Wortprotokoll - Abgeordnetenhaus von Berlin

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Wortprotokoll - Abgeordnetenhaus von Berlin
Wortprotokoll BauWohn 16/54
16. Wahlperiode
Plenar- und Ausschussdienst
Wortprotokoll
Ausschuss für Bauen und Wohnen
54. Sitzung
9. Juni 2010
Beginn:
Ende:
Vorsitz:
15.04 Uhr
16.01 Uhr
Dr. Manuel Heide (CDU)
Vor Eintritt in die Tagesordnung
Siehe Beschlussprotokoll.
Punkt 1 der Tagesordnung
Aktuelle Viertelstunde
Siehe Inhaltsprotokoll.
Punkt 2 der Tagesordnung
a) Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Die Linke
Erstes Gesetz zur Änderung des Straßenausbaubeitragsgesetzes
Drs 16/2458
0148
b) Vorlage – zur Beschlussfassung –
Zweites Gesetz zur Änderung des Straßenausbaubeitragsgesetzes
Drs 16/3100
0192
Vertagt.
Punkt 3 der Tagesordnung
a) Antrag der Fraktion der FDP
0122
Gebührenordnung für Schornsteinfegerleistungen überprüfen – Kosten senken
und transparente Gebührenverzeichnisse einführen
Drs 16/2054
Redaktion: W. Burger, Tel. 2325 1463 bzw. quer (99407) 1463
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0139
b) Vorlage – zur Kenntnisnahme –
gemäß Artikel 64 Abs. 3 der Verfassung von Berlin
Zweite Verordnung zur Übertragung von Ermächtigungen zum Erlass von
Rechtsverordnungen auf dem Gebiet des Schornsteinfegerwesens
VO-Nr. 16/163
Drs 16/2314
(auf Antrag der Fraktion der FDP)
c) Vorlage – zur Beschlussfassung –
Gesetz zur Regelung der Gebühren im Schornsteinfegerwesen
Drs 16/3126
0193
Vertagt.
Punkt 4 der Tagesordnung
a) Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs
Änderungen des Vermessungsgesetzes im Rahmen der Umsetzung
der EU-Dienstleistungsrichtlinie
(auf Antrag der Fraktion der FDP)
0168
b) Antrag der Fraktion der FDP
Änderung der Bauvorlagenverordnung – Lageplan durch
Vermessungsstellen nur noch in begründeten Fällen
Drs 16/3173
0194
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Der Tagesordnungspunkt hat zwei Unterpunkte. Ich gehe davon aus, dass
wir diese beiden zusammen beraten, weil es sich um einen Themenkomplex handelt. Hierzu führen wir eine
Anhörung durch. Ich begrüße Herrn Christof Rek und Herrn Manfred Ruth vom BDVI, dem Bund der
Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e.V. – Bei Anhörungen ist es bei uns üblich, ein Wortprotokoll
zu erstellen. Das, was Sie sagen werden, erscheint also dann wörtlich in dem Protokoll und wird so in den
Annalen für die Historie festgehalten. – Die antragstellende Fraktion hat nun das Wort, um ihren Antrag zu
begründen. – Bitte, Herr Weingartner!
Albert Weingartner (FDP): Ich bedanke mich. – Wir waren und sind der Auffassung, dass sich bei einem
Bauantrag die Vermessung zum größten Teil als nicht notwendig darstellt und sich die Baukosten entsprechend reduzieren lassen, wenn die Vorlage eines Lageplans künftig nicht mehr notwendig ist. Wir
denken, dass die Kosten einer Vermessung und die tatsächlichen Architektenkosten oftmals in einem relativ
unverhältnismäßigen Verhältnis zueinander stehen. Wir halten es auch für fraglich, ob es Sache des privaten
Eigentümers sein muss, auf seine Kosten nicht vorhandene Flur- oder Lagepläne erstellen zu lassen. Darüber
hinaus ist es ja am Ende nie unerlässlich, eine zukünftige Baustelle oder eine zukünftige Bebauung auf das
Grundstück einmessen zu lassen. Insofern haben wir uns veranlasst gesehen, diesen Antrag zu stellen – zur
Vereinfachung und zur Reduzierung der Kosten der Bauherren. – Danke!
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Herr Rek! Wir haben die gute Sitte, das Sie jetzt hierzu entsprechend
Stellung nehmen. Wenn ich das richtig gesehen habe, liegt auch eine entsprechende schriftliche Stellungnahme vor. Die haben wir an die Abgeordneten verschickt. Insofern können Sie sich darauf verlassen, dass
jeder Abgeordnete, der davon Kenntnis nehmen wollte, dazu technisch in der Lage gewesen ist. Davon gehe
ich jedenfalls aus. Wenn Sie das vielleicht noch mal kurz zusammenfassen oder ergänzen wollen, wäre ich
Ihnen dankbar. – Sie haben das Wort.
