Der Direktstart - Vom Modell zum Demonstrator
Transcrição
Der Direktstart - Vom Modell zum Demonstrator
ENTWICKLUNG Motormanagement Der Direktstart Vom Modell zum Demonstrator Einen Motor allein durch Verbrennungsenergie zu starten, war Ziel eines Projekts der Forschung und Vorausentwicklung bei der Robert Bosch GmbH. Ausgehend von thermodynamischen Untersuchungen gelang mit Hilfe von Etas-Werkzeugen die Darstellung und Untersuchung mehrerer Startmodi am Fahrzeug in kurzer Zeit. 636 MTZ 09|2006 Jahrgang 67 1 Einführung Motorsteuerungssysteme für Ottomotoren mit Direkteinspritzung können bei stehendem Motor Kraftstoff direkt in den Brennraum einspritzen, zünden und dadurch den Motor prinzipiell auf direktem Wege starten. Unter welchen Umständen ist dieser sogenannte Direktstart möglich? Wann kommt es zu einer Entflammung? Reicht die frei gesetzte Energie, um den Motor in Bewegung zu setzen und womöglich aus eigener Kraft zu starten? Fragen wie diese initiierten eine Forschungsarbeit bei der Robert Bosch GmbH mit dem Ziel, einen Ottomotor mit Direkteinspritzung mit Hilfe gezielt einsetzender Verbrennungen zu starten. Im Fokus stand dabei zunächst der im Bild 1 gezeigte Startablauf: Zu Beginn wird aus der Nockenwellenstellung ein für die erste Verbrennung geeigneter Zylinder identifiziert. Die Gaswechselventile dieses Zylinders sind geschlossen und sein Kolben steht nach OT. Kraftstoff wird über das Hochdruckeinspritzventil in den abgeschlossenen Brennraum eingebracht. Nach einer kurzen Gemischaufbereitungsphase wird das Kraftstoff-/Luftgemisch im Brennraum durch die Zündkerze entflammt. Der Verbrennungsdruck bewegt den Kolben nach unten, und der Motorhochlauf beginnt. Der Direktstart unterliegt Randbedingungen, die durch den Einsatz eines thermodynamischen Simulationsmodells genau ausgeleuchtet werden. Das aus Simulationen gewonnene Verständnis der komplexen Vorgänge während des Direktstarts bildet die Grundlage für dessen zielgerichtete Entwicklung. Aus den Simulationsergebnissen wurden direktstartspezifische Motorsteuerungsfunktionen abgeleitet. Diese wurden mit Hilfe der Steuergeräte-Entwicklungsumgebung „Ascet“ auf einem Experimentiersystem implementiert. Im Standardbetrieb übernahm ein Seriensteuergerät MED7.5 die Steuerung des Motors. Auf diese Weise gelang die erfolgreiche Darstellung mehrerer Startmodi am Fahrzeug in kurzer Zeit. weiterte Direktstart (erste Zündung im Kompressionstakt bewegt den Motor zur Vorverdichtung des Arbeitstaktes zunächst in Rückwärtsrichtung, Bild 2) und der anlasserunterstützte Direktstart (der Starter ersetzt die erste Direktstart-Verbrennung) unterschieden. Bei Bosch wird die dritte Variante unter der abkürzenden Bezeichnung „Direktstart“ vermarktet. Ein erfolgreicher Direktstart ist an Randbedingungen gebunden: Um die notwendige Verbrennungsenergie zur Verfügung zu stellen, müssen die zu Startbeginn geschlossenen Brennräume mit Frischluft gefüllt sein. Die Luftfüllung hängt direkt von der Kolbenstellung, dem Restgasgehalt und den thermodynamischen Bedingungen ab. Für den erfolgreichen Direktstart sind ein Spülen der Zylinder mit Frischluft während des Motorauslaufs sowie die Sicherstellung einer geeigneten Kolbenposition maßgebend. Als Basis für eine systematische Optimierung des Direktstarts wurde ein Motormodell aufgebaut [2]. Der im Brennraum erzeugte Druck übt eine Kraft auf den Kolben aus. Dieser führt über den Kurbeltrieb zu einem Drehmoment an der Kurbelwelle. Das an der Kurbelwelle effektiv auftretende Drehmoment kann mit Hilfe einer Drehmomentbilanz berechnet werden. Diese wird hauptsächlich vom inneren Drehmoment bestimmt, das heißt, vom aus dem Brennraumdruck