ErstderBaggerundzuletztderPinsel

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ErstderBaggerundzuletztderPinsel
A
DONNERSTAG, 4. APRIL 2013
NUMMER 78
KREIS
EUSKIRCHEN
SEITE
TIPP DES TAGES
37
Um den Körper frühlingsfit zu machen, rät die AOK im Kreis
Euskirchen zu einem Saunabesuch. Den im Winter angesetzten
Speck könne man natürlich nicht wegschmelzen, indem man
sich in eine Sauna-Kabine setze, sagt Daniela Cremer von der
AOK: „Aber man kann den Stoffwechsel kräftig ankurbeln, so
dass er sich von Schlacken reinigt und befreit.“
„Erst der Bagger und zuletzt der Pinsel“
Ines M. Grohmann und Stefanie Grohmann-Troll haben eine Archäologie-Firma aufgebaut
Von BERND ZIMMERMANN
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WEILERSWIST. Sie sind spannenden Geschichten auf der
Spur. Tagtäglich suchen Stefanie Grohmann-Troll und Ines
M. Grohmann aus Weilerswist
nach Hinweisen auf die Vergangenheit. So entdeckten sie
bei der Grabung in FrechenKönigsdorf an der drittgrößten
„villa rustica“ (römischer Bauernhof) des Rheinlandes eine
Bronzelampe in Form eines
Frauenfußes mit Sandale, legten Teile eines römischen Auxiliarkastells in Dormagen frei,
brachten in Bergheim einen
germanischen Hof aus der Römerzeit (1. Jahrhundert nach
Christi Geburt) ans Tageslicht
und entdeckten bei der Verlegung einer Gasleitung in Düsseldorf Spuren aus der vorrömischen Eisenzeit.
Beide haben vor einem Jahr
die Firma „Troll Archäologie“
gegründet und bieten nun ihr
Fachwissen und ihre berufliche Erfahrung unter dem Dach
des kleinen Unternehmens an.
Schon jahrelang haben die
Archäologinnen als Freiberuflerinnen gearbeitet und dabei
im Rheinland bemerkenswerte Funde gemacht. Stefanie
Grohmann-Troll hat beispielsweise in der Mönchengladbacher Citykirche bei Arbeiten
zum Einbau von Heizungsschächten eine archäologische
Sensation an Licht gebracht:
Unter der Kirche hatte es bereits im 13. Jahrhundert eine
romanische Kirche gegeben.
„Die Bauarbeiten mussten teilweise umgeplant werden. Nun
sollen die spektakulären Funde durch archäologische Fenster der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden“, so Stefanie Grohmann-Troll.
Doch „nur“ auszugraben, ist
nicht die alleinige Tätigkeit der
beiden Archäologinnen. Ines
M. Grohmann verweist darauf,
dass die kleine Firma mit modernster digitaler Technik vermisst und digitale Pläne von
Funden und archäologischen
Hinterlassenschaften erstellt.
So können diese und das untersuchte Gelände auf historische
Karten und Pläne übertragen
werden.
Gutachten, die Beratung
Bauwilliger oder die Durchführung von Ausgrabungen gemäß den Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes gehören
ebenfalls zum Tätigkeitsfeld
Bei Eiseskälte auf Spurensuche: Ines M. Grohmann und Stefanie Grohmann-Troll finden auf manchem Acker Münzen und Scherben oder auch mal eine seltene Öllampe. Am
Computer werden die Funde dokumentiert und in Datenbanken eingetragen. (Fotos: Zimmermann/LVR)
der Archäologinnen. „Wir nehmen aber auch Sachverhaltsermittlungen vor, untersuchen, ob archäologische Befunde zu erwarten sind und welche Ausdehnung die Fundstellen haben können“, sagt Ines
