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04.12.2015
Zolltag 2015: Alarmierende Zunahme des Schmuggels mit Drogen und Tabak
Unter dem Motto „Illegaler Handel im europäischen Raum: Menschen – Waren – Kapital“ fand am
2. Dezember 2015 in Berlin der vom „Behörden Spiegel“ veranstaltete Zolltag 2015 statt, an dem BDZBundesvorsitzender Dieter Dewes aus Sicht seiner Gewerkschaft zu den aktuellen Problemen bei der
Bekämpfung des illegalen Schmuggels mit Drogen und Tabak Stellung bezog. Weitere Teilnehmer einer
vom früheren Direktor von Europol, Jürgen Storbeck, moderierten Podiumsdiskussion waren Dr. Peter
Keller (Zollkriminalamt), Dr. Martin Koziolek (Oberstaatsanwalt Oldenburg) und Prof. Dr. Arndt Sinn
(Universität Osnabrück).
Einleitend beklagte Dewes eine alarmierende Zunahme des
Schmuggels mit Drogen und Tabak. So gelangten jährlich bis zu
fünf Tonnen Crystal aus Drogenküchen in Tschechien in den illegalen Handel nach Deutschland. Die Stückzahl unversteuerter Zigaretten sei in der Entsorgungsstudie 2013 auf 21,7 Milliarden jährlich
beziffert worden. Damit bleibe der illegale Zigarettenhandel eine der
größten Ursachen für die Verluste bei den Steuereinnahmen und
Umsatzeinbußen bei Herstellern und Händlern. Vor allem über Polen und Tschechien komme die Ware ins Land, die häufig auf Märkten in Grenznähe angeboten werden.
Die Zigarettensicherstellungen durch den Zoll seien in den vergangenen Jahren rückläufig und hätten 2014 bei 126 Millionen Stück
gelegen. Im selben Jahr seien rund 1000 Ermittlungsverfahren einDie Teilnehmer der Podiumsdiskussion: Dieter Dewes, Prof. Dr. Arndt Sinn, Jürgen
geleitet worden. Am häufigsten werde die Marke „Jin Ling“ vor allem
Storbeck, Dr. Peter Keller und Dr. Martin Koziolek, v.l.
im Ruhrgebiet konsumiert, die zum Preis von unter 20 Euro pro
Stange, also 200 Stück, illegal zum Verkauf angeboten werde und Schadstoffe wie Pestizide, Holzfaser und Milben enthalte, berichtete Dewes.
Im Bereich der Transportwege sei eine Verlagerung auf den Seeverkehr zu beobachten. Der überwiegende Teil an
Schmuggelzigaretten werde somit über den Containerverkehr verbracht. Im Rahmen von Zollkontrollen von LkwTransporten sei bei sichergestellten Zigaretten ein erheblicher Rückgang zu verzeichnen. Kleine Transporte im sogenannten „Ameisenverkehr“ verminderten das Entdeckungsrisiko, wobei sich die Täter immer weiter professionalisierten, so Dewes.
Auf die Frage, wie der Zoll aufgestellt sei und was der BDZ wolle, antwortete Dewes, das Anliegen seiner Gewerkschaft
beschränke sich nicht darauf, pauschal eine Personalaufstockung zu fordern. Vielmehr stehe die Aufgabenerledigung im
Vordergrund. Hier mangele es allerdings an Personal- und Sachausstattung insbesondere der Kontrolleinheiten Verkehrswege und im Zollfahndungsdienst. Fakt sei aber, dass Personaldefizite bestünden und die Altersstruktur ungünstig sei. Die
Konsequenz sei, dass die Kontrolldichte nicht in der Weise erhöht werden könne, wie es die Zunahme des Drogen- und
Tabakschmuggels erfordere.
Positiv hob Dewes hervor, dass derzeit Konzepte mit dem Ziel der Verbesserung der Aufgabenerledigung erarbeitet würden, die – wenn auch nicht kurzfristig – bei der Bekämpfung des Zigaretten- und Drogenschmuggels hilfreich sein könnten.
Es gebe Fehlbestände, die korrigiert werden müssten. Das gelte etwa für die Informationsgewinnung und die Analyse in
terrorismusrelevanten Bereichen. So müsse modernste Detektions- und Röntgentechnik beschafft werden. Dazu gehörten
beispielsweise vollmobile Röntgenanlagen, Durchsuchungsmobile und Videoendoskope zur Überprüfung von Hohlräumen.
Auch müsse eine ausreichende Anzahl von Hallen zur Kontrolle bereit gestellt werden.
Im Rahmen des EMCS, also des EDV-gestützten Beförderungs- und Kontrollsystems für verbrauchsteuerpflichtige Waren,
scheiterten Ermittlungserfolge schon daran, dass der Zoll keine ausreichenden Zugriffsdaten habe, wenn Deutschland lediglich als Transitland genutzt werde, kritisierte Dewes. Es besteht keine Möglichkeit eines lesenden Zugriffs, was zwangsläufig zu einer Frustration der Beschäftigten führe.
Er verwies auf dem Bundesinnenministerium seit 2012 vorliegende Schreiben des Bundesfinanzministeriums, in denen
gefordert wird, dass beispielsweise die Sachgebiete F bei den Hauptzollämtern Zugriff auf das Ausländerzentralregister
haben, um Verfahrensabläufe zu beschleunigen. Bis heute habe sich in dieser Frage jedoch nichts getan, was zur Folge
habe, dass unnötig lange Verfahren geführt werden müssen.
Auch bestehe für den Zoll kein direkter Zugriff des Zollfahndungsdienstes auf das Zollabwicklungssystem ATLAS, was zu
unverhältnismäßig hohem Ermittlungsaufwand führe. Dewes plädierte für eine bessere Zusammenarbeit in den Prozessen
Kontrolle, Ermittlung und Ahndung. Notwendig sei auch ein besserer Informationsaustausch mit Bundespolizei und Landespolizeien – angefangen von Schichtplänen über die gemeinsame Nutzung von Technik und Ausstattung. Verbundgruppen haben sich aus Sicht des Zolls bewährt. Abschließend sprach sich Dewes dafür aus, die Möglichkeit eines ganzheitlichen Kontrollansatzes sowohl im Hinblick auf die zollamtliche Überwachung als auch auf die grenzpolizeiliche Aufgaben zu
eröffnen.
BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft Friedrichstr. 169, 10117 Berlin, V.i.S.d.P.: Dieter Dewes, Bundesvorsitzender

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