Gutachten - Regierung von Oberfranken

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Gutachten - Regierung von Oberfranken
Regierung
von Oberfranken
Naturschutzgebiet Nr. 49 - "Laubmischwald im oberen Aufseßtal"
-
Gutachten
gekürzte Fassung
weitere Informationen: RD Dr. Johannes Merkel – Tel.: 0921-604 1476
Geobotanisches Gutachten über die Schutzwürdigkeit des geplanten Naturschutzgebietes "Laubmischwald im oberen Aufseßtal"
1. Lage, Geologie und Böden
Das geplante Naturschutzgebiet "Laubmischwald im oberen Aufseßtal" liegt im Naturraum Nördliche Frankenalb an den links und rechtsseitigen Hängen des Aufseßtales zwischen Dros endorf
und Sachsendorf, Landkreis Bayreuth.
Geologisch gehört das zwischen 415 m und 450 m über NN gelegene Untersuchungsgebiet zur
dolomitischen Fazies des Malm (Mittlere Kimmeridge-Schichten).
Die Böden über dem massigen Frankendolomit sind meist mittelgründige Mullrendzinen und Kalk pelosole, kleinflächig auf Felsköpfen auch Protorendzinen und Rendzinen.
2. Vegetation und Flora
Bei dem geplanten Naturschutzgebiet handelt es sich fast ausschließlich um Laubmischwälder,
die bisher überwiegend im Nieder- und Mittelwaldbetrieb bewirtschaftet wurden. Die potentielle
natürliche Waldgesellschaft ist, abgesehen von kleineren trockeneren Bereichen eine
Märzenbecher -Ausbildung des Ahorn-Eschenwaldes
(Aceri-Fraxinetum, Leucojum -Variante).
Durch die Nutzung dieses Frühlingsgeophytenwaldes als Nieder- bzw. Mittelwald hat sich vor allem die Struktur und die Artenzusammensetzung der Baumschicht geändert. Deshalb überwiegt
heute der Eichen-Hainbuchenwald, in frischer Ausbildung der
Sternmieren- Eichen- Hainbuchenwald
(Stellario -Carpinetum),
daneben an trockeneren Standorten der
Waldlabkraut -Eichen-Hainbuchenwald
(Galio-Carpinetum).
Charakteristische Arten dieser beiden Waldgesellschaften, die im Untersuchungsgebiet stetig vo rkommen, sind
Hainbuche
Stieleiche
Feldahorn
Carpinus betulus
Quercus robur
Acer campestre
Ebenfalls kleinflächig ist an sonnigen Waldrändern ein
Odermennigsaum
-1-
(Trifolio-Agrimonietum eupatorii)
mit Aufrechtem Ziest
Dost
Mittlerem Klee
Bergklee
und Wirbeldost
ausgebildet.
Stachys recta
Origanum vulgare
Trifolium medium
Trifolium montanum
Calamintha clinopodium
Als Beleg für den Laubmischwald im Bereich des geplanten Naturschutzgebietes wurden 9 pflanzensoziologische Aufnahmen nach der Methode Braun -Blanquet erstellt, die in der nachfolgenden
Tabelle zusammengefaßt wurden.
Haselstrauch
Eingriffeliger Weißdorn
Zweigriffeliger Weißdorn
Roter Hartriegel
Goldhahnenfuß
Große Sternmiere
Waldknäuelgras
Waldlabkraut
Dunkles Lungenkraut
Wunderveilchen
Türkenbund
Einbeere
Hainhahnenfuß
Leberblümchen
Hohe Schlüsselblume
und Scharbockskraut
Corylus avellana
Crataegus monogyna
Crataegus laevigata
Cornus sanguinea
Ranunculus auricomus
Stellaria holostea
Dactylis polygama
Galium sylvaticum
Pulmonaria obscura
Viola mirabilis
Lilium martagon
Paris quadrifolia
Ranunculus nemorosus
Hepatica nobilis
Primula elatior
Ranunculus ficaria.
Die Arten des Märzenbecher- Ahorn-Eschenwaldes sind aber noch stark vertreten:
Bergahorn
Spitzahorn
Bergulme
Sommerlinde
Esche
Alpenjohannisbeere
Christophskraut
Frühlingsknotenblume
(= Märzenbecher)
Gelbes Windröschen
Wolliger Hahnenfuß
Mondviole
Hohler Lerchensporn
Wolfseisenhut
und Aronstab
Acer pseudoplatanus
Acer platanoides
Ulmus glabra
Tilia platyphyllos
Fraxinus excelsior
Ribes alpinum
Actaea spicata
Leucojum vernum (
Anemone ranunculoides
Ranunculus Ianuginosus
Lunaria rediviva
Corydalis cava
Aconitum vulparia
Arum maculatum.
