Fall 7 Aufhebungsvertrag

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Fall 7 Aufhebungsvertrag
Repetitorium Arbeitsrecht
WiSe 07/08
Dr. Alexander Schreiber
Fall 6 Aufhebungsvertrag
M ist seit 2 Jahren als Zimmermädchen im „Hotel am See“ des U beschäftigt. In diesem kleinen,
aber feinen Hotel besteht seit 2005 absolutes Rauchverbot für die 15 Mitarbeiter und Gäste. Der U,
einst selbst an Lungenkrebs erkrankt, will den Mitarbeitern zusätzlich auch einen Anreiz geben, im
Privatleben nicht zu rauchen. Er hofft damit sowohl auf weniger Krankheitstage als auch weniger
Probleme mit der Durchsetzung des Rauchverbotes im Hotel. Zu diesem Zweck enthalten die
Arbeitsverträge folgende Klauseln:
4. Abschnitt Vertragsstrafe
§ 11
Verstößt der AN gegen das betriebliche Rauchverbot, so hat der/die Arbeitnehmer/in an den
Arbeitgeber eine Vertragsstrafe in Höhe von einem Netto-Monatsgehalt zu zahlen.
5. Abschnitt Prämien, freiwillige Leistungen
§ 13
Arbeitnehmern, die auch im Privatleben nicht rauchen, gewährt der Arbeitgeber eine
Nichtraucherprämie von 100 € monatlich.
Als der bekannte BB am 31.5.2006 im Hotel Gast ist, verführte er die M während der Arbeitszeit in
einer Besenkammer. Dieses Schauspiel beobachtete der Wächter W über die
Überwachungskameras, die zur Sicherheit der Gäste überall offen im Hotel, aber auch in der
Besenkammer installiert waren. M hatte nicht daran gedacht. Danach war W so überwältigt, dass er
wie immer „danach“ erst mal eine Zigarette brauchte. U sucht gerade in diesem Moment den W auf,
um das neue Sicherheitskonzept zu besprechen. Da sieht er W rauchen, obwohl W im Januar 2004
angegeben hatte, aufgrund seines guten Vorsatzes künftig Nichtraucher zu sein und deshalb seitdem
die Nichtraucherprämie erhielt. W erklärte vor Schreck, stets privat bei „Gelegenheit“ geraucht zu
haben. Das ginge U aber gar nichts an. U erklärte daraufhin, dass er nunmehr kein Vertrauen mehr
zu ihm habe und übergab ihm am selben Tag das Kündigungsschreiben. Den Lohn iHv. 2300 € für
Mai zahlte U unter Hinweis auf § 11 des Arbeitsvertrages nicht.
M gesteht, dass sie sich hat hinreißen lassen. U ist über das unsittliche Verhalten der M entrüstet.
Das Hotel sei schließlich kein Bordell. Er droht ihr mit einer Kündigung und der Veröffentlichung
ihres Verhaltens in einem etwaigen Kündigungsrechtsstreit. Sie könne dies alles nur durch einen
Aufhebungsvertrag vermeiden. Nachdem M vergeblich um Bedenkzeit bis zum nächsten Tag
gebeten hatte, unterzeichnete sie eine von U spontan formulierte und handschriftlich abgefasste
Erklärung, wonach M und U in beiderseitigem Einverständnis das Arbeitsverhältnis auflösen.
Nachdem BB schon nach kurzem bereits nichts mehr von M wissen will und diese aufgrund der
überraschenden Sperrung auch kein Arbeitslosengeld erhält, hätte M gern ihren Job zurück. Sie
wendet sich mit der Bitte an U, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen und widerruft den
Aufhebungsvertrag wegen Irrtums und Drohung. U lehnt jedoch ab.
Sowohl M und W wenden sich am 15.6. an Rechtsanwalt R, der überlastet ist. Er beauftragt Sie,
sich die Angelegenheiten mal anzuschauen. Zu welchem Ergebnis kommen Sie ?
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Teil 1: Angelegenheit des W
A. Unwirksamkeit der Kündigung
I. gem. § 125 S. 1 BGB
→ Kündigungserklärung in Schriftform gem. §§ 623, 126 BGB
II. keine unwiderlegliche Vermutung der Wirksamkeit gem. § 4, 7
KSchG
→ Klage gem § 4 Abs. 1 KSchG innerhalb von 3 Wochen – hier
Klageerhebung bis zum 22.6.
