Schnittstelle Lehrer bildung und Schule im
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Schnittstelle Lehrer bildung und Schule im
journal für lehrerInnenbildung Schnittstelle Lehrer bildung und Schule im internationalen Kontext 3/2008 8. Jahrgang StudienVerlag Innsbruck Wien Bozen jlb_03_08.indd 1 21.07.2008 12:17:41 Uhr Impressum journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 8. Jahrgang 2008 © 2008 by Studienverlag Innsbruck-Wien-Bozen Layout: StudienVerlag Druck: Theiss Verlag: StudienVerlag, Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck; Tel.: 0043/512/395045, Fax: 0043/512/395045-15; e-mail: [email protected]; internet: www.studienverlag.at Redaktion: Dr. Paul Resinger, Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung, Universität Innsbruck, Innrain 52, A-6020 Innsbruck; e-mail: [email protected] Rezensionen: Dr. Kerstin Rabenstein, Institut für Erziehungswissenschaft, TU Berlin, Franklinstraße 28/29, D-10587 Berlin; e-mail: [email protected] Bezugsbedingungen: journal für lehrerinnen- und lehrerbildung erscheint viermal jährlich. Jahresabonnement: euro 35,00/sfr 58,90 Einzelheft: euro 14,50/sfr 26,90 (Preise inkl. MwSt., zuzügl. Versand) Die Bezugspreise unterliegen der Preisbindung. Abonnement-Abbestellungen müssen spätestens 3 Monate vor Ende des Kalenderjahres schriftlich erfolgen. HerausgeberInnen: Prof. Dr. Herbert Altrichter, Johannes-Kepler-Universität Linz Prof. Dr. Sigrid Blömeke, Humboldt Universität zu Berlin Prof. Dr. Tina Hascher, Paris-Lodron-Universität Salzburg Dr. Bernhard Hauser, Pädagogische Hochschule des Kantons St. Gallen Dr. Monika Justus, Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung, Abteilung Ausbildung, Hamburg Prof. Dr. Johannes Mayr, Alpen-Adria-Universität Klagen furt Prof. Dr. Michael Schratz, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck Prof. Dr. Sibylle Rahm, Otto-Friedrich-Universität Bamberg Prof. Dr. Ursula Streckeisen, Pädagogische Hochschule Bern Die mit dem Verfassernamen gekennzeichneten Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder der Herausgeber wieder. Die Verfasser sind verantwortlich für die Richtigkeit der in ihren Beiträgen mitgeteilten Tatbestände. Für unverlangt eingesandte Manuskripte übernehmen Redaktion und Verlag keine Haftung. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigung, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Aboservice: Tel.: +43/1/74040 7814, Fax: +43/1/74040 7813 E-Mail: [email protected] journal für lehrerinnen- und lehrerbildung Die Themen 2006/2007/2008 Wissenschaftlicher und fachlicher Beirat: • Standards hinterfragen 1/06 • Fachdidaktik! 2/06 • Schreiben: Kunst und Arbeitstechnik 3/06 • Vi(v)a Bologna 4/06 • Umgang mit Heterogenität lernen 1/07 • Auswahlverfahren in der Lehrerbildung 2/07 • Forschung fördern 3/07 • Gesundheit und Studium 4/07 • Bewerten und Prüfen 1/08 • Spiel und LB, Psychodrama, Rollenspiel 2/08 • Schnittstelle LB und Schule im intern. Kontext 3/08 • Aufgaben – Steueraufgaben 4/08 Prof. Dr. Erwin Beck, Pädagogische Hochschule Rorschach Dipl. Päd. Dietlind Fischer, Comenius-Institut Münster Prof. Dr. Ingrid Gogolin, Universität Hamburg Prof. Dr. Marianne Horstkemper, Universität Potsdam Prof. Dr. Barbara Koch-Priewe, Universität Dortmund Prof. Dr. Regula Kyburz-Graber, Universität Zürich Prof. Dr. Hilbert Meyer, Universität Oldenburg Prof. Dr. Fritz Oser, Universität Fribourg Prof. Dr. Ewald Terhart, Universität Münster Prof. Dr. Josef Thonhauser, Universität Salzburg Prof. Dr. Ilsedore Wieser, Universität Innsbruck jlb_03_08.indd 2 journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:41 Uhr Inhaltsverzeichnis Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext Michael Schratz/Ilse Schrittesser Editorial Stefan T. Hopmann Lehrer/innenbildung in internationaler Perspektive Anders Jakobsson Gedankenschmieden – Ein Dialog zwischen Klassenzimmer und Schulforschung Marco Snoek Lehrerausbildung: Gemeinsame Verantwortung von Lehrerbildungsinstituten und Schulen Marguerite Altet Universitäre Lehrerausbildung in Frankreich: Kompetenzentwicklung in den IUFM Binyan Xu Hospitieren – Erläutern – Begutachten: Förderung von Lehrer/innenprofession in China Stichwort Anne Sliwka Professionalisierung durch Selbstregulierung: Teaching Councils in Irland, Kanada und Australien Methodenatelier Ilse Schrittesser Kooperationsschulen der Universität Wien Rezensionen Pinnwand journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 3 21.07.2008 12:17:42 Uhr THEMA Schnittstelle Lehrer bildung und Schule im internationalen Kontext Redaktion: Michael Schratz und Ilse Schrittesser Michael Schratz, Prof. Dr., Dekan der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Innsbruck, Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung Ilse Schrittesser, Ao. Univ.Prof. Dr., Vorständin des Instituts für Bildungswissenschaft an der Universität Wien. Arbeitsschwerpunkte: Professionalisierungsforschung und Lehrerbildung, Entwicklung der Hochschullehre, Lehr- und Lerntheorien jlb_03_08.indd 4 Die Lehrer/innenbildung ist europaweit ins Gerede gekommen. Im Kontext der Rede von der Wissensgesellschaft wird mehr denn je der Vermittlung von Wissen und Können an die nachfolgenden Generationen ein zentraler Stellenwert für gelingenden gesellschaftlichen Fortbestand zugerechnet. Unumstritten in dieser Debatte ist, dass die Qualität der Lehrer/innenaus- und -weiterbildung ein wesentliches Moment für Erfolg solcher Vermittlungsprozesse darstellt. Erfolgsfaktoren von Professionalisierung und Professionalisierungskontinuum im Lehrerberuf stehen auf dem Prüfstand, und zwar nicht mehr nur in nationalen, sondern auch und vor allem in internationalen Kontexten. Insbesondere wird in vielen Ländern Europas überlegt, wie der Übergang von Ausbildung zur Schulpraxis möglichst ohne Reibungsverluste gestaltet werden kann bzw. dieser Übergang selbst zu einem fruchtbaren Faktor im Rahmen der Aus- und Weiterbildung von Lehrer/innen gemacht werden kann. Der Thementeil des vorliegenden Heftes wirft – vor diesem Hintergrund – ein Schlag- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:42 Uhr Schratz/Schrittesser: Editorial licht auf internationale Tendenzen der Lehrer/innenbildung und dabei insbesondere auf erfolgreiche Ansätze einer gewinnbringenden Einbeziehung der Schulpraxis in die Aus- und Weiterbildung von Lehrer/innen. Einleitend spannt Stefan Hopmann den gedanklichen Rahmen des Themas, indem er internationale Entwicklungen, Ausbildungsmodelle sowie sich daraus ergebende Perspektiven und Problemfelder der Lehrer/innenbildung skizziert. Anschließend werden erfolgreiche Ansätze der Verschränkung von Ausbildung und Schulpraxis vorgestellt. So beschreibt Anders Jakobsson die Einrichtung von so genannten Gedankenschmieden in Schweden, deren Ziel es ist, lösungsorientierte Kooperationen von Lehrer/ innen, Forscher/innen und Expert/innen aus unterschiedlichen beruflichen Feldern zu aktuellen, für die teilnehmenden Schulen virulenten Fragen einzugehen. Marco Snoek zeichnet ein Vorhaben in den Niederlanden nach, das sich „Ausbilden an Schulen“ nennt und Schulen in die Verantwortung als Ausbildungsstätten für ihr zukünftiges Personal nimmt. Beschrieben werden Kooperationsbündnisse zwischen Lehrerbildungsinstitutionen und Schulen, die in professionalisierender Absicht auf das sich abzeichnende Problem eines Lehrer/innenmangels reagieren. Marguerite Altet gibt einen ausführlichen Einblick in die Entwicklung von Lehrerbildungsinstituten – der Instituts Universitaires de Formation de Maîtres (IUFM) –, deren Ziel es ist, als (seit kurzem) inneruniversitäre Einrichtung Lehrer/innenbildung für alle Schulstufen durch eine elaboriert gestaltete Theorie-Praxisverschränkung zu professionalisieren. Abschließend stellt Binyan Xu ein in China seit 20 Jahren erfolgreiches Modell der Lehrer/ innenbildung vor, das sich „Hospitieren, Erläutern, Begutachten“ nennt und eine Art regelmäßig eingesetzte Reflexionsrunde darstellt, in deren Verlauf Lehrer/innen ihren Unterricht präsentieren, die vorgenommene Gestaltung unter Heranziehen theoretischer Grundlagen argumentieren und gemeinsam mit Bildungsforscher/innen analysieren. In der Rubrik „Stichwort“ beschreibt Anne Sliwka die so genannten „Teaching Councils“, die in mehreren Ländern (Kanada, Australien, Irland) als Foren der Berufsorganisation fungieren und die Aufgabe der Qualitätssicherung in Aus- und Weiterbildung, der Karriereentwicklung sowie der Einflussnahme in die Bildungspolitik durch die Standesorganisation übernommen haben. Im „Methodenatelier“ wird am Beispiel des Projekts „Kooperationsschulen der Universität Wien“ skizziert, wie Schule und Universität gemeinsam an Forschungsfragen mit dem Ziel der Weiterentwicklung professioneller Schulpraxis arbeiten können. Die hier versammelten Beiträge zeigen allesamt auf, dass das Bemühen um eine Neuorganisation der Schnittstelle von Lehrerbildung und Schulpraxis ein Zeichen dafür ist, dass Bildungssysteme im Aufbruch sind. Die Reiseroute, die sie nehmen, wird wesentlich die Bildungslandschaft der Zukunft mitbestimmen. Ein relevanter Aspekt wird dabei sein, wie eine Balance zwischen hohen Qualitätsansprüchen einerseits und dem notwendigen Umgang mit gesellschaftlichen Veränderungszumutungen andererseits dauerhaft und erfolgreich hergestellt werden kann. Eine Zusammenarbeit von Ausbildung und Berufsfeld ist für die genannten Erfordernisse unerlässlich. Einige Möglichkeiten, wie eine solche Zusammenarbeit vor dem Hintergrund unterschiedlicher gesellschaftlicher Voraussetzungen gestaltet werden kann, werden in diesem Heft nachgezeichnet, um Impulse zu weiteren Überlegungen in dieser Fragestellung zu geben. Kontaktadressen: [email protected] [email protected] journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 5 21.07.2008 12:17:43 Uhr Stefan T. Hopmann Lehrer/innenbildung in internationaler Perspektive Stefan T. Hopmann, Dr., Prof. am Institut für Bildungswissenschaft an der Universität Wien. Arbeitsschwerpunkte: Historische und vergleichende Forschung über Bildungssysteme, Schulund Lehrplanentwicklung, Lehrerbildung jlb_03_08.indd 6 Die Lehrer/innenbildung ist wieder ins Gerede gekommen. OECD und EU haben sich wiederholt mit der Veränderung der Lehrer/innenbildung in Europa befasst und drastische Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung gefordert (z.B. OECD, 2006). Besonders hart trifft das natürlich die Länder, die ihre Lehrkräfte noch nicht ganz oder überwiegend an Universitäten ausbilden. Sie sehen sich erheblichem Druck ausgesetzt: Kaum wurden beispielsweise im letzten Jahr die Pädagogischen Akademien bzw. Lehrerbildungsseminare in Österreich und Dänemark in Pädagogische Hochschulen umgewandelt, ist schon eine Diskussion entbrannt, ob damit schon genug getan sei, oder • ob die gesamte LehrerInnenbildung integriert oder wenigstens einheitlich gegliedert werden soll, journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:43 Uhr Hopmann: Lehrer/innenbildung in internationaler Perspektive • ob es Aufnahmeprüfungen oder andere Zugangsbeschränkungen zur LehrerInnenbildung geben soll, • ob die vor-, außer- und nachschulisch tätigen pädagogischen Fachkräfte (insbesondere im Kindergartenbereich, aber auch etwa in der Weiterbildung) ebenfalls auf Hochschulniveau oder gar universitär ausgebildet werden sollen. Je nach Wunsch und Zielrichtung wird dabei auf das eine oder andere Land verwiesen, in dem die entsprechende Maßnahme schon lange „erfolgreich“ durchgeführt worden sei. Richtig ist daran, dass keines dieser Themen – aus internationaler Perspektive betrachtet – sonderlich neu ist, sondern die österreichische und die dänische Debatte reichlich verspätet einher kommen. Fraglich ist aber, ob nicht zuletzt aufgrund dieser „Verspätung“ die künftige Entwicklung tatsächlich noch die gleichen Wege gehen kann, die anderswo schon probiert wurden, oder ob sich nicht hier wie andernorts ganz andere Modelle der Lehrer/ innenbildung und -beschäftigung geltend machen werden. Die institutionalisierte Lehrer/innenbildung ist – so wie wir sie heute kennen – etwas mehr als 200 Jahre alt. In den meisten europäischen Ländern (und ihnen folgend auch im Rest der Welt) hat sich im Laufe dieser Geschichte regelmäßig ein zweigleisiges Modell herausgebildet, bei dem zwischen der Lehrer/innenbildung für Elementar- bzw. Pflichtschulen (je nach Land die ersten vier bis zehn Jahre) und einer für die so genannten höheren Schulen (je nach Land die letzten drei bis neun Jahre) unterschieden wird (Moon, Vlasceanu & Barrows, 2003; Eurydice, 2004, 2006). Letztere war schon immer und fast überall akademisch, während die Pflichtschullehrer/innenbildung erst in den letzten fünfzig Jahren in den meis- ten Ländern auf Hochschulniveau, zum Teil auch an Universitäten verlagert wurde. Neben diesem Grundmodell gab es und gibt es in den meisten Ländern „Kurzformen“ der pädagogischen Ausbildung (in der Regel dreijährig) für den vorschulischen Bereich und einzelne Formen der außer- und nachschulischen Bildungsarbeit, sowie gesonderte Zugänge für das Lehramt in berufsbezogenen Teilen der beruflichen Bildung. Die anfangs weit verbreiteten Speziallehrer/innenausbildungen (etwa für Handarbeit, Werken, Sport oder Religion) sind fast überall nach und nach in die zweigleisige Grundform integriert worden. Bis zur letzten Jahrtausendwende ließ sich die weitere Entwicklung der Lehrer/innenbildung quer durch Europa mit einem relativ einheitlichen Programm beschreiben (Hopmann, 1998; Moon, Vlasceanu & Barrows, 2003): 1. Expansion: Im Grundsatz sind mit Ausnahme der „gymnasialen“ Lehrer/innenbildung alle übrigen pädagogischen Ausbildungen immer länger und differenzierter geworden und haben sich im Zeitbudget den übrigen akademischen Professionsausbildungen immer mehr angenähert. Gleichzeitig ist die Vielfalt der Lehrberufe – nicht zuletzt im außerschulischen Bereich – erheblich gewachsen. 2. Akademisierung: Die Expansion ging in unterschiedlichem Tempo einher mit einer Akademisierung der Lehrer/innenbildung. Dänemark, Frankreich und Österreich gehören zu den letzten europäischen Ländern, die die Pflichtschullehrerausbildung erst in den letzten Jahren entsprechend aufgewertet haben. Höchst unterschiedlich ist dagegen noch die Ausbildung im vor- und außerschulischen Bereich, die bislang nur in wenigen Ländern (insbesondere in Nordeuropa) durchgängig auf Hochschulniveau angesiedelt ist. 3. Angleichung: Während anfangs die Pflichtschulvorbildung viel (Fach-)Didaktik journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 7 21.07.2008 12:17:44 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext und Pädagogik enthielt, aber kaum fachwissenschaftliche Elemente, und die „höhere“ Lehrer/innenbildung fast nur Fachwissenschaften bei äußerst geringen didaktischen und/oder allgemein-pädagogischen Anteilen, haben sich beide mehr und mehr aufeinander zu bewegt und jeweils Teile vom anderen Modell übernommen. Zusätzlich haben in den letzten Jahren immer mehr Länder postgraduale Übergangsphasen in Form von Referendariaten (wie seit langem in Deutschland) oder durch Mentoren angeleitete Einstiegsphasen für alle Typen der pädagogischen Ausbildung etabliert. 4. Spezialisierung: Eine nicht unerhebliche Rolle hat dabei oft der Übergang von den beiden Extremmodellen („alle Fächer“ im Pflichtschulbereich, nur „ein Fach“ in der höheren Bildung) zum Normalfall der meist zwei bis drei Schulfächer unterrichtenden Lehrkraft gespielt. Gleichzeitig hat eine Ausdifferenzierung von Zusatzausbildungen (etwa im Bereich der Heil- und Sonderschulpädagogik) stattgefunden, die in den meisten Ländern nicht zu neuen grundständigen Formen der Ausbildung wie in Deutschland geführt haben, sondern überwiegend als Spezialisierungen innerhalb des zweigleisigen Systems oder als postgraduale Zusatzqualifikationen angeboten werden. 5. Didaktisierung: Gemeinsam ist allen Ausbildungen, dass der Anteil der (Fach-)Didaktiken kräftig gewachsen ist, wobei auch die akademische Institutionalisierung der Fachdidaktiken als selbstständige Subdisziplinen eine erhebliche Rolle gespielt hat (in Deutschland begonnen in den fünfziger Jahren, beispielsweise in Österreich, der Schweiz, Frankreich oder den skandinavischen Ländern zwei bis drei Jahrzehnte später). Wäre es ungebrochen bei diesen Trends geblieben, hätte man innerhalb weniger Jahrzehnte jlb_03_08.indd 8 mit einem europäischen Einheitsmodell einer etwa fünfjährigen, akademisch integrierten Lehrer/innenausbildung mit anschließendem Referendariat rechnen können. Allerdings wurden zunehmend ganz andere Triebkräfte bemerkbar, die Einfluss auf die Ausgestaltung der Lehrer/innenbildung gewinnen konnten und die wenig mit dem hauptsächlich von innen, von den Betroffenen selber betriebenen Zug zur „akademisch gebildeten Profession“ zu tun haben (Criblez, Huber & Lehmann, 2006; Skågen, 2006; Hopmann, Brinek & Retzl, 2007). Die neuen Herausforderungen lassen sich für den europäischen Raum mit zwei italienischen Ortsnamen auf den Punkt bringen: • PISA: Mit PISA und ähnlichen Studien, vor allem aber mit der Durchsetzung von Bildungsstandards und nationalen Leistungsmessungen ist die Frage nach der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Schulsysteme und damit auch nach der der jeweiligen Lehrer/innenbildung auf die Tagesordnung gekommen. Es entspricht einem allgemeinen Trend in der Transformation öffentlicher Leistungserbringung, die Beteiligten zunehmend „verantwortlich“ für die Ergebnisse ihrer Interventionen zu machen und deren Überprüfung an extern festgelegte Indikatoren zu binden (Hopmann, 2007). Es ist also nicht mehr das kollegiale Urteil, das über die Qualität des Unterrichts oder der medizinischen Behandlung befindet, sondern der Grad, mit dem jeweils vorgegebene Erwartungen an die professionelle Leistung erfüllt werden. Gerade für den pädagogischen Bereich ist das Problematische an dieser Umstellung, dass die jeweiligen Professionellen nur sehr begrenzten Einfluss auf die erwünschten Ergebnisse haben (Hopmann, Brinek & Retzl, 2007). Beispielsweise erklärt der Faktor „Lehrqualität“ bei Schülerleistungsmessungen erfahrungsgemäß allenfalls drei bis fünfzehn Prozent der gemessenen Va- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:44 Uhr Hopmann: Lehrer/innenbildung in internationaler Perspektive rianz (bei lehrplannahen Testungen maximal bis zu einem Viertel), d.h. ob die erwarteten Testergebnisse erzielt werden, liegt nur sehr bedingt in Lehrerhand. Gleichzeitig setzt sich mit diesem Prozess die Vorstellung durch, dass guter Unterricht „evidenzbasiert“ sein muss, d.h. seine Leistungsfähigkeit an den vordefinierten Erwartungen gemessen werden kann und muss. • BOLOGNA: Mit dem Prozess der europäischen Einigung ist auch die Idee eines gemeinsamen europäischen Bildungsraumes entstanden, in dem sich die Beteiligten freizügig bewegen und vergleichbare Abschlüsse erwerben können. Im Bologna-Prozess soll dazu eine einheitliche Studienarchitektur (Bachelor/ Master/Doktorat) mit durchgängiger „Modularisierung“ der zu erbringenden Teilleistungen beitragen (Terhart, 2005; Schratz, 2006). Für die Lehrer/innenbildung werden dadurch wenigstens zwei Fragen virulent. Zum einen: Sollen alle pädagogischen Berufe im Grundsatz auf gleichem Niveau angesiedelt sein (etwa Mastergrad) oder stufenweise gradiert werden (z.B. Vor- und Primarschule mit Bachelor-Abschluss, Sekundarstufe mit Master)? Nur wenige Länder haben sich für eine Lösung „Master für alle“ entschieden (etwa Finnland, Türkei), wesentlich mehr für Stufenlösungen (etwa Belgien, Dänemark, Norwegen, die meisten deutschen Bundesländer), manche sogar eine Herabstufung zuvor längerer Ausbildungen auf Bachelorniveau durchgeführt (z.B. Island). In den meisten Ländern ist jedoch die endgültige Ausformung noch umstritten oder es existieren wie etwa in der Schweiz und Deutschland gleich mehrere Varianten nebeneinander (CHEPS, 2006; SKPH, 2006; HRK, 2007). Zum andern: Soll diese Ausbildung dann grundständig integriert erfolgen (also Fach, Didaktik, Pädagogik und Praxis gleichzeitig) oder konsekutiv (z.B. erst Fach, dann das Übrige)? Die meisten Länder bevorzugen noch die erste Variante (etwa Deutschland, Dänemark), wenige durchgängig die zweite (etwa Irland) und mancherorts existieren beide Möglichkeiten nebeneinander (z.B. in England; Eurydice, 2004; CHEPS, 2006). Durch die angestrebte Modularisierung wird letztere Frage etwas obsolet, weil es prinzipiell möglich sein soll, innerhalb der gemeinsamen Studienarchitektur Module an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeitpunkten zu erwerben, was die klassische Konzeption einer Lehrer/innenausbildung „aus einem Guss“ ausschließt. Mehr noch, diese Deregulierung schließt prinzipiell die Möglichkeit ein, die