- bei der Arbeitnehmerkammer Bremen

Transcrição

- bei der Arbeitnehmerkammer Bremen
Nummer 07 _ September 2015
Bremer
Arbeitnehmer
Magazin
Informationen für Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer in Bremen und Bremerhaven
Ann-Christin Thadewaldt
Friseurin im Salon Crisu Cut
Seite
4
Der neue Koalitionsvertrag:
Gespräch mit Bürgermeister Sieling
Seite
8
Abbruch der Ausbildung:
Der geplatzte Traum
Inhalt
02 // Inhalt
Themen
Schwerpunkt:
: Ingo Schierenbeck im Gespräch mit
Bürgermeister Carsten Sieling –
Leiharbeit und Werkverträge stärker
regulieren
: Der Koalitionsvertrag – Stellungnahme
der Arbeitnehmerkammer
04 – 07 //
Politik
08 – 09 //
: Abbruch der Ausbildung –
Der geplatzte Traum
: Aktuelle Studie – Pendler: Männlich,
gut verdienend, mit Familie
10 – 11 //
Editorial // 03
Editorial
Aus der Arbeitnehmerkammer
12
//
13
//
14 – 15 //
: Geschichte der Arbeitnehmerkammer
: Sommerempfänge 2015
: Vier Branchen im Wandel
Service
90 / G a l e r i e d e r A r b e i t s w e l t
Ann-Christin Thadewaldt, 26 Jahre, arbeitet als Friseurin im Salon Crisu
Cut in Bremen. Nach der Realschule wollte sie Maskenbildnerin werden und
Gesundheit
eine Friseurausbildung war Pflicht für diesen Beruf. ›Ich hatte viele Vorur-
16
//
: Reha statt Rente
teile gegenüber dem Friseurberuf: schlechte Bezahlung, Samstagsarbeit.
Aber nach der Ausbildung in Delmenhorst fand ich einen Job bei einem
Friseur mit einem richtig großen Namen, da hab ich anständig verdient und
die Arbeitszeiten waren absolut in Ordnung.‹ Sie ist dann beim Friseurberuf
Medientipps und Reihe ›Rechtsirrtümer‹
17
//
: ›Wenn ich ein parkendes Auto anfahre, kann
ich nach drei Minuten gehen, wenn ich meine
Adresse hinterlasse‹
geblieben.
Ihre Lehrstelle fand Ann-Christin Thadewaldt auf einem ganz pragmatischen Weg: Sie suchte zwei Friseursalons auf, fragte direkt die Chefs, ob
sie eine Ausbildung machen könne und beim Zweiten hat es gleich geklappt.
›Aber nach der Lehre war mir klar, ich will weiterkommen mit diesem
Handwerk, was Neues sehen, was Neues lernen. Ich will nicht nach dem
Aus der Beratung
18
//
: Werkvertrag contra Arbeitsvertrag
Trend gehen, mich interessiert, was für den einzelnen Kunden am besten
ist, die Persönlichkeit ist das Entscheidende.‹
An ihrem jetzigen Arbeitsplatz lernt sie zusätzlich Naturfriseurin. ›Wir
Alles, was Recht ist
19
//
20
//
: Scheinselbstständigkeit im Krankenhaus
: Steuervergünstigungen beim Ehrenamt
: Überteuerte Kontoauszüge unzulässig
arbeiten zu 90 Prozent mit Biofarben. Die chemischen Farben färben das
Haar überall gleich, machen alles zu einem Ton. Aber wir Menschen haben
nicht nur eine Farbe auf dem Kopf, sondern viele Facetten. Die holt die
Biofarbe optimal heraus. Aber ich musste die Farbtheorie, die ich mit der
Chemiefarbe gelernt hatte, völlig über den Haufen werfen.‹ Viele der
Veranstaltungen
Farben, die zum Beispiel Nussschalen oder Kreuzkümmel enthalten, kommen aus Indien. Sie haben einen weiteren Vorteil gegenüber den herkömmlichen Haarfarben: Sie sind für das Haar und bei der Verarbeitung nicht
Impressum
Herausgeber_ Arbeitnehmerkammer Bremen
gesundheitsschädlich. Bei den chemischen Färbemitteln bilden der stän-
Bürgerstraße 1 / 28 195 Bremen /
dige Hautkontakt und das feine Farbpulver, welches in die Lunge dringen
Telefon 04 21· 363 01- 0 / Fax 04 21·363 01- 89
kann, die größten Risiken für den Friseur.
Ann-Christin Thadewaldt fühlt sich wohl im Salon: ›Die Arbeit hier ist
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Internet_ www.arbeitnehmerkammer.de
E-Mail_ [email protected]
in nicht wenigen Bremer Familien sind vor allem alleinerziehende
Eltern, Eltern mit einer Migrationsgeschichte und Eltern ohne erforderliche Berufsabschlüsse durch gering entlohnte Arbeit, Arbeitslosigkeit und Alltagssorgen häufig überfordert. Damit ihre Kinder
trotz schwieriger Familiensituationen einen guten Lebens- und
Bildungsweg gehen können, sind frühe Förder- und Bildungsangebote in Krippen und Kitas für sie besonders wichtig. Ohne eine
solche frühe Förderung und Unterstützung sind ihre weniger guten
Startbedingungen später kaum auszugleichen.
Mittlerweile gilt in Bremen die frühkindliche Betreuung, Förderung und Bildung als Schlüssel zur Verbesserung der Chancengleichheit. Gute Betreuungsund Bildungseinrichtungen bieten die Chance, die
Konsequenzen aus den großen materiellen und sozialen Unterschieden möglichst anzugleichen.
Benötigt werden dafür zum einen qualitativ gute
Betreuungsplätze gerade auch in den benachteiligten
Stadtteilen. Der Dreh- und Angelpunkt einer guten
frühen Förderung und Bildung sind zum anderen gut
qualifizierte und gut bezahlte Erzieherinnen und
Erzieher, Stichwort Gute Arbeit. Viele von ihnen
sehen sich jedoch durch immer neue Aufgaben und
Bildungsanforderungen nicht nur ge-, sondern
überfordert.
Hier sind die Träger, Verwaltung und Politik gefordert.
Sie müssen den Ausbau von Betreuungsplätzen und
die Ausweitung der Betreuungszeiten sicherstellen.
Gleichzeitig sind bessere Rahmenbedingungen und
die Aufwertung der Arbeit von Kita-Beschäftigten notwendig.
Den Zusammenhang von Kindertagesbetreuung
und Armutsprävention hat die Arbeitnehmerkammer
Bremen gemeinsam mit der Uni Bremen untersucht.
Die Ergebnisse diskutieren wir am 5. Oktober um
16 Uhr im Kultursaal der Arbeitnehmerkammer
bei unserer Veranstaltung ›Kindertagesbetreuung
zwischen Qualitätsanspruch und Bildungsversprechen‹.
Sie sind herzlich eingeladen!
Ihr Peter Kruse
Präsident der
sehr entspannt, wir haben eine super Chefin. Ich muss hier keine Show
abliefern und keinen Trend verfolgen, sondern kann mich ganz auf den
Autoren/Autorinnen_ Vera Bächle-Dorrong / Janet Binder (bin) / Miriam
Kunden konzentrieren. Außerdem ist der Laden nicht voll mit Werbeplaka-
Bräunlich / Jörg Hendrik Hein (hei) / Meike Lorenzen (lor)
ten und es gibt den besten Tee der Stadt.‹
Hanna Mollenhauer (mol) / Nathalie Sander (san) /
Ann-Christin Thadewaldt möchte weiterhin als Friseurin arbeiten und
Barbara Sichting-Busch
sich weiterbilden. Eine Selbstständigkeit kommt für sie nicht infrage:
›Das wäre mir zu viel Verantwortung, ich hätte Bedenken, damit die Freude
an meiner Arbeit zu verlieren. Was ich mir gut vorstellen könnte, ab und
an mit einem reisenden Salon, von Ort zu Ort, von Festival zu Festival zu
Redaktion_ Nathalie Sander (san) (V.i.S.d.P.)
Hanna Mollenhauer (mol)
Lektorat_ Martina Kedenburg
reisen.‹
Fotos_ Kay Michalak (Titel) / Kay Michalak / Cindy Jacobs /
Staatsarchiv Bremen, Fotolia – elaxed.com
Layout_ Designbüro Möhlenkamp & Schuldt
Druck_ Müller Ditzen AG, Bremerhaven
Erscheint zu Beginn und in der Mitte eines Quartals.
Einzelverkaufspreis 2 Euro, Jahresabonnement 15 Euro,
für Kammerzugehörige im Mitgliedsbeitrag enthalten.
ISSN 1614-5747, Postvertriebs-Nummer H 43672
Arbeitnehmerkammer
Bremen
04 // Schwerpunkt: Leiharbeit und Werkverträge stärker regulieren
Ingo Schierenbeck
Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Bremen
Carsten Sieling
Bürgermeister der Hansestadt Bremen
Ingo Schierenbeck im Gespräch mit Bürgermeister Carsten Sieling
Leiharbeit und Werkverträge
stärker regulieren
den, die dann die Kommunen tragen müssen. Die Bundesregierung hat hier einige Änderungen in Aussicht gestellt und darum
wird es in den nächsten Wochen und Monaten gehen müssen.
Schierenbeck: Wir haben vorgeschlagen, dass Bremen sich
anderen Bundesländern anschließt und die Wiedereinführung der
Vermögenssteuer fordern soll.
Sieling: Aufgrund der Schuldenbremse besteht kein Spielraum,
Steuern zu senken. Vielmehr müssen Möglichkeiten genutzt werden, um die Einnahmen der Länder und Kommunen zu erhöhen.