III. Unwirksamkeit gem § 1 I KSchG
1. Geltungsbereich:
a) Persönlich: § 1 I KSchG
→ 6 Monate dauerndes Arbeitsverhältnis
b) Betrieblich: § 23 I 2 KSchG
→ Betriebe mit mehr als 5 AN
→ aber: für AN, die ab 1. 1. 2004 eingestellt werden, gibt
es Kündigungsschutz nach dem Reformgesetz erst bei
einer Betriebsgröße von mehr als 10 AN
2. Soziale Rechtfertigung
a) personenbedingter Grund
→ Sucht ? – W raucht nur gelegentlich, keine Sucht !
b) verhaltensbedingter Grund
aa) Grund „an sich“
(1)
Vertragspflichtverletzung
aufgrund
steuerbaren Verhaltens
→künftige Vertragsverletzungen müssen zu
befürchten sein oder Unmöglichkeit einer
vertrauensvollen
Fortführung
des
Arbeitsverhältnisses
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(a) Rauchen
→ Rauchverbot gem. § 618 BGB zulässig
Exkurs Rauchverbot erzwingbar ?
BAG: keine gesetzliche Verpflichtung zur Einführung eines Rauchverbotes auch
nicht aus
§ 5 Nichtraucherschutz
(1) 1Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden
Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt
sind. 2Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der
Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen.
(2) In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nach Absatz 1
nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen.
● § 618 BGB?
→ verpflichtet nur zu Schutzmaßnahmen insoweit, „als die Natur der Dienstleistung
es gestattet“
→ früher: zur Natur des Arbeitsplatzes gehörte das Angebot an Passagiere, während
des Flugs zu rauchen (ähnlich: Gaststätten, Hotels)
→ anders bei Rauchbelästigung in Großraumbüro; Rauchen ist lediglich durch Art.
2 I GG (Handlungsfreiheit) geschützt und findet seine Grenze an den Rechten
anderer (vgl. BAG NZA 1999, 546 – Siemens)
→ hier keine Einschränkung aus der Natur des Arbeitsplatzes
→ Gesundheitsbeeinträchtigung durch Tabakrauch erwiesen
 jedenfalls gesundheitlich anfällige Arbeitnehmer haben Anspruch auf rauchfreien
Arbeitsplatz
(b) Täuschung über Nichtrauchen im
Privatbereich
● Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung ?
→ Privatsphäre geht AG nichts an !
→ hier aber: Zusatzbelohnung ?!
→ Verletzung des Arbeitsvertrages ?
 aber: Achtung des AG jedenfalls grob
verletzt
(2) Verhältnismäßigkeit
(a) anderweitige Beschäftigung ?
→ ohne Prämie mögl; aber Vertrauen ?
→ Vertrauen kann nicht wieder hergestellt
werden (+/-)
(b) Abmahnung nicht erfolgt
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Exkurs Abmahnung
- Beanstandungs- und Warnfunktion
- inhaltlich bestimmt ?!
- Abmahnungsberechtigung ?
- ultima-ratio der Kündigung !
- Abmahnung und Kündigung müssen artgleich sein
- Abmahnung entbehrlich, wenn Hinnahme der Pflichtverletzung
durch AG
offensichtlich ausgeschlossen sein musste
- Leistungs- Vertrauensbereich – heute: gleich zu behandeln; in jedem Fall ist
grundsätzlich eine vorherige Abmahnung erforderlich
● Rauchen
Leistungsbereich – Abmahnung erforderlich
● Täuschung
→Vertrauensbereich;
Abmahnung
erforderlich ?
→Kann
Abmahnung
Vertrauen
auf
Rechtschaffenheit des W wiederherstellen?
bb) Interessenabwägung
→ nichts was hier W entgegensteht
3. Kündigung wohl sozial gerechtfertigt und damit
wirksam
IV. Klage bietet wenig Erfolgsaussicht
B. Anspruch auf Lohnzahlung gem. § 611 BGB
I. Anspruch entstanden
→ § 611 BGB
II. Anspruch erloschen
→ gem. §§ 398, 387 BGB durch Aufrechnung
1. Aufrechnungslage
a) Gegenseitigkeit der Ansprüche
aa) Anspruch des U gegen W aus § 11 AV ?
