Ein biblischer Mensch unserer Zeit
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Ein biblischer Mensch unserer Zeit
Ein biblischer Mensch unserer Zeit - Johannes XXIII. Walter Kirchschläger Anlässlich des Nachdenkens über den Beginn des II. Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren begegnet immer wieder der Name einer großen Persönlichkeit: Angelo Roncalli, der als Bischof von Rom dieses Konzil am Weihnachtstag 1961 einberufen hat. Johannes XXIII. ist nicht nur als eine Gestalt der neueren Kirchengeschichte von Bedeutung. In ihm begegnet uns ein glaubender Mensch, der in allen Stationen seines Lebens darum bemüht war, sich an Gott selbst zu orientieren - so wie uns dieser Gott im Christusgeschehen zugänglich wurde. Ein einfacher und demütiger Mensch Da ist der Priester, der Kirchenhistoriker, der kirchliche Diplomat, der bischöfliche Seelsorger als Patriarch von Venedig, schließlich der Bischof von Rom, der sich seinen neuen Namen Johannes im Gedenken an seinen Vater und an den Patron der Pfarrkirche seiner Heimat gab. In allen Stationen seines Lebens blieb er ein einfacher Mensch, hervorgegangen „aus den einfachen Verhältnissen von Sotto il Monte“. „Ich habe immer versucht, mich niemals davon zu entfernen“ - so schrieb er in sein Tagebuch. Als er Bischof von Rom wurde, bat er die Menschen in aller Welt, dafür zu beten, 4 dass er vollkommen werde in Güte und Demut. Angesichts der Art und Weise, wie er mit den verschiedenen Aufgaben in seinem Leben umging, kommt der Satz in den Sinn, den Lukas im Magnifikat die Mutter Jesu sprechen lässt: „Er [Gott] hat hingeschaut auf die Kleinheit seiner Magd“ (Lk 1,48). So wie im biblischen Text sah er darin keinen Anlass für Eigenlob, sondern für den Lobpreis Gottes (vgl. Lk 1,46a: „Hoch erhebt meine Seele den Herrn“). Mit 14 Jahren schrieb er in sein Tagebuch: „Sich besonders in der Demut üben [...]. Man hüte sich also vor Eigenlob und vor dem Wunsch, mehr als die anderen oder ebenso wie sie geschätzt zu werden.“ Es scheint kein Zweifel zu bestehen, dass ihm das sehr gut gelungen ist. Er hat in seinen Audienzen zu den Menschen gesprochen wie einer ihresgleichen, als ihr Bruder. Den Journalisten verbot er, mit seiner Person Ehrentitel zu verbinden, und das Dokument zur Einberufung des Konzils unterzeichnete er nicht als Papst, sondern mit der ungewöhnlichen Formel „Ich - Johannes, Bischof der Katholischen Kirche“, um deutlich zu machen, dass er als Bischof gemeinsam mit allen anderen Bischöfen zusammentreffen wollte. So trug er auch bei der Eröffnungsfeier nicht - wie damals noch üblich - die dreifache Krone (die Tiara), sondern eine bischöfliche Mitra, und am Eingang zur Basilika St. Peter stieg er vom Thronsessel, um zu Fuß in die Peterskirche einzuziehen - eben wie alle anderen Bischöfe auch. Gehorsam und Frieden Mit dieser Wendung formulierte Johannes XXIII. den Leitspruch seines bischöflichen Dienstes. Die Kernelemente seiner Frömmigkeit sind darin zu erkennen. Sein Streben galt danach zu ergründen, was Gottes Absicht für ihn und sein Leben und was Gottes Absicht für seine Kirche war. Gerade das Letztere ist in seinen letzten Lebensjahren als Bischof von Rom sehr deutlich zu erkennen. Das Konzil, so betonte er immer wieder, war nicht seine Idee, sondern eine Eingebung Gottes. Ab dem Moment, da er dies erkannt und Sicherheit gewonnen hatte, dass es sich dabei nicht um eine eitle Versuchung des Teufels handelte, wurde diese Idee zum uneingeschränkten Inhalt all seines Strebens und seines Lebens. Seine eigene Person stellte er bereitwillig darunter, selbst als sich seine schwere Krankheit abzeichnete. Am 11. Oktober 1962, dem Eröffnungstag des Konzils, schrieb er in sein Tagebuch: „Ich war bereit, auf die Freude des Anfangs zu verzichten. Mit derselben ruhigen Gelassenheit wiederhole ich das fiat voluntas tua („dein Wille geschehe“) im Blick auf meine Bereitschaft, allezeit und unter allen Umständen meines demütigen Lebens auszuhalten auf diesem ersten Platz des Dienstes und mir jederzeit Einhalt gebieten zu lassen, damit diese Aufgabe, voranzugehen, weiterzumachen und zu vollenden auf meinen Nachfolger übergehen kann.“ Eine seiner größten Gnadengaben war es wohl, für das Wirken von Gottes Geist in der Kirche Raum zu schaffen. Auf dem Weg zum Konzil hat er sie im bestmöglichen Sinne ausgenützt. Freitag, 01.03.13 Ökumenischer Weltgebetstag der Frauen L Gen37,3-4.12- 13a.17b-28 E Mt 21,33-43.45-46 Samstag, 02.03.13 L Mi 7,14-15.18-20 E Lk 15,1-3.11-32 Sonntag, 03.03.13 3. Fastensonntag L I Ex 3,1-8a.13-15 L II 1 Kor 10,1-6.10-12 E Lk 13,1-9 Montag, 04.03.13 L 2 Kön 5,1-15a E Lk 4,24-30 Dienstag, 05.03.13 L Dan 3,25.34-43 E Mt 18,21-35 Mittwoch, 06.03.13 L Dtn 4,1.5-9 E Mt 5,17-19 Donnerstag, 07.03.13 L Jer 7,23-28 E Lk 11,14-23 Freitag, 08.03.13 L Hos 14,2-10 E Mk 12,28b-34 Samstag, 09.03.13 L Hos 6,1-6 E Lk 18,9-14 In jener Zeit des kalten Krieges war Johannes XXIII. ein Mensch des Friedens, des Ausgleichs und der Versöhnung. Knapp zwei Monate vor seinem Tod verfasste er ein päpstliches Rundschreiben über „den Frieden auf Erden“ (pacem in terris), und er richtete dieses Dokument „an alle Menschen guten Willens“. Beim Konzil selbst wollte er mit den Bischöfen „über diese einzige und heilige, diese einzig notwendige Sache […] sprechen: Das ist die Liebe der Menschen als [Schwestern und] Brüder in der Verehrung des einzigen Vaters, in der so lebendigen Teilhabe am Leben und an der Gnade Christi.“ „Ein wirklicher Priester“, ein „aufrichtiger Freund aller Nationen“ So sollte nach seinem Wunsch einmal über ihn geschrieben werden. Aber die Menschen beschränkten sich nicht darauf. Denn als er am Pfingstmontag 1963 starb, wurde es für einen langen Augenblick sehr still auf dieser Welt. Bis heute begreifen viele Menschen, dass da ein Mensch war, der selbst klein sein wollte und den deshalb Gott so groß gemacht hatte. Um solcher Menschen willen wird in den Psalmen Gott gepriesen: „Selig der Mensch, der [...] Freude hat an der Weisung des Herrn, über seine Weisung nachsinnt bei Tag und bei Nacht. Er ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, wird ihm gut gelingen“ (Ps 1,1-3). Walter Kirchschläger Em. Professor für Neues Testament, Luzern