Internationaler Freiwilligendienst

Transcrição

Internationaler Freiwilligendienst
Erfahrungsberichte zum Internationalen Freiwilligendienst
Ausgabe 7, November 2009
Internationaler
Freiwilligendienst
Erfahrungsberichte 2008-2009
"Heute kann ich sagen, dass ich mich
an keinen Tag erinnere, an dem ich
nicht glücklich zur Arbeit gegangen
wäre"
Jascha Willimek, Seite 19
________________________________________________________
„Dieses Jahr war wie fünf Jahre, und
ich kann jetzt schon sagen, dass
diese Erfahrung mich völlig verändert
hat. Dieses ehrenamtliche Jahr wird
mir immer viel bedeuten, und es war
eine geniale Entscheidung, mich
hieran zu beteiligen“
Mihaela Comsa, Seite 30
________________________________________________________
„_
Inhalt
Vorwort.......................................................................................................... 2
Leades House/Irland .................................................................................... 3
Kristina Kohtz.............................................................................................. 3
Leades House/Irland .................................................................................... 5
Lara Schink ................................................................................................. 5
Liverpool/ Großbritannien ........................................................................... 7
Anne-Katrin Kleinschmidt............................................................................ 7
Cluj-Napoca /Rumänien ............................................................................. 10
Jascha Willimek ........................................................................................ 10
Lille/Frankreich ........................................................................................... 13
Anna Raeck .............................................................................................. 13
Aus Cluj Napoca/Rumänien in Köln.......................................................... 15
Mihalea Comsa ......................................................................................... 15
Aus Cavareno/Italien .................................................................................. 18
Elena Corazza .......................................................................................... 18
Zum Hintergrund ........................................................................................ 20
Unser Dank gilt... ...................................................................................... 20
Unterstützung willkommen!....................................................................... 20
V.i.S.d.P.: Kerstin Kau
Kölner Freiwilligen Agentur e.V.
Telefon 0221 888 278 23
Telefax 0221 888 278 10
www.koeln-freiwillig.de
e-mail: [email protected]
-1-
Vorwort
Die Freiwilligen, die von der Kölner Freiwilligen Agentur im Jahr 2008/2009 in
die Partnerstädte vermittelt wurden, sind mit einem reichen Erfahrungsschatz
im Gepäck zurückgekehrt. Die Internationalen Freiwilligen haben viel zu
erzählen. Über ihre Erfahrung in einer fremden Kultur, die so manche
Überraschung mit sich brachte. Über ihren Einblick in Lebenswelten, die sich
Touristen normalerweise nicht erschließen und auch über ihren Beitrag, den
sie für die Gesellschaft erbracht haben.
Die nachfolgenden Berichte geben Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, die
Möglichkeit, an dem Erfahrungsschatz der Internationalen Freiwilligen teil zu
haben. Sie finden Beiträge von Freiwilligen, die ein ganzes Jahr im Ausland
waren, in Irland, in Rumänien und in Frankreich. Ebenso können Sie die
Erfahrungen lesen, die Freiwillige aus Rumänien und aus Italien während
ihres Internatonalen Freiwilligendienstes hier in Köln gemacht haben.
Wir danken den Freiwilligen, die ihre Berichte auf Papier gebracht haben und
damit Ihnen, den Leserinnen und Lesern zugänglich machen.
Ein herzliches Dankeschön sagen wir auch Sabine Joó für das sorgfältige
Korrekturlesen.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen!
Ulla Eberhard und Kerstin Kau
Kölner Freiwilligen Agentur
P.S. Auf den Geschmack gekommen? Wer jünger als 26 Jahre ist und in
Köln wohnt kann sich bei der Kölner Freiwilligen Agentur für einen
internationalen Freiwilligendienst bewerben. Allen Altersgruppen steht der
Kölner Freiwilligendienst offen. Auf Wunsch bieten wir gerne eine
Infoveranstaltung an Ihrer Schule oder Einrichtung an. Sprechen Sie uns an.
-2-
Leades House/Irland
Kristina Kohtz
Projekt Leades House, Bauernhof
Freiwilligendienst vom 15.September 2008 – 31.Dezember 2008
Ankunft in Irland
Als ich in Cork am Flughafen ankam, war ich sehr überrascht, auf deutsch
begrüßt zu werden. Das gab mir das Gefühl, eine super Zeit vor mir zu
haben, was dann auch der Fall war.
Nachdem ich mich im Leades House eingerichtet hatte, habe ich mir den Hof
angesehen, mit dem Schweinestall, der Pferdekoppel, dem wunderschönen
See, den Hühnerställen - es gab drei Ställe mit insgesamt 250 Hühnern- und
dem verhassten Kartoffelfeld.
Meine Arbeit im Leades House
Am Abend kam Colin (der Projektleiter) und erklärte uns - den anderen
Freiwilligen und mir- die Aufgaben in Leades House, die da waren: Eier
einsammeln, und zwar dreimal am Tag, die Tiere versorgen, Eier und Milch
und andere Dinge zum Verkauf auf dem Wochenmarkt vorbereiten. Das
bedeutete Eier putzen, Milch abkochen und umfüllen und zu Sahne und
Jogurt verarbeiten, Kartoffeln in Säcke füllen und das Gemüse verpacken.
Dienstag und Samstag fuhren wir dann zum Markt, um unsere Produkte zu
verkaufen. Dienstags waren wir in Macroom und samstags in Cork City.
Nach Cork City fuhr ich immer sehr gerne, denn obwohl dasLeades House
zu Cork gehört, war die Umgebung von Leades zwar sehr schön, aber auch
sehr ländlich. Umso froher war ich, in Cork City shoppen gehen und mir die
Stadt ansehen zu können.
Etwa zwei Wochen nach meiner Ankunft fing die Kartoffelernte an. Das
bedeutete, dass wir sechs Stunden in gebückter Haltung die Kartoffeln aus
der Erde in Säcke füllen mussten. Anschließend mussten die Kartoffeln noch
sortiert werden, denn nicht alle Kartoffeln waren gut. Das war auch
anstrengend, aber auch spaßig.
In Vorbereitung auf Weihnachten wurden Schweine geschlachtet. Ich habe
zugeguckt. Das war jedem frei gestellt, man musste nicht zugucken.
Ansonsten haben wir noch Gänse geschlachtet und ihnen anschließend die
Federn ausgerupft.
Freizeit
Am Wochenende, also sonntags, hatten wir frei und konnten die Zeit nutzen,
wie wir wollten. Wir sind zum Beispiel nach Goughen Barrow, nach Dublin
und nach Killarney gefahren. In Killarney haben wir uns Fahrräder
ausgeliehen und sind durch den wunderschönen Nationalpark gefahren.