Ingo Schierenbeck: Sehr geehrter Herr Bürgermeister, die
Wir haben ebenfalls die Wiedereinführung der Vermögenssteuer
Koalition hat eine Reihe von politischen Zielen vereinbart. Hierfür
im Koalitionsvertrag aufgenommen und wir sind auch für eine
braucht man finanziellen Spielraum. Es gilt die Schuldenbremse:
faire Erbschaftsbesteuerung. Aber beides wird derzeit
Woher soll das Geld kommen?
von anderen Bundesländern und von der BundesregieCarsten Sieling: Es geht nicht ohne Hilfe von
rung blockiert. Im Rahmen unserer Möglichkeiten
außen. Bei den Stadtgemeinden führen die
›Armutsbekämpfung ist
haben wir gerade beschlossen, in Bremen die Grundgestiegenen Anforderungen im Bereich Bildung
nach wie vor ein
steuer und die Zweitwohnungssteuer zu erhöhen.
und der Zuwanderung sowie die Sozialausgaben
zu erhöhten Ausgaben. Und das sind nicht nur
zentraler Punkt für uns.‹ Schierenbeck: Vor Kurzem waren ja alle noch recht
optimistisch, dass die Länderfinanzen auch im Sinne
Probleme in Bremen oder Bremerhaven. Alle
Carsten Sieling
Bremens zügig reformiert werden. Wie wahrscheinKommunen haben darunter zu leiden, dass auf
lich ist es, dass wir hier zu einer Lösung kommen?
Bundesebene die Ausgaben beschlossen werWelche politischen Schwerpunkte und Ziele hat sich die
Koalition für die kommenden vier Jahre gesetzt, welche
Gestaltungsmöglichkeiten gibt es vor dem Hintergrund
der Schuldenbremse? Über diese und andere Themen hat
Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer, mit Bremens Bürgermeister Carsten Sieling
gesprochen.
// 05
Sieling: Es hat große Rückschläge gegeben – leider! Zumal die
die Bezahlung spiegeln gerade bei diesen Dienstleistungen leiCDU/CSU den Solidaritätszuschlag zur Streichung freigegeben
der nicht ihren Wert für die Gesellschaft wider. Kann das Land
hat und uns so die finanziellen Mittel nimmt, um Ordnung in die
dort, wo es selbst als Arbeitgeber auftritt, für bessere Arbeitsöffentlichen Finanzen zu bringen – und zwar nicht nur in Bremen,
bedingungen sorgen, also für mehr Vollzeit oder bessere
sondern bundesweit. Damit fehlt uns jetzt eine wichtige EinnahBezahlung?
mequelle. Das macht es auch schwierig, in eine Entschuldung
Sieling: Da, wo wir die Menschen selber beschäftigen auf jeden
zu kommen, so wie wir es mit der Altschuldentilgung erreichen
Fall. Gerade bei den Erzieherinnen und Erziehern ist die Unterbewollten.
zahlung unglaublich. Und da ist die Tarifauseinandersetzung, die
es derzeit gibt, auch durchaus berechtigt. Gleichwohl natürlich
Schierenbeck: Ein weiterer Bereich, der Bremen viel Geld
die kommunalen Arbeitgeber vor dem Hintergrund der leeren
kostet, sind die sogenannten Transferleistungen. Eine zunehmenKassen das nicht mitgehen wollen und können. Das zeigt aber ja
de Zahl von Beschäftigten ist aufgrund ihres geringen Einkomnur, wie schräg die Lage ist, wie finanziell unterversorgt die
mens auf zusätzliche staatliche Unterstützung angewiesen. In
Kommunen sind. Wir haben uns immerhin
den letzten zehn Jahren sind zwar viele neue
vorgenommen, mehr Ausbildungsplätze in
Arbeitsplätze entstanden. Dabei handelt es sich
der Pflege zu schaffen – das ist bereits
aber überwiegend um Mini- und Teilzeitjobs, Leihar›Wir haben vorgeschlagen,
beschlossen.
beit sowie oft nicht tariflich vergütete Arbeitsplätdass Bremen sich anderen
ze. Welche Möglichkeiten hat der Senat hier
Schierenbeck: Armutsbekämpfung war
gegenzusteuern?
im Wahlkampf ein wichtiges Thema. Nun
Bundesländern anschließt und
Sieling: Nachdem wir jetzt mit der Einführung des
ist es gerade ein bisschen ruhiger gewordie Wiedereinführung der
gesetzlichen Mindestlohns ein wichtiges Ziel erreicht
den. Ist es auf der Agenda weiter nach
haben, müssen wir jetzt die Leiharbeit strenger regu- Vermögenssteuer fordern soll.‹ hinten gerutscht?
lieren. Dazu soll es im Herbst auf Bundesebene VorSieling: Armutsbekämpfung ist nach wie
Ingo Schierenbeck
schläge geben. Und auch die Ausweitung von Werkvor ein zentraler Punkt für uns. So haben
verträgen muss begrenzt werden. Wir haben zudem
wir die Zuständigkeit für Kinder und Bildarüber diskutiert, welche Möglichkeiten wir bei der Wirtschaftsfördung in einem Ressort zusammenführt, um einen ganzheitlichen
derung haben. Über die bereits bestehenden Förderkriterien hinaus
Schritt für die ersten zehn Jahre zu ermöglichen und damit der
sehen wir allerdings derzeit keinen Handlungsbedarf.
Armut ganz früh den Nachwuchs zu nehmen. Wir werden zudem
alle Ressourcen bündeln, damit wir die Langzeitarbeitslosigkeit
Schierenbeck: Es gibt Bundesländer, die nur Unternehmen
effektiver bekämpfen können. Ein weiteres Thema ist die extrefördern, die eine bestimmte Leiharbeitsquote nicht überschreime Armut, wie ich sie jetzt mal nenne. Die Zahl der Obdachlosen
ten. Oder sie verlangen die Einhaltung einer festgelegten
in Bremen ist von den geschätzten 450 auf gut 600 angestieAusbildungsquote oder die Anwendung von Tarifverträgen.
gen. Wir haben zu wenig Angebote für diese Menschen und nicht
Sieling: Das haben wir auch überlegt. Mir ist allerdings gesagt
genügend Wohnraum, sodass viele von ihnen im Winter ohne
worden, dass sich dadurch nur wenig bewirken lässt. Wir werden
Dach über dem Kopf auskommen müssen. Hinzu kommen die
aber weiterhin ein besonderes Augenmerk darauf haben. Das ist
vielen Flüchtlinge, denen wir auch Angebote machen müssen
mir selbst auch ein großes Anliegen.
und wollen – gerade im Wohnungsbau stehen wir also vor sehr
Schierenbeck: Viele neue Arbeitsplätze entstehen im Dienstgroßen Herausforderungen. Und da helfen uns leider nicht nur
leistungsbereich. Bremen ist zwar nach wie vor ein großer IndusKonferenzen.
triestandort, der fünftgrößte in Deutschland. Aber es arbeiten
mittlerweile 80 Prozent der Beschäftigten in Bremen in einer
Schierenbeck: Die Jobcenter finanzieren ihre VerwaltungsDienstleistungsbranche. Wir finden es deshalb sinnvoll, neben
kosten zunehmend aus den Mitteln, die eigentlich für die Eingliedem Masterplan Industrie auch einen Masterplan Dienstleistunderung der Arbeitslosen zur Verfügung stehen. So gibt das Jobgen aufzulegen. Was halten Sie davon?
center in Bremerhaven bereits keine Bildungsgutscheine mehr
aus.
Sieling: Das finde ich einen sehr interessanten Gedanken. Unsere Dienstleistungswirtschaft ist im Grundsatz zu schwach und einSieling: Das zeigt eben, dass das Management im Jobcenter
seitig ausgerichtet. Wir haben zu wenig unternehmensbezogene,
besser werden muss und da werden wir jetzt auch mehr tun. Von
strategische Dienstleistungen und haben auch als Finanzstandort
der Bundesebene ist da wenig Unterstützung zu erwarten, weil
noch deutlich Luft nach oben. Bevor wir einen Masterplan ›Dienstdie Arbeitsmarktlage in anderen Ländern nun mal ganz anders
leistungen‹ entwickeln, müssen wir uns über die damit verbundeaussieht. Langzeitarbeitslosigkeit ist zum Glück nicht überall ein
nen Ziele im Klaren sein. Wir dürfen nicht den falschen Ehrgeiz
so großes Thema wie bei uns. Leider fehlt deshalb aber vielerhaben, hier der große Medien- oder Finanzdienstleistungsplatz zu
orts das Verständnis für unsere Schwierigkeiten.
werden. Wir müssen vielmehr schauen, welche WirtschaftsbereiSchierenbeck: Und wirtschaftlicher Aufschwung allein nutzt
che in Bremen schon stark sind und welche Dienstleistungen
vielen Langzeitarbeitslosen nicht – in der Regel profitieren gut
diese Branchen brauchen. Hierzu zählen insbesondere technische
qualifizierte Beschäftigte von zusätzlichen Arbeitsplätzen. Aus
Dienstleistungen, die unsere starken Industriebereiche wie den
unserer Sicht ist deshalb ein öffentlich gefördeter Arbeitsmarkt
Automobilbau, den Luftfahrzeugbau oder die Elektrotechnik nachdringend notwendig.
fragen.
Sieling: Das sehe ich auch so und dafür werde ich mich auch
einsetzen.
Schierenbeck: Ein wachsender Dienstleistungsbereich sind die
sozialen Dienstleistungen, also unter anderem der Pflege-,
Schierenbeck: Vielen Dank, Herr Bürgermeister, für das
Gesundheits- und Kita-Bereich. Die Arbeitsbedingungen und auch
Gepräch.
06 // Schwerpunkt: Stellungnahme der Arbeitnehmerkammer
// 07
Der Koalitionsver trag
Stellungnahme
der Arbeitnehmerkammer
››
JOBCENTER
Mehr Einfluss zu nehmen auf die Jobcenter und diese weiter zu
stärken, halten wir für richtig. Ebenso wichtig ist es aber, den
Arbeitsuchenden eine echte Perspektive auf dem Arbeitsmarkt
zu bieten – dies muss Vorrang haben vor der schnellen Vermittlung. Im Vordergrund muss eine Berufsqualifizierung stehen, die
am Ende einen echten Berufsabschluss bietet. Richtig ist es
auch, deutlich seltener in Leiharbeit zu vermitteln.
››
Die Koalition hat sich in den kommenden vier Jahren
einiges vorgenommen. Über die einzelnen Punkte haben
sich SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Koalitionsvertrag
verständigt. Dass sich der Vertrag auch dem Thema Gute
Arbeit widmet, begrüßen wir sehr. Insbesondere die mehrfache Selbstverpflichtung auf vollqualifizierende Berufsabschlüsse und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze,
die mithilfe der Arbeitsmarktpolitik, Qualifizierungspolitik
und Wirtschaftspolitik erreicht werden sollen, unterstützen
wir mit ganzer Kraft.
n Die komplette Stellungnahme
finden Sie auf unserer Website
unter www.arbeitnehmerkammer.de/
publikationen (Politikthemen/Arbeit
und Soziales).
