Beruf und Familie verbinden: Wie sieht das in der Praxis aus?

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Beruf und Familie verbinden: Wie sieht das in der Praxis aus?
BERUF UND
FAMILIE VERBINDEN:
WIE SIEHT DAS
IN DER PRAXIS AUS?
Aus Gründen der Lesbarkeit wird in
dieser Broschüre nur von „Ärzten“ und
„Psychotherapeuten“ gesprochen.
Selbstverständlich sind damit sowohl
Frauen als auch Männer gemeint,
soweit nicht anders vermerkt.
INHALT
01 PRAXIS UND FAMILIE: GEHT DAS? Einleitung Seite 1
Portrait: „DIE EINZELKÄMPFER STERBEN AUS“ Seite 2
02 WAS PASST ZU MIR? Niederlassungsoptionen und Arbeitszeitmodelle Seite 4
Portrait: „Ohne Organisationstalent und Spontaneität geht es nicht“ Seite 10
03 ZEITMANAGEMENT Arbeitszeit selbst bestimmen und flexibel gestalten Seite 12
Portrait: Schritt für Schritt zurück ins Arbeitsleben Seite 14
04AUS DER PRAXIS IN DIE ELTERNZEIT und wieder zurück in den Beruf Seite 16
05 Entlastung in der Praxis Mehr Zeit für die Familie – aber wie? Seite 19
06HILFE IM NOTDIENST Damit Vertragsärzte nicht permanent im Einsatz sind Seite 20
Portrait: „Es ist falsch, den Dienstplan über alles zu stellen“ Seite 22
07 FAMILIENFREUNDLICHE PRAXIS Mit einfachen Maßnahmen viel erreichen Seite 24
08BERATUNG BIS VERTRETUNGSBÖRSE KVen bieten vielfältige Unterstützung Seite 27
01
PRAXIS UND FAMILIE: GEHT DAS?
Einleitung
Die meisten jungen Ärzte und Psychotherapeuten
wollen heute beides. Sie wollen sich im Beruf
engagieren, für ihre Patienten da sein, aber auch
Zeit für Partner, Kinder, Eltern und Freunde
haben. In einer Befragung von rund 12.500
Medizinstudenten, die die Universität Trier im
Sommer 2010 im Auftrag der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung (KBV) durchgeführt hat,
gaben 96 Prozent an, dass für sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wichtig sei.
Ergebnisse wie diese haben mit dazu beigetragen,
dass in der Gesellschaft ein Umdenken erfolgt,
auch im Gesundheitswesen. Die Förderung
familienfreundlicher Maßnahmen ist zunehmend
Thema – und das nicht nur vor dem Hintergrund
der Geburtenrückgänge und der wachsenden
Zahl pflegebedürftiger Menschen in Deutschland.
Familienfreundlichkeit wird vielmehr zu einem
entscheidenden Faktor im Wettbewerb um gut
ausgebildete Nachwuchskräfte. Die Entscheidung, ob junge Ärzte in die kurative Versorgung
gehen oder einen Job in Wirtschaft oder Politik
annehmen, hängt auch von einer guten WorkLife-Balance ab. Dies gilt in ähnlicher Weise für
Medizinische Fachangestellte.
Im ambulanten Bereich gibt es inzwischen
eine Reihe von Maßnahmen, die es Ärzten und
Psychotherapeuten leichter machen, Berufliches
und Privates in Einklang zu bringen. So sind seit
Inkrafttreten des Vertragsarztrechts-Änderungsgesetzes im Jahr 2007 die Arbeitsmöglichkeiten
vielfältiger, die Niederlassungsoptionen breiter
geworden. Neben der klassischen Einzelpraxis
gibt es immer mehr Praxisformen, die eine stärkere Kooperation mit Kollegen oder eine Tätigkeit an mehreren Standorten erlauben. Selbst eine
Tätigkeit in Teilzeit oder im Angestelltenverhältnis ist heute möglich. Ärzte haben dadurch die
Möglichkeit, ihre Arbeit stärker der individuellen
Lebenssituation anzupassen.
Eine besondere Herausforderung stellt für berufstätige Eltern die angemessene und durchgängige
Betreuung ihrer Kinder dar. Viele Kassenärztliche
Vereinigungen (KVen) bieten unter anderem auch
deshalb flexiblere Lösungen bei der Teilnahme
am ärztlichen Bereitschaftsdienst an. Weitere
familienfreundliche Maßnahmen sind erforderlich, um den Arztberuf insgesamt attraktiver
zu machen. Mit dem von der Bundesregierung
geplanten Versorgungsgesetz sind weitere Erleichterungen in Sicht: Ärztinnen, die ein Kind
bekommen, sollen sich künftig mindestens ein
Jahr vertreten lassen können. Diese Forderung
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wurde
in die Eckpunkte zum Gesetz aufgenommen.
Es ist außerdem eine verbindliche Regelung für
die Beschäftigung von Entlastungsassistenten
vorgesehen, sowohl für Eltern mit kleinen Kindern als auch für pflegende Angehörige.
Dem Erfahrungsaustausch dient die Internetseite der KBV
www.praxis-und-familie.de. Ärzte, Psychotherapeuten, Medizinische Fachangestellte, KVen etc. können in einem Blog ihre
Lösungen vorstellen und diskutieren. Dort finden Sie weitere
Informationen rund um das Thema Praxis und Familie.
Die Broschüre richtet sich vor allem an Ärzte
und Psychotherapeuten, die zusätzlich zu ihrer
anspruchsvollen Tätigkeit Verantwortung für
die Familie übernehmen, oder erst eine Niederlassung planen. In dem Heft finden sie eine
Fülle von Informationen, die sie bei der Planung
ihrer beruflichen Karriere unterstützen sollen.
Einen Schwerpunkt bilden die unterschiedlichen
Praxisformen, die wir im Hinblick auf „Familienfreundlichkeit“ unter die Lupe genommen haben.
Best-Practice-Beispiele aus der Praxis zeigen,
wie es funktionieren kann: Ärztinnen und Ärzte
sowie eine Psychotherapeutin berichten über ihre
Erfahrungen und stellen ihren Lösungsweg vor.
0|1
Katrin Berger (39) ist Hausärztin in
Schleswig. Ihre Gemeinschaftspraxis ist
schon jetzt ein Familienunternehmen:
Neben einem weiteren Kollegen arbeitet
auch ihre Mutter dort. In wenigen Wochen
gibt es familiären Zuwachs – dann wird
die engagierte Ärztin selbst Mutter.
PORTRAIT „DIE EINZELKÄMPFER
STERBEN AUS“
Katrin Berger ist Hausärztin aus Leidenschaft.
„Anders als im Krankenhaus arbeite ich hier
nicht nur nach starren Schemata, sondern habe es
mit einer Vielfalt von Patienten und Problemen
zu tun. Außerdem muss ich nicht immer nur delegieren, sondern kann das meiste selbst machen“,
erzählt sie. Gemeinsam mit ihrer Mutter, ebenfalls Ärztin, wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit. Mittlerweile führen sie ihre Gemeinschaftspraxis mit einem weiteren Kollegen. „Wir
behandeln vor allem Arbeitslose, Multimorbide,
Rentner, geistig und körperlich Behinderte – und
zwar gerne!“, sagt Katrin Berger. Bei so viel
Herzblut für ihre Arbeit waren Kinder für sie
lange kein Thema. „Ich dachte: ‚Jetzt machst
du erstmal das mit der Praxis, die Gelegenheit
kommt nicht wieder.‘ Aber mit Ende dreißig kam
der Kinderwunsch dann doch.“ Trotzdem war
für sie klar, dass sie schnell wieder arbeiten will.
„Mein Partner ist Lehrer und war gern bereit, in
Elternzeit zu gehen und mehr Verantwortung zu
übernehmen, damit ich früh in meinen Job zurück
kann. Das hilft natürlich.“
„Es ist planbarer als man denkt“
Mögliche Ausfallzeiten haben die drei selbstständigen Ärzte in einem Praxisvertrag geregelt.
Demnach übernehmen in den ersten vier Wochen
die Kollegen die Vertretung. Danach muss
Katrin Berger ihnen entweder die vereinbarte
Vertretungspauschale zahlen oder einen externen
Vertreter anstellen. Einen solchen hat sie für zwei
Monate engagiert. Etwa zehn Wochen nach der
Geburt möchte sie wieder einsteigen. Die ersten
drei bis vier Wochen will sie halbtags arbeiten
und sich mit ihrem Partner bei der Betreuung des
Kindes abwechseln. Beruf und Familie zu vereinbaren wird für sie auch mit einer eigenen Praxis
kein Problem darstellen, so hofft sie: „Es ist
vieles planbarer als man denkt. Die alte Vorstellung, dass man 24 Stunden am Tag, sieben Tage
die Woche ständig verfügbar sein muss, stimmt
nicht.“ Für sie ist die Gemeinschaftspraxis die
ideale Lösung: „Wir haben klare Sprechzeiten,
so dass man mittags geregelt fertig ist.
„In einer Gemeinschaftspraxis lässt sich
vieles unbürokratisch regeln.“
Für Notfälle in der Mittagspause oder am Wochenende stehen wir abwechselnd zur Verfügung.
Nachts ist der Notdienst der Kassenärztlichen
Vereinigung da, so dass vor acht Uhr morgens
keiner raus muss.“ Und wenn sie selbst Bereitschaftsdienst hat? Auch das sieht Katrin Berger
gelassen: „Ich habe fünf Jahre gerne Notdienste
gefahren. Wir haben offiziell eine Freistellung für
Schwangere und junge Mütter. Die werde ich erst
einmal nutzen.“
Gemeinsam lässt sich vieles einfacher regeln
Das Arbeitszeitmanagement funktioniert in der
Praxis von Katrin Berger auch ohne Terminvergabe – eine solche sei bei ihren Patienten ohnehin
kaum möglich. Jeder der Ärzte hat einen Tag in
der Woche, für den er Termine vergibt. Der Rest
der Patienten kommt, wann er kommt. „Weil
wir zu dritt sind, reguliert sich das von selbst.
Einer kann immer zu einer festen Zeit gehen, die
Kollegen übernehmen den Rest. Sollte ich beim
Wiedereinstieg feststellen, dass ich es in Vollzeit
doch nicht schaffe, habe ich die Möglichkeit,
meine Sprechstunden pro Woche zu reduzieren.
