180.000 Besucher können nicht irren: Trotz typischem

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180.000 Besucher können nicht irren: Trotz typischem
Hochkaräter: Unter anderem spielten Tom
Astor, Gunter Gabriel und Truck Stop.
Partylaune: Der Regen konnte die Fans
vor der großen Bühne nicht bremsen.
180.000 Besucher können nicht irren: Trotz
typischem Eifelwetter feierten die Lkw-Fans
auf dem Ring eine Party der Extraklasse.
Text I Volker Hammermeister
Herzblut: Sawyer, die FERNFAHRER-Hausband, rockte die Müllenbachschleife.
Fotos I Thomas Küppers, Karl-Heinz Augustin, Volker Hammermeister (2),
Andreas Techel (4), Alexander Fischer (2), Dustin Schaber (2)
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Rennsemmeln: Die GT-Masters-Boliden
trugen ebenfalls Läufe auf dem Ring aus.
Drehmoment: Adam Lacko und sein MKRRenault wühlten ein bisschen im Dreck.
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age wie diese“ – der Slogan brannte sich beim großen Feuerwerk in der
Müllenbachschleife in das Gedächtnis der Zuschauer. Denn bemerkenswert war der Event auf jeden Fall. Einmal wegen der rauen Wetterlage,
die einen Besucher zum Dichten verleitete: „Das Wetter in der Eifel lässt
mich verzweifeln.“ Tatsächlich ging ein Schauer nach dem anderen runter, unterbrochen nur von Platzregen. Und das mitten im Juli, tagsüber bei zwölf Grad – immerhin im Plusbereich. Andererseits geht die Zeile in der Ballade der Toten Hosen
weiter. Die Barden wünschen sich „Unendlichkeit“. Das käme sicher auch dem
Veranstalter des Grand-Prix gelegen, dem ADAC Mittelrhein, der verantwortlich für
Go und Stop: Bei dem Bremswettbewerb
traten die Profis, aber auch Amateure an.
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1 Mit der Eisele-Bühne ging’s nach oben. 2 In
der FERNFAHRER-Arena traf man sich. 3 André
Sahorn von ET-Radio interviewte Markus
Kirchner von Hella. 4 ET-Fahrer-Reporter Dirk
Krauthausen und Thorsten Hannemann. 5
Witzige Kunstwerke zum Mitnehmen. 6 Diskussion beim FERNFAHRER-Stammtisch. 7 Die
Transportbotschafter von Timocom wetteten
um nackte Füße. 8 René Steinke, SawyerFrontfrau Claudi Zimmer und Rainer Bernickel
von DocStop (v. l.n. r.) 9 Egon Allgäuer düste
mit seinem Brasil-MAN und einem SkateStuntman im Schlepptau los.
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die Auswahl des Mottos zeichnete: Denn der
Nürburgring hat Insolvenz angemeldet (siehe
Kasten auf Seite 57). Damit sind Turbulenzen vorprogrammiert und es stehen Großveranstaltungen auf dem Spiel, die eins besonders dringend benötigen: Planungssicherheit.
Doch trotz der sichtbaren und hinter den
Kulissen verborgenen Gewitterwolken waren
die echten Fans nicht zu bremsen. Rund
180.000 Besucher rückten bei der 27. Auflage des ADAC Truck-Grand-Prix mit Regenponchos, Stiefeln und Hüten an und trotzten
den Unbilden. Denn langjährige Besucher
kennen ihre Eifel und ihre Launen, die für
jede Überraschung gut sind. Und schlechtes
Wetter hat ja auch Vorteile: Die Rennen auf
meist nasser Piste sind anspruchsvoller,
deutlich spektakulärer und manches Fahrmanöver endet abrupt im Kiesbett oder im
Reifenstapel.
So ging es am Ring schon bei den zwei
Läufen zum Mittelrhein-Cup ordentlich zur
Sache. Neustart, Safety-Car – alles dabei,
was zu einem actionreichen Rennen gehört.
Am Ende des ersten Durchgangs gewann
René Reinert vor dem Briten Mat Summerfield. Dahinter komplettierte Richard Collett
die Top Drei. Beim zweiten Durchlauf stand
dann Mat Summerfield auf dem Siegertreppchen, dicht gefolgt vom Eifel-Junior Sascha
Lenz, dahinter René Reinert.