erzeugten Drehmoment pro Zylinder, vom Reibmoment und von der gesamten Motorträgheit. Durch zweimalige Integration der aus der Drehmomentbilanz berechneten Beschleunigung α wird zuerst die Drehzahl ω und daraus der beim Start zurückgelegte Winkelweg ϕ des Motors bestimmt, Bild 3. Zur Feinabstimmung des Direktstarts unter den unterschiedlichsten Randbedingungen wurden die thermodynamischen Vorgänge im Brennraum während der Startphase theoretisch untersucht. Dafür wurde ein thermodynamisches Simulationsmodell entwickelt, welches die Einflüsse von Gemischqualität, Restgas, Turbulenz, Verbrennung, Wandwärme, Leckage und Ladungswechsel berücksichtigt, Bild 4. Die Autoren Dr.-Ing. André Kulzer ist Teamleiter für neue Brennverfahren im Zentralbereich Corporate Research bei der Robert Bosch GmbH in Schwieberdingen. Dr. rer. nat. Jochen Laubender ist Mitarbeiter in der Vorentwicklung von Gasoline Systems bei der Robert Bosch GmbH in Schwieberdingen und betreut die Themen Direktstart und neue Turbokomponenten. Dr. rer. nat. Ulrich Lauff betreut als Mitarbeiter im technischen Marketing bei der Etas GmbH die Themen Steuergeräte-Entwicklung und Fahrzeugdiagnose. Dipl.-Ing. (FH) David Mößner ist Entwicklungsingenieur im Bereich Applikation der Motorsteuerung bei Gasoline Systems bei der Robert Bosch GmbH in Schwieberdingen. Dr. -Ing. Udo Sieber ist Fachreferent in der Vorentwicklung von Gasoline Systems bei der Robert Bosch GmbH in Schwieberdingen. 2 Thermodynamik des Direktstarts Der Direktstart eröffnet eine neuartige schnelle, leise und emissionsarme Startmethode für Motoren mit Benzindirekteinspritzung. Der Motor wird im Idealfall ohne die Unterstützung eines Anlassers oder einer anderen E-Maschine mittels gezielt einsetzender Verbrennungen gestartet [1]. Neben dem konventionellen Direktstart (erste Zündung im Arbeitstakt bewegt den Motor in Vorwärtsrichtung) wird der sogenannte er- Bild 1: Konventioneller Direktstart Figure 1: Conventional direct start MTZ 09|2006 Jahrgang 67 637 ENTWICKLUNG Motormanagement hand zweier Ladungszonen, das heißt einer homogenen Kraftstoffluftgemischzone, zum Beispiel mit λ ∼ 1, wo die Verbrennung stattfinden kann, und einer Luftzone, die als Inertgaspolster wirkt. Auf diese Weise werden die Zustände für die Gemischaufbereitung und Verbrennung insbesondere des ersten Arbeitstaktes bei Drehzahl Null genauer erfasst. Die weiteren direktstartspezifischen Verbrennungen können über das konventionelle quasidimensionale Verbrennungsmodell unter Annahme einer homogenen Gemischbildung gut nachgebildet werden. Die besondere Eigenschaft dieses Simulationstools ist die realitätsnahe Abbildung der ersten Startphase – Motorverharren zu Startbeginn und erste Umdrehungen der Kurbelwelle. Die hohe Übereinstimmung von gemessenen und simulierten Brenn-, Druck- und Drehzahlverläufen bestätigt die hervorragende Voraussagefähigkeit des Modells. Das gesamte Modell wurde mittels geeigneter Untersuchungen an einem SerienVersuchsträger (1,4-l-BDE-Motor) verifiziert. In Bild 6 und Bild 7 sind beispielhaft für die Ergebnisse der Validierung des konventionellen und erweiterten Direktstarts Drehzahlverläufe dargestellt. Die Drehzahlkurven zeigen, dass die Simulation das Verhalten beim Motorstart gut abbilden kann und ermöglicht somit eine zielgerichtete Entwicklung und Bewertung des Direktstarts. Bild 2: Erweiterter Direktstart Figure 2: Extended direct start Bild 3: Modellstruktur Simulation Figure 3: Simulation model structure Neu an dieser Modellvorstellung ist die Erweiterung eines quasidimensionalen Verbrennungsmodells auf die Bedingungen der Verbrennung einer geschichteten Ladung bei Drehzahl Null und