Erfahrungsbericht Rouen Business School

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Erfahrungsbericht Rouen Business School
Erfahrungsbericht Rouen Business School Wintersemester 2010‐2011 1. Vorbereitung Checkt regelmäßig eure Emails, dann verpasst ihr nichts. Außerdem kommt euch Schnelligkeit bei der Kurswahl und der Wohnheimwahl zugute! 2. Hinkommen Flug nach Paris, von da entweder Taxi (von der Schule gestellt, pro Nase 60 Euro oder mehr je nach Auslastung), oder Zug (vom Bahnhof St. Lazare, 15,80 Euro oder 21 Euro – und dauert länger). Von Beauvais ist kein Zug zu kriegen, ihr müsst erst nach Paris und dann nach Rouen. Nicht zu empfehlen, da viel Umsteigerei und das ist mit viel Gepäck anstrengend. 3. Orientierungswoche Studenten helfen euch beim Einzug ins Wohnheim und beim ersten Großeinkauf bei Carrefour. Achtung: Küchenutensilien könnt ihr kostenlos (!) von Vormietern übernehmen. Ein Riesenstapel Kochtöpfe, Besteck, Teller, Tassen, Nudelsiebe… lagert in einem Raum in der 3. Etage im Treppenhaus von Ango bzw. später dann im Büro (wird angekündigt, auch hier ist Beeilung angesagt). Ihr könnt direkt in der Schule ein Konto eröffnen, zwecks CAF (Mietzuschuss) und Kaution. NICHT die Buskarte „Carte Astuce“ erwerben, wenn ihr auf dem Campus wohnt: Sie kostet 7,50 Euro, kann mit Tickets aufgeladen werden und bringt euch rein gar nichts, wenn ihr nicht wirklich jeden Tag in die Stadt und wieder zurück wollt. Kauft lieber eine 10er Karte für 6,80 Euro. Mit der Astuce könnt ihr eine Monatskarte für ca. 21 Euro erwerben, aber bis sich das lohnt, müsst ihr 3 Zehnerkarten in einem Monat verfahren… Viele sagen, man braucht eine französische Handynummer, ich bin aber super mit meiner deutschen über die Runden gekommen. Intercultural Seminar: Franzosen und Ausländer wurden zusammengewürfelt, um diverse Themen rund um interkulturelle Kommunikation und Globalisierung zu bearbeiten. Inhaltlich nicht unendlich wertvoll, aber gut für erste Kontakte. Man bereitet Präsentationen in Gruppen vor (gute Einstimmung auf das Semester, fast alles wird in Gruppen erledigt). Freiwilliger Französisch‐Intensivkurs: Vor der Abreise erledigt ihr via Email den Einstufungstest. Nicht wundern über zu niedriges Niveau: Höher als B2 wird nicht angeboten. Der Anspruch ist recht niedrig, aber gut zum Eingewöhnen (zumindest der B2 Kurs war sehr interaktiv und wir haben viel geredet, andere haben wohl nur Grammatik gepaukt). Auch hier: Optimal zum Kontakteknüpfen. Besorgt euch den Viking‐Guide bei der Assoziation CulturesCo – der enthält quasi alle Bars, Clubs und Restaurant in und um Rouen und kann eine ganz gute Anregung sein, wenn man mal nicht weiß, wohin. Kostenlos und hilfreich. 4. Uni Der Unialltag sieht 3 Vorlesungen vor, und wer Pech hat, darf früh um 8 antanzen und ist abends um 20 Uhr fertig. Viele Kurse sind recht international besucht. Regelmäßig gibt es Frühstück im B‐
Gebäude. Zusatzangebote umfassen: Fremdsprachen (kostenpflichtig, habe ich nicht ausprobiert); Sport (Impfpasskopie für Sportzertifikat nicht vergessen!) – vielfältiges Angebot, Fitnessstudio ganz nett, aber kurze Trainingszeiten; Kunstkurse; Kochkurse; Fotografie etc. Während des Semesters gab es organisierte Ausflüge nach Etretat, zu den Loire‐Schlössern, nach Disneyland Paris, nach Mont‐Saint‐Michel. Ich habe keinen davon mitgemacht, was aber nur daran lag, dass ich einige Dinge schon in Eigenregie besucht hatte. Auf den Ausflügen kriegt man für recht wenig Geld das Rundum‐sorglos Paket und ist auf jeden Fall mit vielen anderen Studis unterwegs. Es gibt Ferien namens Midterm Break, deren exakte Daten bei uns erst recht