Piercing - Praxis Dr. med. Jürgen Budde, Dorothee Wegner

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Piercing - Praxis Dr. med. Jürgen Budde, Dorothee Wegner
Piercing. Mehr als nur ein Stich
von Dr. med. Jürgen Budde
Sie sind hip, cool, trendy, sexy. Vor allem Jugendliche und jüngere
Erwachsene bilden ihre Fangemeinde. Die Rede ist von Piercings. Sobald man
eine Gruppe Jugendlicher sieht, findet man auch jemanden mit „Blech im
Gesicht“. Entsprechend ist die Nachfrage nach dem Körperschmuck. Bevor
man allerdings an sich zustechen lässt, sollte man Einiges bedenken.
Manche sollten es lassen: Gemeint sind Menschen mit besonderen Risiken wie
etwa Diabetiker, abwehrgeschwächte Personen, Bluter (auch bedingt durch
Einnahme bestimmter blutverdünnender Medikamente). Finger weg, wenn zuvor
starke oder ungewöhnliche Narbenbildung beobachtet wurde.
Ein Piercing ist für immer: Mann kann den Schmuck zwar herausnehmen, das
Loch bleibt. Dies kann man dann zwar operativ schließen. Es bleibt aber eine Narbe.
Die Wahl der Piercingstelle: Der Körperschmuck wird nicht von allen bewundert.
Manche fühlen sich sogar abgestoßen. Gut sichtbare Piercings können daher z. B.
Probleme am Arbeitsplatz machen. Mancher Arbeitgeber stellt niemanden ein, der
sichtbare Piercings trägt. Zungenpiercings können zu irreparablen Schäden an den
Zähnen führen. Muttermale sollten keinesfalls durchbohrt werden. Ohr- und
Nasenknorpel zeigen sich besonders infektionsanfällig.
Das Material muss stimmen: Piercingschmuck muss nickelfrei sein. Auch der viel
gepriesene (billigere) Chirurgenstahl enthält bis zu 10% Nickel. Allergien sind häufig
und quasi vorprogrammiert. Besser sind Nobium, Titan oder Gold. Kunststoff ist vor
allem für Zungenpiercings ungeeignet, da es nicht bissfest ist. Vor dem ersten
Einsatz sollte der Schmuck steril abgepackt sein und keinesfalls einfach aus der
Auslage genommen werden.
Das Wichtigste ist der Piercer: Hobbypiercer sind gefährlich. Gute Piercer können
auf eine jahrelange Erfahrung verweisen. Vorsicht beim Piercing mit der Pistole.
Unerfahrene, vor allem Juweliere, benutzen diese Methode gern. Sie ist bekannt vom
Ohrlochschießen. Diese Geräte sind hochgradig unhygienisch, da man sie nicht
hinreichend reinigen und vor allem nicht sterilisieren kann. Damit sind wir bei den drei
wesentlichen Grundsätzen beim Piercen: Hygiene! Hygiene! Hygiene! Ein Studio, in
dem die Kaffeetassen herumstehen, das nach Qualm stinkt, in dem man über
Teppichboden geht und in dem vielleicht sogar noch die Hauskatze herumstromert,
sollte man auf kürzestem Weg wieder verlassen. Die Umgebung sollte eher an einen
OP erinnern. Der Piercer sollte erkennbar saubere (d. h. in der Regel weiße)
Kleidung tragen. Er sollte sich und die zu behandelnde Hautstelle ausgiebig
desinfizieren und beim Vorgang selbst chirurgische Einmalhandschuhe tragen.
Was man riskiert, sind vor allem Verletzungen der Haut aber auch von Nerven und
Gefäßen. Im schlimmsten Fall beobachtet man ein begrenztes Taubheitsgefühl bis
hin zur Lähmungen. Daneben sieht die häufigere Wunddesinfektion und
Narbenbildung eher harmlos aus. Bei derartigen Komplikationen sollte man
unverzüglich ärztliche Hilfe suchen.
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Wichtig für danach ist eine gute Pflege und Wundnachsorge. Gute Piercer geben
desinfizierende Lösungen mit, die zur Wundpflege verwendet werden. Für den Mund
können desinfizierende Mundspülungen in der Apotheke erworben werden. Die
Piercingwunden brauchen ca. 2 bis 4 Wochen, um abzuheilen. Die Grundsätze der
Körperhygiene sollten beachtet werden, vor allem: Hände waschen, bevor man die
Wunde berührt und so wenig wie möglich das Piercing manipulieren. Bei
Bauchnabel-, Brustwarzen- und Genitalpiercings sollte enge Kleidung gemieden
werden. Beim Sport sollte das Piercing abgeklebt werden, damit es sich möglichst
wenig bewegt. Beim Zungenpiercing sollte man für die ersten Wochen auf das
Rauchen verzichten. Mundspülungen mit Kamillentee oder desinfizierenden
Lösungen helfen, die anfängliche Entzündungsreaktion und Schwellung zu
reduzieren. Beim Intimpiercing ist für einige Wochen Sex tabu.
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