einschlägige Ausbildung ganz oder teilweise bei anderen als staatlichen Anbietern zu absolvieren, so diese nur bestimmten, für alle geltenden Mindestansprüche genügen. Zu diesen beiden nicht für die Lehrer/innenbildung spezifischen Prozessen kommt noch ein dritter hinzu, der sich vergleichsweise ungeplant durchsetzt, aber nicht weniger Wirkung für die Zukunft der Lehrer/innenbildung haben wird: Während Lehrer/innenbildung früher eine enge Verzahnung von Ausbildungsgang und Berufszulassung kannte und diese im Wesentlichen den gesamten Arbeitsmarkt für Pädagog/innen regulierte, hat sich heute eine Markterweiterung im doppelten Sinne ergeben (Hennecka & Lipowsky, 2002; Loeb & Reiniger, 2004; OECD, 2006). Zum einen haben sich der private und der nicht-schulische Bildungssektor explosionsartig vervielfacht. In fortgeschrittenen Industriegesellschaften arbeiten schon heute fast genauso viel, wenn nicht sogar mehr Lehrkräfte (mit höchst unterschiedlichen Vorbildungen) außerhalb des öffentlichen Regelschulsektors als innerhalb. Zum andern sorgt die Internationalisierung des Bildungs- und Beschäftigungsmarktes dafür, dass Qualifikationen nicht nur im nationalen Standardmodell erworben oder eingesetzt werden können. Beides zusammen eröffnet ei- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 9 21.07.2008 12:17:45 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext nen wachsenden Markt von Optionen, der das hergebrachte Modell der nur für diesen einen Zweck ausgebildeten „Lebenszeit-Lehrkraft“ zu einer Variante unter vielen und auf Sicht zu einem Auslaufmodell werden lässt. Mit PISA, BOLOGNA und dem Ende des Ausbildungsmonopols verändern sich die Entwicklungsmöglichkeiten künftiger Lehrer/innenbildung grundlegend, wie man in den Ländern sehen kann, wo dieser Prozess schon weiter fortgeschritten ist (OECD, 2006; Skågen, 2006). Um mit dem letzteren zu beginnen: Schon jetzt gibt es in England, Kanada und in den USA verbreitet, in Ländern wie Deutschland, den Niederlanden oder Schweden in Ansätzen andere Zugänge zum Berufsfeld als die hergebrachte, mehr oder weniger integrierte Ausbildung (Moon, Vlasceanu & Barrows, 2003; Sorensen, Young & Mandzuk, 2005; Brouwer, 2007; Walsh & Jacobs, 2007). Unterstützt von der Modularisierung ist es beispielsweise möglich, die didaktischen und pädagogischen Ausbildungsteile in postgraduale Angebote für zuvor Fachausgebildete zu verlegen. In schwedischen Privatschulen oder in kalifornischen öffentlichen Schulen sind schon jetzt bis zu vierzig Prozent der Beschäftigten nicht aus einer traditionellen Lehrer/innenausbildung hervorgegangen. Sektoraler Lehrer/innenmangel (etwa in Mathematik und den Naturwissenschaften) wird diesen Prozess noch verstärken, zumal dann, wenn durch die Modularisierung wesentliche Ausbildungsteile auch für andere Berufsziele genutzt werden können, sich zudem im Verlauf der Berufskarriere zunehmend andere Optionen außerhalb des öffentlichen Schulwesens anbieten. Der Ausweg, der sich auch aus Gründen internationaler Vereinheitlichung aufdrängt, heißt Zertifizierung (Angus, 2001; OECD, 2006). D.h. künftig wird die Zulassung zum 10 jlb_03_08.indd 10 Lehrberuf in der Regel nicht mehr vom Besuch eines bestimmten Bildungsganges abhängen, sondern davon, dass Bewerber/innen dokumentieren können, auf irgendeinem Wege ein zureichendes Portofolio einschlägiger Vorbildungen erarbeitet zu haben. Wer eine zertifizierte Vorbildung hat und sich den Erwartungen entsprechend bewährt, darf dann auch unterrichten. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Zertifikate (wie jetzt schon in einigen US-Bundesstaaten) zeitlich begrenzt gültig sein werden, und deren Erneuerung an Leistungs- und Weiterbildungsnachweise geknüpft wird. Die auch im deutschsprachigen Raum sehr intensive Diskussion über „Standards in der Lehrerbildung“ (Terhart, 2002) ist vor diesem Hintergrund zu sehen: Standards ermöglichen die Bewertung modularisierter Portofolios (CHEPS, 2006; Glazerman & Tuttle, 2006). Die Kehrseite dieser Entwicklung könnte freilich das Ende einheitlicher Ausbildungsgänge und der endgültige Fall des hergebrachten staatlichen Ausbildungsmonopols sein (wie jetzt schon in Teilen der USA: Robelen, 2007; Walsh & Jacobs, 2007). Beides macht in einer modularisierten und international mobilen Lehrer/innenbildung wenig Sinn. Gleichzeitig wächst der Druck auf Schulen und Lehrkräfte, die Wirksamkeit ihres Unterrichts erwartungsgemäß belegen zu können. Welche Folgen dies für die Lehrer/innenbildung haben könnte, wird freilich je nach gegenwärtigem Ausbildungssystem und Arbeitsmarkt unterschiedlich diskutiert (wie in den „langen Wellen“ des Ausbildungszyklus auch nicht anders zu erwarten ist; Dartenne, 2006). In Ländern ohne nennenswerten Mangel an Lehramtskandidat/innen (wie zur Zeit in Norwegen, Finnland oder Österreich) soll Qualitätssteigerung durch Zugangskontrollen zur Ausbildung und mehr Auslese angestrebt werden, während Länder mit aktuellem Mangel journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:45 Uhr Hopmann: Lehrer/innenbildung in internationaler Perspektive an Lehrkräften sich eher Gedanken darüber machen, wie man Quer- und Seiteneinsteiger dazu motivieren könnte, vielleicht doch noch zeitweise Lehrer/Lehrerin zu werden (wie in einigen deutschen Bundesländern, England, den Niederlanden oder den USA). In Ländern mit etablierter akademischer Lehrer/innenausbildung (wie Deutschland, Schweden oder Norwegen) wird der Mangel vor allem im fehlenden Praxisbezug der gegenwärtigen Ausbildungen gesehen und eine verstärkte Orientierung an der jeweiligen Schulentwicklung gefordert. In Ländern mit stärker ausgeprägten seminaristischen Traditionen (wie Österreich und Dänemark) wird dagegen die mangelnde wissenschaftliche Grundlage der derzeitigen Ausbildungsformate für ausbleibende Erfolge haftbar gemacht. Ebenso unterschiedlich wird die Forderung nach Evidenz ausgelegt, ob sie primär durch eine bessere Forschungsgrundlage für die Ausbildung zu erreichen wäre (wie man in Dänemark, Deutschland und Österreich meint) oder hauptsächlich durch Lernen an gelungener Praxis im Schulbetrieb zu gewährleisten wäre (wie zur Zeit in England oder Schweden diskutiert wird), und ob im letzteren Fall diese Evidenz primär durch gemessene Schülerleistungen zum Ausdruck kommt (wie man das im angelsächsischen Raum glaubt) oder durch die Einbettung der Schule in ihren lokalen Kontext (wie es in den nordischen Ländern gesehen wird). In vielen Ländern erweitert sich diese Diskussion schon jetzt etwa mithilfe nationaler Evaluationen in Richtung auf die Frage, welche Evidenz denn Lehrer/innenbildung selbst für ihre eigene Wirksamkeit beizubringen vermag (Hopmann, 2006). Aus alldem ergibt sich schließlich die Frage nach einer ausreichenden Versorgung mit Lehrkräften (OECD, 2006). Unstreitig scheint europaweit nur zu sein, dass es erheblich vermehrter Fort- und Weiterbildungsmöglich- keiten sowie Aufstiegschancen bedarf, um mehr Lehrerinnen und Lehrer langfristig an den Beruf zu binden. Wie aber mit dem Zugang zum Lehrberuf verfahren? Soll man den Zugang erschweren, um dadurch qualifizierte Bewerbungen zu bekommen? Was aber, wenn es dann weniger Nachwuchs gibt, als der Schulbetrieb braucht? Werbeaktionen und schöne Versprechungen helfen – wie man aus fast allen europäischen Ländern berichten könnte – wenig. Eine verbesserte, etwa vollakademische Ausbildung könnte vielleicht den Status und die Qualität erhöhen, würde aber gleichzeitig die Zahl der Optionen vermehren, andere Berufschancen als das Lehramt an öffentlichen Schulen zu ergreifen. Eine mit dem privatwirtschaftlichen Sektor konkurrenzfähige Besoldung (wie sie es etwa in der Schweiz oder Norwegen teilweise gibt) im gesamten Bildungsbereich durchzusetzen, ist allenfalls für wenige, reiche Staaten und auch dort nur zeitlich begrenzt leistbar. Überall sind den öffentlichen Bildungsausgaben da enge Grenzen gesetzt (zumal die Personalkosten wenigstens 75% der Betriebskosten ausmachen). Wie eine künftige Lösung aussehen wird, kann man vielleicht in den Ländern sehen, in denen die Vorschulpädagogik und die Pflegeausbildung akademisiert worden sind. In einem norwegischen Kindergarten oder einem schwedischen Krankenhaus sind diese vollakademisch ausgebildeten Fachkräfte eine kleine Minderheit. Der Aufstieg der einen Teilgruppe hat eine Fragmentierung des gesamten Berufsfeldes mit sich gebracht, wo nun Frühförderungsexperten oder hoch spezialisierte Fachkrankenschwestern ein wachsendes Heer wesentlich kürzer ausgebildeter und deutlich schlechter bezahlter Hilfskräfte zur Seite steht. Die OECD (2006) empfiehlt denselben Weg für die Schulen: Lieber weniger, dafür hochqualifizierte Lehrkräfte, die dann entsprechende Unterstützung von pä- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 11 11 21.07.2008 12:17:45 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext dagogischen Assistenten, Aufsichtskräften, Übungsleitern etc. erhalten könnten. Dem Fall des Ausbildungsmonopols würde so der Fall des Beschäftigungsmonopols folgen. Welche Optionen hat unter diesen Bedingungen die Lehrer/innenbildung? Sie könnte den Weg der akademischen Aufwertung unbeirrt weitergehen und nach und nach eine einheitliche Ausbildung oder wenigstens einen einheitlichen Bezugsrahmen (etwa in Form einer schulstufenbezogenen Differenzierung) anstreben, freilich mit dem Risiko damit allein auf Dauer dem Druck in Richtung auf Modularisierung, Zertifizierung und Fragmentierung nicht Stand halten zu können. Eine andere Möglichkeit wäre, der Lehrer/innenausbildung und allen nur denkmöglichen Anbietern freien Lauf zu lassen und die staatlichen Qualitätsansprüche nur noch durch Zertifizierung „standardisierter“ Anforderungen an die Berufsausbildung geltend zu machen. Das, was voraussichtlich der europäische Weg sein wird, ist freilich mit der unvermeidlichen Folge verbunden, dass eine integrierte und monoinstitutionell verbürgte Lehrer/innenausbildung, wie wir sie heute kennen, auf Dauer nicht mehr der Regelfall sein wird. Aber ganz gleich, für welche Option sich die Bildungspolitik entscheiden wird, wird sie sich der Frage danach nicht mehr entziehen können, auf welche Evidenz sich ihre Erwartungen stützen und woran ihr Erfolg gemessen werden soll. Für eine Fortsetzung der Debatte über Lehrer/ innenbildung ist also in jedem Fall gesorgt. Literatur Angus, D.L. (2001). Professionalism and the Public Good: A Brief History of Teacher Certification. Washington: Fordham Foundation. Brouwer, N. (2007). Alternative Teacher Education in the Netherlands 2000–2005. A StandardsBased Synthesis. European Journal of Teacher 12 jlb_03_08.indd 12 Education, 30 (1), 21–40. Center for Higher Education Policy Studies (CHEPS). (2006). The Extent and Impact of Higher Educa tion Curricular Reform Across Europe. Twente: CHEPS. Criblez, L., Huber, C. & Lehmann, L. (2006). Der Bo logna-Prozess und die LehrerInnenbildung – Ein internationaler Überblick. Journal für Lehrerin nen- und Lehrerbildung, 6 (4), 7–15. Dardenne, C.M. 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Sie werden in unserer heutigen Gesellschaft herumgeführt und sind unglaublich fasziniert von den fantastischen technischen Entwicklungen, von der Infrastruktur und allen anderen Innovationen, die die Menschheit in den letzten 200 Jahren entwickelt hat. Es gibt nur eine Ausnahme, einen Ort, den alle wiedererkennen, nämlich die Schule. Die Botschaft dieser Geschichte ist ironisch wie auch erheblich übertrieben, da es natürlich extrem auffällige Unterschiede zwischen der jetzigen Schule und der vor 200 Jahren gibt. Gleich- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:47 Uhr Jakobsson: Gedankenschmieden – Ein Dialog zwischen Klassenzimmer und Schulforschung zeitig ist es möglich, zu behaupten, dass diese Geschichte ein paar Wahrheiten enthält, denn auf den ersten Blick, gibt es wirklich große Gemeinsamkeiten zwischen der heutigen Schule und der vor 200 Jahren. Dies zeigt sich besonders, wenn man den Wandel anderer Gesellschaftsinstitutionen im gleichen Zeitraum berücksichtigt. In anderen Geschichten wird die Schule oft mit einem Öltanker verglichen. Versucht man, mit dem Ruder die Richtung zu ändern, dauert es ein paar Seemeilen, bevor die Änderung spürbar wird. Ein solcher Tanker ist natürlich schwer zu manövrieren. Der Öltanker ist eine Metapher für eine Zeit in Schweden, in der die Initiative zur örtlichen Schulentwicklung vom Schulobervorstand in Stockholm gesteuert wurde. Das bedeutete, dass Lehrer/innen und Schulleiter/innen an den örtlichen Schulen sich nicht mit der Frage auseinander setzten mussten, wie die Schule sich entwickeln und verändern müsste, um auf die Zukunft vorbereitet zu sein. Diese Überlegungen übernahm man von Stockholm aus. Man könnte sich ja fragen, wie die Angestellten in Stockholm jemals Informationen darüber bekamen, was die Lehrer an den örtlichen Schulen benötigten, um besser auf die Zukunft vorbereitet zu sein. Wie dem auch sei, ich stelle unterdessen fest, dass Jahrhunderte schwedischer Geschichte mit einer zentralen Steuerung von Schulentwicklung einem zunehmend dezentralisierten System gewichen sind. Die Art und Weise, mit der heutzutage die Schule gesteuert wird, heißt Ziel- und Resultatsteuerung und ersetzt ein eher regelgesteuertes Modell (Skolverket, 1996). Der Übergang von der Regel- zur Ziel- und Resultatsteuerung bedeutete ein Delegieren der Verantwortung für die Zielerreichung von einer zentralen auf eine lokale Ebene. Durch diese Veränderung bekamen Schulleiter/innen und Lehrer/innen größere Befugnis, aber auch eine größere Verantwor- tung für die Zielerreichung (Löfqvist, 1999). Der Gedanke heute ist, dass von professionellen Lehrer/innen und der örtlichen Schulorganisation erwartet wird, dass sie ihr Auslegungsprivileg anwenden, wenn es darum geht, die Ziele des Lehrplans zu interpretieren und wann der Kursplan erreicht werden soll. Um mit dieser Arbeit in einer immer komplizierteren und schnell veränderlichen Welt erfolgreich zu sein, werden hohe Forderungen an die Lehrer/innen und die örtliche Schulentwicklung gestellt. Genau die Situation kann dazu führen, dass sogar die professionellsten Schulen in Schweden riskieren, in einem „Vakuum“ oder in einem Leerraum zu landen (Skolverket, 2000). Zeit für Reflexion und Gedanken Viele praktizierende Lehrer/innen beschreiben diesen Leerraum oft, indem sie von fehlender Zeit oder Möglichkeit zur Reflexion, Gedankenfindung und Vertiefung reden, wenn Forderungen und Probleme des Alltags sich im Klassenzimmer bemerkbar machen. Andere meinen, dass, wenn es endlich Zeit gibt, sich mit Schulforschung und Schulentwicklungsprojekten zu beschäftigen, die örtliche Schule oft keine Möglichkeit hat, diese Forschungsergebnisse und Entwicklungsideen umzusetzen (Utbildningsdepartementet, 2001). Nach Aussage vieler Lehrer/innen werden oft Forscher/innen oder Expert/innen an eine Schule eingeladen. Nach einer inspirierenden Großvorlesung und einer lebhaften Diskussion gehen die Lehrer/innen am nächsten Tag zurück zu ihrem gewöhnlichen Unterricht. Nichts oder nur wenig hat sich verändert. Man kann natürlich anzweifeln, ob es sich wirklich so verhält, aber hier geht es darum, nach der Botschaft dieser Aussagen zu suchen. journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 15 15 21.07.2008 12:17:47 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext Es scheint, als ob die Lehrer/innen Ausbildungen oder Inspirationen zur Schulentwicklung dieser Art als ungenügend ansehen, oder dass man etwas vermisst. Dies wurde auch in Diskussionen zwischen Repräsentanten der Lehrer/innenausbildung in Malmö und den Kommunen in Skåne deutlich. Ausgangspunkt für Diskussionen war die Frage, wie die Hochschule in Zukunft die Kommunen in der Arbeit mit der örtlichen Schulentwicklung unterstützen kann. In diesen Gesprächen ist klar geworden, dass die örtlichen Schulen einen Dialogpartner vermissen, der Zeit und Lust hat, den Lehrer/innen zuzuhören und der in Gesprächsform Inspiration, Ideen und Vertiefung geben kann, ausgehend von den spezifizierten Fragen, die die örtliche Schule formuliert. Aus Sicht der Hochschule wäre ein solcher Dialog mit den Schulen ein wichtiger Indikator und ein Werkzeug, um zu verstehen, auf welche aktuellen Schulprobleme man sich in der Kommune konzentrieren soll. Außerdem würde ein solcher Dialog ein wertvolles Kontaktnetz für die Hochschullehrer/innen und Forscher/innen schaffen. Die so genannten Gedankenschmieden hatten Formen angenommen. Was ist eine Gedanken schmiede? Die Organisation der Gedankenschmieden ist die Zusammenarbeit zwischen 27 Kommunen in Südschweden, dem Kommunverband, der Hochschule Malmö und der Hochschule in Kristianstad. Zuerst wird ein schulbezogenes Problemgebiet durch Beratung mit interessierten Kommunen und Hochschulen identifiziert. Allen betroffenen Kommunen wird dann angeboten, in der Gedankenschmiede mitzuarbeiten und die, die sich dafür entscheiden, gehen einen Vertrag mit den Hoch- 16 jlb_03_08.indd 16 schulen ein, in welchem Ziel und Zweck, Arbeitsformen und Finanzierung festgehalten werden. Dies bedeutet, dass die Kommunen den Großteil der Finanzierung der Gedankenschmiede übernehmen. Nach Abschluss des Vertrags wird eine Gedankenschmiede gebildet, die das Problem bearbeitet, Strategien vorschlägt und durch weitere Forschung Lösungsvorschläge findet, die in der örtlichen Schule anwendbar sind. Eine Gedankenschmiede besteht aus Forscher/innen und Lehrer/innen der Hochschulen, praktizierenden Lehrer/innen der Schulen mit viel Erfahrung mit dem jeweiligen Problem, sowie anderen schulfernen Personen, wie beispielsweise Expert/innen aus der Wirtschaft (ca. 20 Personen). Die Gedankenschmiede arbeitet ungefähr ein Jahr, in einem Umfang, der etwa 1/10 der totalen Arbeitszeit der teilnehmenden Personen entspricht. Jede Gedankenschmiede hat zwei öffentliche Seminare, zu denen alle Interessierten sowie Hochschullehrer/innen und Lehrer/innen der örtlichen Schulen eingeladen werden. Außerdem werden die Seminare live im örtlichen Fernsehen übertragen, sodass die Lehrer/innen der örtlichen Schulen und Studierenden der Hochschulen die Möglichkeit haben, teilzunehmen, unabhängig davon, wo das Seminar stattfindet. Die Arbeit in einer Gedankenschmiede wird mit einem publizierten Bericht, der allen Interessierten zur Verfügung steht, beendet. Gedankenschmieden werden nun schon seit zwei Jahren organisiert. Gedankenschmieden, die bisher begonnen wurden, sind folgende: • IUP (Individuelle Entwicklungspläne)1, Bewertung und Zensurenvergabe • Gesundheit und Lernen im Zusammenspiel • Wissensauffassung und Qualifikationsbedarf in der zukünftigen Gesellschaft • Mathematik – ein demokratisches Recht. journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:47 Uhr Jakobsson: Gedankenschmieden – Ein Dialog zwischen Klassenzimmer und Schulforschung Ein Treffen mit gleichen Voraussetzungen? Das Ziel einer Gedankenschmiede ist es, Zeit und Raum für teilnehmende Lehrer/innen und Forscher/innen zu schaffen, damit sie problematisieren, vertiefen, hin- und herüberlegen können, um verschiedene Möglichkeiten im Rahmen der aktuellen Fragestellung zu erkennen. Eine weitere Zielstellung der Organisation und Arbeit der Gedankenschmiede ist die Schaffung eines gleichberechtigten Treffens zwischen praktizierenden Lehrer/innen der örtlichen Schule in der Region und den aktiven Schulforscher/innen. Mit anderen Worten handelt es sich hierbei nicht um traditionelle Forschungsinformation, sondern mehr darum, die täglichen Erfahrungen und das Wissen der Lehrer/innen aus den Klassenzimmern sowie die aktuellen Forschungsergebnisse in die Arbeit einzuflechten. Die Hoffnungen gehen dahin, dass diese Treffen zu vertiefenden Dialogen zwischen unterschiedlichen Wissenstraditionen und Wissensformen innerhalb des Schulbereiches führen. Die Gedankenschmiede verfolgt außerdem das Ziel, die öffentlichen Seminare und den schriftlichen Bericht zu einem Anreiz und zu einer Inspiration für die Kommunen zu machen, die Schulen weiterzuentwickeln und eventuell eine Forschungsarbeit mit den Hochschulen zu starten. Möglichkeiten und Probleme Die ersten Gedankenschmieden sind zu unterschiedlichen Zeiten entstanden und ihre Arbeit daher auch unterschiedlich weit fortgeschritten. Die erste Gedankenschmiede „IUP-Bewertung und Zensurenvergabe“ hat ihre Arbeit abgeschlossen und einen Schlussbericht veröffentlicht (Jakobsson & Lund- ström, 2007). Die zweite Gedankenschmiede „Gesundheit und Lernen im Zusammenspiel“ hat ihr Endseminar im Herbst 2007 durchgeführt und der Schlussbericht ist im Druck. Die dritte Gedankenschmiede „Wissensauffassung und Qualifikationsbedarf in der zukünftigen Gesellschaft“ ist auf halbem Weg und die vierte Gedankenschmiede „Mathematik – ein