Freunde für das Haus der Religionen

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Freunde für das Haus der Religionen
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HANNOVERSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG
Streit um Diskothek hat
ein gerichtliches Nachspiel
Ehemalige „Baggi“-Mitgesellschafter fordern Geld
V ON J ENS H AUSCHKE
Der Streit um die „Baggi-Diskothek“
geht vor das Landgericht: Der ehemalige
Baggi-Geschäftsführer Jens Blosze ist
von einem seiner ehemaligen Mitgesellschafter auf Nachzahlungen aus der seinerzeit gemeinsamen Gesellschaft verklagt worden. Ein Termin steht bereits
fest. Vor einem Jahr hatten die Hoteliers
Alexander und Nicolai Schreiber den
Tanztempel nach 23 Jahren von der
Baile GmbH übernommen. Jens Blosze
und Anke Rittberger blieben in der Gesellschaft, Björn Hausmann, Gerhard
Deidewig, Klaus Franke und Jörg Vogelpohl schieden aus und wurden von den
Schreiber-Brüdern angestellt.
Jetzt, ein Jahr später, fordert mit Vogelpohl mindestens noch einer der damaligen Partner Geld aus der GmbH. Sie
werfen Blosze zudem vor, er würde seinen Porsche über die Firmenkonten laufen lassen und damit den Gewinn der anderen schmälern. „So ein Quatsch, das
Auto ist ein Firmenwagen“, sagt Blosze,
„aus meiner Sicht wird hier eine Neiddebatte angezettelt. Jörg Vogelpohl braucht
offenbar Geld.“ Angeblich zweifelt Vogelpohl nun auch andere ihm seinerzeit
vorgelegte Rechnungen der GmbH an.
Blosze kann das alles nicht verstehen, zumal auch seine ehemaligen Mitgesellschafter allesamt Fahrzeuge über die
GmbH abgerechnet hätten und teilweise
noch damit fahren würden.
Den neuen Betreibern der Diskothek
kommen derartige Vorkommnisse äußerst ungelegen. Sie haben schließlich genug eigene Probleme. „Durch die Verzögerungen der gesamten Baustelle am
Raschplatz verschieben sich natürlich
auch unsere Umbauarbeiten immer weiter“, sagt Alexander Schreiber. „Das ist
für die Besucher nicht gerade positiv.“
Man würde daher nun auch programmatische Schwerpunkte setzen. So kommt
die bekannte Partyserie „Ministry of
Sound“ im März in die Diskothek, ein
Auftritt von DJ Tomekk, den viele aus
dem RTL-Dschungelcamp kennen, ist geplant. „Früher musste in der Baggi nur
das Licht angehen, dann ging man hin“,
sagt ein Insider – die Zeiten seien aber
vorbei. „Aus der juristischen Auseinandersetzung der ehemaligen Gesellschafter halten wir uns jedenfalls raus“, sagt
Alexander Schreiber. Jörg Vogelpohl war
gestern, ebenso wie sein Anwalt, für eine
Stellungnahme nicht zu erreichen.
Hannover
FREITAG, 29. FEBRUAR 2008 · NR. 51
Freunde für das Haus der Religionen
Finanzielle und personelle Unterstützung nötig / Fotoausstellung über Jerusalem eröffnet
V ON V ERONIKA T HOMAS
Das Haus der Religionen in der Böhmerstraße, das seit Mai 2005 in den Räumen der Athanasiusgemeinde seinen
Sitz hat, soll nun auch finanziell ein solides Fundament erhalten. Um den Fortbestand des bundesweit einmaligen Projekts zu sichern, hat sich jetzt ein Freundeskreis mit bisher 30 Mitgliedern zur
Unterstützung der interreligiösen Einrichtung gegründet. „Wir brauchen
dringend ehrenamtliche Helfer, die die
Arbeit hier im Haus unterstützen, aber
auch Spender und Sponsoren“, sagte
Pastor Wolfgang Reinbold, der das Haus
noch bis zum Jahresende mit einer halben Planstelle betreut.
Nun sollen mit dem Stadtkirchenverband, den Kirchengemeinden der Südstadt, der Stadt Hannover, der katholischen Kirche und weiteren Institutionen
Gespräche geführt werden, wie die Finanzierung längerfristig abgesichert
werden kann. „Es ist auch denkbar, dass
eine muslimische Gemeinde uns einmal
eine ihrer Kollekten zur Verfügung
stellt“, sagte Reinbold.