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(1) Vertragsstrafe gem. §§ 339, 341 BGB zulässig
dem Wortlaut nach verwirkt
(2) aber: Inhaltskontrolle gem § 305 ff BGB ?
(a) Vertragsstrafe als AGB Inhalt des
Vertrages ?
→ hier für alle Arbeitsverträge und kein
Aushandeln
→ keine Überraschung iSd. § 305c BGB
(b) Inhaltskontrolle; unwirksam nach § 309
Nr. 6 BGB
→ siehe Fall 3
(c) unwirksam gem § 307 Abs. 1 BGB
aa) Transparenzgebot
● Höhe festgelegt
● Pflichtverletzung festgelegt?
→“im
Falle
eines
gravierenden
Vertragsverstoßes” genügt nicht !
bb)
unangemessene Benachteiligung
entgegen Treu und Glauben

Unangemessen
ist
jede
Beeinträchtigung
eines
rechtlich
anerkannten
Interesses
des
Arbeitnehmers,
die
nicht
durch
begründete und billigenswerte Interessen
des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder
durch
gleichwertige
Vorteile
ausgeglichen wird. Die Feststellung einer
unangemessenen Benachteiligung setzt
eine wechselseitige Berücksichtigung und
Bewertung rechtlich anzuerkennender
Interessen der Vertragspartner voraus.
Bei diesem Vorgang sind auch
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grundrechtlich
geschützte
Rechtspositionen zu beachten.
● Interesse an rauchfreiem Hotel –
rechtlich anzuerkennen !
● Rauchen aber auch durch Art. 2 GG
geschützt; Freiheit sowohl der Gäste als
auch der Arbeitnehmer !
● Sicherung durch Vertragsstrafe
erforderlich ?
→ Rauchen ist nicht notwendig eine
Schlechtleistung oder Nichtleistung !
● Schwierigkeit des Schadensbeweises !
● Kündigung wegen des Rauchens setzte
als ultima ratio jedenfalls eine vorherige
Abmahnung voraus
→ Angemessenheit der Höhe
ein Monatsgehalt je Verstoß – jeder
Zigarette ?
wohl nicht zumutbar !
→ Herabsetzung ist nicht möglich =>
keine geltungserhaltende Reduktion
 Vertragsstrafe unwirksam gem. § 307
BGB
(3) kein Anspruch aus § 11 AV
bb) Anspruch aus §§ 326 IV, 346 BGB auf
Rückzahlung der Nichtraucherprämie
→ Leistungspflichten entfällt nach § 275 BGB, weil
die Leistung (nicht zu rauchen) nicht erbracht wurde
und nunmehr unmöglich ist (nicht zu rauchen im
entsprechenden Zeitabschnitt)
→ folglich entfällt die Gegenleistungspflicht, d.h. die
Zahlung der 100 €, die bereits gezahlten Prämien
können nach § 346 I BGB zurückgefordert werden
cc) Anspruch aus § 823 II, 263 StGB (+)
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●Täuschung durch Unterlassen (+)
●Irrtumsbedingte Vermögensverschiebung
●Schaden:
entsprechend
der
Lehre
der
Zweckverfehlung
 28 Monate (für Mai 06 nichts gezahlt) = 2800 €
b) Gleichartigkeit der Leistungen
→ beides Geldzahlungsverpflichtung
c) Fälligkeit der Gegenforderung, Erfüllbarkeit der
Forderung (+)
d) Aufrechnungslage (+)
2. Aufrechnungserklärung
→ (+), konkludent in Lohnverweigerung
3. Aufrechnungsverbot § 394 BGB
→ § 850 ff ZPO; § 850 c ZPO: Aufrechnung mit
Arbeitsentgelt nur insoweit, als W mind. 985, 15 € verbleiben
→ aber: teleologische Reduktion bzw. Einschränkung gem. §
242 BGB bei deliktischen Forderung, nicht aber bei
Vertragsstrafen ! (hier jedoch deliktisches Verhalten durch
Betrug)
→ vgl. § 850 f II ZPO: gegenüber W durfte bis zur
Sozialhilfegrenze aufrechnet werden
 soweit Aufrechnung nicht wirksam war, besteht
Lohnanspruch fort
III. Ergebnis: Kündigungsschutzklage ist wenig aussichtsreich.
Abzuwägen ist, dass bei Klage wegen des Lohns U wohl
Widerklage erheben wird auf Zahlung mindestens weiterer 500 €.