spät bekannt gegeben wurden. Keine Flüge anhand vorläufiger Daten buchen, die eventuell vor der Anreise via Email kommuniziert werden! In allen Kursen herrscht Anwesenheitspflicht. Im Endeffekt sind manche Professoren kulant, solange die Leistungen stimmen, aber man sollte nicht zu locker damit umgehen. Gruppenarbeiten gibt es in fast jedem Fach. Einige davon waren ausgesprochen anstrengend, da für viele Studenten nur das Bestehen, nicht jedoch die konkrete Note zählt. Last‐Minute‐Aktionen sind daher keine Seltenheit und man sollte einfach die richtige Balance finden zwischen Antreiben und Erdulden. Eine tolle Übung in interkultureller Kompetenz, die einen das Nervenkostüm kosten kann. Die Bibliothek ist ein Witz gegen die HTW. Man darf nur sehr wenige Bücher für sehr kurze Zeit ausleihen, weshalb Arbeiten vor Ort empfehlenswert ist. Das Angebot reicht aber aus und es gibt Computer mit Internet und Office zum Arbeiten (lernte ich sehr zu schätzen, als mein Laptop den Geist aufgab). Drucken: 1000 Seiten kann man kostenlos ausdrucken/kopieren/scannen. Im G‐Gebäude im Erdgeschoss gibt es sogar einen Farblaserdrucker. Einwandfrei! 5. Leben Wohnen: Ich habe in Ango gewohnt und fand es für die kurze Zeit ausreichend. Man darf sich vorher aussuchen, mit wem man das Bad teilen möchte. Deshalb hab ich es mir auch gleich mit einer Freundin von der HTW geteilt. Nur eine Kochplatte ist manchmal sehr knapp, aber mit dem Zimmernachbarn hat man schon zwei (einer übernimmt die Nudeln, der andere die Soße). Außerdem ist die Einwohnerschaft bunt gemischt, und es gibt kostenlose Unterhaltung durch regelmäßige Flurpartys oder ähnliche Späße. Riesenplus: Man braucht keine Bettwäsche mitbringen, denn man kriegt ordentliches Bettzeug zur Verfügung gestellt. Bois: Zimmer waren nicht anders als unsere, nur die Möbel etwas neuer. Private Toilette, Duschen und Küchen aber gemeinsam für einen Gang. Es gab wohl Probleme mit Voyeurismus in den Gemeinschaftsduschen. (Angeblich gab es in Ango aber auch nackt herumlaufende Spanier.) Pleiade: Riesenzimmer, eigene Kitchenette, eigenes Bad. Ruhiger als die anderen Wohnheime. Wir hatten das Glück, dass ein sehr feierfreudiger Kommilitone dort immer sein Zimmer für Partys zur Verfügung gestellt hat, wenn die Gemeinschaftsräume in Ango und Bois mal wieder von den jeweiligen Hausmeistern verschlossen worden waren. Kommilitonen: Internationaler geht’s kaum. US‐Amerikaner, Kanadier, Chinesen, Österreicher, Türken, Spanier, Kolumbianer, Italiener, Japaner, natürlich Franzosen, Kameruner, Marokkaner, Schweizer, Polen, Rumänen, Finnen… Man spricht mehr Englisch als Französisch, aber lernt viele Leute aus allen Teilen der Welt kennen (und in Gruppenarbeiten auch ihre Arbeitsweise). Kosten: Je nachdem wie man lebt, kann man günstig über die Runden kommen. Fleisch ist teuer. Mittags kann man auf dem Gelände der RBS essen, was ca. 5 Euro kostet; oder aber ins Restaurant Universitaire du Panorama gleich bei Ango gehen. Dort sind die Mahlzeiten subventioniert und kosten 3 Euro (Vorspeise, Hauptgericht, Dessert, Brot, und unbegrenzt stilles Wasser). Leitungswasser ist nicht tödlich, schmeckt aber chemisch und hinterlässt zweifelhafte weiße Niederschläge im Kochtopf. Ich habe ca. 30% mehr ausgegeben als in Deutschland. Züge sind billiger, wenn man im Voraus bucht oder eine Sonderaktion nutzt (es gab mehrere, während wir da waren). Mit dem Bus fährt man am günstigsten mit einem Ticket 10 Voyages Jeune. Mit covoiturage.fr, der französischen Version von Mitfahrgelegenheit, lässt sich Bares sparen und man kann ganz nebenbei seine Sprachkenntnisse am Fahrer testen. Nachtleben