Billige Mode für einen hohen Preis
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Billige Mode für einen hohen Preis
22 Wissenswert Nummer 275 • Dienstag, 27. November 2012 Billige Mode für einen hohen Preis Kompakt Mo Di Mi Do Fr Sa 1% Haus-Rat Löhne (z. B. für Zuschneiden, Nähen) Crash-Test Durch-Klick Recht-Eck Schlag-Wort Stil-Leben 11 % Gebühren, Transport Geschüttelt, nicht gerührt Wie deutsche Firmen produzieren lassen Materialkosten Foto: Hersteller 13 % Billig muss es sein – und schick. Doch wenn die Menschen hierzulande beim Kauf von Shirts und Hosen sparen wollen, zahlen die Arbeiter, die zu Niedriglöhnen in Bangladesch die Kleidung herstellen, dafür. Für diesen Kuchen braucht es statt einem Mixer nur zwei starke Arme 25 % Forschung, Entwicklung, Design Probieren geht über Studieren, sagt der Volksmund. In unserer Rubrik „Crash-Test“ fühlen wir Produkten aller Art auf den Zahn – und verraten, wo Stärken und Schwächen liegen. Von Regine Warth Kuchen backen nach dem Prinzip eines Kinderliedes? Geht. Zumindest wer einen Kuchen mit Shake and Bake (Kaiser, etwa 32 Euro) backen möchte, braucht laut Packungsbeilage tatsächlich nur sieben Sachen: Eier und Salz, Zucker und Sahne, Mehl und Backpulver und ein Paar kräftige Arme. Von einem Rührgerät ist in dem Kinderlied keine Rede – und auch nicht in dem mitgelieferten Rezeptvorschlag. Dort steht: Der Teig wird geschüttelt und nicht gerührt. Die Zutaten werden einfach nacheinander in die mitgelieferte Backform geschüttet, die Backform wird mit dem dazu passenden Deckel verschlossen und alles 30 Sekunden lang kräftig hin und her geschüttelt. Und dann? Schieb, schieb in den Ofen hinein. Selbst nicht sehr erfahrene Bäcker macht so eine Anleitung skeptisch. Und die Skepsis wächst, wenn sich nach 30 Sekunden Schütteln die Zutaten zu einer halbflüssigen Masse vermischt haben, aber in dieser noch deutlich Mehlklümpchen zu entdecken sind. Vielleicht doch nochmals 30 Sekunden mehr schütteln? Die Klümpchen sind danach immer noch nicht verschwunden. Dafür sind die Arme lahm. Also ab in den Ofen mit der Form. Nach einer knappen Stunde ist das Ergebnis ganz ansehnlich. Selbst die Mehlklümpchen sind nicht mehr sichtbar. Nur über den Geschmack lässt sich offenbar streiten: Denn so richtig zufriedenstellend ist der Kuchen nicht. Er ist zwar saftig, aber dafür auch ziemlich fest. Es fehlt eben das, was einen Rührkuchen ausmacht: das Rühren. Einzelhandel (Personalkosten, Ladenmiete, Verwaltung) Die Zahlen geben an, wer durchschnittlich wie viel an einem T-Shirt verdient. Je nach Produkt, Herstellungsland und Unternehmen gibt es große Unterschiede Quelle: Kampagne für saubere Kleidung / Foto: Fotolia / StN-Bearbeitung: Hoß Testurteil 50 % ))))) Bewertung ))))) ))))) ))))) ))))) ))))) erstklassig überdurchschnittlich gut passabel enttäuschend BERLIN/BONN (StN). Das Shirt gibt es für 4,95 Euro, die Jeans kostet 15 Euro. Dazu noch die Ballerinas für 12,95 Euro – fertig ist die Ausgeh-Garnitur für nicht mal 35 Euro. Möglich ist das, weil das ModeUnternehmen, das diese Schnäppchen anbietet, in der ganzen Welt produzieren lässt. Vorwiegend in Billiglohnländern wie Bangladesch. Das asiatische Land ist der weltweit zweitgrößte Exporteur für Konfektionskleidung mit einem Jahresumsatz von über 15 Milliarden US-Dollar. Und Deutschland ist in der EU der größte Abnehmer. Mit Billig-Klamotten lässt sich gutes Geld verdienen. Den Einkaufspreis für die 5Euro-T-Shirts bei den Textilfabriken beispielsweise schätzen Experten wie Guillaume d’Hommée von der Akademie für Mode und Design (AMD) in Berlin auf knapp einen Euro. Der Dozent ist spezialisiert auf Modemarketing und weiß wie sich die Preise in der Textilindustrie zusammensetzen. „Man kann insgesamt von einem Faktor fünf ausgehen“, sagt d’Hommée. Das Shirt wird für wenige Cent produziert und zu einem Euro pro Stück vom Hersteller eingekauft. Der verkauft es für 2,50 Euro an den Händler weiter und im Geschäft werden für den Kunden nochmals 100 Prozent aufgeschlagen. „Allerdings sind das extreme Kampfpreise“, sagt d’Hommeé. Generell funktionieren die Billigpreise in Modeketten wie H&M oder C&A nur, weil das Unternehmen