die der weiteren direktstartspezifischen Verbrennungen. Dieses erweiterte quasidimensionale Verbren- 3 Versuchsaufbau für die Direktstartexperimente nungsmodell wird als 2/2-Zonen-Modell bezeichnet, da zwei Temperaturzonen (Zweizonenmodell-Betrachtung) und zwei Gemischzonen vorhanden sind, siehe Bild 5. Das erweiterte quasidimensionale Verbrennungsmodell ermöglicht die Simulation der Verbrennung einer geschichteten Ladung an- Mit Hilfe des Steuergeräte-Entwicklungswerkzeugs Ascet von Etas wurden die Steuerund Regelungsfunktionen für den Direktstart in Form eines Zustandsautomaten modelliert. Zum Test des Modells im Fahrzeug diente ein ES1000-Experimentalsystem, welches via Ethernet mit dem Ascet-Laptop verbunden wird. Das modulare VME-System Bild 4: Thermodynamische Arbeitsprozessrechnung Figure 4: Thermodynamic work process calculation Bild 5: Verbrennungsmodell Figure 5: Combustion model 638 MTZ 09|2006 Jahrgang 67 Bild 6: Drehzahlverlauf eines konventionellen Direktstarts Figure 6: Engine speed characteristics of conventional direct start ES1000 von Etas lässt sich durch Einsatz unterschiedlicher VME-Einschubkarten an die Anforderung des Versuchs anpassen. Bild 8. 3.1 Experimentalsystem Die Simulationscontroller-Karte ES1130 des ES1000-Systems wird von Ascet mit dem in Ascet generierten Code des Zustandsautomaten programmiert. Auf Basis des Modells auf der ES1130-Karte werden im 1-ms-Zeitraster die Zünd- und Einspritzsignale für die ersten vier Arbeitstakte in Abhängigkeit vom Nockenwellenwinkel berechnet und der gesamte Motorhochlauf gesteuert. Ein mit der Nockenwelle direkt verbundener 9-Bit-Sensor erfasst die Stellung der Nockenwelle absolut in Schritten von je einem Grad. Der Nockenwellenwinkel liegt am parallelen Sensorausgang in Gray-codierter Form vor. Das Signal wird über die DigitalE/A-Karte ES1320 vom Experimentalsystem ES1000 eingelesen. Hierzu wird der Pegel des Nockenwellensignals mit Hilfe einer eigens dafür entwickelten Konverterkarte, welche sich zusammen mit der Weiche (siehe unten) in einem separaten Gehäuse befindet, angepasst. Die Signale zur Ansteuerung von Einspritzung und Zündung werden von der PWM-E/A & Zähler-Karte ES1330 des ES1000Systems generiert. Um die Ansteuerung mit Hilfe von Einzelimpulsen anstatt von Standard-PWM-Signalen durchführen zu können, wurde ein entsprechender Softwaretreiber zur Ansteuerung der ES1330-Karte aus Ascet in Eigenleistung erstellt. Die Impulse gelangen über eine eigens entwickelte Weiche an die Endstufen der Zündspulen und der Einspritzventile. Nach erfolgreichem Ablauf der ersten vier Arbeitstakte übergibt die Weiche die Ansteuerung Bild 7: Drehzahlverlauf eines erweiterten Direktstarts Figure 7: Engine speed characteristics of extended direct start von Einspritzung und Zündung an ein Motorsteuergerät vom Typ Motronic MED7.5. Die Weiche wird dabei vom Zustandsautomaten mittels eines zusätzlichen Ausgangssignals, welches von der ES1330-Karte generiert wird, umgelegt. 3.2 Motronic mit ETK-Bypass In den ersten vier Arbeitstakten synchronisiert sich das MED7-Steuergerät und übernimmt anschließend die Ansteuerung von Einspritzung und Zündung. Da das MED7Steuergerät bereits eine Endstufe für die Einspritzventile enthält, wurden im Steuerge- rät die Steuersignale für diese Endstufe eigens auf nicht belegte Kontakte der Steuergerätesteckerleiste gelegt. Um die bestehende Kabelbaumverbindung der Einspritz- und Zündsignale zu den Einspritzventilen und Zündkerzen komfortabel zu unterbrechen, wurde das Steuergerät nicht direkt an den Kabelbaum, sondern über einen Trennadapter angeschlossen. Das MED7-Steuergerät wurde mit dem ES1000-System über einen