Auf sonnigen Dolomitknocks sind kleinflächig
Fels- und Steingrusfluren
mit
Weißem Mauerpfeffer
Scharfem Mauerpfeffer
Steinquendel
Duftendem Schotendotter
Hügelmeister
und Blaugras
Sedum album
Sedum acre
Calamintha acinos
Erysimum odoratum
Asperula cynanchica
Sesleria varia,
Erdseggen - Trockenrasen
(Pulsatillo - Caricetum humilis)
mit
-2-
Küchenschelle
Pulsatilla vulgaris
Erdsegge
Carex humilis
und Großem Windröschen
Anemone sylvestris
und Enzian-Schillergras -Halbtrockenrasen
(Gentiano-Koelerietum)
mit Gefranstem Enzian
Mückenhändelwurz
Braunroter Sumpfwurz
Männlichem Knabenkraut
Helmknabenkraut
Blaugrüner Segge
Skabiosenflockenblume
Stengelloser Kratzdistel
Karthäuser Nelke
Kleinem Wiesenknopf
Kleiner Bibernelle
Sichelklee
Futteresparsette
Großer Braunelle
Nickender Lichtnelke
und Zypressenwolfsmilch
Gentianella ciliata
Gymnadenia conopsea
Epipactis atrorubens
Orchis mascula
Orchis militaris
Carex flacca
Centaurea scabiosa
Cirsium acaule
Dianthus carthusianorum
Sanguisorba minor
Pimpinella saxifraga
Medicago falcata
Onobrychis viciifolia
Prunella grandiflora
Silene nutans
Euphorbia cyparissias.
Zusammenfassende Beurteilung
Das Untersuchungsgebiet im obere n Aufseßtal zeichnet sich durch seine artenreichen Laubmischwälder, vor allem durch das relativ großflächige Vorkommen des Märzenbecher- AhornEschenwaldes (Aceri-Fraxinetum, Leucojum - Variante) aus. Dieser Frühlingsgeophytenwald ist in
solch optimaler Ausbildung in Oberfranken sehr selten und unbedingt schützenswert.
Neben den Wäldern sind kleinflächig auch wertvolle Trockenrasen, Halbtrockenrasen, Saumgesellschaften, Felsfluren und Steingrusfluren anzutreffen.
Die Flora des Gebietes ist sehr artenreich. Hervorzuheben ist hier das Vorkommen von 18 in
Bayern bzw. Oberfranken gefährdeten Arten (RL 2,5 = Art der Roten Liste bedrohter Farn- und
Blütenpflanzen in Bayern, Gefährdungsstufe 2 bzw. 3; Ofr. 1,2 = in Oberfranken gefährdete (2)
bzw. stark gefährdete Art (1) ):
Aconitum vulparia
Anemone sylvestris
Carex humilis
Cephalanthera damasonium
Convallaria majalis
Daphne mezereum
Epipactis atrorubens
Epipactis helleborine
Gymnadenia conopsea
Leucojum vernum
Lilium martagon
Listera ovata
Lunaria rediviva
Neottia nidus -avis
Orchis mascula
Orchis militaris
Pulsatilla vulgaris
Sedum album
RL 3
RL 3
RL 3
RL 3
RL 3
RL 3
RL 3
RL 3
RL 2
RL 3
RL 3
Ofr. 2
Ofr. 2
Ofr. 2
Ofr. 2
Ofr. 1 *
Ofr. 2
Ofr. 2
RL
RL
RL
RL
3
2
3
3
Ofr.
Ofr.
Ofr.
Ofr.
2
2
2
-?
Besonders bedeutungsvoll ist hierbei das individuenreiche Vorkommen des in Oberfranken stark
gefährdeten Märzenbechers (Leucojum vernum). WALTER zählte hier in den Jahren 1973 - 75
jeweils zwischen 5.000 und 8.000 blühende Exemplare und es handelt sich somit um eines der
größten Märzenbechervorkommen in Oberfranken. Der Bestand dürfte sich inzwischen sogar
vermehrt haben, da das Ausgraben von Pflanzen stark rückläufig ist.
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Die hohe Wertigkeit des Gebietes zeigt sich auch darin, daß im Jahr 1985 10,6720 ha Waldfläche
wegen ihres hohen ökologischen Wertes von der Gemeinde Aufseß mit Förderung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen gekauft wurde.
Zur Erhaltung der Lebensgemeinschaften und der Lebensstätten einer Vielzahl, zum Teil gefährdeter und stark gefährdeter Arten sollte der Laubmischwald im oberen Aufseßtal unbedingt als
Naturschutzgebiet ausgewiesen werden.
Bayreuth den 5.6.1987
Regierung von Oberfranken
I.A.
Dr. Merkel
Oberregierungsrat
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