Artikel als PDF
Transcrição
Artikel als PDF
Foto: Fjällräven Wandern | Trekking-Event »Fjällräven Classic« 96 BERGSTEIGER 08 / 15 51 Wochen im Jahr herrscht am Lappland-Fjäll Einsamkeit. Anfang August aber verwandeln Weitwanderer den Landstrich in eine orange getupfte, gesellige Wanderzone. Fußgängerzone Text: Folkert Lenz Wandern | Trekking-Event »Fjällräven Classic« V 4000 Stiefel im Anmarsch »Fjällräven Classic« heißt das Geschehen, das sich alljährlich im Schatten des mit 2104 Metern höchsten schwedischen Berges Kebnekaise abspielt: ein WeitWander-Wettbewerb. Die orangefarbenen Stoffwimpel tragen die Teilnehmer an ihren Rucksäcken, damit sie nicht verloren gehen in der Wildnis. Vielleicht aber auch, um so etwas wie eine Corporate Identity beim Mehr-Tage-Lauf herzustellen. Denn Angst vor der Gemeinschaft sollte nicht haben, wer sich zur Teilnahme entschließt. Wer das einzigartige Natur- und Wildnis-Erleben im Norden Europas nicht teilen will, sollte sich eine andere Woche zum Wandern in Lapplands Bergen aussuchen. Schließlich gehen im Laufe von drei Starttagen mehr als 2000 Paar Trekking-Stiefel auf die 110-Kilometer-Distanz. Der Start: Am Ende einer winzigen Straße, mitten im Nirgendwo Schwedisch-Lapplands. Rundherum von den diversen Eiszeiten malträtierte Wildnis: Weite Trogtäler mit dunkelblauen Seen darin, glattgeschliffene Berge, nur manchmal spitzt eine schroffe, braune Felsspitze hervor. Die Stimmung am Startplatz: wie bei einem Volkslauf. Die gemächlicheren Wanderer stopfen ihre Habseligkeiten in riesige Rucksäcke, die Läufer bereiten sich mit Dehnübungen auf die Mega-Distanz vor. Der Schnellste wird in diesem Jahr die knapp 110 Kilometer in nicht mal 14 Stunden zurückle- 98 BERGSTEIGER 08 / 15 Der Schnellste wird die 110 Kilometer in 14 Stunden am Stück zurücklegen, der langsamste in 166 – fast eine ganze Woche. 1 gen – am Stück. Mit Gemütlichkeit versucht es ein anderer: In 166 Stunden, also fast einer vollen Woche, absolviert der langsamste Wett-Trekker die Überquerung des Fjälls. Die meisten Teilnehmer nehmen sich drei, vier oder fünf Tage Zeit für die Strecke. Volkswandertage mit Schlafsack, Isomatte und Zelt. 2 Uhrzeit zweitrangig So blickt auch kaum jemand auf die Uhr, als das rot-weiße Flatterband vor der ersten Startergruppe auf den Boden fällt. Nach nicht mal fünf Kilometern der erste Stopp: Auf einem großen Grill bereiten die Rentierhalter heimische Kost. Im Akkord stopfen die samischen Frauen am »Lap Dånalds« Rentier-Buletten in aufgeschnittene Brötchen. Ein Verkaufsschlager angesichts der Tüten-Trocken-Nahrung, die es in den kommenden Tagen geben wird. Der Marsch führt durch eine menschenleere Gebirgslandschaft. Die Begegnung mit den Ureinwohnern Lapplands ist dabei unvermeidlich. Besonders in einem nassen und kühlen Sommer wie diesem. Der verhilft nämlich Myriaden von Mücken zum Leben. Wildnisführer Mattias Tarestad, der eine Gruppe bei dem Rennen begleitet, flucht: »Es gibt viel mehr Moskitos als normal, weil wir im Juli starke Regenfälle hatten. Wasser mögen die Mücken. Aber noch mehr mögen sie Blut. Von Rentieren, und am liebsten von Menschen.