Christof Rek (BDVI – Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.): Herzlichen Dank, Herr
Vorsitzender! – Frau Senatorin Junge-Reyer! Sehr geehrte Mitglieder des Ausschusses! Zunächst darf ich
mich kurz vorstellen: Christof Rek, ich bin Sozietätsmitglied einer größeren Sozietät hier in Berlin – Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur mit knapp 50 Mitarbeitern. Wir haben hier in Berlin 45 ÖBVI –
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Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure –, davon sind 42 ÖBVI im Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure organisiert. Wir haben in Summe ungefähr 500 Mitarbeiter. Das heißt, dass wir an der
Stelle nicht ganz unerheblich an den Tätigkeiten im Baugeschehen hier in Berlin mitwirken dürfen. Die
ÖBVI sind beliehene Unternehmer. Sie sind vergleichbar mit Notaren. Sie beurkunden Tatbestände an Grund
und Boden. Wir sind gleichzeitig aber auch Freiberufler und beratende Ingenieure – sind bei der Baukammer
Pflichtmitglied. – So weit vielleicht dazu.
Jetzt weiß ich nicht, ob ich zuerst zum Tagesordnungspunkt 4 a) Stellung nehmen soll. – Das betreffende
Gesetz ist im November verabschiedet worden. Dadurch kommt die Stellungnahme aus unserer Sicht leider
zu spät. Wir waren anderer Meinung. Wir hatten hier auch schriftliche Stellungnahmen eingereicht. Leider
ist das Gesetz damals geändert worden. Es gibt jetzt wieder neue Ansätze, die Novellierung des Vermessungsgesetzes steht an. Daher denke ich nicht, dass wir hier weitere Ausführungen machen müssen. Ich
habe das sehr ausführlich in den schriftlichen Ansätzen gemacht. Ich weiß nicht, ob ich darauf weiter eingehen soll.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Ich würde sagen, dass wir dann zu Tagesordnungspunkt 4 b) kommen,
und wenn es nachher Fragen der Abgeordneten zu diesem Komplex gibt, sind Sie sozusagen dafür bestimmt,
darauf zu antworten.
Christof Rek (BDVI – Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.): Zu Tagesordnungspunkt 4 b): Ich bin natürlich der Auffassung, dass dieser Antrag abzulehnen ist. Zum einen – das hatte ich
deutlich ausgeführt – beruht er auf Rechtsgrundlagen und Informationen, die falsch sind. Die Rechtsgrundlage, die hier aufgeführt worden ist – die Bauvorlagenverordnung –, ist vor dreieinhalb Jahren abgelöst worden. Jetzt ist die Bauverfahrensverordnung seit dreieinhalb Jahren in Kraft. Dieses verlagert deutlich die
Verantwortlichkeit auf den Bauherrn. Das heißt, auch dem amtlichen Lageplan, von dem wir hier reden,
kommt eine höhere Rechtssicherheit zu.
Ich denke, dass es nicht richtig ist, dass man die Architektenhonorare mit den Honoraren vergleichen kann,
die den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren zustehen. Da ist ein Verhältnis von 4:1 eher angesagt.
Häufig – hier die Baunebenkosten – wird das allgemein verschmiert. Wenn man natürlich ein kleines
Häuschen bauen möchte, was eine Vorgabe hat, dann ist es selbstverständlich, dass da nicht die großen
Architekten- und Planungskosten anfallen wie vielleicht zum Lageplan.
Der amtliche Lageplan hat – und das hatte ich sehr ausführlich dargelegt – erheblich stärkere Inhalte als das,
was die Flurkarte vorgesehen hat. Die Flurkarte selbst ist nicht durch den amtlichen Lageplan zu verbessern,
sondern sie hat ganz andere Inhalte. Ich habe das hier an diesem Beispiel auch mal dargelegt. Sie sehen
sicherlich von Ihrem Platz aus ganz eindeutig die Abstandsflächen, die wir mal dargelegt haben. Die überlagern fremde Grundstücke, und wir müssen an der Stelle einfach auch beurkunden, ob es bauordnungsrechtliche bzw. bauverfahrensrechtliche Probleme gibt. Dann müssen wir an der Stelle Einhalt gebieten und müssen vielleicht um Nachbesserung auch bei den Architekten bitten.
Ich denke, der amtliche Lageplan hat einen sehr großen Sinn. Bei meines Erachtens weit über der Mehrzahl
der Länder ist der amtliche Lageplan auch verankert. Ich kenne nur ein Land, wo es nicht so ist, in allen
anderen Bundesländern ist es so. Deswegen sehe ich keine Notwendigkeit, den amtlichen Lageplan
abzuschaffen. – Das vielleicht als Erstes. Ich gehe gern auf einzelne Details, zu denen ich schriftlich Stellung
genommen habe, noch mal ein. Ich habe den Inhalt ausgeführt. Sie sehen hier sehr deutlich auch das Grün.
Das ist in der Flurkarte bislang nicht erfasst worden. Auch dort muss man natürlich nachdenken, wenn einzelne Bäume zu fällen sind, wo es nach der Baumschutzverordnung entsprechende andere Maßnahmen gibt,
die das wieder ersetzen.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Vielen Dank für Ihre Ausführungen! – Wir kommen zur Runde der Fraktionen. Gibt es Wortmeldungen? – Bitte!