ETK-Speicheremulator von Etas mit Hilfe der ETK-Schnittstellenkarte ES1232 verbunden. Über die ETK-Anbindung ist das MED7-Steuergerät in der Lage, Sensorsignale als Ein- Bild 8: Versuchsaufbau Motorsteuerung Figure 8: Engine control test setup MTZ 09|2006 Jahrgang 67 639 ENTWICKLUNG gangsgrößen für das ES1000-System zur Verfügung zu stellen. Einerseits werden Signale, die für den Startvorgang von Bedeutung sind, zum Beispiel Motortemperatur oder Raildruck, andererseits Größen, die für die Steuerung des Motorauslaufs wichtig sind, zum Beispiel Motordrehzahl und Saugrohrdruck, übertragen. Vom Ascet-Modell auf der ES1130-Karte werden die Stellsignale für den gesteuerten Motorauslauf, zum Beispiel der SollDrosselklappenwinkel oder die Solldrehzahl beim Abstellen, dem MED7-Steuergerät über den ETK-Anschluss zur Verfügung gestellt. Der sogenannte ETK-Bypass erlaubt dem Ascet-Modell das Lesen und Schreiben von Steuergerätesignalen in Echtzeit. In der beschriebenen Bypass-Versuchsanordnung wurden ein 10-ms-Zeitraster und ein zündsynchrones Zeitraster verwendet. 3.3 Inca Zum Anpassen der Parameter der Motorsteuerung wurde das Mess- und Applikationswerkzeug „Inca“ von Etas eingesetzt. Inca unterstützt für Mess- und Applikationszwecke ebenfalls das ES1000-System, mit dem der Inca-PC über die Systemcontroller-Karte ES1120 via Ethernet angeschlossen wird. Mit Hilfe des Add-Ons Inca-EIP können das AscetModell auf der ES1130-Karte gemeinsam mit dem Motorsteuergerät bedatet und Messgrößen aus Modell und Steuergerät zeitsynchron erfasst werden. Wahlweise wurde Inca auch gemeinsam mit Ascet auf einem Laptop betrieben. 4 Versuchsergebnisse Im Folgenden werden die Ergebnisse der Untersuchungen zur Zuverlässigkeit des konventionellen und des erweiterten Direktstarts beschrieben. 4.1 Startverfahren Das Kraftstoffversorgungs- und Einspritzsystem des Versuchsträgers entsprach dem Serienstand der Benzin-Direkteinspritzung erster Generation mit Hochdruck-Drall-Injektoren. In Untersuchungen zur Startwahrscheinlichkeit wurde in unterschiedlichen Messreihen das Startverhalten des Direktstarts aus einer optimalen Kurbelwellenposition von 100 °KW untersucht. Dabei wurden Einfacheinspritzungen mit Niederdruck sowie Mehrfach-Hochdruckeinspritzungen in einem Motortemperaturbereich von 20 bis 100 °C eingesetzt. Die Ergebnisse dieser Studien haben gezeigt, dass bei diesem Versuchsträger der konventionelle Direktstart mit einer Einfach-Niederdruckeinspritzung von sich aus 640 MTZ 09|2006 Jahrgang 67 Motormanagement Bild 9: Vergleich Startverfahren Figure 9: Comparison of starting modes keine hundertprozentige Startzuverlässigkeit besitzt und der Motor bereits bei moderaten Motortemperaturen von Tmot>40 °C nicht mehr startfähig ist. Mit einer Mehrfach-Hochdruckeinspritzung kann die Startzuverlässigkeit deutlich verbessert, und der Temperaturbereich für erfolgreiche Motorstarts von 20 °C auf bis zu 60 °C nach oben hin erweitert werden. Hauptursache für die drastische Abnahme der Startwahrscheinlichkeit ist die zu geringe Luftmasse in den Zylindern, als Folge der Abnahme der Luftdichte bei zunehmender Motortemperatur. Der erweiterte Direktstart lieferte ein deutlich besseres Ergebnis. Der Motor startete hier bei einer Einfach-Niederdruckeinspritzung bis zu einer Motortemperatur von 60 °C zu 100 % zuverlässig. Bei höheren Temperaturen wird der Starterfolg jedoch aus denselben Gründen wie beim konventionellen Direktstart limitiert. Durch die Vorkomprimierung des Zylinders im Arbeitstakt, und dem damit verbundenen Temperaturanstieg der eingeschlossenen Luftmasse, wird eine deutlich bessere Gemischaufbereitung erreicht. Daraus resultiert ein höheres