« Der gierigen Plagegeister kann man sich auf manchen Etappen kaum erwehren. Immerhin gibt es auf den höher gelegenen Wegabschnitten Ruhe vor den kleinen Blutsaugern. Tagelang geht es über Stock und Stein, meist entlang dem legendären Königsweg, dem Kungsleden. Die berühmte Wandertour bietet »Wildnis light«. Denn so tief die Route auch ins schwedische Fjäll 3 4 Fotos: Folkert Lenz (9), Fjällräven on weit oben betrachtet, scheint der Fall eindeutig. Die Landschafts-Masern sind wieder da. Jahr für Jahr breiten sie sich im Spätsommer am Lappland-Fjäll aus. Erst sind es nur vereinzelte, signalfarbene Sprenkel. Dann werden sie zu Linien, scharen sich zusammen. Wenig später lösen sie sich in Luft auf. Die wenigen Menschen, die in der Gebirgstundra zwischen Nikkaluokta und Abisko umgeben von Moortümpeln und bisweilen schroffen Granitspitzen wohnen, haben sich an den Einfall gewöhnt. Wenn es soweit ist, machen sie sich ans Werk: erlegen das eine oder andere Rentier, zerteilen das Fleisch und bieten es als Rentier-Burger oder Geschnetzeltes in einer Teigtasche den Fremdlingen dar. 5 6 9 7 8 10 1 Offizielles Dokument zum Stempelsammeln: der Wanderpass 2 In acht Gruppen starten die rund 2000 Teilnehmer. 3 Die Strecke führt immer wieder durch feuchte Abschnitte – wasserdichte Stiefel sind ein Muss. 4 Lappländisches Fastfood: Rentier-Burger bei »Lap Dånalds« 5 Inmitten anderer Camper oder abseits: Zelten ist überall erlaubt. 6 Wer viel auf den Beinen ist, braucht viel Flüssigkeit. 7 Lappländische Spezialität: Rentiergeschnetzeltes samt Marmelade im Wrap 8 Prozedur an den Checkpoints: Nur wer alle Stempel vorweisen kann, erhält am Ende die Medaille. 9 Verlaufen ist zwar schwierig, etwas Orientierung schadet trotzdem nicht. 10 Stahlgerüst inmitten der Wildnis: Hängebrücken erleichtern das Vorankommen. 08 / 15 BERGSTEIGER 99 2 hineingeht: Immer ist ein kleiner Pfad zu sehen. Wegweiser, Steinpyramiden oder rote Holzkreuze markieren die Richtung. Und so wird der »Fjällräven Classic« von vielen Trekkern als Einstieg ins Weitwandern genutzt. Im Schutz der Masse kann man gut erste Erfahrungen machen und nicht jede Panne wird hier gleich zur Katastrophe. Eines aber muss man wissen: Wer erst mal gestartet ist, muss aus eigener Kraft wieder zurück in die Zivilisation kommen. Nur per pedes geht es zum Notausgang, dem Start oder Ziel. Kontrollen in der Wildnis 3 Übernachtet wird im Zelt, und das muss selbst getragen werden. Bei der Schlafplatzsuche herrscht freie Auswahl. Viele Teilnehmer bevorzugen die großen Wiesen nahe den Hütten des Schwedischen Touristenvereins. Dort ist am Abend Geselligkeit und internationaler Austausch geboten. Andere entscheiden sich für Plätze etwas abseits: wildromantisch auf einem Hügel, einsam auf einer MiniLandzunge an der Biegung eines Flusses. Alle paar Stunden gibt's eine Kontrollstelle. Hier muss der Wanderpass gestempelt werden. Immer werden die Ankommenden herzlich begrüßt. Häufig warten kleine Leckerlis, um die Wett-Wanderer 4 1 Im Sommer sind die Ski-Doos eher kein Problem. 2 Fast wie im Fernsehsessel: Relaxpose im Zelt 3 Angekommen! Nach 110 Kilometern ist das ein ausgesprochen gutes Gefühl. 