-3-
Zusammenfassung
Die Zeit in Irland war das Beste, was mir passieren konnte. Ich bin reifer und
selbständiger geworden. Obwohl ich letztendlich nur auf einem Bauernhof
gearbeitet und geholfen habe, war es eine phantastische Zeit.
Auch die Kommunikation mit der Kölner Freiwilligen Agentur war jederzeit
gegeben. Ich würde jedem empfehlen, einen Freiwilligendienst zu machen.
Ob es nun in Irland sein muss, ist ja jedem frei gestellt. Ich persönlich kann
aber das Leades House als „Austragungsort“ nur wärmsten empfehlen.
-4-
Leades House/Irland
Lara Schink
Projekt:
Leades House, Beuernhof
Freiwilligendienst: vom 15.September 2008 – 04.April 2009
Zusammenfassung
Ich betrat am 17.9.2008 irischen Boden in der Erwartung, auf einen irischen
Bauernhof zu arbeiten. Diese Erwartung wurde erfüllt. Meine Arbeit umfasste
ungefähr alles, was jemand auf einen Bauernhof an Arbeit verrichten kann.
Pflanzen, Ernten, Verarbeitung von Eiern und Milch, Treiben von Vieh,
Verkauf eigener Produkte, Aufräumen, sauber machen, Gartenpflege,
Waldpflege, Instandhaltung des Farmladens und einige Werbeaktionen
gehörten dazu.
Charakteristika von Leades House
Keine Massenproduktion, keine Ställe, die mehr an Todeszellen als an
Lebensräume erinnern, keine Spur von industriellem Farmbetrieb. Gut, wer
ohne jegliche Ahnung von einem Bauernhof dorthin fährt, würde sicher beim
Anblick der Schweinebehausungen und Legehennen erst mal schlucken,
aber auch diese Tiere haben ihren Freiraum, und jeder, der auch nur auf
einer kleinen, tendenziell industriellen Farm war, weiß, wie gut die Tiere es
im Leades House vergleichsweise haben: Die Schafe haben riesige Weiden,
ebenso die Rinder (zumindest im Sommer), die Hühner, die Gänse, die
Enten, die Ponys, etliche weitere Federviecher und natürlich die Farmhunde.
Bis auf die Schafe, Legehennen, Schweine und Rinder werden viele Tiere
nur aus Freude an ihnen gehalten und vor tödlich endenden Eingriffen der
Menschen verschont. Für die meisten Gänse gilt das allerdings nur bis
Weihnachten.
Mental sollte sich der Freiwillige demnach schon mal auf das Töten von
unschuldigen Tieren vorbereiten, zumindest darauf, dabei zuzusehen, denn
gezwungen wird natürlich niemand. Für mich war es eine interessante und
wichtige Erfahrung. Größere Tiere werden diskret zum Schlachter gebracht.
Hähne, Hühner, Gänse und Ferkel werden vor Ort getötet, gerupft,
ausgenommen oder anderweitig für den Kunden hergerichtet. Besonders bei
den Ferkeln, denen nicht einfach und diskret das Genick gebrochen werden
kann, verlangt das einiges an Nerven- und Konfrontationsbereitschaft mit
Blut, Schmerz, Leid, zerrissenen Familien und den eigenen
Essgewohnheiten.
Umgang mit den Menschen im Leades House
Die größte mentale Herausforderung aber war für mich der Kontakt mit den
Eingeborenen. Ich bin eher der schüchterne Typ, was schon mein erster
Fehler war. Es wird sehr viel eigenes Engagement gefordert, weil der
Arbeitgeber nicht gerade oft vorbeischaut. Das war für mich recht schwierig:
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Ich kannte mich mit Farmarbeit nicht aus und hatte auch sonst
Schwierigkeiten, selbständig wahrzunehmen, was getan werden musste und
was weniger dringlich war. Auch wusste ich nicht, was von mir erwartet
wurde. Während Colin, mein Arbeitgeber, sich gewöhnlich sehr entspannt
und locker gab, saß Francy einem im Nacken, entweder kommentierte er die
Untätigkeit der Freiwilligen, besonders um seinen Fleiß hervorzuheben, oder
er versüßte die von Colin geforderten Tätigkeiten mit „You ´re slaves ,
hahaha.“ Vor Francy sollten generell zart Besaitete gewarnt sein. Ohne ihn
würde im Leades House gar nichts laufen. (Und das macht er gerne jedem
klar, der es nicht wissen möchte.) Oft ist er es, der den Freiwilligen
Anweisungen gibt. Über seinen gewohnheitsbedürftigen oder aber
unerträglichen oder sehr interessanten Charakter werde ich kein weiteres
Wort verlieren. Um ihn ranken sich Mythen. Etwas muss ja auch noch
überraschend und neu sein, wenn ihr dorthin kommt.
Ganz allgemein sollte der potentielle Freiwillige aufgeschlossen,
kontaktfreudig und zu einem lockeren Gespräch allzeit bereit sein, viel
reisen, sich nicht vor allzu vielen Dingen ekeln oder sträuben, mit eigenen
Ideen die Umgebung bereichern sowie ruppiges Verhalten und schlechtes
Benehmen mit Höflichkeit und Charme erwidern können.
Die Landschaft
Das Thema Urlaubs- und freie Tage wird sehr großzügig behandelt. Colin
sagt im Grunde niemals „nein!“, wenn man ihn um einen freien Tag bittet,
oder zwei, oder drei, oder...Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Tiere
trotzdem versorgt werden, im Zweifelsfalle von ihm oder einem der
polnischen Hilfsarbeiter.
Auf besondere touristische Attraktionen, wie einen zweiten Kölner Dom,
sollte sich in Irland niemand einstellen. Was Irland bietet, ist Idylle, schroffe
Küsten, grüne Wiesen, hohe Wellen, allerhand andere Naturphänomene und
einige bescheidene Kulturphänomene wie Steine, die einfach so da stehen,
oder sogar aufeinander! Na gut, es gibt auch bedeutungsvolle
Bienenkorbhütten und.....anderes. Aber man sollte in dieser Hinsicht nicht zu
viel erwarten. Zu sehen und zu bestaunen gibt es trotzdem mehr als genug.
Und an den Küsten und Klippen konnte ich mich sowieso kaum satt sehen.