demokratisches Recht“ hat gerade kürzlich ihre Arbeit begonnen. Dies bedeutet, dass eine umfangreichere Auswertung der Arbeit der Gedankenschmieden sowie Evaluation bisher nicht erfolgt ist. Dafür haben allerdings Auswertungstreffen mit den Teilnehmer/innen der Gedankenschmieden und mit Kontaktpersonen der Kommunen stattgefunden. In diesen Treffen ging es darum, wie Gedankenschmieden als Anreiz für die Schulentwicklung eingesetzt werden können und wie die örtlichen Schulen die Produkte der Gedankenschmieden als Teil dieser Entwicklung nutzen können. Auf diesen Treffen wurden auch die unterschiedlichen Probleme diskutiert, die in den verschiedenen Phasen der Arbeit aufgetreten sind, sowie die organisatorischen Schwierigkeiten. Bei diesen Treffen ist unter anderem klar geworden, dass die teilnehmenden Lehrer/innen eine sehr positive Einstellung zur Arbeit der Gedankenschmieden haben. Mehrere Teilnehmer/innen haben bekräftigt, dass ihnen durch diese Arbeit die Augen geöffnet wurden für die große Anzahl internationaler Schulforschung, die es z.B. im Beurteilungsbereich gibt. Einige Lehrer/innen haben auch Interesse daran gezeigt, sich weiter in einen bestimmten Forschungsbereich zu vertiefen. Andere wiesen darauf hin, dass zu alten Problemen neue Perspektiven aufgetaucht sind, die die Diskussionen stimuliert haben. Ein Lehrer meinte: „Unsere eigenen, oft sehr tief verwurzelten Auffassungen über zentrale Begriffe in der Schuldebatte sind herausgefordert worden. journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 17 17 21.07.2008 12:17:48 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext Wir sind gezwungen worden, umzudenken, neu zu denken und unsere eigene Praxis mit neuen Augen zu sehen. Unsere gemeinsame Arbeit hat nicht nur in neuen Ideen über die Schulentwicklung resultiert. Ein mindestens genauso wichtiges Ergebnis ist das Band, das zwischen den Teilnehmer/innen geknüpft wurde, professionell wie auch persönlich.” (Lehrer aus der ersten Gedankenschmiede) Bewertung und Zensuren vergabe in Schweden Die erste Gedankenschmiede behandelte unter anderem das Thema „Bewertung und Zensurenvergabe“. Im Vorfeld führten die schwedischen Behörden (Skolverket, 2000) eine umfassende Qualitätsuntersuchung von 20 Kommunen in Schweden durch. Der Fokus bei der Untersuchung lag auf der Zensurenvergabe in der Grundschule und im Gymnasium. Das Resultat zeigte, dass deutliche Mängel im Bezug auf eine gerechte und gleichwertige Zensurenvergabe auftauchten. Die Untersuchungsgruppe zog den Schluss daraus „dass reelle Voraussetzungen für die Lehrer/innen fehlen, um sich eingehend mit dem System auseinander zu setzen und ein Verständnis aufzubauen, sowie Zeit und Möglichkeiten für eine langfristig kontinuierliche Arbeit mit den Bewertungs- und Zensurenvergabefragen fehlen, die an den Lehr- und Kursplan knüpfen.” (S. 171) Ein Jahr später gab das Schulwerk (Skolverket, 2001) ein Dokument heraus, das die Lehrer/innen bei der Bewertung und Zensurenvergabe unterstützen sollte und das sich auf Fragen bezog, die das Schulwerk von Schulen aus dem ganzen Land erhalten hatte. Drei Jahre später präsentierte das Schulwerk (Skolverket, 2004) einen Handlungsplan für eine gerechte und gleichwertige Zensurenvergabe. Im gleichen Jahr stellte die 18 jlb_03_08.indd 18 Reichsrevision (2004) in einem Bericht fest, dass Gerechtigkeit und Gleichwertigkeit bei der Zensurenvergabe in Frage gestellt werden konnten. Seitdem haben Berichte, aber auch Forschung in dem Gebiet gezeigt, dass Schwierigkeiten vorliegen, wenn es darum geht, eine gerechte und gleichwertige Bewertung und Zensurenvergabe zu erzielen. Viele Forscher/innen (Tholin, 2003; Selghed, 2004; Tholin, 2006) haben in den letzten Jahren aus unterschiedlicher Perspektive die Schwierigkeiten gezeigt, mit denen die Lehrer/innen kämpfen, wenn es gilt, gerecht und gleichwertig zu bewerten und Zensuren zu vergeben. Bewertung und Zensurenvergabe in der Schule ist, unabhängig vom Zensurensystem, eine komplizierte und schwierige Aufgabe für die Lehrer/innen. Eine Bewertung erfolgt in der Regel im Zusammenspiel zweier Aspekte: Einerseits geht es um die Leistung des Schülers/ der Schülerin, andererseits spielt es auch eine Rolle, wie die Lehrer/innen die Intentionen des Bewertungssystems verstanden haben. Steuerdokumente in Form von Lehrplänen, nationale und örtliche Kurspläne mit dazugehörenden Zielen und Bewertungskriterien, Ergebnisse von nationalen Tests zusammen mit den eigenen Bewertungserfahrungen – das ist die gesammelte Unterstützung, an die sich Lehrer/innen bei der Bewertung und Zensurenvergabe anlehnen können (Selghed, 2004). Das Einführen des ziel- und wissensbezogenen Bewertungssystems kann, zusammen mit Veränderungen im Steuersystem, als Anlass gesehen werden, warum die erste Gedankenschmiede gestartet wurde. Bei einer Inventur von schulischen Qualifikationsentwicklungsgebieten in den Kommunen in Skåne zeigte sich, dass Fragen der Bewertung und Zensurenvergabe in mehreren Kommunen hohe Priorität erhielten. Bei einer genauen Untersuchung präzisierten sich einige Fragestellun- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:48 Uhr Jakobsson: Gedankenschmieden – Ein Dialog zwischen Klassenzimmer und Schulforschung gen um die Gebiete „Bewertung, individuelle Entwicklungspläne und Zensurenvergabe”. Einige Beispiele von Fragestellungen waren: • Wie beziehen wir den Schüler/die Schülerin mit in den Beurteilungsprozess ein? • Wie erzielen wir eine gleichwertige Bewertung? • Wie gehören Wissensauffassung und Bewertung zusammen? • Wie ist die Entwicklung des Lernens in den jüngeren Altersgruppen zu bewerten, zu denen es keine fertigen Ziele/Teilziele gibt? • Was bedeutet Bewertung als pädagogisches Werkzeug für die Entwicklung? Empfehlungen an die Lehrer/innen An dieser Stelle kann nicht im Detail auf alle Empfehlungen der ersten Gedankenschmiede eingegangen werden, doch wenn es um Prinzipien (Wiske, 1998; Lindström, 2005) für die Beziehung zwischen Unterricht und Bewertung geht, hat die Gruppe einige wichtige Punkte herausgehoben: 1) Generative topics: Arbeiten mit Themengebieten in der Schule, die relevant sind für das jeweilige Fach, aber auch gleichzeitig von Schüler/innen und Lehrer/innen als wichtig und bedeutungsvoll angesehen werden. Im Idealfall soll dieses Themengebiet mit früheren Erfahrungen innerhalb sowie außerhalb der Schule in Beziehung stehen. „Generative” bezieht sich darauf, dass das Thema zu neuen Fragen und Themengebieten weiterführen soll. 2) Understanding goals: Formulierung von Zielen für den Unterricht davon ausgehend, was die Schüler/innen verstehen sollen. Die Ziele sollen deutlich und zentral für das Fach sein. 3) Performances of understanding: Ein ungemein zentraler Teil des Projektes ist die etwas andere Sichtweise auf das Verstehen, von der man ausgeht. Das Verstehen wird nicht nur als eine mentale Eigenschaft gesehen (die man daher auch nur indirekt beurteilen kann), sondern es geht darum, wie man sein Wissen anwenden kann. Verstanden zu haben, bedeutet, dass man mit seinem Wissen flexibel agieren kann. Verstehenshandlungen sind solche Handlungen, die man nur ausführen kann, wenn man sie verstanden hat. Als Lehrer/in muss man daher den Unterricht so planen, dasss die Schüler/innen ihr Wissen anwenden können. Beispiele für Verstehenshandlungen sind, dass man erklären, argumentieren und präsentieren kann und Ähnliches. 4) Ongoing assessment: Bewertungen sollten von expliziten Kriterien ausgehen, in regelmäßigen Abschnitten innerhalb des Unterrichtsjahres erfolgen – also nicht nur am Ende – und sie sollten umfassend sein (d.h. dass man mehrere verschiedene Bewertungsformen nutzt) sowie ständig während des Lernprozesses erfolgen (formative assessment). Implikationen Die meisten teilnehmenden Lehrer/innen meinen, dass die Arbeit zu Versuchen geführt hat, die Bewertungsarbeit an den Schulen auf die kontinuierliche Auswertung und Bewertung auszurichten, und dies in viel größerem Ausmaß als früher. Die Teilnehmer/innen in der Gedankenschmiede haben auch hervorgehoben, mit der Einstellung der Schüler/ innen zum Wissen zu arbeiten und diese zu entwickeln. In den Empfehlungen der Gedankenschmiede an die Kommunen wurde von den Teilnehmer/innen die Meinung vertreten, dass Lehrer/innen Aus- bzw Fortbildung im Bereich „Bewertungsforschung“ benötigen würden, und dass sie die Schüler/innen in der Selbstbewertung trainieren müssen. Mehrere journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 19 19 21.07.2008 12:17:49 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext Schulleiter/innen und Lehrer/innen der Gedankenschmiede haben außerdem hervorgehoben, dass die örtlichen Schulen reflektierende Gespräche im Lehrer/innenkollegium einführen sollten, um den eigenen Unterricht weiterzuentwickeln und dass sie auch entsprechend Zeit benötigen würden, um über die eigene Lehrer/innenrolle nachdenken zu können. Dies sollte – wenn es richtig gemacht wird – den Beruf stärken. Zwei Stunden an einem Nachmittag im Monat oder zweimal pro Halbjahr für reflektierende Gespräche bereitzustellen, würde langfristig ein vertieftes Verständnis dafür erzeugen, wie das Arbeitsteam räsoniert und agiert. Die meisten der teilnehmenden Lehrer/innen in der Gedankenschmiede drücken sich sehr positiv über die Arbeit aus. Gleichzeitig ist auch Kritik geäußert worden darüber, dass gewisse Forschungstexte zu theoretisch und abstrakt waren und dass gewissen Texten eine Klassenzimmerperspektive fehlte. Es wurden auch unterschiedliche Auffassungen und intensive Diskussionen über den Wert der Zensuren und deren Anwendung geführt. Von der Seite der Kommunen wird die Problematik angesprochen, wie die Lehrer/innen, die nicht an den Gedankenschmieden teilnehmen, informiert werden. In einigen Kommunen haben sämtliche Angestellte die Berichte an Fortbildungstagen gelesen. In anderen Kommunen hat man örtliche Gedankenschmieden geschaffen, wobei die Repräsentanten der Kommunen, die an den ursprünglichen Gedankenschmieden teilgenommen haben, jetzt Entwicklungsleiter in der neuen Arbeit wurden. Einige Kommunen haben auch ein deutliches Interesse daran gezeigt, in der Zukunft bei der Finanzierung von Berufsforschung und der Einrichtung von Forschungsstellen in den Kommunen mit dabei zu sein. Eine gemeinsame Auffassung, die oft angesprochen wird, ist, dass die teilnehmenden Lehrer/innen und 20 jlb_03_08.indd 20 Forscher/innen einen deutlichen Entwicklungsprozess durchlebt haben. Andererseits ist es für Lehrer/innen, die nicht an der Gedankenschmiede teilgenommen haben, schwieriger diesen Prozess nachzuvollziehen. Dies ist eine der Herausforderungen, vor denen die Gedankenschmiede in der Zukunft steht. Anmerkung 1 Diese individuellen Entwicklungspläne werden für jede/n Schüler/in einzeln in Kooperation mit dem betreffenden Schüler bzw. der betref fenden Schülerin, den Lehrer/innen und Eltern erstellt. Literatur Jakobsson, A. & Lundström, L. (Eds.). (2007). Tan kesmedjan, Rapport 1, IUP, bedömning och betygssättning. Malmö: Holmbergs. Lindström, L. (2005). Pedagogisk bedömning. In L. Lindström & V. Lindberg (Eds.), Pedagogisk bedömning: Om att dokumentera, bedöma och utveckla kunskap (pp. 11–27). Stockholm: HLS förlag. Löfqvist, L. (1999). Den bångstyriga verkligheten. Har det svenska systemskiftet haft någon be tydelse för arbetet med elever i behov av stöd? Statsvetenskapliga institutionen, Umeå univer sitet. Riksrevisionen (2004). Betyg med lika värde? En granskning av statens insatser. RiR: 11. Selghed, B. (2004). Ännu icke godkänt. Lärares sätt att erfara betygssystemet och dess tillämpning i yrkesutövningen. Doktorsavhandling. Malmö Högskola, Lärarutbildningen. 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Die Zusammenarbeit bei der Lehrer/innenbildung ist in einem breiteren Kontext zu betrachten, in dem Partnerschaften zwischen Lehrerbildungsinstituten und Schulen auch zu Lehrplaninnovation, Schulund Kompetenzentwicklung beitragen. In den vergangenen Jahren haben die entsprechenden Stellen in den Niederlanden unter dem Titel „Ausbilden in der Schule“ umfassende Erfahrungen mit einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen Lehrerbildungsinstituten und Schulen erworben. journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:50 Uhr Snoek: Lehrerausbildung: Gemeinsame Verantwortung von Lehrerbildungsinstituten und Schulen Alle Beteiligten betrachten „Ausbilden in der Schule“ als Bereicherung und einen Beitrag zur Qualitätssteigerung. Es bestehen zwar noch mehrere Dilemmata, die gelöst werden müssen, aber die Bereitschaft, sich von den überholten Rollenverteilungen zu lösen, hat zu „exciting partnerships“ mit Schulen, zu neuen Rollen und Verantwortungsbereichen, zu faszinierenden Experimenten mit neuen Modellen für die Lehrer/innenbildung und zu einem Mehr an Vertrauen der Schulen in die Beiträge und die Qualität der Lehrerbildungsinstitute geführt. Beteiligung von Schulen an der Lehrer/innenbildung Im Laufe des zurückliegenden Jahrzehnts wurden die Schulen in stärkerem Maße an der Lehrer/innenbildung beteiligt. Diese Beteiligung wurde durch zwei Entwicklungen begünstigt. Als erster Faktor ist die gesteigerte Autonomie der Schulen zu nennen. In zahlreichen europäischen Ländern hat man erkannt, dass Schulen auf die Bedürfnisse der Schüler professionell reagieren und die Anforderungen der lokalen Bevölkerung berücksichtigen müssen. Forschungsarbeiten ergaben, dass die Qualität der Lehrer/innen in signifikantem Maße und positiv mit der Leistung von Schülern korreliert. Daraus ergibt sich auch der wichtigste schulinterne Aspekt der Schülerleistung (European Commission, 2007; Hattie, 2007; Barber & Mourshed, 2007). Entsprechend müssen Schulen eine aktive Rolle bei der professionellen Entwicklung ihrer Mitarbeiter/innen aufbauen. Bei der zweiten Entwicklung handelt es sich um den Lehrer/innenmangel. In mehreren Ländern Europas besteht ein drastischer Lehrer/innenmangel oder wird in naher Zukunft ein derartiger Mangel bestehen, da eine umfangreiche Gruppe von Lehrer/innen über 50 in den Ruhestand tritt (European Commission, 2007). Schulen werden sich zur Bewältigung des erwarteten Lehrer/innenmangels zunehmend der qualitativen und quantitativen Anforderungen an die schulischen Mitarbeiter bewusst. In zahlreichen Schulen hat das Erkennen dieser Anforderungen zu einer aktiven Personalbeschaffungs-, Entwicklungs- und Lehrerbindungspolitik geführt. Partnerschaften zwischen Schulen und Lehrerbildungs instituten Die Beteiligung der Schulen an der Lehrer/ innenbildung hat in zahlreichen Ländern die Entwicklung enger Partnerschaften zwischen Schulen und Lehrerbildungsinstituten nach sich gezogen. Motivation zu einer derartigen Partnerschaft besteht nicht nur auf Seite der Schulen, sondern auch bei den Lehrerbildungsinstituten. Die Notwendigkeit, die Lücke zwischen Theorie und Praxis zu überwinden, stellt für Lehrerbildungsinstitute, die eine enge Kooperation mit Schulen anstreben, einen wichtigen Beweggrund dar. Diese Kooperation wurde von Auffassungen zur Lehrer/innenbildung angeregt, die die Bedeutung einer Einbindung der Studierendenausbilder in eine authentische und realistische Lernumgebung betonen (Korthagen, 2001). Entsprechend liegt die Betonung auf der schulischen Praxis der Lehre, auf kompetenzgestützter Lehrer/innenbildung und auch auf Lehrer/innenbildung in der Schule, wobei der überwiegende Teil des Ausbildungsprogramms in der Schule stattfindet. Im Rahmen dieser Partnerschaften werden neue Rollen und Verantwortungsbereiche entwickelt. Das Gleichgewicht bei den Rollen journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 23 23 21.07.2008 12:17:50 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext und Verantwortungsbereichen hängt stark von den Entscheidungen ab, die innerhalb einer Partnerschaft getroffen werden. Es bestehen zahlreiche Partnerschaften, etwa mit Lehrerbildungsinstituten, die vollständig für die Ausbildung neuer Lehrer verantwortlich sind, oder mit Schulen, die vollständig für die Lehrer/innenbildung zuständig sind (wie einige der Initiativen in Großbritannien vor einigen Jahren, an denen keine Institute auf höherer Bildungsebene beteiligt waren). Auch im Schwerpunkt der Partnerschaften bestehen Unterschiede. In zahlreichen Partnerschaften zwischen Schulen und Lehrerbildungsinstituten liegt die Betonung auf Vorteilen, Rollen und Verantwortungsbereichen hinsichtlich der Anfangsausbildung von Studierenden. Partnerschaften haben jedoch ein weitaus höheres Potenzial, einschließlich Prozessen zu Schulentwicklung, Lehrplaninnovation, professioneller Entwicklung von Lehrer/innen in der Schule und der Entwicklung von Kompetenzen zu Lehre und Lernen. Lehrerausbilder können ihre Kompetenzen nutzen, um zur Lehrplaninnovation beizutragen, und Lehrer/innen in der Ausbildung kommen als Zusatzkapazität in der Verbesserung schulischer Verhältnisse und Forschungsarbeiten in Frage. Der Beitrag von Studierenden kann besonders in Situationen, in denen sie viel Zeit in der Schule verbringen, wertvoll sein. Partnerschaften in den Niederlanden Am Ende des 20. Jahrhunderts war die Zusammenarbeit zwischen Lehrerbildungsinstituten und Schulen in den Niederlanden von wechselnden Verhältnissen gekennzeichnet. Es bestand eine fruchtbare Zusammenarbeit im Bereich der Praktika, in deren Rahmen Studierende mit Aufträgen der Lehrerbil- 24 jlb_03_08.indd 24 dungsinstitute an Praktika in der Schule teilnahmen und dabei von Praktikumsbetreuern der Schulen begleitet wurden. Die Ausbilder/ innen des Lehrerbildungsinstituts besuchten die Praktikanten während des Praktikums ein oder zwei Mal. Die Bereitschaft, Praktikanten anzunehmen, hing vor allem von der Bereitschaft einzelner Lehrer/innen an den Schulen ab. Den Betreuer/innen stand nur eine sehr geringe finanzielle Vergütung zur Verfügung, sodass ein Mangel an Praktikumsplätzen entstand und die Bereitschaft der Betreuer/innen, sich in Betreuungskompetenzen zu schulen, eher gering war. Auch hatte der Umfang des Praktikums in den 90er Jahren infolge der Einführung eines selbstständigen Endpraktikums am Ende des vierten Jahres des Bachelor-Studienganges deutlich zugenommen. Während dieses selbstständigen Endpraktikums arbeiteten Studierende ein halbes Jahr lang selbstständig in der Schule (wobei der Betreuer/die Betreuerin nicht während jeder Unterrichtsstunde anwesend war, sondern die Betreuung auf Abstand übernahm). Als Ziel dieses selbstständigen Endpraktikums galt es, den beim Wechsel von der Ausbildung zur beruflichen Praxis vorkommenden Schock zu verringern. Ab dem Jahr 2000 strebte die niederländische Bildungspolitik eine zentrale Rolle der Schulen in der unterstützenden Bildungsinfrastruktur an. Schulen sollten bei der Formulierung ihrer Anforderungen und Bedürfnisse vorangehen und die unterstützenden Institutionen (für die Lehrplanentwicklung, Schulung während des Dienstes) sollten auf diese Anforderungen eingehen. Eine Änderung, die durch die Übertragung von Budgets (mit Ausnahmen) von unterstützenden Institutionen an die Schulen gefördert wurde (z.B. die Finanzmittel für die Schulung von Lehrer/innen im Dienst und die Innovationsbudgets). Zur gleichen Zeit regte die Regierung die Lehrer- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:50 Uhr Snoek: Lehrerausbildung: Gemeinsame Verantwortung von Lehrerbildungsinstituten und Schulen bildungsinstitute dazu an, ihre Empfänglichkeit gegenüber Schulanforderungen zu erhöhen, Innovationsmittel bereitzustellen und regionale Partnerschaften zwischen Schulen und Lehrerbildungsinstituten zu fördern. Parallel zu diesem Prozess haben die Lehrerbildungsinstitute ab 2000 ihre Zusammenarbeit mit Schulen intensiviert. Ziel der Lehrerbildungsinstitute war es, die Lücke zwischen Theorie und Praxis zu schließen und den Studierenden eine authentische Lehrumgebung zu bieten. Dazu gingen die Bildungsinstitute auf regionaler Ebene ein Kooperationsbündnis mit Schulen der Region ein. Bei diesen Bündnissen wurden Vereinbarungen zwischen den Lehrerbildungsinstituten und Schulen getroffen, die unter anderem den Einsatz von Studierenden an Schulen betrafen. Für die Aktivitäten der Studierenden waren die Anforderungen und Projekte der Schulen maßgeblich, nicht die Aufträge der Lehrerbildungsinstitute. Studierende entwickeln sich auf diese Weise zu einer Bereicherung (als zusätzlicher Bestand in der Klasse und in Projekten) und nicht zu einer Belastung der Schule. Einige Schulen waren sogar bereit, Studierenden ein Gehalt zu zahlen. Auswirkungen von „Ausbilden in der Schule“ Die Kooperationsbündnisse und die gemeinsame Gestaltung von „Ausbilden in der Schule“ haben sich in signifikantem Maße auf Schulen und Lehrer/innenbildungsinstitute ausgewirkt. In erster Linie hat sich „Ausbilden in der Schule“ zu einem