ist wesentlich teurer als in Dresden (unter 5 Euro ist oft nichts zu haben). Internet im Wohnheim kostet 20 Euro pro Monat. Aktivitäten: Ausflüge nach Le Havre, Caen, Dieppe und Paris sind gut mit dem Zug möglich, alles andere wird es teurer und zeitaufwendiger wegen Umsteigen. Vom Busbahnhof gibt es spottbillige Busse nach Le Havre und kleinere Orte in der Umgebung, z.B. Jumièges mit seiner hübschen Kathedralenruine. Rouen hat viele Sehenswürdigkeiten und nette Cafés zu bieten. Das Kunstmuseum ist sehr renommiert. Östlich an der Seine gibt es einen sehr schönen Aussichtspunkt, von dem aus man die ganze Stadt überblickt. Im Dezember gibt es eine Art Weihnachtsmarkt. An manchen Wochenenden finden Messen oder Jahrmärkte statt, bei denen sich ein Besuch (mit Verkostung) lohnt. Feiern: CulturesCo und das Bureau des Elèves organisieren regelmäßig Running Dinners, Mottopartys, Thanksgiving‐Dinner etc. Vollkommen in die Hose ging die Buddy‐Party, an deren Ende kaum einer seinen Buddy gefunden hatte… Achtung: Sonntag und Montag hat in Rouen fast alles zu, inklusive Restaurants und Cafés! 6. Kurse Man wählt schon vor der Abfahrt, aber oft ist die Originalwahl nicht zu halten. Bei mir überschnitten sich viele Kurse, sodass ich mich neu entscheiden musste. Folgende Kurse habe ich belegt: Critical Thinking Versucht, auf vielfältige Themen mit einem kritischen Ansatz einzugehen, z.B. Demokratie, Manipulierbarkeit, Medien und ihre Glaubwürdigkeit, Ernährung etc. Oft war es für mich schwer, den Sinn einer Vorlesung zu erfassen. Der Prof hat nicht besonders zum Mitdiskutieren animiert, dafür kamen teilweise sehr komplexe philosophische Erklärungsversuche auf den Tisch. Die Benotung erfolgt über ein Gruppenprojekt (=interaktiver Vortrag); einen Bericht, indem man sich selber ein wenig analysieren soll; und eine Klausur (ähnelte in unserem Fall einem Feedbackbogen). Einfach zu bestehen und mal was ganz Anderes. Human Resource Management Voller Casestudies und Gruppenpräsentationen sowie Beispielen aus dem Erleben der Professorin, war dieser Kurs sehr praxisnah und nicht weiter schwierig. Vermittelt werden Grundlagen, aber auch viel interkulturelles Wissen. Die Prüfung war eine mehrstufige Fallstudie, in der man das erworbene Wissen in sehr praktischem Rahmen einsetzen konnte (Erarbeitung eines Vergütungsmodells, eines Trainingsprogramms etc.). Hinzu kamen noch Noten für kleinere Hausaufgaben und eine Gruppenpräsentation. Finance Internationale Als einer meiner beiden französischen Kurse, hatte es dieses Fach ganz schön in sich. Vorwissen ist absolut überlebenswichtig, ebenso sollte man eine hohe Frustrationstoleranz haben, da die Professorin scheinbar beliebig zwischen Themen hin und herspringt. Anstrengend war die Tatsache, dass 3 verschiedene Professoren zum Einsatz kamen, die sich nicht übermäßig abgesprochen hatten. Es gibt eine Zwischen‐ und eine Endprüfung. Interessant, lehrreich, aber nicht zu unterschätzen. Intermediate Corporate Finance In keinem Kurs habe ich so viel gerechnet wie in diesem. Man sollte sich auf zahlreiche Lesestunden in der Bibliothek einrichten, dann kann man den Formeln ohne Probleme folgen. Das verwendete Lehrwerk ist sehr anschaulich und hilfreich. Die Note wird aus Zwischen‐ und Endprüfung ermittelt. Der Prof war sehr freundlich und wirklich darauf bedacht, dass auch der Letzte hinterherkommt, was dazu führte, dass wir den Vorlesungsstoff nicht schafften. Management Industriel et Logistique Dieser französischsprachige Kurs war mein absolutes Lieblingsfach. Verständlich, aber anspruchsvoll behandelt man hier die Grundlagen der Logistik, welche einem in glasklarem