Einführung in die Literaturwissenschaft (Deutsch)

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Einführung in die Literaturwissenschaft (Deutsch)
Skriptum Literaturwissenschaft Deutsch (NDL), Stand Donnerstag, 20. Mai 2004
Seite 1
Literaturwissenschaft Deutsch
19.04.2002
Text – Kontext
Rezeptionsästhetik ist postmodern
26.04.2002
Zugang zur Literatur über „Form“ und „Gattung“
3 Ansätze zur Literatureinteilung
• Lyrische Perspektive
• Epische Perspektive
• Gattungsspezifische Perspektive
Literarischer Text (Bilder, allegorisch)
Wissenschaftlicher Text (Begriffliche Sprache)
Literarischer Essay
Diese Trias deckt alle literarischen Erscheinungsformen ab
Bewusstseinsstrom
Innerer Monolog
Distanzierter Blick (episch)
von weit außen
Brecht: Erkennen, wie die Welt funktioniert
Lyrische Form
Dramatisch (objektivierung, pointierung der Außenwelt) Außenwelt durch Prinzipien
beschreibbar
Von Außen (distanzierter Blick)
Die Welt besteht nicht aus mir alleine
03.05.2002
Hermeneutischer Zirkel
Mit „Leitidee“ in den Text hinein, Text mit Vorverständnis „abkämmen“ Substanz
Substanz + Leitidee = Erweiterde Idee Erneutes durchkämmen neue Substanz
Die Erkenntnis wächst von mal zu mal, der Abstand zwischen Text und aufnehmendem Subjekt
soll gleich 0 werden.
„Begreifen“ heißt „Distanz verringern“
Ziel der Hermeneutik: Verschmelzung von Horizonten.
Goethes „Maifest“: Sturm & Drang
„Pathos“ ist hier der Versuch des Ausdrückens eines Innenraumes (Ich!, Seele, Herz), jedoch
fehlen andere Ausdrucksmöglichkeiten.
PIETISMUS
Quelle deutscher Literatur, ERWECKUNG DES HERZENS Suche den Zugang zu Gott in dir
„Gott selbst zu werden“, ohne Pfarrer, Zwischenhändler etc in MIR LIEGT GOTT
Präfixbildungen, um Sprachnotstand abzuhelfen Zeit der Sprachschöpfungen, Neologismen
(Blütendampfe), Exclamativer Stil.
Skriptum Literaturwissenschaft Deutsch (NDL), Stand Donnerstag, 20. Mai 2004
Seite 2
Doppelsyntax, Satzstruktursyntax, Gedichtsyntax „Bewegungslinie“ des Gedichts: Hypotaktischer
Satzbau, Strophen – und Zeilensprünge = Enjambements Überfließendes Herz Fließend,
Bewegung
„Tanz“ ist Ausdruck des „Lebendigen“, des „Lebens“
„Kunst“ ist präsent, jemand redet über die Kunst
Maifest als Konfession künstlerischen Bewusstseins.
„Personal“ des Gedichtes: Ich und Du als „Tanzpartner“
Gedichthorizont spiegelt lyrisches Ich ab
Alles „leuchtet“ Strahlende Festlichkeit
Religiöses Modell des Pietismus wird in den säkularen Bereich (Liebe, Kunst) übertragen. Das
„Ich“ ist im Zentrum. „Wie herrlich leuchtet mir die Natur“
Licht der Festlichkeit und des Erkennens
Sonne (kosmisches Element)
+
Liebe
„Ich“ + Natur
Tänzerische Bewegungslinie
„Es dringen Blüten...“ Quellenmotiv, kraftvoll Natur spricht.
Poethologischer Aspekt: reflektierend über eigenes Schreiben gesagtes Reflektieren des eigenen
Tuns
„Geniegedanke“ des Künstlers, Poethologische Reflexionen Eigenes Tun / Handeln als Gott –
Ersatz.
10.05.2002
Drama: Literarisches Werk, das mehr Distanz will, ernstnehmen der verschiedenen entwickelten
Positionen, Konflikt!
