Ankermanöver

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Ankermanöver
Ankermanöver
I.
Grundsätzliches
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Charterer müssen mit den Ankern auskommen, die an Bord sind. Je schwerer, desto besser.
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Beim Buganker keine Leinen mit wenigen Metern Kettenvorlauf akzeptieren. Im
Mittelmeer, wo fast nur geankert wird, nur Kette akzeptieren. Mindestens 50 bis 70 Meter
ab zehn Meter Schiffslänge. Je länger und schwerer, desto besser. Sonst ins Logbuch und in
die Eincheckliste vom Vercharterer eintragen.
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In den Ankerkasten gehört ein Hammer: Damit man zugeknallte Winschen schnell wieder
losbekommt.
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Immer volle Kettenlänge stecken, wenn es der Schwojkreis zuläßt. Das mit der "vier- bis
fünfachen Wassertiefe" ist blanker Unsinn. Diese Lehrbuchweisheit hat uns deutsche Segler
zum Schrecken der friedlich ankernden Seefahrer im Mittelmeer werden lassen.
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Den Anker auf helle Stellen fallen lassen. Das ist meist Sand oder sowas. Wo's dunkel ist
auf dem Grund, ist Fels oder Gras.
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Keine Kette auf den Anker fallen lassen.
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Das Schiff sollte bereits LANGSAM zurücktreiben, wenn der Anker fällt.
II.
Nicht vergessen: Anker einfahren!
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Anker einfahren! Ist die halbe Kettenlänge gesteckt, die Kette vorne belegen lassen (am
besten über eine Klampe, um die Winsch zu entlasten). Dann gaaaanz langsam zurück, bis
der Parkhaken einruckt. Jetzt langsam immer mehr Power geben. Mindestens halbe Kraft,
und das mehrere Minuten lang. Deckpeilungen an Land machen: Wenn der Baum vorm
Haus auswandert, hat der Anker nicht gehalten.
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Nicht ausdiskutieren, ob er nun hält oder nicht. Neues Manöver. Wir haben manchmal auf
schlechtem Grund (z.B. Kap Sounion bei Athen) schon bis zu sieben, acht Manöver
gefahren. Das läßt bei der Crew den Grad auf der nach unten offenen SkipperBeliebtheitsskala zwar tüchtig absinken. Dafür kann man aber herrlich pennen - wenn er
denn bombenfest gepackt hat!
III.
Profi-Drifter heizen durch die Bucht
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Der Skipper gewinnt auf der auch nach oben offenen Beliebtheits-Skala spätestens, wenn
beim leisesten Windhauch die ersten Lustkutter auf Drift gehen. Deshalb ist es erste CrewPflicht, alle neuen Ankerlieger genau zu beobachten: Wo lassen sie fallen, wieviel Kette
gesteckt? UND VOR ALLEM: HABEN SIE DEN ANKER EINGEFAHREN?
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Lacht Ihr nur: Wir haben manchmal auch am Ankerplatz alle Fender draußen. Weil wir
gesehen haben, wie der eine oder andere "festgemacht" hat. Oder plötzlich der Schwojkreis
nicht mehr ausreichen könnte. Oder wir selbst auf Drift gehen könnten...
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Ankerwache? Machen wir nur, wenn der Platz wirklich ganz schlecht ist, das Ufer nah und
die Felsen spitz. Oder wenn wir uns vor anderen Crews fürchten. Weil wir sie beim Ankern
beobachtet haben.
IV.
Vorsicht vor dem Heckanker!
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VORSICHT beim zusätzlichen Ausbringen des Heckankers. Weil der oft nur eine Leine mit
Kettenvorlauf hat, kann sich die Leine beim Schwojen erstklassig um Schraube oder
Ruderblatt legen.
V.
Nicht versaut, aber oft versaubeutelt: "römisch-katholische" Anleger
"Römisch-katholisch" anlegen: Den Buganker fallen lassen und mit dem Heck an der Pier
festmachen. Der Begriff stammt angeblich aus Italien.
VI.
Achtung, wir kommen!
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Guckt Euch in aller Ruhe den Ankerplatz
an. Wo passen wir noch zwischen? Segler,
die schon "drin" sind, stehen meist an der
Pier, um zu helfen und die Leinen
anzunehmen. (Das machen wir natürlich
auch!!!)