In den offiziellen FIA-EM-Läufen führte
kaum ein Weg am amtierenden Champion
vorbei. Jochen Hahn bewies mal wieder Extraklasse. Im dritten Lauf fuhr er schließlich
einen sicheren Sieg ein. In der Gesamtwertung liegt er nun mit 281 Punkten auf Position eins. Es folgt Antonio Albacete mit 274
Zählern, beide auf MAN. Platz drei belegt
Markus Oestreich, 183 Punkte, auf Renault.
FERNFAHRER experimentierte an diesem
Wochenende nicht mit einem festen Zelt,
sondern mit einem Biergarten, in dem die
Abonnenten Umsonstverpflegung begrüßte.
Das Angebot wurde gerne angenommen,
auch wenn es teilweise unter den Sonnenschirmen, die sich auch als Regenschutz
eigneten, eng herging.
Vor dem Biergarten flankierten drei Sattelzüge das Forum. In einem wechselten sich
die Hausband Sawyer, die auf großer Bühne
den Konzernmarathon am Freitag eröffnen
durfte, mit ET-Radio ab, vertreten durch Moderator André Sahorn. Spiel, Spaß und Spannung gingen live on air. Es gab Geldscheine
zu gewinnen, andererseits diskutierte der
Stammtisch aktuelle Probleme der Fernfahrer. Prominente Unterstützung lieferte TVStar René Steinke von „Cobra 11“, Autogrammstunde inklusive. Der blauäugige
Amerikaner: Der US-Truck-Korso bewegte
ordentlich Chrom über die Strecke.
Oldtimer: Der Korso mit den alten
Schätzchen zeigte echte Raritäten.
Buntes: Prächtige Supertrucks fehlten im
Rahmenprogramm natürlich auch nicht.
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Safe the ring
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er „Grünen Hölle“ geht das Geld aus, denn die Nürburgring GmbH,
Träger der Traditionsrennstrecke in der Eifel, geht endgültig in die
Insolvenz. Der Grund ist nach Angaben von Ministerpräsident Kurt Beck
(SPD), dass die EU-Kommission die vom Land beantragte Rettungsbeihilfe von 13 Millionen Euro nicht rechtzeitig genehmigte. Ob nun von
der Europäischen Union oder vom Land Rheinland-Pfalz: Rettungshilfen
wären nötig, weil die Pachtzahlungen der privaten Betreiberfirma an die
GmbH ausbleiben und das Unternehmen deshalb den Kredit der landeseigenen Investitions- und Strukturbank (ISB) nicht mehr bedienen kann.
Mit diesem Kredit wurden wesentliche Teile des Freizeitparks Nürburgring finanziert. Und der ist schon seit vielen Jahren ein Politikum. Angeblich wollten sich Politiker in der Eifel ein Denkmal setzen, sind aber
von gewieften Beratern und Finanziers über den Tisch gezogen worden.
Hanebüchene Missstände werden kolportiert, etwa, dass die spektakuläre Achterbahn, die durch Gebäude führt, keine Betriebsgenehmigung
erhält. In dieser Situation drängt der ADAC als Veranstalter des TruckGrand-Prix Nürburgring auf Planungssicherheit. Präsident Peter Meyer
fordert Beck auf, die unsichere Zukunft des Nürburgrings zu beenden.
Andere Kooperationen des Autoclubs funktionieren deutlich reibungsloser: Der ADAC Mittelrhein
und der ETM-Verlag haben
beschlossen, auch weiterhin
bei der Veranstaltung dieses
Groß-Events zusammenzuarbeiten. Dieter Enders,
Vorsitzender vom ADAC
Mittelrhein und Werner
Bicker, ETM-Geschäftsführer,
verlängern den Vertrag.
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Truck-Grand-Prix Nürburgring
Chefin: Pilotin Steffie
Halm (44) hatte die
Herren Reinert (77) und
Lvov (9) gut im Griff.
Ansage: Natürlich waren
nur die Mechaniker auf der Startgeraden gemeint, kurz bevor es losging.
Einschlag: Dominique Lachèze und die
Reifenstapel lernten sich kennen.