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Andreas Otto (Grüne): Angesichts der Tatsache, dass wir heute weitaus mehr Zeit haben als gedacht,
möchte ich Sie bitten, dass Sie noch mal kurz auf Ihre Stellungnahme zu dem Gesetz eingehen und uns erläutern, was daran so kritikwürdig gewesen ist.
Sie haben uns heute auch eine schriftliche Stellungnahme hergereicht, in der drinsteht, dass das alles ganz
fürchterlich ist, wie das Gesetz geändert wurde. Sie beschweren sich darüber, dass Sie nicht gehört wurden
und dass das Gesetz – ich sage mal – ohne Ihre Einwirkung verabschiedet wurde. Das darf der Gesetzgeber,
er muss Sie nicht fragen. Aber Sie haben jetzt die Chance – ich würde das jedenfalls gut finden –, uns zu
erklären, was Sie an dem Gesetz als kritikwürdig ansehen, was Sie anders machen würden und welche Vorschläge Sie jetzt anlässlich der Novellierung empfehlen. Das ist sozusagen eine Chance.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Arndt!
Dr. Michael Arndt (SPD): Ich schließe mich der Fragestellung von Bündnis 90/Die Grünen an. Ich würde
auch in Bezug auf die Ablehnung des Antrags – Tagesordnungspunkt 4 b) – gern noch etwas Substantielles
hören. Welche Argumente gibt es? Warum sind keine Alternativen da? – Ich würde dazu gern Erläuterungen
haben. Das finde ich besser als diese Spiegelstrichliste.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Herr Weingarten!
Albert Weingartner (FDP): Ich möchte jetzt schon anmerken, dass wir vielleicht die Abstimmung über
diesen Antrag anschließend vertagen – mit der Maßgabe, dass wir daran vielleicht noch ein bisschen herumfeilen –, je nachdem, was diese Anhörung ergibt. Wir hatten das ohnehin auch mal so gehandhabt, dass bei
einer Anhörung über einen Antrag erst beim nächsten Mal abgestimmt wird. Deshalb möchte ich noch mal
auf diese Möglichkeit hinweisen.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Wir haben es nicht „mal so gehandhabt“, sondern wir handhaben es
regelmäßig so. Und zwar handhaben wir es regelmäßig so, dass wir nicht beim nächsten Mal abstimmen,
sondern dann, wenn das Wortprotokoll vorliegt – dann in der nächsten Sitzung. – Nachdem wir die
Präliminarien und Verfahrensfragen geklärt haben, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie kurz auf die Anregungen der Kollegen eingehen würden. – Herr Rek, Sie haben das Wort – oder Ihr Kollege. – Bitte!
Christof Rek (BDVI – Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.): Sehr gern! – Zum
einen zur Änderung des Vermessungsgesetzes im November: Das stand unter einem besonderen Druck der
EU-Dienstleistungsrichtlinie. Hier ging es um die Frage: Steht die Wertermittlung tatsächlich im Wettbewerb? Ist das eine Vorbehaltsaufgabe für Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure bzw. für die Vermessungsstellen? – Wir waren der Auffassung, dass damals der Unterschied zwischen Wertermittlung so,
wie Sie es vielleicht für ein einzelnes Gebäude kennen, und Wertermittlung für raumordnerische und städtebauliche Maßnahmen nicht sauber herausgearbeitet wurde. Ich hatte das auch schriftlich niedergelegt. Wir
haben damals – im Oktober, im September – ausführlich schriftlich Stellung genommen. Es gibt, glaube ich,
auch eine Stellungnahme des Rats der Bürgermeister. Wir sind damals leider nicht gehört worden, und so ist
das Gesetz so verabschiedet worden, dass dieser Punkt zur Wertermittlung leider aus dem Gesetz verabschiedet wurde.
Jetzt ist eine neue Situation da: Wir werden das Vermessungsgesetz novellieren, und wir haben die
Hoffnung, dass ganz spezielle Wertermittlungsaufgaben, die aus unserer Sicht im öffentlich-rechtlichen Bereich stehen, wieder aufgenommen werden. Wir halten das für ausgesprochen wichtig. Ansonsten wird wahrscheinlich auch Schaden für Berlin zu Tage kommen. Es geht nicht um die üblichen Wertermittlungsaufgaben, die alle Sachverständigen durchführen können – das ist überhaupt keine Frage –, sondern es geht um
ganz spezielle Wertermittlungsaufgaben. Es sind vielleicht fünf bis zehn Prozent aller Wertermittlungsaufgaben, um die geht es. Das sind hoheitliche Aufgaben, die bislang die Vermessungsstellen, die Vermessungsämter und zum Teil eben auch die ÖBVI ausführen.
Das hat sich leider damals nicht durchsetzen lassen – unsere Argumentation. Ich weiß nicht, ob ich das noch
weiter ausführen soll.
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Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Gut! – Frau Schneider!