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Boot schön abfendern. Auch der Spiegel
bekommt, wie auch immer, einen Fender.
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Wie vor jedem Manöver gilt: Die Crew
einteilen und alles in Ruhe durchsprechen. Merke: Der vorausschauende Skip ist auch bei
Drei Leute reichen: Ankermann,
scheinbar einfachen Anlegemanövern immer
Steuermann und Leinenmann. Wer nix zu
auf ein versehentliches Versenken des
tun hat, hält die Klappe und mimt mit einem
eigenen Schiffes vorbereitet.
Fender den "Panikaffen": Wenn's denn doch
mal irgendwie eng wird.
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Der Leinenmann steht mit der sauber
aufgeschossenen Leine auf der
Badeplattform und hält sich bereit, an Land
zu springen oder die Leine den Helfern
zuzuwerfen oder ins Wasser zu fallen.
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Der Ankermann macht den "Anker klar
zum Fallen".
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Windrichtung feststellen!!!!!!!!!!!
VII.
Und los geht's
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Parallel zur Pier bzw. zu den schon ankernden Yachten anfahren. In Höhe der Lücke, in die
wir hineinwollen, abdrehen.
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Einige Meter über die Stelle, wo der Anker fallen soll, hinausfahren.
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Je nach Radeffekt (!!!) das Schiff vor dem Aufstoppen etwas in die entgegengesetzte
Richtung drehen, damit wir beim Rückwärtsfahren nicht eine Schlangenlinie ins Kielwasser
schreiben. Dann rückwärts.
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Anker erst fallen lassen, wenn das Schiff Fahrt zurück macht. Dann kann auch keine Kette
auf den Anker fallen und ihn unklar kommen lassen. Außerdem gräbt er sich nur so ein.
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Der Ankermann fährt am besten die Kette zunächst aus der Hand (dicke Handschuhe). Dann
merkt er auch, wann die Parkkralle unten ist. Langsam nachgeben, Kette nicht auf den
Anker fallen lassen. Jetzt über die lose Winsch legen oder einfach ausrauschen lassen.
Vorsicht jetzt am Ankerkasten!
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Jetzt zügig in die Lücke fahren. Gashebel auf ganz kleine Fahrt stehen lassen. Meist wird zu
langsam gefahren und mit dem Gashebel herumgerührt. Dann ist das Schiff kaum noch
steuerbar. Bei Seitenwind schon gar nicht!
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Gas erst unmittelbar vor der Pier wegnehmen. Meist reicht der Zug der Kette, um
abzubremsen. Jetzt schnell die Leinen rüber und erstmal irgendwie festmachen. Das muß
flott gehen.
VIII. Spannend: Hält er ode r hält er nicht?
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Beide Achterleinen sind an Land und fest. Jetzt die Kette von Hand und mit viel Schmackes
durchsetzen. Slipt der Anker oder hält er?
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Wenn er bombenfest hält, die Kette etwas entspannen. Nach einiger Zeit kontrollieren.
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Wenn er slipt, nicht diskutieren ("Das hält schon..."), sondern neues Manöver. Unbedingt.
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Wer als Skipper richtig fit ist, fährt den Anker vorher ein. Siehe oben. Aber Seitenwind und
Radeffekt lassen so einen Stop kurz vor den anderen Schiffen (und ihren Ketten) nicht
immer ratsam erscheinen.
IX. Wir liegen fest - und sicher?
X.
Stengel im Schwell - schaut nach oben und denkt an die Fähre...
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XI.
In Mittelmeerhäfen muß oft mit Schwell zum Beispiel durch Fähren gerechnet werden. Also
schauen wir nach oben: Fein, die Masten alle schön auf gleicher Höhe. Wenn's also
irgendwie geht, das Schiff so verholen, daß unsere Stengel im Schwell kein Techtelmechtel
anfangen können. Notfalls muß man eben übers Dhingi an Land. Nachts muß man den
Abstand zur Pier sowieso vergrößern und die Gangway reinho len.
Eine Spring bei Seitenwind?
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XII.
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Eine Spring vom Ufer zum Bug kann den Anker bei Seitenwind entlasten. Sie zieht das
Heck selbst bei etwas ablandigem Seitenwind unweigerlich an die Pier, wenn der Anker
ausbricht. Nur mit Vorsicht zu genießen.