Verbrennungsmoment und eine deutlich höhere Startzuverlässigkeit. Ab einer Motortemperatur von Tmot>90 °C blieb der Motorstart bei diesem Versuchsträger jedoch mit beiden Einspritzvarianten weitgehend erfolglos. Mit geringer Reproduzierbarkeit konnten vereinzelt auch erfolgreiche Direktstarts bei Motortemperaturen von Tmot>100 °C erzielt werden. Dies gab Anlass, die Untersuchungen auf Versuchsträger mit anderen Brennverfahren und anderen Injektoren auszuweiten. Teilergebnisse hierzu sind z. T. bereits veröffentlicht, weshalb hier auf die Literatur verwiesen werden soll [4]. Eine minimale Starterunterstützung er- möglicht einen schnellen und sicheren Direktstart des Motors. Erste Versuche in dieser Studie haben gezeigt, dass damit auch bei Motortemperaturen oberhalb von 100 °C ein zuverlässiger Motorstart dargestellt werden kann. Die Robustheit des Starts wird dabei jedoch durch ein deutlich höheres Startgeräusch – also eine signifikante Komforteinbuße – erkauft. Bild 9. Die Möglichkeiten und Grenzen dieses Startverfahrens wurden in einer gesonderten Studie untersucht [3]. 4.2 Motorauslauf Ein definierter Motorauslauf ist eine notwendige Voraussetzung für einen erfolgreichen Direktstart. Der Motor muss dabei in eine für den Direktstart günstige Kurbelwellen-Winkelposition gebracht, und die Zylinder müssen ausreichend mit Frischluft gespült werden. Im Rahmen der Studie wurde ein Regelalgorithmus entwickelt, der unter Berücksichtung der auftretenden Störgrößen den Motor in einer zuverlässigen und reproduzierbaren Weise auslaufen lässt. Zusätzlich standen bei dieser Entwicklung die Faktoren Kostenneutralität und geringste Komforteinbuße im Fokus, so dass lediglich auf die bestehende Aktorik und Sensorik des Motors zurückgegriffen werden konnte. Als Hauptstellglied für den Motorauslauf wurde die Drosselklappe eingesetzt. Mit definiertem Druckauf- beziehungsweise Druckabbau im Saugrohr wurde versucht, den Motor gezielt zu beschleunigen oder abzubremsen. Beim Einsatz in einem konventionellen Start-Stopp-System geht jedem Direktstart eine Stopp-Phase voraus, welche in drei Teilbereiche unterteilt wird: Der Initialisierungsphase mit stationärem Leerlaufbetrieb folgen eine Ausdreh- und Auspendelphase, bevor der Motor endgültig zum Still- Filter-Technologie von morgen Hengst ist internationaler Entwicklungspartner und Serienlieferant aller bedeutenden Fahrzeughersteller. • Das Multifunktionsmodul integriert Fluidmanagementsysteme auf höchstem Niveau • Die Fluide werden im Druckgussgehäuse ohne Schlauchleitungen und zusätzliche Verschlusselemente geführt • Die Bauräume für die Funktionen Pumpen, Filtern und Kühlen werden kompromisslos genutzt • Durch Funktionsintegration konnte der Plattenölkühler deutlich verkleinert werden • Kompakte Bauweise macht Platz für Generator, Riemenspanner, Motorelektronik und KraftstoffFeinstfilter mit integrierter Heizung Beispiel: Multifunktionsmodul für Deutz Motoren TCD 2013-4V Wir entwickeln Innovationen in Serie. Ölfilter-Systeme Ölnebelabscheider Kraftstoff-Systeme Filterelemente www.hengst.de Zylinderkopfhauben ENTWICKLUNG stand kommt, Bild 10. Dabei nimmt die Anzahl der möglichen Stellgrößen mit jeder Phase des Motorauslaufs ab. Als wesentliche Eingangsgrößen der Regelstrecke wurden die Motordrehzahl und der Saugrohrdruck jeweils am Ende der Initialisierungs- und der Ausdrehphase identifiziert (in Bild 10 mit roten Pfeilen markiert). In der Auspendelphase stehen keine effektiven Stellgrößen mehr zur Verfügung, mit denen der Motorauslauf in ausreichendem Umfang beeinflusst werden kann. Das System kommt letztendlich unter Abbau der Rotationsenergie und den Gasfedermomenten in den