Astrid Schneider (Grüne): Ich meine, Sie könnten das weiter ausführen, weil die Sache tatsächlich
interessant ist. Sie müssen sich vorstellen, dass nicht alle, die hier sitzen, denselben fachlichen Background
haben wie Sie, sodass Sie uns informieren müssen, worum es in der Sache geht. Ich bin Architektin, aber mir
ist auch nicht gänzlich klar, welche speziellen Wertermittlungsaufgaben Sie meinen und was darunter zu
verstehen ist. Vielleicht können Sie an ein paar Beispielen erläutern, welche Aufgaben und Vermessungen
Sie durchführen und wo der Unterschied zu einem privaten Vermessungsingenieur liegt. Also, warum diese
Vermessungen ausgerechnet von einem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur gemacht werden
müssen! Welche konkreten Aufgaben sind das?
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Wenn ich mir eine Bemerkung erlauben darf: Ich bin eigentlich immer
sehr dankbar, wenn Anzuhörende vorher Ihre Ausführungen schriftlich hingeben, und ich hasse eigentlich
bei diesen Anhörungen nichts so sehr wie Lesestunden zu Dingen, die uns schriftlich vorliegen. Aber wir
haben heute ein Übermaß an Zeit. Wenn Sie also trotzdem noch mal zwei, drei Argumente zusammenfassen
würden, wenn die Kollegen das wünschen, würde ich Ihnen dazu gern Gelegenheit einräumen. – Bitte!
Christof Rek (BDVI – Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.): Also es geht hier um
Wertermittlungsaufgaben, die die Vermessungsstellen wahrnehmen. Es geht gar nicht um die ÖBVI – das
ganz grundsätzlich. Die ÖBVI wirken nach dem Vermessungsgesetz bei hoheitlichen Aufgaben mit und
natürlich dann auch bei diesen Aufgaben. Aber wir sind nur ein Bereich. Die bezirklichen Vermessungsämter sind da sehr wohl auch involviert und haben demzufolge auch dazu Stellung genommen.
Beispiele für hoheitliche Wertermittlungsaufgaben sind bei Entschädigungsfragen zu sehen. Wenn es eben
auch um Eingriffe in das Eigentum nach BauGB geht, dann sind spezielle hoheitliche Wertermittlungsaufgaben wahrzunehmen. Die kann man nicht mit einem Verkehrswertgutachten oder einem Beleihungswertgutachten vergleichen, was jedes Sachverständigenbüro auch ausführen kann. Das sind ganz spezielle
Aufgaben, die tatsächlich dann anfallen, wenn es um Entschädigungsfragen geht, wenn es um Ausgleichswerte geht – in Entwicklungsbereichen – und dergleichen.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Gut! – Weitere Wortmeldungen? – Herr Weingartner!
Albert Weingartner (FDP): Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir die Anhörung beantragt hatten, bevor das Gesetz verabschiedet worden ist. Allerdings ist der parlamentarische Gang manchmal nicht ganz so
schnell, wie man sich das wünscht. Manchmal ist er schneller, als man es sich wünscht. Das hat jetzt in diesem Fall Platz gegriffen. Insofern kann ich Ihre Kritik diesbezüglich verstehen und nur um Verständnis werben, dass das so gelaufen ist. Schauen wir mal – vielleicht kann man da noch etwas retten!
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Wenn ich mir eine Bemerkung erlauben darf: Es steht hier jeder Fraktion
frei, aufgrund von Erfahrungen, die mit entsprechenden Gesetzen gemacht worden sind, Änderungsanträge
oder Novellierungsanträge einzubringen, die dann in diesem Ausschuss erfahrungsgemäß auch relativ zügig
behandelt werden – insbesondere dann, wenn man vielleicht merkt, dass auch andere Fraktionen das als
sinnvoll ansehen, weil es Aspekte gibt, die man noch nicht gesehen hat.
Ist die Redeliste zu Tagesordnungspunkt 4 a) damit abgehakt? – Gut! Die Redeliste ist erst mal abgehakt.
Der entsprechende Vollzug kommt später.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 4 b). – Herr Arndt!
Dr. Michael Arndt (SPD): Ich hatte schon darum gebeten, Argumente vorzutragen, weswegen die Welt
zusammenbricht, wenn man dem Antrag der FDP jetzt stattgeben würde. Da hätte ich gern noch eine gewisse
Unterfütterung. Und ich würde auch gern Ihre Rolle im gesamten Bauverfahren und Genehmigungsverfahren
in der Beziehung präzisiert wissen.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Herr Rek, Sie haben das Wort – bitte!
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Christof Rek (BDVI – Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.): Herzlich gern! – Die
neue Bauordnung Berlin ist 2005 in Kraft getreten, und die hat eine gewisse Deregulierung verfolgt. Damit
ist eine Verlagerung der Verantwortung einhergegangen – eine Verlagerung der Verantwortung auf den
Bauherrn, auf den Architekten –, und demzufolge ist auch der amtliche Lageplan an der Stelle intensivst
diskutiert worden. Er erfährt im Nachhinein seit dieser Deregulierung – nachdem die Behörde die Genehmigung selbst nicht mehr weiter prüft – eine höhere Verantwortung. Der amtliche Lageplan erfährt damit
auch eine eindeutig Aufwertung und muss im Prinzip auch stärker gewürdigt werden als bislang.
