal war es eine Stadtrundfahrt mit Museumsbesuch, mal ein Besuch im tropischen
Parque Malwee, eine Fahrt zum Strand Itapema, dann ein Wasserfall hier, ein
Wasserfall dort – mal mit Baden, mal nur zum Staunen, Ausflüge mit dem Schiff in
der Lagune um Joinville oder auf dem See in Porto Alegre, zwischendurch auch ein
offizieller Besuch bei der Bürgermeisterin von Ivoti: kurz es waren vielfältige
Eindrücke, die uns begeistert und angerührt haben.
Abends wurden wir von den Gastfamilien wieder abgeholt, um später dann zur Probe,
zum Konzert oder zum Feiern wieder zusammen zu kommen – denn ein
Brasilienbesuch ohne Churrasco geht einfach nicht. Und davon hatten wir einige.
Eine für MusikschülerInnen ganz besondere Erfahrung allerdings ist das häufige
Konzertieren. Anders als im Musikschulalltag, in dem man für einen Auftritt ein oder
zwei Stücke einstudiert und dann einmal aufführt, fördert ein Austauschprojekt nicht
nur das gemeinsame Musizieren sondern auch das häufige Konzertieren. Nach
gemeinsamen Proben – wir haben Filmmusiken wie Mission Impossible, My heart
will go on und Fluch der Karibik einstudiert - wird das zusammen Erlernte in
mehreren Konzerten präsentiert. Unmerklich stellt sich eine Leichtigkeit des
Musizierens ein, eine Spielfreude, die sich auf das Publikum überträgt und von
diesem auch zurückstrahlt.
In Jaraguà do Sul haben wir 2 Konzerte gegeben, das erste gemeinsam mit dem
dortigen Kammerorchester; das zweite gestalteten wir alleine. In Ivoti waren es 3
Konzerte, zwei davon in typisch deutschen Dörfern Santa Maria do Herval und
Picada Café, das letzte dann gemeinsam mit dem Streichorchester von Ivoti in der
IEI-Schule.
In der Regel waren die Konzerte gut besucht und jedes Mal war die Begeisterung
groß; entsprechend locker konnten unsere Ensembles musizieren. Schließlich erlebt
man in Frankfurter Musikschulkonzerten noch längst keine Standing Ovations....
Als Ensembleleiter haben wir mit großer Freude zur Kenntnis genommen, wie
souverän und routiniert im besten Wortsinn sich unsere SchülerInnen präsentiert
haben.
Im musikalischen Reisegepäck hatten wir ein eigens für dieses Austauschprojekt in
Auftrag gegebene Arrangement deutscher Abendlieder. Rainer Hofmann,
Bassposaunist der Frankfurter Oper, hat Lieder wie „Guter Mond du gehst so stille“;
„Weißt du wie viel Sternlein stehen“: „Der Mond ist aufgegangen“; „Ade nun zur
guten Nacht“ u.a. für 10 Blechbläser arrangiert – in der Annahme, dass sich die
Nachkommen der deutschen Einwanderer vielleicht noch an das alte Liedgut
erinnern. In der Tat hat das Wiedererkennen große Freude ausgelöst: von Tränen der
Rührung bis zum begeisterten Mitsingen.
Ein Schmankerl und touristischer Höhepunkt war der Besuch der Iguacu-Wasserfälle
am Oster-Wochenende. Am Ostersamstag sind wir nach Foz do Iguacu geflogen, um
dort für 2 Nächte im Hotel zu wohnen und von dort aus die brasilianische und
argentinische Seite der Wasserfälle zu besuchen.
Es regnete und das trübe Wetter passte zur allgemeinen Stimmung, denn der Abschied
von Jaraguá do Sul ist uns schwer gefallen. Abends haben wir kurzentschlossen ein
Konzert in der Hotelhalle improvisiert und passend zu Ostern all unsere klassische
Literatur aus dem Repertoire gezaubert. Von Gabrielis „Sonata pian' e forte“ über
Pachelbels „Kanon“ und Bachs „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ hin zu Bruckners
„Ave Maria“ und „Locus iste“. Hotelgäste und Hotelangestellte waren hoch erfreut.
Ostersonntag war dann schlicht der Traumtag und einfach nur zum Jauchzen. Die
Wasserfälle bei herrlichem Sonnenschein mit unglaublichen Wassermassen und
farbenprächtigen Regenbögen – ein unvergessliches Erlebnis.
Das Austauschprojekt 2011 war die Fortführung des in 2010 entstandenen Kontakts.
Im Februar 2010 befand sich das Kammerorchester Ivoti auf Deutschlandreise. Die
letzte Station war in Frankfurt und die Brassolinos-Familien haben brasilianische
Gäste aufgenommen. Nach einem gemeinsamen Konzert in der Diakonissenkirche
erfolgte dann die Einladung zu einem Gegenbesuch. Jetzt haben sich die alten
Kontakte vertieft, neue in Jaraguá do Sul gebildet, und wir erwarten unsere
brasilianischen Freunde im Februar 2012 zum nächsten Besuch.
Tudo bem? Tudo bem! - so die typische brasilianische Redensart: Alles gut? Alles
bestens!!!
Frankfurt/Main, den 04.05.2011
Sunhild Pfeiffer