Schwerpunkt - Johannes Gutenberg

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Schwerpunkt - Johannes Gutenberg
LUST
8 2016
Magazin zu Lehre und Studium
Johannes GutenberG-Universität Mainz
Schwerpunkt:
Universität mitgestalten
Porträt: Geschwister Brahmst
Lupe: Buddy-Projekt
Man kann dafür sorgen,
dass man die Uni,
an der man ist,
zu der Uni macht,
die man haben möchte.
Jonathan Brahmst
LUST 8_2016
Inhalt
Impressum
L|u|ST Magazin zu Lehre und Studium
Ausgabe: #8 2016
Herausgeber: Die Vizepräsidentin für Studium und Lehre
der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Prof. Dr. Mechthild Dreyer, 55099 Mainz
Redaktionsleitung: Martina Stöppel, Kommunikation und Presse
Redaktion: Gerd Blase, Kommunikation und Presse
Mitarbeit: Dr. Bernhard Einig, Abteilung Studium und Lehre;
Prof. Dr. Uwe Schmidt, Zentrum für Qualitätssicherung und -entwicklung;
Petra Giegerich, Kommunikation und Presse
Grafik: Beate Moser, Ralf Moser, Moser.Design
Bildnachweis: S. 1 ©Peter Pulkowski, S. 2 ©Thomas Hartmann, S. 4 ©Thomas
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Sophie Seidler (lu), Porträts von lo nach ru: ©Universitätsarchiv Mainz, ©Foto Rimbach, Mainz, ©Axel Stephan, ©Reiner Wierick, ©Universitätsarchiv Mainz, ©Universitätsarchiv Mainz, ©Universitätsarchiv Mainz, ©Reiner Wierick, ©Universitätsarchiv
Mainz, ©Universitätsarchiv Mainz, ©Universitätsarchiv Mainz, ©Foto Rimbach, Mainz,
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S. 39 ©Privat (o, u), S. 40 ©Tanja Wäschler
Druck: LATTREUTER GmbH
Erscheinungsdatum: Juli 2016 Erscheinungsweise: zweimal jährlich
02_ 03
04 | Highlights
22 | Porträt
Geschwister
Brahmst
08 | Editorial
26 | Impulse
10 | Nachrichten
Neues
aus Studium
und Lehre
14 | Schwerpunkt
Universität
mitgestalten
Innovative
Lehrkonzepte
34 | Studienangebote
Bachelor Jazz und Populäre Musik
Diplomstudiengang Freie Bildende Kunst
36 | Lupe
Buddy-Projekt
38 | Steckbrief
Zentraler Fachschaftenrat (ZeFaR)
LUST 8_2016
Partnerhochschule
des Spitzensports
Tag der Archive
schaut auf 70 Jahre JGU
Die JGU unterstützt Spitzensportlerinnen und
-sportler, damit sie ihre Trainings- und Wettkampfzeiten besser mit dem Studium koordinieren können. Dafür hat sie eine Kooperationsvereinbarung
mit dem Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband, den Olympiastützpunkten Hessen und
Rheinland-Pfalz/Saarland, den Landessportbünden
Hessen und Rheinland-Pfalz sowie dem Studierendenwerk Mainz unterzeichnet. Als „Partnerhochschule des Spitzensports“
wird die JGU auch die studienfachspezifische Förderung im Einzelfall anbieten.
> www.adh.de/projekte/partnerhochschule-des-spitzensports.html
Der „Tag der Archive“ setzte in diesem Jahr an der JGU ganz auf
die Universitätsgeschichte: Die Mainzer Archive präsentierten in
der „Schule des Sehens“ auf dem Gutenberg-Campus eine Ausstellung mit Dokumenten und Objekten zur Geschichte der vor 70
Jahren wiedereröffneten Universität. Vorträge, Fotos, historische
Filme und Führungen durch die Magazine des Universitätsarchivs
boten weitere spannende Einsichten in die Entwicklung der JGU.
Zudem erinnerte das Theaterstück „Und sie bewegt dich noch!“
an Hanns Dieter Hüsch, der in der Nachkriegszeit in Mainz studierte
und hier seine kabarettistische Karriere startete.
> www.ub.uni-mainz.de/universitaetsarchiv/
04_ 05
Gart der Gesundheit
Der Botanische Garten der JGU ist um eine Attraktion reicher: Verschiedene
Fachrichtungen arbeiteten zusammen, um einen Themengarten ins Leben
zu rufen, der dem im Jahr 1485 in Mainz entstandenen Kräuterbuch „Gart
der Gesundheit“ gewidmet ist. Dieser Band war eines der einflussreichsten
und erfolgreichsten Werke des frühen Buchdrucks. Der Themengarten zeigt
eine Auswahl von etwa 70 Pflanzen aus dem „Gart“ und stellt exemplarisch
einige Pflanzenporträts aus dem Kräuterbuch ausführlich vor. Die Beete im
Zentrum des Gartens sind mit Natursteinplatten eingefasst, in die Motive
aus dem Kräuterbuch eingemeißelt wurden.
> www.botgarten.uni-mainz.de/1631.php
LUST 8_2016
Highlights
Night of the Profs im Staatstheater
In Zukunft: Mainz
Geschichte nonstop – von den Großprojekten Kaiser Neros bis zur
Annexion der Krim. In spannenden Kurzvorträgen präsentierten
Professorinnen und Professoren der JGU das breite Spektrum ihrer
aktuellen historischen Forschung. Unter dem Motto „Varieté historique –
Geschichten am Abend“ erwartete die Besucherinnen und Besucher
im Großen Haus des Staatstheaters Mainz ein buntes Kaleidoskop
lebendiger und anschaulicher Geschichten aus der Geschichte. In
Vorträgen von 25 Minuten Dauer erzählten die Geschichtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler von Bonifatius, der Ruinenstadt
Ninfa oder von Boehringer Ingelheim im Nationalsozialismus.
> www.night-of-the-profs.uni-mainz.de
In einem viermonatigen futurologischen Kongress im Theater, an der
Universität und an verschiedenen Orten in Mainz ging das Projekt Fragen
zur Zukunft unseres Zusammenlebens nach. Mit Lesungen, Performances,
Konzerten, Workshops, Picknicks, thematischen Fahrradtouren u.v.a.m.
wurde Zukunft erdacht und gemacht. Eine große performative Festivalkonferenz von und mit Studierenden der JGU auf dem Campus der
JGU vom 8. bis 10. Juli 2016 bildete den Höhepunkt und Abschluss dieses
Kongresses. Auf einem performativen Spaziergang erkundeten die
Besucherinnen und Besucher den Campus, bewegten sich hörend, sehend
und gehend durch verschiedene mögliche Zukunftswelten.
> www.staatstheater-mainz.com
06_ 07
Gutenberg Biographics
Mit Gutenberg Biographics präsentiert die Universitätsbibliothek
Mainz Informationen zu Professorinnen und Professoren der JGU.
Bisher sind alle Rektoren und Gründungsprofessoren mit Volleinträgen
vorhanden. Viele weitere Professorinnen und Professoren wurden
mit Basisdaten aufgenommen. Die erste Bearbeitungsstufe umfasst
den Zeitraum bis 1973. Der Datenbestand wird ständig ausgebaut.
Gutenberg Biographics ist ein Projekt der JGU, der Mainzer Akademie
der Wissenschaften und Literatur, des Forschungsverbunds Universitätsgeschichte und des Instituts für Geschichtliche Landeskunde an
der Universität Mainz e.V.
> http://gutenberg-biographics.ub.uni-mainz.de
Universitas
der Name ist Programm
LUST 8_2016
S
chaut man auf ihre Anfänge im 11./12. Jahrhundert in
Westeuropa, so wurde die Universität als umfassende
Bildungseinrichtung verwirklicht, als Korporation von
Lehr- und Lerngemeinschaften – oder anders: als Gemeinschaft
von Lehrenden und Lernenden (universitas magistrorum et
scholarium). Zu den Besonderheiten der universitas magistrorum
et scholarium gehörte es über lange Zeit, dass man an ein und
derselben Universität Student und Professor sein konnte: Die Professoren der Artes liberales, der sogenannten niederen Fakultät,
waren in der Regel zugleich Studenten an einer der drei höheren
Fakultäten, der juristischen, medizinischen oder theologischen.
Von Anfang an spielten Studierende in der Universität also eine
zentrale Rolle. Die Universität Bologna, die zu den ältesten der
Welt zählt, vielleicht sogar die älteste ist, war in ihren Anfängen
sogar studentisch dominiert. Die in Verbänden organisierten
Studenten bestimmten wichtige Teile der Lehre, alimentierten
die Professoren und wählten den Rektor.
Die vorliegende achte Ausgabe unseres Magazins Lehre und
Studium (LuST) stellt Ihnen – dieser Traditionslinie folgend –
studentisches Engagement an unserer Universität vor. Nicht
Editorial
Studierende als Lernende stehen im Mittelpunkt, sondern Studierende als die, die
unsere Universität mitgestalten. Hierzu
gehört beispielsweise das Engagement
im AStA und im ZeFaR, aber auch in
den Gremien der Institute, Fachbereiche
und künstlerischen Hochschulen sowie
im Senat und seinen Ausschüssen. Aber
genauso zählen dazu auch die Aktivitäten
der Studierenden in der Lehre und bei
der Gestaltung des Alltags auf unserem
Campus, womit sie zur Attraktivität des Studiums beitragen.
Das Porträt in LuST 8 ist gleich zwei Personen gewidmet: den
Geschwistern Siglinde und Jonathan Brahmst. Beide setzen sich
in den Gremien der JGU intensiv für die Belange ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen ein. Jonathan Brahmst hat diesen
Einsatz perfekt auf den Punkt gebracht: „Man kann dafür sorgen,
dass man die Uni, an der man ist, zu der Uni macht, die man
haben möchte.“
Ergänzt werden die Beiträge des Schwerpunktthemas der vorliegenden Ausgabe von LuST wie immer um Highlights und
Nachrichten aus der JGU rund um das Thema Lehre und Studium
sowie um Berichte über innovative Lehrprojekte und interessante
Studienangebote. Unter die „Lupe“ nehmen wir ein studentisches
Projekt, bei dem es darum geht, aufeinander zu achten und für
einander da zu sein.
