Zürich, 26. Oktober 2015 Pressemitteilung 47. Fortbildungskurs S

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Zürich, 26. Oktober 2015 Pressemitteilung 47. Fortbildungskurs S
Zürich, 26. Oktober 2015
Pressemitteilung
47. Fortbildungskurs S-WIN, Weinfelden, 20./21. Oktober 2015
Moderner Massivbau mit Brettsperrholz
Erst seit 15 Jahren auf dem Markt und bereits ein Star im Rampenlicht der Holzbauszene:
das Brettsperrholz. Von Beginn weg hat sich dieser besonders leistungsfähige
Holzwerkstoff für tragende, flächenförmige Bauteile bewährt und so stetig Märkte erobert.
Brettsperrholz eröffnet neue Möglichkeiten für den Holzbau, für grossformatige und
massive Tragelemente. Damit lassen sich Bauwerke aus Holz konzipieren und
konstruieren die vordem dem Massivbau vorbehalten waren.
Die zwei Tage des 47. Fortbildungskurses S-WIN vom 20./21. Oktober 2015 in Weinfelden
wurden durch Andrea Frangi (IBK, ETH Zürich) und Andrea Bernasconi (heig-vd/HES-SO,
Yverdon-les-Bains) geleitet. Der Anlass war in vier thematische Teile strukturiert: Möglichkeiten
und Leistungen von Brettsperrholz, Projekte, Produkte und Systeme sowie Forschung und
Entwicklung. Eine Ausstellung der Branche im Foyer sowie die umfangreiche Tagungsbroschüre
rundeten den mit 160 Teilnehmenden gut besuchten Anlass ab. Besonders erfreulich war zudem
die Teilnahme der beiden emeritierten ETH-Professoren Ernst Gehri und Julius Natterer, die der
Einladung der Tagungsleitung gefolgt sind.
Massivbau in Holz - Konstruktion, Brandschutz und Bauphysik
Der massive Holzbau hat nach der Jahrtausendwende mit der Entwicklung von Brettsperrholz
BSP seinen eigentlichen Durchbruch erlebt. Der Massivbau in Holz wird mit BSP gleichgesetzt
obschon weitere massive flächige Holzbauelemente wie Brettschichtholz, Brettstapel, gedübeltes
BSP oder ähnliche Produkte im Markt erhältlich sind. Die einfache Planung und Ausführung sind
der Schlüssel zum Erfolg, die gleichzeitig erfolgten Fortschritte für Brandschutzvorschriften und
für Bauakustik erleichtern den Einsatz von Holz beim mehrgeschossigen Bauen.
Beispiele der Baupraxis illustrierten die gestalterischen und konstruktiven Möglichkeiten von BSP
als Decken- oder Wandelement und das Zusammenwirken linearer und flächiger Tragelementen.
Mit entsprechend leistungsfähiger Verbindungstechnik sind mit BSP grosse Tragstrukturen zu
konstruieren, wie sie mit anderen und klassischen Holzbauweisen nicht möglich sind. BSP steht
noch in der Anfangsphase und dürfte künftig neue Horizonte im Holzbau öffnen.
Die weltweit durchgeführten Untersuchungen zum Brandverhalten massiver Holzkonstruktionen
zeigen ebenfalls die Vorteile von BSP gegenüber einer Bauweise mit Hohlräumen auf. Ein
Überblick über diese Untersuchungen zeigt, dass die massive Holzbauweise diesbezüglich
generell vorteilhaft ist, selbst wenn weitere Erkenntnisse notwendig sind.
Auch aus Sicht der Bauphysik bieten kreuzverleimte Brettschichtplatten Vorteile: Luftdichtheit, die
Platten entsprechen einer schwachen Dampfbremse und die thermische Masse hilft gegen
Überhitzung und Schallübertragung. Von Bedeutung sind Detailfragen bezüglich Kälte- und
Wärmeschutz und Dampfdiffusion. So kann zu grosse Luftdichte letztlich Bauteilkondensation
auslösen. Es empfiehlt sich eine kontrollierte mechanische Lüftung um einem Akkumulieren von
Luftschadstoffen vorzubeugen. Aber insgesamt ist BSP auch aus dem Blickwinkel der Bauphysik
eine Bereicherung der Bausysteme: keine Wärmebrücken, guter Hitzeschutz, einfache Luftdichte,
Trockenbau, verbesserter Schallschutz und geringe Schadstoffemissionen.