Teil 2: Angelegenheit der M
→ Wirksamkeit des Aufhebungsvertrags
→Geschäftsfähigkeit gem. §§ 105 I, 104 Nr. 2; § 105 II BGB wohl
nicht beeinträchtigt
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I. Grundsätzliche Zulässigkeit
→ Vertragsfreiheit §§ 241, 311
→ keine Beschränkung durch Kündigungsschranken
II. Schriftform § 623 BGB (+)
III. Mitwirkung des Betriebsrats
→ nicht erforderlich, § 102 I BetrVG gilt nur für Kündigungen!
IV. Nichtig gem. § 142 I BGB
1. Anfechtungsgrund
a) Täuschung, § 123 I Alt. 1 BGB
→
durch
Unterlassen
der
Aufklärung
über
sozialversicherungs- und steuerrechtliche Nachteile eines
Aufhebungsvertrages (Sperre bezüglich Arbeitslosengeld,
Steuerfreiheit einer gezahlten Abfindung) ?
→ setzt aber Aufklärungspflicht des Arbeitgebers voraus;
nach hM besteht eine solche nicht
b) Drohung mit einem Übel
= Inaussichtstellen eines Übels
→ hier: Kündigung
c) Widerrechtlich ?
Zweck-Mittel-Relation rechtswidrig
aa) Zweck
→ Abschluss
rechtswidrig
eines
Aufhebungsvertrages
nicht
bb) Mittel
→Verhaltensbedingte Kündigung nach KSchG
rechtswidrig ?
→ BAG: entscheidend, ob verständiger Arbeitgeber
Kündigung in Betracht ziehen durfte oder ob er
davon ausgehen muss, die angedrohte Kündigung
werde
im
Falle
ihres
Ausspruchs
einer
arbeitsgerichtlichen
Überprüfung
mit
hoher
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Wahrscheinlichkeit
nicht
standhalten.
Nicht
entscheidend ist, ob die Kündigung tatsächlich einer
arbeitsgerichtlichen Überprüfung standgehalten hätte
→ Inzidentprüfung der Kündigung darf eigentlich
nicht erfolgen; entscheidend ist, ob ein verständiger
Arbeitgeber von deren Wirksamkeit ausgehen durfte
(1)Grund „an sich“
(a)
Vertragspflichtverletzung
aufgrund
steuerbaren Verhaltens
→ künftige Vertragsverletzungen müssen zu
befürchten sein oder irreparable Störung des
Vertrauensverhältnisses
→ Sex während der Arbeitszeit (+/-)
→ Ruf des Hotels (+/-)
(b) Verhältnismäßigkeit
→ Abmahnung nicht erfolgt
→ bei Störung im Leistungsbereich ist eine
Abmahnung typischerweise erforderlich
→ aber: in Anbetracht der Umstände wohl
akzeptabel (aA vertretbar)
Exkurs Beweisbarkeit
→ Video kam durch Überwachung zustande
→ Überwachung ist ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht 
Überwachungs-/ Anpassungsdruck
→ Gestattung durch Gesetz ? § 6b Abs. 1 BDSG erlaubt lediglich die
Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume. Öffentlich zugänglich sind nur
solche Räume, die ihrem Zweck nach dazu dienen, von unbestimmt vielen oder nur
nach allgemeinen Merkmalen bestimmten Personen betreten und genutzt zu werden
(Bahnsteige, Ausstellungsräume eines Museums, Verkaufsräume und Schalterhallen).