4 Erinnerung an den langen Marsch: die Medaille aus Edelmetall samt Abzeichen 100 BERGSTEIGER 08 / 15 bei Laune zu halten: Suovas – ein Wrap mit Rentierfleisch und Kartoffelpüree darin – oder heiße Waffeln mit Sprühsahne. Mmmh, so macht Wildnis Spaß! Elf Gipfel mit mehr als 2000 Meter stehen in Schweden, alle in Lappland. Die meisten rund um den Kebnekaise, an dessen Flanken Teile des Kungsleden – und damit auch der »Fjällräven Classic« – entlang führen. Die Natur ist abwechslungsreich auf dem Trail. Üppig grüne Gebirgswälder wechseln sich mit den weißen Fahnen von Wollgras in den moorigfeuchten Niederungen ab. Über Tage zieht sich der Pfad durch die karge Bergtundra mit seinem gerade knöchelhohen Gestrüpp. Am Ende taucht der Weg in die dichten Birkenwälder der Seenlandschaft rund um den Torneträsk ein. Fern der Zivilisation Einer der zivilisationsfernsten Punkte Schwedens liegt am Tjäktja-Pass, den die meisten Läufer am dritten Tourentag passieren. »1140 Meter über dem Meer« klärt ein Holzschild am höchsten Punkt der Tour auf. Mattias Tarestad zeigt auf seine Wanderkarte: »Schaut her, mindestens 50 Kilometer sind es in jede Richtung bis zur nächsten Straße.« Hinter dem TjäktjaPass wartet über Stunden erst mal eine Steinwüste. Graue Felsbrocken zuhauf. Ein beschwerliches Stück Weg, bevor es wieder ein bisschen grüner wird. Bis zu 30 Kilometer Strecke am Tag machen das Wett-Wandern für viele zum Gewaltmarsch. Blessuren treten auf, und dann terrorisieren auch noch Mega-Mückenschwärme die Power-Walker. Doch irgendwann naht die Erlösung. Die letzte Kontrollstelle noch, dann kommen die silbergrauen Dächer von Abisko im lichten Birkenwald in Sicht. Und schließlich der Zieleinlauf unter großem Jubel. Immerhin: Eine kleine Belohnung bekommt jeder nach dem Wildnismarsch – egal, wie lange er für die 110 Kilometer gebraucht hat. Das goldene Blech am rot-weißen Bande: kleiner Lohn für die Mühe. Eine Woche dauert das Spektakel. Danach sind die Mücken wieder fast die Einzigen, die unter der Nordlandsonne unterwegs sind. Die Landschaft erholt sich vom Rot-Flecken-Fieber. Die Tupfer sind verschwunden. Keine Krankheit, allenfalls ein Wehwehchen ohne Folgen. ◀ Fotos: Folkert Lenz (3), Fjällräven 1 Bei der Schlafplatzsuche herrscht freie Auswahl. Allerdings muss das Zelt selbst getragen werden – wie auch der Rest. Trekking-Event »Fjällräven Classic« | Wandern BASISWISSEN Wett-Weit-Wandern am Polarkreis WIE ANKOMMEN? Hin per Bahn oder Flugzeug (meist über Stockholm) nach Kiruna. Unterkunft in diversen Hotels, Gästehäusern oder auf dem Ripan Camping, wo sich mehrere Hundert ClassicTeilnehmer schon vor dem Abmarsch treffen. Zum Start in Nikkaluokta fahren ShuttleBusse. Retour geht es ab Abisko Turiststation mit Bus oder der Bahn. WAS MITNEHMEN? Schlafsack, Isomatte, Zelt, (Gas-)Kocher, Töpfe sind selbst mitzubringen. Proviant (Brot, Müsli, Trockennahrung) und Brennstoff werden zum Teil gestellt. Trekking-Stöcke sind empfehlenswert, robuste und wasserdichte Trekkingstiefel Pflicht. Bei der Bekleidung empfiehlt sich das ZwiebelPrinzip. Es kann empfindlich feucht, windig und kühl, aber auch sehr sommerlich sein. Sonnenschutz nicht vergessen! Und ohne Moskitoschutz wird die Tour dann schnell zur Tortur. mer statt. 