Zusammenfassender Kurzbericht 2015 an die
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Zusammenfassender Kurzbericht 2015 an die
Zusammenfassender Bericht zur Durchführung der Prüfung der Entgeltgleichheit mit eg-check.de im Rahmen des Projekts der Antidiskriminierungsstelle „Gleicher Lohn – Prüfung der Entgeltgleichheit mit egcheck.de“ und darüber hinaus Inhalt: 1. Einleitung 2. Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) 3. FernUniversität in Hagen 4. Ruhrverband 5. Sozialstiftung Köpenick 1. Einleitung 2015 setzte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes das Projekt „Gleicher Lohn – Prüfung der Entgeltgleichheit mit eg-check.de“ fort. Die Prüfungen wurden von den Entwicklerinnen des Instrumentariums, Dr. Andrea JochmannDöll und Dr. Karin Tondorf, teilweise mit der Unterstützung von Gisela Ludewig durchgeführt. Im Rahmen des Projekts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und darüber hinaus, wurden insgesamt vier Unternehmen und Institutionen mit einem Zertifikat für die Durchführung der Prüfung der Entgeltgleichheit mit eg-check.de ausgezeichnet. 2. Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) Der Deutsche Gewerkschaftsbund, DGB, ist der weltgrößte Gewerkschaftsbund und vertritt als Dachverband für seine acht Mitgliedsgewerkschaften mehr als sechs Millionen Beschäftigte in Deutschland. Der DGB verfolgt für seine eigenen Beschäftigten das Ziel, bei der Vergütung den Grundsatz der Entgeltgleichheit für Frauen und Männer einzuhalten. Im Jahr 2013 wurde nach Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat ein neues Entgeltsystem eingeführt (Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22.11.2012). Die Regelungen waren zuvor mit Hilfe der Regelungs-Checks aus eg-check.de geprüft worden, um Entgeltgleichheit zu gewährleisten. Im Jahr 2014 verständigten sich Personalleitung und Gesamtbetriebsrat des DGB darauf, das neue Entgeltsystem mit Hilfe externer Beraterinnen daraufhin zu analysieren, ob das von ihnen angestrebte Ziel der Entgeltgleichheit erreicht ist. Es sollten das anforderungsbezogene Grundentgelt sowie die Regelungen zu Zusatzstufen einer Prüfung unterzogen werden. Die Systematik für das anforderungsbezogene Grundentgelt des DGB besteht darin, dass Gegenstand, Kernaufgaben und Anforderungen für 25 unterschiedliche Stellen definiert und den Entgeltgruppen 1 – 7 zugeordnet werden (Entgeltgruppenbeschreibungen). Es handelt sich hierbei um ein Arbeitsbewertungsverfahren, das im Kern dem Paarvergleich aus eg-check.de entspricht, und den Anforderungen an diskriminierungsfreie Arbeitsbewertung weitgehend entspricht. Allerdings werden die Stellen nach der Beschreibung der Anforderungen den Entgeltgruppen summarisch zugeordnet. Deshalb wurde die quantitative analytische Bewertung der Stellen nachgeholt, indem alle 25 Entgeltgruppenbeschreibungen der Gesamtbetriebsvereinbarung Paarvergleichen zur Feststellung der Gleichwertigkeit nach egcheck.de unterzogen wurden. Hierbei wurden einige Widersprüche zum Prinzip der gleichen Vergütung gleichwertiger Arbeit und zu den Anforderungen an diskriminierungsfreie Entgeltstrukturen der ILO aufgezeigt. Die Projektgruppenmitglieder fanden Wege, diese Widersprüche auszuräumen. Das System der Zusatzstufen beim DGB enthält sowohl anforderungsbezogene als auch leistungsbezogene Elemente. Deshalb wurde eigens ein spezieller Regelungs-Check entwickelt, um die Regelungen zu den Zusatzstufen überprüfen zu können. Es stellte sich heraus, dass es mangels eines systematischen Verfahrens zur Vergabe der Zusatzstufen und wegen des Interpretationsspielraums bei einzelnen Merkmalen zu einer Benachteiligung von Frauen kommen kann. Zu der Frage, ob bei der tatsächlichen Vergabe von Zusatzstufen Benachteiligungen erkennbar sind, lag im Workshop eine statistische Auswertung mit Stand Oktober 2014 vor. Aufgrund der teilweise sehr geringen Fallzahlen in den einzelnen Entgeltgruppen ließen sich hieraus jedoch keine eindeutigen Schlussfolgerungen ziehen. 3. FernUniversität Hagen Die FernUniversität in Hagen ist die einzige staatliche Fernuniversität im deutschen Sprachraum und wurde im Jahr 1974 gegründet und war im Wintersemester 2015/2016 mit knapp 77.000 Studierenden die größte Hochschule in Deutschland. 