Nicht öffentlich zugänglich sind Räume, die nur von einem bestimmten Personenkreis
betreten werden dürfen. -> Hotel (+) ! Zimmer und Besenkammer (-)
→ schützenswerte Interessen der Arbeitgeberin
● Hausrecht, Art. 14 GG: genügt nicht pauschal als Interesse am Arbeitsplatz
●im sonstigen Privatbereich ist offene Videoüberwachung zulässig
→ Videoüberwachung erscheint sowohl zur Verhinderung von Diebstählen als auch
zur Ergreifung und Überführung möglicher Täter grds angemessen, nicht aber in
einer Besenkammer
→ keine notwehrähnliche Situation – Videoüberwachung trifft alle
 Video(aufzeichnung)überwachung rechtswidrig (wohl auch bei Beobachtung)
● Beweisverwertungsverbot BVerfG, NJW 2002, 3619 ?
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→ anders als in StPO gilt dieses auch für die Zeugenaussage des W
● Zeugenaussage des BB ?
- Art. 20 Abs. 3 GG Rechtsstaatsprinzip – Wahrheit / wirksame Rechtspflege !
- heimliche Videoüberwachung nur, wenn Gefahr /konkreter Verdacht / zeitliche
(und räumliche) Grenze
→Unzulässig erlangte Beweismittel und darauf aufbauende Erkenntnisquellen
dürfen im Rechtsstreit nicht verwertet werden.
→ Zeugenaussage des BB erlangt durch Ehrlichkeit der M; Anlass aber Kenntnis des
Geschehens durch Video!
● Verstoß gegen § 87 I Nr. 6 BetrVG, BAG, NJW 2003, 3436
→ nachträgl Genehmigung ist nicht möglich
→ aber dann kein Verwertungsverbot, wenn BR der Kündigung zustimmt
(2) Interessenabwägung (+/-)
cc) nicht widerrechtlich (aA vertretbar)
2. keine Anfechtung gem. § 123 BGB
V. Widerruf des Aufhebungsvertrags gem. § 312 I Nr. 1 BGB
→ Widerrufsfrist beginnt mit Belehrung, § 355 II 3 BGB; hier:
bisher nicht erfolgt
→ fraglich ist aber, ob überhaupt ein Widerrufsrecht besteht
1. Arbeitnehmer = Verbraucher?
→ Wortlaut
→ Entstehungsgeschichte: Aufhebung der Bereichsaufnahme,
lediglich Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Besonderheiten
→ Telos: Gesetzgeber wollte Schutzniveau im Arbeitsrecht
erhöhen
2. entgeltliche Leistung ?
→ unabhängig von Vereinbarung einer Abfindung?
→ wer muss die entgeltliche Leistung erbringen?
3. jedenfalls teleologische Reduktion des Wortlauts
a) typischerweise wird Schuld des Verbrauchers bei § 312
BGB begründet
b) Untertitel: Besondere Vertriebsformen
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c) HWiG galt nicht für Arbeitsverträge
→ AGBG galt früher auch nicht für Arbeitsverträge,
wurde aber angepasst
→Schutz des § 312 I ist nicht nur situationsbezogen,
sondern auch vertragstypenbezogen
VI. Inhaltskontrolle des Aufhebungsvertrages, § 305 ff BGB
→ Aufhebungsvertrag als Formularvertrag gem. § 310 II Nr. 2
BGB
→Hauptleistungen sind von Kontrolle nach AGBG ausgenommen
vgl. § 307 III 1 BGB (was sind die Hauptleistungen eines
Aufhebungsvertrages)
VII. Sittenwidrigkeit wegen Überrumpelung, §§ 138, 242 BGB
→ anwendbar neben § 123 BGB ?! – nicht wegen Drohung, aber
vielleicht wegen Zeitdruck und Überrumpelung?
→ Bedenkzeit muss nicht eingeräumt werden
→ keine strukturelle Unterlegenheit des Arbeitnehmers („Nein“
ohne Nachteile möglich)
→ Abschluss von Aufhebungsverträgen am Arbeitsplatz nicht
überraschend (zweifelhaft)
→ Bedürfnis für Übereilungsschutz alleine genügt nicht
VIII. unwirksam gem. §§ 134 BGB, 240 StGB
→ neben § 123 BGB anwendbar vgl. MK/ Kramer, § 123 Rz. 43
→ Inhalt des Aufhebungsvertrags verstößt gegen kein Gesetz
→ gesetzwidrig ist allenfalls dessen Zustandekommen
IX. Ergebnis: Aufhebungsvertrag wirksam
→ Arbeitsverhältnis beendet, Klage hat keine Aussicht auf Erfolg
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