Bestandteil der innerschulischen Politik entwickelt. Die Bereitschaft, Praktikant/innen eine Stelle in der Schule zu geben, hängt nicht mehr vom Wohlwollen der einzelnen Praktikumsbetreuer ab, sondern ist eine bewusste Entscheidung der Schule. Eines der Ziele hierbei ist es zwar, eine höhere Kapazität in der Klasse und in Innovationsprojekten zu erreichen, auf der anderen Seite aber versuchen Schulen aufgrund des derzeitigen Lehrermangels in den Niederlanden, Studierende bereits während der Ausbildungszeit an sich zu binden. Lehrerbildungsinstitute schließen Kooperationsbündnisse mit der Leitung von Schulen, wobei die Schulen stets höhere Anforderungen an die Anzahl der Studierenden, die Qualität der Ausbildung und die Betreuung durch das Lehrerbildungsinstitut, die Kapazität für schulspezifische Aufträge usw. stellen. In zahlreichen Fällen schaffen Schulen eine deutliche Verbindung zwischen ihrem Programm für „Ausbilden in der Schule“ und der Professionalisierung der eigenen Lehrkräfte. Ausbilder an der Schule werden als vollwertige Kolleg/innen der Lehrerausbilder an Pädagogischen Hochschulen und Universitäten betrachtet. Eine wachsende Gruppe von Ausbildern in der Schule gehört der „Nederlandse vereniging van lerarenopleiders“ (Niederländischer Verband der Lehrerausbilder) an. Dieser Verband veranstaltet derzeit ein Projekt, in dessen Rahmen untersucht wird, ob der spezifische Kontext von Ausbildern in der Schule eine Anpassung des Registrierungsverfahrens für das Berufsregister der Lehrerausbilder nach sich ziehen muss. Einige Ausbilder in der Schule wurden bereits in das Register aufgenommen. Auch der Modus, bei dem Praktikumsstellen vom Lehrerbildungsinstitut an Studierende zugewiesen werden, hat sich geändert. In einigen Instituten wird ein Markt eingeführt, auf dem Schulen sich selbst sowie die Möglichkeiten präsentieren, die sie Studierenden bieten können, und auf dem die Student/innen anschließend wählen, bei welcher Schule sie sich bewerben möchten. journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 25 25 21.07.2008 12:17:51 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext Die neue Rolle der Student/innen innerhalb der Schule führte zu einer stärkeren Bindung an die Praktikumsschule. An vielen Schulen werden Studierende (vor allem im vierten Jahr) als gleichwertige Kolleg/innen betrachtet. Sie erhalten ein deutlicheres Bild von der komplexen Wirklichkeit der Schule und eine höhere Motivation, den Beruf des Lehrers/der Lehrerin auszuüben. Auch die Änderungen, die sich für die Lehrer/innenbildung ergeben haben, haben ein beträchtliches Ausmaß. Häufiger als früher haben Studierende nach der Rückkehr aus dem Praktikum konkrete Fragen, die sich auf Erfahrungen an der Ausbildungsschule beziehen. Lehrerausbilder müssen sich daran ausrichten und ihre Ausbildung stärker an der Praxis orientieren. Um die Zusammenarbeit mit Schulen ausreichend zu pflegen, wurden innerhalb der Lehrerbildungsinstitute „Beziehungsmanager“ eingesetzt, die für die Pflege der Beziehungen zu der spezifischen Schule verantwortlich sind. Sie besuchen diese Schulen regelmäßig und sind für die Schulen auch in anderen Aspekten der Lehrer/innenbildung ein Ansprechpartner. Aufgrund ihrer Kenntnisse zur spezifischen Situation an der Schule können sie bei der Betreuung der Studierenden auf den konkreten Kontext innerhalb der Schule eingehen. Einige Schulen möchten außer den Praktika auch andere Komponenten des Lehrplans gemeinsam gestalten. Eine Schule möchte beispielsweise, dass im Modul „Schülerbegleitung“ dem spezifischen Schülerbegleitungssystem dieser Schule besondere Aufmerksamkeit gilt. Nicht alle Schulen haben sich dazu entschieden, eine aktive Rolle in „Ausbilden in der Schule“ einzunehmen. Besonders die Schulen mit einer aktiven Personalpolitik entscheiden sich für ein intensives Verhältnis zur Lehrer/innenbildung. Zudem ist es den 26 jlb_03_08.indd 26 Lehrerbildungsinstituten nicht möglich, mit allen Schulen einer Region ein gleichermaßen intensives Verhältnis zu pflegen. Aktive Schulen haben in den vergangenen Jahren staatliche Hilfe erhalten. Sie konnten Subventionen beantragen, um gemeinsam mit den Lehrerbildungsinstituten das Programm „Ausbilden in der Schule“ zu entwickeln. Die entsprechenden Initiativen mussten von den Schulen selbst kommen. Die Initiativen der Lehrerbildungsinstitute passen nicht zur Auffassung der zentralen Behörden, dass Schulen das Zentrum der Bildungsinfrastruktur seien und Lehrerbildungsinstitute sich an deren Nachfrage ausrichten müssten. Die nächsten Schritte Derzeit werden zwei Elemente weiter ausgearbeitet: 1. Die Qualitätssicherung der Lehrumgebung an der Schule. Wenn ein zentraler Bestandteil der Lehrer/innenbildung an der Schule stattfindet, ist die Überwachung der Qualität der Lehrumgebung von wesentlicher Bedeutung. Zu diesem Zweck werden derzeit gemeinsame Qualitätsstandards für Lehrerbildungsinstitute erstellt und wurden die Qualitätsaspekte von „Ausbilden in der Schule“ in die Akkreditierungsstandards aufgenommen. 2. Die Verbindung zwischen Ausbildung, Innovation und Kompetenzentwicklung. 2006 begann an 40 Schulen das Pilotprojekt „Akademische Ausbildungsschule“. In diesen Pilotprojekten wird eine Verbindung zwischen „Ausbilden in der Schule“ (das vor allem die Anfangsausbildung von Lehrer/innen betrifft), Innovationsprojekten innerhalb der Schule und praxisbezogenen Forschungsarbeiten von Lehrer/innen, Studierenden und Forscher/ innen für die Kompetenzentwicklung in der journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:51 Uhr Snoek: Lehrerausbildung: Gemeinsame Verantwortung von Lehrerbildungsinstituten und Schulen Schule hergestellt. In den Pilotprojekten wird eine Kultur angestrebt, die in stärkerem Maße forschungsgerichtet ist. Problempunkte in „Ausbilden in der Schule“ Hat sich „Ausbilden in der Schule“ damit als Erfolg erwiesen? Der Ton, in dem die Entwicklung hier oben beschrieben wird, legt diese Aussage nahe. Aber es bestehen weiterhin zahlreiche Problempunkte, die in der nahen Zukunft die Aufmerksamkeit von Schulen, Lehrerbildungsinstituten und zentralen Behörden erfordern. 1. Das Interesse der Studierenden Beim Gestalten der Partnerschaft müssen die Anforderungen an die studentischen Lehrkräfte ausdrücklich berücksichtigt werden: Ihre Aktivitäten an der Schule müssen ausdrücklich zum Erwerb der angezielten Lehrkompetenzen beitragen. Studierende können nicht ohne weiteres als Assistent/innen an der Schule eingesetzt werden. Um ihre Lehrprozesse zu fördern, muss studentischen Lehrer/ innen ermöglicht werden, ihre Tätigkeit in einer Vielzahl von Situationen und Kontexten auszuüben. Die Bewertung der studentischen Lehrer/innen muss transparent und unabhängig erfolgen. Schulen neigen gelegentlich dazu, ihre eigene Organisation und ihren Ansatz in den Mittelpunkt zu stellen. Hierbei besteht das Risiko, dass die Studierenden eine nur eingeschränkte Perspektive entwickeln und damit die Möglichkeit zum Einsatz der Absolvent/innen in einem breiten Betätigungsfeld bedroht ist. Es muss ein Gleichgewicht zwischen landesweiten Standards, die die Mobilität und die Vermittlungsfähigkeit der neuen Schüler/innen in allen Schulen gewährleisten und der an Schulen bestehenden Tendenz, die Ausbildung der neuen Lehrer/innen auf die spezifische Lage an dieser Schule auszurichten, schaffen. 2. Partnerschaften und Konjunktur Das Interesse der Schulen für „Ausbilden in der Schule“ kann im Wesentlichen mit dem drohenden Lehrer/innenmangel erklärt werden. Damit besteht das Risiko, dass die Kooperationsbündnisse zusammenbrechen, wenn der Lehrer/innenmangel behoben ist. In mehreren Fällen werden Kooperationsbündnisse an die Personalpolitik der Schule gekoppelt. Damit wird eine strukturiertere Verbindung zwischen dem Lehrerbildungsinstitut und der Schule geschaffen. 3. Flexibilität der Ausbildungsgänge Aus der Flexibilität der Ausbildungsgänge ergibt sich eine signifikante Spannung. Von den Lehrerbildungsinstituten wird erwartet, dass sie nachfrageorientiert arbeiten und auf die Anforderungen der Schulen eingehen. Ein Umstand, der von den Lehrerbildungsinstituten ein hohes Maß an Flexibilität erfordert, vor allem wenn sie Kooperationsbündnisse mit mehreren Schulen geschlossen haben, die unterschiedliche Wünsche und Erwartungen haben. Lehrerbildungsinstitute sind nicht immer in der Lage, die an sie gerichtete Nachfrage ausreichend zu erfüllen. In der Folge beschweren sich die Schulen über eine mangelnde Nachfrageorientierung der Lehrerbildungsinstitute. 4. Spannung zwischen Nachfrage von Schulen und gesetzlichen Vorgaben Der Umfang, in dem Schulen sich auf ihre eigenen Anforderungen und Bedürfnisse einrichten können, wird auch in wesentlichem Maße durch die gesetzlichen Vorgaben beschränkt. So gaben Schulen an, dass ein Bedarf an Lehrer/innen bestehe, die für eine Fächerkombination ausgebildet sind, während die gesetzlichen Vorgaben für die Lehrerbildungsinstitute für die weiterführenden Schulen von Lehrer/innen ausgehen, die auf journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 27 27 21.07.2008 12:17:52 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext nur ein Fach spezialisiert sind. In derartigen Situationen geraten Lehrerbildungsinstitute in eine Problemsituation zwischen den Anforderungen der Schulen und den staatlichen Vorgaben. 5. Geld und Macht „Ausbilden in der Schule“ erfordert Leistungen seitens der Schulen und damit Investitionen, z.B. beim Einsatz von „Ausbildern in der Schule“. Zahlreiche Schulen denken, dass bei ihrer stärkeren Einbindung in die Ausbildung die Lehrerbildungsinstitute weniger Leistung erbringen müssen. In diesem Rahmen fordern einige Schulen einen Teil ihres Budgets von den Lehrerbildungsinstituten. Die Kosten für Lehrerbildungsinstitute sinken jedoch nicht, da sie höhere Beträge in das Beziehungsmanagement investieren müssen. Die zentralen Behörden haben in das allgemeine Budget von Schulen einen separaten Posten für Weiterbildung und Professionalisierung aufgenommen und gehen davon aus, dass Schulen damit ausreichend ausgestattet sind. Die Kosten für „Ausbilden in der Schule“ stellen allerdings weiterhin einen Diskussionspunkt dar, der den Gedanken gemeinsamer Verantwortung und die wirksame Nutzung aller Kompetenzen und der verfügbaren Kapazitäten beeinträchtigen könnte. Der Ausgangspunkt, dass Lehrerbildungsinstitute sich nachfrageorientiert geben müssen, führt in einigen Fällen zu einem Machtstreit zwischen Schulen und Lehrerbildungsinstituten. Initiativen und neue Ideen der Lehrerbildungsinstitute werden schnell als „angebotsorientiert“ abgelehnt. Mehrere Schulen haben auch bereits angegeben, den Ehrgeiz zu haben, ihre eigenen Lehrer/innen auszubilden. Bisher hat der Minister noch keine entsprechende Genehmigung erteilt: Bachelor- und Master-Studiengänge sind Pädagogischen Hochschulen und Universitäten vorbehalten. 28 jlb_03_08.indd 28 Schulen erbringen jedoch bessere Ergebnisse beim Organisieren in landesweiten Dachverbänden. Diese Dachverbände werden in Zukunft höhere Anforderungen an die Lehrer/innenbildung stellen, die sich auch auf die Qualität ihrer in den Lehrerbildungsinstituten ausgebildeten Mitarbeiter/innen beziehen. Eine vorläufige Bilanz Die Erfahrungen in den Niederlanden haben gezeigt, dass eine stärkere strukturelle Partnerschaft zwischen Schulen und Lehrerbildungsinstituten die Ausbildung während des Einsatzes in der Schule stimuliert und Innovationen des Lehrplans sowie Forschung an Schulen als auch an Lehrerbildungsinstitute belebt (van der Sanden et al., 2005). Die Vorteile für Schulen bestehen in den neuen Ideen und der Energie, die studentische Lehrer/innen einbringen. Damit wird die professionelle Entwicklung der Lehrer/innen an der Schule gefördert, werden älteren Lehrer/innen neue Herausforderungen geboten (z.B. als Mentor für studentische und beginnende Lehrer/innen) und wird die Kapazität für Innovation und Forschung gesteigert. Lehrerbildungsinstitute steigern ihre Sensibilität und Empfänglichkeit gegenüber den Anforderungen der Schulen. Dieser Vorgang zieht eine Innovation des Ausbildungsprogramms für studentische Lehrer/innen nach sich. Gegenseitiges Verständnis und Vertrauen haben sehr stark zugenommen und resultierten in einer stärkeren Anerkennung der Kompetenzen der anderen Seite. Gegenseitiges Verständnis und Vertrauen können sich nur entwickeln, wenn die Beteiligten das gleiche Verantwortungsgefühl kennen und bereit sind, entsprechend dieser Verantwortung zu handeln. Diese Verantwortung setzt die Bereitschaft voraus, neue Positionen journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:52 Uhr Snoek: Lehrerausbildung: Gemeinsame Verantwortung von Lehrerbildungsinstituten und Schulen einzunehmen und Traditionen und Routinen zu überdenken. In diesem Prozess werden traditionelle Grenzziehungen herausgefordert. In den Niederlanden wurden „exciting partnerships“ zwischen Lehrerbildungsinstituten und Schulen entwickelt, die neue Rollen und Verantwortungsbereiche, faszinierende Experimente mit neuen Modellen für die Lehrer/innenbildung und ein erneuertes Vertrauen der Schulen in den Beitrag und die Qualität der Lehrerbildungsinstitute brachten. McCall, J. (2006). Partnership in Teacher Education. In M. Brejc (Ed.), Co-operative Partnerships in Teacher Education, Proceedings of the 31st Annual ATEE Conference (pp19–22). Ljubljana: National School for Leadership in Education. Kontaktadresse: M. [email protected] Literatur Barber, B. & Mourshed, M. (2007). How the world’s best performing school systems come out on top. London: McKinsey & Company. Online unter http://www.mckinsey.com/locations/uki reland/publications/pdf/Education_report.pdf (12-02-2008). European Commission (2007). Improving the Qua lity of Teacher Education. Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament. Brüssel: Euro päische Kommission. Hattie, J. (2007). Developing potentials for learning: Evidence, assessment, and progress. Grundsatz rede auf der EARLI-Konferenz 2007, Ungarn. Korthagen, F.A.J. (2001). Linking Practice and Theo ry. The pedagogy of realistic teacher education. Mahwah: Lawrence Erlbaum Associates. Sanden, J.M.M. van der, Seezink, A. & Taconis, R. (2005). SOAP at work: new partnerships bet ween schools and teacher training institutes. Vortrag auf der ISCAR-Konferenz 2005, Sevilla, Spanien. Weiterfürhende Literatur Byrk, A.S. & Schneider, B. (2002). Trust in schools. A core resource for improvement (The American Sociological Association’s Rose Series in Socio logy). New York: Russell Sage Foundation. Kirk, G. (1996). Partnership: the Sharing of Cultu res. In J. McCall & R. Mackay (Eds.), Partnership and Cooperation, Proceedings of the 21st ATEE Conference (pp. 35–48). Glasgow: University of Strathclyde. journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 29 29 21.07.2008 12:17:52 Uhr Marguerite Altet Universitäre Lehrerausbildung in Frankreich: Kompetenz entwicklung in den IUFM1 Marguerite Altet, Prof. für Erziehungswissenschaften an der Universität von Nantes – CREN – und Direktorin des IUFM der Länder der Loire. Aktueller Arbeitsschwerpunkt: Lehrerbildung und Professionalisierung 30 jlb_03_08.indd 30 Seit 1992 wird die Grundausbildung aller französischen Lehrkräfte – ob sie dem öffentlichen oder dem privaten, unter Vertrag mit dem Staat stehenden Bereich angehören – durch Einrichtungen der Höheren Schulbildung sichergestellt: den Universitätsinstituten für Lehrerausbildung (IUFM). Diese Institute haben die ehemaligen unterschiedlichen Ausbildungsstätten (genannt: „Ecoles professionelles“) abgelöst, die einzeln unter der Verantwortung des Arbeitgebers die verschiedenen Kategorien von Lehrern ausgebildet hatten, jeweils mit unterschiedlicher Dauer und nach unterschiedlichen Methoden und Programmen: Volksschullehrer in den pädagogischen Akademien der Bundesländer (orig. Zit.: Ecoles Normales départementales), Lehrer der Ausbildungsschulen (orig. Zit.: Lycées pro- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:53 Uhr Altet: Universitäre Lehrerausbildung in Frankreich: Kompetenzentwicklung in den IUFM fessionnels) in den nationalen pädagogischen Akademien (orig. Zit.: Ecoles Normales Nationales), Professoren der Gymnasien, Ober- und Unterstufe (orig. Zit.: Lycées et Collèges) in den regionalen pädagogischen Zentren (orig. Zit.: Centres Pédagogiques Régionaux). Heute ist das System vereinheitlicht. Seit 2006 sind die IUFM durch ein neues Orientierungsgesetz als interne Institute in die Universität integriert. Die IUFM hatten anfangs gegen Widerstand von Gruppen anzukämpfen, die die widersprüchlichen Strömungen der französischen Debatte über die Schule bestimmen. Ihre kurze Geschichte war – durch politische Veränderungen bedingt – gekennzeichnet von Vorstößen, Rückschlägen und Anfechtungen. Ich werde mich bemühen, zu zeigen, dass, trotz der Widersprüche und des Infragestellens, die IUFM allmählich ein neues Paradigma entwickelt haben, um professionelle Lehrkräfte auszubilden und dabei die folgenden zwei alten Modelle hinter sich zu lassen: • jenes des Handwerkers, der ohne Einbezug eines universitären Studiums ausschließlich berufsbezogen ausgebildet wurde und • jenes des akademisch gebildeten „maître“, dessen Ausbildung jedoch ohne Bezug zur tatsächlichen Vielfalt des Berufes vonstatten ging. Der Artikel besteht aus zwei Teilen: • Zunächst werden die pädagogischen Überlegungen des französischen Gesetzgebers aufgezeigt, die die Basis für die Schaffung und anschließende Integration der IUFM in die Universität bildeten. • Im zweiten Teil wird zu zeigen versucht, dass die IUFM durch die Umsetzung der Empfehlungen des Gesetzgebers allmählich einen neuen Referenzrahmen für die Ausbildung der Lehrkräfte schaffen, der folgende Kernkomponenten umfasst: „professionelle Lehrer/innen“, dazu: die professionalisierende Ausbildung rund um das Bezugssystem von 10 Kompetenzen, die Praxisanalyse und die so genannte Alternanz als duale Form der Professionalisierung. Die IUFM und ihre Leitsätze 1. Prinzip: Ausbildung aller Lehrkräfte in derselben – in einer Universität integrierten – universitären Einrichtung Die IUFM sollen tatsächlich alle Lehrkräfte in derselben universitären Einrichtung und teilweise auch gemeinsam ausbilden. Diese Absicht vollendet den zweifachen Entwicklungsprozess der Rationalisierung und Demokratisierung des französischen Erziehungssystems. Nachdem die Unterrichtniveaus in einer ineinander greifenden Struktur und in einem Kontext der Demokratisierung vereinheitlicht wurden und sich das Schulsystem als eine Folge von Etappen einer allen offen stehenden Ausbildung präsentiert, schien es nicht länger zweckdienlich, Personen, die dazu bestimmt waren, in dem gleichen Ganzen zu arbeiten, getrennt auszubilden. Dem Willen, alle Lehrkräfte gemeinsam auszubilden, entsprechen zwei Ziele: 1. Ziel: Der Gesamtschule, die in Frankreich in den 60er Jahren entwickelt wurde, soll heute ein Lehrkörper entsprechen, dessen Mitglieder aus dem gleichen Studienniveau rekrutiert werden, das gleiche Gehalt beziehen und eine berufsbezogene Ausbildung von gleicher Dauer (2 Jahre) und gleicher Form (duale Struktur, Alternanz) erhalten, gleichgültig ob sie im Kindergarten oder im Gymnasium (Lycée) unterrichten. Diese Ausbildung sieht gemeinsame und je nach Einsatzgebiet journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 31 31 21.07.2008 12:17:53 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext spezifische Phasen vor, die jedoch nicht mehr durch die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Schultyp bestimmt werden. 2. Ziel: Eine „Schule für alle“ erfordert die Entwicklung einer gemeinsamen Kultur aller Lehrerinnen und Lehrer. Ob man in der Volksschule unterrichtet oder am Gymnasium – man ist angehalten, seine Tätigkeit als Lehrender an einer gemeinsamen Basis professioneller Praktiken, Verantwortlichkeiten und Werte auszurichten, die während der Ausbildung aufgebaut werden sollte und die Bezug nimmt auf die Lernprozesse von Schüler/innen, die Lehrtechniken der Lehrer/innen und insgesamt die Verantwortung der Handelnden im Zentrum eines Erziehungssystems. Egal ob man an der Volksschule oder am Gymnasium unterrichtet, es soll eine Kultur der kollegialen Zusammenarbeit entstehen, deren Grundlage in der Ausbildung geschaffen werden muss: etwa kollegiale Zusammenarbeit von Lehrer/innen, die für dieselben Schülergruppen oder für Schüler/innen desselben Jahrgangs oder Schultyps verantwortlich sind, gemeinsam umgesetzte Projekte an einer Einrichtung, Koordination innerhalb und zwischen den einzelnen Ausbildungszyklen, sowie schließlich zwischen den verschiedenen Bildungsinstitutionen. Diese schwierig umzusetzende Entscheidung, alle Lehrer/innen am selben Institut auszubilden, ist nicht unbedeutend, da sie erlaubt, über die speziellen zu unterrichtenden Wissensgebiete hinaus, einen gemeinsamen Grundstock zu entwerfen, in dem diese Ausbildung beheimatet ist und der zweifellos den essentiellen, gemeinsamen, fachübergreifenden Teil des Berufes ausmacht. 