Im Notfall in die Spring eindampfen
Wenn bei starkem Seitenwind der Anker ausbricht oder die lieben Nachbarn draufdrücken,
kann man aber in diese Spring eindampfen: z.B. in die St-Spring mit hart bb-Ruder oder
umgekehrt. Das hält den Bug erstmal einigermaßen stabil und vor allem das Heck von der
Pier weg. WICHTIG: Zum Eindampfen in die Spring sollte diese mittschiffs festgemacht
sein.
XIII. Besser ist ein Reitgewicht
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XIV.
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Um das Heck von der Pier freizuhalten und den Zug auf den Anker möglichst waagerecht
kommen zu lassen, empfiehlt sich ein Reitgewicht: Das ist ein Gewicht von mindestens
zehn bis 20 kg, das an der Kette runtergelassen wird. So ein Ding ist nie an Bord. Aber wir
können dafür den Heckanker nehmen. Die Kette wird aufgeschossen am Schaft
festgebändselt, das Ganze an einer langen Leine und einer großen Schlaufe an die
Ankerkette gehängt und runtergelassen. Das empfiehlt sich übrigens auch an "normalen"
Ankerplätzen. Erhöht die Sicherheit und begrenzt den Schwojkreis. Auf jeden Fall besser
als ein Zweitanker. Wir haben das Reitgewicht beim freien Ankern fast immer draußen und
bisher sehr gute Erfahrungen gemacht.
Anker zum Wind hin ausbringen?
Wird oft gelehrt, sieht in Schulbuch- Zeichnungen immer logisch aus und wird leider auch
praktiziert: Den Anker zum Wind hin ausbringen und im leichten Bogen zur Pier fahren.
Halte ich für Blödsinn: Dreht der Wind, liegt der Anker völlig verkehrt. Setzt man die Kette
richtig durch, erwischt man garantiert den oder die Nachbaranker. In jedem Fall gibt das
Ankersalat. Selbst wenn sich, was nie der Fall ist, alle Skipper dran halten.
XV. Vorbeugen ist immer besser: die Tripleine
Das Hafenhandbuch gibt Auskunft, welche Verhältnisse uns erwarten und ob Ankersalat droht oder
sich der Anker am Grund verhaken könnte.
Für Ärger sorgen beispielsweise immer alte Muringketten oder felsiger Grund, in dem sich Anker
hoffnungslos festbeißen können.
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Droht also ein schlimmer "Morgen danach", kann man vorbeugen. Zum Beispiel mit einer
Tripleine :
Das ist eine feste Leine (gerne auch aus billigem, rotem Kuns tstoff) von mindestens etwa
zehn Meter Länge, mit der man den Anker von oben ausbrechen oder unter Ketten
hervorholen kann.
Die wird an Kreuz oder Krone des Ankers mit einem Palsteck befestigt.
XVI. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten
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Am Ende der Tripleine eine Boje (z.B. halbgefüllte Wasserflasche) befestigen und mit
Anker und Tripleine ins Wasser geben.
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Oder aber die Tripleine mit feinem Segelgarn an der Kette entlang beibändseln:
Dann kann kein anderes Schiff die Tripleine schraubenmäßig erwischen.
Ist der Faden dünn genug, reißt er beim Zug sofort, und man kann per Tripleine, die nun frei
läuft, den Anker tief unten ausbrechen.
XVII. Tip für die Tripleine mit Boje:
An der Boje eine Öse oder Schlaufe befestigen und dadurch lose die Tripleine führen, die am Ende
ein Gewicht hat. Dadurch steht die Boje immer genau über dem Anker - das ist auch ein gutes
Signal für später einlaufende Ankerlieger.
Kauftip: Eine spezielle Ankerboje, die in ihrem Innern die Tripleine
automatisch ab- und aufspult, gibt es für einige hundert Mark im
Zubehörhandel zu kaufen.
XVIII.
Wenn Anker ein Techtelmechtel angefangen haben...
Damit muß man immer rechnen: daß Anker kreuz und quer liegen und irgendwann ein
unheilschwangeres Techtelmechtel veranstalten. Das ahnt der gute Skipper natürlich scho n vorher
und bereitet sich und die Mädels und Jungs vorn am Ankerkasten schon mal vor. Und zwar in Ruhe!