Schlussfolgerung
Alles in allem wird der Freiwilligendienst im Leades House euer Leben mit
Sicherheit auf die eine oder andere Weise prägen. Mir hat er viel über mich
und die Iren beigebracht und meinen Berufswunsch von Grund auf erneuert:
Ich studiere Gartenbau. Auch hat er mir eine andere, unbürokratischere
Handlungsweise eingeimpft, die ich hier vermisse.
Ich wünschen denen, die meinem Weg noch folgen, viel Glück und
interessante Erfahrungen. Seid lieb zu Willow, auch wenn sie manchmal
mehr Katze als Hund ist.
-6-
Liverpool/ Großbritannien
Anne-Katrin Kleinschmidt
Projekt: L`Arche Liverpool (Arbeit mit behinderten Menschen)
Freiwilligendienst von 15.September 2008 bis 31.März 2009
Erste Eindrücke
Am 16. September dieses Jahres, dem Tag an dem ich in Liverpool ankam,
hatte ich noch ganz gemischte Gefühle, was dieses Jahr wohl mit sich bringen
und wie es mir hier ergehen würde. Eigentlich ging es mir nicht gut. Ich hatte
einen Tag vorher erfahren, dass es für die Mitarbeiter der Arche nicht möglich
seien würde, mich vom Manchester Bahnhof abzuholen. Also musste ich den
Transfer mit dem Zug nach Liverpool selbst organisieren. Es regnete, und
mein Koffer war nicht gerade leicht... Wenigstens musste ich die letzte
Strecke meines Weges nicht allein zurücklegen. Angekommen am Liverpooler
Hauptbahnhof dauerte es noch einige Zeit, bis mich die Mitarbeiterin, Sarah
Cunningham, endlich fand, um dann zusammen in das Hauptgebäude und
Büro der Arche zu fahren. Nachdem es dort ein paar Formalitäten zu regeln
gab, wurde ich schließlich in meine vorläufige Unterkunft, dem Gästehaus
„Tabor“ untergebracht.
Die ersten Tage waren, zugegebenermaßen, nicht so aufregend und eher
langweilig. Zwar besuchte ich jeden Tag das Haus „Spring“, wo ich jetzt nun
wohne und arbeite, aber ansonsten gab es nicht viel zu tun. Hauptsächlich lag
das daran, dass ich noch auf meinen „POVA check“ warten musste, das ist
eine Art polizeiliches Führungszeugnis, in dem alle meine persönlichen
Angeben überprüft werden und notwendig für die Arbeit in der Arche ist.
In Tabor verbrachte ich zwei Wochen. Dabei lernte ich dort auch andere
Gäste der Arche kennen, beispielsweise eine kleine Gruppe aus der L ´Arche
Community Washington D.C..
Natürlich fahre ich öfters ins Zentrum der Stadt, welches etwa 10 Min. mit
dem Bus entfernt ist. Dort fand ich zuerst heraus, dass man wunderbar
shoppen gehen kann :-). Es gibt aber auch zahlreiche kulturelle Angebote,
nicht zuletzt natürlich mit dem Thema Beatles (Museum, Shops,
Gedenkstätten etc. ...). Da ich voraussichtlich noch einige Zeit hier in
Liverpool verbringen werde, wird es noch genügend Gelegenheiten geben,
alles noch genauer kennenzulernen. In meiner Freizeit besuchte ich bisher
schon zweimal das „Irish Centre“ der Stadt, wo oftmals Konzerte stattfinden.
Jedenfalls wurde ich mehr und mehr in das Leben und die Arbeit im Haus und
in der Community eingebunden. Zuerst schaute ich den anderen Assistenten
bei der Arbeit und dem Umgang mit dem core Members (behinderten
Menschen) nur zu. Später war das dann mein Job, selber zu tun.
Die L´Arche Community Liverpool besteht aus insg. 6 Häusern, die im
Stadtteil Fairfield/Kensington ein paar Straßen voneinander entfernt sind. Das
Hauptgebäude „the Ark“ beinhaltet dabei die Workshops, die die Behinderten
montags bis freitags besuchen. Es werden zum Beispiel Kerzen hergestellt
und Grußkarten gebastelt oder auch Teppiche gewebt. Es gibt aber auch
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Räume der Erholung, der Therapie oder des Spiels für die stärker behinderten
Menschen.
Letzte Woche habe ich mein Zimmer bezogen, was groß und hell und
geräumig ist. Mir geht es im Großen und Ganzen sehr gut hier und ich fühle
mich wohl hier im „Spring“. Wenn ich mir so die anderen Häuser ansehe, bin
ich wirklich froh, in eben dieses gekommen zu sein, da es vergleichsweise
ruhig ist (man kann nachts schlafen!). Hier leben 3 core members und dann
wir 3 live-in-Assistenten (eine ältere Frau aus Schweden, ein Deutscher, der
so alt ist wie ich und ich eben). Es gibt noch weitere Assistenten und den
Hausleiter, die nicht im Hause wohnen und nur tagsüber zum Helfen kommen.
Die Schar der einjährigen Assistenten ist bunt und sehr international. Es
macht Spaß, zusammen etwas zu unternehmen, wie beispielsweise unsere
Besuche im „Wetherspoon“, einem nahe gelegenen Pub.
Gewöhnlich einmal in der Woche gibt es ein Training für die Assistenten mit
unterschiedlichen Themen, die alle für die Arbeit mit Behinderten wichtig und
notwendig
sind
(Gesundheit,
Pflege,
Sicherheit,
Medikamente,
Kommunikation, Spiritualität etc...).
Für die Teilnahme an diesen Veranstaltungen bekommen wir Zertifikate.
Mein Tag sieht so aus. Morgens beginne ich das Bad vorzubereiten und beim
Waschen zu helfen (man wechselt sich bei 2 Personen ab). Anschliessend
bringe ich sie zum Workshop. Um die Mittagszeit hat man dann meistens
etwas freie Zeit, wenn man nicht putzen oder Wäsche waschen muss.
Nachmittags kommen die core members zurück bzw. werden vom Workshop
abgeholt.
Abends wird gewöhnlich im Haus gekocht, auch hier in abwechselnder
Reihenfolge, wobei für das Essen sowie für den Einkauf in erster Linie die
Assistenten zuständig sind. Da immer ein anderer kocht, ist das Essen sehr
abwechslungsreich und nicht unbedingt ungesund. Es ist nur etwas
ungewohnt für mich, abends warm zu essen... nur, was das Essen am Rest
des Tages anbelangt, ist es mangelhaft. Es gibt nur Toast als Brot und selbst,
wenn der Kühlschrank leer ist und nichts mehr da ist: Toast gibt’s immer: man
könnte sich damit tot essen... mittags gibt es meistens nur etwas aus dem
Gefrierfach, wie beispielsweise Pasteten mit Fleisch...