2. Prinzip: Orientierung der Ausbildung nach einem Referenzsystem von 10 Kompetenzen, ausgehend von der Unterrichtspraxis Die Texte der Richtlinien, der Pflichtenkatalog, der vom Gesetzgeber für die IUFM 32 jlb_03_08.indd 32 ausgearbeitet wurde, sind auf einem Referenzsystem von 10 zu erreichenden Kompetenzen und einer Analyse von Aufgaben aufgebaut, die eine Lehrkraft von heute konkret zu übernehmen hat (Juni 2007). Die Prämisse ist, dass Lehrkräfte Kenntnisse vermitteln und daher ihr wissenschaftliches Niveau bei der Anstellung dem akademischen Wissen entsprechen soll, welches während der 3 Jahre des Bachelorstudiums (Licence) an der Universität aufgebaut wurde. Gleichzeitig ist der gesamte Wissensbereich des Unterrichtens selbst von Bedeutung, welchen es gilt, während der Ausbildung aufzubauen (pädagogisches Wissen über interaktives Leiten der Klasse, didaktisches Wissen in den einzelnen Disziplinen, Wissen um die Lehrkultur); parallel dazu besteht der praktische Wissensbereich, der aus den täglichen Erfahrungen des Berufes hervorgeht, sowie das kontextbezogene Wissen, das in der Arbeitssituation erworben wird. Diese Wissensbereiche stellen die Hauptziele der Ausbildung dar. Darüber hinaus erfordert der Beruf des Lehrers – in enger Verbindung mit dem Erwerb von Fachwissen – auch Fähigkeiten und Verhaltensweisen, von denen einige die Frage der Wissensvermittlung weit überschreiten. Die Richtlinien beschreiben die zehn zu entwickelnden Kompetenzen, welche zum Ausdruck bringen, dass Lehrer/innen ihre Rolle nicht nur in der Klasse wahrzunehmen haben, sondern in der schulischen Einrichtung und im gesamten Erziehungssystem, zu dessen Existenz und Entwicklung sie beitragen: Die Ziele erfordern • Kenntnisse, welche die Basis für interdisziplinäre Praktiken und Teamarbeit schaffen; • Kompetenzen zur Teamarbeit, zur Umsetzung interdisziplinärer Strukturen, zur Einrichtung und Aufrechterhaltung von Partnerschaften. journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:53 Uhr Altet: Universitäre Lehrerausbildung in Frankreich: Kompetenzentwicklung in den IUFM Dieses Bezugssystem von 10 Kompetenzen macht es möglich, die Kernbereiche zu identifizieren, die in der Ausbildung zu berücksichtigen sind, und eine Basis für die Entfaltung einer im Entstehen begriffenen Professionalität vor globalem Hintergrund zu schaffen. Die Grundausbildung ist konzipiert als Eintritt in eine lebenslange Ausbildung. Sie ist gedacht als (Professionalisierungs-)Kontinuum, welches Grundausbildung und Weiterbildung ineinander fügt. Dies setzt voraus, dass die Gliederung der Grundausbildung Bedingungen schafft, damit jeder angehende Professor fähig ist, • seine Praxis klar zu konzipieren und zu analysieren • seine eigene Kompetenzbilanz zu erstellen • ein gemeinsames Ausbildungsprojekt mit Kollegen zu verhandeln • in Partnerschaft mit Vertretern anderer Sozialeinrichtungen (Gemeinschaften, diverser Vereine, etc.) zusammenzuarbeiten. Der neue Pflichtenkatalog 2007 beschreibt eine gemeinsame nationale Richtlinie für die Lehrerausbildung, welche auf den Aufbau der zehn professionellen Kompetenzen durch die Einrichtung einer dualen, Theorie und Praxis eng verschränkenden Ausbildung (Alternanz) ausgerichtet ist. Es handelt sich also hierbei um eine Logik des Ineinandergreifens der praktischen Erfahrung und einer fundierten, tief gehenden Analyse dieser Praxis, welche bei der Umsetzung dieses Ausbildungsplanes als Ziel hat, Lehrer/innen auszubilden, die fähig sind, ihre praktischen Erfahrungen zu reflektieren und berufliche Probleme eigenständig zu lösen. Die nationale Richtlinie des Pflichtenkatalogs verschreibt sich einem Ausbildungskontinuum. Die Ausbildung beginnt ab dem Studium zur „Licence“ und geht weiter mit dem Jahr der Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen (orig. Zit.: Concours). Danach folgt ein Jahr Praxiseinführung, an das sich die ersten beiden einführenden Berufsjahre anschließen. Dieses Kontinuum schließt unterschiedliche universitäre und berufliche Laufbahnen der praktizierenden Lehrer nicht aus. Der angebotene Ausbildungsweg besteht sowohl aus einem gemeinsamen Teil, der auf integrative Aspekte der Ausbildung eingeht, als auch einem individualisierten Teil, der auf die notwendigen Differenzierungen für jede Praktikantin bzw. jeden Praktikanten Rücksicht nimmt. Dennoch: die unerlässliche Spezifizierung des Ausbildungsangebotes, welches von der Herkunft, der vorangehenden Laufbahn und den unterschiedlichen Profilen der zukünftigen Lehrer abhängig ist, darf nicht den integrierenden Charakter einer Ausbildung in Frage stellen, die für die Schaffung einer gemeinsamen Identität förderlich ist. Ein Pflichtenkatalog in Form eines Portfolios begleitet die Praktikant/innen während ihres gesamten Ausbildungsweges und spielt eine wichtige Rolle bei der Evaluation der gesamten Laufbahn. „Die Berufsqualifikationsjury urteilt auf Basis des Portfolios des Praktikanten und nach einem Gespräch mit jedem Einzelnen“ (Auszug aus dem Anhang des Pflichtenkatalogs der Lehrerausbildung). Es wird nicht beabsichtigt, eine tief gehende Beherrschung jeder einzelnen der im Pflichtenkatalog erwähnten Kompetenzen zu verlangen, die Berufsqualifikationsprüfung hat jedoch sicherzustellen, dass die genannten Kompetenzen in ausreichendem Ausmaß beherrscht werden. Im Rahmen der „Licence professionalisation“ – Voraussetzung und Vorbereitung für die Auswahlprüfung (orig. Zit.: Concours) – erhält die Praktikantin/der Praktikant ECTS-Punkte. journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 33 33 21.07.2008 12:17:54 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext Damit wird ihm die Aussicht zur Erlangung eines Masters an der Universität eröffnet. Auf diese Weise bezieht der neue Ausbildungsplan die Forderungen nach universitärer Anerkennung aller absolvierten Lehreinheiten (orig. Zit.: Unités d’Enseignement, UE) ein. Darüber hinaus wurde eine gemeinsame Basis von Kenntnissen und Kompetenzen für Schülerinnen und Schüler formuliert, die festlegt „was jeder am Ende der Pflichtschule zu wissen hat.“ In der Lehrerausbildung wird nun darauf geachtet, dass die Praktikant/innen die von den Schüler/innen zu erwerbenden Kompetenzen in ausreichender Form erkennen und vermitteln können. 3. Prinzip: Eingliederung der Lehrerausbildung in die Universität; die Lehrerausbildung als Zentrum eines Systems von Interaktionen Im Unterschied zu anderen Ländern hat man sich in Frankreich nicht dazu entschlossen, die Professionalisierung der Lehrer/innen (herkömmlichen) Universitätsinstituten oder einer Erziehungswissenschaftlichen Fakultät anzuvertrauen. Dafür gibt es historische, kulturelle und andere Gründe. Die Wahl einer universitären Einrichtung (Fachinstitut), einer universitätsinternen Schule – des IUFM – das seit dem Gesetz von 2005 der Universität angehört, in Verbindung mit zahlreichen Partnern, erlaubt es jedenfalls, die Professionalisierung ins Zentrum zu rücken. Gemäß den Erfindern des IUFM muss eine vernünftige, ideenreiche und kritische Lehrerausbildung, die den konkreten Anforderungen des Berufs entspricht, in einer universitären Einrichtung stattfinden, welche die wissenschaftlichen Anforderungen, für die die Universität Garant ist, die institutionellen Erfordernisse, für die der Staat Rechnung trägt, und die praktischen Erfordernisse, deren Träger die Ausbildungseinrichtung ist, miteinander verbinden und Synergien schaffen. Diese interessante, wenn 34 jlb_03_08.indd 34 auch oft unbequeme Situation fördert die Entwicklung von zahlreichen Partnerschaften und Kooperationen. Der andere Vorteil eines solchen Systems ist, dass die Ausbilder allen möglichen Kategorien von Lehrer/innen angehören: Universitätslehrer und -forscher, pädagogische Berater, Ausbilder in Didaktik, in Philosophie und Erziehungswissenschaften – Ausbilder, die einen jeweils unterschiedlichen Status und unterschiedliche institutionelle Zugehörigkeiten haben und die sich kooperierend zu pädagogischen Gruppen konstituieren und auf diese Art und Weise eine gemeinsame Auffassung über die Ziele und Erfordernisse der Ausbildung schaffen. Es handelt sich hierbei um eine günstige Möglichkeit, Standpunkte auszudrücken, Wissensbereiche und Können verschiedenen Ursprungs zu integrieren und ein Ineinandergreifen von Praxis und Theorie zu schaffen. 4. Prinzip: Verbinden von Ausbildung und Forschung im Rahmen eines Universitätsinstituts, welches Ausbilder aller Kategorien umfasst Seit 2006 sind die IUFM in die Universität integriert und sind eine universitätsinterne Schule geworden, eine Universitätseinrichtung, in der das Ineinandergreifen von Ausbildung und Forschung ein Hauptziel darstellt. Wenn durch die Forschung die Ausbildung angereichert und potentiell verbessert wird, indem sie den zukünftigen Lehrer/innen sowohl aus der Analyse der Unterrichtsarbeit hervorgegangene Erkenntnisse, als auch theoretische Handlungsrahmen liefert, so ist es umgekehrt notwendig, dass diese Kenntnisse nicht zu weit von der konkreten Praxis entfernt sind und dass sie unter zweckdienlichen Voraussetzungen vermittelt werden. Die IUFM bringen zwei Ansätze zur Beantwortung dieser Herausforderung ein. Seitens der Ausbilder erlaubt die Schaffung der genannten unterschiedlichen journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:54 Uhr Altet: Universitäre Lehrerausbildung in Frankreich: Kompetenzentwicklung in den IUFM Gruppen die institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Forscher/innen und Lehrer/ innen bzw. Praktiker/innen aus dem Beruf. Die von den Forscher/innen und Ausbildern eingenommene Position erlaubt, die Forschung in der beruflichen Realität zu verankern. Seitens der angehenden Lehrer/innen, schließlich, besteht die Verpflichtung, eine Reflexionsarbeit (orig. Zit.: mémoire) zu verfassen, die sich auf die während der Ausbildung gemachten Praxiserfahrungen bezieht, und dabei professionsbezogene Forschungsansätze anzuwenden. Dies eröffnet die Möglichkeit, jene Forschungsverfahren zum Einsatz zu bringen, die sich als essentielle Komponenten eines Berufes anbieten, der von Unsicherheit, Veränderung und Innovation gekennzeichnet ist. Lehrerausbildung: Schlüsselbe griffe für ein neues Paradigma Der eigentliche Grundgedanke der Eröffnung und Entwicklung der IUFM ist es, auf die Herausforderung der Demokratisierung, der Antizipation von Entwicklungen und der Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen, welche das französische Erziehungssystem zu bewältigen hat, zu antworten. Die frühere Ausbildung, die sich an den oben angeführten Modellen des Handwerks bzw. des Fachstudiums orientierte, ist überholt. Im Zusammenspiel von Erfolgen und Rückschlägen entstand schließlich ein neues Paradigma, welches anhand einiger Schlüsselbegriffe, die die Ausbildungspläne der IUFM strukturieren und ihre Umsetzung gestalten, beschrieben werden kann: • der Begriff der professionellen Lehrerin/ des professionellen Lehrers, durch den die Prinzipien, die Ziele und Ausbildungsmethoden rund um die Kompetenzen des Berufes definiert werden können, • der Begriff der professionalisierenden Universitätsausbildung, durch deren Verpflichtungen, Erfordernisse und Voraussetzungen zur Verwirklichung die Ausbildungstätigkeiten durchgeführt und geregelt werden können, • der Begriff der Praxisanalyse, der eines der adäquatesten Systeme zur Ausbildung von „professionellen Lehrer/innen“ darstellt, • der Begriff der Alternanz, die eine notwendige Voraussetzung für die Praxisanalyse ist. Ad 1) Das Modell der „professionellen Lehrerin“/des „professionellen Lehrers“ als Ziel der Ausbildung Die in den IUFM seit ihrer Gründung begonnene Arbeit hat es ermöglicht, schrittweise ein Modell der auszubildenden Lehrer/innen zu gestalten, das in etwa dem entspricht, was in der pädagogischen Literatur als professioneller Lehrer diskutiert wird. Man kann die prinzipiellen Charakteristika folgendermaßen definieren (vgl. dazu u.a. Altet, 1994/2002): • eine Basis von Kenntnissen verbunden mit dem professionellen Tun; • Eignung, in komplexen Situationen zu handeln, sich anzupassen, zu interagieren; • Fähigkeit, über seine Wissensinhalte, sein Können und seine Handlungen Rechenschaft abzulegen; • Autonomie und persönliche Verantwortung in der Ausübung seiner Kompetenzen zu entfalten; • Identifikation mit den grundlegenden kollektiven Vorstellungen und Normen der beruflichen Identität; • Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die eigenständig Strategien der Karrieregestaltung und der Abgeltung definiert. Dieser Typ von Lehrer/innen ist es, den die IUFM zu schaffen beabsichtigen. Zur Errei- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 35 35 21.07.2008 12:17:55 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext chung dieses Ziels werden folgende Akzente in der Ausbildung gesetzt: Praxisanalysesitzungen mit Kolleg/innen, Abfassen einer wissenschaftlichen Arbeit, didaktische und fächerübergreifende Ausbildungen. Diese Maßnahmen tragen zur Umsetzung einer professionalisierenden Ausbildung bei. Ad 2) „Die professionalisierende universitäre Ausbildung“ als Referenzrahmen für die IUFM Als professionalisierende Ausbildung kann man eine Ausbildung definieren, die berufliche Expertise anstrebt und folgende Charakteristika aufweist: • eine Ausbildung, die ein praktisches Endziel hat (aufbauen, entwickeln von beruflichen, für die Ausübung des Lehrberufes notwendigen Kompetenzen) und die gleichzeitige Aneignung vieler verschiedener beruflicher Wissensgebiete übernimmt, ebenso wie den Aufbau von Wahrnehmungs-, Gedanken- und Handlungsschemata, die die Mobilisierung dieses Wissens, dieses Könnens und dieser Haltungen zur sinnvollen Ausübung des Berufes möglich machen, • eine Ausbildung, die „die besondere Eigenschaft der Fähigkeit zu unterrichten“ entwickelt und die auf die Bedeutung dieser „Fähigkeit zu unterrichten“ neben der Beherrschung des „zu unterrichtenden Wissens“ besteht. Diese Ausbildung erkennt die besondere Eigenschaft des professionellen Unterrichtens als „interaktive Arbeit“ in einer pädagogischen, kontext- und zweckbezogenen Situation an. Unterrichten ist ein komplexer Beruf, der nicht durch a priori geplante Aufgaben, Methoden oder Techniken definiert werden kann. Die Anwendung der Lehrkompetenzen geschieht in interaktiven, kontextabhängigen 36 jlb_03_08.indd 36 und speziellen Situationen. Das Modell des perfekten, rationalen Lehrers, des „Entscheidungsträgers“, der seine Handlungen durch die Algorithmen der Strategie im Vorhinein plant und anschließend ausführt, funktioniert in diesen beruflichen Situationen nicht. Es gibt immer, wie u.a. P. Perrenoud (1999) bewiesen hat, etwas Unscharfes, Ungewisses und Unbestimmtes. Deshalb gibt die professionalisierende Ausbildung die Utopie der technisch-rationalen Situationsbeherrschung zugunsten der Idee einer Anpassungsfähigkeit an neuartige Situationen auf. Man geht hier also von einem Lehrer, welcher Techniken ausführt zu einem Fachmann des „Unterrichtskönnens“, einem Experten der interaktiven Prozesse des Lehren und Lernens, einem Spezialisten der Gestaltung von Lernvoraussetzungen über. Ad 3) „Praxisanalyse“: ein bevorzugtes Verfahren für die Ausbildung von professionellen Lehrern Nachdem der professionelle Lehrer derjenige ist, der die komplexen Probleme, denen er begegnet „begrenzen und neu begrenzen“ kann und fähig ist, auf stets neue Situationen antworten zu können, muss die Ausbildung von praktischen Erfahrungen ausgehen und diese so nah als möglich an den Gegebenheiten des beruflichen Ausübungsfeldes analysieren: Es handelt sich darum, über das, was man in der tatsächlichen Situation macht, zu lernen und nachzudenken, um das Funktionieren des beruflichen Handelns zu verstehen sowie aus der Routine auszubrechen, die Handlung zu verändern. Die Lehrerin bzw. der Lehrer wird in der Ausbildung lernen, durch Analyse dessen, was er getan hat, zu rekonstruieren, in Worte zu fassen, zu beschreiben, was sich in der Situation abspielt und das Wissen und Können, welches er in der Handlung mobilisiert hat, zu identifizieren. Es geht demnach darum, gelebte Situationen zu analysieren, journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:55 Uhr Altet: Universitäre Lehrerausbildung in Frankreich: Kompetenzentwicklung in den IUFM um die Lehrer/innen darauf vorzubereiten, „eigenständig zu denken“ mithilfe jener Mittel, welche den Prozess des Lehrens und Lernens beschreiben, wie sie aus den Untersuchungen in Didaktik oder Pädagogik, beziehungsweise aus der Praxis gewonnen wurden. In zahlreichen IUFM findet man Einrichtungen zur Praxisanalyse. Dies ist der Fall in den IUFM der Loire-Länder, wo Praktikant/ innen an 15 im Voraus geplanten Tagen pro Studienjahr in einer Gruppe mit Kollegen – „Referenzgruppe“ genannt – zusammenkommen. In diesen Sitzungen wird jede praktische Erfahrung von demjenigen präsentiert und analysiert, der sie durchgeführt hat. Die Gruppe der Kolleg/innen ergreift anschließend das Wort um nachzufragen, um abzuklären was präsentiert wurde, um ähnliche erlebte praktische Erfahrungen gegenüberzustellen, die Situation zu analysieren, und verschiedene Faktoren mit dem Ziel in Beziehung zu bringen, den Sinn der durchgeführten Handlung zu verstehen. Der Ausbilder greift nur auf Verlangen der Gruppe ein und liefert die begrifflichen Werkzeuge für die Analyse, sowie zusätzliche theoretische Referenzen, um das Verstehen der analysierten Prozesse und der Problemstellung zu erleichtern. Seine Beiträge sind Leseraster für beruflich erlebte Situationen, Referenzen, argumentierte Überlegungen, auszuschöpfende Wege. Dabei geht es jedoch weder um Anleitungen noch um Ratschläge. Der Ausbilder passt seine Beiträge und Strategien den Anforderungen, die aus der Gruppe kommen, an. Über dieses Beispiel hinaus kann die besondere Eigenschaft der Praxisanalyseeinrichtungen, ausgehend von einigen charakteristischen Erfordernissen, definiert werden: • im Hinblick auf den Beruf, zielorientierte Vorgehensweise • Arbeit in Gruppen (Arbeit unter Kollegen) • begleitetes Verfahren • fachspezifische, durch Analysetechniken unterstützte Vorgehensweise • Verbindungsknoten von Theorie und Praxis. Ad 4) Die „Alternanz“ als notwendige Voraussetzung für die Praxisanalyse In der Grundausbildung ist die Alternanz eine unerlässliche Voraussetzung für die Praxisanalyse und daher auch für die professionalisierende Ausbildung. Der Begriff der Alternanz bezeichnet das Pendeln des zukünftigen Fachmannes zwischen Stunden der Ausbildung in einem Ausbildungsinstitut und Stunden des beruflichen Einsatzes in einer schulischen Einrichtung. Dieses Pendeln wirkt nicht bildend, wenn es durch den Auszubildenden lediglich als Aneinanderreihung wahrgenommen wird. Es schafft hingegen eine äußerst günstige Situation, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind: • Die in einer schulischen Einrichtung verbrachte Zeit muss einer richtigen beruflichen Ausübung gleich kommen, bei voller Verantwortung und dem normalen Berufsalltag einer Lehrerin/eines Lehrers entsprechend. • Die Tätigkeit in der schulischen Einrichtung muss von genügend langer Dauer sein (generell ein ganzes Schuljahr); sie muss regelmäßig sein (generell wöchentlich), ein ausreichendes Stundenausmaß umfassen (ein Drittel bis eine halbe Lehrverpflichtung) und die Praktikant/innen komplexen beruflichen Situationen aussetzen, inklusive der darin erfahrenen Unsicherheit und beruflichen Dilemmata. • Die in der Einrichtung verbrachte Zeit soll von den Praktikant/innen einerseits als eine Zeit tatsächlicher beruflicher Ausübung wahrgenommen werden, aber gleichzeitig als eine Zeit der Ausbildung, journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 37 37 21.07.2008 12:17:56 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext während der sie angehalten werden, metakognitive Kompetenzen aufzubauen und diese zu mobilisieren. • Die in der schulischen Einrichtung erlebten Erfahrungen sollen den Stoff für die häufigen und in regelmäßigem Abstand durchgeführten Praxisanalysesitzungen bilden, die unter Kolleg/innen abgehalten und von Expert/innen begleitet werden. • Ein entscheidender Teil der Ausbildung (didaktische, pädagogische und humanwissenschaftliche Ausbildung sowie fächerübergreifende Anteile) soll sich auf die in der Klasse und der schulischen Einrichtung angetroffenen beruflichen Situationen stützen und in den schon oben beschriebenen interdisziplinären Gruppen mit Ausbildern von unterschiedlichem Status (ausübende Lehrkraft, wissenschaftliche Lehrkräfte, etc.) bearbeitet werden. Diese Voraussetzungen sind notwendig, damit ein starkes Ineinandergreifen von Theorie und Praxis aufgebaut werden kann und damit es möglich wird, die Illusion der Meisterhaftigkeit des erfahrenen Praktikers als erfahrenen „Mann der Wissenschaft“ aufzugeben. Unlösbar mit der Praxisanalyse verbunden, setzt die Alternanz den Bruch mit dem Applikationsmodell voraus, welches die Ausbildung in der Vergangenheit so stark prägte. Es handelt sich nicht mehr darum, im Vorhinein ein Modell für den Unterricht in der Klasse zu schaffen, sondern im Nachhinein die komplexen, unsicheren und unvorhersehbaren erlebten Situationen zu analysieren, um sie zu verstehen, Instrumentarien für die Analyse und Handlung zu erschaffen, anzupassen und neue Wege zu entwickeln. 