Lawinengefahr

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Lawinengefahr
Lawinengefahr
Das Risiko besser einschätzen
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung
Die weisse Gefahr
Viele Wintersportler suchen das Abenteuer abseits der Piste und von signalisierten Routen
und begeben sich damit in Gefahr – in Lebensgefahr. Denn 25 Menschen sterben jährlich in
der Schweiz in Lawinen, 90 % davon lösen ihre Lawine selbst aus. Ein Lawinenunglück darf
deshalb gar nicht erst passieren. Die bfu rät, sich über die Lawinengefahr zu informieren,
sich richtig auszurüsten und sich den Verhältnissen entsprechend vorsichtig zu verhalten.
Bleiben Sie im Zweifelsfall auf der Piste oder auf gesicherten Routen.
Faktoren für Lawinenbildung
Die Lawinengefahr wird beeinflusst durch
die Wechselwirkung von Verhältnissen,
Gelände und Mensch.
Verhältnisse: Die Gefahr steigt bei intensi-
vem Schneefall und starkem Wind. Dabei
bilden sich heikle Triebschneeansammlungen, die an abgeblasenen Bergkämmen, an
Wechten und Dünen erkennbar sind.
Schnelle und markante Erwärmung führt zu
einem Anstieg der Lawinengefahr. Im Frühjahr erhöht sich die Gefahr im Tagesverlauf
durch Erwärmung und Sonneneinstrahlung.
Am gefährlichsten sind Schneebrettlawinen. Dabei
gleitet eine ganze Schneetafel in Sekunden ab.
Alarmzeichen wie frische Lawinen,
«Wumm»-Geräusche und Risse in der
Schneedecke weisen auf eine erhöhte
Gefahr hin.
Gelände: Ab einer Hangneigung von
30˚ ist ein Lawinenabgang möglich.
Je steiler ein Hang, desto gefährlicher.
Lawinenhänge sind oft schattig, kammnah
und mit Triebschnee beladen.
Mensch: Die meisten Schneebrettlawinen
werden durch Schneesportler ausgelöst. Sie
können durch ihr Verhalten das Risiko einer
Lawinenauslösung erhöhen oder reduzieren.
Durch den Wind abgelagerter Triebschnee:
Schneebrettgefahr
Ein herrlicher Sonnentag. Mit dem Gelände vertraut, die
Verhältnisse gecheckt, die Notfallausrüstung dabei und in bester
sportlicher Verfassung. Trotzdem fährt abseits der Pisten die
Vorsicht mit: Lawinengefahr heisst Lebensgefahr!
Risiko einschätzen, Verhalten optimieren
Das folgende Schema hilft Ihnen bei der besseren Einschätzung des Lawinenrisikos.
Lawinenbildende Faktoren beurteilen
Verhältnisse
Gelände
Mensch
Gefahrenstufe
Alarmzeichen
Wetter/Sicht
Hangneigung
Exposition
Höhenlage
Gruppengrösse
Kompetenz
Ausrüstung
Entscheiden: Ist Tour / Route möglich?
Alternative suchen
nein
Nein
Nein
Ja
Verhalten optimieren
efahren Sie Schlüsselstellen einzeln,
B
halten Sie im Aufstieg Entlastungsabstände (ca. 10 m) ein.
• Meiden Sie steilste Hangpartien.
• Beurteilen Sie frische Triebschneeansammlungen kritisch.
• Beachten Sie die Erwärmung im Lauf
des Tages.
•
S tellen Sie Ihr LawinenverschüttetenSuchgerät LVS auf «Senden» und
kontrollieren Sie es auf einwandfreies
Funktionieren hin.
• Brechen Sie nie allein auf.
• Kehren Sie bei schlechter Sicht um
oder verzichten Sie auf die Tour.
• Folgen Sie keinen fremden Spuren,
die in unbekanntes Gelände führen.
•
Die Auslösewahrscheinlichkeit hängt von
Gefahrenstufe und Hangneigung ab. Je tiefer die Gefahrenstufe, desto steilere Hänge
dürfen Sie bei gleichem Risiko befahren. Je
höher die Gefahrenstufe, desto flachere
Hänge sollten Sie wählen.