LANGZEITARBEITSLOSIGKEIT
Die Ankündigung der neuen Landesregierung, sich auf Bundesebene für den Aufbau eines sozialen Ersatzarbeitsmarktes einzusetzen, unterstützen wir, weil öffentlich geförderte Beschäftigung
Langzeitarbeitslosen eine Perspektive bietet. Darüber hinaus
braucht Bremen aber eine Strategie, um die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen. Hier beteiligen wir uns gerne im
Rahmen von Werkstattgesprächen.
››
AUSBILDUNG
Die Koalition will die duale Ausbildung stärken – das begrüßen
wir ausdrücklich. Es ist richtig, die Ausbildungsgarantie weiterhin
finanziell zu stützen, um allen Jugendlichen eine Ausbildung zu
ermöglichen. Wir plädieren aber auch für ein transparentes
Controlling, damit durch die Ausbildungsgarantie keine betrieblichen Ausbildungsplätze verdrängt werden. Und es muss auch
weiterhin Bildungsgänge geben, die Jugendlichen vor der Ausbildung eine allgemeinbildende Besser- und Höherqualifizierung
ermöglicht.
››
WIRTSCHAFT
Es ist ein richtiger Schritt, öffentliche Mittel dort einsetzen zu
wollen, wo Tarifverträge abgeschlossen wurden und Leiharbeit
begrenzt werden soll. Die angekündigte Stärkung und Weiterentwicklung des touristischen Angebots in Bremen und Bremerhaven sehen wir als ein hervorragendes Beispiel für die nötige
und mögliche Verknüpfung der Themen Arbeit und Wirtschaft und
begrüßen die angekündigten Branchendialoge zum Gastgewerbe
und Einzelhandel. Vor allem im Einzelhandel müssen bei geplanten Ansiedlungsprojekten aber auch die Folgen für die Beschäftigten berücksichtigt werden.
››
LEBENSLANGES LERNEN FÜR BERUF UND ALLTAG
Die Landesregierung will die berufliche und betriebliche Weiterbildung vorantreiben und hat einige Ziele formuliert. Wir
begrüßen dies und bieten konzeptionelle Unterstützung an.
Darüber hinaus müssen neue und bessere individuelle Förderstrategien für Beschäftigte entwickelt werden, wie Formen der
Bildungsteilzeit für Beschäftigte mit unflexiblen Arbeitszeiten bis
hin zu Stipendien für Studien- und Bildungsinteressierte der unteren Einkommensgruppen. Wir halten es ebenfalls für sinnvoll,
sowohl das Angebot als auch die Förderstruktur der anerkannten
Weiterbildung zielgruppengerechter zu gestalten.
››
KINDER UND BILDUNG
Bremen hat sich vorgenommen, durch weitere 2.100 neue Krippen- beziehungweise Kitaplätze die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie weiter zu verbessern, was aus unserer Sicht auch dringend nötig ist. Die Fortführung der bisherigen Entwicklung der
Kitas zu Kinder- und Familienzentren reicht aus unserer Sicht
aber nicht aus. Die im Koalitionsvertrag benannten Aufgaben der
Elternarbeit, des Kinderschutzes, der Frühförderung und der
Sprachförderung können gerade in den Stadtteilen mit einem
hohen Anteil armer Bevölkerung nicht weiterhin ›nebenbei‹ geleistet werden. Bremen braucht ein integriertes Konzept, einen
›Personal-Mix‹ und die entsprechenden, zusätzlichen Ressourcen
– so wie in anderen Großstädten.
››
SOZIALE STADTENTWICKLUNG UND QUARTIERE
Wir finden es richtig, dass die Regierungskoalition weitere Wohngebiete durch ›passgenaue‹ Aktivitäten weiterentwickeln will, in
denen viele arme Bewohner leben. Das betrifft vor allem die
geplanten Entwicklungskonzepte für Blumenthal und das Gebiet
vorderes Woltmershausen/Hohentorshafen. Dazu gehört auch
die gesicherte Kofinanzierung der vom Bund aufgestockten Mittel für das Programm ›Soziale-Stadt‹ sowie die Fortführung der
Programme Wohnen in Nachbarschaften (WiN) und ›LOS‹. Allerdings braucht es dafür mehr Geld als bisher. Die bisherigen
Erfahrungen haben zudem gezeigt, dass Fortschritte bei der
Vorbeugung oder Reduzierung von Armut nicht allein durch vielfältige Programme und Projekte der verschiedenen Senatsressorts erzielt werden können. Erforderlich ist auch eine übergreifende Steuerung.
08 // Politik: Der geplatzte Traum
// 09
Kimberly Morgan Hinrichs
Ausgewählte Ausbildungsberufe mit hohen
Lösungsquoten im Land Bremen (Stand 31.12.2013)
Ausbildungsberuf
Lösungsquote
Land Bremen
Lösungsquote
bundesweit
Friseur/in
48,9%
49,0%
Koch/Köchin
51,5%
48,0%
Restaurantfachmann/fachfrau
62,5%
47,6%
Berufskraftfahrer/in
55,0%
45,5%
Fachverkäufer/in im
Lebensmittelhandwerk
52,6%
43,1%
Maler und Lackierer/in
41,6%
41,7%
Dachdecker/in
37,4%
41,4%
Hotelfachmann/fachfrau
34,0%
39,4%
Anlagenmechaniker/in
für Sanitär, Heizungs- und
Klimatechnik
24,7%
34,9%
Quellen: Statistisches Landesamt Bremen 2014; ›Datenbank Auszubildende‹
des Bundesinstituts für beruf liche Bildung (Stand 2.12.2014)
Vertragslösungsquote hängt stark vom Beruf ab
Abbruch der Ausbildung
Der geplatzte Traum
Fast jeder vierte Ausbildungsvertrag wird in Bremen
vorzeitig gelöst. Eine Studie im Auftrag der Arbeitnehmerkammer Bremen beleuchtet die Hintergründe.
Später einmal eine eigene kleine Pension eröffnen – das war
Kimberlys Traum nach dem bestandenen Fachabitur. ›Die beste
Vorbereitung dafür ist eine Ausbildung zur Hotelfachfrau‹, überlegte sich die heute 24-Jährige und bewarb sich in einem Luxushotel in Bremen. Sie wurde genommen, fing euphorisch an – und
wurde enttäuscht. Nach einem Jahr brach sie die Ausbildung ab.
›Ich habe Sachen erlebt, die möchte man nicht erleben‹, zieht
die junge Frau Bilanz. Sie fühlte sich schikaniert und als billige
Arbeitskraft ausgenutzt.
In den ersten zwei Wochen habe sie sich noch wohlgefühlt;
das Team in ihrer Abteilung sei nett gewesen. Doch dann kam die
Wende: ›Ich wurde ziemlich schnell allein gelassen mit der Arbeit,
obwohl ich nicht genau wusste, was zu tun ist.‹ Auch der Ton
änderte sich. ›Statt angelernt zu werden, wurde ich herumkommandiert.‹ So wie Kimberly ging es auch anderen Auszubildenden
im Hotel.
Minusstunden mussten abgearbeitet werden
Wenn nicht viele Gäste da waren, wurde Kimberly nach zwei
Stunden Arbeit nach Hause geschickt. Dafür musste sie sich
Minusstunden aufschreiben. ›In Spitzenzeiten hatte ich 68 Minusstunden.‹ Ihr wurde damit gedroht, dass diese ihr bei angeblichem Fehlverhalten vom Urlaub abgezogen würden – was recht-
lich nicht erlaubt ist. Wenn viel los war, musste sie bis zu
16 Tage hintereinander ohne einen freien Tag arbeiten, um Minusstunden wieder auszugleichen. Überstunden wurden dagegen
häufig nicht angerechnet. ›Selbst wenn ich freihatte, war ich
immer auf Abruf‹, erzählt die junge Frau. Sogar im Urlaub wurde
sie angerufen. ›Diese ständige Erreichbarkeit habe ich nicht mehr
ausgehalten.‹
Am schlimmsten sei die Arbeit in der Küche gewesen. Der
Umgang war so rau, dass er die Grenze zum Mobbing überschritt.
Sie versuchte, Hilfe von der Gewerkschaft und der Handelskammer zu bekommen und schaltete schließlich die Beratungsstelle
›Ausbildung – Bleib dran‹ ein. Die Unterstützung, die sie von
Berater Ulf Kuhlemann erhielt, fand sie ausgesprochen hilfreich.
›Er hat sich als Mediator im Gespräch mit den Vorgesetzten für
mich einsetzt‹, sagt Kimberly. Ulf Kuhlemann betont, dass er bei
solchen Gesprächen stets um Neutralität bemüht ist, denn der
Arbeitgeber soll seine Sicht der Krise ebenso darstellen können
wie die Auszubildenden. Im verhärteten Fall von Kimberly brachte
die Vermittlung keine Besserung. Die junge Frau zog deshalb
die Reißleine und beendete das Ausbildungsverhältnis. ›Es ist
eine Riesenlast von mir gefallen‹, erinnert sich die Wahl-Bremerin.
Mit ihrer Entscheidung ist Kimberly nicht allein. Zuletzt löste
über die Hälfte aller Auszubildenden in den Berufen Koch/Köchin
und Restaurantfachfrau/mann im Land Bremen ihren Vertrag auf.
Auch bundesweit ist die Vertragslösungsquote in der Gastronomie hoch.
Bundesweit wird jeder vierte Ausbildungsvertrag vorzeitig aufgelöst. Im Land Bremen liegt die Quote mit 23,7 Prozent etwas
darunter. Dabei sind die Unterschiede nach Berufen frappierend.
Zu den Ausbildungen, die bundesweit und auch in Bremen regelmäßig Spitzenwerte bei den vorzeitig beendeten Verträgen einnehmen, gehören neben den Berufen in Hotellerie und Gastronomie auch Handwerksberufe wie Friseur/in und Fachverkäufer/in
im Lebensmittelhandwerk. ›In der Öffentlichkeit wird das häufig
so wahrgenommen, als wenn die Jugendlichen nicht durchhalten
und einfach hinschmeißen. Das ist aber eine sehr verengte Sicht
auf die Dinge‹, sagt Regine Geraedts, Referentin für Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik bei der Arbeitnehmerkammer.