Dann wird einfach meine prozentuale Beteiligung
für das Jahr gekürzt. Das lässt sich relativ unbürokratisch regeln. Voraussetzung ist natürlich,
dass man sich mit seinen Kollegen gut versteht.
Die Einzelkämpfer sterben aus.“ Auch die
Kooperation mit anderen Praxen kann da helfen:
„Wir könnten in unserem Praxisnetz überlegen,
ob wir nicht Geld zusammenlegen und uns eine
Tagesmutter leisten, die einspringt, wenn Kinder
einmal krank sind.“
Mehr Beispiele lesen und selbst Beispiele
vorstellen unter www.praxis-und-familie.de
2|3
02
WAS PASST ZU MIR?
Niederlassungsoptionen und Arbeitszeitmodelle
Einzelpraxis als Weg in die Selbstständigkeit?
In Voll- oder Teilzeit? Oder doch lieber angestellt?
– In den vergangenen Jahren sind die Niederlassungsmöglichkeiten und Arbeits(zeit)modelle in
der ambulanten medizinischen Versorgung deutlich flexibler geworden. Eine Vielzahl möglicher
Kooperationsformen bietet zusätzlichen Gestaltungsspielraum. Damit ist es heute leichter für
Ärzte und Psychotherapeuten, Beruf und Familie
miteinander zu vereinbaren und individuelle, ihren
Bedürfnissen entsprechende Lösungen zu finden.
Die wichtigsten Modelle und ihre Kombinationsmöglichkeiten werden hier vorgestellt.
I Selbstständig in der Einzelpraxis
Nach wie vor ist die Einzelpraxis die am häufigsten gewählte Form der Niederlassung. Der Vorteil
einer Einzelpraxis liegt zunächst darin, dass die
Praxis nach den eigenen Wünschen gestaltet
werden kann. Und dies sowohl in medizinischer
Hinsicht als auch bei der Praxisorganisation.
Sprechstundenzeiten und Urlaub zum Beispiel
können alleine geplant werden, eine Abstimmung
mit Kollegen ist nur im Hinblick auf die erforderliche Vertretung notwendig. Unabhängigkeit und
zeitlicher Flexibilität stehen allerdings nicht unerhebliche Investitionskosten gegenüber, egal ob
eine Praxis neu gegründet oder eine vorhandene
Praxis übernommen wird. Und auch Vertretungen
und Einsätze im Bereitschaftsdienst gilt es zu
organisieren. Dabei muss „Einzelpraxis“ nicht
für „Einzelkämpfer“ stehen: Kooperationen mit
anderen Ärzten bzw. Psychotherapeuten sind auf
vielfältige Weise möglich, zum Beispiel in einer
Praxisgemeinschaft oder einem Ärztenetz.
Mögliche Kooperationsformen
I Praxisgemeinschaft
Eine Form der Kooperation ist die Praxisgemeinschaft. Sie bietet – neben der Möglichkeit
des unkomplizierten fachlichen Austauschs – in
erster Linie wirtschaftliche Vorteile: Ärzte bzw.
Psychotherapeuten gleicher oder verschiedener
Fachgebiete können eine Praxisgemeinschaft
gründen, um gemeinschaftlich Räume, Einrichtungen und Geräte zu nutzen sowie gemeinsam
nichtärztliches Praxispersonal anzustellen. Sie
behalten jedoch ihre Eigenständigkeit, behandeln
jeweils ihren eigenen Patientenstamm und rechnen getrennt mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ab. Eine gegenseitige Vertretung ist
– bei gleicher Fachrichtung – möglich, es gelten
hier die gleichen Regelungen wie bei Einzelpraxen. Ähnlich lose Kooperationsformen wie die
Praxisgemeinschaft sind beispielsweise Ärztenetze: Hierbei schließen sich Ärzte bzw. Praxen
zusammen, um in bestimmten Punkten zusammenzuarbeiten und sich gemeinsam zu organisieren, beispielsweise bei der Umsetzung einer
gemeinschaftlichen Praxis-EDV oder im Hinblick
auf aufeinander abgestimmte Behandlungskonzepte. Sie bleiben dabei aber eigenständig.
könnte auch bei zwei Teilzulassungen eine Gemeinschaftspraxis interessant sein, zum Beispiel
wenn der eine Partner vormittags und der andere
nachmittags Sprechstunden anbietet.
I Job-Sharing-Praxis
Eine besondere Form der Gemeinschaftspraxis
ist die Job-Sharing-Praxis: In einem eigentlich
für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereich
können Ärzte und Psychotherapeuten eine
beschränkte Zulassung erhalten, wenn sie als
Job-Sharing-Partner eine Kooperation mit
einem bereits zugelassenen Kollegen derselben
Fachrichtung eingehen. Diese Form der Gemeinschaftspraxis ist vor allem dann interessant,
wenn beide Partner ihren Arbeitseinsatz zeitlich
flexibler festlegen wollen. Zu beachten ist hierbei
jedoch, dass das Leistungsvolumen der bereits
bestehenden Praxis nicht wesentlich ausgeweitet
werden darf. Geht es um die Praxisnachfolge,
wird bei der Auswahl der hinzugekommene
Partner vorrangig berücksichtigt. Spätestens
nach zehn Jahren der Zusammenarbeit – oder
wenn die Zulassungsbeschränkungen enden –
erhält der Partner eine Vollzulassung.
I Gemeinschaftspraxis
Freiberuflich „in Teilzeit“: die Teilzulassung
Die über 20.000 Gemeinschaftspraxen in
Deutschland sind die häufigste Form der sogenannten Berufsausübungsgemeinschaften (BAG):
In einer Berufsausübungsgemeinschaft schließen
sich mehrere Ärzte und/oder Psychotherapeuten
mit dem Ziel zusammen, gemeinsam Patienten zu
behandeln. Sie teilen sich also nicht nur Räume,
Geräte und Personal, sondern haben auch einen
gemeinsamen Patientenstamm.Die Partner einer
Gemeinschaftspraxis arbeiten weiterhin eigenverantwortlich und medizinisch unabhängig. Sie
treten aber nach außen als Einheit unter einem
gemeinsamen Praxisnamen auf, sie rechnen gemeinschaftlich mit der KV unter einer Betriebsstättennummer ab und haften gemeinsam. Es gibt
sowohl fachidentische als auch fachübergreifende Gemeinschaftspraxen. Die fachidentische
Gemeinschaftspraxis bietet die Möglichkeit,
Sprechstundenzeiten und Vertretungsregelungen
optimal aufeinander abzustimmen und damit den
Bedürfnissen der Familie gut Rechnung tragen zu
können. Insbesondere größere Gemeinschaftspraxen mit mehr als zwei Ärzten bieten hier noch
mehr Flexibilität. Mit Blick auf die Präsenzzeiten
Selbstständigkeit ist seit einigen Jahren auch „in Teilzeit“
möglich – als Teilzulassung: Seit 2007 können Ärzte und Psychotherapeuten ihren Versorgungsauftrag auf die Hälfte einer
hauptberuflichen Tätigkeit reduzieren. In diesem Fall halbiert
sich auch die Zeit der vorgeschriebenen Präsenz in der Praxis
auf zehn Sprechstunden anstelle von 20 bei einer Vollzulassung. Überdies eröffnet die Teilzulassung die Chance, gleichzeitig als Freiberufler und als Angestellter tätig zu sein: So können
Ärzte und Psychotherapeuten halbtags im Krankenhaus oder
im Medizinischen Versorgungszentrum arbeiten und die übrige
Zeit freiberuflich in der Praxis. Es besteht jedoch das Risiko,
dass die Teilzulassung nicht mehr in einen vollen Versorgungsauftrag „zurückverwandelt“ werden kann, wenn der Planungsbereich wegen Überversorgung gesperrt ist.
4|5
02
Für alle vorgestellten Kooperationsformen gelten
die Vorgaben der Bedarfsplanung sowie – je nach
Modell – ggf. der Genehmigungsvorbehalt durch
die jeweilige KV oder die Zulassung durch den
Zulassungsausschuss.
Chance Kooperation
I Medizinische Versorgungszentren
Der Aufbau einer Kooperation erfordert eine gute Planung
sowie eine gründliche Analyse der eigenen Erwartungen
und der der Partner: Wie viel Zeit möchte ich dem Beruf
und wie viel der Familie widmen? Welche Kriterien – beispielsweise Anpassung der Urlaubszeit an die Schulferien
– sind für mich wichtig? Wer bietet sich als Kooperationspartner an? Welche regionalen Gegebenheiten gilt es zu
berücksichtigen? Ist das jeweilige Arbeitsmodell auch in
wirtschaftlicher Hinsicht sinnvoll? – So kann je nach persönlicher Situation eingeschätzt werden, welche Kooperationsform individuell die richtige ist.
Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind
fachübergreifende, ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte und Psychotherapeuten
als Freiberufler und/oder Angestellte arbeiten
können. Dabei müssen in einem MVZ mindestens zwei verschiedene Fachrichtungen vertreten
bzw. Ärzte mit zwei unterschiedlichen Schwerpunktbezeichnungen tätig sein. Ein MVZ mit
einem ärztlichen und einem psychologischen
Psychotherapeuten zum Beispiel gilt nicht als
fachübergreifend. Wie auch die Gemeinschaftspraxen zählen MVZ zu den Berufsausübungsgemeinschaften.
Vorteile von Kooperationen sind z. B. folgende:
• Sprechstunden können leichter auf individuelle
Bedürfnisse abgestimmt werden
• Vertretungen können einfacher sichergestellt werden
• Betriebskosten können gesenkt werden
• die Tätigkeit kann bei Berufsausübungsgemeinschaften ggf. an mehreren Orten ausgeübt werden
• das Leistungsangebot kann erweitert und
spezifiziert werden
Freiberufler-Variante: In dem MVZ arbeiten
ausschließlich selbstständig tätige Ärzte und Psychotherapeuten. Ihre persönliche Zulassung ruht
und wird von der Zulassung des MVZ überlagert.
Dabei können Ärzte und Psychotherapeuten auch
wieder ihre Zulassung „aktivieren“ und in einer
Einzelpraxis ausüben.