Nach dem Abendessen ist „privat time“. Es wird etwas vorgelesen, Musik
gehört und Gebete gesprochen. Danach wird ferngesehen. Und so endet der
Tag. An den Wochenenden ist es ein bisschen anders: Samstag ist „AusflugTag“, man fährt irgend wohin, beispielsweise ans Meer nach Southport. Das
ist eine halbe Autostunde von hier entfernt, verbringt dort ein paar Stunden,
isst zu Mittag oder trinkt Kaffe und nachmittags ist man zurück. Sonntags
gehen die meisten core members zur Kirche. Wenn man am Morgen für einen
verantwortlich ist, begleitet man ihn zur jeweiligen Kirche. Sonntags gibt es
außerdem traditionellen „sunday roast“. Bisher hatte ich zweimal die Ehre,
sonntags zu kochen...... einen Braten habe ich nicht gemacht, aber dafür z.B.
Curry-Hähnchen oder Champion-Rahmschnitzel. Glücklicherweise koche ich
gerne und kann es auch ☺.
Die Frage, ob ich hier vielleicht einen Chor finden werde, hat sich noch nicht
ganz geklärt. Als ich das letzte Mal die katholische Sonntagsmesse besuchte,
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habe ich mit dem Priester gesprochen. Der sagte, es gebe keinen Chor, es
würden nur Stimmen gesucht, die den sonntäglichen Gemeindegesang
unterstützen...Die Suche habe ich aber noch nicht aufgegeben. Dieser Tage
werde ich voraussichtlich mal die deutsche Gemeinde in Liverpool besuchen.
Ansonsten vermisse ich in meiner Freizeitgestaltung den Sport, da man eben
doch die meiste Zeit im Haus verbringt. Es gibt zwar ein Fahrrad im Haus,
welches aber zur Zeit nicht funktionsfähig ist. Als Alternative gehe ich im Park
joggen; solche große „grünen Inseln“ fehlen in Köln.
Die Verbindung zur Heimat ist übrigens das Internet; abends schaue ich die
Tageschau und zwischendurch höre ich EinsLive☺. Da gibt es zwar die ein
oder anderen Dinge (und natürlich Menschen!), die ich vermisse, doch ich bin
ja auch hier um Abstand zu gewinnen und um etwas Neues kennenzulernen
und das versuche ich ständig zu tun. Ich vermute mal, dass ich noch längere
Zeit über das Thema nachdenken werde, wenn ich mich erstmal richtig
eingelebt habe.
Bis dahin vergeht noch etwas Zeit; bis zum nächsten Bericht...
-9-
Cluj-Napoca /Rumänien
Jascha Willimek
Projekt: Asociata Familia Regasita (Arbeit mit Kindern aus sozial schwachen
Familien)
Freiwilligendienst von 15.September 2008 - 14.September 2008
Vor etwa einundeinhalb Jahren stand ich kurz vor meinem Abitur. Ich hatte
mich gegen die Bundeswehr entschieden und auch der Gedanke an den
Zivildienst machte mir keine Freude. Deshalb war ich sehr glücklich, als ich
ausgemustert wurde. Ein Studium direkt nach der Schule erschien mir wenig
reizvoll, und mir war klar, dass ich auf keinen Fall ein Jahr lang nichts tun
wollte; dies erschien mir als die unbefriedigendste Option. Eine Alternative
musste also her! Als ich von der Möglichkeit eines Freiwilligendienstes
erfuhr, habe ich sofort angefangen, mich zu informieren. Meine erste
Kontaktadresse war die Kölner Freiwilligen Agentur. Klar war, ich wollte mit
Kindern zusammenarbeiten und ein Land kennen lernen, von dem ich
möglichst wenig wusste. In die engere Wahl kamen für mich Istanbul und
Cluj Napoca (dt. Klausenburg), wobei ich mich schließlich für letzteres
entschied.
Jetzt sitze ich in meinem Zimmer in Hamburg, habe letzte Woche
angefangen zu studieren und trage meine Erfahrungen jeden Tag wie einen
Schatz mit mir und muss immer noch lächeln, wenn ich zurückdenke an das,
was war, und wie sehr ich heute davon profitiere.
Erste Eindrücke in Cluj
Bei meiner Ankunft war alles neu: die Sprache, das Land, die Leute. Nur den
anderen Freiwilligen, Jacob, kannte ich seit unserem Einführungsseminar.
Vom Flughafen wurde ich von Doinita, meiner Kollegin im Projekt, abgeholt
und zu meiner Wohnung gebracht. Diese war winzig klein. Im Badezimmer
hing die Dusche irgendwo über der Toilette, und ich konnte keinen
abgegrenzten Duschbereich sehen. Meine deutsche Seele war erschüttert!
Wie gesagt, ich kannte das Land vorher nicht. Obwohl die Stadt über
dreihunderttausend Einwohner und wirklich enorm viel an Kneipen und
Diskotheken für jeden Geschmack zu bieten hat, wundert man sich doch
immer wieder über viele Dinge: Wenn bspw. eine Strasse gebaut wird und
die Bauarbeiter schlafen, mit dem Handy spielen, diskutieren und nur einer
ein wenig mit der Schaufel am Boden kratzt. Drei Wochen später ist die
Arbeit dann erledigt. Und nach drei Wochen und einem Tag ist die Strasse
wieder kaputt. Über solche Dinge lernt man schnell zu lächeln und kann sich
dabei auch ein großes Stück Gelassenheit abschneiden.
Meine Arbeit
Meine Aufgabe bestand in der Nachmittagsbetreuung von etwa 15 Kindern,
zusammen mit Jacob und Doinita in dem Zentrum AFR, das in einem sozial
schwachen Viertel von Cluj liegt. In dem Zentrum fanden noch andere
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Tätigkeiten statt, wie Versorgung mit Kleidung, Medikamenten usw. für die
Menschen des Viertels, und es gab auch noch weitere Mitarbeiter.
Am Anfang habe ich nur Englisch gesprochen und mich deshalb auf
Kickerspielen spezialisiert und nicht gleich mit der Hausaufgabenbetreuung
angefangen. Trotzdem habe ich schon große Pläne geschmiedet, wollte den
Kindern Deutsch beibringen, etwas über Politik und Geographie erzählen und
die Wichtigkeit von Körperpflege, gesunder Ernährung und sportlicher
Ertüchtigung nahe legen. Eine der großen Vorteile war, dass mir sehr viel
Freiheit gegeben wurde, und ich meistens selber herausfinden konnte, wo
die Grenzen lagen. Immer wieder habe ich mir die Haare gerauft, wenn
manche Dinge, die mir selbstverständlich erschienen, wieder und wieder
erklärt werden mussten, um dann am Ende doch ignoriert zu werden. Schnell
habe ich erkannt, dass ich meine Maßstäbe erst einmal vergessen musste,
um ein wenig die Lebenswirklichkeit der Kinder zu verstehen.