Eine von der Arbeitnehmerkammer Bremen in Auftrag gegebene Studie des Zentrums für Arbeit und Politik (zap) der Universität
Bremen zeigt, wie vielschichtig die Ursachen für vorzeitig beendete Ausbildungen sind. Auffällig hoch ist demnach die Vertragslösungsquote da, wo nicht viel in die Ausbildung investiert und
wo der Qualität der Ausbildung ein schlechtes Zeugnis ausgestellt
wird. Vor allem bei kleineren Firmen gibt es Probleme. ›Oft fehlt
es kleinen Betrieben an finanziellen und personellen Kapazitäten,
um ihre Auszubildenden umfassend an den Beruf heranzuführen.
In manchen Fällen geht es auch nur darum, mehr Hände zu
haben, die mit anpacken‹, sagt Referentin Geraedts. ›Das ist in
großen Unternehmen meist anders. Dort ist das Motiv für das
Ausbildungsengagement sehr viel stärker vom Wunsch nach eigenem Fachkräftenachwuchs geprägt.‹
Dazu kommt, dass größere Betriebe oft die attraktiveren
Bedingungen bieten und sich aus einer großen Bewerberzahl die
passenden Auszubildenden aussuchen können. ›Das Risiko des
Scheiterns wird dadurch natürlich geringer‹, betont Geraedts.
Dagegen böten kleine Betriebe vor allem im Handwerk auch
Jugendlichen mit niedrigem Schulabschluss Chancen, die sie
woanders nicht bekommen.
Beratungsstelle hilft, wenn es knirscht
Wenn es zwischen Auszubildendem und Unternehmen knirscht,
sehen die Betriebe die Ursache meist bei den Jugendlichen, die
Auszubildenden dagegen beim Betrieb. Wenn dann kein lösungs-
orientiertes Gespräch geführt und der Vertrag beendet wird,
haben am Ende beide das Nachsehen, so Geraedts: ›Für Jugendliche ebenso wie für die Betriebe ist eine Vertragslösung ein
kritischer Punkt, der dazu führen kann, dass sie ihre Ausbildungsaktivitäten ganz einstellen. Das sollte in jedem Fall vermieden
werden und dafür brauchen beide Seiten Unterstützung.‹ In Bremen und Bremerhaven ist dafür die Stelle ›Ausbildung – Bleib
dran‹ eine gute Adresse. ›Wir helfen, Konflikte zu klären und
Lösungen zu suchen‹, sagt Berater Ulf Kuhlemann. ›Unsere neutrale Position ist entscheidend für den Erfolg.‹
Bei verhärteten Konflikten wie bei Kimberly könne eine Vertragslösung aber durchaus auch hilfreich sein, manchmal sei sie
sogar unausweichlich, sagt Regine Geraedts. Allerdings komme
es dann darauf an, einen schnellen Anschluss zu finden – in
einem anderen Betrieb, in einem anderen Beruf oder in einem
ganz anderen Bildungssystem. Längst nicht immer ist das vorzeitige Ende eines Vertrages deshalb gleichbedeutend mit einem
endgültigen Abbruch. Etwa jeder zweite Jugendliche setzt seine
Ausbildung in einem anderen Betrieb oder auch in einem anderen
Beruf fort. Das kam für Kimberly nicht infrage. ›Ich wollte nicht
vom Regen in die Traufe kommen.‹ Keiner ihrer Mitschüler in der
Berufsschule hätte ihr seinen Betrieb empfehlen können. Von
ihrem Traum, ein Bed and Breakfast zu betreiben, hat sie sich
verabschiedet. Inzwischen studiert sie Journalistik im dritten
Semester.
Den meisten Jugendlichen steht aber der Wechsel in ein Studium nicht offen. Denn gerade für Jugendliche mit einem Hauptschulabschluss ist das Risiko einer vorzeitigen Auflösung des
Ausbildungsvertrages höher als für andere. ›Wer dann keinen Weg
zurück in die betriebliche Ausbildung findet und arbeitslos wird,
droht abgehängt zu werden‹, warnt Geraedts. ›Wir haben in Bremen gute Unterstützungsangebote und können durchaus Erfolge
aufweisen. Jetzt heißt es: Dranbleiben!‹
(bin)
Mehr Informationen zu ›Ausbildung – Bleib dran‹
www.bleibdran.uni-bremen.de
❙ Ulf Kuhlemann (Bremen),
E-Mail: [email protected],
Telefon: 0421·21856717
❙ Birgit Allen (Bremerhaven),
E-Mail: [email protected],
Telefon: 0471·185299
SCHRIFTENREIHE DER ARBEITNEHMERKAMMER BREMEN
3|2015
Die Studie ›Dranbleiben!
Prävention und Intervention zur
Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen im Land Bremen‹
finden Sie zum Download
auf unserer Website
www.arbeitnehmerkammer.de
unter Publikationen/Ausbildung.
Druckexemplare erhalten Sie
in unseren Geschäftsstellen.
Dranbleiben!
Dr
anbleiben!
3
ntion zur V
Vermeidung
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Prävention und Intervention
ermeidung
Bremen
von Ausbildungsabbrüchen im Land Br
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S
Studie
tudie
10 // Politik: Pendler: Männlich, gut verdienend, mit Familie
// 11
Einpendler aus den Nachbargemeinden
in die Städte Bremen und Bremerhaven
Aktuelle Studie zum Pendlerverhalten im Land Bremen
Einpendler Land Bremen
Nordholz
395
Pendler: Männlich,
gut verdienend, mit Familie
bis 2000
2001 – 2500
2501 – 3000
3001 – 3500
Wursten
1.326
Langen
3.663
3501 – 4000
4001 und mehr
Bederkesa
1.411
Jeden Tag pendeln rund 128.000 Menschen zum Arbeiten
ins Land Bremen. Das heißt, auf vier von zehn Arbeitsplätzen
sitzen inzwischen Nicht-Bremer (42 Prozent). Damit hat sich
die Zahl der Pendler seit dem Jahr 2000 um gut 17.000
erhöht. In einer aktuellen Studie der Arbeitnehmerkammer
Bremen wird nun deutlich, dass vor allem gut verdienende
und qualifizierte Beschäftigte ins Umland abwandern.
Die Studie basiert auf dem Mikrozensus und vergleicht die Pendler-Entwicklungen in den Stadtstaaten Bremen, Hamburg und
Berlin in den Jahren 2000 und 2012. Demnach verfügen die Bremen-Pendler monatlich über ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 2.055 Euro. Das sind gut 380 Euro mehr als die nicht
pendelnden Bremer und Bremerhavener Beschäftigten. In Berlin
sind die Unterschiede ähnlich, in Hamburg liegen sie nur bei rund
200 Euro. Unter dem Strich heißt das aber, dass es in allen
Stadtstaaten deutliche Einkommensunterschiede zwischen den
Pendlern und den ansässigen Erwerbstätigen gibt. Der klassische
Pendler hat laut Studie ein gutes Einkommen, ist männlich, arbeitet in einem Großbetrieb und hat Familie.
Pendler sind gut qualifiziert –
Mehrheit arbeitet in großen Betrieben
Und nicht nur das Einkommen ist höher, die Pendler sind auch besser qualifiziert: 92 Prozent der Pendler verfügen über eine mittlere
oder hohe Qualifikation, bei den Erwerbstätigen, die auch im Land
Bremen wohnen, sind es nur 82 Prozent. Und 65 Prozent von ihnen
arbeiten in einem großen Betrieb mit mehr als 50 Beschäftigten.
Familienvater in Vollzeit
Die meisten Pendler sind männlich (62 Prozent) und die überragende Mehrheit arbeitet Vollzeit (83 Prozent). Außerdem leben
die meisten mit einem Partner oder einer Partnerin zusammen
und haben Kinder – Alleinstehende sind hier eher selten und
Alleinerziehende spielen ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle.
Um die schon mehrere Jahrzehnte andauernde Abwanderung
in die Stadtregion zu reduzieren, muss die Stadt deshalb nach
Ansicht der Arbeitnehmerkammer als attraktiver und familienfreundlicher Wohnstandort weiterentwickelt werden. ›Dazu gehört
auch, dass wir ein besseres Angebot schaffen, um Wohneigentum zu erwerben‹, betont Hauptgeschäftsführer Ingo Schierenbeck. Zumindest junge Familien sollten die Möglichkeit haben,
das eigene Heim auch im Land Bremen finanzieren zu können.
›Wir halten es durchaus für angemessen, dass Bremen hier auch
wieder finanzielle Anreize schafft‹, so Schierenbeck. Eine Stadt
brauche beides: sozialen Wohnungsbau, um für Menschen mit
wenig Geld entsprechende Mietwohnungsangebote vorzuhalten
und bezahlbaren Baugrund für den Hausbau junger Familien.
Anteil der Auspendler
am Wohnort in Prozent
Auto ist das meist genutzte Verkehrsmittel
Der überwiegende Anteil der Pendler nutzt ein Auto, um den
Arbeitsplatz zu erreichen. Dieser Anteil ist unter den ins Land Bremen Pendelnden mit 82 Prozent besonders stark ausgeprägt (Hamburg: 70 Prozent, Berlin: 64 Prozent). Dabei ist der Arbeitsweg
der Bremen-Pendler deutlich kürzer als der der Pendler nach Hamburg oder Berlin. Für mehr als die Hälfte der nach Bremen Pendelnden beträgt ein Weg weniger als 25 Kilometer.
Um die Städte verkehrlich zu entlasten und auch den Pendlern
echte Verkehrsalternativen zu bieten, sollten Bremen und Bremerhaven den öffentlichen Personennahverkehr weiter ausbauen.
›Dies ist bei den nur kurzen Arbeitswegen bis 25 Kilometer umso
sinnvoller‹, betont Kai-Ole Hausen, Referent für Wirtschafts- und
Infrastrukturpolitik. Nach dem gelungenen Ausbau der Straßenbahnlinie 4 müssten in Bremen weitere Straßenbahnverlängerungen ins niedersächsische Umland vorangetrieben werden –
Ähnliches gelte auch für den Bremerhavener Bus-Verkehr.
Die Arbeitnehmerkammer schlägt außerdem vor, das Angebot
des regionalen Bahnverkehrs, also der Regio-S-Bahn, deutlich zu
verbessern. Denn bislang entfallen beispielsweise nur elf Prozent
der Fahrten zwischen Bremen und Bremerhaven auf die Bahn.