Die Redaktion von LuST wünscht Ihnen eine anregende Lektüre
Ihre Prof. Dr. Mechthild Dreyer
Vizepräsidentin für Studium und Lehre
08_ 09
LUST 8_2016
Nachrichten
Neues
+++ Kollegiales Audit
stärkt Qualitätssicherung
Der Akkreditierungsrat hat das „Kollegiale Audit“ der JGU als
Projekt im Rahmen der Experimentierklausel angenommen.
Damit ermöglicht der Rat eine Weiterentwicklung der Qualitätssicherung an der Universität und eine Ausgestaltung des
Verfahrens der Systemakkreditierung. „Wir freuen uns sehr über
das positive Gutachtervotum, in dem wir auch eine Bestätigung
unseres als ‚Mainzer Modell‘ bekannt gewordenen Wegs des
Qualitätsmanagements sehen“, erklärt die Vizepräsidentin für
Studium und Lehre der JGU, Prof. Dr. Mechthild Dreyer. „Die
Umsetzung des Projekts des Kollegialen Audits mit dem Ausbau
eines Systems des kollegialen und reflektierenden Austauschs
sowohl innerhalb der Universität als auch mit externen Partnerhochschulen wird zu einer weiteren Stärkung der Qualitätskultur an unserer Universität führen.“
> www.zq.uni-mainz.de/1726.php
aus Studium und
+++ Gutenberg-Akademie
begrüSSt elften Jahrgang
Die Gutenberg-Akademie begrüßt zehn neue Juniormitglieder
in ihren Reihen. Dies ist bereits der elfte Jahrgang, der aufgenommen worden ist. Bis zu 25 herausragende Doktorandinnen
und Doktoranden sowie Künstlerinnen und Künstler können
sich in der Akademie über Fächergrenzen hinaus mit etablierten
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern austauschen. Die
Gutenberg-Akademie bietet den Juniormitgliedern ein anregendes intellektuelles Umfeld für ihre wissenschaftliche Entwicklung.
Zentraler Aspekt der Förderung ist die Patenschaft durch ein
Seniormitglied der Akademie sowie ein Mentoringprogramm mit
renommierten Personen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik
und Gesellschaft. Zudem profitieren die Juniormitglieder von
der finanziellen Unterstützung der Akademie, etwa beim Besuch
von Tagungen oder renommierten Labors. Die GutenbergAkademie stellt ein wertvolles Forum dar, um eigene Ideen
und Projekte zu präsentieren und gemeinsam zu diskutieren.
> www.gutenberg-akademie.uni-mainz.de
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lehre
+++ GLK schreibt
Videowettbewerb Aus
In Kooperation mit dem Medienzentrum schreibt das GutenbergLehrkolleg (GLK) zum dritten Mal einen Videowettbewerb für
Studierende der JGU aus, diesmal zum Thema: „INTERDISZIPLINÄR –
Studium und Lehre an der JGU“. Interdisziplinäre Denk- und
Arbeitsweisen nehmen kontinuierlich an Bedeutung zu. Daher
ist es wichtig, entsprechende Inhalte in Studium und Lehre zu
verankern. Mit welchen Fächern der JGU sollte es interdisziplinäre Lehrveranstaltung oder fachübergreifende Angebote
geben? Wie könnte die Lehrveranstaltung aussehen? Wo liegen
Chancen, wo Herausforderungen interdisziplinärer Lehre?
Originelle und kreative Videobeiträge zu diesen Fragen können
bis zum 30. August 2016 eingereicht werden. Die drei besten
Beiträge werden anlässlich des DIES LEGENDI am 27. Oktober
2016 prämiert.
> www.glk.uni-mainz.de/videowettbewerb.php
+++ Drei Landeslehrpreise
für JGU
Das rheinland-pfälzische Ministerium für Bildung, Wissenschaft,
Weiterbildung und Kultur (seit Mai 2016 Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur) hat die Preisträgerinnen und
Preisträger des Landeslehrpreises 2014/2015 gekürt. Gleich drei von
ihnen arbeiten an der JGU: Jun.-Prof. Dr. Matthias Schott (Institut
für Physik), Julia-Maria von Schenck zu Schweinsberg (EvangelischTheologische Fakultät) sowie PD Dr. Julia Weinmann-Menke
(I. Medizinische Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin
Mainz). Der Preis wird für herausragende Leistungen im Bereich
der Lehre vergeben – und zwar auf der Grundlage von Nominierungen durch Fachbereiche und Fachschaften, die in Form von
Studierendenbefragungen evaluiert werden. „Die Auszeichnung
ist eine großartige Anerkennung engagierter Lehre“, so der
Präsident der JGU, Prof. Dr. Georg Krausch. Für die Universität sei
die Prämierung von gleich drei Lehrenden eine Bestätigung ihrer
Anstrengungen im Bereich der Lehre.
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Nachrichten
+++ Tag der offenen Tür an der
Universitätsmedizin Mainz
+++ Gutenberg Teaching
Award 2016 geht
an Nobelpreisträger
Carl Wieman
Der Physik-Nobelpreisträger Carl Wieman erhält den Gutenberg
Teaching Award 2016. Das Gutenberg Lehrkolleg (GLK) der JGU
zeichnet damit einen herausragenden Wissenschaftler aus, der sich
über seine Forschungserfolge in der Quantenoptik hinaus um die
Vermittlung von Wissen und die akademische Lehre in außergewöhnlicher Weise verdient gemacht hat. Wieman beschäftigt sich insbesondere mit der Vermittlung von naturwissenschaftlichem, technischem
und mathematischem Wissen. Der Gutenberg Teaching Award wird
Wieman im Frühjahr 2017 bei einem offiziellen Festakt verliehen,
wenn der Preisträger zu einem Gastaufenthalt an die Mainzer Universität kommt. Dabei werden Lehrende der Physik und aus allen anderen
Fächern Gelegenheit haben, sich mit Professor Wieman über seine
didaktischen Konzepte auszutauschen.
> www.glk.uni-mainz.de
Für einen Tag öffneten sich viele Türen, die Besucherinnen und
Besuchern sonst verschlossen bleiben: Interessierte konnten die
zahlreichen Facetten der Universitätsmedizin Mainz hautnah
miterleben und aus erster Hand erfahren, was alles hinter einer
qualitativ hochwertigen Patientenversorgung, innovativen Forschungsprojekten und einer spannenden Lehre steckt. Dabei gab
es für große wie für kleine Gäste viel Neues zu entdecken. Wer
hätte beispielsweise gewusst, dass jeder Mensch mit rund 300
Knochen geboren wird, sich die Anzahl aber im Laufe des Lebens
auf 200 verringert? Doch nicht nur verblüffende Antworten aus
der Medizin begeisterten die Besucherinnen und Besucher. Bei
dem umfangreichen Programm aus Mitmachaktionen, Vorträgen
und lebendig gestalteten Angeboten für Kinder war für jeden
etwas dabei, und der historische Park lud zwischendurch zum
Verweilen und Entspannen ein.
> www.unimedizin-mainz.de
JG
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+++ Wettbewerb zum
Universitätsjubiläum
+++ Vierte Nacht
der Hausarbeiten
Zur bundesweiten „Langen Nacht der Hausarbeiten“ öffnete die
Universitätsbibliothek Mainz (UB) auch in diesem Jahr wieder ihre
Pforten. Sie bot eine Vielzahl an Veranstaltungen zum akademischen
Schreiben an: Die Studierenden konnten in der Zentralbibliothek
und dem benachbarten Georg Forster-Gebäude zwischen Vorträgen,
Gesprächen und Übungen zu den Themen wissenschaftliches
Schreiben, Literatursuche, korrektes Zitieren von fremden Texten,
Entspannungstechniken, Zeitmanagement und Brainfood wählen.
Auch Dozentinnen und Dozenten erwartete ein speziell auf sie
ausgerichtetes Programm mit Infoständen der „Prüfungswerkstatt“
und Workshops. Mit der „Nacht der Hausarbeiten“ macht die UB
auf die vielfältigen Angebote aufmerksam, die die Universität Mainz
ganzjährig zu Fragen des akademischen Schreibens anbietet.
> www.ub.uni-mainz.de
Vor 70 Jahren wurde die JGU auf dem Gelände einer ehemaligen
Flakkaserne wiedereröffnet. Der Verein der Freunde der Geschichtswissenschaft und das Historische Seminar der JGU nahmen dieses
Jubiläum zum Anlass, einen Wettbewerb auszuschreiben: Gesucht
wurden die besten Plakate, Flyer oder Filme, die das Jubiläum der
Universität „bewerben“. Die prämierten Arbeiten wurden im Foyer
des Mainzer Rathauses ausgestellt und fanden dort große Aufmerksamkeit. Eine Jury aus Mitgliedern des Historischen Seminars, des
Vereins und der Stabsstelle Kommunikation und Presse der JGU
wählte die besten Arbeiten aus.
> http://freunde-der-geschichtswissenschaften-uni-mainz.de
Auf dem Foto von links nach rechts:
Simon Sporenberg, Florian Heine
und Clara-Sophie Vogel, die den
zweiten Preis erhalten haben,
Katharina Zwick und Daniel Fröb,
die ersten Preisträger, und Alexander
Henkel sowie Florian Lehmann,
Gewinner des dritten Preises
Universität
Mitgestalten
LUST 8_2016
Schwerpunkt
14_ 15
Studierende spielen eine wichtige Rolle bei der
Gestaltung von Studium und Lehre an der JGU.
Über den AStA nehmen sie Einfluss auf wichtige
Weichenstellungen. Sie
engagieren
sich in den
universitären
Gremien und bringen sich auch anders ein.
Studierende arbeiten als Tutorinnen und Tutoren
oder organisieren Lerngruppen, um das Studium
attraktiver zu machen.