38 jlb_03_08.indd 38 Schlussfolgerung Seit ihrer Schaffung und ihrer Integration in die Universität spiegeln die IUFM eine sehr wichtige Entwicklung in der Konzeption und Umsetzung der Lehrerausbildung wider. Sie reihen sich in die großen europäischen und amerikanischen Zielsetzungen ein, die gekennzeichnet sind vom Wunsch, Berufs- und Universitätswelt parallel zu führen und einander näher zu bringen. Sie tragen dazu bei, eine neue Definition der Lehrerin/des Lehrers festzulegen und haben an der Schaffung einer neuen Identität teil. In Frankreich jedenfalls, wie auch woanders, zieht die Debatte, welche die Frage des professionellen Wissens von Lehrer/innen und ihrer Ausbildung aufgeworfen hat, zahlreiche Reaktionen nach sich. Mit der jüngst stattgefundenen Integration von 31 IUFM in die Universität werden die IUFM auf den Prüfstand gestellt. Ihre Position am Schnittpunkt der verschiedenen Institutionen macht sie fragil. Sie sind noch längst nicht gefestigt, aber sie sind von jetzt an engagiert am Weg zu einer professionalisierenden Ausbildung mit dem Ziel, die Kompetenzen professioneller Lehrer/innen zu entwickeln. Anmerkung 1 Institut Universitaire de Formation de Maîtres Literatur Altet, M. (1994/2002). La formation professionnelle des enseignants. Paris: PUF. Perrenoud, Ph. (1999). Gestion de l’imprévu, ana lyse de l’action et construction des compé tences. Éducation permanente. Kontaktadresse: [email protected] journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:56 Uhr Binyan Xu Hospitieren – Erläutern – Begutachten: Förderung von Lehrer/innenprofession in China Hintergrund Binyan Xu, Dr., Prof. für Mathematikdidaktik an der East China Normal University, Shanghai, China. Arbeitsschwerpunkte: Lerntheorie basierte Mathematikdidaktik, Unterrichtsentwicklung und Lehrerprofessionsentwicklung, Grundlagen der Fachdidaktik Seit mehr als zwanzig Jahren ist Lehrer/innenfortbildung (in-service-training) in China ein wichtiger Baustein in der Lehrer/innenbildung. Dazu gibt es fachliche Institutionen die für Fortbildungsprogramme zuständig sind. Zusätzlich gibt es an vielen chinesischen Schulen eigene Abteilungen für Lehren und Forschen, die ebenfalls für Lehrer/innenfortbildung zuständig sind. Die Aufgabe dieser Abteilung besteht darin, die Entwicklung der Lehrer/innenprofession durch die Zusammenarbeit von Lehrer/innen zu fördern. Die Aufgaben einer solchen Abteilung bestehen aus Schulbuchanalyse, Unterrichtsgestaltung und anderen auf Unterricht basierenden Forschungsthemen. Auch gegenseitige Unter- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 39 39 21.07.2008 12:17:56 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext richtsbesuche spielen dabei eine große Rolle. Chinesische Lehrer/innen zeigen einander sehr gerne ihren Unterricht und erhalten dann Feedback von ihren Kollegen und Kolleginnen. Allerdings kennen Lehrer/innen wenig neue Theorien über Lehren und Lernen. Daher beruht das kollegiale Feedback mehr auf gemachten Erfahrungen und hilft dementsprechend wenig zur Weiterentwicklung der Professionalisierung. Seit 2000 findet in China eine neue Bildungsreform statt. Seither wird eine effektive Lehrer/innenbildung gefordert, damit Lehrer/ innen sich gut und schnell auf die Anforderungen der neuen Bildungsreform einstellen können. Während verschiedene Wege für Lehrer/innenbildung untersucht werden, wird das aus dem Unterrichtsbesuch stammende Modell „Hospitieren-Erläutern-Begutachten“ von Bildungsforscher/innen und Lehrer/innen als ein effektiver, für China typischer Weg entwickelt. In diesem Artikel möchte ich über das Modell berichten. Theoretische Grundlage Das Modell „Hospitieren-Erläutern-Begutachten“ (HEB) ist ein wichtiger, schulbasierter Weg, der zur Entwicklung von Lehrer/innenprofession führen soll. Unter Entwicklung von Lehrer/innenprofession wird professionelles Lernen von Lehrer/innen verstanden. Dabei handelt es sich um das Lernen von Erwachsenen, zu dem z.B. Goodlad (1990) einige Vorschlägen aufgestellt hat, die uns beim Organisieren von Aktivitäten zum Entwickeln von Lehrer/innenprofession helfen können: • Lehrer/innen orientieren sich an Praxis und konkreten Problemen. Daher müssen für Lehrer/innenbildung authentische Geschichten und Beispiele aus Schulen zur Verfügung stehen. So können Lehrer/in- 40 jlb_03_08.indd 40 nen durch Fallbeispiele an der Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis arbeiten und sich weiterentwickeln. • Lehrer/innen möchten ihre Selbstachtung aufrechterhalten. Daher sollen Lehrer/innen in Fortbildungsprozessen so wenig wie möglich Negatives erleben. Den Lehrer/innen soll bei Fortbildungsangeboten Gelegenheit geboten werden, konstruktive Erfahrungen zu sammeln. Dadurch werden Lehrer/innen gefördert und ihr Selbstbewusstsein erhöht. • Lehrer/innen neigen dazu, neue Erkenntnisse mit alten Erkenntnissen zu verbinden. So ist es wichtig, Fortbildungsprogramme auf der Basis von Lehrer/innenwissen und -kenntnissen zu organisieren. Dadurch wird an bereits gemachte Unterrichtserfahrungen angeknüpft und gleichzeitig die Möglichkeit geboten, neue Zusammenhänge mit aktuellen Ideen zu generieren. Die Berücksichtigung dieser wichtigen Grundlagen von Erwachsenenlernen hilft uns, darüber nachzudenken, wie effektive Lehrer/ innenfortbilung umgesetzt werden kann, um Lehrer/innenprofession zu entwickeln. Guskey Thomas R. (2000) hat einige grundlegende Prinzipien der effektiven Entwicklung von Lehrer/innenprofession zusammengefasst: • Schulische Praxis als Basis: Das heißt, wirksame Ansätze zur Entwicklung und Förderung von Lehrer/innenprofession legen ihr Augenmerk auf die praktischen Erfahrungen von Lehrer/innen. Denn wenn das Fortbildungsangebot nichts mit der alltäglichen Arbeit von Lehrer/innen zu tun hat, wird Lehrer/innenentwicklung nicht wirksam. • Langfristigkeit: Damit Lehrer/innenentwicklung wirklich greift, ist ein langfristiges Programm notwendig. Einmalige oder journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:57 Uhr Xu: Hospitieren – Erläutern – Begutachten: Förderung von Lehrer/innenprofession in China isolierte und unverbindliche Angebote wirken nicht nachhaltig. • Transparenz: Das Ziel der Professionalisierung ist, konkrete Handlungen oder Strategien, die die Lehrpersonen im Unterricht anwenden, zu verbessern oder zu verändern. Die Lehrer/innen müssen daher darüber informiert und bereit sein, über bestimmte – auch schwierige – Themen zu sprechen und sich auf notwendige Veränderung auch einzulassen. • Strategie der „breiten Ausblicke und kleinen Schritte“: Effektive Entwicklung von Lehrer/innenprofession benötigt sowohl die breiteren Ausblicke, gleichzeitig wird an Fallbeispielen der ganz alltäglichen Schulpraxis gearbeitet. • Partizipation und Kooperation: Professionalisierung beginnt dann, wenn Lehrer/innen Gelegenheit haben eigenständig und aktiv an ihren Problemstellungen zu arbeiten, selbstreflexiv über ihre Praxis nachzudenken und neue Ideen zu generieren. Alltagspraxis s Auf obigen theoretischen Überlegungen basiert unser Modell „Hospitieren-ErläuternBegutachten“ seit mehr als 20 Jahren. Im Folgenden möchte ich ausführlich erläutern, warum das Modell HEB ein effektiver Weg zur Entwicklung von Lehrer/innenprofession ist. Prinzip von „HospitierenErläutern-Begutachten“ Grundriss Das Modell HEB ist eine wichtige Aktivität der Abteilung für Lehren und Forschen in chinesischen Schulen. Bei diesem Modell treffen Lehrer/innen, Lehrerfortbildner/innen, Seminarleiter/innen und Bildungsforscher/innen zusammen. In der ersten Phase des Modells werden Seminarleiter/innen, Bildungsforscher/innen und Lehrer/innen aus anderen Schulen eingeladen, Unterrichtsstunden einer bestimmten Lehrerin/eines bestimmten Lehrers zu beobachten und mitzuerleben (Hos- Lehrer/innen führen Praxis durch Neue Praxis von Lehrer/innen Begutachten Theorie Unterrichten Verstehen, Reflektieren, Begutachten und Kommentieren von Hospitierenden Erläutern Verstehen und Selbsterläutern von Lehrer/innen Neues Verstehen von Lehrer/innen Hospitieren Abb. 1: Grundriss von „Hospitieren–Erläutern– Begutachten“ (Wang, 2005, S.118) Abb. 1: Grundriss von „Hospitieren-Erläutern-Begutachten“ (Wang, 2005, S. 118) journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 41 41 21.07.2008 12:17:58 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext pitieren). In der zweiten Phase des Modells erläutert die Lehrerin/der Lehrer zuerst von sich aus, welches Unterrichtsziel erreicht werden sollte, wie der Unterrichtsablauf geplant war und welche didaktischen Überlegungen die Unterrichtsvorbereitung geleitet haben. Danach reflektiert die Lehrerin/der Lehrer die durchgeführte Stunde (Erläutern). In der abschließenden dritten Phase des Modells analysieren, begutachten und reflektieren die „hospitierenden“ Beobachter/innen die durchgeführte Stunde und die ihr zugrunde liegende Didaktik gemeinsam mit der beobachteten Lehrerin/dem beobachteten Lehrer. (Begutachten). Im Folgenden soll das Modell grafisch dargestellt werden (siehe Abb.1): Aufgrund der im Folgenden erläuterten Prinzipien des Modells wird deutlich, dass HEB zur Entwicklung von Lehrer/innenprofession beiträgt. Prinzip der Professionalisierung von Lehrer/innen HEB ist in der alltäglichen Unterrichtspraxis verankert, denn die zu dem Modell gehörende, von Lehrer/innen durchgeführte Unterrichtspraxis ist Teil von schulbasiertem professionellem Handeln und spiegelt anschaulich die Realität von pädagogischer Alltagspraxis wider. Die in HEB geführte Diskussion über Praxis ist eine gute Basis für die Entwicklung von Lehrer/innenprofession und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse führen zu einer neuen und veränderten Praxis. In diesem Modell demonstrieren Lehrer/ innen einerseits eigene Unterrichtsstunden, andererseits erläutern die Lehrer/innen die didaktischen Ideen, die sie bei der Unterrichtvorbereitung geleitet haben. Sie können somit sowohl ihr praktisches Handeln als auch ihre theoretische Überlegung argumentieren. Die hospitierenden Expert/innen bekommen so 42 jlb_03_08.indd 42 ein relativ vollständiges Bild von den jeweiligen Lehrpersonen und ihrem Verständnis von Praxis. Die reflexive Auseinandersetzung mit dieser Praxis in der abschließenden Phase des „Begutachtens“ zielt darauf ab, wie und warum Lehrer/innen ihre praktische Handlung variieren sollen bzw. wie und warum Lehrer/innen entsprechende theoretische Überlegungen verbessern können. Dabei werden Lehrer/innen gefördert, didaktische Überlegung neu zu überdenken und praktische Handlungen zu hinterfragen und zu verändern. Zu den konstruktiven Komponenten von HEB gehört das Begutachten des Unterrichts. Die Phase des „Begutachtens“ legt den Schwerpunkt auf bestimmte didaktische Theorien oder aktuelle curriculare Standards. Das Modell geht von der Annahme aus, dass Lehrer/innen sich nur dann professionell entwickeln können, wenn ihr didaktisches Handeln und ihre Vorstellungen in Bezug zu Theorien oder Standards kommentiert und begutachtet werden. Weil das Begutachten auf konkrete Handlungen von Lehrer/innen abzielt, können Lehrer/innen ihre eigene Praxis sinnvoll in Bezug zu diesen Theorien oder Standards reflektieren. Auch die hospitierenden Lehrer/innen, Lehrerfortbildner/innen, Seminarleiter/innen, Bildungsforscher/innen werden dadurch ebenso motiviert über Theorie und Praxis nachzudenken und den Zusammenhang zu verstehen. Das Modell HEB ist ein wichtiger Teil von planmäßigen schulbasierten Aktivitäten zum Fördern von Lehrer/innenprofession. Daher wird HEB kontinuierlich und langfristig durchgeführt. Viele Lehrer/innen haben eigene didaktische Ideen und praktische Handlungsweisen ausgebildet, die vielleicht nicht immer oder nicht mehr effektiv sind. Um Lehrer/innen zu fördern, wirksam über ihre eigene Praxis nachzudenken und diese auch entsprechend nachhaltig zu verändern, ist es journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:58 Uhr Xu: Hospitieren – Erläutern – Begutachten: Förderung von Lehrer/innenprofession in China notwendig, solche professionelle Aktivitäten regelmäßig durchzuführen. Somit gewährleistet das Modell durch seine Kontinuität, dass Entwicklung von Lehrer/innenprofession gelingt. Veranschaulichung des Modells Um zu erläutern, wie das Modell im chinesischen Schulalltag funktioniert und wie weit es beim Entwickeln von Lehrer/innenprofession wirkt, möchte ich ein konkretes Beispiel vorstellen: In dem Beispiel geht es um eine Schule in Shanghai, die den Fortbildungsschwerpunkt darin hat, dass Lehrer/innen mit Hilfe des Modells HEB Theorien von effektivem Unterrichten kennen lernen und diese Theorien in ihre eigene Unterrichtspraxis einführen. Das Fallbeispiel beschreibt, wie durch konstruktive Anwendung des Schulbuches effektiver Unterricht gestaltet werden kann. Phase 1: Hospitieren Einige Lehrer/innen, Seminarleiter/innen, Bildungsforscher/innen wurden eingeladen, den Mathematikunterricht mit dem Thema „Vergleichen von Bruchzahlen mit gleichem Zähler“ in einer vierten Klasse zu hospitieren. Die Lehrerin führt den Unterricht nach folgendem Ablauf durch: Wiederholung von gelerntem Wissen, Erforschen durch Schüler/innen: Die Lehrerin zeigt ein Video, in dem ein Schwein eine Wassermelone verteilt. Sie gibt den Schüler/innen auch Papier, damit diese durch Falten dieses Papiers selbst entdecken können wie man die Bruchzahlen mit gleichem Zähler vergleicht. Diese Phase wird in kleinen Schritten durchgeführt, z.B. sollen die Schüler/innen zuerst entdecken, wie man Bruchzahlen mit Zähler 1 vergleicht. Die Schüler/innen arbeiten gruppenweise und tauschen die Ideen dann aus. Sie haben folgende Aufgaben gelöst: Vergleich der Größe folgender Bruchzahlen: 1/5 mit 1/7, 1/3 mit 1/6 usw. Die Lehrerin fasst dann die gesammelten Ideen zusammen: z.B. Je größer ein Nenner der Bruchzahl ist, desto kleiner ist diese Bruchzahl. Danach gibt sie den Schüler/innen wieder Aufgaben, um diese Ideen zu vertiefen. Vertiefung und Entwicklung von neu gelerntem Wissen: Die Lehrerin variiert einige Aufgaben die nicht im Schulbuch auftauchen. Die Schüler/innen sollen die Aufgaben lösen und erklären, wie sie die Aufgabe gelöst haben, z.B. durch Anordnen der Bruchzahlen nach der Reihenfolge von kleiner bis größer: 7/29, 7/13, 7/10 Zusammenfassung: Abschließend stellte die Lehrerin die Frage: Was hast du von dieser Stunde gelernt? Worauf soll man aufpassen wenn man Bruchzahlen vergleicht? Die meisten Schüler/innen äußeren ihre Meinungen und die Lehrerin lobt alle Schüler/innen ohne weitere Kommentare. Phase 2: Erläutern Gleich nach dieser Unterrichtsstunde treffen sich die Lehrerin und alle, die ihre Unterrichtsstunde hospitiert haben. Die Lehrerin erläutert ihre didaktische Idee wie folgt: „Diese Stunde bezieht sich darauf, wie ich das Schulbuch aktiv verwenden soll, damit der Effekt des Unterrichts erhöht wird. Ich habe mir Folgendes in der Vorbereitung überlegt: Das Vorwissen spielt eine wichtige Rolle beim Lernen von neuem Wissen. Wir müssen das Vorwissen von Schüler/innen berücksichtigen. So habe ich mit einer Wiederholung angefangen. (…) Ich weiß, dass Schüler/innen mit großer Motivation effektiv lernen können. So habe ich ein Video für Schüler/innen entwickelt, damit journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 43 43 21.07.2008 12:17:59 Uhr Thema: Schnittstelle Lehrerbildung und Schule im internationalen Kontext sie durch dieses Video motiviert werden. Durch meine Erfahrungen weiß ich, dass die Schüler/ innen in meiner Klasse relativ begabt sind. So habe ich einige der leichten Aufgaben im Schulbuch nicht verwendet. Ich habe aber ein paar anspruchsvolle Aufgaben vorbereitet, damit das mathematische Denken der Schüler/innen gefördert werden kann …“ Phase 3: Begutachten Nach dem Hospitieren und den Erläuterungen der Lehrerin fangen die Beobachter/innen an zu diskutieren, um den Unterricht und die didaktischen Ideen zu kommentieren und zu begutachten. Die meisten Kolleg/innen aus anderen Schulen kommentierten den Unterricht aus ihren eigenen praktischen Erfahrungen heraus. Die Bildungsforscher/innen hingegen kommentierten mehr auf Basis theoretischer Sichtweisen und erklären, was man unter „Vorwissen“, „Lernmotivation“ und „Lerndifferenzierungen“ verstehen sollte und wie man diese in der Praxis sinnvoll anwenden kann. So wird in dieser Phase der hospitierte Unterricht aus praktischen und theoretischen Sichtweisen heraus reflektiert, diskutiert und begutachtet. Diese Phase hat darüber hinaus noch eine weitere Dimension: Während der Diskussion werden den Bildungsforscher/innen viele Fragen zu Lern- und Lehrtheorie in der Unterrichtspraxis gestellt. Diese antworten oftmals mit wissenschaftlichen Begriffen und Konzepten. Um diese Konzepte besser zu verstehen, werden sie von den Lehrer/innen aufgefordert, anhand von konkreten Beispielen zu erklären und deutlich zu machen, wie diese Ansätze in der Praxis realisiert werden können. Das macht deutlich, dass die regelmäßige Durchführung des Modells HEB zur Förderung der Entwicklung von Lehrer/innenprofession beitragen kann: Einerseits reflektieren Lehrer/innen über ihren eigenen Unterricht, 44 jlb_03_08.indd 44 andererseits erfahren Lehrer/innen durch die Teilnahme von Bildungsforscher/innen neue Ideen und können deren Anwendbarkeit für die Praxis gleich diskutieren. Ausblick Das Modell HEB wird nun in den meisten chinesischen Schulen verwendet. Theoretisch fördert das Modell die Entwicklung von Lehrer/innenprofession. Aber viele Schulen haben keinen direkten Kontakt zu Bildungsforscher/ innen, weshalb das Modell oft nur von Lehrer/ innen durchgeführt wird. Beim Begutachten werden dann nicht so sehr die didaktischen Ideen analysiert und diskutiert, stattdessen tauschen die Lehrer/innen Erfahrungen aus. Manchmal verwendet ein Schulleiter das Modell auch, um Lehrer/innen zu evaluieren, dann werden beim Begutachten nur Unterrichtsstärken erwähnt, nicht Unterrichtsschwächen. Damit dieses Modell beim Fördern von Lehrer/innenentwicklung eine richtige und wichtige Rolle spielen kann, versuchen chinesische Lehrerfortbildner/innen, Seminarleiter/innen oder Bildungsforscher/innen auch entsprechende theoretische Kategorien zu erarbeiten, z.B. analytische Kategorien für das Hospitieren oder das Begutachten. Literatur Goodlad, J.I. (1990). Teachers for our nation’s schools. San Franciso & Oxford: Jossey – Bass Publishers. Guskey, T.R. (2000). Evaluating professional develop ment. Thousand Oaks, California: Corwin Press, Inc. Kontaktadresse: [email protected] journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:17:59 Uhr Professionalisierung durch Selbstregulierung: STICHWORT Anne Sliwka Teaching Councils in Irland, Kanada und Australien Anne Sliwka, Dr., Professorin für Bildungswissenschaften an der Universität Trier. Arbeitsschwerpunkte: Schulentwicklung, Schulkultur, Lehrerprofessionalität, Demokratiepädagogik Der Lehrerberuf hat keine Berufsorganisation, die Qualitätssicherung in die eigenen Hände nimmt – im Gegensatz zu Ärzten, Ingenieuren, Juristen und Architekten. Glücklicherweise gibt es in mehreren Staaten positive Anzeichen dafür, dass bestimmte politische Maßnahmen Außenbild und Arbeitsbedingungen des Lehrerberufs positiv beeinflussen können. Interessant erscheinen in diesem Zusammenhang vor allem so genannte „Teaching Councils“, die Lehrkräften sowohl ein Forum für die Einflussnahme auf Bildungspolitik als auch einen Mechanismus für eine vom Berufsstand der Lehrer/innen selbst ausgehende Normensetzung und Qualitätssicherung in den Bereichen der Lehrerausbildung, der Vorbereitungszeit und der Professionalisierung und Karriereentwicklung über die Lebenszeit bieten. journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 45 45 21.07.2008 12:17:59 Uhr Stichwort „Teaching Councils“ schaffen für den Lehrerberuf jene Kombination aus professioneller Autonomie, beruflicher Selbstregulation und öffentlicher Rechenschaftspflicht, die andere etablierte Professionen seit langem auszeichnet. Sie ermöglichen, dass die im Beruf