Wir sind hier nicht in einem Flächenstaat, sondern in einem Stadtstaat, und wir haben damit das Problem,
dass wir sehr viele nachbarschaftliche Probleme zu lösen haben. Diese nachbarschaftlichen Probleme darf
man an der Stelle meines Erachtens nicht unterschätzen. Wir haben hier mit diversen Problemen, immer
wieder mit Freistellungen, mit diversen Möglichkeiten zu kämpfen. Die nachbarschaftlichen Zustimmungen
sind zu geben und dergleichen. Da bietet der amtliche Lageplan, wie ich es hier ausgehängt habe, eigentlich
eine sehr schöne Grundlage.
Vorhin kam die Frage auf: Na, das kann doch ein Architekt auch! – Natürlich könnte der Architekt auch hier
die Abstandsflächen eintragen, wenn er die Bauordnung kennt. Wir haben selbst eine sehr umfassende
Kommentierung der Bauordnung veranlasst und haben die umgesetzt – mit allen Parteien. Ich kann an der
Stelle nur sagen, dass wir mit dem amtlichen Lageplan auch eine Rechtssicherheit schaffen. Es geht nicht um
eine Verbesserung der ALK oder der Flurkarte. Darum geht es überhaupt nicht bei diesem amtlichen Lageplan.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Herr Weingartner!
Albert Weingartner (FDP): Sie haben jetzt die Verantwortlichkeit angesprochen – zwischen Architekt und
Vermesser. Wer haftet denn am Ende für den Lageplan? Ist es der Vermesser, oder ist es dann der Architekt?
Christof Rek (BDVI – Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.): Jeder Architekt hat
eine Reihe von Fachingenieuren, die er braucht – den Statiker und dergleichen. Jeder führt natürlich seine
Leistung aus, und der Vermesser, der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur, haftet natürlich für sein
Werk – und das ist der Lageplan. – [Albert Weingartner (FDP): Gegenüber dem Architekten?] – Gegenüber
dem Architekten und gegenüber dem Bauherrn!
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Weitere Fragen? – Herr Arndt!
Dr. Michael Arndt (SPD): Sie hatten ausgeführt, dass mit der Veränderung der Bauordnung eine höhere
Verantwortung auf Sie zukam. Die Frage ist: Wie wurde denn diese Verantwortung vor Veränderung der
Bauordnung wahrgenommen? Wie lief da das Spiel ab? – Ich frage mich immer noch, wo der Surplus ist,
den Sie in der Beziehung leisten und den nicht ein anderer – also der Architekt in Koppelproduktion – erreichen könnte. – [Zuruf von René Stadtkewitz (CDU)] – Nein, nein! Wir haben da auch Zutrauen. Die dürfen ja Hochhäuser bauen, und nun sollen sie plötzlich ein Flurstück nicht richtig – –
Christof Rek (BDVI – Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.): Also ich glaube, der
Architekt ist nicht in der Lage, die Inhalte, die wir hier darstellen, auch tatsächlich zu erfassen. Er kann
natürlich auf Basis einer Flurkarte sein Projekt eintragen. Das ja! Aber hier gibt es eine Masse an MehrInformationen, die zur Beurteilung aller möglichen Themen benötigt werden, und ich denke, an der Stelle ist
der Architekt auch dankbar dafür, dass es diesen amtlichen Lageplan gibt und dass er das wie die Statik und
dergleichen auslagern kann. Er hat ja heutzutage nicht mehr die Möglichkeiten, alles selbst zu machen. Ich
verweise da nur auf Innenaufmaße, was wir heutzutage haben. Früher hat das der Architekt selbst gemacht,
und das macht er heutzutage nicht mehr selbst, sondern er bedient sich der Fachingenieure. Und wir sind als
Öffentlich bestellte, beliehene tatsächlich in der Lage, diesen Tatbestand auch zu beurkunden und dafür zu
haften.
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Vielleicht dazu auch noch Folgendes: Früher war es so, dass die Genehmigungsbehörde dann natürlich auch
den Lageplan noch geprüft hat. In den Bereichen, wo es jetzt nicht mehr zu einer Prüfung kommt, erfährt
dieser amtliche Lageplan auch eine höhere Bedeutung.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Herr Arndt!
Dr. Michael Arndt (SPD): Ich kann mich ja noch mit Ihrer Argumentation über die Notwendigkeit eines
derartigen Lageplans anfreunden. Aber weswegen muss es ein amtlicher öffentlicher Lageplan sein? Bisher
haben die ja auch Nachbarschaftsstreitigkeiten in der Beziehung nicht vermieden. Das ist genau die Fragestellung: Wo ist der besondere Wert, dass jetzt der öffentliche Stempel darunter ist? – Es wurde mir noch
gesagt, dass in Hamburg eine derartige amtliche Prüfung nicht vorgesehen ist.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Sie haben das Wort!