Bei der Beurteilung des Risikos hilft Ihnen
die abtrennbare Karte am Ende dieser
Broschüre mit zusätzlichen Informationen
zu den Lawinenbulletins und zur Messung
der Hangneigung.
Lawinenbulletins
Das WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos schätzt im Winter
täglich die Lawinengefahr anhand einer
europaweit verwendeten fünfstufigen Skala
ein. Die Bulletins und weitere Informationen
finden Sie auf www.slf.ch.
Hangneigung
Die Hangneigung wird auf einer Karte (mit
Hangneigungsmesser) oder im Gelände (mit
Skistöcken) gemessen oder geschätzt. Massgebend ist die steilste Stelle (ca. 20 m × 20 m).
Auf den Skitourenkarten im Massstab
1:50 000 sind Hänge über 30° eingefärbt.
Lawinenrisiko in den im Lawinenbulletin genannten Expositionen und Höhenlagen
Gefahrenstufe
gemäss SLF
1 gering
2 mässig
3 erheblich
4 gross
extrem steil
Hangneigung
40º
sehr steil
35º
steil
30º
mässig steil
Für Hangneigung
zählt die
steilste Stelle …
Geringes Risiko
Relativ sicher, wenn
keine speziellen
Gefahrenzeichen
… im Bereich der Spur
Erhöhtes Risiko
Ausbildung und Erfahrung
notwendig
… im ganzen Hang
Hohes Risiko
Verzicht empfohlen
Lesebeispiel: Bei Gefahrenstufe 2 «mässig» sollten wenig Erfahrene Hänge über 35° meiden.
… im ganzen Hang
inkl. Einzugs- und
Auslaufbereich
Wenig Erfahrene
bleiben besser unterhalb dieser Linie
Lokale Signalisation der Lawinengefahr
Im Schneesportgebiet beurteilen die Verantwortlichen der Pisten- und Rettungsdienste
die örtliche Gefahrensituation. Sie sperren
gefährdete Pisten, Abfahrtsrouten und
Wege.
Ab Gefahrenstufe 3 «erheblich» im freien
Gelände werden die Lawinen-Warnleuchten
eingeschaltet. Die Freeride-Checkpoints
vermitteln ebenfalls täglich aktualisierte
Informationen.
Achtung Attention
Attenzione
Hier keine markierte
und kontrollierte Abfahrt
Ici pas de descente
balisée et contrôlée
Qui nessuna discesa
demarcata ne controllata
Here no marked
and controlled run
Hier beginnt das freie und
nicht gesicherte Gelände.
Freies Gelände
Domaine non contrôlé
Zona non controllata
Off piste areas
gesperrt
barré
chiuso
closed
Lawinengefahr
Danger d’avalanches
Pericolo di valanghe
Danger of avalanches
Warnung ab erheblicher
Lawinen­gefahr (Gefahrenstufe 3).
Gesperrte Pisten, Abfahrtsrouten
und Wege keinesfalls benützen.
Materialcheck
Zur Grundausrüstung gehören Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS), Lawinenschaufel und Sonde. Sie bieten keinen
Schutz vor Lawinen, können aber die Überlebenschance erhöhen. Weitere Notfallsysteme (z. B. Lawinen-Airbag) sind je nach
Situation empfehlenswert. Ein Helm schützt
besonders beim Abfahren. Ebenfalls dazu
gehören Karten zur Orientierung, Handy für
die Alarmierung (Achtung: unvollständige
Netzabdeckung im Gebirge), eine NotfallApotheke inklusive Rettungsdecke sowie
Sonnen- und Kälteschutz.
Die 3 wichtigsten Tipps
•
Lassen
Sie sich ausbilden oder schliessen Sie sich einer professionell
geführten Gruppe an.
•
olen Sie die nötigen Informationen über Wetter, Lawinensituation und
H
Gelände ein.