Dramatischer Konflikt Ich Welt
Drama: Monologe / Dialoge / Nebentexte
Akzent auf „Handlung“
„Schuldig“ durch „Handeln“
Das Drama zeigt das Schuldig-Werden des Menschen
Aristoteles: Einheit von Ort / Zeit / Personen / Handlung
Heinrich v. Kleist
Prinz von Homburg
Agiert aus dem Herzen
Konflikt
Kurfürst
Gesetze, Gesetzesmacht, Staatsraison, Disziplin
Unlösbarer Konflikt
Prinz anerkennt Recht Kurfürst muss nicht mehr darauf beharren Begnadigung.
17.05.2002
Kleist: Wollen Sollen – Dualismus; Polarisierung
„Drama ist Menschen auf den Leib geschrieben“
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Seite 3
[Sandmann]
Überblick durch Abstand Roman
Epischer Prozess, Vermittelnder Erzähler vonnöten
Roman, Novelle = Vermitteltes
Konstituierter Erzähler hat erst einmal nichts mit dem Autor zu tun.
„Erzähler“ wird in der Moderne immer mehr zur entscheidenden Sache, wird wichtig.
Einleitender Sandmann-Text:
Epische Meta-Ebene.
Seit Schlegel: Text muss transzendent sein, aus Meta- und Fabelebene bestehen. Reflexion des
Künstlers über sich selbst und seine literarischen Qualitäten. Problematik, da außerordentliches
berichtet werden soll. Romantisches Glaubensbekenntnis: Literatur ist Außerordentliches Erkenntnis:
Richtiges Schauen Richtiges Schreiben. Gute, echte Geschichte = geschaute Geschichte.
Romantische Schreibung: Paradoxie, großes Verwirrspiel
• Macht sich über sich selbst und den Leser lustig, nimmt sich und den Leser aber auch sehr
ernst. Botschaft muss ankommen
Auktorialer Erzähler: Allwissender Erzähler Meta-Bewusstsein.
Erzählhaltung (z.B. affirmativ, ironisch)
Erzähler kann sein: Auktorial / Neutral / Personal (=Perspektivisch)
Termini: Erzählverhalten, Erzählsituation, Erzählform (Er / Ich)
24.05.2002
Texte, literarische Werke sind autonome Gebilde, sui generis. Eine organische, autarke Einheit.
Paul Celan
In den Flüssen nördlich der Zukunft1
Werf2 ich6 das Netz aus, das du7
Zögernd beschwerst3
Mit von Steinen4 geschriebenen
Schatten5
1
2
4
5
6
7
Randregionen
; 3 Technik des guten Fischens
Totenkult, Erinnerung, Gedächtnis
Opfer
Lyrisches Ich bildet Autor ab
Historische Situation
Das Verlassen der Texthermetik ist dringend notwendig, um den Text zu verstehen
Das Thema des Gedichtes ist der Holocaust, die Fische sind der Sinn, der zu fangen ist.
In dem Gedicht finden sich bildhafte Ausdrücke in äußerster Konzentration.
Der Text ist rein textimmanent nicht zu verstehen, benötigt den Außenbereich, um Sinn zu
machen.
Der Text leistet ästhetische Trauerarbeit.
Textimmanente These von Kayser macht hier keinen Sinn.
Kontexte S.63
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Seite 4
07.06.2002
Goethe zerstört den einengenden Rahmen der Rokokoverfassungen
Betrachtung des geistesgeschichtlichen Hintergrundes: Pietismus 18. Jhd, Ratio
Man kann davon ausgehen, dass Goethes Text emanzipatorisch ist.
Aufenthalt in Strasbourg (literarischer
Durchbruch)
Aufenthalt in Leipzig (Rokoko)
Aufenthalt in Frankfurt (Krankheit, Gesundung
quasi durch den Pietismus)
„Susanna von Klettenberg“ geistiger
Durchbruch (durch Herder)
Volkspoesie (Herder)
Bisher: Bürgerliche Literatur, vom Humanismus ausgehend. Man musste „gelehrt“ schreiben, alles
andere drang nicht ins Bewusstsein.
Alles vor Klopstock ist „nicht Literatur“, erst ab Lessing interessant.
