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Wein und Sex.
Mythos Mosel –
eine ganz besondere Reise.
Bettina Linnig
D
Fotos: Joachim Gärtner
ieses Jahr hatte ich mir bei meinem Besuch von „Mythos
Mosel“ einiges vorgenommen. Die Route und die Weingüter
ordentlich geplant, eine riesige Portion Vorfreude im Gepäck,
aber nicht nur diese. Ich hatte auch zwei Gabriel Gläser dabei.
War ich doch ein großer Fan dieses Glases und von René
Gabriel zur „Botschafterin“ ernannt worden. Mal sehen wie der
2014er Wein, der von den meisten Weingütern vorgestellt
werden würde, sich in diesem grandiosen Glas präsentiert.
Der Start war beim Weingut Dr. Loosen in Bernkastel-Kues,
der Zeitpunkt richtig gewählt: Sonntag, 12 Uhr. Da ist noch Zeit
und Ruhe sich zu informieren und Gespräche zu führen. Mit Erni
Loosen Weine verkosten zu dürfen, ist ein kurzweiliges, Zeit
und Plan über den Haufen werfendes, Erlebnis. Wir redeten
nicht nur über die Weine – die 2014er wurden hier übrigens,
da sie jetzt erst abgefüllt werden, noch nicht präsentiert –
sondern auch über seine Bauvorhaben, den Architekten, den
eigentlich Bierbrauer und Musiker werdend wollende Winzer
Jay Summers, Bordeaux, das Gabriel Glas, die Gastwinzer und
über das Leben. Welches wunderbar ist. Besonders in diesem
Moment. Aber davon sollte es bei dieser „Mythos Mosel“-Tour
noch einige geben. Als besonderen Gastwinzer des Weingutes
Dr. Loosen möchte ich Julian Haart erwähnen. Der junge Winzer
gründete 2010 sein eigenes kleines Weingut. Er stammt zwar
aus einer alteingesessenen Winzerfamilie aus Piesport, machte
zunächst aber eine Kochlehre und arbeitet u. a. im drei-SterneRestaurant Klaus Erfort in Saarbrücken, um dann doch seiner
noch größeren Liebe, dem Wein, nachzugeben. Sicherlich die
richtige Wahl. Ich denke, er wird bestimmt in eine große Zukunft
schauen dürfen. Uuups. Schon so spät? Verabschiedungsküsschen, Drücker, das Versprechen auf ein baldiges Wiedersehen und dann geht es schnell weiter.
... mit Erni Loosen
Christopher Loewen
Für mich und den Herrn Prinz, unseren Hund, zu Fuß an
der Mosel entlang nach Graach. Hier besuchen wir das Weigut
Willi Schäfer mit dem Gastweingut Carl Loewen. In gewohnt
charmanter Art präsentiert der Jungwinzer Christopher Loewen
die Weine des Weingutes und erzählt von ihrer Entstehung. Im
Mittelpunkt steht hier der Riesling „1896“. Er verdankt seine
Entstehung einer Bachelor-Arbeit, die Christopher Loewen über
die Zeit der Entstehung der Wingerte geschrieben hat. Der
„1896“ verdankt nämlicher dieser Zeit seinen Namen und auch
die Herstellungsweise. Aber dazu nach unserem Besuch beim
Weingut Loewen mehr. Es wird ja auch schon Zeit für die
nächste Station. Mensch, wer hat bloß an der Uhr gedreht… Es
ist aber auch zu schön. Überall gut gelaunte Menschen,
entpanntes Genießen und interessante Gespräche.
So auch bei unserem nächsten Ziel: Weingut Markus
Molitor. Wer kennt ihn nicht? Markus Molitor, Winzer des Jahres
2014, hatte neben Nic Weis, Weingut St. Urbanshof, auch
Roman Niewodniczanski, Winzer des Jahres 2012, vom Weingut
van Volxem von der Saar zu Gast. Hochkarätiges verlangt
entsprechende Präsentation. Wieder einmal Zeit, das Gabriel
Glas auszupacken. Roman Niewodniczanski und ich hatten
uns länger nicht gesehen. Umso größer war meine Freude, ihn
persönlich beim Ausschenken zu treffen und noch schöner, dass
wir Zeit fanden, uns ein paar Minuten in Ruhe zu unterhalten.
Zunächst aber gab es zum Einstieg ein Glas Sekt. Er hat halt Stil
und weiß zu begeistern. Begeistert erzählt er mir auch von
seinen neustem Projekt am Weinberg, all den damit verbundenen Widrigkeiten, die ihn aber eher noch motivieren als
resignieren lassen. „Niwo“ ist jemand, der sowieso immer nach
vorne schaut, hochmotiviert seinen Weg geht, sich an den
besseren misst und sich auch nur damit umgeben möchte.
Seine Weine im Gabriel Glas – welches für ihn das zurzeit beste
Weinglas ist – sind da eine sehr gute Begleitung. Mir war es
eine große Freude, mit ihm gemeinsam seine Weine verkosten
zu dürfen. Dankbar sollte man den Moment genießen und
erkennen können, wie wichtig es ist die traditionellen Werte
nicht aus den Augen zu verlieren.