•
ehmen Sie die Notfallausrüstung mit und machen Sie sich mit deren
N
Handhabung vertraut.
Lawinenrisiko reduzieren
Lawinenrisiko in den im Lawinenbulletin genannten Expositionen und Höhenlagen
Gefahrenstufe
gemäss SLF
1 gering
2 mässig
3 erheblich
4 gross
extrem steil
Hangneigung
40º
sehr steil
35º
steil
30º
mässig steil
Für Hangneigung
zählt die
steilste Stelle …
Geringes Risiko
Relativ sicher, wenn
keine speziellen
Gefahrenzeichen
… im ganzen Hang
… im Bereich der Spur
Erhöhtes Risiko
Ausbildung und Erfahrung
notwendig
Lawinenbulletins
Die Lawinenbulletins geben Auskunft über
die Schnee- und Lawinenverhältnisse in
allen Regionen der Schweizer Alpen (örtliche Abweichungen möglich, Übergänge
fliessend!). Die Lawinengefahrenstufe ist
abhängig von: Auslösewahrscheinlichkeit,
flächiger Verbreitung der gefährlichen Hänge, Grösse und Art der Lawinen (Mächtigkeit der abgleitenden Schneeschicht).
Nationales Lawinenbulletin
(Ausgabe täglich 17 Uhr):
• www.slf.ch
• wap.slf.ch
• Tel. 187 (Ausland +41 848 800 187)
• Teletext: Seite 782
Hohes Risiko
Verzicht empfohlen
… im ganzen Hang
inkl. Einzugs- und
Auslaufbereich
Wenig Erfahrene
bleiben besser unterhalb dieser Linie
MS: SMS mit Inhalt «LAWCHD» an 162
M
senden
• iPhoneApp «White Risk Mobile»
•
Regionale Lawinenbulletins
(Ausgabe täglich 8 Uhr):
• www.slf.ch
• MMS: z. B. SMS mit Inhalt «LAWZCH» an
162 senden für regionales Bulletin Zentralschweiz. Weitere Keywords erhältlich
mit SMS «LAWINE» an 162
• iPhoneApp «White Risk Mobile»
Lawinensituation Ausland:
www.lawinen.org
Wetterentwicklung:
www.meteoschweiz.ch
30˚
35˚
40˚
Steilheitsklasse
1 gering
Allgemein günstige Verhältnisse. Extrem
steile Hänge (> 40˚) einzeln befahren!
Absturzgefahr beachten!
2 mässig
Mehrheitlich günstige Verhältnisse. Vorsichtige Routenwahl. Extrem steile Hänge
(> 40˚) und Triebschneeansammlungen
meiden! Schattige Steilhänge (> 30˚)
einzeln befahren!
3 erheblich
Teilweise ungünstige Verhältnisse.
Schattige Steilhänge (> 30˚) meiden.
Unerfahrene bleiben auf der Piste oder
schliessen sich einer professionell geführten Gruppe an!
4 gross
5 sehr gross
Ungünstige Verhältnisse. Lawinenauslaufbereiche beachten! Unbedingt auf den
markierten und geöffneten Abfahrten/
Routen bleiben!
Verhalten optimieren
Befahren Sie Schlüsselstellen einzeln,
halten Sie im Aufstieg Entlastungsabstände (ca. 10 m) ein.
• Meiden Sie steilste Hangpartien.
• Beurteilen Sie frische Triebschneeansammlungen kritisch.
• Beachten Sie die Erwärmung im Lauf des
Tages.
• Stellen Sie Ihr LVS auf «Senden» und
kontrollieren Sie es auf einwandfreies
Funktionieren hin.
• Brechen Sie nie allein auf.
• Kehren Sie bei schlechter Sicht um oder
verzichten Sie auf die Tour.
• Folgen Sie keinen fremden Spuren, die in
unbekanntes Gelände führen.
•
Verhalten bei einem Lawinenunglück
Die Wahrscheinlichkeit, nach einem Lawinenunfall lebend gefunden zu werden,
nimmt bereits nach 15 Minuten drastisch ab.