Wegweisende Bauten als Referenz
Was die Baupraxis mit der Massivbauweise in Holz unternimmt ist eindrücklich. Präsentiert
wurden mehrgeschossige Beispiele. In Mailand (Via Cenni) sind dies vier Türme mit neun
Geschossen, in London wurden seit 2005 über zehn Wohngebäude mit fünf oder mehr
Geschossen gebaut und zahlreiche weitere sind im Bau. Die Siedlungen in der Schweiz Schorenstadt Basel und die «Suurstoffi» in Rotkreuz – warten weniger mit besonders grossen
Volumen auf, sondern stehen für bauliche Präzision mit ausgeprägtem Umweltbewusstsein.
Es geht ja beim Massivholzbau nicht allein um die Grösse und die Stockwerkzahl. Von
Bedeutung sind insbesondere die Präzision der Ausführung und der hohe Grad an Vorfertigung
im Werk unter kontrollierten Bedingungen. Die Wandelemente werden stehend auf die Baustelle
geliefert, die Deckenplatten liegend, alle notwendigen Aussparungen sind vorhanden. Holzbau ist
Trockenbau, benötigt keine Spriessungen und ist sofort nach Montage belastbar. Die Leistung
von Bauteilen mit BSP ist in zahlreichen Belangen mit herkömmlichen Bauteilen in Stahlbeton
oder Mauerwerk vergleichbar.
Produkte und Systeme bis hin zum Edelrohbau
Die Vielfalt der Produkte und Systeme im Holzbau beindruckt, gleichzeitig kann sie verunsichern.
BSP ermöglicht für Planer, Ausführende und auch Auftraggeber einen vereinfachten Zugang zum
Holzbau. Es liegt an der traditionell klein strukturierten Holzbauwirtschaft Europas mit grösseren
Konsortien und Einheiten das Vertrauen bei Investoren zu erhalten und auszubauen um
Potenziale vor allem auch im urbanen Raum vermehrt auszuschöpfen.
Mit BSP sind Anforderungen an Statik, Brandschutz, Bauphysik usw. oft einfacher zu erfüllen als
mit konventionellen Konstruktionen. Kombinationen mit andern Materialien und Systemen, z.B.
dem Holzrahmenbau sind oft sinnvoll. Die Präzision der baukonstruktiven Details kann so weit
gehen, dass der Rohbau zum Ausbau wird. Pius Schuler (Rothenthurm) nennt das
«Edelrohbau». Wesentlich ist dabei die Produktion von Holzelementen mittels emissionsfreier
Verklebung.
Forschung und Entwicklung
Systematische Gestaltung mit Holzbauelementen bis hin zum Holzmodulbau lässt sich mit einem
intelligenten, parametrisierten Digital Building System verbinden das den gesamten Lebenszyklus
von Gebäuden abdeckt. Es dient zur Planung mit hohem architektonischem und funktionalem
Anspruch. Die technischen und ökonomischen Vorteile dieser Methode für Planung und
Bewirtschaftung von Gebäuden verschafft dem Holzbau zusätzlichen Wert und Qualität.
Es sind oft technische Details die langfristig das Bauen mit Holz beeinflussen, in neue Bahnen
lenken und voranbringen. Am Anlass S-WIN wurden entsprechen Entwicklungen aus den
Bereichen Laubholz und Klebstoffe, Feuerbeständigkeit und Oberflächenbehandlung präsentiert.
Untersuchungen am Institut für Baustatik und Konstruktion der ETH in Zusammenarbeit mit der
Empa führen die durch Ingenieur Prof. Ernst Gehri vor Jahren begonnene Forschungsarbeit zur
baukonstruktiven Anwendung von Harthölzern fort: Brettschichtholz und Fachwerke aus
Schichtholz mit Buche, ein Flächentragwerk aus Laubholz und das kürzlich bezogene «House of
Natural Ressources» der ETH, ebenfalls konstruiert mit Einsatz von Laubholz.
Bei diesem Versuchshaus ist auch eine UV-schützende Oberflächenbehandlung eingesetzt die
Metalloxidpartikel mit einer wasserabweisenden Schicht kombiniert. Laboruntersuchungen und
auch die praktische Anwendung weisen darauf hin, dass dies zu einer robusten Beschichtung
geeignet für den Aussenbereich führt. Auch eine neue Methode für erhöhte Feuerbeständigkeit
von Holz durch den Einsatz von tief in die Holzstruktur eingelagertem Kalziumkarbonat wird
derzeit in einem KTI-Projekt auf seine Praxistauglichkeit hin ausgelotet.