Französisch dargelegt werden. Viele praktische Anwendungen und E‐Learning‐Module machten den Kurs komplett. Zwischen‐ und Endprüfung ergeben die Note, welche durch kleinere Fallstudien ergänzt wird. Ich hatte schon an der HTW die Logistik‐Vertiefung und habe mich in diesem Kurs keine Sekunde gelangweilt. Geopolitics In diesem Kurs werden die aktuellen Probleme im Weltgeschehen behandelt, weshalb er inhaltlich irgendwo zwischen Geschichte, Geographie und Politikwissenschaft anzusiedeln ist. Der Prof hat selber in Kriegsgebieten im Kongo gearbeitet und weiß, wovon er spricht. Ein sehr interessanter Kurs, der gut ist für die Allgemeinbildung. Die Note setzt sich zusammen aus einer kurzen Präsentation und einer schriftlichen Prüfung am Ende. International Negotiation Dieser Kurs war der unterhaltsamste des ganzen Semesters. In einer Mischung aus Vorlesung und Rollenspielen erwirbt man Kenntnisse und Tricks auf dem Gebiet der internationalen Verhandlung. Super Nebeneffekt: Man lernt sehr viele Kommilitonen besser kennen, wenn man mit ihnen verhandeln übt. Die Note besteht aus einem „Negotiation Diary“ und einem Rollenspiel, in dem man mit Kommilitonen der eigenen Nationalität gegen ein anderes Team verhandelt („The Serious Negotiators“ vs. „Dragon Power 1“ – richtig, unsere Gegner waren Chinesen). Empfehlenswert! 7. Fazit Rouen ist eine gute Wahl zum Studieren, da eine Vielfalt von interessanten Kursen angeboten wird und man Leute aus aller Welt kennen lernt. Außerdem gibt es eine gewisse Routine beim Umgang mit Auslandsstudenten, die den Papierkram erleichtert. Die Schule ist sehr renommiert und es gibt regelmäßig Karrieremessen und Konferenzen, bei denen man sich aktiv einbringen und Kontakte knüpfen kann. Andererseits sind die Aktivitäten verglichen mit Großstädten doch recht eingeschränkt, womit man sich entweder abfinden oder jedes Wochenende die Flucht nach Paris ergreifen muss. Ein großer Spaß waren die oft erlebten Streiks, die uns schon mal tagelang auf dem Hügelchen Mont‐
Saint‐Aignan festhielten, unseren Flug von Deutschland zum Ausfallen brachten, und einige Reisepläne durchkreuzten. Aggression hilft da nicht weiter, man muss einfach hoffen, dass es irgendwann weitergeht. Sollten zu deiner Zeit Streiks stattfinden, kannst du auf dieser Webseite in Echtzeit die Anzeigetafeln jedes beliebigen Bahnhofs in Frankreich abrufen und dich besser auf Ausfälle oder Verspätungen einstellen: http://www.gares‐en‐mouvement.com/. Das Wetter war teilweise grausig (=nass), teilweise bescherte es uns wunderschöne sonnige Tage. Im Dezember fielen Unmengen Schnee, die außer Paris auch mal wieder den gesamten ÖNPV von Rouen lahmlegten, da es in der ganzen Normandie keinen Schneepflug und kaum Streusand gibt. Am Ende sind wir aber doch alle heimgekommen und haben unsere Ausdauer bei so manchem unfreiwilligen Fußmarsch vom Stadtzentrum zum Campus trainiert. Alles in Allem bin ich sehr zufrieden mit meiner Zeit in Rouen. Organisatorische Unklarheiten gibt es überall mal, Streiks gibt es zumindest in ganz Frankreich, und mit einer guten Regenjacke braucht man sich auch von den klimatischen Bedingungen nicht einschüchtern zu lassen. Die ganze Zeit hatte ich das Gefühl, dass man sich um uns Austauschstudenten sehr bemüht hat. Super fand ich auch, dass alle Prüfungen vor Weihnachten erledigt waren und man somit nicht nochmal zurückmusste. Am wichtigsten fand ich aber, dass man in Rouen wirklich viele Leute kennen lernen kann und nicht nur unter Austauschstudenten seiner eigenen Nationalität bleibt. Zimmer in Ango Lichtshow am Musée des Beaux Arts Jumièges Klippen von Etretat Altstadt von Rouen