einzelnen Zylindern aufgrund von Reibung und Leckageverlusten an den Ventilund Kolbenspalten zum Stillstand. Die Reibung setzt sich aus Gleit- und Haftreibungsanteilen zusammen. Der Einfluss beider variiert bei niedrigen Drehzahlen stark und ist deshalb nur schwer in einem Regelalgorithmus zu behandeln. Bild 11 zeigt beispielhaft die Häufigkeitsverteilung der resultierenden Endpositionen einer Reihe von 159 Messungen mit geregeltem Motorauslauf. Es ist zu erkennen, dass sich eine relativ breite Verteilung um eine mittlere Position bei etwa 105 °KW ergibt. Bei dieser Messreihe liegen nur zirka 60 % der Ereignisse in dem für den Direktstart geeigneten Winkelbereich von 100° bis 115 °KW. Mit einem verbesserten Regelalgorithmus lässt sich dieser Anteil noch auf 85 % steigern. Das heißt jedoch, dass bereits aus Sicht der Abstellposition in mindestens 15 % aller Fälle ein Direktstart nicht erfolgreich sein würde. Zusätzlich kann es vorkommen, dass der Motor im oberen beziehungsweise unteren Totpunkt zum Stillstand kommt. Ein Motorstart ohne Anlasserhilfe ist aus dieser Position nicht möglich. Der Grund für diese unzulängliche Reproduzierbarkeit des Motorauslaufs liegt in der Vielzahl von Störgrößen, wie zum Beispiel Änderungen der Motorölviskosität und der Reibung. Diese Störeffekte, welche auch mit adaptiven Regelalgorithmen nur bedingt erfassbar sind, unterliegen darüber hinaus den Fertigungstoleranzen bei der Motorenherstellung. Die Übertragung eines an einem Beispielmotor entwickelten Regelalgorithmus auf die Serienfertigung wird dadurch zusätzlich erschwert. Bei einer Prä- oder Post-Positionierung der Zylinder während des Motorauslaufs beziehungsweise nach dem Motorstillstand, zum Beispiel durch eine E-Maschine im Riementrieb oder dem Triebstrang des Motors, ist die Startzuverlässigkeit des Systems ausschließlich von den thermodynamischen Randbedingungen des Direkt642 MTZ 09|2006 Jahrgang 67 Motormanagement Bild 10: Phasen des Motorauslaufs Figure 10: Engine stall phases Bild 11: Häufigkeitsverteilung der Endpositionen Figure 11: Frequency distribution of end-of-stall positions starts abhängig. In diesem Fall stellt die Abnahme der Luftdichte mit steigender Motortemperatur und Höhe die größte Hürde dar. 4.3 Transfer ins Fahrzeug / Demonstrator Nach Abschluss der Untersuchungen in Simulation und Versuch wurde das System für den autarken Betrieb im Fahrzeug weiterentwickelt. Bei zwei Fahrzeugen konnten verschiedene Triebstrangkonzepte mit anlasserunterstütztem Direktstart im Verbund mit einem Start-Stopp-System realisiert werden. Ein erster Versuchsträger mit automatisiertem Schaltgetriebe (ASG) wurde im Hinblick auf einen autarken Fahrbetrieb unter Beibehaltung aller bisherigen Freiheitsgrade optimiert. Die Variabilität des Systems erlaubte es, eine umfassendere Ansteuerung des eigens entwickelten Anlassermotors, des „smart starter motor“, im Fahrzeug zu realisieren. Der Hauptaugenmerk dieser Starterapplikation richtete sich auf die Start-Stopprelevanten Punkte Startgeräusch und Einrückdauer des Anlassers. Als vereinfachte Start-Stopp-Strategie wurde der Motor bei gegebener Fahrsituation über das Bremspedal abgestellt und wieder gestartet. Die Startzeiten lagen dabei weit unter den Schaltzeiten des ASG beim Anfahren und beeinträchtigten deshalb den Fahrkomfort nicht. Das zweite Fahrzeug war als Handschalter ausgeführt. Prämisse war hierbei, dem Fahrer ein nicht erkennbar verändertes Fahrzeug zur Verfügung zu stellen. Der Schwerpunkt lag also nicht mehr auf der Variabilität des Systems, sondern auf der Darstellung eines Start-Stopp-Demonstrators im realen Fahrbetrieb. Hierfür wurde das System für die festgelegte