seine Größe ausspielt – und gleich eine große Menge an Shirts bei den Textilfabriken bestellt. Bei solchen Preisen liegt der Verdacht nahe, dass bei der Herstellung weder Lohn noch Arbeitsbedingungen stimmen. Im Rahmen einer Studie hat die Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) 2012 die Arbeitsbedingungen der Textilfabriken in Bangladesch untersucht, die für Discounter wie Aldi, Lidl und Kik Kleidung produzieren: Demnach dauert der durchschnittliche Arbeitstag der Angestellten 13 Stunden, die Spanne der Löhne reicht von 24 bis 92 Euro – im Monat. Die CCC hält aber 100 Euro Monatslohn für nötig, um Grundbedürfnisse zu stillen: Ernährung, medizinische Versorgung, Bildung. Was dies den Verbraucher zusätzlich kosten würde, hat Professor Herbert Loock von der AMD ausgerechnet: Würde man einer Näherin statt 30 Euro nun 60 Euro zahlen, erhöhe sich der Einkaufspreis eines T-Shirts um bis zu 20 Cent. Zwar würden sich damit auch Produktions- und Lieferkosten erhöhen. Dennoch glaubt d’Hommeé, dass die Preissteigerung insgesamt nur wenige Euro ausmachen würde. Doch nicht nur der Lohn, auch die Arbeitsbedingungen sind mies. Dies berichtet die christliche Initiative Romero (CIR), die es sich zusammen mit CCC für fair produzierte Kleidung einsetzt. „In vielen Fabriken fehlen Notausgänge, Brandmeldesysteme, Feueralarm oder eine Notbeleuchtung“, sagt Sandra Dusch Silva. Weshalb die verheerenden Brände am vergangenen Sonntag und Montag nicht überraschen: „In jeder Fabrik, die wir untersucht haben, gab es schon Brände oder ähnliche Vorfälle.“ Hiesige Unternehmen werben damit, ihre Produktionsstätten regelmäßig zu kontrollieren Aber ein höherer Verkaufspreis bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Situation der Arbeiter oder die Umweltstandards besser sind. Teils werden die teuren Marken-Shirts in derselben Fabrik hergestellt, die auch Kleidungsstücke für Discounter anfertigen. Der hohe Preisunterschied kommt dann oft nur aufgrund des besseren Materials zustande sowie der höheren Marge beim Einzelhandel. Hinzu kommen teure Werbekampagnen der Konzerne. Zwar legen Großkonzerne wie Adidas allein aus Imagegründen mehr Wert auf sozialverträgliche Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten ihrer Artikel. Weshalb die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass diese auch unter fairen Bedingungen hergestellt wurden. „Aber sie ist nicht gegeben.“, so d’Hommée. Auch in der Politik entsteht ein Bewusstsein für die Probleme. So wollen die Grünen im Januar in einer Kampagne alle Textilhändler dazu aufrufen, Sicherheitsstandards zu unterschreiben. Sascha Raabe (SPD) ist sogar dafür, dass Firmen für die Standards in den Fabriken, in denen sie produzieren lassen, verantwortlich gemacht werden. Widerstand gibt es seitens der Koalition: Man müsse erreichen, dass Unternehmen globale Verantwortung tragen, so Christiane Ratjen-Damerau (FDP). Aber: „Sie müssen sich freiwillig dazu bereit erklären.“ Verpflichtende Regeln sollen laut Jürgen Klimke (CDU) erst folgen, „wenn man sich nach zwei bis drei Jahren nicht auf Produktionsstandards einigen kann“. Die Unternehmen hierzulande werben längst damit, ihre Produktionsstätten regelmäßig zu kontrollieren. „Bei Hugo Boss sorgen über 130 Mitarbeiter dafür, dass unsere Anforderungen in den Produktionsbetrieben erfüllt werden“, sagt eine Sprecherin des Metzinger Modeunternehmens. Boss unterhält 250 Fabriken, zwei davon in Bangladesch. Dort sitzt auch einer der insgesamt acht Lieferanten des Modehersteller Olymp. „Olymp distanziert sich ausdrücklich von menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen“, so Olymp-Chef Mark Bezner. Man sei für Kontrollen mehrmals jährlich vor Ort. Zudem seien in den Produktionsstätten mehr als 30 Personen beschäftigt, die auf Einhaltung der Firmenphilosophie achten. Umfrage: Machen sich Verbraucher Gedanken darüber, woher ihre Kleidung stammt? Zahl des Tages Foto: Max Kovalenko 1 Yasemin Caglayan, 21 Jahre, Studentin Ursula Baier, 60 Jahre, Ökotrophologin Dennis Mrogenda, 25 Jahre, Kaufmann Antonio Suarez, 58 Jahre, Architekt Woche, länger sollten Nasensprays nicht benutzt werden. Die enthaltenen Wirkstoffe bewirken, dass weniger Sekret produziert wird. „Kurzfristig sorgt das bei Schnupfengeplagten für eine wohltuende Linderung“, sagt Hartmut Kuske vom Deutschen Hausärzteverband. Danach gewöhnen sich die Rezeptoren in der Nase jedoch an die Wirkung des Sprays und verlernen, die Schleimhaut selbst zu regulieren. Irgendwann gehe es dann nicht mehr ohne Spray. (dapd) „Mein Oberteil habe ich für acht Euro bei Primark gekauft. Bei H&M hat die Qualität nachgelassen. Das Preis–Leistungs–Verhältnis muss stimmen. Wie die Arbeitsbedingungen aussehen, weiß ich aber nicht.