M. Grohmann.
» Oberstes Gebot
ist, die laufenden
Arbeiten so wenig
wie möglich zu behindern.«
ST. GROHMANN-TROLL
Außerdem bietet das kleine
Unternehmen, das je nach Aufgabe schnell auf die Mitarbeit
von einem Dutzend Experten
zurückgreifen kann, Prospektionen an. Dabei wird das archäologische Potenzial einer
Fläche ermittelt. Die kleine Firma arbeitet baubegleitend , et-
Gericht kassiert
Baugenehmigung
Geplante Biogasanlage in Merzenich
darf erstmal nicht gebaut werden
ZÜPICH/MERZENICH/AACHEN. Das Verwaltungsgericht
Aachen hat die Genehmigung
zum Bau einer Biogasanlage in
Merzenich kassiert. Die bestätigte Gerichtssprecher Markus Lehmler gestern der Rundschau. Die Biogasanlage, die
neben der Reitanlage Baumeister errichtet werden soll,
war ursprünglich vom Kreis
Euskirchen genehmigt worden. Dagegen hatte die Stadt
Zülpich geklagt, die in der An-
lage kein privilegiertes Bauvorhaben eines landwirtschaflichen Betriebs sieht. Eine Urteilsbegründung steht allerdings noch aus. „Diese möchten wir abwarten, ehe wir uns
äußern“, so Kreis-Pressesprecher Walter Thomaßen. Zülpichs Bürgermeister Albert
Bergmann begrüßte den Richterspruch: „Das gibt mir Mut
für die Entscheidung in Sachen
der geplanten Putenmastanlage in Dürscheven.“ (tom)
wa bei Unterfangungen, Abrissarbeiten, Straßen- und Kanalbaumaßnahmen. „Wenn in
solch einem Fall von Baubegleitung archäologische Befunde auftauchen, werden sie
so schnell wie möglich dokumentiert. Oberstes Gebot ist,
die laufenden Arbeiten so wenig wie möglich zu behindern“,
stellt Stefanie Grohmann-Troll
klar.
Die beiden Archäologinnen
betonen, dass sie als Dienstleister viele Arbeiten aufgrund
eingespielter und effizient Arbeitsweise kostengünstig erledigen können. „Wir arbeiten
mit vielen erfahrenen Kollegen
zusammen, verfügen im Bedarfsfall über ein eingespieltes
und sehr effizient arbeitendes
Baggerteam. So kommt bei uns
ein eigens angefertigter, 3,5
Meter breiter Baggerlöffel zum
Einsatz, der eine schnelle Vorgehensweise garantiert“, sagt
Ines M. Grohmann.
Für Bauherren bedeute die
Verpflichtung der kleinen Firma nicht etwa die Unsicherheit, ob das Team die Aufgabe
schaffen könne, sondern die Sicherheit, „dass wir als Chefs
vor Ort sind“, so Stefanie Grohmann-Troll. Das verkürze
Kommunikationswege und erleichtere die Arbeit. „Erst
kommt der Bagger, dann die
Schaufel, der Kratzer und zuletzt der Pinsel“, sagen die beiden Archäologinnen.
Doch damit ist die Arbeit
noch lange nicht getan. Denn
die Befunde müssen vor Ort
dokumentiert, bearbeitet und
eingemessen werden. Fundstücke wie Tonscherben, Münzen oder Armbänder werden
sauber in Fundtüten verpackt
und beschriftet. Zu Hause werden die Messdaten computertechnisch in entsprechenden
Listen digital erfasst, damit der
Verlauf einer Grabung und die
Funde für die Nachwelt nachvollziehbar festgehalten werden können.
Zwei Arbeitszimmer mit
Blick auf den Garten in der Vernicher Erftaue gehören zum
Arbeitsbereich des Archäologenpaares. „Wir verbringen
während eines Projekts etwa
ein Drittel der Arbeitszeit vor
den Computerbildschirmen,
geben Daten in spezielle Datenbanken ein und bestimmen
Fundstücke“ schildert Ines M.