Die Kinder (Alter: 6 bis 13 Jahre) wohnen alle in der Nähe des Zentrums und
kommen i.d.R. nach der Schule, um dort ihre Hausaufgaben zu machen, zu
essen und natürlich zu spielen. Fast alle haben mindestens einen RomaElternteil und die Armut gemeinsam, wobei einige einfach wenig Geld haben,
und es bei anderen nicht einmal fürs Essen reicht. Oft waren wir bei den
Kindern zu Hause, teilweise in Hütten von der Größe eines kleinen Zimmers,
in denen drei Familiengenerationen zusammen hausen. Der Fernseher läuft
den ganzen Tag, das Wasser dafür oft nicht. Schlechte Bildung der Eltern
und Gewalt kommen meist noch hinzu. Nach den ersten Hausbesuchen
(meist um mit den Eltern über die Kinder zu sprechen oder Ausflüge
anzukündigen) habe ich mich nicht mehr gewundert, wie lange es dauert,
simple Regeln zu vermitteln, sondern mich jedes Mal gefreut, was für
fantastische Kinder wir trotz dieser Umstände in unserem Zentrum haben.
Mir ist klar geworden, dass die Stunden, in denen die Kinder einen Platz mit
den Möglichkeiten zum spielen, Regeln zu lernen und besonders Wärme zu
empfangen -anstelle ihres tristen Alltags zu Hause- für sich eine sehr gute
Sache sind.
Natürlich haben wir es gemeinsam auch geschafft, Wissen zu vermitteln.
Doch in erster Linie ging es darum, einen anderen Lebensentwurf zu zeigen.
Wenn Doinita wieder einen Sponsor aufgetrieben hatte, sind wir Pizza essen
gegangen, haben einen Ausflug gemacht oder Materialien für die Schule
besorgt. Nach einem solchen Ausflug bin ich abends ins Bett gefallen, weil
solche Tage oft viel Kraft kosteten. Jeder Tag hatte mal größere, mal kleinere
Herausforderungen zu bieten. Das galt für die Arbeit, die Sprache (die man
wirklich schnell lernen kann) und das teilweise neue Alltagsleben. Immer
konnte ich dabei aber auf die Unterstützung meiner Kollegen zählen.
Schlussbemerkungen
Heute kann ich sagen, dass ich mich an keinen Tag erinnere, an dem ich
nicht glücklich zur Arbeit gegangen wäre. Und wenn man eine gesunde
Portion Offenheit mitbringt, ist es auch nicht schwer, im Privatleben
Bekanntschaften zu machen, da es einige deutsche Freiwillige in Cluj gibt,
und man in der Studentenstadt Klausenburg viele Möglichkeiten hat, andere
Menschen kennen zu lernen und Freundschaften zu schließen.
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Mit viel Dankbarkeit erinnere ich mich an meine Zeit in Cluj und freue mich
noch immer sehr über die Entscheidung, die ich damals getroffen habe.
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Lille/Frankreich
Anna Raeck
Projekt: Unis Cité Nord pas de Calais (Freiwilligendprojekte in Lille)
Freiwilligendienst von 01.Januar 2009 – 30.Juni 2009
Nach meinem Abitur 2008 wusste ich nicht so genau, was ich danach
machen sollte. Ich hatte viele Ideen, konnte mich aber nicht entscheiden. Mir
war klar, dass ich meine Fremdsprachen, Englisch und Französisch,
verbessern wollte. Außerdem wollte ich meine Erfahrungen im sozialen
Bereich vertiefen, weil das meinen Berufsplänen entgegenkam. So nahmen
meine Pläne bald Gestalt an: Ich wollte ein Jahr in Frankreich leben. Da die
Kölner Freiwilligen Agentur in Frankreich nur ein Projekt anbot, hatte ich nicht
die Qual der Wahl und setzte das Projekt der Unis-Cité in Lille ganz oben auf
meine Wunschliste. Die Bewerbung ging reibungslos über die Bühne. Da ich
bis zur Abreise noch einige Monate warten musste, wuchs mein Drang nach
Unabhängigkeit stetig, und ich hatte das Gefühl, dass mir zu Hause die
Decke auf den Kopf fiel. Als es am 3. Januar endlich losging, war dies mit
einem sehr befreienden Gefühl verbunden, und ich war vollkommen positiv
gestimmt. Meine Ankunft und die ersten Tage in meiner neuen Stadt konnten
meinen Optimismus auch nicht trüben, weil ich freundlich empfangen wurde
und nur sehr nette Leute kennen lernte. U.A. waren es die anderen
europäischen Freiwilligen: zwei Engländer, eine Finnin und ein Deutscher,
die auch bei Unis-Cité arbeiteten. Es war einfach total super, endlich
selbständig zu leben!
Die Arbeit mit Unis - Cité
Unis-Cité ist eine nationale Organisation, die Franzosen und Französinnen
im Alter von 18 bis 25 Jahren anbietet, einen Service Civil Volontaire
(Freiwilligendienst) zwischen sechs und zwölf Monaten zu leisten. Die
Freiwilligen, die sich melden, werden in Teams mit, in der Regel, jeweils
einem europäischen Freiwilligen aufgeteilt und in umliegende soziale
Einrichtungen entsendet, um die dortigen Angestellten in ihrer Arbeit zu
unterstützen oder auch selbständig Arbeiten zu übernehmen. Während sie in
drei bis fünf verschiedenen sozialen Projekten arbeiten, bekommen sie eine
kleine finanzielle Unterstützung, um ihre Lebenshaltungskosten zu decken.
Die ersten Wochen bei Unis-Cité waren sehr entspannt. Es ging erst mal
darum, sich kennen zu lernen, um später in einem Team mit sieben
Franzosen und Französinnen zusammen zu arbeiten. Das war eine lustige
Zeit, weil die Leute alle sehr nett waren und es viel Spaß machte, die Zeit mit
ihnen zu verbringen. Als später die Teams gebildet wurden, war ich sehr
froh, weil gerade die Leute, mit denen ich mich am besten verstand, in mein
Team kamen. Die wirkliche Arbeit begann im Februar. Unser Team war für
die folgenden drei Projekte zuständig: Freizeitunterhaltung im Altersheim und
im Bürgerzentrum sowie ein freies Projekt zum Thema „Sport und sozialer
Zusammenhalt“. Hierbei mussten wir uns selbständig eine sinnvolle Aktion zu
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dem genannten Thema ausdenken, sie planen und schließlich auch
durchführen.