Gespannt ging es weiter zum Weingut Bastgen nach
Monzel. Hier wird Ökologie gelebt und großgeschrieben. Nicht
ganz einfach zu finden, war es am Ziel umso schöner, inklusiv
des wunderbaren Ausblickes. Zunächst genossen wir hier aber
den marinierten Ziegenkäse, ein Gedicht und die Wildschweinsteaks. Frisch gegrillt und ebenfalls unwiderstehlich. Gestärkt
und entschleunigt wurden dann die Winzer begrüßt. Mit Gastwinzer Kirsten philosophierten wir über den Wandel der Zeit
am Beispiel seiner Etiketten. Na klar haben wir auch gerne
seine Weine probiert! Überhaupt standen Genuss und Kultur
an diesem bezaubernden Ort besonders im Einklang. Dafür
sorgte auch Annette Köwerich, Ehefrau von Nick Köwerich vom
gleichnamigen Weingut aus Leiwen. Die Weine durfte ich
unlängst schon an anderer Stelle ausgiebigst verkosten. So
freuten wir uns über das Wiedersehen und darüber, bei einem
Glas über die Kultur und das Leben an der Mosel zu sprechen.
Schnell gesellten sich noch andere Gäste dazu und das Gespräch
kam auf eines meiner momentanen Lieblingsbücher „Briefe
von Ophelia an Jan“, Autorin Annette Köwerich. Ein Buch, welches
auf eine besondere Art über die Mosel, ihre Geschichte und
ihre Menschen erzählt. Eine Dame neben mir meinte, dass ihr
Mann ihr im Moment immer wieder Passagen daraus vorliest.
Als ich erwiderte, ich hätte das Buch bereits wiederholt gelesen,
bot sich der Herr spontan an, seine Lieblingspassage vorzutragen, griff sich das Buch und blätterte. Annette Köwerich wurde
ganz nervös, aller Augenmerk richtet sich auf sie. Ihre Nervösheit
erklärte sie damit, dass es das erste Mal sei, dass jemand
fremdes aus ihrem Buch vortragen würde. Sie war auf die
Betonung gespannt und ich auf die Passage. Ich konnte sie gut
verstehen. Geht es mir doch auch immer so, wenn ich mein
neustes Bild der Öffentlichkeit zeige. Überraschend die
Interpretationen. Besonders bei meinem letzten: Schönheit liegt
im Moment. So war es auch hier, anders als gedacht und doch
schön. Zulassen, den Moment zu genießen. Sich auf ihn
einlassen. „Die Lust auf Süße kann die Lust auf Langaufgespartes, vielleicht Verbotenes sein – die Lust aufs Glücklichsein,
aufs Leben. Onkel Theo sagt: Wein ohne Süße ist wie Sex ohne
Liebe, oder schlimmer noch: wie Liebe ohne Sex.“ Der Gast
schaute über seine Brille in die Runde und legte das Buch zur
Seite. Wir schauten uns an, die Gläser in der Hand und prosteten
uns zu. Ja, auch das war dieses Jahr „Mythos Mosel“. Spontan,
neugierig machend, überraschend.
Man soll gehen, wenn es am schönsten ist. So war es auch
hier. Wieder einmal hieß es Abschied nehmen. Nachdem die
Auftaktveranstaltung ja bereits im Schloß Lieser stattgefunden
hatte und ein großer Erfolg war, wollten wir doch zu mindestens
noch ein Glas Wein vom Winzer des Jahres 2015, Thomas
Haag, probieren. Außerdem war dort auch u. a. das Weingut
von Günther Jauch, von Othegraven, vertreten. Also, einen
Abstecher wert. Im kleinen Innenhof war es voll und wir beließen
es auf ein kurzes „Hallo“ und ein, ok, zwei Probierschlückchen.
Beide Weingüter werde ich aber sicherlich noch einmal in Ruhe
verkosten. Jetzt geht es zu einer meiner weiteren, ebenfalls
großen, Passionen, Sekt verkosten! Das Sektgut St. Laurentius
präsentierte sich dieses Jahr als Gast beim Weingut Bauer in
Mülheim. Ich hatte das Sektgut letztes Jahr auf Empfehlung
von Sandra Berweiler, Weingut Berweiler in Leiwen, kennengelernt, war begeistert und wollte mir auch dieses Jahr diesen
Sekt nicht entgehen lassen. Schließlich kredenzt der Bundespräsident bereits seit 1999 seinen Gästen im Schloss Bellevue
den Sekt des Sektgutes. Die gebotene Auswahl ist groß.
Natürlich die Riesling-Sekte, aber auch Crémanat und Chardonnay gab es. Ein Rosé musste es zum Abschluß aber auch noch
sein. Wunderbar!
Belebend ging es dann noch ins Hotel Richtershof. Der erste
Eindruck, hier möchte ich noch einmal hin. Nicht nur zum Wein
genießen. Ein letztes Glas Wein von Stefan Steinmetz, der dort
Gast sein durfte, ein Stück leckeren Erdbeerkuchen und
resümierend feststellen: Eine gelungene Veranstaltung, tolle
Gastgeber, die sich wunderbare Gastwinzer eingeladen hatten.
Es passte einfach alles. Besonders trug aber sicherlich auch
Roman Niewodniczanski
ein niveauvolles Publikum zu dieser großartigen Veranstaltung
bei. Bemerkenswert die vielen jungen Weintrinker und -liebhaber. Sie nutzten „Mythos Mosel“ um sich zu informieren und
Winzer und Weine näher kennen zu lernen. Eine Veranstaltung,
die sicherlich zum „must do“ wird.
www.LaViaVita.de
Ausblick von Monzel