LUST 8_2016 Schwerpunkt
„Ich kann hier
wirklich was bewegen“
Allgemeiner Studierendenausschuss (AStA)
I
m verwinkelten Flur vor den AStA-Büros windet sich eine
Schlange von Studierenden. Sie alle kommen zur kostenlosen Rechtsberatung, die der Allgemeine Studierendenausschuss der JGU jeden Dienstag anbietet. „Das ist ein Service,
der sehr stark nachgefragt wird“, erzählt Jonas-Luca König. „Es
heißt ja immer, dass viele Studierende den AStA gar nicht kennen.
Aber wenn sie Hilfe brauchen, wissen sie, dass sie sich an uns
wenden können.“
König soll vom AStA erzählen, von seinen Aufgaben, den zahlreichen Arbeitsbereichen, Referaten und Arbeitskreisen. Er grinst.
„Damit können Sie ein ganzes Heft füllen“, meint der dritte Stellvertreter des aktuellen AStA-Vorsitzenden. (Stand Mai 2016)
So viel kurz vorweg: Der AStA ist das zentrale Organ, das die Studierenden vertritt und für ihre Interessen streitet – nicht nur an der
Universität, sondern weit darüber hinaus. Er wird im Jahresturnus
vom Studierendenparlament gewählt. Im AStA geht es um große
Themen wie Finanzen und Soziales, aber auch um wichtige Details
wie das Semesterticket, um die Kommunikation mit verschiedensten Gremien und Institutionen, um Interessenvertretung von
Studierendengruppen, um Feste auf dem Campus und vieles mehr.
König wendet sich zuerst der Hochschulpolitik zu. Er beginnt
mit den großen Herausforderungen: „Eines unserer Hauptziele ist
die Ausfinanzierung des Hochschulsystems. Dass es da in Mainz
Handlungsbedarf gibt, ist offensichtlich. Es fehlt zum Beispiel
überall an Räumlichkeiten, an Hörsälen. Wir brauchen eine solide
Grundfinanzierung, damit alle Studis anständig studieren können.
Das geht jeden an.“
Der AStA tritt für einen ganzen Katalog an Forderungen ein. Mal
richtet er sich an die Politik: „Wir wollen eine Ausweitung des Semestertickets auf ganz Rheinland-Pfalz. Das hat sich die neue Landesregierung jetzt auch in ihr Programm geschrieben.“ Mal wendet er sich
an die JGU-Leitung: „Wir brauchen eine weitere Demokratisierung
16_ 17
Nur meckern, aber
nichts verbessern
reicht mir nicht.
Jonas-Luca König
im Senat.“ Dort stellen die Hochschullehrerinnen und -lehrer mehr
als 50 Prozent der Mitglieder. „Wir wollen, dass alle Gruppen paritätisch vertreten sind. Die Professorinnen und Professoren argumentieren, dass sie auf Lebenszeit berufen sind und damit die Universität
am besten entwickeln können. Aber was sollten sie entwickeln,
wenn es die mehr als 32.000 Studierenden nicht gäbe?“
Die Anwesenheitspflicht bei Lehrveranstaltungen will der AStA
kippen. „Nordrhein-Westfalen hat sie schon abgeschafft, ohne dass
der Lehrbetrieb zusammengebrochen ist. Es geht an der Universität nicht darum, seine Zeit abzusitzen, sondern wirklich etwas
zu lernen, zu diskutieren und zu forschen.“
Darüber hinaus engagiert sich der AStA ganz konkret, wenn es
um gute Lebensbedingungen für Studierende geht. So schließt er
Verträge mit verschiedensten Institutionen: mit Verkehrsbetrieben
etwa oder dem Staatstheater, dessen Vorstellungen Studierende
kostenlos besuchen können. Bei sozialen Engpässen kann er
Darlehen oder Beihilfen vergeben. Immer wieder bringt er die
Wohnraumsituation zur Sprache, und er meldet sich bei der Stadtentwicklung allgemein zu Wort.
Dann kehrt König zur Universität zurück: „Für uns ist ein lebendiger Campus mit vielen verschiedenen Angeboten sehr wichtig.
Wir brauchen weiter das Kulturcafé und das Haus
Mainusch. Die Universität ist nicht nur ein Ort zum
Lernen und Forschen, sondern eine Lebenswelt.“
So könnte es weitergehen, bis das Heft voll ist.
Vieles kann König kaum anschneiden in diesem
Gespräch. Was treibt ihn an, sich zu engagieren?
„Ich will etwas Sinnvolles machen. Ich möchte im
Interesse der Studierenden die Universität und die
Stadt mitgestalten. Nur meckern, aber nichts verbessern reicht mir nicht. Bildungspolitik hat mich
schon in der Schule interessiert. Themen wie Chancengleichheit, BAföG oder bezahlbarer Wohnraum
sind zu wichtig, um sie anderen zu überlassen.“
ZUR PERSON
Jonas-Luca König
ist 22 Jahre alt. Er studiert
im sechsten Semester
Politikwissenschaft und
Publizistik. Vor knapp zwei
Jahren wurde er zum ersten
Mal in den AStA der JGU
gewählt, wo er momentan
dritter Stellvertreter des
Vorsitzenden ist. König gehört zur Hochschulgruppe
CampusGrün.
König hat zwar erlebt, dass sein Engagement zu Lasten des Studiums
gehen kann. „Das kostet einfach Zeit, und nicht alle Professorinnen
und Professoren zeigen Verständnis, wenn ich wegen meines AStAAmts mal Fehlstunden habe.“ Aber er ist zufrieden: „Ich habe viele
einmalige Erfahrungen gemacht und Kontakte geknüpft. Ich denke,
ich kann hier wirklich etwas bewegen.“
AStA im Internet:
> www.asta-jgu.de
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Schwerpunkt
Unterstützung
auf Augenhöhe
PHILIS-Tutor
M
ichael Enders hat im Laufe seines Lehramt-Studiums
bereits öfter mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet.
Das funktionierte auch einwandfrei. „Aber ich merke,
dass mich das Unterrichten von Erwachsenen noch mehr reizt.
In der Arbeit mit ihnen entwickle ich ganz andere Fähigkeiten.
Es ist spannend, Menschen auf Augenhöhe zu unterstützen – und
das nicht mit dem Ansatz, sie irgendwie erziehen zu wollen.“
Enders engagiert sich bei der PHILIS-Schreibwerkstatt „Schreibzeit“ und dem „inFORM-Tutorium“ für internationale Studierende.
Beide Angebote sind noch recht neu. Sie entstanden im Zuge des
großen JGU-Projekts „Lehren – Organisieren – Beraten“ (LOB)
im Jahr 2012, das im Rahmen des Qualitätspakts Lehre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Enders
war von Anfang an dabei.
Bei PHILIS, dem Service- und Beratungszentrum des Fachbereichs Philosophie und Philologie an der JGU, tut der 25-Jährige
genau das: Er greift Kommilitoninnen und Kommilitonen auf ganz
unterschiedlichen Gebieten unter die Arme. „Wir wollen, dass sie
in Zukunft ohne Hilfe auskommen, dass sie ihre Probleme selbstständig lösen können. Unser Ansatz ist: Wir müssen uns möglichst
überflüssig machen.“
Die „Schreibzeit“ beginnt mit Semesterende, wenn die Hausarbeitsthemen vergeben sind und sich die Studierenden an die Arbeit
machen. Sie dauert drei bis vier Wochen. „Schreibzeit wendet
sich vor allem an Schreibanfänger“, erzählt Enders. „Es geht
dabei viel um Zeitmanagement und darum, wie sich eine Hausarbeit am besten strukturieren lässt, um den Aufbau einzelner
Abschnitte oder um die Eingrenzung von Fragestellungen.
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Wir müssen uns
möglichst überflüssig machen.
Michael Enders
Wir beschäftigen uns aber auch mit der Literatursuche und mit
formalen Aspekten.“
im deutschen Universitätsbetrieb aber eher nicht
zu raten.
Die Gruppen, die von einer Tutorin oder einem Tutor betreut
werden, sind bewusst klein gehalten. „Es sind sieben, acht Leute.
Meine Aufgabe ist es, die Gruppendynamik zu lenken, damit ein
Austausch stattfindet.“ Ein wichtiges Kriterium ist, dass sich die
Studierenden auch untereinander helfen.
Verschiedenste Bildungs- und Wissenschaftskulturen
treffen an der JGU aufeinander. „Viele wissen einfach
nicht: Was muss ich mir darunter vorstellen, wenn
ich in Deutschland in einem Seminar sitze oder an
einer Vorlesung teilnehme? Es geht uns im Grunde
um eine kulturelle Sensibilisierung. Wir sagen den
Studierenden zu ihren Erfahrungen an der JGU und
ganz allgemein in Deutschland: Darauf müsst ihr
euch einlassen.“ Aber auch hier gilt immer: „Wir verhandeln die Dinge auf Augenhöhe. Das ist wichtig.“
„Die Schreibzeit ist ein geschützter Raum. Deswegen kommen
auch Themen zur Sprache, die Studierende in einem regulären
Seminar vielleicht nicht erwähnen würden. Hier können sie offen
reden, auch über persönliche Schwächen oder private Probleme.“
Enders ist überzeugt: „Mit diesen Tutorien fangen wir viel methodisches Nicht- und Halbwissen auf. Das entlastet den regulären
Lehrbetrieb.“
Um Nicht- und Halbwissen geht es auch beim „inFORM-Tutorium“,
allerdings in einem viel weiteren Sinn: Dieses Angebot wendet
sich an Studierende, die aus dem Ausland an die JGU kommen.
InFORM steht dabei für „International in Form“.
„Wir vermitteln einen bunten Mix. Das können ganz praktische
Sachen sein wie: Bin ich ordentlich angemeldet? Habe ich alle
Gebühren bezahlt? Oder: Wie schreibe ich eine Mail an einen Prof –
und zwar so, dass er sie auch liest?“ Ein „Hello Peter“ etwa ist als
Anschreiben im angloamerikanischen Raum durchaus üblich,
ZUR PERSON
Michael Enders
ist 25 Jahre alt. Er studiert
Englisch und Französisch
auf Lehramt an der JGU. Bei
einem einjährigen Gastaufenthalt in Maryland, USA,
unterrichtete er an der dortigen Universität Deutsch
für Anfänger. Für PHILIS ist
er als Schreibzeit-Tutor und
als Tutor für ausländische
Studierende tätig.