Mein Leben in Lille
Bald teilte sich mein Leben in zwei Bereiche: Arbeit und Privatleben, wobei
letzteres Priorität gewann. Die Arbeit in den unterschiedlichen Projekten
wurde leider etwas frustrierend, weil die Aufgaben teilweise unklar und
schlecht organisiert waren, und die Motivation in unserem Team
dementsprechend sank. Dagegen war mein Privatleben nach wie vor
spannend, da ich immer neue Leute kennen lernte, und mir die
Unabhängigkeit von zu Hause und das Leben im Ausland einfach gut taten.
Die meiste Zeit verbrachte ich mit meinem Freund, der auch Volontär in
meinem Team war. Außerdem kamen meine Freunde, die es von Köln nicht
weit hatten, alle der Reihe nach zu Besuch.
Im letzten Monat wurde die Arbeit wieder etwas spannender, weil sich jeder
Freiwillige eigenständig für ein zweiwöchiges Projekt bewerben konnte. Da
man sich die Organisation nach seinem persönlichen Interesse aussuchen
konnte, bewarb ich mich bei ADaV (Association Droit au Vélo). Dieser Verein
kümmert sich in Lille um das Thema „Fahrrad“ . Zum Beispiel organisiert er
Fahrradreparatur -Workshops oder kümmert sich um die Ausbesserung von
Fahrradwegen. Meine Aufgabe war es schließlich mit dem, für die zwei
Wochen gesponserten, guten (!) Fahrrad in die umliegenden Kleinstädte zu
fahren und dort die Breite der Einbahnstrassen aus zu messen, damit
gegebenenfalls der Fahrradweg in die Gegenrichtung angelegt werde
konnte. In dieser Zeit war ich also viel unterwegs und konnte so die Gegend
auf eine etwas andere Art erkunden, was sehr viel Spaß machte.
Anfang Juli war dann alles (viel zu schnell) schon wieder vorbei, aber doch
nicht vollkommen, weil ich mit meinem Freund und einigen anderen Leuten
aus Lille immer noch in Kontakt bin und regelmäßig dorthin fahre. Dennoch
freute ich mich auf Zuhause, vor allem auf meine Familie und Freunde, die
ich in den sechs Monaten nur an einem Wochenende besucht hatte; aber
auch auf die kommende Zeit mit Studium, Umzug & Co.
Resümee
Zurückblickend kann ich sagen, dass die Zeit in Lille durchweg bereichernd
war – nicht nur was meine französische Sprachkenntnisse betrifft, denn ich
merke auch, dass ich mich in der Welt wohler fühle als vorher. Ich schätze,
das liegt daran, dass ich gelernt habe, sie und mich ein Stück besser zu
verstehen. Diese Entwicklung geht weiter und lässt sich jetzt nicht mehr
aufhalten.
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Aus Cluj Napoca/Rumänien in Köln
Mihalea Comsa
Projekt: Don Bosco Club (Kinder- und Jugendzentrum)
Freiwilligendienst vom 15. September 2008 – 14. September 2009
Wenn ich an meine Ankunft in Deutschland zurückdenke, fällt mir als erstes
die herzliche Umarmung ein, mit der ich am Flughafen von Frau Sabine Joó
begrüßt wurde, die Person, mit der ich das nächste Jahr zusammenleben
würde. Ich wusste über die Deutschen, dass sie relativ kühle und distanzierte
Menschen sind, aber diese herzliche Begrüßung war nur der Anfang von
dem, was ich im Laufe des Jahres kennen lernte.
Am Ende meines ehrenamtlichen Jahres schaue ich mit einem Lächeln
zurück und bin sehr glücklich, dass ich die Gelegenheit hatte, mit einigen
wunderbaren Menschen zusammen zu arbeiten. Sie haben mich mit offenen
Armen in ihrem Kreis willkommen geheißen und mich bei meinen verrückten
Projekten, die ich im Don Bosco Club durchführte, unterstützt. Diese neue
Erfahrung verstehe ich als eine lange und verdiente Pause nach einem 16
Jahre langen intensiven Studium in Rumänien. Aus diesem Grund habe ich
versucht, zusammen mit den Kindern im Don Bosco Club Kindheit zu
erleben, den Zeitraum, der im Leben eines Menschen von Spiel und Spaß
beherrscht wird.
Meine Arbeit sollte einerseits ein Ort der Entspannung sein, aber
andererseits auch ein Raum, wo ich mehr und mehr fühlte, dass ich neue,
mutige und kreative Ideen für die körperliche und geistige Entwicklung der
Kinder entwickeln konnte. Dieses Gefühl von Vertrauen hatte mir gefehlt, um
ein Tanzprojekt für die Mädchen im Club durchzuführen. Ich wollte Ihnen
arabischen Tanz, Hip Hop und Fitness, sozusagen „Bewegung für die
Gesundheit des Herzens“, beibringen.
Am Anfang war dieses Jahr in Deutschland für mich aus vielen Gründen eine
Art von Entfremdung: Eine physische Entfremdung, weil ich so weit fort von
Zuhause und meiner Familie war, und dann eine geistige Entfremdung, weil
ich meine Muttersprache nicht verwenden konnte, was mir zu Anfang wirklich
schwer fiel. Später entwickelten sich meine Erfahrungen in Deutschland zu
einer Wiederentdeckung meiner Identität. Ich lernte, meine Grenzen zu
überwinden und die Menschen neben mir besser zu verstehen.
Jetzt möchte ich die wichtigsten Ereignisse und Projekte aus meiner
ehrenamtlichen Tätigkeit im Don Bosco Club (DBC) in Köln- Mülheim
beschreiben.
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Weihnachtsfest
Während dieser Veranstaltung spielte ich zum ersten Mal zusammen mit fünf
anderen Personen, die Kollegen und Freunde im Club waren, in der
Clubband.
Karneval
Im Club waren zum Karneval alle, jung und alt, nach alter Tradition so lustig
wie möglich verkleidet. Für mich war diese Zeit sehr interessant und schwer
mit Worten zu beschreiben.