53% der Studierenden waren männlich, 47% weiblich. Im Oktober 2015 waren an der FernUniversität in Hagen 1.834 Mitarbeiter_innen beschäftigt, davon waren 936 bzw. 51% weiblich. Den größten Frauenanteil 2 wiesen die Beschäftigten in Verwaltung und Technik mit 67% aus, bei den Professorinnen und Professoren überwiegen mit 76% die Männer, wissenschaftliche Mitarbeiter_innen waren zu 41% weiblich. Die Bewertung und Eingruppierung der Tätigkeiten bei der FernUniversität in Hagen erfolgt nach dem TV-L. Gegenstand der Prüfung war der Entgeltbestandteil „Anforderungsbezogenes Grundentgelt“ am Beispiel von Tätigkeiten aus der Universitätsbibliothek und dem Zentrum für Medien und IT (ZMI). Für die Prüfung wurde eine Projektgruppe aus acht Mitgliedern gebildet. Ihr gehörten Vertreter_innen des Dezernats Personal/Organisation, die Gleichstellungsbeauftragte, ein Vertreter des Personalrats sowie die Leitungen der Universitätsbibliothek und des ZMI an. Im ersten Analyse-Workshop wurden die Diskriminierungspotentiale der Entgeltordnung des TV-L durch die Sachverständigen präsentiert und mit der Projektgruppe diskutiert. Der Paarvergleich wurde in einigen Punkten an die Tätigkeiten einer Hochschule angepasst. Für die Durchführung von insgesamt zwei Paarvergleichen wurden vier Tätigkeiten ausgewählt. In einem zweiten Analyse-Workshop wurden die beiden Paarvergleiche durchgeführt. Es zeigte sich, dass eine der weiblich dominierten Tätigkeiten aus der Universitätsbibliothek höhere Arbeitswertpunkte erzielte als die männlich dominierte Vergleichstätigkeit, aber zwei Entgeltgruppen niedriger eingruppiert war. Bei den übrigen Tätigkeiten wurden für die Tätigkeiten mit höheren Entgeltgruppen jeweils höhere Arbeitswerte ermittelt. Es konnten mit der Prüfung die Grundsätze einer diskriminierungsfreien Arbeitsbewertung verdeutlicht und in einer ersten Stichprobe angewendet werden. Für weitere Analysen und umfassendere Ergebnisse wären nicht nur weitere Paarvergleiche, sondern ggf. auch weitere Modifikationen beim Paarvergleich erforderlich. Aus der Projektgruppe wurde darauf hingewiesen, dass bestimmte Regelungen der Tarifgemeinschaft der Länder lokale Anpassungen der Eingruppierung verbieten, selbst wenn dies aus Sicht des einzelnen Arbeitgebers, zum Beispiel der FernUniversität in Hagen, für notwendig erachtet würde. Als einzige Maßnahme bietet sich nach Ansicht der Projektgruppe deshalb an, das Thema und die Ergebnisse der Prüfung im Arbeitskreis "Dienstund Tarifrecht" der Universitätskanzler_innen vorzutragen und zu diskutieren. Dies soll mit der Kanzlerin der FernUniversität besprochen werden, die diesen Arbeitskreis leitet. 4. Ruhrverband Der Ruhrverband verfolgt das Ziel, die Vergütung auf die Einhaltung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit für Frauen und Männer zu analysieren. Einer Anregung der Gleichstellungsbeauftragten und ihre Stellvertreterin folgend, sollte das anforderungsbezogene Grundentgelt mit Hilfe des Instrumentariums eg-check.de überprüft werden. Funktionsbedingte Zulagen, die beim Ruhrverband für einige Tätigkeiten dauerhaft gezahlt werden und dadurch einen grundentgeltähnlichen Charakter annehmen, sollten in die Analyse einbezogen werden. Auch wenn dies im Rahmen des Projektes nicht möglich war, wurde festgestellt, dass auch über das Grundentgelt hinaus Anlass gegeben sein könnte, die Entgeltpraxis auf Diskriminierungsfreiheit zu überprüfen, insbesondere mit Blick auf verschiedene Zulagen und Zuschläge, die überwiegend im gewerblich-technischen Bereich gezahlt werden. Zur Prüfung der tariflichen und betrieblichen Bestimmungen wurde der „Regelungs-Check zum anforderungsbezogenen Grundentgelt“ eingesetzt. Die Analysen zeigten, dass die untersuchten Regelungen zum Grundentgelt durchaus Diskriminierungspotential in sich bergen. Insbesondere gewährleistet die jetzige summarische Arbeitsbewertung keine gerechte Berücksichtigung aller wesentlichen Anforderungen an den Arbeitsplätzen im Tarifbereich. 