Enders empfindet seine Arbeit als Tutor und die
damit verbundenen PHILIS-Fortbildungen als
Bereicherung. „Ich bekomme die Gelegenheit, vieles
noch mal für mich selbst zu durchdenken, ich entdecke Dinge, die ich im regulären Studium vielleicht übersehen
würde. Außerdem macht es einfach Spaß, ausländische Studierende
kennenzulernen. Im vorigen Semester hatte ich eine Gruppe, die
zur Hälfte aus Italienern und zur Hälfte aus Koreanern bestand.
Das war extrem spannend und manchmal sehr lustig, sie zueinander zu bringen.“
PHILIS im Internet:
> www.philis.uni-mainz.de
LUST 8_2016
Schwerpunkt
Mathe
in der Mensa
Lernwerkstatt
U
mut Ekren wandert von Tisch zu Tisch. „Kommst du
klar?“, fragt er einen Erstsemester, der über einem Blatt
mit Formeln brütet. Der zuckt die Schultern. „Ich weiß
nicht, wie ich das angehen soll. Da ist irgendein Trick dabei.“ Ekren
schaut genauer hin. „Wir suchen nach einer Inversen. Probieren wir
es mal anders. Was passiert, wenn du den ggT …?“ Es entwickelt sich
ein Dialog, eine Art intellektuelles Ping-Pong-Spiel. Allmählich hellt
sich die Miene des jungen Studenten auf. Es dämmert ihm. Er übernimmt, kommt zu einer Lösung und staunt. Ekren meint nur: „Das
muss man einfach mal gesehen haben, dann läuft‘s.“
Seit rund drei Jahren gibt es die Lernwerkstatt Mathematik. Sie
wurde vom Projekt „Lehren – Organisieren – Beraten“ (LOB) und
dem Institut für Mathematik ins Leben gerufen. Ein Anlass für
diese Initiative war der hohe Anteil von Studienabbrecherinnen und
-abbrechern in den Fächern Mathematik und Informatik. Deutlich
über 65 Prozent der Studierenden werfen bereits in der Anfangs-
phase das Handtuch, denn die Mathematik-Vorlesungen im ersten
Semester haben es in sich. An den ausgeteilten Übungsbögen
scheitern viele – zumindest, wenn sie es im Alleingang versuchen.
„Mathematik ist nichts für Einzelkämpfer“, sagt Ekren. „Wenn
man sich nicht mit den Leuten unterhält, ist das Studium nicht zu
schaffen.“ Er war von Anfang an als Tutor bei der Lernwerkstatt
dabei und hat einiges an Erfahrungen gesammelt. „Meine Aufgabe
ist es, die Erstsemester zusammenzuführen, damit sie über ihre
verschiedenen Ansätze diskutieren können. Ich kann auch mal
selbst einen Ansatz in die Runde werfen oder eine neue Strategie
vorschlagen, wenn ich merke, dass sie gar nicht weiterkommen.
Aber vor allem geht es darum, dass sich die Leute zusammentun.“
Die Lernwerkstatt Mathematik bietet breite Unterstützung. Sie
ist Montag bis Donnerstag jeweils von 15 bis 18.45 Uhr geöffnet.
„Zu Beginn hatten wir mehrere kleine Seminarräume, auf die wir
20_ 21
Mathematik
ist nichts für
Einzelkämpfer
Umut Ekren
ZUR PERSON
Umut Ekren
die Lernwerkstatt verteilten. Damals war es auch noch so, dass ich
vorn saß und die Studierenden zu mir gekommen sind, wenn sie
eine Frage hatten. Es bildete sich dann immer eine Schlange, die ich
abgearbeitet habe.“
Seitdem hat sich einiges verändert. Die Lernwerkstatt ist so beliebt,
dass die zur Verfügung stehenden Säle nicht mehr ausreichten. Bei
der Suche nach neuen Räumen kam man auf die Uni-Mensa, die
dankenswerterweise ihre Türen für die Werkstatt öffnete. Nun
kann es durchaus sein, dass sich hier in den Stoßzeiten – etwa kurz
vor Abgabe der Übungsblätter – bis zu hundert Studierende zum
Büffeln und Diskutieren einfinden.
Neben den Räumlichkeiten hat sich auch der Stil geändert. Ekren
sitzt nicht mehr vorn, er macht lieber die Runde und fragt, ob Hilfe
nötig ist. Die Atmosphäre in der Lernwerkstatt ist zwar konzentriert, bleibt aber locker und offen. „So was wie eine Anwesenheitspflicht oder feste Zeiten für die Studierenden gibt es nicht“,
stellt Ekren klar. „Sie können kommen, wann immer sie wollen,
und so lange bleiben, wie es nötig ist.“
Acht studentische Tutorinnen und Tutoren arbeiten in der Lernwerkstatt Mathematik. Mindestens zwei sind immer anwesend.
„Daneben kommen auch schon mal Übungsleiterinnen und Übungsleiter oder die Professorinnen und Professoren, um zu helfen.“
Rund 45 Prozent der Mathematik- und InformatikStudierenden nehmen das Angebot wahr. Die Lernwerkstatt Mathematik hat sich derart bewährt, dass
sie demnächst auf die Fächer Physik und Meteorologie ausgedehnt werden soll.
ist 23 Jahre alt. Die ersten
fünf Semester studierte er
Mathematik und Philosophie auf Lehramt an der
JGU, dann wechselte er in
den Bachelor of ScienceStudiengang Mathematik
mit Nebenfach Philosophie.
Er engagierte sich von
Beginn an als Tutor bei
der Lernwerkstatt Mathematik, außerdem ist er
Übungsleiter am Institut
für Mathematik.
„Wenn die Leute erst mal Wind davon bekommen
haben, was wir hier machen, dann schauen sie öfter
vorbei“, meint Ekren. „Ich sehe immer viele bekannte Gesichter. Manche bleiben sogar hängen“,
meint er lächelnd und deutet auf eine Gruppe.
„Die hier sind im vierten oder fünften Semester und kommen
immer noch her, um gemeinsam zu lernen. Ich könnte ihnen gar
nicht mehr helfen. Dafür müsste ich mich extra vorbereiten.“
Für Ekren selbst ist die Lernwerkstatt nicht nur ein Nebenjob,
sondern eine Bereicherung. „Es ist spannend zu sehen, wie viele
eigene Ideen die Studierenden einbringen“, meint der 23-Jährige.
„Als ich mit meinem Studium begann, gab es solch ein Angebot
noch nicht. Ich musste noch Freundschaften schließen, ohne dass
mir ein extra Raum dafür geboten wurde.“
Die Lernwerkstatt Mathematik findet
während des Semesters Montag bis Donnerstag
von 15 bis 18.45 in der Zentralmensa statt.
Die Universität
könnte sehr viel
progressiver sein.
Siglinde Brahmst
LUST 8_2016
Porträt
22_ 23
Universität mitgestalten
Ob in der Fachschaft oder im Senat,
im AStA-Vorstand oder im Hochschulrat: Siglinde und Jonathan
Brahmst haben in unterschiedlichen
Gremien an der Gestaltung der JGU mitgewirkt.
Sie haben erfahren, dass Studierende einiges bewegen können. Nur machen die wenigsten davon
Gebrauch. Die Geschwister Brahmst wünschen
sich mehr Engagement – weil es sich lohnt: für die
Studierenden und die Universität.
LUST 8_2016
D
Porträt
er Satz klingt sehr optimistisch, aber Jonathan Brahmst
steht dazu. 2014 hat er ihn formuliert, damals übernahm
er den AStA-Vorsitz: „Man kann dafür sorgen, dass die
Uni, an der man ist, zu der Uni wird, die man haben möchte.“
Wer unzufrieden ist mit einer Prüfungsordnung oder mit der Berufungspraxis von Professorinnen und Professoren, der kann etwas
daran ändern, auch als Studentin oder Student. Er kann sich in
universitären Gremien engagieren, kann die studentische Selbstverwaltung stärken. Das ist Brahmsts Credo. Er schaut hinüber zu
seiner Schwester. Ein wenig scheint er fragen zu wollen: „Stimmt
doch, oder?“
Die beiden blicken keineswegs mit der rosa
Brille auf die Möglichkeiten der Studierenden, wenn es um Mitbestimmung geht.
Sie erzählen viel davon, was noch passieren
müsste. „Die Universität könnte sehr viel
progressiver in Richtung Gleichstellung
der Geschlechter sein“, meint Siglinde Brahmst. Diskriminierung
generell sieht sie als großes Thema, und sie würde sich einen
stärkeren Fokus auf das Thema Antirassismus wünschen.
„Ich denke auch, dass mehr passieren könnte“, sagt Jonathan
Brahmst. Als Mitglied des Senats hat er sich dafür eingesetzt, dass
die JGU über die Normierung einer Zivilklausel, einer Selbstverpflichtung, ausschließlich für zivile Zwecke zu forschen, in der
Grundordnung diskutiert. „In Mainz wäre das durchaus möglich“,
bekräftigt er. Es gebe viele Stimmen dafür. Jedoch werden solch
wichtige Themen in mehreren Gremien beraten – um zu Ergebnissen zu kommen, bedarf es großer Geduld.
24_ 25
Es ist erfreulich,
wie positiv die
Hochschulleitung
vielen studentischen
Forderungen
gegenübersteht.