Der Tanzkurs in der Mitternachtssportschule
Am 15. Februar, einen Monat nachdem ich mit meinem Tanzprojekt im Club
begonnen hatte, schlug man mir vor, Tanzunterricht in einer speziellen
Tanzschule zu nehmen. Die Schule war nicht weit vom DBC entfernt. Mit fünf
Mädchen aus dem Club sollte ich Tanzunterricht in Hip Hop Tanz nehmen
und danach die Mädchen nach Hause bringen, weil dieser Kurs bis 21.30
Uhr dauerte.
Proben mit der Band
Jeden zweiten Sonntag probte ich mit der Clubband. Nach zwei bis drei
Stunden Probe gingen wir Pizza essen oder fuhren in die Stadt. Das habe ich
sehr genossen, weil es mir das Gefühl gab, einer Gruppe anzugehören,
obwohl ich soweit von meiner Familie entfernt war.
Das Medienprojekt „I“C“YOU“
Im März begann im Club in Zusammenarbeit mit dem Film- und Medienarchiv
Kaos ein Fotografieprojekt. Dieses Projekt hatte meine Neugier geweckt, weil
ich in Rumänien Fotografie studiert hatte und wusste, dass ich mit meiner
vierjährigen Erfahrung zu einem solchen Projekt etwas beitragen konnte.
Dies Projekt bestätigte mir, dass es eine richtige Entscheidung war, hierher
zu kommen, um ein Jahr Freiwilligenarbeit zu leisten.
Monatliche Discopartys
Zusammen mit mehreren anderen Kollegen beschlossen wir, von November
2008 bis März 2009 jeden Monat einen Discoabend für Jugendliche zu
organisieren. Ich war hauptsächlich für die Medien (Design für Broschüren
und Flyer) zuständig, und ich musste auch den Partyraum dekorieren.
Internationale Seminare in Buzau (Rumänien) und Birmingham (GB)
Im November wurde ich gefragt, ob ich einen Workshop, der zufällig in
Rumänien stattfand, besuchen wolle. Dieser einwöchige Workshop fand im
März statt. Ein weiterer Workshop folgte, diesmal aber in England. Er dauerte
auch eine Woche. Personen aus sechs Ländern nahmen an verschiedenen
kulturellen Aktivitäten, die sehr informativ waren, teil. Ein Grund, weshalb ich
für diese Seminare ausgesucht wurde, war meine gute Beherrschung der
englischen Sprache und wahrscheinlich mein Verlangen nach Wissen und
meine Neugier für Kinder.
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Das Jugendfestival in Köln-Mülheim
Am 19. Juni fand auf dem Wiener Platz in Mülheim ein Jugendfestival statt,
an dem ich mit den Mädchen, die mit mir die Mitternachtssportschule besucht
hatten (s.o.), teilnahm. Es bedeutete eine Menge Arbeit, einen ganzen Monat
lang und ein ganzes Wochenende. Aber es hat sich gelohnt. Das Ergebnis
war ein komplexer Tanz von acht Minuten Dauer. Die Tanzchoreografie
bestand aus einer Kombination aus Hip Hop, dem Stil der 80-er Jahre und
afrikanischem Tanz. Zusammen mit 12 Mädchen tanzten wir vor großem
Publikum und vergaßen für acht Minuten alles um uns herum.
Das Sommerfest
Nach den Erfahrungen vom Jugendfestival auf dem Wiener Platz beschloss
ich, mit einer Mädchengruppe für das DBC- Sommerfest zu trainieren.
Dieses Fest sollte am Ende der Sommerferien im August stattfinden. Ich
schaffte es, in nur einer Woche vor dem Fest eine Mädchengruppe zu
formieren. In dieser Rekordzeit arbeiteten wir eine interessante Choreografie
aus. Wir waren letztendlich mit 13 Mädchen auf der Bühne, alle trugen das
Club-T-Shirt, und alle waren begeistert, was wir auf die Bühne gestellt hatten.
Es war auch eine anstrengende Arbeit, aber es hat sich gelohnt.
T-Shirt-Party
Am Ende meines Freiwilligenjahres im Don Bosco Club habe ich für die
Mädchen, die mit mir auf dem Sommerfest getanzt hatten, eine Party
organisiert. Wir haben Pizza gebacken und gesungen. Das war mein letztes
Projekt im DBC.
Sommerfest
Nach den Erfahrungen von der Jugend-Festival in Wiener Platz entschied Ich
einer Mädchen Gruppe im Club für das DBC Sommerfest zu trainieren.
Dieses Sommer Abschlussfest wurde im August am Ende der Sommerferien
stattfinden. Ich schaffte es eine Gruppe mit Mädchen zu formieren und nur
eine Woche vor Beginn des Festivals. In diese Rekordzeit haben wir
zusammen eine interessante Choreographie ausgearbeitet. Wir waren
letzendlich mit 13 Mädchen auf der Bühne, alle tragen das Club T-Shirt und
alle waren begeistert über was wir konnten endlich gemeinsam gemacht
hatten. Das war auch eine anstrengende Aufgabe, die stundenlang über
Zeitplan beteiligt, aber es hat sich gelohnt.
Deutschland und der Don Bosco Club wurden für mich ein ZU HAUSE, ein
temporäres Zuhause, herzlich und voller schöner Überraschungen. Alles zu
realisieren war möglich durch die Leute, mit denen ich zusammen gearbeitet
habe und auch wegen meines starken Wunsches, das Leben einerseits mit
den Augen eines Kindes zu sehen und andererseits wieder mit den Augen
eines Erwachsenen zu organisieren. Ich habe mich an vielen Projekten
beteiligt und obwohl ich manchmal muffig war, wusste ich immer, dass ich
auf dem richtigen Weg war, dass ich weiter machen und jedes Projekt zu
einem guten Erfolg bringen würde.
Dieses Jahr war wie fünf Jahre, und ich kann jetzt schon sagen, dass diese
Erfahrung mich völlig verändert hat. Dieses ehrenamtliche Jahr wird mir
immer viel bedeuten, und es war eine geniale Entscheidung, mich hieran zu
beteiligen.
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Aus Cavareno/Italien
Elena Corazza
Projekt: Kinder- und Jugendpädagogische Einrichtungen der Stadt Köln
(Kinderheim)
Freiwilligendienst von 15.Oktober 2008 – 14. September 2009
Gründe für meinen Freiwilligendienst
In Italien habe ich 4 Jahre Sozialarbeit in Verona studiert. Mein Studium war
interessant, aber leider habe ich nicht so viele praktische Erfahrungen im
sozialen Bereich sammeln können. Während meines Studiums habe ich an
einem Austauschprogramm (ERASMUS) in Freiburg in Baden Württemberg
teilgenommen. Ich war von der deutschen Gesellschaft begeistert. Ich wollte
wieder nach Deutschland kommen und dort im sozialen Bereich praktisch
arbeiten, deswegen habe ich mich für einen Freiwilligendienst in Köln
entschieden.