“ „Ich kaufe im Fachhandel ein. Bei Ketten ist die Qualität mies, die Arbeitsbedingungen sind eine Katastrophe. Aber ich weiß, dass auch teuere Klamotten manchmal günstig in Asien produziert werden.“ „Ich kaufe Markenklamotten ein, günstige Ketten meide ich. Bei Designern weiß ich, dass die Verarbeitung besser ist und die Arbeitsbedingungen fair sind. Schließlich haben sie einen Ruf zu verlieren.“ „Meistens kauft meine Frau die Kleider für mich in größeren Kaufhäusern. Von Unfällen und schlechten Arbeitsbedingungen bei den Herstellern habe ich bisher noch nichts gehört.“ (sg) Kontakt Selbst in teurer Schokolade entdeckt die Stiftung Warentest krebserregende Stoffe Mineralöl im Adventskalender Von Sandra Markert STUTTGART. Noch bevor am 1. Dezember das erste Türchen geöffnet werden darf, verdirbt die Stiftung Warentest Naschkatzen den Appetit: In neun von 24 getesteten Adventskalendern wurden in der Schokolade Rückstände von schädlichen Mineralölen gefunden. Sandra Markert Regine Warth Wie kommt Mineralöl in die Adventskalender? Fragen, Anregungen, Kritik? Melden Sie sich bei uns. E-Mail: [email protected] Telefon: 07 11 / 72 05 - 79 79 Montag bis Freitag von 13 bis 15 Uhr www.stuttgarter-nachrichten.de/wissen Zeitungen werden mit mineralölhaltiger Farbe gedruckt. Sie kommen ins Altpapier und werden wiederverwertet, auch als Verpackung für Lebensmittel. „Bei Adventskalendern liegt die Schokolade seit der Herstellung vor vielen Wochen oft direkt auf dem Karton“, sagt Charlotte Granobs, Leiterin des Adventskalender-Tests bei der Stiftung Warentest, unserer Zeitung. Im Fett der Schokolade können sich die Mineralöle besonders Info Belastete Produkte ¡ hohe Belastung: Arko, Heilemann (Tisch-Adventskalender), Rausch ¡ belastet: Riegelein (Simpsons), Feodora, Smarties, Hachez, Lindt (Kinder),Friedel ¡ Alle Test-Ergebnisse: www.test.de/weihnachtskalender aromatischen und nicht aromatischen Mineralölen. Erstere stehen unter Verdacht, krebserregend zu sein. Für nicht aromatische Mineralöle wurde in Tierversuchen gezeigt, dass es zu Entzündungen der Leber kommen kann. Diese Ergebnisse lassen sich aber nur eingeschränkt auf Menschen übertragen. Die Stiftung Warentest hat in den Kalendern aromatische und nicht aromatische Mineralöle gefunden. Ist bereits ein Stück Adventskalender-Schokolade bedenklich für die Gesundheit? gut anreichern. Beim Zeitunglesen besteht aber keine Gefahr: Über die Haut werden weniger Stoffe aufgenommen, als beim Verzehr. Wie schädlich ist Mineralöl in Lebensmitteln? Unterschieden werden muss zwischen Da die Stückchen sehr klein sind, ist die Aufnahmemenge bei einem pro Tag gering, so Roland Franz. Er arbeitet beim Fraunhofer Institut Freising im Bereich Produktsicherheit und Analytik von Lebensmittelverpackungen. Auf einmal sollte solch ein belasteter Kalender aber nicht verputzt werden. Ist das Problem mit Mineralölen in Lebensmitteln neu? Ob Kekse, Nudeln oder Grieß: Immer wieder wurden in Lebensmitteln mit Karton-Verpackung aromatische Mineralöle gefunden. „Vor allem, wenn das Produkt direkt im Karton liegt“, sagt Franz. Müssen die als kritisch eingestuften Adventskalender jetzt entsorgt werden? Die Stiftung Warentest rät dazu, die neun mit aromatischen Mineralölen belasteten Kalender (siehe Info) nicht mehr zu kaufen, wegzuwerfen oder beim Händler zu reklamieren. Der Hersteller Arko hat sein Produkt bereits zurückgerufen. Bei den zwölf nur gering belasteten Kalendern sei es vertretbar, wenn Kinder wie Erwachsene davon täglich ein Stück essen – mehr Türchen dürfen ja ohnehin nicht auf einmal geöffnet werden.