stehenden Lehrer/innen bei der Festlegung der Kriterien für den Berufszugang, der Standards für den beruflichen Aufstieg sowie der maßgeblichen Regeln für den Entzug der Erlaubnis zur Berufsausübung ein deutliches Mitspracherecht erhalten. An Beispielen aus Kanada, Irland und Australien werden im Folgenden Institutionen und Prozesse der selbstregulierenden Stärkung der Lehrerprofession vorgestellt und vor dem Hintergrund von Erfahrungen im deutschsprachigen Raum diskutiert. Ontario College of Teachers/ Kanada Die erste professionelle Standesorganisation von Lehrkräften war das Ontario College of Teachers, die Organisation der Lehrer/innen in der kanadischen Provinz Ontario. Das College of Teachers wurde 1997 von Regierungsseite gegründet, um Lehrerinnen und Lehrer in Ontario in die Lage zu versetzen, ihre eigene Profession im Interesse der Öffentlichkeit auf der Grundlage von professionellen Standards selbst zu steuern. Jede Lehrkraft, die an einer staatlichen Schule in Ontario unterrichten möchte, muss Mitglied des College of Teachers werden und eine Zertifizierung durchlaufen. Geleitet wird das College von einem Gremium, das sich aus 23 von allen Lehrkräften in Ontario gewählten Lehrerinnen und Lehrern sowie 14 von der jeweiligen Regierung ernannten öffentlichen Persönlichkeiten zusammensetzt. Begründet wird dies mit der be- 46 jlb_03_08.indd 46 sonderen Verantwortung des Lehrerberufs gegenüber der Gesellschaft, der hohe Standards und Transparenz nach außen erfordere. Victoria Institute of Teaching/ Australien In den letzten zehn Jahren sind auch in allen australischen Bundesstaaten vergleichbare, per Gesetz geschaffene Standesorganisationen für Lehrer/innen entstanden. Das im Bundesstaat Victoria in Australien im Jahr 2001 gegründete Victorian Institute of Teaching arbeitet nach denselben Prinzipien wie andere selbstregulierende Körperschaften in Victoria, zum Beispiel die deutlich älteren Standesorganisationen der Ärzte, das Medical Practitioners Board of Victoria oder der Rechtsanwälte, das Legal Services Board. Alle 75.000 Lehrkräfte und Schulleiter/innen, die an staatlichen oder privaten Schulen im Bundesstaat Victoria unterrichten, gehören dem Victoria Institute nach ihrer Zertifizierung als Mitglieder an. Ähnlich wie in Ontario werden die Belange des Instituts von einem zwanzigköpfigen Leitungsgremium gesteuert, dem überwiegend praktizierende Lehrer/innen aus unterschiedlichen Schulen des Bundesstaates angehören. Zehn Personen werden aus dem Kreis der Mitglieder gewählt, zudem gehört der jeweilige Minister dem Gremium an, sowie neun vom Minister ernannte Personen, darunter mindestens drei Lehrer/innen. Als unabhängige staatliche Einrichtung sichert das Institut die berufliche Autonomie und Selbstregulierung der Lehrkräfte sowie ihr Mitspracherecht bei der weiteren Entwicklung ihres Berufs. Finanziert wird dies durch eine jährliche von den Lehrkräften zu zahlende Einschreibgebühr, die dem Institut eine operative Unabhängigkeit ermöglicht. Die Zieldimensionen decken sich mit denen des Ontario journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:18:00 Uhr Sliwka: Professionalisierung durch Selbstregulierung: Teaching Councils in Irland, Kanada und Australien College of Teachers: Neben der Zertifizierung aller Lehrer/innen auf der Grundlage von Qualitätsstandards und der Akkreditierung aller Aus- und Fortbildungsangebote für Lehrkräfte, organisiert das VIT eine professionelle Berufseingangsphase für neue Lehrer/innen und führt öffentliche Kampagnen durch, um möglichst qualifizierte und geeignete Personen für den Lehrerberuf zu gewinnen. Teaching Council for Ireland Auch in Europa, wo professionelle Standesorganisationen aller Lehrkräfte eines Schulsystems bislang keine Tradition haben, und Lehrer/innen durch fragmentierte Gewerkschaften und Berufsverbände politisch vertreten werden, ist mit dem Teaching Council for Ireland (TCI) im Jahr 2006 eine erste, selbstregulierende Standesorganisation ins Leben gerufen worden. Das TCI orientiert sich an den genannten Vorbildern aus Übersee. Es soll gute Praxis und hohe Standards im Lehrerberuf sowie im Bereich der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften gewährleisten. Dies geschieht durch die Festlegung und regelmäßige Überarbeitung berufsständischer Regeln und die Qualitätsüberprüfung von Programmen der Lehreraus- und Fortbildung. Auf diese Weise soll das TCI der irischen Lehrerschaft zu einer größeren beruflichen Autonomie verhelfen und berufliches Ansehen und Motivation von Lehrkräften in Irland erhöhen. Seine Aufgaben im Einzelnen sind: • Festlegung, Veröffentlichung und Sicherung der Einhaltung eines Verhaltenskodexes für den Lehrerberuf; • Einrichtung und Führung eines Lehrerregisters; • Festlegung der Aus- und Weiterbildungsanforderungen für die Eintragung ins Lehrerregister; • Prüfung und Zulassung der Ausbildungsprogramme für Lehrkräfte; • Regulierung der Berufseinstiegsprogramme und der Probezeit der Junglehrer/innen; • Förderung der Weiterbildung und der beruflichen Entwicklung der Lehrkräfte; • Vertretung der Interessen der Lehrerschaft in Bildungsfragen; • Festlegung von Verfahren für den Informationsaustausch zwischen den Lehrkräften, den im Bildungsbereich tätigen Organisationen und der Öffentlichkeit; • Beratung des Bildungsministers hinsichtlich der Mindestqualifikationsanforderungen für die Zulassung zu Lehrerausbildungsprogrammen und für die Weiterbildung von Lehrkräften; • Überprüfung der beruflichen Eignung der Lehrer und gegebenenfalls Verhängung von Sanktionen für Lehrer/innen, die den Leistungsstandards nicht gerecht werden. Das Teaching Council for Ireland setzt sich aus 37 Vertreter/innen verschiedener im Bildungswesen aktiver Gruppen zusammen, darunter 22 eingetragene Lehrkräfte und 15 Vertreter/ innen pädagogischer Fakultäten, von Schulleiterverbänden, Elternverbänden, Unternehmerverbänden und des Bildungsministeriums. Professionelle Standards: Grundlage der Selbstregulation Als selbstregulative Standesorganisationen stellen alle drei Organisationen sicher, dass Kinder und Jugendliche ausschließlich von Lehrkräften unterrichtet werden, die ihr berufliches Handeln und Verhalten an transparenten professionellen und ethischen Standards ausrichten. In Ontario, Victoria und Irland verständigten sich dazu Lehrkräfte in mehr- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 47 47 21.07.2008 12:18:00 Uhr Stichwort stufigen Kommunikationsprozessen – zu denen alle registrierten Lehrerinnen und Lehrer eingeladen waren sich zu beteiligen – auf diejenigen professionellen und ethischen Kernstandards, die qualitätsvolles Lehrerhandeln ausmachen. Das Ontario College of Teachers beispielsweise entwickelte zwei zentrale Dokumente, die so genannten „Standards of Practice“, übersetzbar vielleicht mit „Standards der Lehrerpraxis“ und die „Ethical Standards of the Teaching Profession“, also einen ethischen Verhaltenskodex für Lehrkräfte. Die Standards werden in einem Turnus von fünf bis sechs Jahren erneut zur Diskussion gestellt und überarbeitet, sodass sie gesellschaftliche Veränderungen in der Lehrerrolle reflektieren. Die ethischen Standards sollen zugleich in die Profession hineinwirken als auch die Sicht der Gesellschaft auf die Lehrprofession beeinflussen: In Ontario sollen Lehrkräfte mithilfe der ethischen Standards unter den vier Überschriften care, respect, trust und integrity die ethische Verantwortung von Lehrkräften klar erkennen und Orientierung in ethischen Dilemmasituationen finden können. Die Standards of Practice beschreiben einen Kanon aus Wissen, Fertigkeiten und Werten, den alle Lehrkräfte in Ontario miteinander teilen. Ziel der Standards of Practice ist die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses und einer gemeinsamen Sprache aller Lehrkräfte darüber, was Professionalität im Lehrerberuf ausmacht. In den Standards of Practice verpflichten sich die Lehrkräfte in Ontario, • auf der Grundlage von wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen zu handeln (professionelles Wissen), • Lernende jeweils als Individuen beim Lernen zu unterstützen (professionelle Praxis), • in Schulen als professionellen Lerngemeinschaften Führungsverantwortung zu übernehmen (Leadership in professionellen Lerngemeinschaften), 48 jlb_03_08.indd 48 • sich fortlaufend durch Wissenserwerb, professionellen Austausch und Reflexion und Erforschung eigener Praxis weiterzuentwickeln (Fortlaufende Professionalisierung). Auch im australischen Victoria haben sich die Lehrkräfte „in Anerkennung des besonderen Machtverhältnisses im Lehrerberuf “ unter den Oberbegriffen integrity, respect und responsibility ethische Verhaltensstandards für die Interaktion mit Schüler/innen, Eltern und Lehrerkolleg/innen gegeben. Zudem hat das Victoria Institute of Teaching auf der Grundlage von empirischen Forschungsarbeiten zur Lehrerqualität, die in einem weit reichenden Konsultationsprozess diskutiert wurden, Standards in acht Bereichen des Lehrerhandelns entwickelt: Berufliche Kenntnisse 1. Die Lehrkraft weiß, wie Schüler/innen lernen und wie sie in effektiver Weise zu unterrichten sind. 2. Die Lehrkraft beherrscht ihren Unterrichtsstoff. 3. Die Lehrkraft kennt ihre Schüler. Berufliche Praxis 4. Die Lehrkraft plant und evaluiert Lernaktivitäten im Hinblick auf ihre Effektivität. 5. Die Lehrkraft schafft und wahrt ein gesundes und stimulierendes Lernumfeld. 6. Die Lehrkraft setzt eine Reihe von Lehrmethoden und Ressourcen für einen effektiven Lernprozess der Schüler ein. Berufliches Engagement 7. Die Lehrkraft reflektiert, evaluiert und verbessert ihr berufliches Wissen und ihre Berufspraxis. 8. Die Lehrkraft ist aktive Vertreterin ihres Berufsstands. journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:18:01 Uhr Sliwka: Professionalisierung durch Selbstregulierung: Teaching Councils in Irland, Kanada und Australien Die Standards haben eine umfassende Steuerungsfunktion. Von angehenden Lehrkräften in Victoria wird im Rahmen der Zertifizierung erwartet, dass sie in allen genannten Bereichen konkrete Leistungsnachweise vorlegen können. Die Standards werden auch für die Akkreditierung von Lehrerausbildungsprogrammen und die Entwicklung von Berufseinstiegs- und Weiterbildungsprogrammen verwendet. Sie bilden die Grundlage für Beförderungsentscheidungen und zur Identifizierung ineffizienter Lehrkräfte. In allen drei vorgestellten Systemen geben die Standards Schüler/innen und Eltern die Legitimation dazu, Qualität aktiv einzufordern und über geregelte und transparente Verfahren einen formellen Prozess gegen jene Lehrer/innen einzuleiten, die den Standards nicht gerecht werden. So schaffen ethische und professionelle Standards Vertrauen und bilden die normative Grundlage für ein anspruchsvolles Qualitätsmanagement in allen Bereichen der Professionalität von Lehrkräften. Qualitätskontrollen an unter schiedlichen Systemschnitt stellen Akkreditierung von Programmen der Lehreraus- und -fortbildung Alle drei vorgestellten Teaching Councils sind von staatlicher Seite aus mit der Akkreditierung und Re-Akkreditierung sämtlicher Programme der Lehreraus- und -fortbildung betraut. So wird gewährleistet, dass Ausbildungsprogramme der ersten Phase, Programme zur Berufseinführung und Programme der Lehrerfortbildung systematisch aufeinander Bezug nehmen und aufeinander aufbauen. Die professionellen Standards bieten dabei einen gemeinsamen Referenzrahmen über die Phasen der Professionalisierung hinweg. Grundprinzip bei der Akkreditierung und ReAkkreditierung von Aus- und Fortbildungsangeboten ist größtmögliche Transparenz. Alle drei Institutionen veröffentlichen Akkreditierungsberichte auf ihrer Webseite, um angehenden und im Beruf stehenden Lehrer/ innen Informationen zu Inhalt und Qualität der Programme zur Verfügung zu stellen. Zertifizierung von Lehrkräften In Systemen mit professionellen Lehrerstandards erfolgt die Zertifizierung von Lehrkräften durch die Teaching Councils auf der Grundlage der Standards. Die Zertifizierung, die immer die Anerkennung erbrachter Ausbildungsleistungen sowie eine polizeiliche Überprüfung einschließt, ist die Vorbedingung für die Aufnahme einer Lehrertätigkeit. Die Zertifizierungskriterien dienen der Aufstellung von Zugangskriterien zum Lehrerberuf. Lehrerausbildungsprogramme orientieren sich an professionellen Standards und Zertifizierungskriterien. So kann die Lehrerzertifizierung ungeeignete Kandidaten vom Eintritt in den Lehrerberuf abhalten, da sie eine zusätzliche Hürde bedeutet, die es zu überwinden gilt. Sobald ein Lehrer/eine Lehrerin zertifiziert und registriert ist, werden zum Beispiel vom Ontario College of Teachers Informationen zu seiner Ausbildung, zur Zertifizierung und – in ganz wenigen Fällen – zu Disziplinarverstößen über eine Datenbank öffentlich zugänglich gemacht. Das entspricht dem Prinzip der Transparenz (accountability): Eltern und Schüler/innen sollen sich über den professionellen Status von Lehrkräften informieren können. journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 49 49 21.07.2008 12:18:01 Uhr Stichwort Evaluation von Lehrkräften Bei Verstößen gegen die von der Profession selbstgesetzten Standards haben die Standesorganisationen das gesetzlich legitimierte Recht, einer Lehrkraft die Zertifizierung für den Lehrerberuf zu entziehen und damit Lehrkräfte vom Dienst zu suspendieren. Dazu sind alle drei Institutionen in unterschiedlichem Maße per Gesetz befugt. Das Ontario College of Teachers beispielsweise leitet eine Untersuchung ein, wenn von Eltern, volljährigen Schüler/innen oder anderen Lehrkräften konkrete Beschwerden gegen eine Lehrkraft oder ein Schulleitungsmitglied vorliegen. Dazu wird der betroffenen Person zunächst in einem schriftlichen Dokument die Beschwerde gegen ihn bzw. sie vorgelegt. Eine bestimmte Frist wird gewährt, in der derjenige, gegen den sich die Beschwerde richtet, sich zu den Vorwürfen äußern kann. In vielen Fällen bietet das College dann eine professionelle Konfliktmoderation an, die zu konkreten Vereinbarungen führt. Falls die Lehrkraft, gegen die sich die Beschwerde richtet, sich nicht an diese Vereinbarungen hält, oder der Vorwurf so massiv ist, dass eine Konfliktmoderation das Problem nicht löst, kommt es zu einer Investigation und einem Disziplinarverfahren. Alle abgeschlossenen Fälle, in denen die betroffene Lehr- oder Führungsperson in einem mehrstufigen Verfahren für schuldig befunden wurden, werden auf den Webseiten des Ontario College of Teachers veröffentlicht. Ein Verstoß gegen die Standards, zum Beispiel durch die Ausübung physischer oder seelischer Gewalt gegen Schüler/innen, kann je nach Schwere der Vorfälle von verpflichtenden Fortbildungs- oder Therapiemaßnahmen bis zum Entzug der Lehrlizenz führen. 50 jlb_03_08.indd 50 Professionelle Außendarstellung Um den Lehrerberuf nach innen und außen zu stärken, verstehen sich das Ontario College of Teachers, das Victoria Institute of Teaching und das Teaching Council for Ireland auch als professionelle Wissensmanager. Alle drei Institutionen führen im Kreis ihrer Mitglieder regelmäßig Konsultationen zu unterschiedlichen Fragen der professionellen Praxis von Lehrer/innen durch. Bei Bedarf werden wissenschaftliche Studien in Auftrag gegeben, um gezielt empirische Erkenntnisse über den Lehrerberuf zu gewinnen. Zeitschriften, wie zum Beispiel Professionally Speaking des Ontario College of Teachers dienen Lehrkräften und Schulleitungen als öffentliche Plattform zum Austausch von professioneller Praxiserfahrung und zur Diskussion kontroverser Fragen. Werbung und PR für den Lehrerberuf Last but not least haben es sich die Standesorganisationen der Lehrkräfte in allen drei Systemen auch zum Auftrag gemacht, aktiv für den Lehrerberuf zu werben, mit dem Ziel geeignete junge Menschen und Quereinsteiger anzusprechen, die Interesse, Motivation und ein entsprechendes Ethos mitbringen. Überdies besteht die Notwendigkeit, die Vorteile des Lehrerberufs Gruppen nahe zu bringen, die unter den Lehrer/innen vielfach unterrepräsentiert sind, was z.B. auf Männer, Angehörige kultureller Minderheiten sowie besonders begabte Frauen und Männer zutrifft. Dazu halten sie Vorträge an Schulen und Hochschulen, stellen den potentiellen Interessenten auf ihren Internetseiten umfangreiche Informationen journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:18:02 Uhr Sliwka: Professionalisierung durch Selbstregulierung: Teaching Councils in Irland, Kanada und Australien zur Karriereentwicklung im Lehrerberuf zur Verfügung und klären Fragen in persönlichen Beratungsgesprächen. Fazit Die Herausforderungen, auf die die vorgestellten Bildungssysteme mit der Gründung von Teaching Councils reagiert haben, existieren auch in den Staaten des deutschsprachigen Kulturraums. Der Lehrerberuf könnte auch hier in vielfacher Hinsicht durch die Schaffung einer vergleichbaren Institution seine Fragmentierungen überwinden und an Profil und öffentlicher Anerkennung gewinnen: Teaching Councils stärken die Lehrerprofession nach innen und tragen zur Überwindung von Fragmentierungen bei. Nach außen, in die Gesellschaft, signalisieren sie, dass Lehrkräfte sich als Schlüsselprofession für die Entwicklung moderner Gesellschaften verstehen und diesem Selbstbild entsprechend Qualitätsstandards setzen und sichern. Weiterführende Literatur Coolahan, J. (2002). Teacher Education and the Teaching Career in an Era of Lifelong Learning (OECD Education Working Paper, No. 2). Paris: OECD. Online unter www.oecd.org/edu/wor kingpapers (17-06-2008). OECD (2006). Stärkere Professionalisierung des Leh rerberufs. Wie gute Lehrer gewonnen, gefördert und gehalten werden können. Paris: OECD. Ontario College of Teachers: www.oct.ca (17-062008). Teaching Council for Ireland: www.teachingcoun cil.ie (17-06-2008). Victoria Institute of Teaching: www.vit.vic.edu.au (17-06-2008). Kontaktadresse: [email protected] journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 51 51 21.07.2008 12:18:02 Uhr METHODENATELIER Ilse Schrittesser Kooperationsschulen der Universität Wien Ilse Schrittesser, Ao. Univ.Prof. Dr., Vorständin des Instituts für Bildungswissenschaft an der Universität Wien. Arbeitsschwerpunkte: Professionalisierungsforschung und Lehrerbildung, Entwicklung der Hochschullehre, Lehr- und Lerntheorien 52 jlb_03_08.indd 52 Wenn davon auszugehen ist, dass Erfahrungswissen und praktisches Können nur bedingt in der Ausbildungszeit vorweg angeeignet werden können, sind die Berührungen mit der Schulpraxis in der Ausbildungszeit vor allem als Einführung in einen bewussten Umgang mit Praxis aus einer handlungsentlasteten Position heraus zu betrachten. Ein Ziel dabei wäre, die aus der eigenen Schulzeit mitgebrachten Bilder, Vorurteile und Muster außer Kraft zu setzen und methodisch geleitete, „fremde“ Einblicke in das Berufsfeld Schule zu ermöglichen, um damit neue Analyse- und Handlungsperspektiven zu eröffnen (vgl. dazu Schrittesser, 2008). In der universitären Lehrer/innenbildung an der Universität Wien wird mit dem Programm „Kooperationsschulen der Universität“ journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:18:02 Uhr Schrittesser: Kooperationsschulen der Universität Wien versucht, eine solche methodisch überformte Schnittstelle von Ausbildung und Schulpraxis zu gestalten. Im Rahmen dieses Programms geben Schulen Begleitforschungsprojekte in Auftrag, die sich mit einem für die jeweilige Schule brisanten Thema befassen und die an der Universität unter Anleitung einer bzw. eines Lehrenden gemeinsam mit Studierenden im Rahmen eines Forschungsseminars bearbeitet werden. Die Schule nominiert dazu konkrete Ansprechpartner, die das Projektteam an der Schule darstellen und die mit dem Direktor bzw. der Direktorin der Schule und mit dem Projektteam der Universität (Lehrende und Studierende) den Auftrag konkretisieren. Nach Durchführung des Vorhabens werden die Ergebnisse an die Schule zurückgespielt. An der Universität Wien wurde das Programm zunächst als Pilotvorhaben 2002 gestartet und kann nun eine sechsjährige Erfolgsgeschichte verzeichnen. Bei erfolgreich abgeschlossenem Projekt erhält die Schule das rechtlich geschützte Zertifikat „Kooperationsschule der Universität Wien“. Folgende sieben konkrete Etappen der Abwicklung eines Kooperationsschulprojekts lassen sich beschreiben, die sich auf ähnliche Situationen im Schnittstellenmanagement zwischen Schule und Universität anwenden lassen: 1. Eine Schule wendet sich an das Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien mit einer spezifischen Anfrage, z.B. sollen im Vorfeld einer Schulprofilbeschreibung die aktuell an der Schule verfolgten Schwerpunkte empirisch erhoben werden. Die Anfrage erfolgt meist informell durch die Direktion oder durch eine Proponent/innengruppe der Schule. Am Institut für Bildungswissenschaft wird zunächst durch den Koordinator der Kooperationsschulprojekte überprüft, ob eine Lehrveranstaltungsleiterin/ein Lehrveranstal- tungsleiter zur Verfügung steht, die bzw. der ein solches Projekt übernehmen kann. Verläuft die Überprüfung positiv, so bekommt die Schule eine Zusage durch das Institut sowie die Angabe des Zeitrahmens, in welchem der Auftrag bearbeitet werden kann. 2. Die/Der verantwortliche Lehrveranstaltungsleiterin/Lehrveranstaltungsleiter vereinbart nun einen Termin mit der Direktion und den von der Schule zu nominierenden Ansprechpartner/innen für das Projekt. Bei diesem Termin formiert sich das Projektteam, bestehend aus Direktion, Ansprechperson(en) an der Schule, der Lehrveranstaltungsleiterin/dem Lehrveranstaltungsleiter sowie dem Koordinator und der Leiterin des Kooperationsschulprogramms am Institut für Bildungswissenschaft. Der Auftrag wird präzisiert und eine verbindliche Vereinbarung über die vom Institut und von der Schule jeweils im Projekt zu erbringenden Leistungen wird abgeschlossen. 