Zukunft des Holzbaus mit neuen Tragelementen
Der Holzbau schaffte es vor rund 25 Jahren nach und nach vom Stab zur Fläche (Gerhard
Schickhofer, TU Graz). Das stabförmig und geschichtet aufgebaute Brettschichtholz erreichte
während der 1990er-Jahre seinen Höhepunkt, Brettstapelelemente und Brettschichtholz legten
den Grund zur Entwicklung flächiger Bauteile. BSP kommt eigentlich vom Furniersperrholz – das
Furnier ist hier durch das Brett ersetzt. Der Trend führt hin zur Minimierung von Fugen und zur
Optimierung von Oberflächen. Die jährliche Weltproduktion von Brettsperrholz beträgt derzeit
700'000 m2 und wächst stetig. Die damit verbundene Bauweise dürfte an Marktrelevanz noch
zulegen, dies besonders auch im urbanen Raum, nicht nur in Europa sondern zunehmend in
Nordamerika und Japan. Das Bauen mit Holz tritt damit definitiv aus einem Nischendasein auf die
Bühne der voll akzeptierten Bau- und Werkstoffe.
Charles von Büren, Fachjournalist, Bern
Box
Die Tagungsbroschüre
Moderner Massivbau aus Holz - vom Einfamilienhaus bis zum Hochhaus
Format A4, 182 Seiten, mit 20 Beiträgen von ausgewiesenen Fachleuten. Zahlreiche s-wAbbildungen, Zeichnungen und Tabellen. Broschiert. VP 80.- CHF für Nichtmitglieder S-WIN, für
Mitglieder 64.- CHF. Zu bestellen unter http://www.lignum.ch/shop/tagungsbaende_sahs_win/
Bildlegenden
Bild 1:
Geballte Kompetenz zu Brettsperrholz in Weinfelden: Andrea Frangi, Ernst Gehri, Julius Natterer
und Andrea Frangi
Bild: Evelyn Pöhler, S-WIN
Link zur Druckdatei: http://www.lignum.ch/fileadmin/images/downloads_SAH/Professoren.jpg
Bild 2:
4000
Wellnesshostel
& Aqua Allalin, Saas-Fee. Der viergeschossige Massivholzbau birgt 168
Betten in Sechser-, Vierer- und Doppelzimmern. Fassade aus horizontal geschichtetem, grau
gefärbtem Fichtenholz. Bauzeit: April 2013 bis September 2014. Architektur Steinmann und
Schmid, Basel. Ingenieure Holzbau + Brandschutz: Makiol & Wiederkehr, Beinwil a. S.
Bild: © SJH/LIGNUM
Link zur Druckdatei: http://www.lignum.ch/fileadmin/images/downloads_SAH/Saas-Fee.jpg
Bild 3:
Ein Paradebeispiel für nachhaltiges Bauen: Die gesamte tragende Konstruktion der vier Türme
und der übrigen Gebäude für die Wohnüberbauung Via Cenni in Mailand sind aus Brettsperrholz
gebaut. Architekt: Fabrizio Rossi-Piodi, Florenz, Holzbauingenieur Andrea Bernasconi, Yverdon
und Lugano.
Bild: Andrea Bernasconi, heid/vd
Link zur Druckdatei: http://www.lignum.ch/fileadmin/images/downloads_SAH/Via_Cenni.JPG
Bild 4:
Mit der Präsentation über sein vier Jahrzehnte umfassendes Wirken als Holzingenieur wartete
Walter Bieler, Ingenieur in Bonaduz (Graubünden) am Fortbildungskurs S-WIN auf. Er skizzierte
seine bescheidenen Anfänge, die mutige Konstruktion der Eissporthalle Davos Ende der 1970erJahre und seine Liebe zum Entwurf und Bau von Holzbrücken und Stegen. Bemerkenswert ist
sein Sinn für sowohl technisch wie ästhetisch überzeugende Baulösungen. Walter Bieler gilt zu
Recht als Meister der Holzingenieurkunst. Im Bild: Walter Bieler auf dem Holzsteg RapperswilHurden, oberer Zürichsee.
Bild: Reinhard Zimmermann
Link zur Druckdatei: http://www.lignum.ch/fileadmin/images/downloads_SAH/W._Bieler.jpg