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Am Bug wird eine kurze Leine bereitgelegt und mit einem Ende an einer Klampe belegt:
Diese Leine dient später dazu, den fremden Anker, den man mit der eigenen Kette
hochgeholt hat, zu "unterfangen", also festzuhalten, während der eigene Anker kurz wieder
heruntergelassen wird - dann ist man den Störenfried meist schon wieder los.
Kauftip: Im Zubehörhandel gibt es einen Kettenfanghaken (rund 100
Mark), der an einer Leine hängt und mit dem man bequem die
fremde Kette angeln kann. Am Kopf des Hakens ist so eine Art
Tripleine angebracht: Zieht man daran, gibt der Haken die Kette frei.
Wenn nix mehr geht
Wenn man unten irgendwas schweres erwischt hat, das sich überhaupt nicht aufholen läßt, kann
man, vor dem dann wohl nötigen Tauchgang, folgendes probieren:
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Ganz viel Kette stecken und in die dem Ankerplatz entgegengesetzte Richtung fahren.
Liegt genug Kette am Boden, kommt der Zug nun schön waagerecht: Vielleicht läßt sich so
der Anker unter dem Hindernis (beliebt: riesige, krakenähnliche Muringanker) hervorziehen.
Wenn man nun von dannen dampft, sollte man keineswegs den
Blick zurück vergessen:
Dort müßte spätestens jetzt jenes Schiff, dessen Anker man
erwischt hatte, gegen die Mole krachen...
Weil wir den Nachbarn natürlich nicht "Bescheid" gesacht hatten.
Klaro, daß wir uns auch nicht die Mühe gemacht haben, den
fremden Parkhaken mit ordentlich Fahrt zurück neu auszubringen.
Wär ja auch glatt' zuviel verlangt.
XIX.
Oh je, da rupft einer unseren Anker aus...
Die Nacht war lang, der Kopf ist schwer, der Nachbar ist mal wieder früher auf den Seebeinen und
geht ankerauf.
Jetzt heißt es, fein aufgepaßt:
XX.
Kriegt er ihn, oder kriegt er ihn nicht - unseren Parkhaken?
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Wir halten uns manöverbereit und die Maschine startklar. Wer was Böses ahnt, oder ganz,
ganz vorsichtig ist, legt eine gerade (!) Spring von der Pier zur Luvseite, mittschiffs: In
die Spring kann man mit entgegengesetztem Ruder eindampfen, wenn der Anke r
ausbricht.
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Die eigene Kette im Auge behalten oder, besser, mit der Hand dran fühlen, während der
Nachbar die seine aufholt. Dann merkt man sofort, ob's da unten rappelt.
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Hat er unseren Parkhaken erwischt, nun bloß nicht wie ein HB-Männchen herumspringen
und losbrüllen: Hat doch keinen Sinn!
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Sondern: Wir helfen dem Segelkameraden, indem wir unsere (hoffentlich) straff gespannte
Kette durch Nachlassen entspannen - nur so bekommt der Kollege das Ding herauf. Achtern
hält sich der Steuermann bereit, den Jockel anzuschmeißen und das Heck von der Pier
abzuhalten. Wenn genug Kette (also alles) draußen ist, ist das aber meist nicht nötig.
So ist es richtig:
Hat jemand unseren Anker erwischt, ordentlich Kette geben (unten) - dann bekommt der
Nachbar seinen Anker hoch und der unsrige bleibt schön liegen.
Das HB-Männchen oben hat nix kapiert: An der straff gespannten Kette rutscht der
Anker des Nachbarn bis zu unserem Parkhaken - und rupft ihn dann aus.
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Hat der Kollege seine Schlickkralle frei, sollten wir auf jeden Fall unseren Anker checken
und schön fest durchsetzen:
Am besten von Hand und mit viel Hauruck, damit er sich eventuell wieder eingräbt. Sonst
neues Ankermanöver. Unbedingt.
XXI. Eine Horrornacht
XXII. Auf Drift gegangen und stundenlang mit Anker und schwerer See gekämpft
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Ormos Vathy, eine niedliche idyllische und fast kreisrunde Bucht im Südwesten der Ägäis-Insel
Siphnos. 22. April 1997:
Dicht unter Land lassen wir den Anker unserer Sunmagic 44 auf Sand fallen. Beim Einfahren mit
Maschine rückwärts bricht der Parkhaken wieder aus. Erst im zweitenVersuch packt die Kralle, wir
stecken die gesamten 60 Meter Kette. Als gegen Abend mal wieder die Fallböen zunehmen,
bringen wir den Heckanker samt Kettenvorlauf als Reitgewicht aus. Das machen wir fast immer.