Christof Rek (BDVI – Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.): Meines Wissens ist in
Hamburg sehr wohl auch der amtliche Lageplan anzufertigen – bei Bauvorhaben ab einer gewissen Größenordnung. Wir reden hier ja von – wie heißt es so schön – verfahrensfreien Vorhaben, wo tatsächlich die Behörde nicht mehr prüft – nicht mehr prüfen kann –, und da erfährt der amtliche Lageplan auch eine neue
Verantwortung. Wir beurkunden damit ja auch diese Tatbestände, und ich denke schon, dass der Öffentlich
bestellte Vermessungsingenieur als beratende Instanz auch mediatorische Fähigkeiten zeigen muss und sagen
muss: An der und der Stelle gibt es – ich sage mal – Verstöße gegen die Bauordnung. Und an der Stelle muss
nachgebessert werden, oder es müssen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Weitere Fragen? – Stellungnahmen? – Wortmeldungen? – Frau Senatorin,
Sie auch nicht? – Frau Schneider – bitte!
Astrid Schneider (Grüne): Uns würde interessieren, was die Frau Senatorin zu diesen Fragestellungen
meint. Bislang kann ich grundsätzlich nur Herrn Rek weitestgehend zustimmen. Ich bin nun auch als Architektin frisch in diese Runde hineingekommen. Es ist schon klar, dass der Lageplan eine Rechtssicherheit
schafft. Wenn Sie sagen, dass es viele Nachbarschaftsstreitigkeiten gibt, muss man sich schon fragen, wie
viele es geben würde, wenn man nicht wenigstens dann noch die Lagepläne hätte. Möglicherweise würde
sich deren Zahl dann noch vervielfachen.
Die Fragestellung, die damit aufgeworfen ist, ist natürlich, ob das amtlich sozusagen der Öffentlich bestellte
Vermessungsingenieur machen muss. Kann das auch ein Privater sein? Könnte es bei kleineren Grundstücken auch der Architekt sein? – Aber es wird ja auch das Grundstück selbst dann zur Bauvorbereitung von
dem amtlichen Vermesser abgesteckt. Es wird auch noch mal bestätigt, wenn der Bau errichtet wird, dass das
Bauwerk selbst – – Die Außenumrisse werden noch mal abgesteckt. Insofern ist schon klar: Schaffen von
Rechtssicherheit an der Stelle!
Die Frage ist, ob man das bei kleineren Bauvorhaben oder dann, wenn es eindeutiger ist – wenn man sehr
weite Abstandsflächen zum Rand hat –, eventuell weglassen oder einfacher machen könnte. Die Frage kann
man natürlich stellen.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Frau Senatorin!
Bürgermeisterin Ingeborg Junge-Reyer (SenStadt): Frau Kollegin! Entscheidend ist für mich, dass wir es
hier mit einer für die Bauherren und für die Eigentümer sehr grundsätzlichen Frage zu tun haben. Die Frage
des Umgriffs einer Grenze für ein bestimmtes Grundstück, die Frage der Orientierung einer Bauflucht, die
Frage der sonstigen Betroffenheit bei der Betrachtung eines Grundstücks ist mehr als eine übliche, von
einem Architekten vorzunehmende Beurteilung. Bei allem Respekt vor den Architekten handelt es sich hier
um eine Frage der Sicherung von Eigentumsrechten ganz grundsätzlicher Art. Wenn diese beim Bauen verletzt werden, kann das schwerwiegende Folgen haben. Deshalb liegt mir daran, zu sagen: Lassen Sie uns
nach wie vor einen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur eine solche Bestätigung abgeben! Das ist
nicht unbedingt eine Beurkundung im eigentlichen Sinne, aber es ist doch eine Bestätigung durch einen
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Öffentlich bestellten, einen mit bestimmten Rechten, vor allem aber auch mit Pflichten ausgestatteten, qualifizierten und für diese Aufgabe gesondert ausgebildeten Vermessungsingenieur, die nach meiner Einschätzung den Bauherren dient.
Ich sage noch mal: Bei allem Respekt vor den Fähigkeiten von Architekten halte ich es hier für rechtssicherer in Bezug auf die mögliche, nur mit schwerwiegenden Folgen zu ertragende Verletzung von Eigentumsrechten. Deshalb glaube ich, dass eine Änderung der Bauvorlagenverordnung so, wie die FDP dies hier
vorschlägt, nicht vorgenommen werden sollte.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Herr Weingartner!
Albert Weingartner (FDP): Ich wollte noch kurz auf den Vortrag der Grünen eingehen. Ich frage mich, ob
es obligatorisch sein muss. Und es ist bei unserem Antrag auch im letzten Satz zum Ausdruck gebracht worden, dass solche Pläne nur in begründeten Ausnahmefällen gefordert werden sollen, wenn es notwendig ist.
Es gibt sicherlich viele Situationen, in denen das, was Sie geschildert haben – Schadensbegrenzung, Beurteilungsnotwendigkeiten –, gar nicht gegeben ist. Sprich: Wenn das Grundstück groß genug ist und gar keine
Nachbarschaftsrechte und ähnliche Dinge betroffen sind, ist es vielleicht oft nicht notwendig.