Kombination aus angepasstem konventionellen Anlasser, anlasserunterstütztem Direktstart und einem bereitgestellten Start-Stopp-Kontroller weiterentwickelt. Zur Integration in den Systemverbund wurden das Ascet-Modell und das ES1000System um eine CAN-Anbindung erweitert. Die Funktion der sofortigen Wiederbefeuerung des Motors während des Abstellvorgangs, zum Beispiel bei einer plötzlichen Startanforderung („change of mind“) in der Ausdrehphase, wurde in das Ascet-Modell integriert. Die dadurch sichergestellte Motorleistung während des Start-Stopp-Betriebs ermöglicht die unmittelbare Umsetzung des Fahrerwunsches. Um den autarken Betrieb des Systems zu gewährleisten, wurde ein bootfähiger Code mit festgelegter Bedatung der Steuerungs- und Regelungsparameter auf dem ES1000-System abgelegt. Dieser Code ist nach dem Einschalten des ES1000 sofort aktiv und ermöglicht einen autarken Systembetrieb. Bei beiden Fahrzeugen konnte der anlasserunterstützte Direktstart in Verbindung mit einem optimierten Anlassereingriff und einer intuitiven Start-StoppStrategie als kosteneffizienter Baustein eines Start-Stopp-Systems dargestellt werden. 5 Zusammenfassung In dieser Veröffentlichung wurden die Ergebnisse einer systematischen Untersuchung der thermodynamischen, mechatronischen und physikalischen Randbedingungen des Direktstarts an einem 1,4-l-Motor mit Direkteinspritzung der ersten Generation mit Hilfe des Software-Entwicklungswerkzeugs Ascet und des Experimentalsystems ES1000 vorgestellt. Die Studie hat gezeigt, dass es innerhalb eines bestimmten Motortemperaturbereichs möglich ist, einen Verbrennungsmotor ohne Starterunterstützung nur durch Einspritzung und Zündung aus dem Stillstand zu starten. Die dargestellten Algorithmen erlauben schnelle und geräuscharme Motorstarts zu realisieren, welche die Akzeptanz eines konventionellen Start-Stopp-Systems in Bezug auf Komfort und Startzeit deutlich steigern. Die Anforderungen an die Startzuverlässigkeit über den gesamten Motortemperaturbereich können aufgrund physikalischer und thermodynamischer Randbedingungen ohne zusätzliche motorische Hilfsmaßnahmen nicht erfüllt werden. Als limitierende Faktoren für die Startzuverlässigkeit wurden die eingeschränkte Steuerbarkeit des Motorauslaufs in eine definierte Zielposition hinein sowie das zu kleine Verbrennungsmoment bei hohen Motortemperaturen aufgrund einer zu geringen Luftdichte identifiziert. Die Benzin-Direkteinspritzung der 2. Generation birgt in diesem Zusammenhang wegen der besseren Gemischaufbereitung im Grenzbereich bei hohen Motortemperaturen noch deutliches Verbesserungspotenzial und ist Gegenstand derzeitiger Untersuchungen. 6 Ausblick Derzeit wird von Bosch Gasoline-Systems ein Start-Stopp-System basierend auf dem Direktstart mit minimaler Starterunterstützung zur Serienreife entwickelt. Durch den kurzen Startereingriff in der ersten Kom- A member of HONSEL INTERNATIONAL TECHNOLOGIES www.honsel.com Einen guten Preis machen kann jeder. Einen guten Preis bekommen ist schon schwieriger. A member of Für vorbildliches Engagement in der Short I 6 Motorblock- und Zylinderkopf-Serienproduktion für Volvo, erhielt HONSEL den Silber-Award in „Quality, Cost & Delivery 2006”. HONSEL INTERNATIONAL TECHNOLOGIES MTZ 09|2006 Jahrgang 67 643 NXj dljj dXe kle# ld \`e\ \c\bki`jZ_\ GXibYi\dj\ qli J\i`\ei\`]\ ql ]_i\e6 8lkfdfk`m\7PXZ_k N`\ bXee dXe `e eli [i\` DfeXk\e \`e bfdgc\kk e\l\j N\ib$CXpflk `d 9\i\`Z_ Q\ekiXc Cf^`jk`b \ijk\cc\e6KXi^\kj%Jfclk`fej% Fggfikle`k`\j% N`\ j`\_k \`e\ ÙdfY`c\ >\iljZ_bXdd\iÈ Xlj# d`k [\i dXe `ee\i_XcY mfe )+ Jkle[\e Ble[\e `e ^Xeq<lifgX\ek^\^\ebfdd\e bXee6 nnn%pXZ_k^iflg%[\ Jfcck\e J`\ _ec`Z_\ =iX^\e _XY\ef[\i8eknfik\e[XiXl] ^\Y\ebee\e#n\e[\eJ`\j`Z_ Xe PXZ_k% N`i j`e[ `e Y\`[\e =cc\eqljke[`^% Danksagung Das Kernteam des Vorentwicklungsprojekts zum Direktstart wurde durch die wertvolle Zuarbeit von Mitarbeitern aus anderen Gruppen innerhalb des Bosch-Konzerns maßgeblich unterstützt. Die Autoren möchten deshalb diese Gelegenheit nutzen, um sich bei diesen Kollegen recht herzlich zu bedanken. pressionsphase wird eine hundertprozentige Startzuverlässigkeit gewährleistet [3]. Der Startvorgang ist dabei unabhängig von der Auslaufposition und den oben dargestellten Störgrößen. Das Gesamtsystem umfasst einen Drehzahlgeber mit Drehrichtungserkennung, einen lebensdauerverstärkten Elektrostarter und einen Batteriesensor zur Überwachung der Ladebilanz im Start-Stopp-Betrieb. Durch spezielle Maßnahmen am Elektrostarter zur Reduzierung des Einspur- und Andrehgeräusches wird ein hoher Startkomfort erreicht. Mit dem Start-Stopp-Gesamtsystem lassen sich Kraftstoffeinsparungen von 3 bis 5 % über den NEFZ (Neuer europäischer Fahrzyklus) realisieren. Das System ist durch ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis charakterisiert und unterstützt Automobilhersteller bei der Einhaltung der ab 2008 in Kraft tretenden ACEA-Selbstverpflichtung. Literaturhinweise [1] Gerhardt, J.; Kassner, U.; Kulzer, A.; Sieber, U.: Der Ottomotor mit Direkteinspritzung und Direktstart – Möglichkeiten und Grenzen. 24. Internationales Wiener Motorensymposium 2003 [2] Kulzer, A.: BDE-Direktstart – Startoptimierung eines Ottomotors mit Direkteinspritzung mittels eines thermodynamischen Motorsimulationsmodells. Universität Stuttgart, Dissertation, 2004 [3] Laubender, J.; Kassner, U.; Hartmann, S.; Heyers, K.; Benninger, K.; Gerhardt, J.: Vom Direktstart zum marktattraktiven Start-Stopp-System. 14. Aachener Kolloquium Fahrzeug- und Motorentechnik 2005 [4] Alt, M.; Blattmann, T.; Bošnjak, J.; Laubender, J.; Gerhardt, J.: Untersuchungen zum Direktstart eines Ottomotors. 10. Tagung „Der Arbeitsprozess des Verbrennungsmotors“, Graz, 2005 For an English version of this article, see MTZ worldwide. For information on subscriptions, just call us or send an E-mail or fax. MTZ 644 MTZ 09|2006 Jahrgang 67 Vieweg Verlag Postfach 1546 D-65173 Wiesbaden Tel. +49 5241 80-1968 | E-mail: [email protected] DICHT UND SICHER RANS T D I U FL land Mai 23.9.06 20.- lang LEE BETAPLUG ® Dichtstopfen. Ein neues Konzept, Kanäle und Bohrungen zu verschließen Unser neues Konzept setzt einen konischen Verschlussstopfen in eine konische Aufnahmebohrung. So entsteht ein perfekter, formschlüssiger Sitz – DICHT UND SICHER ! LEE Miniatur-Ventile, -Drosseln, -Siebe etc. Die kostengünstige Alternative zur lohnaufwendigen Eigenfertigung. FIX UND FERTIG Die gewindelosen Einpresspatronen werden einfach in eine Stufenbohrung gesetzt. Für Systemdrücke bis 280 bar und mehr. Aus Edelstahl – für höchste Beständigkeit. Ø ● 4 mm bis 8 mm ● Für Drücke bis 900 bar Für Industrie- und Mobilhydraulik ● Für Kfz-Hydraulik kurz Ø ● 7 mm bis 16 mm ● Für Drücke bis 50 bar Für Öl- und Kühlkanäle in Motoren und Getrieben ● Für Kernstützlöcher Auszug aus der IMH-Produktlinie: Rückschlag- und Drosselrückschlagventile CCRM CCFM 10 7 13 10,1 8 5,5 5,5 CCPI Möchten Sie mehr wissen? Ein Fax mit dieser Anzeige genügt. 8 CFCM 13,6 10 4,66 LEE Hydraulische Miniaturkomponenten GmbH 9 7,3 2,06 8 5,5 Blenden 8 reverse Wechselventil 0,1– 1,0 RESF/RESR 0,1– 0,6 CCSX 0,1– 1,0 8 4,0 8 forward 11,7 NEUH 3,3 2,5 2,5 5,5 EIT Postfach 560324 D-60407 Frankfurt / Main Tel. 069 / 90 50 66-0 Fax 069 / 90 50 66-66 E-Mail [email protected] www.lee.de 5,5 Siebe ® SCRM NEUH EIT Ø 2,5, 5, 8, 10, 12 mm Innovation in Miniatur