Nur die Hälfte der ganz verschütteten
Schneesportler überlebt das Lawinen-
Hangneigungsmesser
für Karten 1:25 000
Lawinengefahrenskala
Hangneigung
Messung mit Hilfe
gleich langer Stöcke:
Trifft der hängende
Stock unterhalb der
Markierung auf die
Schneeoberfläche,
ist der Hang steiler
als 30 ˚, sonst flacher.
<3
0º
>3
0º
<3
0º
>3
0º
10 cm Abstand von der
Markierung entsprechen ca. 3˚.
Schätzhilfen
Spitzkehren im Aufstieg nötig: > ca. 30˚
Schutthalden unterhalb von Felswänden: um 35˚
felsdurchsetztes Steilgelände: > ca. 40˚
unglück. Jede Minute zählt. Handeln Sie
darum rasch und überlegt nach folgendem
Ablauf:
• Gewinnen Sie die Übersicht, überlegen
und handeln Sie, ohne Ihre Sicherheit zu
gefährden.
• Falls ohne Zeitverlust möglich: Alarmieren
Sie die Rega (Tel. 1414), im Wallis die
KWRO (Tel. 144) oder die nächstgelegene
Seilbahnstation. Die internationale Notrufnummer 112 ist über alle Handynetze
erreichbar.
• Suchen Sie sofort den Lawinenkegel mit
Auge und Ohr ab und beginnen Sie
gleichzeitig mit der Suche mit LVS
(schalten Sie nicht benötigte LVS aus).
• Schaufeln Sie zuerst Kopf und Brust von
aufgefundenen Verschütteten frei und
beginnen Sie mit den lebensrettenden
Sofortmassnahmen.
• Schützen Sie das Opfer vor Unterkühlung.
• Schalten Sie nach Ende der Suche alle LVS
wieder auf «Senden».
• Alarmieren Sie spätestens jetzt.
Die bfu setzt sich im öffentlichen Auftrag
für die Sicherheit ein. Als Schweizer
Kompetenzzentrum für Unfallprävention
forscht sie in den Bereichen Strassenverkehr,
Sport sowie Haus und Freizeit und gibt
ihr Wissen durch Beratungen, Ausbildungen
und Kommunikation an Privatpersonen
und Fachkreise weiter. Mehr über Unfall­
prävention auf www.bfu.ch.
3.028.01 – 11.2010
Sicher leben: Ihre bfu.
Weitere Informationen
Wir empfehlen Ihnen ausserdem folgende
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• Achtung Lawinen!
(direkt beim SLF erhältlich)
3.001 Schlitteln
3.002 Skifahren und Snowboarden
3.003 Schwimmen, Schnorcheln,
Schlauchboot
3.010 Bergwandern
3.018 Radfahren
3.020 Mountainbiking
3.086 Tauchen in den Ferien
3.121 E-Bikes
Diese Broschüren oder Publikationen
zu anderen Themen können Sie kostenlos
beziehen oder als PDF herunterladen:
www.bfu.ch.
Partner: WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF
Alpine Rettung Schweiz (ARS), Bundesamt für Sport (BASPO), Kantonale Walliser Rettungsorganisation
(KWRO), MeteoSchweiz, Naturfreunde Schweiz (NFS), Schweizer Alpen-Club SAC, Schweizer Armee (Komp
Zen Geb D A), Schweizer Bergführerverband (SBV), Schweizerische Rettungsflugwacht (Rega), Schweizerischer Skiverband (Swiss-Ski), Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), SSBS – Schweizer Schneesport
Berufs- und Schulverband, Seilbahnen Schweiz (SBS), SWISS SNOWSPORTS, Verband Bergsportschulen
Schweiz (V.B.S.)
© bfu 2010, Verwendung unter Quellenangabe erwünscht. FSC-zertifiziertes Papier.
bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung, Postfach 8236, CH-3001 Bern
Tel. +41 31 390 22 22, Fax +41 31 390 22 30, info @ bfu.ch, www.bfu.ch

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