Angestellten-Variante: Rund zwei Drittel der
derzeit 1.500 MVZ in Deutschland sind reine
Angestellten-MVZ. Das MVZ ist hier als juristische Person Inhaber der Zulassung. Ärzte und
Psychotherapeuten, die ihren Sitz einem MVZ
übertragen, können ihn nicht wieder aus dem
MVZ herauslösen. Angestellte werden – sofern
sie mindestens eine halbe Stelle ausfüllen – Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen.
Misch-Variante: Ein MVZ arbeitet sowohl mit
Freiberuflern als auch mit Angestellten.
Die Tätigkeit in einem MVZ kann aufgrund der
geregelten Arbeitszeiten und der unkomplizierten Abstimmung von Sprechstundenzeiten und
Vertretungen für die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf vorteilhaft sein. Angestellten Ärzten
in einem MVZ kommen zudem die allgemeinen
gesetzlichen Regelungen des Mutterschutzes,
der Elternzeit und des Elterngeldes zugute. Bei
größeren MVZ entlastet das Management darüber
hinaus von Verwaltungsaufgaben.
Anstellung in der vertragsärztlichen Versorgung
I Angestellt in der Praxis oder im MVZ
Seit Umsetzung des Vertragsarztrechts-Änderungsgesetzes (VÄndG) im Jahr 2007 gibt es
deutlich mehr Möglichkeiten für Anstellungsverhältnisse. So arbeiten derzeit über 7.000 Ärzte als
angestellte Ärzte in freier Praxis und rund 8.000
angestellt in MVZ.
Darüber hinaus ist es auch möglich, sich von
zwei unterschiedlichen Arbeitgebern (z. B. von
einem niedergelassenen Arzt und von einem
Krankenhaus) anstellen zu lassen.
In einem gesperrten Planungsbereich haben Ärzte
und Psychotherapeuten die Möglichkeit, sich von
Kollegen derselben Fachrichtung anstellen zu lassen. Hierbei darf der Leistungsumfang der Praxis
jedoch nicht wesentlich vergrößert werden.
Die Tätigkeit als angestellter Arzt oder Psychotherapeut bietet den Vorzug eines regelmäßigen
Gehaltes sowie der gesetzlichen Regelungen zu
Mutterschutz, Elternzeit und Elterngeld für Angestellte. Zudem kann so im ambulanten Bereich
der Beruf ohne finanzielles Risiko ausgeübt und
damit die Niederlassung „getestet“ werden.
Für Freiberufler bieten sich durch die Flexibilisierung des Vertragsarztrechts ebenfalls Vorteile:
Wer zeitweise oder auch dauerhaft seine Tätigkeit
aufgrund seiner familiären Verpflichtungen in
der Praxis reduzieren oder sein Praxisspektrum
erweitern möchte, kann für diese Zeit einen Kollegen anstellen – Teilzeit oder Vollzeit.
Einen Punkt gilt es hierbei zu beachten: Während ein Arzt oder ein ärztlicher Psychotherapeut
auch einen psychologischen Psychotherapeuten
anstellen kann, ist dies aufgrund von rechtlichen
Vorgaben der Berufsordnung umgekehrt allerdings nicht möglich.
I Angestellt und an einem anderen
Standort im Einsatz
Ärzte und Psychotherapeuten können – unter
Berücksichtigung der Bedarfsplanung – auch an
weiteren Orten innerhalb und außerhalb des Gebietes der Kassenärztlichen Vereinigung arbeiten
und dort auch Kollegen anstellen. Dabei ist es
beispielsweise möglich, dass der angestellte Arzt
bzw. Psychotherapeut allein in einer Filiale tätig
wird, was unter Umständen ebenfalls unter dem
Gesichtspunkt der besseren Vereinbarkeit von
Familie und Beruf interessant sein kann.
Mehr Informationen zu
Kooperationsformen unter:
www.kbv.de/koop/25926.html
6|7
02
DIE MODELLE
IM ÜBERBLICK
Bei allen Fragen rund um das Thema Niederlassung und Anstellung berät
Sie Ihre Kassenärztliche Vereinigung vor Ort persönlich und individuell.
Hier können Sie sich nicht nur über wichtige Details im Hinblick auf
Bedarfsplanung und Zulassung informieren, sondern auch über mögliche
regionale Sonderregelungen, z. B. bei der Organisation des Notdienstes.
Für Ärzte und Psychotherapeuten gibt es viele
Möglichkeiten, ihren Beruf auszuüben. Welche
Aspekte bei der Entscheidung für das jeweilige
Arbeitsmodell im Vordergrund stehen, ist dabei
immer von der individuellen Situation abhängig.
Im Folgenden haben wir die wichtigsten Merkmale der einzelnen Praxisformen und der Anstellung zusammengestellt, die für die Entscheidungsfindung eine Rolle spielen können.
Praxisgemeinschaft
Eine Praxisgemeinschaft sind mehrere
Einzelpraxen, die sich nur aus wirtschaftlichen Gründen zusammenschließen, um
Räume, Geräte, Personal etc. gemeinsam
zu nutzen. Ihre Patienten versorgen sie
getrennt voneinander.
Merkmale:
• hohe Eigenständigkeit; Sprechzeiten, Urlaub etc. legt der Arzt selbst fest
• unkomplizierter fachlicher Austausch
• Kostenersparnis durch gemeinsame Nutzung von Räumen, Personal etc.
Einzelpraxis
In der Praxis arbeitet ein Arzt
bzw. Psychotherapeut.
Merkmale:
• hohe Eigenständigkeit; Sprechzeiten, Urlaub etc. legt der Arzt selbst fest
• im Vertretungsfall Absprachen mit
Kollegen in der Umgebung erforderlich
• Praxisinhaber trägt Kosten für Räume, Personal, Geräte etc. allein
Medizinisches
Versorgungszentrum (MVZ)
In einem MVZ arbeiten Vertragsärzte und/
oder angestellte Ärzte unterschiedlicher
Fachrichtungen unter einem Dach. Inhaber
der Zulassung ist das MVZ.
Merkmale:
• flexible Arbeitseinteilung, Vertretung kann optimal abgestimmt werden, wenn
mehrere Ärzte derselben Fachrichtung im MVZ tätig sind
• unkomplizierter fachlicher Austausch
• Kostenersparnis durch gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten,
Personal etc.
Gemeinschaftspraxis
Job-Sharing-Praxis
In einem für Neuzulassungen gesperrten
Gebiet erhält ein Arzt, der mit einem bereits zugelassenen Kollegen eine Kooperation in Form einer Gemeinschaftspraxis
eingeht, eine (auf die Dauer der gemeinsamen Tätigkeit) beschränkte Zulassung.
Ärzte einer Gemeinschaftspraxis nutzen
nicht nur Räume, Personal und Geräte
gemeinsam, sie treten auch nach außen
als eine Praxis auf. Sie führen z. B. eine
gemeinsame Patientenkartei und erstellen
nur eine gemeinsame Abrechnung.
Merkmale:
• flexible Arbeitseinteilung, Vertretung kann optimal abgestimmt werden
• unkomplizierter fachlicher Austausch
• Ausweitung der Arbeitszeit möglich,
sobald ein Partner seine Zulassung zurückgibt
Merkmale:
• Zeitersparnis durch gemeinsame
Praxisverwaltung (z. B. nur eine
Abrechnung für die gesamte Praxis)
• flexible Arbeitseinteilung, Vertretung kann zwischen Ärzten derselben Fach-
richtung optimal abgestimmt werden
• Abstimmung mit den Kollegen erforder-
lich, z. B. Präsenzzeiten in der Praxis
• unkomplizierter fachlicher Austausch
• Kostenersparnis durch gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten etc.
Angestellt
Teilzulassung
Neben der Möglichkeit, freiberuflich zu
arbeiten, kann der Arzt auch als Angestellter seine berufliche Tätigkeit ausüben.
Ärzte und Psychotherapeuten reduzieren
ihren Versorgungsauftrag auf die Hälfte
einer hauptberuflichen Tätigkeit. Die
Präsenzzeit beträgt dann mindestens zehn
Sprechstunden in der Woche.
Merkmale:
• feste Arbeitszeiten
• unkomplizierter fachlicher Austausch
• keine Investitionskosten,
keine wirtschaftlichen Risiken
• geringe Eigenständigkeit
Merkmale:
• reduzierte Arbeitszeit
• bietet die Chance, gleichzeitig als Freibe rufler und als Angestellter tätig zu sein
• Risiko: Teilzulassung kann ggf. nicht mehr in einen vollen Versorgungs-
auftrag „zurückverwandelt“ werden (wenn der Planungsbereich gesperrt ist)
8|9
Susanne Gröper (49) arbeitet als Anästhesistin in einer Gemeinschaftspraxis
in Bremen. Auch ihr Mann, Dr. Hinnerk
Gröper, ist dort tätig. Gemeinsam haben
sie drei Kinder. Damit genug Zeit für die
Familie bleibt, teilt die Fachärztin ihre
Zulassung mit einer Kollegin.
PORTRAIT „Ohne Organisationstalent
und Spontaneität geht es nicht“
„Mama ist auf dem Handy zu erreichen“, teilt die
Kinderstimme am Telefon mit. Der darauffolgende Anruf erreicht sie im Auto. Susanne Gröper
ist viel unterwegs. Sie arbeitet in einer Praxis in
der Stadt, lebt mit ihrer Familie auf dem Land
und managt den eigenen Terminkalender und den
ihrer drei Kinder zwischen Schule, Fußballtraining und dergleichen mehr. „Ohne Organisationstalent, hohe Flexibilität und Spontaneität geht es
nicht“, sagt sie.
Susanne Gröper arbeitet zusammen mit ihrem
Mann in einer Gemeinschaftspraxis für Anästhesie in Bremen. 1998 haben die beiden sich
niedergelassen, kurz danach wurde das erste Kind
geboren. Die anderen beiden folgten jeweils im
Abstand von zwei Jahren. „Bis die Kinder drei,
vier Jahre alt waren, habe ich sie alleine betreut.