Das Haus der Religionen ist ein Ort
des interreligiösen Dialogs, in dem Bahai, Buddhisten, Christen, Hindus, Juden und Muslime über ihren Glauben
diskutieren. Die Ausstellung „Religionen im Dialog“ informiert Schulklassen
und verschiedenste Gruppen über die
Inhalte der sechs Weltreligionen; an verschiedenen Orten im Haus zeugen Gegenstände wie Sabbatkerzen, Abendmahlskelche, Öllampen und Gebetsketten von den unterschiedlichen Religionen. „Die Grundidee dafür war, in der
Stadt einen Ort des Friedens und friedlichen Zusammenlebens über Religionsgrenzen hinweg zu gründen“, sagte Ali
Faradi vom neu gegebildeten Freundeskreis.
● Seit gestern ist eine Ausstellung der
Stipendien für
Informatiker
Das regionale Informationstechnologie-Netzwerk „Hannover IT e. V.“ und
das Aus- und Weiterbildungsinstitut
b.i.b. International College Hannover
vergeben acht Stipendien für eine Ausbildung zum staatlich geprüften Wirtschaftsinformatiker. Die beiden Einrichtungen übernehmen die Gebühren für
das erste von zwei Ausbildungsjahren.
Hintergrund für die Initiative ist der
deutliche Fachkräftemangel in der ITBranche. „Aber trotz Personalmangel
sind die Zeiten vorbei, in denen Computerfreaks ohne Ausbildung gute Jobs in
der Industrie fanden“, sagt Michael Glaser, Leiter des b.i.b. Hannover. Frank
Steinlein, Geschäftsführer von Hannover
IT weist auf die Bedeutung der Branche
für wirtschaftliche Innovationen zum
Beispiel in der Autoindustrie hin. „Die
Anforderungen an Bewerber steigen
ständig.“
Voraussetzung für eine Bewerbung
sind Fachhochschulreife oder Abitur.
Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.bib.de oder www.hannoverit.de.
bil
Geburtenzahl
in der Stadt steigt
Eine wahrlich freudige Nachricht:
Die Zahl der Geburten in Hannover
steigt. Während 2006 in der Stadt 6664
Kinder zur Welt kamen, waren es im
vergangenen Jahr 6882. Nach Angaben
einer Stadtsprecherin entspricht dies einer leichten Steigerung von 3,27 Prozent. Hannover folgt damit vorsichtig
einem bundesweiten Trend. Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums
hat die Geburtenrate in Deutschland
2007 den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht. Die Geburtenrate lag deutlich bei über 1,4 Kindern
pro Frau, 2006 hatte sie rechnerisch
noch bei 1,329 gelegen. Das Bundesfamilienministerium in Berlin spricht aktuell davon, dass junge Menschen insgesamt „mehr Mut zur Familiengründung“ hätten.
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Die Pastoren Ernst-Wolf Kleinwächter und Wolfgang Reinbold mit Ali Faridi (von links) vor einem der Jerusalem-Fotos.
international renommierten israelischen
Fotografin Varda Polak-Sahm unter
dem Titel „Vom Brot allein. Jerusalem –
Kreuzung von Symbolen“ im Haus der
Religionen zu sehen. Gezeigt werden unter anderem Fotos von der Vergoldung
des Felsendoms 1994, auf dessen Kuppel
die Fotografin monatelang geklettert
war, um dieses Ereignis zu dokumentieren. Viele Fotos zeigen religiöse Riten
von Juden, Muslimen und Christen. Es
sind intime Einblicke in das alltägliche
Leben Jerusalems, der Stadt, die im
Laufe ihrer mehr als 3000-jährigen Geschichte selbst zu einem Symbol geworden ist. Die Ausstellung ist bis zum 17.
Behrends
April dienstags bis freitags von 9 bis 12
Uhr und freitags von 16 bis 18 Uhr zu
sehen.
Weitere Informationen zur Ausstellung und zum Haus der Religionen gibt
es telefonisch unter (05 11) 88 25 11 und
im Internet unter www.haus-der-religionen.de – Spendenkonto inklusive.
Hannover wirbt mit
Rugby in der Hauptstadt
Gegenwind
für Kraftwerk
Marketing-Offensive zur Reisemesse ITB
Hanau hofft auf Hannover
V ON S ONJA F RÖHLICH
Die Mischung ist bunt: Mit Muskelmännern, Theaterszenen und barocken
Grünflächen präsentiert sich Hannover
zur Internationalen Tourismus Börse
vom 5. bis zum 9. März in Berlin. 70 großflächige Plakate sollen in Berlins City
und am Hauptbahnhof zum einen auf die
Rugby-Europameisterschaft
aufmerksam machen, die im Juni in der AWDArena ausgetragen wird. Zum anderen
sollen sich die Blicke auf die Herrenhäuser Gärten und Theateraufführungen der
„Kultur Region Hannover“ und ihr für
Oktober geplantes Kunstprojekt „Hannover goes Fashion“ richten.