Wir sind der Auffassung, dass am Ende doch der Architekt gegenüber dem Bauherrn verantwortlich ist und
durchaus die Beurteilungsfähigkeit haben muss, inwieweit Lagepläne, Abstandsflächen, Zeichnungen, Beurteilungen notwendig sind. Und in diesen Fällen sind wir ja gar nicht dagegen. Lediglich in Fällen, in denen
es schlicht überflüssig erscheint, jetzt noch einen zusätzlichen Lageplan zu haben – der ja nicht kostenfrei ist;
und es geht uns auch um die Kosten –, wo es also nicht notwendig ist, sollten wir uns das sparen. Das wollte
ich nur noch mal klarstellen. Sie hatten auch schon angedeutet, dass Sie auch denken könnten, dass eine
grundsätzliche Befreiung mit Ausnahmeregelung durchaus sinnvoll sein könnte.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Herr Stadtkewitz!
René Stadtkewitz (CDU): Ich möchte unsere Position an der Stelle darlegen: Natürlich ist es richtig, immer
wieder über die Frage nachzudenken, wo man Bürokratie abbauen, Prozesse beschleunigen und Dinge einfacher machen kann. Aber ich meine, dass in diesem Fall nicht nur durch den Vortrag, sondern auch dann,
wenn man sich mit der Baulagenverordnung beschäftigt, eines klar wird: Es geht nicht nur um das Recht
oder die Pflicht desjenigen, der bauen will, sondern es geht auch um Rechte derer, die vielleicht von Bauten
betroffen sein können, und deswegen muss man Rechtsklarheit haben. Ich glaube, an dieser Stelle kann man
auf diese Vorlage nicht verzichten, und deswegen sollten wir diesen Antrag ablehnen.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Frau Platta!
Marion Platta (Linksfraktion): Mich würde Folgendes interessieren, wobei ich nicht weiß, ob Frau
Senatorin dazu überhaupt etwas sagen kann, weil die meisten Baugenehmigungen in den Bezirken durchgebracht werden: Gibt es überhaupt Erfahrungen mit den geringfügigen Vorhaben, bei denen gegenwärtig
kein
Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur den Plan erstellt – so, wie das jetzt in der Bauverfahrensverordnung aus dem Jahr 2006 schon festgelegt worden ist? – Es gibt ja im Prinzip schon die Möglichkeit, bei
geringfügigen Verfahren auf diesen Plan des Öffentlich bestellten Vermessers zu verzichten und es eigentlich nur in der Flurkarte noch mal einzutragen, wenn denn klar ist, dass Abstandsflächen nicht berührt
werden – also kein Verstoß gegen Abstandsflächen vorliegt. Mich würde interessieren: Gibt es da irgendwelche Erfahrungen seit dem Inkrafttreten dieser Verordnung, dass das so ausreichend ist oder nicht ausreichend ist?
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Herr Rek!
Christof Rek (BDVI – Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.): Zuerst zu Ihnen: Ich
darf vielleicht noch mal daran erinnern: Wir können auch über die Grenze hinaus nach Brandenburg gucken.
Auch dort wurde der Versuch gestartet, den amtlichen Lageplan freizugeben – an alle Vermessungsstellen.
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Das wurde nach, ich glaube, vier Jahren wieder zurückgenommen. Es ist in der Tat jetzt wieder eine Vorbehaltsaufgabe für die Vermessungsstellen – die beliehenen Vermessungsstellen, also die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, die das durchführen. Obwohl das – da gebe ich Ihnen auch recht – in einem
Flächenstaat manchmal zur Diskussion führt: Braucht es da wirklich den amtlichen Lageplan, wenn wir eben
diesen Grenzbezug nicht haben, weil wir genügend Fläche haben, wo das Gebäude auch wirklich mitten
hinein gestellt werden kann, ohne dass es Gefahren gibt, an Grenzen zu den Nachbarn zu stoßen. – Das vielleicht dazu.
Was Sie meinen – Sie hatten es gerade eben angesprochen –: Sie meinen eher einen Anbau, einen Schuppen,
eine Garage oder dergleichen. Ich denke, das ist sicherlich sinnvoll, hier den amtlichen Lageplan nicht zu
fordern. Das wird auch umgesetzt, ist gängige Praxis. Da sehe ich überhaupt kein Problem. Bei einem Neubauvorhaben in Größenordnungen, wie es in der Bauordnung auch genau beschrieben ist, ist der amtliche
Lageplan vorgeschrieben.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Frau Schneider!
Astrid Schneider (Grüne): Ich möchte nur einen weiteren Aspekt ergänzen: Wenn die FDP von der
größeren Wirtschaftlichkeit spricht – und auch davon, dass Architekten da noch mehr Verantwortung übernehmen könnten und es einfach selber machen könnten –, ist anzumerken, dass es auf dem freien Markt
gerade bei kleineren Vorhaben – aber auch bei größeren Vorhaben – so ist, dass der Druck und auch der
ökonomische Druck der Bauherren auf die Architekten permanent wächst. Der wird immer größer.