Und auch im regionalen Verkehr ist der Marktanteil im Schienenpersonennahverkehr mit 16 Prozent eher gering.
Die Studie ›Das Pendlerverhalten im Land
Bremen‹ finden Sie zum Download auf
unserer Website www.arbeitnehmerkammer.de
unter Publikationen/Politikthemen
(Stadtentwicklung). Druckexemplare erhalten
Sie in unseren Geschäftsstellen.
51– 60
Bremerhaven
61–70
71– 80
Beverstedt
1.641
Loxstedt
2.965
885
Hagen
1.101
Elsfleth
247
Hambergen
1.594
Hatten
322
DATEN UND FAKTEN
Tarmstedt
994
Bremen
Lilienthal Grasberg
1.174
3.419
Berne
669
Ottersberg
1.284
Lemwerder
986
Hude
982
81 – 92
Schwanewede
Osterholz-Scharmbeck
Worpswede
4.275
5.057
1.086
Ritterhude
3.446
Gewerbegebiete erschließen und Betriebe einbeziehen
In Bremen müsste zudem das Bus- und Bahn-Angebot zu den
Gewerbegebieten verbessert werden. Die großen Gebiete wie
GVZ, Gewerbepark Hansalinie oder Industriehäfen sind deutlich
schlechter zu erreichen als die Innenstadt. ›Viele Beschäftigte
haben aufgrund von Wechselschichten oder anderen flexiblen
Arbeitszeitmodellen häufig gar keine andere Wahl, als das eigene
Auto zu nutzen‹, weiß Kai-Ole Hausen. Hier bessere Verbindungen
zu schaffen, ist auch ein Wunsch der Beschäftigten. So hat die
Betriebsrätebefragung der Arbeitnehmerkammer im Februar
dieses Jahres ergeben, dass sich Beschäftigte vor allem eine
Senkung der Fahrpreise, eine Ab-stimmung des Angebots auf die
Arbeitszeiten und pünktliche und umsteigefreie Verbindungen wünschen. ›Bei einem besseren Angebot wären durchaus mehr
Beschäftigte bereit, auf Bus oder Bahn umzusteigen‹, so Hausen.
(san)
19 –50
Schiffdorf
3.251
Ganderkesee
3.075
Sottrum
1.084
Bremen
Oyten
3.118
Delmenhorst
8.865
Achim
4.872
Stuhr
6.434
Weyhe
6.013
Dötlingen
252
Thedinghausen
1.851
Harpstedt
907
Syke
2.975
Bassum
1.414
Bruchhausen-Vilsen
734
Langwedel
1.579
Verden
1.165
Der Anteil der Einpendler in
der Stadt Bremen liegt bei
42,5 Prozent. Hier arbeiten
256.173 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, von
denen 146.910 gleichzeitig
auch in Bremen wohnen.
Die meisten Pendler der
Stadt Bremen kommen dabei
aus Niedersachsen (85 Prozent) mit den unmittelbar
angrenzenden Gemeinden
Schwanewede, OsterholzScharmbeck, Weyhe, Stuhr
sowie den Städten Achim
und Delmenhorst.
Bremerhaven
Quelle: Statistisches Landesamt Bremen; Bundesagentur für Arbeit. August 2015 (nach Revision der BA-Daten 8/2014)
Der Anteil der Einpendler in
der Stadt Bremerhaven
liegt bei 46,6 Prozent – hier
arbeiten 50.241 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, von denen 26.726
gleichzeitig auch in Bremerhaven wohnen. Die Einpendler
stammen zu 86 Prozent
(20.173) aus Niedersachsen
– vor allem aus dem umliegenden Landkreis Cuxhaven
mit seinen Gemeinden.
12 // Aus der Arbeitnehmerkammer: Geschichte der Arbeitnehmerkammer
Aus dem Mitteilungsblatt der Angestelltenkammer von 1951. Daneben Ausgabe
aus dem Jahr 1961, auf dem Titel:
das Gebäude der Angestelltenkammer
ab 1925, Am Wall 187/188 (1944 zerstört).
Aus der Arbeitnehmerkammer: Sommerempfänge 2015 // 13
Monika Heinold
Finanzministerin Schleswig-Holstein
Oskar Schulze spricht auf der 1. MaiKundgebung 1946. Rechts das Gebäude,
in dem die Angestelltenkammer saß
(Am Dom 6, Foto von 1952).
Monika Heinold im Interview
›Wir ziehen an
einem Strang‹
Alle Fotos: Staatsarchiv Bremen
BAM: Schleswig-Holstein ist
nicht so drastisch verschuldet
wie das Land Bremen – dennoch ziehen Sie bei den Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich an einem Strang.
Wo sind die gemeinsamen
Interessen?
Monika Heinold: Beide Länder sind als Konsolidierungsländer verpflichtet und Willens,
die Schuldenbremse einzuhalten. Um zukünftig ausgeglichene Haushalte zu ermöglichen,
werden wir aufgrund der hohen
Schuldenlast von den restlichen
Bundesländern unterstützt.
Bremen und Schleswig-Holstein
ziehen bei der Reform der
Bund-Länder-Finanzbeziehungen
an einem Strang, weil beide
Bundesländer wenig Geld und
hohe Schulden haben und dennoch in Bildung und Infrastruktur investieren wollen.
BAM: Bis vor einiger Zeit
haben Hamburg und Bremen
die Beibehaltung des Soli
gefordert, um Schulden in den
Ländern abtragen zu können.
Diese Idee ist politisch nicht
durchsetzbar gewesen. Sie fordern dennoch die Beibehaltung
des Soli – warum?
Heinold: Weil es gelebte Solidarität wäre, den Soli zu erhalten und die Mittel, die wir nicht
mehr für die neuen Bundesländer brauchen, für die Versorgung und Integration der
Flüchtlinge zu nutzen. Da höhere Einkommen mehr Solidaritätszuschlag als mittlere
Einkommen zahlen und kleinere
Einkommen von der Zahlung
befreit sind, wäre diese
Lösung auch gerecht.
BAM: Sie haben auch für die
Wiederbelebung der Vermögenssteuer plädiert. Was
spricht für diese Steuer und
was versprechen Sie sich
davon?
Heinold: Einer aktuellen
Studie des Weltwirtschaftsforums zur Folge besitzen die
reichsten fünf Prozent der
Bevölkerung in Deutschland
mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens. Wir haben also
ein massives Gerechtigkeitsproblem. Zudem haben wir zu
wenig Geld für Kitas, Schulen
und Hochschulen. Deshalb
bin ich dafür, neue Wege der
Umverteilung zu gehen. Dafür
kann es auch andere Instrumente als eine Vermögenssteuer geben.
Fragen: san
Bremerhaven
v.l.n.r.: Melf Grantz (Oberbürgermeister Bremerhaven),
Ingo Schierenbeck (Hauptgeschäftsführer
Arbeitnehmerkammer Bremen),
Karl-Josef Laumann (Bundesvorsitzender der CDA)
Geschichte der Arbeitnehmerkammer
Wiederaufbau nach 1945
1921 wurden mit der Arbeiter- und Angestelltenkammer die
Vorläufer der heutigen Arbeitnehmerkammer gegründet.
Auf dem Weg zum 100-jährigen Jubiläum werden wir in loser
Folge einen Blick auf wichtige Ereignisse in der KammerGeschichte werfen. Vor 70 Jahren, im Juni 1945, setzte der
spätere Bürgermeister Wilhelm Kaisen im Bremer Senat die
Wiedereinrichtung der Kammern für Arbeiter und Angestellte
durch.
1933 hatten die Nationalsozialisten zunächst die Funktionäre
beider Kammern aus ihren Ämtern gedrängt (und einige vorübergehend inhaftiert). Aufgaben der Kammern, beispielsweise
die Rechtsberatung, übernahm die Deutsche Arbeitsfront. 1936
wurden die Kammern gänzlich aufgelöst.
Den Wiederaufbau der Kammern nach dem Krieg übernahmen
federführend Gewerkschaftsvertreter, die auch bereits vor 1933
die Bremer Gewerkschaftsarbeit prägten. Albert Götze, letzter
frei gewählter Arbeiterkammervorsitzender, und Oskar Schulze,
früherer Syndikus (Bild links), wurden nach dem Krieg vom Senat
wieder in ihre Ämter eingesetzt. Bei der Angestelltenkammer
bestand der Vorstand aus Willy Hundt, Ludwig Klatte und Albert
Reppenhagen. Ende August waren beide Kammern wieder arbeitsfähig. Erst galt noch das Kammergesetz von 1921, welches
1956 ersetzt wurde.
Aufgrund der schwierigen materiellen Lage konnten die Kammern ihren Kernaufgaben, wie dem Gutachtenwesen und der
Beratung, anfangs nur eingeschränkt nachkommen. Dafür ging
von ihnen entscheidende gewerkschaftliche Aufbauarbeit aus.
Ihr erstes Büro richtete die Arbeiterkammer in einem Kellerraum in der Ostertorswallstraße ein. Die Angestelltenkammer zog
zunächst in das Lloydgebäude in der Papenstraße. Später mietete sie für mehrere Jahre ein Büro in direkter Nachbarschaft zum
Dom (Bild rechts), wo heute ein amerikanisches Schnellrestaurant
Hamburger verkauft.
(hei)
Sommerempfänge 2015
Vernetzen, austauschen, Kontakte
pflegen – unter diesem Motto standen auch in diesem Jahr die beiden
Sommerempfänge der Arbeitnehmerkammer in Bremen und Bremer-
haven. In Bremerhaven sprach vor
gut 160 Gästen der CDA-Vorsitzende
Karl-Josef Laumann über Arbeit und
Ausbildung. In Bremen war Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold von den Grünen zu Gast.
Vor rund 250 Zuhörern betonte sie
im Universum, vor welchen finanzpolitischen Herausforderungen die
Länder stehen und begründete noch
mal ihre Position zur Beibehaltung
des Soli (siehe Interview).