2000 Teilnehmer starten in acht Gruppen. Auf den 110 Kilometern gibt es regelmäßige Checkpoints, wo der Wanderpass vorgelegt werden muss. Anmeldungen ab November des Vorjahres unter www.fjallraven.de/ classic. Die Plätze sind sehr beliebt und schnell vergeben. Viele nehmen sich 3-5 Tage Zeit. Auf 5 Tage verteilt sind die Etappen 17 bis 26 km lang. Der »Fjällräven Classic« verläuft zum Teil auf dem nördlichen Abschnitt des Weitwanderwegs »Kungsleden«. SICH ORIENTIEREN Eine topografische Tourenkarte bekommt jeder Teilnehmer beim Start. Wer vorher planen will: Fjällkarta des Vermessungsamtes Lantmatäriet, 1:100 000, Blatt BD 06 »Abisko – Kebnekaise – Narvik« ZUM EINLESEN Michael Hennemann »Schweden – Kungsleden«, ConradStein-Verlag, Welver 2014 MEHR ERFAHREN ge e Der »Fjällräven Classic« findet seit 2005 jedes Jahr im Som- wege sind abenteuer und oft anders ABENTEUER ABENTEUER ABENTEUER WESTSAHA & Flusswandern Weltkriegspfa WEST de IG Emden–Skage n te Ganz oben S r bis Sizilien MATTERHO RN ist erst Halbze LIMES 3.0 Römisch für it Fortgeschritten für zewin Mscahegn a ng In B egu en e E ALPEN BERLIN KÄRNTEN L KOCHER VULKANEIFE PIEMONT BERLIN URWALD TRENTINO in Bewe gung chen zin für Mens Das Maga NORWEGEN in Bewe gung Das in Bewe gung chen zin für Mens Das Maga in Bewe gung Welten Zwischen den NOMADEN im Wallis Die 4000er SCHWEIZ chen zin für Mens Das Maga 16:58:42 1/2015 Frühjahr / Sommer 14,50 7,80 € · CHF € D 7,50 € · A € · Italien 8,20 BeNeLux 8,00 Mens chen Maga zin für chen zin für Mens Das Maga 23.04.2012 ERLEBEN ABE NTE UER ABE NTE UER in Bewe gung s eines Flusse Entdeckung KOCHER Die in der Brenta Klettersteige TRENTINO HISTORIE ABE NTE UER ABE NTE UER Bahntrassen L Auf alten VULKANEIFE raum Oranienstraße BERLIN Lebens Vom Brenne HE ALB NORDSEE Küstentour ITALIEN SCHWÄBISC ALPEN OST– RA KULTUR pen sche al albani s balkans de Gipfel E ALPEN Canyoning NATUR Menschenrech Marathon für ALBANISCH ABENTEUER g SOČA für alle Wildwasser ABE NTE UER Mauerweg s BERLIN Der Berge im Abseit PIEMONT extrem Europaquer durch nu im ka KORSIKA NECKARSTE & FRIAUL KÄRNTEN eg he Höhenw Der Karnisc ITALIENISCH 1/2012 NEU HÖHE NORDSEE Abenteuer WEGE 2/2013 Der Tendepass KULTUR ITALIEN SEEALPEN lles Vallée des Mervei ammstraße Ligurische Grenzk HINTERGR NATUR NWEG 1 Fernwanderun NEU und Routen ÜNDE Wege DOLOMITEN A KULTUR E ALPEN ITALIENISCH zo Am Monte Tremal Reportagen Routen Hintergründe NATUR 3/2013 ber Oktober–Dezem 14,50 7,80 € · CHF € D 7,50 € · A € · Italien 8,20 BeNeLux 8,00 WESTSAHAR Wege NEU ERLEBEN Wege 1/2015 1/2012 14,50 7,80 € · CHF € D 7,50 € · A € · Italien 8,20 BeNeLux 8,00 HISTORIE KORSIKA ERLEBEN KULTUR DOLOMITEN HISTORIE NATUR 2/2014 KULTUR Abenteuer WEGE NATUR ERLEBEN Wege Abenteuer WEGE Ausgabe Wege HISTORIE 2/2013 r Juni–Septembe 14,50 7,80 € · CHF € D 7,50 € · A € · Italien 8,20 BeNeLux 8,00 2/2014 Herbst / Winter 14,50 7,80 € · CHF € D 7,50 € · A € · Italien 8,20 BeNeLux 8,00 Abenteuer WEGE Ausgabe Ausgabe ERLEBEN ABENTEUE R Ausgabe Ausgabe HISTORIE Wald a & Bayerischer URWALD Šumav g der Fjordküste Entlan NORWEGEN 05.05.2013 23:44:19 Schweiz S Fränkische FELSEN & TRAIL für Einsteiger örn ÄGÄIS Segelt per Bike Zu Fuß und NECKARSTEIG Hinterm Haus losfliegen T ULTRALEICH am Albtrauf HE ALB Biken SCHWÄBISC D Käfer im Wendland EN KENNZEICH die Welt Mit 19 PS um a HISTORISCH Monate in Sambi AFRIKA 3 27.08.2014 Schatz G 15 Jahre en GEOCACHIN Vom Eis gebiss SCHWEDEN suche 24.02.2015 12:45:59 17:32:26 d 1 www.abenteuer-wege.de