Meine Aufgaben im Kinderheim
Ich machte meinen Freiwilligendienst im Kinderheim Köln. Ich arbeitete in
einer heilpädagogischen Gruppe. Das ist eine Wohngruppe, in der 6 Kinder
zwischen 7 und 11 Jahren leben. Wegen Schwierigkeiten (bspw. Alkohol,
Drogen, psychischen Störungen der Eltern) können diese Kinder nicht mehr
in ihren Familien leben.
Mein Aufgabenbereich umfasste die Betreuung und Begleitung der Kinder
über das von den Erziehern angebotene Maß hinaus. Ich begleitete die
Kinder zum Arzt, zur Sprachtherapie, aber auch zu Ausflügen
(Urlaubsgruppe, Schwimmen). Ich beschäftigte die Kinder der Gruppe mit
Spielen und verschiedenen Aktivitäten (wie Kochen, Fahrradtour, Malen). Ich
half den Kindern bei ihren Hausaufgaben; das beinhaltete Kontrolle und
Erklärung von Aufgaben. Ich ging einkaufen und bereitete manchmal
italienische Mahlzeiten mit den Kindern zu.
„Berufliche“ Erfahrungen
In meinem Freiwilligendienst hatte ich die Möglichkeit, meine
Universitätskenntnisse in der Praxis zu erleben. In meiner Gruppe arbeiteten
4 Erzieherinnen, und ich arbeitete jeden Tag mit einer von ihnen. Sie hatten
einige Jahre im sozialen Bereich gearbeitet, und jede hatte viel Erfahrungen
gesammelt. Von jeder konnte ich etwa lernen. Ich sprach viel mit ihnen, und
sie erklärten mir, wie sie sich die Erziehung dieser Kinder vorstellten. Wir
machten auch jede Woche eine Teambesprechung: Dort wurde über vieles
geredet, und es wurden viele Entscheidungen getroffen. Von diesen netten
und kompetenten Persönlichkeiten habe ich die Bedeutung erzieherischer
Arbeit in einem Kinderheim gelernt. Ich kann nur sagen: Vielen Dank.
Persönliche Erfahrungen
Am Anfang war es nicht so einfach, mit diesen Kindern eine Beziehung
aufzubauen. Für ihr junges Alter haben die Kinder viel gelitten und sie
vertrauen den Erwachsenen nicht mehr. Es war eine große Herausforderung,
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mit diesen Kindern eine Beziehung aufzubauen. Es war schwer und sehr
interessant. Von diesen Kindern habe ich viel gelernt, und ich lerne noch viel.
Ich habe viel über mich selbst entdeckt: meine Stärken, meine Schwächen,
meine Grenzen und meine Fähigkeiten. Es ist eine Erfahrung, die ich nie
vergessen kann. Ich kann nicht gut mit Worten beschreiben, wie wichtig
dieser Freiwilligendienst für mich war. Ich kann nur sagen, dass mein
Freiwilligendienst die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit war. Ich hatte
auch die Möglichkeit, Zeit für mich, und nur für mich zu haben, und ich habe
die große Bedeutung von Freiwilligenarbeit entdeckt.
In dieser Zeit war ich nicht allein: Ich habe mit einem deutschen Jungen und
einem super netten türkischen Mädchen zusammengewohnt, die, wie ich,
einen Freiwilligendienst machten. Außerdem erhielt ich eine wunderschöne
und wertvolle Hilfe von meiner Mentorin. Ich kann nur sagen: Danke!!!!
Alle 4 Wochen konnte ich, während der Bildungsseminare, meine Arbeit
reflektieren, und ich fand immer einen guten Rat.
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Zum Hintergrund
Der Internationale Freiwilligendienst
Der „Freiwilligenaustausch mit Partnerstädten“ richtet sich speziell an junge
Menschen aus Köln und aus den Partnerstädten. Junge KölnerInnen
zwischen 18 und 25 Jahren leben ein halbes oder ganzes Jahr in einer
Kölner Partnerstadt und engagieren sich in einem sozialen, kulturellen oder
ökologischen Projekt. Umgekehrt kommen junge Menschen aus den
Partnerstädten nach Köln und helfen dort mit, wo sie gebraucht werden.
Die Freiwilligen erhalten während ihres Aufenthalts Unterkunft, Verpflegung
und ein monatliches Taschengeld. Sie sind versichert und haben Anspruch
auf „Urlaub“. Zu Reisekosten und Sprachkurs wird ein Zuschuss gewährt.
Vor, während und nach dem Freiwilligendienst wird pädagogische Begleitung
angeboten.
Aus den 23 Kölner Partnerstädten hat die Kölner Freiwilligen Agentur zurzeit
die folgenden ausgewählt: Barcelona, Bethlehem, Cluj Napoca, Cork,
Istanbul, Katowice, Lille, Liverpool, Rotterdam, Tel Aviv und Thessaloniki.
Eine Alternative in Köln: Der Kölner Freiwilligendienst
Der Kölner Freiwilligendienst bietet Menschen jeden Alters die Möglichkeit,
sich intensiv einer sinnvollen Aufgabe in Köln zu widmen. Die Freiwilligen
stellen ihr Fachwissen, ihre Arbeitskraft und ihre Begeisterung einer
gemeinnützigen Kölner Einrichtung für 20 bis 40 Stunden pro Woche zur
Verfügung.
Unser Dank gilt...
.... den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die beim
internationalen Freiwilligendienst mithelfen. Sie unterstützen als Mentorinnen
einzelne ausländische Freiwillige bei deren Orientierung in Köln. Andere
machen den internationalen Freiwilligendienst an vielen Infoständen bekannt.
Der internationale Freiwilligendienst wäre auch nicht möglich ohne die vielen
Unterstützerinnen und Unterstützer, die die finanzielle Basis sichern. Wir
bedanken uns bei der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft
„Erinnerung und Zukunft“, der Europäischen Union, der Stadt Köln und
insbesondere den Spenderinnen und Spendern, die mit kleinen und großen
Beträgen zum Gelingen der Freiwilligendienste beitragen.
Unterstützung willkommen!
Wenn Sie den internationalen Freiwilligendienst unterstützen wollen, hier ist
das Spendenkonto der Kölner Freiwilligen Agentur
bei der Kölner Bank eG
Kontonummer 421 030 049
BLZ 371 600 87
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