Als sie in den Kindergarten kamen, bin ich vormittags wieder arbeiten gegangen“, berichtet die
Fachärztin. Dass die Kassenärztliche Vereinigung
Bremen vor kurzem eine dreijährige Elternzeit
für Vertragsärzte und -psychotherapeuten eingeführt hat, findet Susanne Gröper gut: „‚Guck mal,
geht doch‘, habe ich gedacht. Leider konnte ich
davon nicht mehr profitieren.“
Zwei Mütter, ein Praxissitz
Ihre jetzige Praxis betreiben Susanne Gröper und
ihr Mann seit 2007, zusammen mit vier weiteren
Kollegen. Während er Vollzeit arbeitet, teilt sie
sich die Zulassung mit einer Kollegin, die ebenfalls Kinder hat. „Wir sind also eine Praxis, in
der sechs Ärzte mit fünf Sitzen arbeiten“, erklärt
sie. Die Chance einer Teilzulassung hat sie gern
ergriffen: „Gerade für Frauen ist das ideal. Ich
hätte mir das schon früher gewünscht, als meine
Kinder noch kleiner waren.“ Beide Ärztinnen arbeiten jeweils an zwei festen Tagen in der Woche.
„Das klappt eigentlich gut. Zur Not tauschen wir
auch mal einen Tag. Das regeln wir dann untereinander“, sagt die Anästhesistin.
„Für Ärzte, die selbstständig sein und
sich trotzdem um ihre Kinder kümmern
wollen, ist eine Teilzulassung ideal.“
Sie hätte auch gerne halbtags gearbeitet, aber das
sei in einer Praxis wie der ihren kaum möglich:
„Wenn Operationen anstehen, ist es schwierig,
sich ablösen zu lassen.“ Hinzu komme, dass
man sich in einer Niederlassung immer noch um
zusätzliche Dinge kümmern müsse. „Als Selbstständiger muss man auch viel Organisatorisches
erledigen, etwa die ganze Verwaltungsarbeit.
Zudem machen wir gerade Qualitätsmanagement.
Da nehme ich oft Arbeit mit nach Hause. Insofern
habe ich auch an ‚freien’ Tagen nicht immer frei.
Andererseits schätze ich die Freiheit, die man als
Niedergelassener im Vergleich zum Krankenhaus
hat: Nacht- und Wochenenddienste fallen weg,
ich bin mein eigener Chef. Man muss abwägen,
was einem lieber ist.“
Anfangs sei es nicht immer einfach gewesen, den
operativ tätigen Kollegen klar zu machen, dass
sie erst um halb neun statt um acht Uhr anfangen
kann, weil sie zuvor die Kinder in die Schule
bringt. „Das ist etwas lächerlich, dass man da
wegen einer halben Stunde argumentieren muss.
Natürlich muss man Zeit für die Praxis haben,
aber ich will mich eben auch um die Familie
kümmern. Wenn wir abends noch Besprechungen
haben, sage ich schon mal ‚So, ich muss jetzt
gehen.’ Da habe ich inzwischen ein dickes Fell.“
Mehr Beispiele lesen und selbst Beispiele
vorstellen unter www.praxis-und-familie.de
10 | 11
03
ZEITMANAGEMENT
Arbeitszeit selbst bestimmen und flexibel gestalten
Wenn das Wartezimmer zum Ende der Sprechstunde noch voll ist oder der Arzt zu einem
dringenden Hausbesuch gerufen wird, muss die
Familie warten. Solche „Notfälle“ gehören zum
Praxisalltag. Und dennoch bietet die Niederlassung gerade für Ärzte mit betreuungspflichtigen
Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen einen
unschätzbaren Vorteil: Sie können ihre Arbeitszeit
relativ flexibel gestalten und ihr Zeitmanagement
der jeweiligen Lebensphase anpassen. Nachfolgend sind die wichtigsten Tätigkeitsbereiche und
Regelungen dargestellt, die Einfluss auf die
ärztliche Arbeitszeit haben.
20 Sprechstunden wöchentlich
Mit der Zulassung übernehmen Vertragsärzte
einen Versorgungsauftrag. Dieser verpflichtet
sie, wöchentlich mindestens 20 Stunden für ihre
Patienten in der Praxis zur Verfügung zu stehen.
Bei Ärzten mit einer Teilzulassung verringert sich
diese Zahl der Sprechstunden auf zehn Stunden.
Die Sprechstunden sind möglichst so zu legen,
dass auch die Bedürfnisse der Patienten berücksichtigt werden, und sie sind auf dem Praxisschild anzugeben.
Tipp: Trotz dieser Regelungen ist der Vertragsarzt
relativ frei, was das Festlegen seiner Sprechstunden betrifft. Er selbst bestimmt, ob er bereits um
7.00 Uhr den ersten Patienten behandelt oder erst
um 9.00 Uhr, weil er vor der Arbeit zum Beispiel
noch seine Kinder in die Kindertagesstätte bringt.
Auch ein freier Tag in der Woche ist möglich.
Hausbesuche, Schreibkram etc.
Nach der Sprechstunde geht es in aller Regel
weiter. Hausbesuche stehen an, und auch diverse
Verwaltungsaufgaben wie die Beantwortung von
Kassenanfragen und die Dokumentation der Befunde, Behandlungsmaßnahmen und veranlassten
Leistungen müssen erledigt werden.
Tipp: Abgesehen von dringenden Hausbesuchen
entscheidet der Arzt in der Regel selbst, wann
er welche Arbeiten ausführt. So kann er zum
Bespiel bestimmte Verwaltungsaufgaben, sofern
sie nicht delegierbar sind, abends zu Hause erledigen, wenn die Kinder bereits im Bett sind. Für
Hausbesuche plant er feste Zeiten ein, beispielsweise immer Mittwoch- und Freitagnachmittag.
Ärztlicher Not- bzw. Bereitschaftsdienst
Vertragsärzte sind grundsätzlich verpflichtet, am
ärztlichen Not- bzw. Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Der Bereitschaftsdienst wird von den
Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) organisiert, um die ambulante Behandlung der Patienten
auch zu sprechstundenarmen und -freien Zeiten
wie nachts und am Wochenende sicherzustellen.
Tipp: Die Regelungen zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst sind von KV zu KV zum Teil recht
unterschiedlich. Manchenorts ist die Teilnahme
sogar freiwillig. Ärzte sollten deshalb bei ihrer
Kassenärztlichen Vereinigung nachfragen, welche
Möglichkeiten der Entlastung es gibt.
Fortbildung
Bei einer „sauberen“ Arbeitszeitplanung darf die
Zeit für Fortbildung nicht vergessen werden. Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten sind
gesetzlich verpflichtet, ihr Wissen regelmäßig auf
den neuesten wissenschaftlichen Stand zu bringen. Alle fünf Jahre müssen sie gegenüber ihrer
Kassenärztlichen Vereinigung nachweisen, dass
sie sich fortgebildet haben. Anerkannt werden
nur Veranstaltungen, die von einer Landesärztekammer zertifiziert und mit Punkten bewertet
sind. 250 Punkte müssen Ärzte und Therapeuten
innerhalb von fünf Jahren sammeln.
Tipp: Der geforderte Fortbildungsumfang ist
nicht gering, zumal viele Veranstaltungen in den
Abendstunden oder am Wochenende stattfinden.
In der Regel lassen sich solche Termine aber gut
planen. Hinzu kommt, dass das Fortbildungsan-
gebot riesig ist. Dadurch haben auch Ärzte mit
weniger Zeit die Möglichkeit, das Passende zum
richtigen Termin zu finden. Eine Erleichterung
stellen auch Online-Fortbildungen dar, die zu
jeder Zeit von zu Hause aus „besucht“ werden
können. So hat das Deutsche Ärzteblatt regelmäßig Fortbildungen zu unterschiedlichen medizinischen Themen in seinem Heft, die zertifiziert
sind und bei denen die Fragen online beantwortet
werden.
Arbeitszeitregelung für Angestellte
Jeden Tag Sprechstunde bis 19.00 Uhr, außer
freitags – da schließt die Praxis bereits um 14.00
Uhr. Was die Patienten freut, kann für Mitarbeiter
mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen
ein Problem darstellen. Viele Praxisinhaber haben
sich darauf eingestellt und bieten ihren Beschäftigten flexible Arbeitszeitregelungen an oder
vereinbaren individuelle Lösungen. Immerhin
98 Prozent der Medizinischen Fachangestellten
sind Frauen. Ein Großteil von ihnen arbeitet in
Teilzeit.
Für Ärzte, die sich um ihre Kinder oder den pflegebedürftigen Partner kümmern wollen, ohne den
Beruf aufgeben zu müssen, kann die Anstellung
eine gute Alternative zur Selbstständigkeit sein.
Zusätzliche Verwaltungsarbeiten nach Feierabend
zum Beispiel entfallen in der Regel. Auch bieten
viele Praxen und Medizinische Versorgungszentren die Möglichkeit der Teilzeitarbeit an. Wichtig
zu wissen: Sofern nicht von vornherein bei
Vertragsabschluss eine Teilzeittätigkeit vereinbart
wurde, können Arbeitnehmer nur dann einen
Anspruch auf Verringerung der Wochenarbeitszeit geltend machen, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und in der
Regel mehr als 15 Arbeitnehmer in der Praxis
beschäftigt sind. Besser ist eine einvernehmliche
Vereinbarung über die Arbeitszeiten zwischen
Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Wer Vollzeit arbeiten möchte, sollte prüfen, ob
eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit möglich
ist. Gute Voraussetzungen dafür bieten größere
Praxen, in denen sich die Mitarbeiter allein schon
aufgrund ihrer Anzahl leichter vertreten und die
Dienste untereinander aufteilen können.
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Dr. Nora Dannigkeit (35) ist Psychologische
Psychotherapeutin mit eigener Praxis.
Als sie Zwillinge bekam, ließ sie ihre
Zulassung für ein Jahr ruhen. Nun ist sie
froh, dass sie das Tempo des Wiedereinstiegs selbst bestimmen kann.
PORTRAIT Schritt für Schritt
zurück ins Arbeitsleben
Nora Dannigkeit betreibt zusammen mit drei
Kolleginnen eine Praxisgemeinschaft in Berlin. In der Altbauwohnung hat jede der vier ein
eigenes Behandlungszimmer. Das spare Miete
und ermögliche außerdem einen engen fachlichen
Austausch, findet die Verhaltenstherapeutin. 2007
machte sie sich selbstständig. Zuvor hatte sie an
einer Klinik gearbeitet. „Mir war immer klar,
dass ich mal Kinder haben wollte. Neben den
fachlichen Aspekten war auch das für mich ein
Grund für die Niederlassung. Als Selbstständige
habe ich die einzigartige Möglichkeit, nach der
Elternzeit schrittweise wieder einzusteigen und
das Tempo dabei selbst zu bestimmen. Außerdem weiß ich, dass mein Arbeitsplatz sicher ist.