Bremens Bürgermeister
Carsten Sieling im Gespräch mit
Rudolf Hickel
Bremen
14 // Aus der Arbeitnehmerkammer: Vier Branchen im Wandel
Fotolia – elaxed.com
// 15
Einzelhandel, Logistik, Windenergieindustrie, Informationstechnik (IT)
Vier Branchen im Wandel
Ob in der Pflege, der IT, im Hafen oder der Touristik – fast
80 Prozent der Beschäftigten sind im Dienstleistungsbereich tätig. Die Gründe sind vielfältig. Neben politischen
Rahmenbedingungen spielt der digitale Wandel eine
wesentliche Rolle. Das Internet erleichtert die Kommunikation und die globale Wirtschaft rückt zusammen. Zudem
hat der technische Fortschritt einerseits ganze Berufe
verdrängt, andererseits neue geschaffen. In der Folge sind
mehr Minijobs, Teilzeit- oder auch Leiharbeit entstanden.
Die Studie ›Strukturwandel in Bremen – Befunde und
Herausforderungen‹ analysiert diese neue Arbeitswelt am
Beispiel von vier Branchen.
Einzelhandel
Te il ze it,
e hälte r,
n ie dr ige G
z
K o n k u r re n
du rch
n de l
O n li ne-H a
Der Einzelhandel im Land Bremen wächst.
Die Verkaufsflächen haben sich mit den
Einkaufszentren Waterfront und Mediterraneo vergrößert. Hinzu kommen verlängerte Öffnungszeiten. Im Zuge dieser Entwicklung sind zwischen 2007 und 2014 fast 2.000 neue Arbeitsplätze
entstanden.
Was gut klingt, hat eine Kehrseite. Denn der Einzelhandel ist
stark vom Einkommen abhängig. ›Aufgrund steigender Mieten und
Energiekosten bleibt weniger Geld für den Konsum übrig‹, sagt
Marion Salot, Referentin für Wirtschaftspolitik. Zudem wachse der
Druck durch den Online-Handel, der mittlerweile bundesweit neun
Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht. Bei Textilien und Schuhen liegt der Wert bei 20 Prozent. Damit wird jedes fünfte T-Shirt
im Internet gekauft.
Die Gefahr: Der unter Druck geratene Handel spart am Personal.
›Minijobs, Teilzeit und Werkverträge verdrängen existenzsichernde Arbeitsplätze‹, sagt Salot. Außerdem zahle die Branche
schlecht. Das Einstiegsgehalt einer Verkäuferin liegt in den tarifgebundenen Betrieben bei einer Vollzeitstelle knapp über 1.500
Euro brutto. Nur noch jede vierte Frau im Einzelhandel könne
von ihrem Verdienst leben.
Vo ll ze i t
,
I n ve s t i
t io ne n,
u n s ich e
re
Zu k u n f
t
Logistik
Vom Lagerarbeiter bis zum Speditionskaufmann – die Logistikbranche vereint die
unterschiedlichsten Dienstleistungsberufe.
In Bremen hat die Logistik nicht zuletzt
aufgrund der Häfen massiv vom weltweiten
Handel profitiert. Mittlerweile sind 15,6 Prozent der gesamten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
in diesem Bereich in Bremerhaven tätig. In der Stadt Bremen
ist es immerhin jeder Zehnte. Allein im Hafenumschlag arbeiten
derzeit über 5.700 Menschen.
›Vor allem der Container- und der Automobilumschlag verzeichnen enorme Wachstumsraten‹, sagt Marion Salot. In den
vergangenen zehn Jahren hat sich der Containerumschlag in
Bremerhaven fast verdoppelt. Zudem wurden 2014 etwa 2,3
Millionen Autos umgeschlagen – der europaweit beste Wert.
Die Gefahr: Experten gehen davon aus, dass die großen
Wachstumssprünge vorbei sind. Schon jetzt verzeichnet der
JadeWeserPort in Wilhelmshaven Überkapazitäten – und der
Kostendruck wächst weiter. Rotterdam und Hamburg setzen vermehrt auf automatisierte Terminals. Nach Aussagen der Gewerkschaften ist dadurch die Hälfte der Arbeitsplätze in Gefahr.
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K r is e n lu ng ,
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St a n d l l t
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Windenergieindustrie
In kaum einem anderen Bundesland hatte
die Offshore-Branche in den vergangenen
Jahren eine größere Bedeutung in Bezug auf die Arbeitsplatzentwicklung als in Bremen. Zwischen 2011 und 2013 hat
sich die Zahl der Beschäftigten in der Windenergiebranche in
Bremen um knapp 60 Prozent erhöht. Zu Hochzeiten waren fast
4.000 Beschäftigte alleine in Bremerhaven in dieser Branche
angestellt. Dabei decken die im Unterweserraum angesiedelten
Windenergieunternehmen beinahe die gesamte industrielle Wertschöpfungskette ab: Ein Standortvorteil, der Bremen und Bremerhaven gute Marktchancen eröffnet.
Ende 2011 kam es jedoch durch Verzögerungen bei den Netzanschlüssen zu erheblichen Projektverschiebungen. Investitionen
in neue Windparks blieben aus oder wurden auf Eis gelegt und
bereits vorgesehene Aufträge wurden zurückgezogen. Personalabbau, Kurzarbeit und Insolvenzen einzelner Produktionsbetriebe waren die Folge.
Die Gefahr: Die junge Branche könnte stagnieren. Viele Produktionsbetriebe klagen über fehlende Aufträge und das Knowhow der Mitarbeiter könnte verloren gehen. ›Es gilt nun, die
Phase der Unterauslastung in den Betrieben zu überwinden und
weitere Arbeitsplatzverluste zu vermeiden, damit die Industrie bei
einer steigenden Auftragslage über die erforderlichen Fachkräfte
verfügt‹, sagt Thorsten Ludwig von der Agentur für Strukturund Personalentwicklung (AgS), einer der Autoren der Studie.
Informationstechnik (IT)
,
Wach s t um
Vo ll ze it,
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O u t s o u rc in
um gut 18 Prozent auf 496 Millionen Euro gewachsen. In Bremen
ist die Beschäftigung in nur sechs Jahren sogar um gut 30 Prozent gestiegen. 6.000 Menschen sind allein bei einem IT-Dienstleister angestellt.
›Dabei steht Bremen im Vergleich zu anderen Großstädten mit
besserem Anschluss zu Hardware-Unternehmen oder einer florierenden Start-up-Szene sogar eher schlecht dar‹, sagt Steffen
Gabriel, Referent für Wirtschaftspolitik. Potenzial hat die IT-Branche dennoch. Die Chancen liegen vor allem in der Software und
der Robotik, wie sie bei Mercedes oder im Hafen verstärkt zum
Einsatz kommt. ›Wo Maschinen und Computersysteme Manpower
ersetzen, wird technische Unterstützung benötigt‹, so Steffen
Gabriel. Die Verdienstmöglichkeiten sind ausgezeichnet. Knapp
4.900 Euro im Monat, inklusive Sonderzahlungen, bekommt ein
IT-Mitarbeiter für seine Arbeit im Schnitt.
Risiken: IT-Dienstleister sind meist kleinere Betriebe mit 20
bis 49 Beschäftigten. Interessenvertretungen gibt es selten.
Weil Maschinen häufig 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der
Woche laufen, stehen viele IT-Dienstleister rund um die Uhr zur
Verfügung. Überstunden sind die Regel. Eine weitere Gefahr
wäre, dass es in der wissensintensiven IT-Branche zu einem Fachkräftemangel kommt, wenn Ausbildungsprogramme nicht ausreichend gefördert werden.
(lor)
Die IT-Branche ist explodiert. Komplexe Telefonanlagen, Internetzugänge und Software
sind mittlerweile Unternehmensstandard –
ganz gleich ob in der Industrie, Touristik,
Gesundheit oder im öffentlichen Dienst. Der
Gesamtumsatz ist zwischen 2008 und 2012
Herausforderung für die Politik
Der Blick auf die Branchen zeigt, wie stark Arbeitsplätze von
äußeren Faktoren abhängen. Und diese verändern sich heutzutage rasant. Um schlechte Gehälter, Überstunden und unsichere
Arbeitsplätze zu vermeiden, sollte die Politik sich folgenden
Herausforderungen stellen:
1. Branchen vernetzen
Nur wer seine Branche gut kennt und sich mit anderen vernetzt,
kann gute Arbeit sicherstellen. Damit sind unbefristete Arbeitsverhältnisse mit angemessener Bezahlung gemeint. In Nordrhein-Westfalen wurden seitens der Landesregierung bereits entsprechende Branchendialoge ins Leben gerufen.
2. Einen Masterplan Dienstleistungen entwickeln
Viele Branchen – wie Hafen, Logistik oder Automobil – profitieren von gezielter Wirtschaftsförderung. Für wichtige Schlüsselbranchen der Dienstleister (Gesundheit oder Touristik) gibt es
derartige Förderungen noch nicht.
3. Bildung stärken
Vor allem wissensintensive Dienstleistungen werden gut bezahlt.
Entsprechend ist Wissen das wesentliche Instrument, um außerhalb der Industrie gute Arbeit zu sichern. Hier sollte Bremen
sein Netz an Universitäten, Hochschulen und Forschungsinstituten fördern, um Forschung und Entwicklung zu stärken.
Die Publikation ›Strukturwandel
in Bremen‹ finden Sie zum
Download auf unserer Website
www.arbeitnehmerkammer.de
unter Publikationen/Politikthemen
(›Arbeit und Soziales‹).
Druckexemplare erhalten Sie in
unseren Geschäftsstellen.
Strukturwandel
in Bremen
Befunde und Herausforderun
gen
w w w. a r b e i t n e h m e r
Arbeitnehmerkammer
Bremen
k a m m e r. d e
16 // Gesundheit
Foto: fotolia / Adam Gregor
Medientipps und Reihe ›Rechtsirrtümer‹ // 17
Service > Gesundheit
Infos zum Antrag
Reha statt Rente
Medientipps
Für KammerCard-Inhaber ist
die BibCard ermäßigt!
K a h n w e i l e r, J e n n i f e r B . n
Die Stärken der Stillen
Selbstvertrauen und
Überzeugungskraft für
introvertierte Menschen
Junfermann, 2015, 158 Seiten
Rücken- und Kopfschmerzen verschwinden nicht mehr?
Der Körper fühlt sich schlapp und ausgelaugt an? Sie sind
chronisch krank und fragen sich, wie Sie Ihre Arbeit noch
schaffen sollen? Dann ist es Zeit für eine medizinische
Rehabilitation!