Ein Crewmitglied taucht den Hauptanker ab: Nur ein Flunke hat sich tief eingegraben - und liegt
vor einer Grasscholle. Das hätte uns zu denken geben sollen, hat es aber nicht. Weil doch der Anker
beim fünfminütigen Rückwärtsmanöver (fast volle Kraft) gehalten hat.
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Logbuch-Auszug:
23.09.97 - 00 Uhr. Schwere Sturmböen. Ankerwache eingeteilt, jeweils eine Stunde.
02.45 Uhr. Schiff geht auf Drift - und zwar recht flott. Weil nicht ständig Ausschau gehalten wurde,
merken wir's erst, als wir kurz vor den Felsen stehen. Wie gut, daß bei uns der Kahn nachts immer
sofort startklar ist und Taschenlampen auf dem Navitisch und in der Plicht bereitliegen. Selbst der
Motorhebel steht immer - ausgekuppelt - auf dreiviertel voraus.
Aus Angst davor, die Leine vom Reitgewicht in die Schraube zu bekommen, ziehen wir das Schiff
rückwärts aus der Bucht, in der schwerste Fallböen toben. Draußen, so der Trugschluß, herrscht
Ruhe. Wie oft waren mit zwei Reffs aus den Fallwind-Buchten der Ägäis-Inseln gelaufen, um
draußen in der Flaute steckenzubleiben...
Irrtum: In der Nacht hatte auch draußen der Wind auf 6 bis 7 Bft. aus SE zugelegt. Inzwischen steht
eine heftige See. Glücklicherweise leicht ablandig.
Wir drehen bei und versuchen erst zu zweit, dann zu dritt, schließlich zu fünft, die beiden
Ankergeschirre hochzuholen. Doch die leichte Drift durchs Beidrehen läßt uns keine Chance: Kette
und Leine (vom Reitgewicht) sind knallhart wie Stahl gespannt und rühren sich nur um Zentimeter
- zu wenig, um die Klampe für eine Verschnaufpause zu belegen.
Wir fahren wieder in die Bucht - in der Hoffnung, daß nix in die Schraube kommt (war
unbegründet - bei DEM Gewicht, was nach unten zog) und wir den Parkhaken weit genug über
Grund schleppen können, um ihn in Flachwasser zu bergen.
Glück gehabt: Die Parkkralle hat sich nicht irgendwo in großer Tiefe verhakt. Kaum sind wir in der
Bucht, kann der ganze Klumpatsch geborgen werden. Wegen der Fallböen, die aus wechselnden
Richtungen über uns hereinbrechen, ist es schwierig, die Kiste genau im Wind und an einer Stelle
zu halten, damit die Jungs vorne arbeiten können. Wegen des unbeschreiblichen Lärms des Windes
im Rigg muß ein Crewmitglied mittschiffs die "Kommandobrücke" zwischen vorn und achtern
übernehmen.
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Logbuch:
05.15. Fest vor Anker dicht unter Land. Ankerwache bis 7 Uhr.
XXIII. Fazit
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Der Anker hätte energischer eingefahren werden müssen - dann wäre er schon gleich
ausgebrochen. Und wir hätten die Chance gehabt, ihn wirklich fest in den Grund zu donnern.
(In dieser Bucht hatte ich einige Jahre zuvor schon mal sieben (!) Versuche benötigt - hatte
ich das schon wieder vergessen???)
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Der Anker war nicht voll im Sand, sondern lag nur mit einer Seite im Grund.
AUSSERDEM lag er genau vor einer Grasscholle, wie unser Taucher berichtete: Geht ein
Anker mit einer ausgerissenen Grasscholle auf seinen Flunken auf Drift, bleibt das
Grasstück liegen und verhindert so ein mögliches Wiedereingraben. War das etwa passiert?
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Ankerwachen sollten, wenn sie denn nötig sind (weil man Zweifel am eigenen Geschirr
oder Angst vor den Nachbarn hat) STÄNDIG die Lage peilen. Wenn man driftet, dann
meist verdammt schnell.
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