Ich muss keine Angst haben, dass ein befristeter
Arbeitsvertrag einfach aufgrund der Schwangerschaft nicht verlängert wird. Ich weiß, mein
Kassensitz bleibt mir erhalten. Das finde ich toll“,
sagt sie.
Auch hälftiges Ruhen der Zulassung möglich
Als sich 2009 herausstellte, dass sie Zwillinge
bekommen würde, war ihr schnell klar, dass sie
ihren ursprünglichen Plan, zügig wieder in die
Praxis zurückzukehren, nicht würde einhalten
können. „Erst wollte ich mir eine Entlastungsassistenz suchen, die für ein Jahr komplett meine
Patienten versorgt. Dann habe ich von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin erfahren,
dass das nur geht, wenn ich selbst nicht ganz
aussteige, sondern wenigstens ein paar Patienten
weiter behandle. Als Ausweg hat mir die KV
empfohlen, einfach meine Zulassung ruhen zu
lassen.“ Das ist zeitlich befristet möglich. Ein
Jahr nach der Geburt hat Nora Dannigkeit wieder
angefangen zu arbeiten, ihre Zulassung aber zur
Hälfte weiter ruhen lassen. So hat die Psychotherapeutin trotz Arbeit noch Zeit, sich um ihre
Kinder zu kümmern. Nach und nach will sie ihre
Patientenzahlen erhöhen, um dann wieder den
vollen Versorgungsauftrag wahrzunehmen.
„Ein Kassensitz garantiert mir auch
nach einer Babypause einen sicheren
Arbeitsplatz. Das finde ich toll.“
„Man darf sich nicht verrückt machen lassen“
Diese Flexibilität ist es, die Nora Dannigkeit
besonders an der Selbstständigkeit schätzt.
Weniger glücklich ist sie mit der Regelung zum
Elterngeld: „Dadurch, dass ich die Zulassung
habe ruhen lassen, hatte ich ein Jahr lang kein
Einkommen. An dessen Stelle soll ja eigentlich
das Elterngeld treten. Ich war davon ausgegangen, dass die Berechnung genau so läuft wie bei
einer Angestellten, dass also das Einkommen der
letzten zwölf Monate vor der Entbindung zählt.“
Tatsächlich dient aber der letzte Steuerbescheid
als Bezugsgröße. Das kann für einen Niedergelassenen gerade in der Anfangszeit von Nachteil
sein, hat die Psychotherapeutin festgestellt. „Die
besonderen Rahmenbedingungen bei jemandem,
der sich gerade niedergelassen hat, wie Investitionen und zeitversetzte Honorarzahlungen, werden
nicht berücksichtigt. Besser wäre es, die zwölf
Monate vor der Entbindung als Berechnungsgrundlage zu nehmen und dann das Nettoeinkommen zu schätzen“, fordert die Therapeutin. Letztendlich habe ihr die KV geholfen, eine gangbare
Lösung zu finden. Nora Dannigkeits Fazit: „Man
darf sich nicht verrückt machen lassen. Ich rate,
viele Fragen zu stellen und sich möglichst gut zu
vernetzen. Ich bereue jedenfalls keinen Tag, dass
ich mich niedergelassen habe.“
Mehr Beispiele lesen und selbst Beispiele
vorstellen unter www.praxis-und-familie.de
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04
AUS DER PRAXIS IN DIE ELTERNZEIT
und wieder zurück in den Beruf
Ärzte und Psychotherapeuten, die ihre Elternzeit
und den anschließenden Wiedereinstieg planen,
stehen vor ganz unterschiedlichen Herausforderungen: Selbstständige sind unabhängiger in der
Gestaltung ihrer Praxiszeiten als angestellte Ärzte
und Psychotherapeuten, dafür tragen sie ein höheres finanzielles Risiko und haben einen höheren
organisatorischen Aufwand, wenn es zum Beispiel
um Vertretungen geht. Angestellte können von den
gesetzlichen Regelungen wie Mutterschutz und
Elternzeit profitieren. Aber auch sie müssen ihre
Rückkehr in die Praxis gut vorbereiten.
Vertretung in der Elternzeit
Niedergelassene Ärztinnen haben nach geltendem
Recht die Möglichkeit, sich nach der Geburt ihres
Kindes bis zu sechs Monate in der eigenen Praxis
vertreten zu lassen. Bei Vertretungen, die für
mehr als drei Monate erfolgen, muss dies vorher
bei der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung
(KV) beantragt und von ihr genehmigt werden.
Für kürzere Zeiten reicht eine entsprechende
Mitteilung an die KV.
Anders sieht es bei Vertragspsychotherapeuten
aus: Aufgrund der besonders engen PatientenTherapeuten-Beziehung ist eine Vertretung nicht
ohne Weiteres möglich. Laut Bundesmantelvertrag dürfen sie sich bei der Richtlinienpsychotherapie grundsätzlich nicht vertreten lassen. Es ist
jedoch in Einzelfällen, z. B. bei längerer Krankheit oder auch bei der Elternzeit, denkbar, dass
hier in Absprache mit der regionalen KV eine
Lösung gefunden wird und ein anderer Therapeut die Vertretung übernimmt.
Eine Alternative für Ärzte und Psychotherapeuten, die nach der Geburt ihres Kindes länger zu
Hause bleiben wollen, kann mitunter das Ruhen
der Zulassung sein. Dafür brauchen sie allerdings
eine Genehmigung des Zulassungsausschusses.
Auch ein hälftiges Ruhen ist möglich: Die Praxis
muss dann statt mindestens 20 Sprechstunden pro
Woche nur zehn anbieten.
Flexibilisierung der Vertretungsregelung
Vertretungen während der Elternzeit sollen künftig auch länger möglich sein. Die Kassenärztliche
Bundesvereinigung will über den Gesetzgeber
erreichen, dass der Zeitraum auf mindestens
ein Jahr ausgedehnt wird. Die Forderung wurde
bereits in die Eckpunkte zum für 2012 geplanten
Versorgungsgesetz aufgenommen.
Auch die Kassenärztlichen Vereinigungen sind
bereits aktiv: Die KV Bremen hat die Vertretung
im Rahmen einer Sonderregelung flexibilisiert.
In der Hansestadt können sich Ärzte über einen
Zeitraum von drei Jahren vertreten lassen und ihr
Kind betreuen. Im Einzelfall ist es sogar möglich,
die Elternzeit noch weiter zu verlängern. Die KV
Schleswig-Holstein setzt ebenfalls auf flexible
Lösungen. Auch dort können Ärzte nach der
Geburt eines Kindes für bis zu drei Jahre einen
Vertreter einsetzen. Die KVen wollen damit die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern
und die Niederlassung für Ärzte mit Kindern und
Kinderwunsch attraktiver machen. In Mecklenburg-Vorpommern zahlt die KV Ärztinnen nach
der Entbindung acht Wochen ein Mutterschaftsgeld von 50 Euro pro Tag und bietet so Unterstützung bei Praxisausfall.
Wiedereinstiegskurse erleichtern die Rückkehr
Hinter dem etwas sperrig klingenden Namen
verbergen sich von den Ärztekammern angebotene Kurse, die den Wiedereinstieg in den Arztberuf nach der Elternzeit erleichtern und aktuelles
Wissen aus der und für die Praxis vermitteln.
Auskünfte zu diesen Kursen sowie zu Wiedereinstiegskursen für Medizinische Fachangestellte
geben die jeweiligen Landesärztekammern. Auch
die Kaiserin Friedrich-Stiftung für das ärztliche
Fortbildungswesen bietet mit Unterstützung der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung entsprechende Veranstaltungen an.
Entlastung in der Praxis
Zur Unterstützung in der Praxis kann – zeitlich
befristet – ein sogenannter Entlastungsassistent
beschäftigt werden. Die Genehmigung erteilt
die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung. Auch
das Job-Sharing-Modell, die Teilzulassung oder
die Anstellung eines Kollegen können Optionen
sein, die Entlastung in der Praxis und mehr Zeit
für die Familie bringen. Angestellte Ärzte und
Psychotherapeuten wie auch Medizinische Fachangestellte profitieren von den gesetzlichen Regelungen zu Mutterschutz und Elternzeit. Für den
Wiedereinstieg im Anschluss können TeilzeitModelle Wege sein, um Beruf und Familie unter
einen Hut zu bekommen – gerade auch, wenn
beispielsweise mehrere Mitarbeiter in Teilzeit
ihre Arbeits- und Sprechstundenzeiten untereinander abstimmen können.
Förderung für Familien: Elterngeld
Das 2007 von der Bundesregierung eingeführte Elterngeld bietet
eine weitere Chance, eine Zeit lang ganz oder teilweise auf die
Erwerbstätigkeit zu verzichten, um mehr Zeit für die Kinderbetreuung zu haben. Es wird an Mütter und Väter für maximal 14 Monate
gezahlt. Beide können den Zeitraum frei untereinander aufteilen,
wobei ein Elternteil mindestens für zwei und höchstens für zwölf
Monate die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen kann. Auch wer
nach der Geburt des Kindes wieder arbeitet, hat Anspruch auf
Elterngeld, wenn die Teilzeittätigkeit nicht mehr als 30 Wochenstunden in Anspruch nimmt.
In der Höhe orientiert sich das Elterngeld am monatlichen Nettoeinkommen, das der betreuende Elternteil im Jahr vor der Geburt
erzielt hat. Es beträgt mindestens 300 und höchstens 1.800 Euro.
Um den Anspruch nachzuweisen, müssen Arbeitnehmer die Gehaltsbescheinigungen der letzten Kalendermonate einreichen.
Bei Selbstständigen sind die Regeln komplexer: Als Einkommensnachweis für das Kalenderjahr vor der Geburt wird zumeist der
aktuell vorliegende Steuerbescheid angesehen. Die letzten Monate
vor der Geburt werden ggf. nicht mehr berücksichtig. Darüber
hinaus können sich Zahlungen, die erst während des Bezugszeitraumes des Elterngeldes eingehen, mindernd auf den Elterngeldanspruch auswirken. Für Selbstständige empfiehlt es sich daher,
sich frühzeitig beispielsweise bei der zuständigen Elterngeldstelle
oder einem Steuerberater zu informieren.