Für die Architekten ist durch diese Veränderung des ganzen Baugenehmigungsverfahrens, wie es eingetreten
ist – – Vielleicht haben es noch nicht alle in dem Maße verstanden. Die wesentlichste Veränderung des Baugenehmigungsverfahrens bestand darin, dass im Prinzip den Planern – womit alle Planer gemeint sind – eine
höhere Verantwortung als vorher zugemessen wurde, weil die Behörden nicht mehr ihren Stempel daruntersetzen: Geprüft und genehmigt – wir haben selbst durchgeprüft, ob die Sachen stimmen! – Nun hingegen
müssen die Planer das selbst verantworten.
Wenn die gesetzliche Grundlage für den öffentlich verankerten Lageplan fehlt, würden in der Tat die Bauherren auf die schöne Idee kommen, dass das die Architekten im Rahmen der jetzigen HOAI mit erledigen
sollen – sozusagen kostenlos als Vorleistung noch hinterherschieben sollen. Das würde also auch an der Stelle noch mal den Druck auf die Architekten aufbauen, sodass es eigentlich fast schon besser ist, wenn das
gesetzlich geregelt ist und diese Diskussion gar nicht erst aufkommen kann. Denn sonst würden an vielen
Stellen, wo es eben doch ein bisschen komplizierter ist, ein enormer Druck und noch mehr Rechts- und Verantwortungsgeschichten, die vielleicht auch fachlich nicht so ohne Weiteres zu tragen sind, auf die Architekten abgewälzt werden. Auch das sollte man vielleicht bedenken. – [Dr. Michael Arndt (SPD): Frau
Schneider! Ich glaube, da haben Sie etwas nicht verstanden!] –
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Herr Rek! Sie sind derjenige, der jetzt das Wort hat. Oder Ihr Kollege!
Christof Rek (BDVI – Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V.): Mein Kollege hat mir
richtigerweise gerade noch ein Beispiel genannt: Es gibt sehr wohl manchmal Probleme in den genehmigungsfreien Bereichen. Sie können sich vorstellen, dass es, wenn eine Garage zu hoch gebaut wird
oder Dachüberstände einer Garage über eine Grenze ragen, sehr wohl in den vergangenen Jahren immer mal
wieder zu Rechtsstreitigkeiten führte, die dann vor dem Gericht ausgetragen werden. Und dann wäre es eben
sinnvoll, einen amtlichen Lageplan zu haben, um zu sehen: Jawohl, ist überbaut! Ist zu hoch! Ist die Bauordnung eingehalten – ja oder nein? – Solche Fälle gibt es auch.
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Frau Senatorin!
Bürgermeisterin Ingeborg Junge-Reyer (SenStadt): Frau Platta! Sie haben ja gehört, welche Einschätzung
es gibt zu der Situation in den Bezirken. Ich teile diese Einschätzung. Ich glaube nicht, dass die Bezirke
dann, wenn es sich um sehr einfache Fragen – den Anbau einer Garage – handelt, darauf bestehen, tatsächlich die entsprechenden qualifizierteren Informationen zu bekommen. Das wäre auch gar nicht erforderlich.
Abgeordnetenhaus von Berlin
16. Wahlperiode
Seite 10
Wortprotokoll BauWohn 16/54
9. Juni 2010
- bu -
Und ich glaube, da stimmen wir überein, dass es auch gar nicht notwendig ist, in einer solchen Situation ein
kompliziertes und auch teures Verfahren in Anspruch zu nehmen. Deshalb geht es für mich vor allem um die
hier geschilderte Situation beim Neubau – bei einer neuen Ausweisung eines Grundstücks. Da sollten wir
tatsächlich – ich wiederhole mich jetzt zu dem, was ich vorhin gesagt habe – darauf bestehen, dass wir die
Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure in Anspruch nehmen lassen, weil wir damit die größere Rechtssicherheit und vor allem die größere Sicherheit für das praktische Bauen haben. Aber nicht für den Anbau
einer Garage oder eine kleine Wand, die irgendwo gezogen wird!
Vorsitzender Dr. Manuel Heide: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Hinsichtlich der Abwicklung der Tagesordnung hatten Sie zu Recht darauf hingewiesen, dass wir heute über den Antrag unter
Tagesordnungspunkt 4 b) nicht abstimmen, weil wir eine Anhörung haben. Wenn das Wortprotokoll dann
vorliegt, wird diese Abstimmung vollzogen. – Tagesordnungspunkt 4 a) war eine Besprechung. Diese Besprechung ist heute erfolgt und damit erledigt.
Ich darf mich bei den Anzuhörenden dafür bedanken, dass sie da waren und ausführlich Stellung genommen
haben. Ich hoffe für Sie, dass das in Ihrem Sinne doch entsprechend fruchtet. Sie haben gesehen, es gab doch
einige kritische Fragen. Aber, wie gesagt, es steht Ihnen auch frei – wie allen anderen auch –, mit den entsprechenden Fraktionen, deren baupolitischen Sprechern oder wem auch immer Kontakt aufzunehmen. –
Vielen Dank, dass Sie da waren!
Punkt 5 der Tagesordnung
Verschiedenes
Siehe Beschlussprotokoll.
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