Pro Jahr beantragen etwa eine Million Menschen eine Reha. Fast
die Hälfte aller Maßnahmen wird von den Rentenversicherungen
übernommen. Denn nach dem Gesetz soll eine Reha die ›Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit‹ beseitigen oder das vorzeitige
Ausscheiden aus dem Job verhindern.
Insgesamt dauert eine medizinische Reha meist drei Wochen.
Ziel ist es, Gesundheitsprobleme zu beseitigen, abzumildern oder
neue Fertigkeiten zu lernen. Sie kann sowohl stationär in einer
Einrichtung als auch ambulant zu Hause durchgeführt werden.
Der Anspruch
Einen Anspruch auf Rehabilitation durch die Rentenversicherungsträger haben in der Regel nur Erwerbstätige. Doch auch Auszubildende oder wer mindestens fünf Jahre Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt hat und droht erwerbsunfähig zu werden,
bekommt gegebenenfalls eine Reha bewilligt.
Bei Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten oder auch im Rentenalter sind andere Träger wie Unfall- oder Krankenversicherung
zuständig. Im Zweifel müssen dies aber die Träger untereinander
für Sie klären! Zusätzlich können Sie sich bei der Arbeitnehmerkammer oder bei Servicestellen beraten lassen (www.rehaservicestellen-nds.de).
Der Antrag
Zunächst muss Ihnen Ihr Arzt ein Attest ausstellen, das die medizinische Notwendigkeit einer Reha bestätigt. Davon hängt ab,
in welchem Umfang Reha-Kosten übernommen werden. Das
Attest reichen Sie gemeinsam mit einem Antrag beim zuständigen Träger ein.
Der Bescheid
In den darauffolgenden Wochen wird Ihr Antrag geprüft. Danach
teilt Ihnen der Träger Dauer, Ort und Klinik der Rehabilitation mit.
Er entscheidet auch, ob Ihren Wünschen nach Kurort und Zeit-
punkt nachgekommen wird. Wird Ihr Bescheid abgelehnt, können
Sie innerhalb eines Monats nach der Mitteilung schriftlich
(nicht per E-Mail!) Widerspruch einlegen.
Die Kosten
Bei einer stationären Reha werden fast alle Kosten von der Rentenversicherung übernommen. Dazu gehören neben der Behandlung auch Krankengymnastik, Packungen, Prothesen oder Rollstühle. Auch Gelder für Unterkunft, Verpflegung und Reise werden
meist bewilligt. Allerdings müssen Sie sich zwei Wochen lang mit
etwa zehn Euro pro Tag beteiligen. Auch bei ambulanter Reha
übernimmt die Rentenversicherung die Kosten komplett.
Ist jedoch die Krankenversicherung zuständiger Träger, wird
es oft teurer. Grundsätzlich gilt: Die Leistungen von Kranken- und
Rentenversicherungen sind in der Regel unterschiedlich. Klären
Sie daher im Vorfeld, welche finanziellen Belastungen auf Sie
zukommen.
Von Zuzahlungen ausgenommen sind die Maßnahmen der
Berufsgenossenschaften und auch für Auszubildende und Studierende gelten Sonderregelungen.
Gehalt und Urlaub
Ihr Lohn wird während der Reha bis zu sechs Wochen weiter
gezahlt, sofern Ihr Anspruch nicht durch eine frühere Arbeitsunfähigkeit gesunken ist. Ist der Anspruch aufgebraucht, greift das
Krankengeld der Krankenkasse (70 Prozent des Brutto-Einkommens). Zusätzlich können Sie Übergangsgeld beantragen, das
Sie während der Reha finanziell entlastet.
Der Arbeitgeber muss im Anschluss an die Reha Urlaub
gewähren. Ihr Urlaubsanspruch bleibt während der Rehabilitation
bestehen.
(lor)
Die Autorin ist Beraterin für Unternehmen, die eine effektive Zusammenarbeit zwischen intro- und extrovertierten Beschäftigten fördern wollen. Sie rät Introvertierten,
sich nicht länger wie Extrovertierte zu verhalten, sondern
sich auf ihre (stillen) Stärken zu konzentrieren. Diese liegen
etwa in der Vorbereitung, im engagierten Zuhören und in
fokussierten Gesprächen sowie im Schreiben und dem
überlegten Verwenden von sozialen Medien. Im Buch werden die Qualitäten von Introvertierten detailliert und mit
zahlreichen Beispielen dargestellt. Es wird aufgezeigt, wie
Beschäftigte diese für ihre Arbeit und ihr Weiterkommen
im Unternehmen nutzen können.
Hanisch, Horst n
Haufe-Lexware, 2015, 125 Seiten
Mit Hilfe von höflichen Umgangsformen
im Geschäftsleben und im Berufsalltag
souverän und freundlich auftreten zu
können, ist sehr wichtig. Dieser handliche Ratgeber ist ein Buch für Eilige, die
keine umfangreichen Werke zum Thema
lesen wollen. Im Taschenformat werden kurz und knackig
die wichtigsten Benimmregeln im Geschäftsleben erklärt:
Wer begrüßt wen und wann? Wer bezahlt im Restaurant?
Und wie gelingt es, sich mit dem unbekannten Tischnachbarn zu unterhalten? Die Ratschläge sind lebenspraktisch
und gut zu merken.
Diese Medien können Sie in Ihrer Stadtbibliothek ausleihen.
❙ Die Infoblätter aus der Reihe ›gesundheit!‹ liegen in Geschäftsstellen
der Arbeitnehmerkammer in Bremen, Bremen-Nord und Bremerhaven
kostenfrei aus. Download unter: www.arbeitnehmerkammer.de/
publikationen (Infoblätter ›gesundheit!‹)
❙ Die Arbeitnehmerkammer Bremen berät ihre Mitglieder kostenfrei in
Rechtsfragen zu ihrem Arbeitsverhältnis. Kontakt: 0421·36301-11
(Bremen) und 0471·92235-11 (Bremerhaven). Weitere Infos unter
www.arbeitnehmerkammer.de/beratung.
-Reihe ›Rechtsirrtümer‹
Knigge für Beruf und Karriere
9 x in Bremen:
Zentralbibliothek Am Wall • Huchting • Lesum • Osterholz
Vahr • Vegesack • West • Busbibliothek • Hemelingen
w w w . s t a d t b i b l i o t h e k - b r e m e n . d e
›Wenn ich ein parkendes Auto anfahre,
kann ich nach drei Minuten gehen,
wenn ich meine Adresse hinterlasse‹
Das stimmt nicht.
Das Hinterlassen eines Zettels mit Ihrer Adresse reicht nicht
aus. Vielmehr müssen Sie ›angemessen‹ lang auf den Fahrer warten (im städtischen Verkehr mindestens 30 Minuten). Erst danach
können Sie ihn auch suchen – müssen das aber nicht –, etwa
wenn der Unfall auf einem Parkplatz vor einem Geschäft geschehen ist. Wichtig ist aber, dass Sie den Unfall umgehend bei der
Polizei melden.
Denn wenn Sie nicht lange genug warten und sich vom Unfallort entfernen, begehen Sie keine Ordnungswidrigkeit, sondern
eine Straftat: Unfallflucht. Und darauf können bis zu drei Jahre
Gefängnis stehen, außerdem Fahrverbot und Entzug der Fahrerlaubnis, wenn ein ›bedeutender‹ Fremdschaden (ab 1.300 Euro)
entstanden ist. Hinzu kommt, dass Sie den Versicherungsschutz
riskieren und so für den Schaden möglicherweise selbst aufkommen müssen.
(mol)
18 // Aus der Beratung
Alles, was Recht ist // 19
Barbara Sichting-Busch
Recht > Beratung
Service > Recht
Scheinselbstständigkeit
im Krankenhaus
Aus der Beratung
Werkvertrag
contra
Arbeitsvertrag
Eine OP-Krankenschwester ist keine freie Mitarbeiterin, sondern
es ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese abhängig
beschäftigt ist, entschied das Hessische Landessozialgericht*.
Im vorliegenden Fall scheiterte die Statusfeststellungsklage
einer Krankenschwester im Operationsdienst. Sie war zunächst
viele Jahre als angestellte Krankenschwester tätig. 2008 machte
sie sich selbstständig und schloss einen Dienstleistungsvertrag
mit der Klinik.
Das Gericht schloss eine weisungsfreie Tätigkeit als OP-Krankenschwester weitgehend aus, denn diese müsse die Vorgaben
des Arztes umsetzen. Außerdem sei sie durch Einsatzpläne in
den Betrieb eingegliedert. Es liege somit eine abhängige und
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor. Die Klinik muss
für die Krankenschwester rückwirkend die Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen.
*Urteil vom 12.05.2015 – L 8 KR 84/13
Frau Matthis* arbeitet in ihrer Hauptbeschäftigung als
Sozialarbeiterin. Bei einem großen sozialen Verein hat sie
zusätzlich – und das seit 15 Jahren – einen Minijob als
Büroassistentin. Jetzt will dieser Arbeitgeber ihren Minijob
in einen Werkvertrag umwandeln. Frau Matthis kam in
meine Beratung, weil sie wissen wollte, welche Vor- und
Nachteile solch ein Wechsel für sie hätte.
Bei einem Minijob wird eine Beschäftigung mit maximal 450 Euro
bezahlt. Als Arbeitnehmerin mit Minijob genießt Frau Matthis also
alle Arbeitnehmerrechte wie Kündigungsschutz, längere Kündigungsfristen, Mutterschutz und Eltern- und Pflegezeit. Außerdem
gilt für sie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und für ausgefallene Arbeit an Feiertagen und sie hat Anspruch auf bezahlten
Urlaub. Nun will sich ihr Arbeitgeber vom Arbeitsvertrag lösen
und bietet ihr einen Werkvertrag an.
Ein Werkvertrag bedeutet Selbstständigkeit. Ein Werkvertragsnehmer gehört (im Gegensatz zum Arbeitnehmer) nicht zum
Betrieb. Selbstständige bekommen ihr Geld nur für tatsächlich
erzielte Ergebnisse und sind selbst verantwortlich für Steuern,
Kranken-, gegebenenfalls Renten-, Pflege-, Unfall- und Berufshaftpflichtversicherung. Sie haben keinen Anspruch etwa auf Urlaubsentgelt, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Kündigungsschutz.
Erledigt ein Selbstständiger allerdings in Wirklichkeit die Aufgaben eines Arbeitnehmers und ist weisungsabhängig beschäftigt,
dann kann ihm von der Rentenversicherung spätestens im
Rahmen von regelmäßig stattfindenden Überprüfungen der Status
eines Selbstständigen abgesprochen und der Arbeitnehmerstatus
auch rückwirkend festgestellt werden.