In anderen Bereichen geschieht einiges auf Drängen
von Studierenden. „In der
Zusammenarbeit mit dem
Studierendenwerk hat sich
viel verändert“, nennt
Jonathan Brahmst
Siglinde Brahmst ein Beispiel. „Die Qualität des
Mensa-Essens ist besser
geworden. Es gibt weniger Fleisch, dafür vegane Menüs.“ Das hatte
sie seinerzeit mit angeregt. „Ich weiß nicht, ob das vielen Studierenden klar ist, wenn sie beispielsweise an der Müsli-Bar stehen: Das
ist auf Initiative Studierender passiert.“
„Es ist erfreulich, wie positiv die Hochschulleitung vielen studentischen Forderungen gegenübersteht“, sagt Jonathan Brahmst. „Der
persönliche Kontakt bringt eine Menge, man kann viel erreichen,
und das auf einem recht kurzen Weg. Nur ist das den Studierenden
oft nicht leicht zu vermitteln.“ Jonathan Brahmst sieht das auch
als strukturelles Problem. „Es gibt nur geringe
ZUR PERSON
Möglichkeiten, über Senatssitzungen zu berichten: Pressemitteilungen und Social Media
Siglinde Brahmst
scheiden aufgrund der lediglich hochschulist 30 Jahre alt. Sie studiert
öffentlichen Sitzungen aus, und Sitzungen der
Pädagogik sowie Englisch
Senatsausschüsse sind in der Regel nicht öffentund Geographie auf Lehramt. Für vier Jahre saß sie
lich.“ So dringe wenig zu den Studierenden,
im Senat der JGU, von dort
auch wenn viel geschehe.
ging es in den Hochschulrat.
Unter anderem war sie Vizepräsidentin des Studierendenparlaments, engagierte
sich im Fachbereichsrat und
in diversen Ausschüssen. Sie
ist Mitglied der Hochschulgruppe CampusGrün.
Siglinde Brahmst sieht ein Problem im Einstieg:
„Wenn man einmal so etwas gemacht hat, wenn
man sich etwa in den Fachschaftsrat hat wählen
lassen, dann ist der Zugang zu anderen Gremien
leichter.“
Wer sich in dem Maße engagiert wie die Geschwister Brahmst, wird irgendwann merken:
Das Studium leidet. „Die Semesterzahl erhöht
sich automatisch, wenn man ernsthaft Gremienarbeit betreibt“, sagt Jonathan Brahmst.
„Man muss sich vorbereiten auf die Themen.
Gerade in den Ausschüssen kann das aufwändig
sein.“ Aber in diesen Ausschüssen bewege sich
eben auch viel.
„Es ist einfach eine Frage, wo man seine Prioritäten
setzt“, sagt Siglinde Brahmst. „Ich empfinde das
längere Studium nicht als Einbuße oder Nachteil.
Ich habe viel in meiner politischen Arbeit gelernt
und nehme das ins Berufsleben mit.“
ZUR PERSON
Jonathan Brahmst
ist 27 Jahre alt. Er studiert
Rechtswissenschaften. Von
2013 bis 2015 sowie seit 2016
gehört er dem Senat der JGU
an. Er war AStA-Referent
und AStA-Vorsitzender. Seit
2012 ist er Abgeordneter
im Studierendenparlament,
2013 und 2016 als Vizepräsident. Zudem ist er Mitbegründer der Refugee Law
Clinic Mainz. Er ist Mitglied
von CampusGrün.
Bald werden die Geschwister die JGU verlassen und ihre Ämter in
andere Hände legen. „Es ist schon ein bisschen frustrierend, wenn
ich sehe, dass sich immer weniger Studierende engagieren“, meint
Siglinde Brahmst mit Blick auf diesen Abschied. Sie vermutet eine
Ursache in der Ausrichtung der Studiengänge. „Es herrscht heute
eine gewisse Verwertungslogik.“ Wer ist später wie zu gebrauchen
im Job? „Persönlichkeitsentwicklung wird eher zum Luxus. Die
Wirtschaft tut das gern unter der Rubrik Soft Skills ab. Aber diese
Soft Skills sind wichtige Fähigkeiten für die Lebenszufriedenheit
und das gesellschaftliche Miteinander.“
Die beiden regen auch an, Sitzungsgelder für in der Selbstverwaltung tätige Studierende einzuführen, Credit Points oder
Ehrenamtszertifikate zu vergeben und die Infrastruktur in
diesem Bereich generell zu verbessern. „Wir haben ja Wertschätzung erfahren“, räumt Siglinde Brahmst ein. „Aber es wäre gut,
sie auch auf dieser Ebene zu spüren.“
„Campusradio“
Simone Matheis
Lea Utz
Maja Davydov
„Kulturkurse“
Carolin Steck
LUST 8_2016
„Skills Lab“
Christiane
Leidinger
Andreas Solheid
S E
Die Universität ist nicht nur ein Ort für Lehre
und Forschung, sondern auch vielgestaltiger
Lebensraum. Studierende machen sie mit
ihren Initiativen, wie den Kulturkursen oder
dem Campusradio, bunter. Sie treten
aber auch an, um die Lehre zu
ergänzen, um das Studium selbst
zu bereichern. Das Skills Lab ist
ein Paradebeispiel dafür.
26_ 27
LUST 8_2016
Impulse
Frische Ideen
für offene Ohren
Campusradio
A
n der Seite der Alten Mensa führt eine schmale Treppe
ins Tiefparterre. Im Gebäude selbst geht es über eine
weitere Treppe aufwärts, durch eine Tür, wieder eine
Treppe hoch, dann durch eine zweite Tür. Ein Zettel an der Wand
macht Mut: „Du bist auf dem richtigen Weg zum CampusradioRedaktionsraum.“ Noch ein paar Stufen – und da ist er: „Geschafft!“, steht auf der letzten Tür, die in zwei niedrige Räume
führt. Hier warten Simone Matheis, Lea Utz und Maja Davydov.
Sie wollen erzählen, wo es hingehen soll mit dem Campusradio
Mainz.
„In den letzten zwei Jahren ist ungeheuer viel passiert“, sagt
Matheis. Das Team von Campusradio Mainz wuchs gewaltig und
umfasst mittlerweile 40 Studierende der Johannes GutenbergUniversität Mainz. „Unsere Räume hier sind für unsere Redaktionssitzungen längst zu klein geworden. Wir müssen jedes Mal
schauen, wo auf dem Campus wir uns treffen können.“
Etwas Ungeduld und viel Aufbruchsstimmung ist zu spüren. Mit
den drei Studentinnen über die Geschichte dieser Institution zu
reden, ist gar nicht so einfach. Sie schauen lieber in deren Zukunft.
Als Campusradio Mainz im Jahr 2002 das erste Mal über das Bürgerradio Rheinwelle auf Sendung ging, waren Einzelkämpfer am Start.
Jeder brachte seine eigene Musik mit, setzte sich vor das Mikro,
und los ging‘s. Das war sicher kreativ und abwechslungsreich, führte
aber nicht unbedingt dazu, Campusradio ein Profil zu geben.
Vor zwei Jahren entstanden dann Redaktionen, die sich um verschiedene Bereiche kümmern. „Wir haben zum Beispiel eine sehr
engagierte Musikredaktion“, erzählt Utz. „Sie hört die vielen
Promos durch, die wir bekommen, und bewertet sie.“ Die Musikredaktion organisiert Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern
aus der Region, aber auch mit überregional bekannten Bands wie
Moderat oder Rappern wie Casper.
28_ 29
Simone Matheis
Lea Utz
Maja Davydov
1
Utz selbst rief die Redaktion Aktuelles ins Leben. „Mir war wichtig,
dass wir mehr Campusthemen bringen und mehr vom Studentenleben berichten“, sagt sie. Nun gibt es regelmäßig Berichte, Reportagen oder Interviews dazu. Es sind auch feste Rubriken wie die
Umfrage der Woche entstanden. Eine große Filmredaktion stellt
neueste Kinoproduktionen vor und nimmt sie unter die Lupe.
Campusradio bietet Features zu verschiedensten Bereichen, einen
Check der JGU-Mensen und auch mal Beiträge zu Themen wie
der jüngsten Landtagswahl oder dem Fall Böhmermann.
Das alles ist nur ein Ausschnitt von dem, was Campusradio zu bieten hat. Doch gerade diese Vielfalt und diese Produktivität bereiten
Probleme. Sie lassen die Radiomacherinnen und -macher seit einiger
Zeit schmerzhaft ihre Grenzen fühlen. „Wir haben beim Bürgerradio Rheinwelle wöchentlich nur zwei Stunden Sendezeit zur Verfügung und einmal im Monat eine Stunde zusätzlich“, sagt Matheis.
„Da können wir unmöglich alles unterbringen.“ Für 40 kreative,
engagierte Studierende ist das frustrierend. „Außerdem müssen wir
von Wiesbaden aus senden“, ergänzt Utz, „das ist umständlich.“
Das alles könnte sich demnächst ändern. „Wir haben bereits Gespräche mit dem Universitätspräsidenten geführt“, sagt Matheis.
Z U R P ER S ON
Z U R P ER S ON
Z U R P ER S ON
Simone Matheis, 24,
studiert Kommunikationswissenschaften im vierten
Semester (Masterstudiengang). Sie
ist Chefredakteurin
und erste Vorsitzende von Campusradio Mainz e.V.
Lea Utz, 22, studiert
im sechsten Semester
Politikwissenschaft und
Publizistik im Nebenfach. Sie gründete die
Redaktion Aktuelles,
ist stellvertretende
Chefredakteurin und
zweite Vorsitzende von
Campusradio Mainz e.V.
Maja Davydov, 22,
studiert im vierten
Semester Wirtschaftswissenschaften. Sie leitet die
Filmredaktion und
ist Schatzmeisterin
von Campusradio
Mainz e.V.
Das Radio wünscht sich eigene Räume auf dem Campus, ein
eigenes Studio. Möglicherweise ließe sich Vieles über das Institut
für Publizistik regeln. „Auch da haben wir schon Gespräche
geführt und sind auf offene Ohren gestoßen“, sagt Matheis.
Campusradio möchte längere Sendezeiten, möchte aus der Mitte
der Mainzer Studierenden senden – und gern auch weiter wachsen.
Anfang Mai gründete sich der gemeinnützige Verein Campusradio
Mainz e.V. „Das macht vieles einfacher“, sagt Davydov, „wir können zum Beispiel leichter Spenden einwerben.“
Campusradio steht in den Startlöchern. Die Ideen sind da – die
Studierenden auch: Sie freuen sich auf die neuen Herausforderungen.