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04
Kinderbetreuung – Unterstützung durch
lokale Bündnisse und Netzwerke
Dreh- und Angelpunkt beim Wiedereinstieg ist
für niedergelassene wie auch für angestellte Ärzte
und Psychotherapeuten häufig die Organisation
der Kinderbetreuung. Theoretisch besteht ein
gesetzlicher Anspruch auf einen wohnortnahen
Kindergartenplatz für Kinder ab dem Alter von
drei Jahren bis zur Einschulung. Geplant ist,
diese gesetzliche Regelung bis zum Jahr 2013 auf
Kinder ab dem Alter von einem Jahr auszuweiten.
Praktisch stehen viele Ärzte, Psychotherapeuten
und Medizinische Fachangestellte allerdings vor
dem Problem, dass sie keinen Betreuungsplatz
finden oder die Öffnungszeiten der Kindergärten
sich nur schwer mit den Praxisöffnungs- und
Dienstzeiten vereinbaren lassen. Daher sind
vielfach individuelle Lösungen gefragt. Neben
Kindergarten und Kindertagespflege-Einrichtungen kann die Tagespflege durch eine Tagesmutter
Unterstützung bei der Betreuung von Kleinkindern bieten. Ansprechpartner für die Vermittlung
sind die Jugendämter.
Gemeinsam lässt sich die Kinderbetreuung oft
leichter realisieren – dazu gibt es mittlerweile
in vielen Regionen Projekte in Form lokaler
Bündnisse für Familie. Dies sind Netzwerke,
in denen sich die verschiedenen Partner – u. a.
auch Vertreter von Kommunen, Unternehmer,
Verbände – nach ihren eigenen Möglichkeiten
engagieren und ihr Know-how einbringen, um
familienfreundliche Strukturen umzusetzen.
Praxen sind ebenfalls bereits in solchen Bündnissen für Familie organisiert. Über innovative
Betreuungskonzepte vor Ort wie die Vermittlung
einer Notfallkinderbetreuung informieren die
jeweiligen Kommunen.
Vielfach finden sich auch in kleinerem Rahmen
ganz individuelle Lösungen bei der Kinderbetreuung, etwa indem mehrere Praxen eine
gemeinsame Tagesmutter engagieren. Auch die
Kassenärztliche Vereinigung Bayerns hat ein
entsprechendes Projekt ins Leben gerufen: In der
Kindereinrichtung Xundi in München können
Ärzte und Psychotherapeuten ihre Kinder betreuen lassen und dank der flexiblen Betreuungszeiten ihrem Beruf nachgehen. Die Ärztekammer
Nordrhein bietet eine Kinderbetreuung während
Fort- und Weiterbildungen an. Oftmals haben
auch Kliniken betriebseigene Kindertagesstätten
mit längeren Betreuungszeiten, in denen ein Teil
der Plätze öffentlich vergeben wird.
Es lohnt sich daher immer, rechtzeitig vor dem
Wiedereinstieg Kontakt zu den Kommunen und
der jeweiligen KV aufzunehmen und sich dort
über regionale Angebote zu informieren.
Informationen zu den Wiedereinstiegskursen:
www.kaiserin-friedrich-stiftung.de sowie bei den jeweiligen Landesärztekammern
Informationen zum Elterngeld auf der Internetseite des Familienministeriums:
www.vorteil-kinderbetreuung.de/fuer_muetter_vaeter/dok/12.php
Informationen zu lokalen Bündnissen und Betreuungsangeboten:
www.lokale-buendnisse-fuer-familie.de
05
Entlastung in der Praxis
Mehr Zeit für die Familie – aber wie?
Das erste Kind ist unterwegs, der „Große“
kommt in die Schule, die pflegebedürftige Mutter
braucht regelmäßig Unterstützung. Gerade für
Ärzte ist es keine leichte Aufgabe, ihr Familienleben mit ihrem anspruchsvollen Beruf in Einklang
zu bringen. Auch wenn die Rahmenbedingungen,
die es ihnen ermöglichen, neben der Arbeit auch
Verantwortung in der Familie zu übernehmen,
noch längst nicht optimal sind, so gibt es für den
vertragsärztlichen Bereich inzwischen eine Reihe
von Entlastungsmöglichkeiten, die niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten nutzen können.
Arzt anstellen – Teilzeit oder Vollzeit. Er benötigt
dafür einen freien Arztsitz; die Anstellung muss
vom Zulassungsausschuss genehmigt werden.
Befreiung vom Not- bzw. Bereitschaftsdienst
Manche Notfalldienstordnungen sehen eine Befreiung vor, wenn Ärzten die Teilnahme aufgrund
„besonders belastender familiärer Pflichten“
nicht möglich ist. In Berlin ist die Teilnahme für
alle Ärzte, mit Ausnahme der Kinderärzte, sogar
freiwillig.
Vertretung
Vertragsärzte dürfen sich bis zu drei Monate
im Jahr genehmigungsfrei vertreten lassen, bei
Vorliegen eines Vertretungsgrundes (Urlaub,
Krankheit, Teilnahme an ärztlicher Fortbildung
oder an einer Wehrübung). Bei einer längeren
Vertretung, zum Beispiel wegen der Geburt eines
Kindes, ist eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich. Die Vertretung
ist der Kassenärztlichen Vereinigung mitzuteilen,
wenn sie länger als eine Woche dauert.
Entlastungsassistent
Auch die Beschäftigung eines Entlastungsassistenten kommt für Eltern, aber auch für pflegende
Angehörige in Betracht. Der Assistent übernimmt zeitlich befristet einen Teil der Aufgaben
des Praxisinhabers und unterstützt ihn bei der
Patientenversorgung. Die Beschäftigung eines
Entlastungsassistenten bedarf der Genehmigung
durch die KV.
Anstellung eines Arztes
Wer längere Zeit seine Tätigkeit in der Praxis
reduzieren oder einfach nur die Arbeit auf mehrere Schultern verteilen möchte, kann auch einen
Hinweis: Welches Modell im Einzelfall infrage kommt, hängt
immer auch von den persönlichen Umständen und Wünschen ab.
Ärzte und Psychotherapeuten sollten auf jeden Fall Kontakt zu
ihrer Kassenärztlichen Vereinigung aufnehmen. Die Berater dort
sind bei der Suche nach der passenden Lösung behilflich.
Teilzulassung
Seit einigen Jahren ist auch eine Teilzulassung
möglich. Dabei halbiert sich der Versorgungsauftrag von einer vollzeitigen Tätigkeit auf eine
hälftige Tätigkeit. Ärzte bzw. Psychotherapeuten,
die sich für diesen Weg entscheiden, brauchen
nur die Hälfte der Sprechstunden anzubieten wie
Kollegen mit einer vollen Zulassung – also mindestens zehn statt 20 Stunden die Woche.
(Hälftiges) Ruhen der Zulassung
Eine andere Möglichkeit ist das befristete Ruhen
der Zulassung, das auch auf die Hälfte des
Versorgungsauftrags beschränkt werden kann.
Während dieser Zeit können allerdings keine
beziehungsweise nur „in einem hälftigen Umfang“ vertragsärztliche Leistungen erbracht und
abgerechnet werden.
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06
HILFE IM NOTDIENST
Damit Vertragsärzte nicht permanent im Einsatz sind
Damit Patienten in dringenden medizinischen
Fällen auch außerhalb der regulären Sprechzeiten
ambulant behandelt werden können, organisieren
die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) einen
ärztlichen Bereitschaftsdienst. Auch nachts, am
Wochenende und an den Feiertagen stehen Ärzte
bereit, die kranke Menschen zu Hause oder in
speziellen Bereitschaftsdienstpraxen versorgen.
Vertragsärzte sind grundsätzlich verpflichtet, am
ärztlichen Bereitschaftsdienst teilzunehmen. In
welcher Form und in welchem Umfang, ist regional jedoch sehr unterschiedlich. Manche Notfalldienstordnungen sehen eine Befreiung vor, wenn
dem Arzt die Teilnahme aufgrund „besonders
belastender familiärer Pflichten“ nicht möglich
ist. Vertragsärztinnen können sich in aller Regel
während der Schwangerschaft und nach der
Geburt eines Kindes vom organisierten Bereitschaftsdienst befreien lassen – der Zeitraum variiert hier von zwölf Monaten bis zu 36 Monaten.
In einigen KV-Bereichen ist die Teilnahme sogar
komplett freiwillig.
Auch wie der Dienst organisiert wird, ist bundesweit verschieden. Während zum Beispiel in Berlin die Bereitschaftsdienstärzte zu den Patienten
nach Hause fahren, funktioniert die Versorgung
in anderen Regionen vor allem über Not- und Bereitschaftsdienstzentralen, die von den Patienten
aufgesucht werden.
Welche Entlastungsmöglichkeiten
es gibt, sollen folgende Beispiele
verdeutlichen:
Beispiel Schleswig-Holstein
Der ärztliche Bereitschaftsdienst ist in SchleswigHolstein über eine einheitliche Telefonnummer
und über Anlaufpraxen organisiert, die meist an
Krankenhäuser angeschlossen sind. Diese Struktur mit fahrendem Dienst bietet gerade jungen
Arztfamilien viele Vorteile.
Freiwilligkeit: Die Kassenärztliche Vereinigung
Schleswig-Holstein (KVSH) kann im allgemeinen Bereitschaftsdienst auf eine Dienstverpflichtung der Ärzte verzichten, solange genug
Freiwillige die Dienste übernehmen.
Planbarkeit der Dienste: Wenn ein Arzt am
ärztlichen Bereitschaftsdienst teilnimmt, sind
die Dienstzeiten für ihn drei Monate im Voraus
festgelegt und familienfreundlich gestaltet.
Leitstelle übernimmt Koordination: Die Organisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes
übernimmt die KVSH, d. h. im fahrenden Dienst
muss nicht der Partner oder ein Familienangehöriger des diensthabenden Arztes die Patientenanrufe annehmen und den Einsatz koordinieren.
Das übernimmt die Leitstelle, in der jeder Mitarbeiter über eine abgeschlossene medizinische
Ausbildung verfügt.
Beispiel Saarland
Die Kassenärztliche Vereinigung Saarland macht
gute Erfahrungen mit Bereitschaftsdienstpraxen
und größeren Notfalldienstringen. Dies führt zu
einer niedrigeren Notfalldienstfrequenz pro Arzt
und einer besseren Akzeptanz ländlicher Standorte – insbesondere bei jüngeren Praxisbewerbern.