Grohmann, die immer noch
fasziniert davon ist, was manche Grabung ans Tageslicht
» Wir verfügen im
Bedarfsfall über
einsehreffizientarbeitendes Baggerteam.«
INES M. GROHMANN
bringt. „Im Gegensatz zum
eher theoretischen Studium
gestaltet sich die Arbeit im Gelände deutlich abwechsungsreicher. Wenn man im Feld
Spuren von Siedlungen findet
und irgendwann Zusammenhänge zwischen diesen Spuren
und dem Leben der Menschen
herstellen kann, ist das unglaublich spannend.“
Bekannte Fundstellen in der
Umgebung einer Fläche deuteten manchmal darauf hin, was
man zu erwarten habe. Doch
was man tatsächlich finde, sei
bisweilen schon eine echte
Überraschung.
„Seit dem Studium haben
wir so an die 200 Grabungen
begleitet, die meisten als Freiberufler“, schätzen die beiden
Weilerswisterinnen.
Untersucht haben sie übrigens auch
den Baugrund für ein Baugebiet gegenüber der Pferdeklinik Müggenhausen nördlich
der Pfarrkirche St. Rochus.
Hier hofften sie, Reste des vermuteten Wassergrabens der
Burganlage zu finden – doch
vergeblich.
Beide gehören auch dem
Geschichts- und Heimatverein
Weilerswist an und arbeiten in
einem Radius von rund 100 Kilometern rund um Weilerswist,
weil dies binnen einer Autostunde gut erreichbar sei.
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www.troll-archaeologie.de
Ratsbeschluss wird umgesetzt
Parkraum fürs Outlet zu schaffen, ist für Richter nachvollziehbar
Von PETER W. SCHMITZ
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BAD
MÜNSTEREIFEL/AACHEN. Die „IG Stadtentwick-
lung“ kann die Umsetzung des
Ratsbeschlusses zur Schaffung
von Parkraum für das Modezentrum nicht verhindern. Zu
diesem Ergebnis kam die 4.
Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen gestern.
Die Kammer lehnte einen
Antrag des Bürgerbegehrens
„Für 100 Prozent kommunale
Parkraumbewirtschaftung“
auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung ab. Mit diesem Antrag, so Gerichtssprecher Mar-
kus Lehmler, habe die hinter
dem Bürgerbegehren stehende „IG Stadtentwicklung“ der
Stadt Bad Münstereifel untersagen wollen, die Ratsbeschlüsse vom 19. März 2013 umzusetzen. Dabei sei es um
Grundstückskauf- und Grundstückstausch-Geschäfte zur
Schaffung von Parkraum für
das City-Outlet gegangen.
Für das Gericht sei maßgebend gewesen, dass ein Bürgerbegehren nach der Gemeindeordnung erst dann eine
Sperrwirkung
gegenüber
Ratsbeschlüssen
entfalten
könne, wenn es vom Rat für zu-
lässig erklärt worden sei. Das
Gesetz sehe nicht vor, dass bereits im Vorfeld eines Bürgerbegehrens, also bevor die Unterschriften gesammelt und
zur Prüfung vorgelegt worden
seien, die Gemeinde gehindert
werden könne, einen Ratsbeschluss umzusetzen, der dem
Bürgerbegehren widerspreche.
Lehmler: „Ein Ausnahmefall, bei dem die Gemeinde absichtlich versucht, einem Bürgerbegehren die Grundlage zu
entziehen, in dem man voreilig
nicht mehr rückgängig zu machende Fakten schafft, liegt
hier nicht vor.“ Da das CityOutlet im Herbst 2013 eröffnet
werden solle, sei es nachvollziehbar, dass nun Parkraum
für die Kunden geschaffen werden müsse.
Gegen den Beschluss kann
Beschwerde beim OVG Münster eingelegt werden. Norbert
Heckelei von der „IG Stadtentwicklung“ erklärte auf Anfrage, dass noch Beratungsbedarf
bestehe, wie man weiter vorgehen werde. Stadtsprecherin
Marita Hochgürtel konstatierte, dass sich das Gericht den
Argumenten der Stadt angeschlossen habe.

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