Campusradio ist jeden Mittwoch von 11 bis 12
Uhr und von 14 bis 15 Uhr in Mainz und Wiesbaden über Radio Rheinwelle auf 92,5 MHZ oder
weltweit auf www.radio-rheinwelle.de zu hören.
Einiges ist auf der Campusradio-Website zu sehen und zu hören:
www.campusradio.uni-mainz.de. Zusätzlich werden die Sendungen
auch über den Bürgersender OK:TV Mainz donnerstags von 18.30
bis 19.30 Uhr und freitags von 19 bis 20 Uhr ausgestrahlt.
LUST 8_2016
Impulse
GroSSes Programm
jenseits des Studiums
Kulturkurse
W
ie wäre es, einmal Neo-Tango zu tanzen, sich in arabischer Kalligrafie zu versuchen oder beim Lachyoga
zu entspannen? All das und vieles mehr bieten die
Kulturkurse an der JGU. Hier geben vor allem Studierende ihre
Kenntnisse an Kommilitoninnen und Kommilitonen weiter. Sie
unterrichten so unterschiedliche Dinge wie „Improtheater für
Anfänger“, „Südamerikanisches Spanisch“ oder „Deutsche Gebärdensprache“.
Seit drei Semestern koordiniert Carolin Steck die Kulturkurse
des Vereins Campus Mainz, der es sich zur Aufgabe gemacht
hat, das Leben auf dem Campus durch verschiedenste Initiativen
bunter und interessanter zu machen. Das Kursangebot startete
im Wintersemester 2014/2015. „Die Idee war, dass Studierende,
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Uni, aber auch Leute von
außerhalb ihr Wissen an andere weitergeben. Es gab schon vorher
viele Aushänge mit Kursangeboten auf dem Campus. Wir wollten
das bündeln und den Leuten die Organisation abnehmen.“
Vorbild für die Initiative waren die Kulturkurse der Universität
Hamburg. „Da läuft das schon seit Jahren“, erzählt Steck. „Die
bieten rund 100 Kurse an.“ An der JGU sind es nicht ganz so viele,
aber auch dort startete das Angebot gewaltig durch. Im ersten
Semester liefen 14 Kurse, im Sommer darauf waren es bereits 40.
„Dass die Resonanz so groß ist, hat uns selbst überrascht. Heute
sind wir bei 43 Kursen mit rund 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Das ist eine Größenordnung, die wir noch gut organisieren
können.“
Das Programm ist breit, die Palette der Anbieter ebenfalls. „Oft
sind unsere Kursleiterinnen und Kursleiter Leute, die einfach ein
Hobby haben, das sie teilen wollen. Die meisten sind Studierende,
viele haben keine Lehrausbildung, manche haben noch nie unterrichtet. Unsere Kurse sind also nicht immer superprofessionell,
aber die Leute sind mit Leidenschaft dabei.“
30_ 31
Carolin
Steck
29 Euro kostet eine Kursteilnahme für Studierende, alle anderen
zahlen 45 Euro. In der Regel werden je zehn Termine à zwei Stunden angeboten „Das ist sehr preiswert. Campus Mainz will daran
nicht verdienen, die Kulturkurse sollen sich nur selbst tragen. Für
die Leiterinnen und Leiter ist es ein Nebenverdienst, aber nicht ihr
Antrieb.“ Die Kurse selbst sollen klein bleiben. „Wir lassen maximal 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu, in manchen Bereichen
sogar weniger. Wir wollen keine Massenveranstaltungen.“
Die Räume stellt die JGU. „Für diese Unterstützung sind wir
sehr dankbar.“ Die Kurse finden oft abends statt, wenn die meisten
regulären Lehrveranstaltungen gelaufen sind – oder morgens zu
Zeiten, zu denen Studierende im Allgemeinen eher schwer aus den
Federn kommen.
Das Klischee vom viel beschäftigten Studierenden, der sich in
Rekordzeit durch sein Bachelor- oder Masterstudium arbeitet und
nicht nach links oder rechts schaut, scheint sich hier nicht zu bestätigen. „Vielleicht sind unsere Kurse so beliebt, weil man völlig freiwillig lernt und mal was ganz anderes machen kann“, meint Steck.
„Die Universität soll ein Ort sein, wo man mit vielen verschiedenen
2
Z U R P ER S ON
Carolin Steck ist 25 Jahre
alt. Sie studiert im siebten
Semester Kulturanthropologie und Politikwissenschaft
an der JGU und bereitet
sich auf ihre Bachelor-Arbeit
vor. Im Frühjahr 2015
übernahm sie bei Campus
Mainz die Koordination
der Kulturkurse.
Themen in Berührung kommt. Wir unterstützen das, wollen aber keine
Konkurrenz zu bestehenden Angeboten sein. Bevor wir zum Beispiel unsere Sprachkurse ins Programm genommen haben, haben wir
beim Sprachenzentrum der Uni nachgefragt, ob das in Ordnung ist.“
Eine Stärke der Kulturkurse ist die Flexibilität. Hier muss nichts
zertifiziert werden, kein langer Vorlauf ist nötig, und wenn
möglich werden bei hoher Nachfrage Zusatzkurse ins Programm
genommen. Steck und der Verein können natürlich keine Garantie
für die Qualität des Angebots übernehmen. „Ich treffe schon jede
Leiterin und jeden Leiter vorher, aber ich kann nicht überprüfen,
wie ihre Kurse laufen.“ Bisher waren die Rückmeldungen allerdings rundum positiv.
Steck räumt ein: „Es ist ein enormer Aufwand, die Kulturkurse zu
organisieren. Aber es ist ein Job, wo man wirklich etwas Sinnvolles
zu tun hat, wo man nicht einfach rumsitzt. Es ist toll, was Neues
geschaffen zu haben, mit so wenig Leuten ein so großes Programm
auf die Beine zu stellen.“
Die Kulturkurse im Internet:
> www.campus-mainz.net/kulturkurse/
LUST 8_2016
Wir spielen
mit euch +:-)
Skills Lab
Impulse
die tiefgekühlt bereit liegen: An ihnen werden die grundlegenden
Naht- und Knotentechniken durchexerziert, die jede Chirurgin
und jeder Chirurg beherrschen sollte. „Die Nahtkurse sind mit
unser beliebtestes Angebot“, sagt der angehende Mediziner. Jedes
Semester kommen rund 150 Studierende, um sich mit Nadel und
Faden an den Schweinefüßen zu versuchen.
W
Im Skills Lab Mainz lernen Studierende all das, was im Regelstudium manchmal zu kurz kommt. Mehr als 40 verschiedene
Kurse stehen allein im aktuellen Semester zur Auswahl. Meist werden sie mehrfach angeboten. „Ich schätze, dass 80 bis 85 Prozent
der Studierenden das Skills Lab nutzen“, sagt Christiane Leidinger,
die wie Solheid zu dem Team aus zwölf Studierenden gehört,
welches das Skills Lab leitet und alle Aktivitäten koordiniert.
Die Tour führt vorbei an Gummiarmen, die für Punktionsübungen
herhalten müssen. Solheid zeigt einen Bronchoskopietrainer und
ein Ultraschallgerät – und er berichtet von den Schweinefüßen,
2003 schrieb das Dekanat des Fachbereichs Medizin einen Wettbewerb zur Verbesserung der Lehre aus. Damals reichten Studierende
den Entwurf fürs Skills Lab ein. Sie hatten festgestellt, dass es
ihnen an Möglichkeiten fehlte, praktische Fähigkeiten zu trainieren,
die sie später für den Beruf brauchen würden. Das wollten sie
ändern. Sie überzeugten mit ihrer Idee.
ir machen nicht nur Kleinigkeiten“, meint Andreas
Solheid, während er durch die Räume des Skills Lab der
Universitätsmedizin Mainz führt. „Das hier ist zum
Beispiel unser Laparoskopietrainer.“ Er präsentiert ein Gerät, mit
dem sich komplizierte Eingriffe in die Bauchhöhle simulieren lassen. Mit winzigen, sehr präzisen Schnitten geht es dabei zum Ziel.
Das will gelernt sein.
32_ 33
Christiane
Leidinger
Andreas
Solheid
Z U R P ER S ON
Z U R P ER S ON
Christiane Leidinger
ist 23 Jahre alt und
studiert im siebten
Semester Humanmedizin. Sie stieß
im Wintersemester
2015/2016 zum
zwölfköpfigen Organisationsteam des
Skills Lab Mainz.
Andreas Solheid
ist 29 Jahre alt. Er
studiert im sechsten
Semester Humanmedizin. Seit dem
Sommersemester
2015 gehört er zum
Organisationsteam
des Skills Lab Mainz.
Mit der Gründung des Skills Lab betraten die Mainzer Neuland
und setzten Maßstäbe. Viele Universitätskliniken folgten in den
Jahren darauf ihrem Vorbild. In einer Hinsicht allerdings bleibt die
Mainzer Einrichtung einzigartig: Hier liegt alles in der Hand von
Studierenden. „Wir entscheiden eigenständig, was gemacht wird“,
erzählt Leidinger. „Uns redet niemand rein.“
Sie selbst besuchte seinerzeit einen der Hygienekurse. „Das Konzept des Skills Lab hat mich damals überzeugt. Ich mag die Zusammenarbeit in unserem Team. Es gibt bei uns keinen Stillstand.
Wir arbeiten ständig an Verbesserungen und neuen Angeboten.“
Der Ton ist locker im Skills Lab. Humorvolle Slogans wie
„Punktionskurs: Erfahrungen, die unter die Haut gehen“ finden
sich überall. Ein Poster verkündet: „Wir spielen mit euch.“ Tatsächlich aber ist das Skills Lab im Herzen des Universitätsklinikums
viel mehr als nur eine Spielerei.
„Unsere Angebote sind fast alle praktisch orientiert – oder pragmatisch“, meint Solheid. „Ein Kurs beschäftigt sich zum Beispiel
damit, wie ich an eine Doktorarbeit herangehe, wie ich einen
Doktorvater finde.“ Die Teilnehmerzahl hält das Team absichtlich
klein: Mit vier oder fünf Studierenden ist mancher Kurs bereits
voll. „So können wir intensiver und individueller arbeiten, als es im
Studium möglich ist.“ Die Dauer der Kurse richtet sich nach dem
Thema: Viele sind nach zwei Stunden beendet, andere umfassen
mehrere Sitzungen.