„Wir veranstalten wieder ein Feuerwerk in Berlin“, sagt HMG-Chef HansChristian Nolte und meint damit die
Marketing-Offensive, die an Hannovers
Messeauftritt im vergangenen Jahr anknüpft. Zusätzlich zu den Plakaten sollen 750 000 Reisefahrpläne in Zügen der
Bahn mit hannoverschen Titelmotiven
durch Deutschland touren, 15 000
Imagebroschüren in den Bahnen und
DB-Lounges ausliegen, PromotionTeams für die Leine-Stadt werben. In
der Ausstellungshalle 6.2 fällt der Auftritt Hannovers im Vergleich bescheidener aus.
An zwei Ständen werden die Mitarbeiter auf dem Gemeinschaftsstand „Inspiration Niedersachsen“ für Hannover
werben – zwischen Autostadt Wolfsburg
und Nordsee. Acht Tische stehen dahinter für Gespräche mit den Reiseveranstaltern zur Verfügung. Nolte setzt dabei
vor allem auf Erlebnispakete mit Übernachtungen. Seinen Angaben nach übernachteten im vergangenen Jahr 1,32 Millionen Menschen in Hannovers Herbergen. Gut 400 000 von ihnen kamen aus
dem Ausland. Während die inländischen
Touristenzahlen gegenüber dem Vorjahr
um 6,3 Prozent gestiegen waren, sanken
die der ausländischen Gäste um 3,7 Prozent auf rund 400 000 internationale Besucher. In Anbetracht des Vergleichsjahres – mit der Fußball-WM – sei dies aber
ein geringer Verlust.
Eltern protestieren in Berlin
Demonstration im März / Kampf um Analoginsulin
Eltern von diabeteskranken Kindern
aus der Region Hannover wollen am 13.
März mit einer Kundgebung in Berlin
dafür kämpfen, dass die Krankenkassen
Typ-I-Diabetikern auch künftig schnellwirksame Analoginsuline erstatten. Der
Gemeinsame Bundesausschuss hatte in
der vergangenen Woche entschieden,
dass die Kosten für die Präparate nur
noch im Ausnahmefall bezahlt werden
sollen. Die Eltern protestieren dagegen,
weil sie die Lebensqualität ihrer Kinder
gefährdet sehen, wenn diese streng nach
„Spritzenplan“ leben und essen sollen.
Für die Region Hannover organisiert
der Elternselbsthilfeverein „Diaboli-
nus“ den Protestzug, dessen Teilnehmer
sich am 13. März zwischen 10 und 11
Uhr am Bahnhof Friedrichstraße, Ecke
Reichtagsufer/Georgenstraße
treffen.
Anschließend geht es zum Bundespresseamt und zum Bundesgesundheitsamt.
Weitere Informationen zur Aktion sowie
die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es
bei Margit Munz unter der E-MailAdresse margit.munz@diabolinus sowie
im Internet unter www.diabolinus.de.
Dort ist auch ein Link zur Petition für
die Erstattung von Analoginsulin geschaltet. Bisher haben sich rund 15 Familien aus der Region zusammengefunden.
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e.on und die Stadtwerke Hannover planen ein
neues Kohlekraftwerk in Hessen.
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V ON B ERND H AASE
Hannovers Oberbürgermeister Stephan
Weil soll zum geplanten Bau des Kohlekraftwerks Staudinger im hessischen
Main-Kinzig-Kreis Stellung beziehen.
Dazu haben ihn zwei SPD-Parteifreunde,
der Landrat Erich Pipa und der Hanauer
Oberbürgermeister Claus Kaminsky aufgefordert – verbunden mit dem Wunsch,
die Stadt Hannover möge sich aus dem
Projekt zurückziehen.
Der Energiekonzern e.on plant das Projekt Staudinger für 1,2 Milliarden Euro;
die Stadtwerke Hannover sind daran mit
300 Millionen Euro beteiligt. Heute endet
das sogenannte Scoping-Verfahren um
den Kraftwerksblock, bei dem alle Beteiligten ihre Meinung sagen dürfen. Sie fällt
deutlich aus: Bürgerinitiativen vor Ort haben Zehntausende Unterschriften gesammelt, Politiker machen Front. Hoffnung
haben sie durch eine Äußerung des e.onChefs Wulf Bernotat erhalten. „Wenn die
Bürger Staudinger nicht wollen, werden
wir es nicht bauen“, sagte er auf einer
Energiekonferenz in Essen.