Mit der familienfreundlichen Gestaltung der
Notdienste will die KV die Niederlassung wieder
attraktiver machen. Saarlandweit gibt es mittlerweile zwölf Bereitschaftsdienstpraxen sowie
drei Notdienstpraxen für Kinder und Jugendliche.
Etwa 1.200 der rund 1.750 KV-Ärzte sind in den
Bereitschafts- und Notdienstpraxen organisiert.
Beispiel Bayern
Über eine einheitliche Bereitschaftsdienstnummer der Kassenärztlichen Vereinigung erhalten
Patienten in Bayern medizinische Hilfe, wenn sie
außerhalb der Sprechzeiten dringend einen Arzt
brauchen. Die Behandlung findet in der Regel
in der Praxis des diensthabenden Arztes oder in
einer Bereitschaftspraxis statt. Wenn es dem Patienten nicht möglich ist, einen Arzt aufzusuchen,
vermittelt die Leitstelle auch einen allgemeinärztlichen Hausbesuch.
Auf Antrag können Ärzte aus „schwerwiegenden
Gründen“ ganz, teilweise oder vorübergehend
vom Bereitschaftsdienst befreit werden. Dies
kann der Fall sein, wenn dem Arzt aufgrund
besonders belastender familiärer Pflichten die
Teilnahme nicht zuzumuten ist.
Werdende Mütter können sich ab dem Zeitpunkt
der Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft, werdende Väter nach der Geburt des Kindes bis zu 36
Monate nach der Entbindung befreien lassen.
Beispiel Berlin
Ausgesprochen familienfreundlich ist der ärztliche Bereitschaftsdienst in Berlin organisiert: Die
Kassenärztliche Vereinigung setzt seit Jahren auf
Freiwilligkeit. Rund 300 der etwa 6.500 Vertragsärzte sind regelmäßig im Einsatz, so dass eine
generelle Dienstverpflichtung aller Niedergelassenen in der Hauptstadt bisher nicht notwendig
war. Lediglich Kinderärzte sind seit kurzem
verpflichtet, Dienste in den kinderärztlichen
Bereitschaftsdienststellen zu übernehmen.
Die Bereitschaftsdienstärzte besuchen die Patienten zu Hause. Sie haben feste Einsatzzeiten und
sind mit Fahrern und Fahrzeugen des ärztlichen
Bereitschaftsdienstes unterwegs. Die Aufträge
gehen in der Leitstelle der KV ein, werden dort
koordiniert und per Funk an die Einsatzwagen
weitergeleitet, die in der Stadt unterwegs sind.
Die Ärzte können sich somit voll und ganz auf
die Versorgung der Patienten konzentrieren.
Zusätzlich zum fahrenden Bereitschaftsdienst
gibt es in Berlin Erste-Hilfe-Stellen an Krankenhäusern, in denen auch niedergelassene Ärzte
Dienst haben.
Weitere Informationen erhalten
Sie bei Ihrer KV. Ihre Ansprechpartner finden Sie auf Seite 28.
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Dr. Jan-Peter Jansen (54) leitet das
Schmerzzentrum Berlin, ein MVZ mit 40
Mitarbeitern. Eine davon ist Mei-Lin Tung
(44). Sie hat zwei Facharzttitel und ist
alleinerziehende Mutter von vier Kindern.
An ihrem Angestelltendasein schätzt sie
vor allem die finanzielle Sicherheit.
PORTRAIT „Es ist falsch, den
Dienstplan über alles zu stellen“
„Mitarbeiter, die sich um ihre Kinder kümmern,
dürfen nicht das Gefühl haben, benachteiligt zu
werden.“ Das sagt Jan-Peter Jansen, der als Chef
ein freundschaftliches, fast schon familiäres
Verhältnis zu seinen Angestellten pflegt. Ihm ist
es wichtig, ein Klima zu schaffen, in dem die
Mitarbeiter sich gegenseitig helfen – auch im
Sinne der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Natürlich störe es den Ablauf, wenn ein Mitarbeiter kurzfristig wegen Erkrankung des Kindes
ausfalle und ein Kollege ihn vertreten müsse, gibt
er zu. Aber keiner sei deshalb auf den anderen
böse. „Das ist ein gegenseitiges Geben und
Nehmen. Nächstes Mal springt dann eben wieder
der andere ein“, berichtet Jansen. Und sollten die
Bedürfnisse dann doch einmal zu sehr kollidieren, könne immer noch seine Praxismanagerin
vermittelnd eingreifen und die Planung in die
Hand nehmen. Wichtig sei, das Ganze positiv zu
vermitteln – auch gegenüber den Patienten: „Denen sagen wir: ‚Die Frau Doktor ist heute zwar
krank, aber dadurch haben Sie die Möglichkeit,
auch einmal die Meinung eines anderen Arztes
zu hören‘“, erklärt der Anästhesist. Er weiß, dass
eine kleine Praxis es schwerer hat, wenn ein Mitarbeiter plötzlich ausfällt, als ein MVZ mit einem
ganzen Personalpool. Trotzdem sei es falsch, den
Dienstplan über die menschliche Befindlichkeit
zu stellen, meint Jansen: „Wenn ich schon mit
dem Schiff auf hoher See bin und mich jedem
Wetter aussetzen muss, dann möchte ich wenigstens, dass die Mannschaft zusammenhält.“
„Eine Praxis wäre wie ein fünftes Kind“
Mei-Lin Tung arbeitet seit einigen Monaten im
MVZ von Jan-Peter Jansen. Vor und während des
Studiums hat die Ärztin mit den Fachgebieten
Allgemeinmedizin sowie Physikalische Medizin
ihre ersten beiden Kinder bekommen, zwei weitere folgten. Nach der Trennung von ihrem Mann
hat sie zunächst im Krankenhaus als Vertretung
im Nachtdienst gearbeitet. Damals, vor zehn
Jahren, hätte sie sich eine staatlich unterstützte
Kinderbetreuung gewünscht.
„Wenn ich als Chef schon mit einem Schiff
auf hoher See bin, dann möchte ich wenigstens,
dass die Mannschaft zusammenhält.“
„Im Bezirksamt wurde mir gesagt, das wäre
mein Privatvergnügen“, erinnert sie sich. Im
Berufsleben hat sie die Erfahrung gemacht, wie
wichtig es ist, konsequent zu sein: „Wenn man
nach sorgfältiger Abwägung entschieden hat, nur
in Teilzeit zu arbeiten, dann sollte man sich auch
nicht zu mehr überreden lassen.“
Im MVZ kann sie sich ihre Arbeit nach ihren
Wünschen einteilen. Nicht zuletzt wegen der
Kinder hat Mei-Lin Tung sich für die Anstellung
entschieden. „Wenn man sich selbstständig
macht, ist das gerade in den Anfangsjahren sehr
zeit- und arbeitsintensiv. Auch die finanzielle Belastung ist ein erhebliches Risiko. Ich kenne das
Argument, dass man als niedergelassene Ärztin
unabhängiger entscheiden kann, wann und wie
man arbeitet. Aber für mich wäre eine Praxis wie
ein fünftes Kind. Die Anstellung ist da einfach
kalkulierbarer“, sagt sie. Einen Tipp gibt sie
allen Ärzten auf den Weg, egal ob selbstständig
oder nicht: „In erster Linie sollte die Arbeit Spaß
machen. Auf jeden Fall sollte man seine Stelle
sorgfältig nach dem Chef aussuchen: Einem
Chef, für den die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, sondern der auch meine Schwierigkeiten flexibel und
tatkräftig mitlöst. Beides ist bei mir der Fall.“
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07
FAMILIENFREUNDLICHE PRAXIS
Mit einfachen Maßnahmen viel erreichen
Der Wettbewerb um qualifizierte, engagierte Mitarbeiter wird sich in den nächsten Jahren aufgrund
der demografischen Entwicklung verschärfen.
Im Gesundheitswesen ist der Mangel an Ärzten
und Medizinischen Fachangestellten bereits heute
vielerorts spürbar. Wer gutes Personal halten
oder neu gewinnen möchte, sollte sich auch um
familiäre Belange seiner Mitarbeiter kümmern,
denn Familienfreundlichkeit spielt für die meisten
Beschäftigten eine ebenso entscheidende Rolle
wie das Gehalt. Auch Arztpraxen und Medizinische
Versorgungszentren (MVZ) können in diesem
Bereich mit einfachen Mitteln viel bewirken.
Modelle für familienfreundliche Maßnahmen gibt
es viele, eine Lösung von der Stange aber nicht.
Gerade bei kleineren Unternehmen wie Arztpraxen und MVZ sind individuelle und kreative
Ideen gefragt, die auf das jeweilige Praxisteam
zugeschnitten sind. Hat das Praxispersonal zum
Beispiel mehrere kleine Kinder, sind andere
Maßnahmen gefragt als bei überwiegend älteren
Mitarbeitern, die sich vielleicht mehr um ihre
pflegebedürftigen Eltern kümmern möchten.
Auch die Größe der Praxis spielt eine Rolle: Mit
der Anzahl der Beschäftigten nimmt die Flexibilität zu. Ausfälle wegen Krankheit oder Schwangerschaft lassen sich leichter überbrücken.
So können Ärzte bei ihren
Mitarbeitern punkten
Den Praxisurlaub auf die Schulferien legen,
eine Medizinische Fachangestellte während der
Elternzeit stundenweise beschäftigen, um ihr den
Wiedereinstieg ins Berufsleben zu erleichtern,
die Kinderbetreuung finanziell unterstützen – es
gibt viele Maßnahmen, die ohne hohen finanziellen und personellen Aufwand umgesetzt werden
können. Häufig sind es die kleinen Angebote, die
für Erleichterung sorgen und zu einer familienfreundlichen Atmosphäre in der Praxis beitragen.
Einige davon stellen wir nachfolgend vor.
Erst den Bedarf checken, dann aktiv werden
Arbeitgeber sollten gemeinsam mit ihrem Team
überlegen, welche Maßnahmen hilfreich sein
könnten – statt etwas anzubieten, was vielleicht
in der Praxis nebenan hervorragend funktioniert,
die eigenen Mitarbeiter aber nicht benötigen.