Neben der reichen Auswahl an Kursen bietet das Skills Lab auch
ein Selbstlernzentrum: Studierende können nach vorheriger Anmeldung vorbeikommen, um an den Geräten zu üben oder an
Schweinefüßen zu nähen. Zudem hat das Team im vorigen Jahr
begonnen, kurze Videoclips zu Themen wie Auskultation oder
Sonographie zu produzieren. Diese neue Reihe wurde bereits mit
dem Spektrum-Preis des Vereins zur Förderung der Medizinischen
Ausbildung in Rheinland-Pfalz ausgezeichnet.
Ob Videos, Kurse oder Übungen: Meist sind es Studierende,
die im Skills Lab Themen für Kommilitoninnen und Kommilitonen aufbereiten. Dieses Peer-to-Peer-Prinzip hat sich
bewährt. Insgesamt engagieren sich knapp 40 Studierende
im Skills Lab.
„Wir bemühen uns aber auch, noch mehr Ärztinnen
und Ärzte zu gewinnen, um unser Angebot zu
erweitern“, meint Solheid. Im Moment lehren gut
20 Dozentinnen und Dozenten ehrenamtlich
im Skills Lab. Dieser Bereich sei aber nach Ansicht
des Studenten noch ausbaufähig. „Wir freuen uns
über jeden, der sich meldet.“ Denn nicht nur
Studierende sollen hier spielen.
Skills Lab im Internet:
> www.unimedizin-mainz.de/skillslab/home.html
LUST 8_2016
Aus dem Studienangebot
Tradition
Innovation
Improvisation
Bachelor Jazz und
Populäre Musik führt zum
Schmelztiegel der Musik
1
J
azz war und ist der Schmelztiegel der Musik im 20. und
21. Jahrhundert. Er vereint Gegensätze, er bringt Elemente
aus Klassik, Pop und folkloristische Einflüsse bis hin zu
Neuer Musik zusammen, er entsteht im Moment und spiegelt
ihn wider: „Jazz is about capturing the moment“ (Herbie Hancock). Die Fähigkeit zu improvisieren – also auf Grundlage einer
fundierten Ausbildung spontane Entscheidungen zu treffen – ist
nicht nur musikalisch, sondern auch gesellschaftlich bedeutsam.
Jazzmusikerinnen und -musiker haben diese Fähigkeit. Sie sind
vielseitig, offen und anpassungsfähig, aber auch Querdenkerinnen
und -denker sowie Individualisten – eine kraftvolle Kombination.
Die Jazzabteilung der einzigen Musikhochschule in RheinlandPfalz hat sich dieser Vision des Jazz verschrieben. Der BachelorStudiengang Jazz und Populäre Musik vereint daher technische
Grundlagen und „Handwerk“ mit künstlerischer Freiheit. Nach der
erfolgreich bestandenen Aufnahmeprüfung vermitteln die ersten
S teckbrief :
beiden Studienjahre neben musikalischtechnischen Fertigkeiten in Haupt- und
Nebeninstrument sowie theoretischem und
musikhistorischem Basiswissen auch den
Umgang mit Studiotechnik. Das dritte und
das vierte Studienjahr rücken die Entwicklung einer künstlerischen Persönlichkeit in
den Mittelpunkt. Durch eine intensive regionale, nationale und internationale Vernetzung
haben die Studierenden schon früh Gelegenheit, auf renommierten Bühnen Praxiserfahrung zu sammeln. Spannende internationale
Workshops runden das Studium ab.
Weitere Infos
> www.jazzuni.de
Was muss ich mitbringen?
Sehr gutes instrumentaltechnisches Niveau, gute Kenntnis
der Jazz-Tradition, Fähigkeiten zur Improvisation.
Die Zulassung wird in einer
Eignungsprüfung erworben.
Wie lange dauert’s?
8 Semester
Was kann ich danach tun?
Arbeiten als konzertierende
Musikerin oder konzertierender Musiker in den
Bereichen Jazz, Pop, Rock,
Theatermusik, im Bereich
Jazz- und Poparrangement
und -komposition, im Bereich
Musikpädagogik, Musikproduktion, Musikmanagement,
Künstler-/Eventagentur,
Kulturförderung, Jugendarbeit, Rundfunk, Journalismus, Coaching
34_ 35
K
ünstlerinnen und Künstler führen ein in die Welt der
Bildenden Kunst: Mit mehreren Malerei- und Bildhauerklassen, mit Klassen für Grafik, Zeichnung, Medienkunst,
künstlerischem Film und Fotografie hält der Diplomstudiengang
„Freie Bildende Kunst“ an der Kunsthochschule der JGU ein
breites Angebot für künstlerisches Arbeiten bereit. Das Studium
findet hauptsächlich in den künstlerischen Klassen der Hochschule
statt. Dort steht die kreative Entwicklung der Studierenden im
Mittelpunkt. Sie werden begleitet von Lehrenden, die selbst Künstlerinnen und Künstler sind. Daneben finden ergänzende kunsttheoretische Lehrveranstaltungen statt.
Schlüssel zu einer erfolgreichen Bewerbung sind die Begabung und
die Befähigung zum künstlerischen Studium. Voraussetzung zur
Zulassung ist daher das Bestehen einer Eignungsprüfung. Sie beinhaltet eine Mappenprüfung, ein Gespräch und gegebenenfalls eine
praktische Prüfung. Für die Mappenprüfung muss eine Mappe mit
20 bis 30 eigenen künstlerischen Arbeiten zur Begutachtung eingereicht werden. Die Auswahl der künstlerischen Arbeiten bleibt
dabei den Bewerberinnen und Bewerbern überlassen. Es kann
sich um Zeichnungen, Malerei, Druckgrafik, Filme,
Videos, Fotografien oder Plastiken handeln. Dabei
kann durchaus ein künstlerischer Schwerpunkt gesetzt werden. Wer die Mappenprüfung bestanden hat,
wird danach zu einem Gespräch eingeladen.
Der Studienverlauf richtet sich nach dem jeweils
individuell bestimmten Grad und Charakter der
persönlichen künstlerischen Entwicklung der Studierenden. Herausragende Studierende können in einem
zweisemestrigen Postgraduiertenstudium ihre künstlerische Entwicklung vertiefen. Dieses Vertiefungsstudium schließt mit einer Abschlussausstellung ab.
S teckbrief :
Was muss ich mitbringen?
Besondere Begabung und
Befähigung zum Studiengang, eine Zulassung setzt
die bestandene Eignungsprüfung voraus.
Wie lange dauert’s?
Etwa 9 Semester
Was kann ich danach tun?
Freiberufliche künstlerische
Tätigkeit (mit Ausstellungen
in Galerien, Kunstvereinen
usw.), Erwachsenenbildung, Kunsttherapie
oder Museumspädagogik
Weitere Informationen:
> www.kunsthochschule-mainz.de
Zwei Mal pro Semester werden Informationsveranstaltungen zum Kunststudium angeboten:
Termine unter
> www.kunsthochschule-mainz.de/terminearchiv.html
Künstlerinnen und Künstler als Lehrende
Diplomstudiengang
deckt die ganze
Palette der Bildenden
Kunst ab
2
LUST 8_2016
LUPE
Buddy-Projekt
Keine
Baby-
sitter,
A
sondern
Kumpels
uslandsaufenthalte gehören für Studierende längst zum
Alltag. Sie bringen neue Erfahrungen und weiten den
Horizont. Doch es ist nicht immer einfach, sich in einem
anderen Land und an einer fremden Universität mit einer anderen
Lehr- und Lernkultur zurechtzufinden. Die Buddy-Projekte sollen
hier den Einstieg erleichtern. Es gibt sie in leicht variierender Form
an vielen Hochschulen.
bei Fragen zu Studium, Alltag oder Freizeit bereit oder vermittelt
bei ernsteren Problemen die passenden Ansprechpartnerinnen und
-partner. Ziel ist es, einen persönlichen Kontakt zwischen dem
Tandem herzustellen. So lässt sich der englische Begriff „Buddy“ mit
dem deutschen Wort „Kumpel“ umschreiben. Ein sehr erfolgreiches
Buddy-Projekt ist am Germersheimer Fachbereich für Translations-,
Sprach- und Kulturwissenschaft (FTSK) der JGU entstanden.
Eine Studentin oder ein Student vor Ort kümmert sich jeweils um
einen Gast. Sie oder er hilft in verschiedensten Bereichen, steht
Seit zwei Semestern betreut die Studentin Inga Griciute als wissenschaftliche Hilfskraft das Germersheimer Projekt, das 2009 ins
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Leben gerufen wurde. Die Idee dazu war bei einem Seminar entstanden, das sich zwei Fragen widmete: „Wie gastfreundlich ist der
FTSK?“ und „Wie können wir den Austauschstudierenden beim
Start in Germersheim helfen?“
„Ich kam 2010 nach Germersheim und fand das Buddy-Projekt
sofort toll“, erinnert sich Griciute. „Ich wollte einen Teil mitgestalten. Ich habe selbst im Ausland studiert und weiß, wie es ist,
wenn man nicht sofort alles versteht, wenn die Orientierung
fehlt.“
Da sie selbst auch Russisch studiert, bildete Griciute als Buddy
überwiegend Tandems mit Gästen aus Russland. „Ich bin immer
an sehr selbstständige Austauschstudierende geraten, die schon vor
ihrem Auslandsaufenthalt viel vorbereitet hatten.“ Griciute zeigte
ihnen die Stadt, die Universität. „In der Freizeit haben wir oft
etwas miteinander unternommen.“
Heute als Koordinatorin des Projekts sucht sie einen Buddy
aus, der im Idealfall an der Heimathochschule des Austauschstudierenden zu Gast war oder dort einen Aufenthalt plant. Auf
jeden Fall aber schaut sie, dass es mit den Sprachen möglichst
gut passt.
