Sokratischer Dialog über Freiheit - Stromberg

Transcrição

Sokratischer Dialog über Freiheit - Stromberg
Sokratischer Dialog über Freiheit
In meinem Dialog unterhält sich Sokrates mit dem Anwalt Johann Schwenn
(63 Jahre alt), der unter anderem den Kachelmann Fall bearbeitet hat, diesen
allerdings wieder abgab.
Ich habe einen Anwalt gewählt, da diese Personengruppe täglich Erfahrungen mit
Freiheit und Haftstrafen sammelt und da sie auch in ihrem Beruf nicht immer
Handlungs- und Willensfreiheit hat.
Wir schreiben den 30.03.2011, als Sokrates bei herrlichem Sonnenschein über den
Marktplatz in Hamburg schlendert und ihm der Anwalt Johann Schwenn entgegen
kommt. Sokrates fällt auf, dass der Mann sehr heiter ist und auch sonst sehr gut
gelaunt zu sein scheint. Er beschließt, ihn auf diese Fröhlichkeit anzusprechen,
vielleicht kann sich ja ein interessantes Gespräch daraus entwickeln.
S: Sag, Anwalt, was ist der Grund deiner Heiterkeit? Du wirkst so fröhlich und
unbeschwert.
A: Du hast recht, Fremder, ich fühle mich gerade richtig frei von allem und es kommt
mir so vor, als würde ich in totaler Freiheit leben. Doch sag mir, wer bist du?
S: Mein Name ist Sokrates. Ich bin Philosoph. In Freiheit sagst du? Wie definierst du
denn deine individuelle Freiheit?
A: Ich verstehe nicht ganz, was du damit meinst, meine eigene Freiheit definieren?
Das ist doch nicht schwer, ich habe Feierabend und kann nun bei diesem
wunderschönen Wetter noch ein Eis essen gehen mit meiner Frau. Anschließend
kann ich mit dem Cabrio heim zu den Kindern fahren und den Rest des Tages mit
ihnen verbringen.
S: Du würdest also behaupten, dass deine Freiheit darin besteht, dass du dir deinen
Feierabend so gestalten kannst, wie du es willst?
A: So sieht es aus, in der Tat.
S: Hast du denn in diesem Zeitraum wirklich totale Freiheit? Du kannst ja schließlich
nicht das tun und lassen, was du gerne willst?
A: Im Großen und Ganzen ja, allerdings gibt es immer Gesetze und Regeln an die
man sich halten muss, ob es einem nun passt oder nicht, da kommt man nicht
drum herum.
S: Siehst du, ich glaube in totaler Freiheit zu leben, das kann kein Mensch von sich
behaupten. Wie sieht es denn bei dir auf der Arbeit aus? Bist du da kein freier
Mensch oder wieso sagst du, dass du jetzt frei bist, wo du Feierabend hast?
A: Nein, denn bei der Arbeit muss ich auch manchmal Mandanten verteidigen von
deren Schuld ich gleichermaßen überzeugt bin wie die Kläger. Jedoch verdiene
ich mein Geld damit, dass ich diesen Leuten möglichst ungeschoren aus der
Verhandlung helfe. Ich bin darauf angewiesen, diese Fälle erfolgreich zu
bearbeiten,sonst kann ich meine Kanzlei sofort wieder schließen.
S: So wie sich das anhört bist du ja gar nicht so sehr frei wie du es anfangs erzählt
hast, oder täusche ich mich?
A: So gesehen hast du recht allerdings habe ich zu Beginn unseres Gespräches
meine Freiheit nach Feierabend beschrieben und nicht die an meinem
Arbeitsplatz. Aber ich habe gemerkt dass ich auch nach Feierabend noch nicht in
kompletter Freiheit lebe.
S: Ein Mensch, der jahrelang im Gefängnis sitzt, denkst du, er würde dich als frei
bezeichnen?
A: Ich denke, dass so ein Mensch uns alle als frei bezeichnen würde. Er muss ja
schließlich Tag und Nacht hinter Gittern verbringen. Er würde das als frei
ansehen, was wir hier draußen jeden Tag als selbstverständlich ansehen.
S: Kannst du nach all diesen Erkenntnissen nun versuchen, mir eine allgemeine
Definition von Freiheit zu geben, die für jeden gilt?
A: Ich glaube nicht, dass man so etwas pauschal für alle Menschen aufstellen kann.
Hättest du eine Definition?
S: Nein denn auch ich kann diese Frage nicht genau beantworten, da Freiheit für
jeden ein individuelles Gut ist, dass man nicht genau festlegen kann. Du hast dich
in diesem Gespräch mit deinen Aussagen immer mehr meinen Vorstellungen
angenähert und somit gemerkt, dass es keine genaue Definition von Freiheit gibt.
Das war mein Ziel.