Treffen: Der Fan-Club „Dieselknechte“
besuchte Jochen Hahn.
Reporterin: FERNFAHRER-Leserin Bettina Nill
interviewte für ZF Jochen Hahn.
Überraschungseffekt: Gerd Körber meldete sich mit einem starken Iveco zurück.
Frauenschwarm bewies, dass er ein Herz für
Lkw-Fahrer hat. Als Botschafter von DocStop
setzt er sich für sie ein und erzählte, dass
ihn vor allem der Einsatz für die Allgemeinheit, den die Fahrer leisten, immer wieder
stark beeindruckt.
Vor dem zweiten Lastzug informierte
V-Top die Besucher über Sinn und Zweck der
Imagekampagne für Berufskraftfahrer. Wer
eine Stempeltour absolvierte, konnte sich
einen Anstecker und Aufkleber für den Lkw
abholen. V-Top tritt nach dem Truck-GrandPrix in eine neue Phase ein: Es soll ein Verein
gegründet werden, der ein aktives Sprachrohr
der Lkw-Fahrer für ihre Kollegen sein will.
Mitstreiter sind willkommen (Kontakt: volker.
[email protected]). Teil der VTop-Initiative war auch der dritte Zug des
Forums, der frisch restaurierte Drive-YourDream-Truck (siehe auch Seite 84). Hier
pflegte die FERNFAHER-Promo-Truppe den
Kontakt zum Leser. Und immer dabei und
mittendrin: Die Anwälte der Autobahnkanzlei
rund um Peter Möller, die wirklich „niemanden im Regen stehen“ ließen – so der Slogan
auf der Kleidung –, sondern kostenlose Pon-
chos verteilten. Das kam gut an. Wer in dem
ganzen Trubel den Überblick verlor, konnte
direkt an der FERNFAHRER-Arena die höchste
Hebebühne der Welt betreten. Die Maintaler
Kranfirma Eisele war gerade zurück von der
Fußball-Europameisterschaft, wo sie die TVAufnahme unterstützte, und liftete jetzt Mutige, die der Physik vertrauten, bis auf 103
Meter Höhe in den grauen Himmel.
Andere Höhenflüge mussten ausfallen.
Die Redaktion verloste Ballonfahrten von der
Milch Union Hocheifel (MUH). Doch da spielte das Wetter einfach nicht mit. Ein Zug von
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Sieger: Dominique
Lachèze (l.), Markus
Oestreich und Gerd
Körber (r.).
Regentanz: Markus Oestreich (4) lag die
Nässe am Sonntag ganz besonders.
Oberaufsicht: Den Race-Marshals entging
während der Rennen nichts.
DocStop, der medizinischen Unterwegsversorgung der Fernfahrer, und der eine Million
teure Dekra-Lkw-Simulator rundeten das Angebot des Forums ab.
Alles berichtet? Sicher nicht. Dafür ist der
Event Truck-Grand-Prix einfach zu umfangreich. Hier werden die GT Masters gekürt,
rollen US-Trucks, Oldtimer und WorkingTrucks über die Strecke, wenn Letztere nicht
wie dieses Jahr im Schlamm stecken bleiben.
Die Veranstaltung hat aber auch für die Industrie fast den Status einer Ersatzmesse.
Stellvertretend sagt etwa Ingo Lübs von Kro-
ne: „Hier trifft man sich quer durch alle Hierarchien in Jeans und T-Shirt.“ Oder Gregor
Jentzsch von Renault: „Wir schätzen auf dem
Ring den direkten Kontakt zum Fahrer.“
Und die Show ist bei Dunkelheit noch
lange nicht beendet. Denn dann geht’s in die
Müllenbachschleife zu Europas größtem
Country-Festival mit Stars wie Truck Stop, DJ
Ötzi, Gunter Gabriel und Tom Astor. Wie
heißt es bei den Toten Hosen?: „...hin zu der
Musik, wo alles laut ist, wo alle drauf sind,
um durchzudreh’n, wo die anderen warten,
um mit uns zu starten und abzugeh’n.“
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Freude: Ellen Lohr drehte mit ihrem Fan
Berta Ludwig (80 Jahre) eine Runde.
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