Die Arbeit flexibel organisieren
Starre Öffnungszeiten von Kindertagesstätten
oder ein wichtiger familiärer Termin – mit einer
flexiblen Arbeitszeitregelung lassen sich viele
Probleme lösen. Folgende Maßnahmen sind
unter anderem möglich:
• Die Dienstpläne können so weit es geht den
Bedürfnissen des Personals angepasst werden.
Vielleicht gibt es Mitarbeiter, die gerne den Frühdienst übernehmen, weil der Partner die Kinder
zur Schule bringt. Das Praxisteam könnte den
Dienstplan in eigener Verantwortung aufstellen.
Der Chef legt lediglich die Rahmenbedingungen
wie die zu besetzenden Sprechzeiten fest.
• Die Mitarbeiter können auch die Vertretung im
Team selbst organisieren, wenn z. B. ein Kollege
wegen eines privaten Termins früher gehen muss.
Das setzt voraus, dass in der Praxis ein Klima
herrscht, in dem jeder für den anderen einspringt,
wenn er Unterstützung benötigt.
• Vor allem Mitarbeiter mit kleinen Kindern
wollen oftmals Teilzeit arbeiten, zumindest eine
Zeit lang. Die Möglichkeiten sind vielfältig und
können individuell festgelegt werden – sowohl
was die Stundenzahl als auch die Verteilung
der Arbeit über die Woche betrifft. Nach einer
Babypause kann eine stufenweise Erhöhung der
Arbeitszeit den Wiedereinstieg erleichtern.
• Mitarbeiter, die sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern, benötigen andere Freiräume.
Für sie können zum Beispiel längere Mittagspausen hilfreich sein, weil sie für die kranke Mutter
kochen müssen.
• Die Patientenbetreuung setzt die Präsenz der
Mitarbeiter in der Praxis voraus. Bestimmte Verwaltungs- oder Dokumentationsaufgaben lassen
sich aber auch zu Hause als Telearbeitsplatz
erledigen, wenn die Kinder bereits im Bett sind.
Familienfreundlichkeit zahlt sich aus
Kosten-Nutzen-Analysen zeigen, dass Betriebe, die mitarbeiter- und familienfreundliche Maßnahmen anbieten,
davon profitieren. Sie senken die Fehlzeiten und können die
Motivation und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter deutlich
steigern. Top-Kräfte können eher in der Praxis gehalten werden oder sie kommen schneller aus der Elternzeit zurück.
Weitere Pluspunkte: Die Praxen und Medizinischen Versorgungszentren positionieren sich als attraktive und verantwortungsbewusste Arbeitgeber – ein Imagegewinn und ein
Vorteil im Wettbewerb um qualifiziertes Fachpersonal.
Hilfeleistungen bei der Kinderbetreuung
Eine besondere Herausforderung stellt für berufstätige Eltern die angemessene und durchgängige
Betreuung ihrer Kinder dar. Eine Praxis oder ein
Medizinisches Versorgungszentrum wird kaum
eigene Kinderbetreuungsplätze anbieten können,
doch es gibt andere Möglichkeiten, seine Mitarbeiter zu entlasten:
• Arbeitgeber können mit der benachbarten
Kindertagesstätte klären, ob sie für ihre Mitarbeiter Plätze reserviert. Im Gegenzug unterstützt die
Praxis die Einrichtung mit einer kleinen Spende,
die über die Steuer absetzbar ist.
• Möglich ist auch eine finanzielle Beteiligung
an den Kinderbetreuungskosten. Mit dieser Sozialleistung unterstützen Chefs ihre Mitarbeiter und
zeigen zudem, dass ihnen die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf sehr wichtig ist. Für die Förderung der Kinderbetreuung bis zum Einschulalter
fallen keine Sozialabgaben an, das heißt, das
Geld (es darf nicht Teil des Gehalts sein) geht
eins zu eins an den Arbeitnehmer.
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„Mitarbeiter, die sich um ihre Kinder
kümmern, dürfen nicht das Gefühl haben,
benachteiligt zu werden.“ Dr. Jan-Peter
Jansen, Leiter des Schmerzzentrums Berlin
• Bei einem größeren Praxisteam lohnt es sich,
den Kontakt zu einer Tagesmutterbörse herzustellen. Tagesmütter sind insgesamt flexibler. Die
Betreuungszeiten sind nicht so starr wie die einer
Kindertagesstätte.
• Haben Mitarbeiter schulpflichtige Kinder, sollten Arbeitgeber Schulferien bei der Urlaubsplanung so weit es geht berücksichtigen. Hilfreich
könnten auch Informationen über Ferienangebote
in der Umgebung oder ein „Feriengutschein“
sein, mit dem der Praxisinhaber die Ferienbetreuung mit einer kleinen finanziellen Zugabe fördert.
Familienfreundliche Atmosphäre schaffen
Das A und O für Familienfreundlichkeit ist die
Unternehmenskultur. Stehen wirklich alle Mitarbeiter füreinander ein? Ist dem Chef die Familienfreundlichkeit wirklich wichtig? Eine solche
Kultur zu prägen, ist eine wichtige Aufgabe, bei
der in erster Linie der Arbeitgeber gefragt ist.
Schon mit kleinen Maßnahmen wie dem Hinweis
auf Ferienangebote für Kinder oder eine flexible
Teilzeitregelung zeigt er, dass in seiner Praxis
familiäre Belange berücksichtigt werden. Am
besten ist es, wenn der Arbeitgeber es vorlebt und
sich selbst ein- bis zweimal in der Woche Zeit
nimmt, um private Dinge zu erledigen.
www.erfolgsfaktor-familie.de
www.mittelstand-und-familie.de
08
BERATUNG BIS VERTRETUNGSBÖRSE
KVen bieten vielfältige Unterstützung
Etliche Kassenärztliche Vereinigungen (KVen)
bieten Seminare und Kurse an, die nach einer
beruflichen Auszeit den Wiedereinstieg in die
Praxis erleichtern. Die KV Bayerns eröffnet
Vertragsärzten und Vertragspsychotherapeuten
die Möglichkeit, ihre Kinder ganztägig in der
hauseigenen Kindereinrichtung betreuen zu
lassen. Ärztinnen in Mecklenburg-Vorpommern
können bei Praxisausfall durch Mutterschaft eine
finanzielle Unterstützung ihrer KV erhalten.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen bieten
mittlerweile eine Vielzahl unterschiedlicher
Maßnahmen, die Ärzte und Psychotherapeuten
dabei unterstützen sollen, Beruf und Privatleben
besser miteinander zu vereinbaren, und den Beruf
insgesamt attraktiver machen. Sie sind erste
Ansprechpartner, wenn es um Fragen der Niederlassung, der Vertretung, des Bereitschaftsdienstes
und anderer vertragsärztlicher Themen geht.
Abgeguckt: Auf der Internetseite der KBV
stellen Ärzte ihre Lösungen vor
So unterschiedlich die Probleme im Alltag sind,
so unterschiedlich sind auch die Lösungswege.
Gute Beispiele, um Familie und Beruf besser
miteinander zu vereinbaren, gibt es viele. Auf der
Internetseite der Kassenärztlichen Bundesvereinigung www.praxis-und-familie.de (auch über
www.kbv.de erreichbar) haben Ärzte, Psychotherapeuten, Medizinische Fachangestellte etc.
die Möglichkeit, interaktiv ihre Erfahrungen
auszutauschen. In einem Blog können sie ihre
Lösungswege vorstellen, die in der Rubrik „Gute
Beispiele“ veröffentlicht werden. Auf der Internetseite finden Nutzer außerdem viele Informationen rund um das Thema Praxis und Familie.
Die KVen halten unterschiedliche Angebote
bereit, um Ärzte und Psychotherapeuten zu
unterstützen, zum Beispiel:
• Unterstützung bei der Suche einer
Praxisvertretung
• Entlastung im ärztlichen
Bereitschaftsdienst
• Information und Beratung für
„Wiedereinsteiger“ nach Elternzeit
• Sonderregelungen zur Vertretung
während der Elternzeit
• Unterstützung für Ärztinnen in
Weiterbildung bei Mutterschaft
•
Umfassendes Beratungsangebot für niederlassungsinteressierte und
bereits niedergelassene Ärzte und
Psychotherapeuten
•
Informationsveranstaltungen zu
Praxismodellen, Kooperationsmöglich-
keiten und anderen praxisrelevanten Themen
• Unterstützung bei der Praxissuche,
Vermittlung von Kooperationspartnern
und freien Stellen
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IHRE ANSPRECHPARTNER IN DEN
KAssenärztlichen vereinigungen
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Helga Volz
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Thilo-Alexander Wieland
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Stephan Haniffa
Michael Geltz
Anton Altschäffl
Siegfried Lippl
Iris Püttmann
Franz Eckart
Christine Moka
Service-Center
Karin Rettkowski
Manfred Schober
Infocenter
(0 89) 5 70 93 43 01
(0 89) 5 70 93 33 31
(08 21) 3 25 61 05
(0 94 21) 8 00 93 01
(09 41) 3 96 31 51
(09 21) 29 22 70
(09 11) 94 66 74 21
(09 31) 30 73 03
(0 30) 31 00 39 99
(03 31) 2 30 93 20
(04 21) 3 40 43 32
(0 40) 22 80 29 00
Oliver Kahl
Thilo von Engelhardt
(03 85) 7 43 13 71
(05 11) 3 80 33 35
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Andrea Ritz
Michaela Donk
Alexander Konrad
(02 11) 59 70 85 18
(02 21) 77 63 65 28
(02 21) 77 63 65 29
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Diana Schuck
Katja Hofmann
Melitta Fechner
Susanne Otto
(0 63 21) 89 31 12
(0 61 31) 32 61 33
(02 61) 39 00 22 48
(06 81) 4 00 33 81
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Ulricke Tobisch
Dr. Burkhard Hentschel
Karina Hase
Silke Brumm
Evelyn Kreker
Susanne Bach-Nagel
André Zwaka
Ronald Runge
Peter Dittmann
(03 71) 2 78 94 03
(03 51) 8 82 83 10
(03 41) 2 43 21 48
(03 91) 6 27 64 59
(0 45 51) 88 33 46
(0 45 51) 88 33 78
(0 45 51) 88 33 27
(0 36 43) 55 97 32
(02 31) 94 32 32 49
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Kassenärztliche Bundesvereinigung
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Stand: Mai 2011
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