„Maifest“ ist sehr wichtig, da es sich hierbei um einen großen Konventionsbruch und um einen
plötzlichen und eruptiven Anstieg deutscher Literatur handelt.
„Volkspoesie“ ist nicht ernstlich „Literatur aus dem Volk“, sondern Gelehrte schreiben, als wäre es
Volkspoesie.
Die künstlich einfache Redeweise erinnert an Volkslieder, die künstliche Einfachheit des Redens und
der Subjekte (Tanz, Liebe, etc.) ist ein Kunstprodukt, das sich jedoch an der Volkspoesie orientiert.
Willelm Dilthey „Das Erlebnis und die Dichtung“
„Erlebnislyrik“ als direkte Wiederspiegelung eines Erlebnisses.
Es schlug Mein Herz: Geschwind zu Pferde  das Herz selbst spricht und übersetzt sich in die Tat
Erlebnislyrik: Umweglos, authentisch, echt zu Glaubensbekenntnis geworden: So muss Literatur
sein, sonst keine Literatur!
Das Gedicht hat seinen Ursprung im Herzen, ist jedoch kein geistiges Produkt!
Brinkmann „Landschaft“ (S.82)
Ab 6 Uhr warmes, goldenes, schmeichelndes Licht.
Maifest: LEUCHTEN, hier: letzter, winziger Lichtblick.
21.06.2002
Kleist war davon überzeugt, dass tief im Menschen eine Wahrheit sitzt, die dem Menschen den Weg
weist.
Kant: die Dinge an sich sind nie zu erkennen, das DING AN SICH GIBT ES NICHT.
z.B. Marquise von O.
Ihr innerer Sinn ist gestört, sie weiß nicht wer/ was hat mich schwanger gemacht Marquise kann
sich selbst nicht mehr trauen. ist die Geschichte der „zu sich selbst – Findung“
•
•
Der Prinz von Homburg ist eins mit der ihn umgebenden Welt und handelt aus innerem
Antrieb heraus
Der Kurfürst steht für die Zerstörung des inneren Gefühls
Kleist
Mit Wurzeln verbunden
von Wurzeln getrennt
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Seite 5
Neues, erweitertes Lebensziel des Prinzen von Homburg: Tiefes, instinkthaftes Gefühl +
Pflichtbewusstsein Neues „Tiefes Gefühl“
„Über das Marionettentheater“ (Goethe)
Kleist: Die Krisen seiner literarischen Figuren sind auch die Krisen seines Lebens!
28.06.2002
Brecht: Militarismus – Kritik, Kritik an Kleist.
Der Kurfürst wird als Personifikation des preußischen angegriffen. Bei Brecht ist der Prinz von
Homburg der „Revolutionär“, welcher am Ende als Verräter dargestellt wird, der klein beigibt.
Brecht agiert hier gewissenlos, da er das Stück auf den marxistischen Horizont bezieht
und sich nicht die Mühe macht, es in seinem EIGENEN Kontext zu verstehen.
Theodor Fontane war auch Theaterrezensent!
Er sieht den Prinzen von Homburg als „Possenreißer“ (Haselant)
Kleist kannte sich gut in Kriegsdingen aus, war Kriegsberichterstatter. Fontanes Ziel scheint es zu
sein, den „Prinzen von Homburg“ zum „preußischen Nationalstück“ zu machen.
Die Naturwissenschaften gehen bei ihren Forschungen empirisch vor (Fakten, messen, etc.)
Positivistischer Ansatz: Geschichtlichen Kontext, Biographischen Kontext etc. aufarbeiten.
Positivismus:
• Großes Zeitalter der exakten Biographien
• Schaffung der „historisch-kritischen Ausgaben“
[Quelle Handbuch S. 110]
Kanzog: Keine Arbeit dicht am Text, wenig Bezug auf den eigentlichen Kleist – Text. Kanzog kann
die empirischen Erkenntnisse nicht in dem Umkreis der Interpretation bringen.
Für Post: Der Positivistische Ansatz ist hier letztlich Mist, da es um Kleists Problematik geht,
nicht primär um eine historische.