In Hannover machen vor allem die Grünen Front gegen das Kraftwerksprojekt.
„Die Stadtwerke sollten diese Pläne aufgeben und das Geld lieber in den Ausbau
erneuerbarer Energien im Raum Hannover investieren“, sagt der umweltpolitische Sprecher der Ratsfraktion, Michael
Dette.
Ökologisch alles im grünen Bereich
Stadtspitze zieht Bilanz nach zehn Jahren Kronsberg / Hannover ist führende „Passivhaus-Region“
V ON S EBASTIAN H OFF
Mit einem weltweit einmaligen ökologischen Anspruch wurde in den neunziger Jahren der Stadtteil Kronsberg geplant. Hier entstand der erste deutsche
Stadtteil in Niedrigenergiebauweise.
Jetzt, zehn Jahre nachdem die ersten
Häuser fertiggestellt wurden, zieht Umweltdezernent Hans Mönninghoff eine
positive Bilanz: „Unter ökologischen
Kriterien hat sich die Bebauung als Erfolg erwiesen.“
Im Vergleich zu konventionellen Baugebieten weist der Stadtteil einen fast 75
Prozent niedrigeren CO2-Ausstoß pro
Haushalt auf. Die Wohnungen benötigen
jährlich nur 56 Kilowattstunden Heizenergie pro Quadratmeter Wohnfläche.
Das entspreche dem heutigen Niedrigenergiestandard. Immer noch beispielhaft sind die 32 Passivhäuser. Ihre Bewohner seien zu „Botschaftern“ dieser
Bauweise geworden, sagt Mönninghoff.
Nach wie vor bestehe ein großes internationales Interesse an den Häusern. Nicht
zuletzt wegen der positiven Erfahrungen
auf dem Kronsberg sei Hannover zur
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führenden
„Passivhaus-Region“
Deutschlands geworden.
Auch das Regenwasserkonzept könne
als Erfolg verbucht werden, hebt Mönninghoff hervor. Das komplette Regenwasser versickert im Stadtteil – auch bei
starkem Regen. Erreicht wurde dieses
Ziel unter anderem dadurch, dass so wenig Flächen wie möglich versiegelt und
Flachdächer begrünt wurden.
Erstaunlich findet selbst der Umweltdezernent, dass am Kronsberg etwa 30
Prozent weniger Hausmüll pro Wohneinheit anfällt als im übrigen Stadtgebiet.
Mönninghoff führt dies darauf zurück,
dass die Mülltrennung besonders gut organisiert ist und die Bewohner umfassend informiert wurden. Die beiden markanten Erhebungen auf dem Kronsberg
seien einem „ökologischen Bodenmanagement“ zu verdanken: Der gesamte Bodenaushub wurde für die Landschaftsgestaltung verwendet. Dadurch entfielen
insgesamt mehr als 100 000 Lkw-Fahrten, rund 1000 Tonnen CO2-Emissionen
konnten so vermieden werden.
Außerdem wurden rund 1000 Straßenbäume gepflanzt. Auch die Quartier-
Geringer Energieverbrauch, 30 Prozent weniger Hausmüll – der Stadtteil Kronsberg.
parks und begrünten Innenhöfe tragen
laut Mönninghoff zu einem „beispielhaft
grünen Stadtteil“ bei. Allein auf dem
Stadtteilplatz Thie besteht Nachholbedarf: Hier sollen neue Bäume gepflanzt
werden – eine von vielen Maßnahmen,
um dem Platz attraktiver zu gestalten.
Auch Stadtbaurat Uwe Bodemann sieht
Handlungsbedarf: „Der Platz macht
heute einen zu großen und unbelebten
Steiner
Eindruck.“ Abgesehen vom Stadtteilplatz Thie fällt auch Bodemanns Bilanz
positiv aus: Fast alle Wohnungen seien
vermietet, die Bewohnerstruktur sei
ausgeglichen, die Infrastruktur mit Kindertagesstätten, Grundschule und IGS
von Anfang an gut gewesen. Der Bedarf
ist groß: Im Stadtteil leben fast doppelt
so viele Einwohner unter 17 Jahren wie
im gesamten Stadtgebiet.