Das hessische Landesarbeitsgericht etwa hat schon 1998 entschieden**, dass die Tätigkeit der Bürogehilfin in der Stellung
einer Selbstständigen im Rahmen eines Werkvertrags nicht denk-
Barbara Sichting-Busch n Rechtsberaterin in Bremen
bar ist, weil diese nach den inhaltlichen Vorgaben ihres Arbeitgebers ihre Arbeit auszurichten habe. Das heißt, die typische Tätigkeit einer Büroassistentin ist eine abhängige Beschäftigung, die
weisungsgebunden und eingegliedert in den Betrieb ausgeübt
wird und nur im Rahmen eines Arbeitsvertrags ausgeübt werden
kann.
Ich habe Frau Matthis geraten, den ihr vorgeschlagenen Werkvertrag nicht zu unterschreiben und ihren Minijobarbeitgeber
darauf hinzuweisen, dass er bei einer entsprechenden Überprüfung durch den Rentenversicherungsträger Sozialversicherungsbeiträge – gegebenenfalls rückwirkend – nachzuzahlen hat,
wenn er die Position der Büroassistentin als Werkvertrag vergibt.
*Name von der Redaktion geändert
**Urteil vom 27.10.1998 – 9 Sa 1068/98
Barbara Sichting-Busch n Rechtsberaterin in Bremen
❙ Arbeitsrechtsberatung:
Bei Fragen zum Arbeitsrecht können Sie sich als Mitglied
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Kontakt: Telefon 0421·36301-11 (Bremen) /
0471·92235-11 (Bremerhaven)
www.arbeitnehmerkammer.de/beratung/arbeitsrecht
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zum Thema bietet unser Faltblatt ›Minijobs‹. Mitglieder
erhalten es kostenlos in unseren Geschäftsstellen
oder online unter www.arbeitnehmerkammer.de/
publikationen (Rechtstipps und Faltblätter).
Service > Steuer
§
Steuervergünstigungen
beim Ehrenamt
Service > Recht
Überteuerte Kontoauszüge
unzulässig
§
Zur Förderung des Ehrenamts bei gemeinnützigen Organisationen
gibt es einige steuerliche Vergünstigungen.
Wer nebenberuflich als Übungsleiter, Ausbilder oder Erzieher
im Sportverein oder bei der Volkshochschule arbeitet, dessen
Verdienst bleibt bis zum Höchstbetrag von 2.400 Euro steuerfrei
(Übungsleiterpauschale).
Wer sich nebenberuflich als Vorstandsmitglied, Platzwart oder
Amateurschiedsrichter engagiert, dessen Verdienst bleibt bis zum
Höchstbetrag von 720 Euro pro Jahr steuerfrei (Ehrenamtspauschale).
Zusätzlich zu diesen Pauschalen ist auch die steuerfreie
Erstattung von Reisekosten (Fahrtkosten, Übernachtungskosten)
im Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Tätigkeit möglich.
Spenden können nach wie vor als Sonderausgabe abgezogen
werden.
Miriam Bräunlich n Beraterin Steuerrecht in Bremen
Das Problem: Ein älterer Kontoauszug, den man etwa für die
Steuererklärung dringend braucht, ist unauffindbar. Der Gang zur
Bank führt dann häufig zu Überraschungen: Hat die Bank ihrem
Kunden Kontoauszüge bereits einmal zur Verfügung gestellt, darf
sie für nachträglich erstellte Auszüge Kosten berechnen. Diese
fallen je nach Kreditinstitut unterschiedlich hoch aus, die Commerzbank verlangte sogar 15 Euro pro Auszug.
Die Verbraucherzentrale hatte die Kunden der Commerzbank
durch diese Preisgestaltung unangemessen benachteiligt gesehen
und auf Unterlassung geklagt. Der Bundesgerichtshof*stellte dann
klar: Eine Bank darf keine 15 Euro für die Nacherstellung von
Kontoauszügen verlangen. Die Preise für die Nacherstellung müssen den tatsächlich entstehenden Kosten der Bank entsprechen.
Die Commerzbank berechnet nunmehr für Kontoauszüge, die
nicht älter als 13 Monate sind, nur noch drei Euro.
*Urteil vom 17.12.2013 – XI ZR 66/132
Vera Bächle-Dorrong n Rechtsberaterin in Bremen
Arbeitnehmerkammer Bremen / Bürgerstraße 1 / 28 195 Bremen /
// Veranstaltungen
Postvertriebsstück, DPAG, Entgelt bezahlt
Programm
Kontakt:
Telefon 0421·36301-0 / Fax 0421·36301-89
[email protected]
Weitere Infos zu den Veranstaltungen unter:
www.arbeitnehmerkammer.de/veranstaltungen
Arbeit und Politik
30 S e p t e m b e r
Lehren aus der Eurokrise –
von der Währungszur politischen Union
Mit Rudolf Hickel.
19 Uhr | Arbeitnehmerkammer
Bremen, Bürgerstraße 1,
28195 Bremen
05
Oktober
Kindertagesbetreuung
zwischen Qualitätsanspruch
und Bildungsversprechen
16 Uhr | Arbeitnehmerkammer
Bremen, Bürgerstraße 1, 28195
Bremen
06
Oktober
Kind da – Job weg?
Infos für (werdende) Eltern
18 Uhr | Arbeitnehmerkammer,
Geschäftsstelle Bremen-Nord,
Lindenstraße 8, 28755 Bremen
06
Oktober
Du bleibst, was du bist
Warum bei uns immer noch die
soziale Herkunft entscheidet.
18 Uhr | Arbeitnehmerkammer,
Bürgerstraße 1, 28195 Bremen
07
Oktober
Du bleibst, was du bist
Warum bei uns immer noch die
soziale Herkunft entscheidet.
18 Uhr | Forum der
Geschäftsstelle Bremerhaven,
Barkhausenstraße 16,
27568 Bremerhaven
Kultur
15
Oktober
05.0ktober bis 30. Dez.
Business as usual – wo bleibt
die Kritik im Angesicht
der Finanzkrise?
19.30 Uhr | Arbeitnehmer-
25
0ktober
Ausstellung: Ewige Augenblicke – Daguerreotypien
Der französischen Maler Daguerre
entwickelte zwischen 1835
kammer Bremen, Bürgerstraße 1, und 1839 ein besonderes fotografisches Verfahren. Wir zeigen
28195 Bremen
großformatige Reproduktionen
Meereslandschaften –
der Helgoländer Fotograf
Franz Schensky (1871–1957)
Ausstellungseröffnung und
Lesung. Schauspieler Thomas
Sarbacher liest aus ›Moby Dick‹.
Anmeldung für die Lesung unter
04
aus der Sammlung der Library
of Congress. | Galerie im Foyer,
Telefon 0471·922350.
18 Uhr | Galerie am Neuen Hafen,
Arbeitnehmerkammer,
Bürgerstraße 1, 28195 Bremen
| Öffnungszeiten: Mo bis Do
8–18.30 Uhr, Fr 8–13 Uhr
Geschäftsstelle Bremerhaven,
Barkhausenstraße 16,
27568 Bremerhaven
November
Gleichstellung im Betrieb –
Frauen in Männerberufe
Veranstaltung für Personalverantwortliche, betrieblichen Interessenvertretungen und gleichstellungspolitisch Interessierte.
14 Uhr | Arbeitnehmerkammer
Bremen, Bürgerstraße 1,
28195 Bremen
10
0ktober
Mir lebn ejbig – wir leben
dennoch: ein ungarischer
Heimatabend
11 N o v e m b e r
mit Ivan G. Josefovics –
20-40-60
Komponist und Musiker.
Frauengenerationen im Gespräch. 20 Uhr | Arbeitnehmerkammer
18 Uhr | Forum der GeschäftsBremen, Bürgerstraße 1,
stelle Bremerhaven, Barkhausen- 28195 Bremen
straße 16, 27568 Bremerhaven
09
12
26.0ktober bis 30. Dez.
Ausstellung
| Öffnungszeiten: Mo, Mi
8–18.30 Uhr, Di, Do 8–16.30
Uhr, Fr 8–13 Uhr
CAPITOL BREMERHAVEN
26
September
Henning Venske –
›Es war mir ein Vergnügen!‹
20 Uhr | Capitol, Hafenstraße
156, 27576 Bremerhaven
November
Musik & Projektionen:
02 O k t o b e r
Psychische Belastungen
Haase in Berlin
Bernd Lafrenz – ›Die lustigen
vermindern
Analoge Schwarz-Weiß-FotograWeiber von Windsor!‹
Handlungsmöglichkeiten für
fien von Fritz Haase und
20 Uhr | Capitol, Hafenstraße
betriebliche Interessenvertretungen. Musik von Jazz Smellssation.
156, 27576 Bremerhaven
13 Uhr | Forum der Geschäfts19.30 Uhr | Arbeitnehmerstelle Bremerhaven, Barkhausen- kammer Bremen, Bürgerstraße 1, 09 O k t o b e r
straße 16, 27568 Bremerhaven
28195 Bremen
Lisa Fitz – ›Weltmeisterinnen
– gewonnen wird im Kopf‹
19 N o v e m b e r
14 N o v e m b e r
20 Uhr | Stadttheater Bremer2. Bremer Armutskonferenz:
›Liebe, Liebe, meine Liebe‹ –
haven, Linzer Straße 1–5,
Alle Jugendlichen befähigen
ein rumänisch-bulgarischer
27568 Bremerhaven
Neue Chancen und bessere
Heimatabend
Teilhabe für alle.
Mit dem Frauen- und Lesbenchor 15 O k t o b e r
9 Uhr | Gesamtschule Ost (GSO),
De Colores und dem rumäniKai Magnus Sting – ›Immer
Walliser Straße 125, 28325 Bremen schen Trio Varoco.
ist was, weil sonst wär ja nix‹
20 Uhr | Arbeitnehmerkammer
20 Uhr | Capitol, Hafenstraße
Bremen, Bürgerstraße 1,
156, 27576 Bremerhaven
28195 Bremen
7. bis 28. November
November
S AT I R I C A 2 0 1 5
Infos zum Satirefestival unter:
www.arbeitnehmerkammer.de/
satirica

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