3. Der Projektauftrag wird im Rahmen eines Forschungsseminars von Studierenden der Lehrer/innenbildung unter Anleitung der Lehrveranstaltungsleiterin bzw. des Lehrveranstaltungsleiters in Arbeitspakete differenziert. Im Seminar übernehmen Teams von Studierenden jeweils ein solches Arbeitspaket. Zwei in jedem Kooperationsschulprojekt befindliche Arbeitspakete bestehen im Verfassen und in der Layoutierung des Projektberichts sowie in der Präsentation der Ergebnisse des Projektberichts an der Schule. 4. In der Phase der Durchführung arbeiten die Studierendenteams relativ eigenständig. Von der Lehrveranstaltungsleiterin/dem Lehrveranstaltungsleiter wird besonders in dieser Phase relativ viel Fingerspitzengefühl verlangt, da einerseits Studierenden eigenständige Forschungserfahrungen in Hinblick auf die Ziele der Lehrveranstaltung ermöglicht werden sollen und andererseits die Güte der Projektdurchfüh- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 53 53 21.07.2008 12:18:03 Uhr Methodenatelier rung nicht aufs Spiel gesetzt werden darf. Auch zeigen sich in dieser Phase häufig auf Grund der jeweiligen Projektrealität entstehende und im Vorfeld kaum einkalkulierbare Eigendynamiken, die eine nicht zu unterschätzende Herausforderung darstellen – Beispiele für solche Unwegsamkeiten wären etwa die Erreichbarkeit von Lehrer/innen an der Schule, Kommunikationsprobleme zwischen Projektteam und Studierendenteams, sich verändernde Facetten im Projektauftrag als „work in progress“ usf. Eine kluge Moderation dieser immer wieder auftretenden Momente wird deren Lernpotential nutzen bei gleichzeitigem Festhalten an der Erreichung der Projektziele. 5. In der Abschlussphase wird der Projektbericht formuliert, von einer Gruppe von Studierenden gemeinsam mit der Lehrveranstaltungsleiterin/dem Lehrveranstaltungsleiter an der Schule präsentiert und diskutiert. Die Präsentation erfolgt in der Regel nicht vor dem gesamten Kollegium, sondern nur im Beisein der Direktion und der das Thema an der Schule initiativ verfolgenden Lehrer/innen. Wenn sich auf der Basis der Projektergebnisse weiterer Handlungsbedarf für die Schule zeigt, werden häufig im Anschluss an das Projekt Schulentwicklungsvorhaben oder schulinterne Lehrerfortbildung in Angriff genommen. 6. Im Forschungsseminar wird das Vorhaben abschließend theoriegestützt analysiert und sowohl der inhaltliche als auch der aus der Prozessteilhabe entstandene potentielle Wissenstransfer für die zukünftige Berufspraxis definiert. 7. Das Vorhaben schließt mit der (meist feierlichen) Überreichung des von der Universität beglaubigten und durch den zuständigen Vizerektor unterfertigen Zertifikats „Kooperationsschule der Universität Wien“ ab. rien in den Fachgruppen“, „Evaluation von Schulschwerpunkten“ (Gender, Schwerpunkt „Naturwissenschaften“, Sprachenschwerpunkt, Offenes Lernen etc.) aber auch Problembereiche wie etwa steigende Absenzen von Schüler/innen untersucht. Das Kooperationsschulnetzwerk wächst beständig zu beiderseitigem Gewinn: Schulen erhalten die Möglichkeit, für sie relevante Themen zu bearbeiten, die im Schulalltag ohne Unterstützung von außen keine vertiefte Aufmerksamkeit erhalten könnten; für die Universität eröffnet sich die Chance, eine tragfähige Verbindung zur Praxis zu entwickeln, in deren Kontext Studierende die Schulwirklichkeit mit dem Blick der Forscherin bzw. des Forschers betrachten und damit jene methodische Distanz entfalten können, die sie für eine reflexiv abgesicherte Tätigkeit als Lehrerin bzw. als Lehrer brauchen werden. Literatur Schrittesser, I. (Hrsg.). (2008). Professionalität und Professionalisierung. Einige aktuelle Fragen und Ansätze der universitären Lehrerbildung. Frank furt/Wien: Peter Lang Verlag. Kontaktadresse: [email protected] In den letzten Jahren wurden Themen wie „Erhebung der Leistungsbeurteilungskrite- 54 jlb_03_08.indd 54 journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:18:03 Uhr Rezensionen Óhidy, A., Terhart, E. & Zsolnai, J. (Hrsg.). (2007). Lehrerbild und Lehrerbildung. Praxis und Perspektiven der Lehrerausbildung in Deutschland und Ungarn. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften; 344 S.; ISBN 3-531-15308-7; 39,90 EUR. Vor dem Hintergrund umfassender Strukturveränderungen in der europäischen Lehrer(aus)bildung, die eng mit der BolognaErklärung verbunden sind, thematisiert der vorliegende Sammelband das Lehrerbild und die Lehrerbildung in einer international vergleichenden Perspektive. Das Buch dokumentiert die Tagung Lehrerbild und Lehrer(aus)bildung – Praxis und Perspektiven in Deutschland und Ungarn, die am 31. März 2006 an der Universität Bielefeld im Sinne der am 21. Februar 2005 verabschiedeten Gemeinsamen Erklärung zwischen dem Ministerium für Bildung der Republik Ungarn und dem Ministerium für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Intensivierung der Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft und Forschung stattgefunden hat. Mit Hilfe von deutschen und ungarischen Experten zielt der Sammelband darauf, „Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Alt- und Neu-EU-Ländern transparent zu machen […], um zwischen den ausgewählten Ländern eine Brücke zu schlagen, die ungarischen Debatten über das Thema Lehrer(aus)bildung für die deutsche Diskussion zugänglich zu machen und um dadurch das Einander-Verstehen und das Miteinander-Leben innerhalb der Europäischen Union zu erleichtern.“ journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 55 55 21.07.2008 12:18:03 Uhr Rezensionen Das Buch gliedert sich in vier Großkapitel. Das erste Kapitel widmet sich in fünf Beiträgen der Lehrerbildung in Deutschland und Ungarn. Andrea Óhidy vermittelt in zwei strukturellanalogen Aufsätzen grundlegende Informationen zum föderalistischen deutschen und zum nach der demokratischen Wende 1989/90 dezentralisierten ungarischen Bildungswesen, die als prägnante Hintergrundinformationen für die folgenden Beiträge fungieren. Nach einem kurzen historischen Abriss der Entwicklung in der Nachkriegszeit wendet sich die Verfasserin zentralen Merkmalen des jeweiligen Bildungswesens zu: Aspekte der Steuerung, Verwaltung und Kontrolle auf Bundes-, Landes- und regionaler und institutioneller Ebene, die Struktur und den Aufbau sowie die Finanzierung der Bildungssysteme. Es wird dabei evident, dass die Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland sowie der Zusammenbruch des sozialistischen Systems in Ungarn zu Beginn der 90er Jahre die beiden Bildungssysteme in unterschiedlicher Weise geprägt haben. Während in den ehemaligen Ländern der DDR lediglich die föderale Struktur des Bildungswesens (wieder) eingeführt wurde, ist das gegenwärtige ungarische Bildungssystem durch eine eigentümliche Koinzidenz zu charakterisieren: „Die Schulen werden nicht vom Staat, sondern von den verschiedenen privaten und Rechtspersonen sowie vor allem von Selbstverwaltungen gegründet. Dadurch wird eine neoliberale Bildungspolitik verhindert, denn die Schulen bleiben öffentliche Institutionen und die Lehrer öffentliche Angestellte. Aber auch eine zentrale Bildungspolitik wird dadurch verhindert, denn die Schulen unterstehen dem jeweiligen Träger; dieser – und nicht der Staat – trägt die Verantwortung.“ Ewald Terhart stellt nachfolgend Strukturprobleme der Lehrerausbildung in Deutschland vor. Einleitend beschreibt er die zwischen den sechzehn Bundesländern mehr oder we- 56 jlb_03_08.indd 56 niger stark variierende Grundstruktur der Lehrerausbildung und expliziert die zentralen Funktionen der Ersten, Zweiten und Dritten Phase sowie daraus resultierende Strukturprobleme. Neben der starken Zersplitterung der drei Phasen verweist er auf die von der Bildungspolitik zu verantwortende Paradoxie, Professionalität von Lehrern bei gleichzeitiger Polyvalenz der Abschlüsse gewährleisten zu sollen, sowie auf die unzureichende empirische Basis zur Wirksamkeit von Lehrerbildung, um abschließend aktuelle bundeslandspezifische Entwicklungen und Lösungsansätze zu umreißen. Die offenen Fragen um die zentral regulierte ungarische Lehrerbildung werden von József Zsolnai thematisiert. Nach einem kurzen Exkurs in die dreiphasige Historie der ungarischen Lehrerausbildung beschreibt er die Entfaltung eines neuen Lehrerbildes durch das von ihm selbst initiierte Programm der „Pädagogik der Wertevermittlung und Fähigkeitsförderung“ (ÉKP) – ein Schulprogramm, das bereits vor der demokratischen Wende von zahlreichen staatlichen Schulen als Grundlage ihres pädagogischen Handelns gewählt und am 22. Februar 2006 als Rahmenlehrplan anerkannt wurde – sowie die Auswirkungen des Bologna-Prozesses auf die ungarische Pädagogenausbildung. Kritisch hebt er hervor, dass bislang „mit der Adaptation der Bologna-Konzeption nur die Vereinheitlichung der Lehrerbildung [für Fachmittelschullehrer und Gymnasiallehrer], nicht aber die Schaffung einer einheitlichen Pädagogenausbildung“ bewirkt wurde und somit der Bologna-Prozess nur eine „halbe Lösung gebracht hat, da die Ausbildung für Grundschullehrer im Rahmen der ‚alten’ Pädagogischen Hochschulen geblieben ist.“ Das Kapitel schließt mit einem Vergleich beider Lehrerausbildungssysteme durch Gabriella Bikics. Sowohl die deutsche als auch die journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:18:04 Uhr Rezensionen ungarische Lehrerbildung bestehen aus den Komponenten Fachwissenschaft, Fachdidaktik, Erziehungswissenschaften und dem Schulpraktikum. Der Bologna-Prozess stellt jedoch für das ungarische System eine weit größere Herausforderung dar, da hier die Lehrerbildung im Gegensatz zum zweiphasigen deutschen Modell einphasig ist und nun auf das europäisch einheitliche Zweiphasenmodell umgestellt werden muss. Eine weitere Differenz konstatiert Bikics in der schulpraktischen Ausbildung. Während sich diese in Deutschland durch starke Reflexivität auszeichnet, dominiert in Ungarn ein vorbildorientiertes Lernen in Ausbildungsschulen, um „den Referendaren Rezepte erprobter und bewährter Verfahren anzubieten.“ Als gemeinsames Problem in der schulpraktischen Ausbildung identifiziert die Verfasserin die Frage nach der systematischen Qualifizierung der Praxisausbilder, da diese meist entweder Dozenten mit wenig eigener Schulerfahrung oder aber Ausbildungslehrer ohne wissenschaftliche Qualifikation sind. Der zweite Teil des Sammelbandes thematisiert den Wandel des Lehrerbildes. Einleitend versuchen Hermann Giesecke und Zoltan Poór in zwei Beiträgen das Bild eines guten bzw. schlechten Lehrers aus deutscher und ungarischer Perspektive zu skizzieren. Trotz zweifelsfrei divergierender Auffassungen der Lehrerrolle von Lehrer zu Lehrer, Schule zu Schule und nicht zuletzt von Schulform zu Schulform in beiden Ländern lassen sich aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive folgende gemeinsame Attribute für das ex negativo unterstellte Normalbild des Lehrers ausmachen: dominant, stoffzentriert und unflexibel. Kontrastierend werden in vier Beiträgen exemplarisch das Lehrerbild der Laborschule Bielefeld sowie das Lehrerbild des ungarischen ÉKP-Programms („Pädagogik der Wertever- mittlung und Fähigkeitsförderung“) vorgestellt und in einem abschließenden Vergleich durch Dietrich Lemke zusammengeführt. Gemeinsam ist beiden Ansätzen die „Umdefinition des wünschenswerten Lehrerverhaltens im Unterricht, die Hinwendung zu induktiven, das heißt lerninitiierenden und lernbegleitenden Unterrichtsmethoden verbunden mit einer unterstützenden Grundeinstellung.“ Während jedoch das Konzept des ÉKP-Programms in der Tradition der US-amerikanischen Großcurricula der 70er Jahre für alle Schulfächer und Schulstufen Inhalte und Lernziele festlegte sowie passende neue Lehrbücher und Unterrichtsmaterialien zum entdeckenden Lernen im Sinne Jerome Bruners konzipierte, ist das Konzept der Laborschule Bielefeld durch eine hohe Affinität zum schülerorientierten Unterricht nach Rogers gekennzeichnet. Lemke sieht hierbei den Vorteil, dass die ÉKP-Lehrer „aus dem Vorrat der bereitgestellten detailliert ausgearbeiteten Lehrpläne schöpfen können, während die Laborschullehrer jedes Mal von Neuem interessante Unterrichtsarrangements ausdenken müssen.“ Zu bemerken ist ferner, dass das Zsolnai-Konzept inzwischen das gesamte ungarische Bildungswesen von der Vorschule bis zur Lehrerbildung umfasst, während das Konzept der Laborschule eine innovative Ausnahmeerscheinung im deutschen Bildungssystem darstellt. Um ein realistischeres Bild der Lehrerschaft in Deutschland zu präsentieren, wäre sicherlich auch ein Blick in die Breite notwendig gewesen. Der dritte Teil des Sammelbandes fokussiert die Praxis der Lehrer(aus)bildung im Kontext des Bologna-Prozesses. Im ersten Beitrag erörtert Andreas Bergheim die Praxisphasen in der Ersten Phase der nordrheinwestfälischen Lehrerbildung. Er konstatiert „eine vielfach nicht an Wissenschaft und Forschung ausgerichtete Orientierung der Praxisstudienkonzepte in der Lehrerbildung.“ Ergänzend hierzu stellen journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 57 57 21.07.2008 12:18:04 Uhr Rezensionen Franz-Josef Bölting und Stephan Thomas das Referendariat als Ausbildungsphase der Berufseinführung ebenfalls am Beispiel Nordrhein-Westfalens vor. Neben strukturellen und inhaltlichen Merkmalen erörtern sie insbesondere die verbesserte Zusammenarbeit an den Schnittstellen Schule und Studienseminar sowie Hochschule und Studienseminar. Exemplarisch sei an dieser Stelle einerseits auf die durch die Kultusministerkonferenz im Jahr 2004 erlassenen phasenübergreifenden Standards für die Lehrerbildung sowie das institutionalisierte Planungs- und Entwicklungsgespräch nach der Hälfte des Referendariats hingewiesen. Kontrastierend vermitteln Lenke Kocsis Fábiánné sowie Márta Lóczi einen allgemeinen Einblick in das ungarische Pädagogik-Studium bzw. in die Gestaltung der Praxisphasen an der Universität Szent István, die einerseits an Übungsschulen und andererseits an hochschulunabhängigen Schulen zu absolvieren sind. Der kompetenzorientierten Zielsetzung des Bologna-Prozesses folgend, werden im Pädagogik-Studium subjekt- und handlungsorientierte Lernformen nicht nur in Vorlesungen theoretisch vorgestellt, sondern zunehmend in die praktische Seminararbeit integriert; verbunden ist damit die Hoffnung, dass das persönliche Erleben der „neuen“ Methodikkultur einen nachhaltigen Einsatz in der eigenen Lehrertätigkeit nach sich zieht. Volker Möhle resümiert vor diesem Hintergrund: „Zwar findet in Ungarn wie in Deutschland eine Ausbildung für verschiedene Unterrichtsfächer statt, aber in Ungarn ist die Erziehungswissenschaft ganz klar organisatorische und inhaltliche Leitdisziplin.“ Abschließend werden im vierten Kapitel des Sammelbandes in sechs Beiträgen Chancen und Perspektiven der Neugestaltung der Lehrer(aus)bildung gemäß der Erklärung von Bologna aufgezeigt. Zunächst stellt Kerstin Wedekämper die wichtigsten Zielsetzungen 58 jlb_03_08.indd 58 des Bologna-Prozesses vor. Nach einer knappen chronologischen Aufarbeitung des Reformprozesses skizziert sie die Umsetzung der Reform in Deutschland bzw. Ungarn und gibt einen Einblick in den Stand der Umsetzung. Für beide Länder konstatiert sie derzeit noch die Parallelität von alten und neuen Studiengängen und -abschlüssen, die bis zum Jahr 2010 aufgehoben sein soll. Hervorzuheben ist, dass in Deutschland schon im Jahr 2000 BA/ MA-Studiengänge systematisch implementiert wurden, wohingegen in Ungarn konsekutive Studiengänge erst im Herbst 2004 etabliert wurden. Im zweiten Beitrag dieses Kapitels veranschaulicht Dagmar Hänsel am Beispiel des „Bielefelder Modells“ den Umgang mit der Erklärung, bevor Dietrich Lemke im dritten Beitrag die zentralen Kritikpunkte der Bologna-Gegner aus deutscher Sicht zusammenfasst. Seine Ausführungen münden in der polemischen Feststellung: „Bologna konnte einmal stolz darauf sein, die erste Universität in Europa gegründet zu haben. Das war im Jahr 1088. Schade, dass der Name Bologna nun auch zum Symbol für das Begräbnis der Europäischen Universität geworden ist.“ Die Auswirkungen des Bologna-Prozesses in Ungarn werden nachfolgend von Endre Barkó sowie Mária Mátyási analysiert, wobei an vielen Hochschulen die Einführung der neuen Studiengänge lediglich durch die Umbenennung der einzelnen Fächer und nicht durch tatsächliche Umkonstruierung gekennzeichnet ist; ein auch in Deutschland vertrautes Phänomen. Zum Schluss diskutiert Cecilia Tusi die beschriebenen Reformen vergleichend. Dabei problematisiert sie vorrangig die beruflichen Perspektiven für BA-Absolventen sowie die Eignungsfeststellungsverfahren für die Aufnahme in den Master-Studiengang in beiden Ländern. Die Publikation endet mit den Grußworten zur Tagung und einem ausführlichen Auto- journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:18:05 Uhr Rezensionen renverzeichnis. Leider verzichtet sie auf ein Sachregister sowie Abstracts in englischer und deutscher Sprache, die den einzelnen Aufsätzen hätten voran gestellt werden können. Zu bemängeln sind zudem einige orthographische Fehler, die vermutlich durch die Übersetzung zahlreicher Aufsätze zu begründen sind. Inhaltlich wäre zusätzlich ein Großkapitel zum Stand der Lehrerbildungsforschung in beiden Ländern wünschenswert gewesen. In der Zusammenschau zeigt sich ein hochinformativer und lesenswerter Sammelband, der hervorragend strukturiert ist und durch den Vergleich exemplarischer Aspekte von Lehrerbild und Lehrerbildung seinem im Vorwort formulierten Anspruch, „die deutsche und ungarische Diskussion um die Lehrer(aus)bildung zu beleben“, vollends gerecht wird. Christian Reintjes, Dr., Ruhr-Universität Bochum, AG Schulforschung & Schulpädagogik. Arbeitsschwerpunkte: Lehrerberuf, Struktur und Reform der Lehrerbildung, Schul- und Unterrichtsentwicklung Kontaktadresse: [email protected] journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 jlb_03_08.indd 59 59 21.07.2008 12:18:05 Uhr PINNWAND Pinnwand 17. bis 19. November 2008 International Conference of Education, Research and Innovation (ICERI 2008) Veranstalter: International Association of Technology, Education and Development (ICERI) Ort: Convention Centre – MELIA CASTILLA MADRID, Spain Weitere Informationen unter: http://www.iated.org/iceri2008/ 19. bis 21. November 2008 International Conference on the efficiency and equity of education Veranstalter: L´AECSE, Le CREAD, L´Université de Rennes 2 et l´IUFM DE BRETAGNE Ort: Université Rennes 2, Campus Villejean, Rennes Weitere Informationen unter: http://ent.bretagne.iufm.fr/efficacite_et_equite_en_education/index.jsp 26. bis 28. November 2008 3rd European Conference on Practice-based and Practitioner Research on Learning and Instruction Thema: Knowledge Creation & Optimal Teaching and Learning Environments: What Works? Veranstalter: European Association for Research on Learning and Instruction (Earli) und University of Bergen Ort: Bergen, Norwegen Weitere Informationen unter: http://www. earli-pbpr.org 60 jlb_03_08.indd 60 21. bis 22. Januar 2009 Studientage PHBern Thema: Lernen und Lehren mit Neuen Medien Veranstalter: Pädagogische Hochschule PHBern Ort: Universität Bern Weitere Informationen unter: http://studientage.phbern.ch Kontaktadresse: [email protected] 25. bis 27. März 2009 Tagung der DGfE Kommissionen „Schulforschung und Didaktik“ und „Professionsforschung und Lehrerbildung“ Thema: Bildungsstandards und Kompetenzmodelle – eine Verbesserung der Qualität von Schule, Unterricht und Lehrerbildung? Veranstalter: DGfE und Pädagogische Hochschule Heidelberg Ort: Pädagogische Hochschule Heidelberg Weitere Informationen unter: http://www. dgfe-sektion5.de/kom2/veranstaltungen.htm Kontaktadresse: [email protected] journal für lehrerinnen- und lehrerbildung 3/2008 21.07.2008 12:18:05 Uhr