Wie sich die Partnerschaft der Buddys entwickelt, liegt in deren
Händen und orientiert sich zum großen Teil an den Bedürfnissen
der Austauschstudierenden. „Das ist sehr individuell. Aber in
jedem Fall ist ein Buddy kein Babysitter, der Tag und Nacht für
den anderen da sein muss“, erläutert Griciute. „Die Studierenden
sollen einfach jemanden haben, der ihnen weiterhelfen kann.“
In den allermeisten Fällen sind es kleinere Probleme: Wo ist der
nächste Supermarkt? Wie komme ich an meine Bücher? Oft geht
es auch um Behördengänge oder um Regularien zum Studium.
Viele Germersheimer Studierende engagieren sich ehrenamtlich
beim Buddy-Projekt. „Im Sommersemester kommen etwa 20
Austauschstudierende zu uns, da habe ich Wartelisten für die
Buddys.“ Im Wintersemester sind es etwa 100. „Da kann es schon
mal vorkommen, dass einem Germersheimer Buddy zwei Austauschstudierende zugeteilt werden.“
Bei einer Schulung in der ersten Semesterwoche bekommen die
Buddys ihre Aufgaben erklärt. „Es wird ihnen auch ein bisschen
die Angst genommen. Wir sagen ihnen, dass sie nicht für alles
verantwortlich sind.“ Dann übernehmen sie die
Regie. „Es gibt keine Vorschriften, wie oft sich
die Buddy-Paare treffen müssen. Das entwickelt
sich alles von selbst und funktioniert sehr gut.“
Seit einem Jahr bietet das Buddy-Projekt noch ein
Extra: „Zu Beginn jedes Semesters suchen wir
freiwillige Helfer, mit denen wir ein Freizeitprogramm organisieren.“ Das reicht mittlerweile vom
Running-Dinner über den Longboard-Workshop
bis zum Ausflug nach Heidelberg.
Am Ende bekommen die Germersheimer Buddys
ein Zertifikat für ihr Engagement. „Da erfahren
wir auch, was aus den Buddys geworden ist.
Viele erzählen, dass sich Freundschaften entwickelt haben – und manchmal haben wir sogar
Pärchen darunter.“ Das aber ist die Ausnahme.
Beim Buddy-Projekt reicht es vollkommen, ein
guter Kumpel zu sein.
Das Germersheimer Buddy-Projekt im Internet:
> www.fb06.uni-mainz.de/ikk/248.php
ZUR PERSON
Inga Griciute
ist 29 Jahre alt. Nach einer
Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin
absolvierte sie das Bachelorstudium „Sprache, Kultur,
Translation“ am Fachbereich
für Translations-, Sprachund Kulturwissenschaft
der JGU in Germersheim.
Zwischendurch führte sie
ein Auslandsstudium nach
Nottingham. Zurzeit studiert
sie „Translation“ im Master.
Griciute ist wissenschaftliche
Hilfskraft am Arbeitsbereich
Interkulturelle Kommunikation am FTSK. Sie koordiniert das Germersheimer
Buddy-Projekt.
LUST 8_2016
Kennen Sie...? Institutionen der JGU stellen sich vor
GroSSes
Budget
und viele
Zentraler Fachschaftenrat (ZeFaR)
D
as Büro ist nicht besonders groß. „Aber wir haben noch
Glück“, meint Thorsten Hoffmann, „andere AStA-Referate müssen sich einen Raum teilen.“ Vor ihm liegt ein
Stapel dicker DIN-A4-Hefte. Das ist der ZeFaR-Rundbrief Nummer 968 in mehrfacher Ausfertigung. Er enthält auf 74 Seiten allerlei
Informationen für das am Abend anstehende Plenum des Zentralen
Fachschaftenrats der JGU: Zu dieser wöchentlichen Sitzung schicken
die 45 Fachschaften je eine Vertreterin oder einen Vertreter.
„Diesmal wird es länger dauern“, prognostiziert Celina Schmuck.
Vorige Woche schloss das Plenum bereits nach zwei Stunden,
obwohl noch nicht alle Tagesordnungspunkte abgearbeitet waren.
Kleinigkeiten
Das muss nun nachgeholt werden. „Ich habe schon Sitzungen
erlebt, die bis tief in die Nacht gingen“, erzählt Hoffmann. „Die
längste dauerte acht Stunden.“
Zusammen mit Stephan Klose bilden Schmuck und Hoffmann den
Vorstand des ZeFaR (Stand Mai 2016), der jedes Jahr neu gewählt wird
und als autonomes Referat zum AStA gehört. Der ZeFaR-Vorstand
stellt automatisch eine AStA-Vizepräsidentin oder einen Vizepräsidenten. In dieser Legislatur hat Schmuck die Aufgabe übernommen.
Der ZeFaR ist das zentrale Organ der Fachschaften. Hier wird ihre
Arbeit koordiniert, hier werden die strukturellen und finanziellen
38_ 39
Grundlagen für die Fachschaftsarbeit geschaffen.
„Wir haben mehr mit den Basis-Studierenden zu
tun als die meisten anderen Uni-Gremien“, meint
Hoffmann. „Spätestens wenn sie ihr Sommerfest
finanziert bekommen wollen, wenden sie sich an
uns.“ Auch Veranstaltungen wie die Freizeitwochenenden für Erstsemester gehen im buchstäblichen Sinne auf das Konto des ZeFaR.
Das weite Spektrum reicht hinunter bis zum Einkauf von Büromaterial oder ein paar schlichten Schrankschlüssel, die dringend
nachgemacht werden müssen. All das läuft in dem kleinen Büro
zusammen und findet Eingang in den ZeFaR-Rundbrief.
Wenn eine Fachschaft einen Grill für ein Fest braucht oder ein
Waffeleisen für einen Stand, dann kann sie das beim ZeFaR ausleihen. „Wir haben all die Sachen, deren Anschaffung sich für eine
einzelne Fachschaft nicht lohnen würde“, sagt Hoffmann.
Doch nicht nur mit solchen Wünschen kommen Studierende zum
ZeFaR. „Wir kümmern uns um alle möglichen Anfragen“, sagt
Schmuck. Mal geht es um die Zukunft der Buslinie 69, mal um die
Berufung von Professorinnen und Professoren oder Probleme mit
einer Prüfungsordnung. „Wir hatten auch schon den Fall, dass sich
jemand meldete, der sich in seinem Fachbereich gemobbt fühlte.
Wir haben daraufhin vermittelnde Gespräche geführt.“ – „Es gibt
auch Situationen, in denen die Mitglieder eines Fachschaftsrats
Nachteile befürchten, wenn sie selbst unangenehme Themen in
ihrem Fachbereich ansprechen“, ergänzt Hoffmann. „Das übernehmen wir dann.“
Der ZeFaR-Vorstand ist zudem der heiße Draht zwischen AStA
(Allgemeiner Studierendenausschuss), StuPa (Studierendenparlament) und den Fachschaften. Der Informationsaustausch gehört
zur festen Tagesordnung des ZeFaR-Plenums.
Als Vorstand sind Hoffmann, Schmuck und
Klose einerseits für große Summen verantwortlich,
sie kümmern sich andererseits aber auch um eine
Unzahl von Kleinigkeiten. Das kostet viele Stunden
– nicht nur im wöchentlichen Plenum. „Mir macht
der Verwaltungskram Spaß“, meint Schmuck
dazu. „Seitdem ich im ZeFaR bin, verstehe ich, wie
alles zusammenhängt auf dem Campus. Ich habe
den Eindruck, dass unsere Arbeit nicht einfach
so verraucht, sondern wirklich etwas bewirkt. Wir
haben ein Budget, um das uns die Bürgermeister
mancher Kleinstadt beneiden würden.“
„Wir lernen alle möglichen Leute auf dem Campus
kennen“, nimmt Hoffmann den Faden auf, „die
Verkehrsaufsicht, die Zentralen Dienste.“ Und
natürlich Studierende aus den verschiedenen
Fächern. „Mein Bekanntenkreis hat sich entschieden erweitert“, erzählt die Archäologiestudentin
Schmuck. „Jetzt kenne ich sogar ein paar Chemiker“, meint sie mit Blick auf Hoffmann.
Dann schaut sie aufs Handy: Es wird Zeit fürs
Plenum. Die beiden schnappen sich den Stapel
Rundbriefe und allerlei andere Unterlagen.
Heute wird es also länger dauern – aber hoffentlich
keine acht Stunden.
Der ZeFaR im Internet:
> www.zefar.uni-mainz.de
ZUR PERSON
Celina Schmuck
ist 23 Jahre alt und studiert
Archäologie an der JGU.
Seit knapp einem Jahr ist
sie im ZeFaR-Vorstand für
das Finanzielle zuständig
und ist zudem AStA-Vizepräsidentin.
ZUR PERSON
Thorsten Hoffmann
ist 28 Jahre alt und studiert
Chemie an der JGU. Seit
knapp einem Jahr sitzt er im
ZeFaR-Vorstand, wo er sich
vor allem um den Rundbrief, das Plenumsprotokoll
und den Einkauf kümmert.
I do not sing because I’m happy –
I’m happy because I sing
William James
Authentic Voices
Die Authentic Voices sind ein Chor aus musikbegeisterten Studierenden und Lehrenden des
Department of English and Linguistics, aber inzwischen auch anderer Fachbereiche. 1998 gegründet,
singen sie mit viel Spaß unter der Leitung des Amerikanisten Prof. Manfred Siebald Lieder
aus allen anglophonen Ländern – Madrigale, Folk Songs, Spirituals, Rock, Pop und Carols – und
sind bei verschiedenen akademischen Anlässen zu hören. Jährliches Highlight ist das Benefizkonzert
„Carols by Candlelight“, eine Mischung aus Weihnachtsliedern und Lesungen, die jedes Mal
Hunderte von Zuhörerinnen und Zuhörern in das kerzengeschmückte Atrium Maximum lockt.
Proben:
im Semester immer donnerstags
16.30-18 Uhr in der Katholischen
Hochschulgemeinde
Nächstes Konzert:
„Carols by Candlelight”, 22.12.2016,
20 Uhr, Atrium Maximum (JGU)
Kontakt:
[email protected]
[email protected]

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