3 Einige Anforderungsmerkmale werden nicht berücksichtigt, obgleich sie charakteristische Merkmale frauendominierter Arbeitsplätze darstellen könnten, wie z.B. psychische oder psychosoziale Anforderungen und Belastungen sowie kommunikative Kompetenzen. Außerdem werden zwar Kriterien benannt, jedoch werden sie in der Summe (pauschal) bewertet, so dass nicht deutlich wird, welches Gewicht den einzelnen Bewertungskriterien zugemessen wird. Um festzustellen, wie sich dieses Diskriminierungspotential in der Praxis der betrieblichen Eingruppierung auswirkt, wurde das Instrument „Paarvergleich zur Feststellung der Gleichwertigkeit von Tätigkeiten“ eingesetzt. Es wurden drei Paarvergleiche für jeweils eine frauendominierte Tätigkeit im Verwaltungs- bzw. Laborbereich und jeweils eine männerdominerte Tätigkeit im handwerklich-technischen Bereich durchgeführt. Es zeigte sich, dass die in den Paarvergleichen jeweils ermittelten Wertigkeitsrelationen der Tätigkeiten im Wesentlichen ihrer aktuellen Eingruppierung (inkl. dauerhafte Zulagen) entsprachen. Die festgestellten geringen Differenzen von ein bis zwei Punkten müssen sich nicht zwingend in einer Zuordnung zu unterschiedlichen Entgeltgruppen niederschlagen. Endgültigen Aufschluss könnte nur eine systematische Zuordnung von allen vorhandenen Entgeltgruppen zu bestimmten Punktwerten bzw. Punktwertbandbreiten geben. Für die untersuchte Stichprobe liegt eine Unterbewertung der weiblich (oder männlich) besetzten Stellen jedenfalls nicht vor. Insgesamt zeigte die Prüfung mit eg-check.de, dass vordergründige einfache Antworten zu kurz greifen, sondern der Komplexität der Entgeltsysteme folgen müssen. Hierbei kann die Anwendung eines Instrumentes wie der Paarvergleich Gleichwertigkeit hilfreich sein, um Einblicke in verschiedene Tätigkeitsbereiche und die in ihnen gestellten Anforderungen zu gewinnen und diese Tätigkeiten ergebnisoffen zu bewerten. Als Konsequenz konnte die Projektgruppe feststellen, dass Information und Sensibilisierung vor allem für die nicht auf den ersten Blick erkennbare mittelbare Diskriminierung wichtig ist, um Entgeltgleichheit im Betrieb überprüfen zu können. 5. Sozialstiftung Köpenick Die Sozialstiftung Köpenick wurde im Jahr 1997 als Stiftung bürgerlichen Rechts durch das Land Berlin errichtet. In dieser Stiftung sind ca. 450 Personen in verschiedenen Einrichtungen der Pflege alter und/oder behinderter Menschen beschäftigt. Der Frauenanteil beträgt 78%. Die Frauen sind vielfach in den Bereichen, Pflege, Betreuung und Hauswirtschaft, d.h. in „typischen“ Frauenberufen tätig. Die Sozialstiftung war daran interessiert, ihr betriebliches System zur Grundentgeltfindung daraufhin zu prüfen, ob es den Anforderungen an die Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern entspricht. Die Bewertung und Eingruppierung der Tätigkeiten bei der Sozialstiftung Köpenick erfolgt seit dem Jahr 2006 auf Basis einer Betriebsvereinbarung, die sich weitgehend an den zuvor geltenden Tarifregelungen des BAT-O und des BMTG-O orientiert. Nach Vorgesprächen und einem Startworkshop im Juli 2015 wurde das anforderungsbezogene Grundentgelt mit Instrumenten des eg-check in zwei eintägigen Workshops analysiert: • Die betriebliche Regelung zur Bewertung und Eingruppierung der Tätigkeiten wurde anhand des Instrumentes Regelungs-Check analysiert. • Es wurden vier Vergleichspaare ausgewählt, die mit dem Instrument „Paarvergleich zur Feststellung der Gleichwertigkeit“ geschlechtsneutral bewertet wurden. Bei der Anpassung dieses Instruments an die betrieblichen Bedingungen wurden seitens der Projektgruppe die psycho-sozialen Anforderungen etwas höher gewichtet als in der branchenneutralen Fassung, da die Anforderungen an Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, Einfühlungs- und Überzeugungsvermögen sowie psycho-soziale Belastungen ein hohes Gewicht in der Sozialstiftung haben. Verglichen wurden folgende Stellen: 4 w m PV Nr. Hauswirtschaftshilfe E1 Aushilfe Garten/Fahrer E2 PV 1 Pflegefachkraft E7 Handwerker E7 PV 2 Leitung Hauswirtschaft E8 Küchenleitung E 10 PV 3 Einrichtungsleitung E 11 Betriebsleitung E 13 PV 4 Hervorzuheben ist, dass die Analysen durch das Vorliegen aussagekräftiger statistischer Daten sowie durch vorhandene Stellenbeschreibungen für alle Beschäftigten erleichtert wurden. Deutlich wurde, dass sich die Bewertung der Tätigkeiten in der Branche an tradierten Tarifregelungen für den öffentlichen Dienst orientiert, die psycho-soziale Anforderungen bislang nicht berücksichtigen. Die abschließenden Überlegungen konzentrierten sich auf die Möglichkeiten einer anforderungsrechten und geschlechtsneutralen (tariflichen) Bewertung von Tätigkeiten im Bereich der Pflege unter gegebenen finanziellen Rahmenbedingungen der Einrichtungen. 5