06/95 - GWCD
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06/95 - GWCD
AKTION WINTERSCHLAF EINMOTTEN IN 11 KAPITELN Nicht jeder hat vor, seine Maschine durchgehend angemeldet zu lassen, auch wenn man bis in den Dezember hinein noch so manchen schönen Tag zum Fahren nutzen kann und die günstigen Motorradtarife einem die Wahl zwischen Abmeldung oder angemeldet lassen nicht gerade erleichtern. Damit es nach dem Winterschlaf aber kein böses Erwachen gibt und die neue Saison nicht mit unnötiger Schrauberei und teuren Investitionen beginnt, haben wir hier vor allem für unsere neuen Mitglieder ein paar Tipps für Gold Wing gerechtes Einmotten zusammengetragen. Wer seine Maschine schon abgemeldet hat und keine entsprechende Vorsorge getroffen hat, kann den einen oder anderen der nachstehenden Tipps mit Sicherheit immer noch verwerten. 1 WASCHEN / REINIGUNG zunächst sollte die Maschine gründlich gewaschen werden. Wer auch von unten glänzen möchte, der sollte eine Tellerbürste, Wasser und S 100 oder einen ähnlichen Motorradreiniger verwenden. Den kalten Motorblock mit S 100 einsprühen und kurz wirken lassen. Dann mit der nassen Tellerbürste kräftig schrubben. An schwer zugänglichen Stellen leistet eine ausgediente Zahnbürste gute Dienste. Danach mit einem kräftigen Wasserstrahl nachspülen. Der Motor sieht wieder wie neu aus - sofern er nicht vor der Behandlung schon ein hoffnungsloser Fall war. Einen Hochdruckreiniger sollte man wenn überhaupt – nur sehr dezent anwenden, da die zur Schmierung beweglicher Teile notwendige Fettschicht mit solchen Geräten verschwindet. Eine entsprechende Nachbehandlung wird unumgänglich. Übrigens: die Bowdenzüge sind wartungsfrei - brauchen also nicht geölt zu werden. Wer dennoch ölen möchte, der verwende aber unbedingt säurefreies Öl, da ansonsten die Innenbeschichtung der Mantelung angegriffen wird bzw. säurehaltiges Öl mit der Zeit verharzt und die Gängigkeit der Züge beeinträchtigt. Zumindest einmal im Jahr sollte man Rahmenabdeckungen und auch die Sitzbank abnehmen und auch Innen" richtig sauber machen, Lackabschürfungen unter der Sitzbank am Rahmen nachlackieren, das Batteriegehäuse ausbauen und ggfs. neu lackieren. Nach dem Spülgang folgt der Trockengang, wobei man die Maschine abledert und 1-2 Stunden trocknen lässt. Gute Dienste bei der Trockenlegung schwer zugänglicher Stellen leistet auch ein Druckluftgebläse. Aber Vorsicht - die Pistole nicht zu nah an den Lack halten. Danach die Maschine auf Hochglanz bringen. Anstelle von herkömmlichen Chrompolituren empfiehlt sich (für den Lack sowieso) Lackpolitur. Einen Baumwolllappen (altes T-Shirt, ausgedientes Bettlaken) mit Lackpolitur tränken und die Maschine (Chrom- und Lackteile) einreiben. Danach mit einen frischen Lappen das Ganze wiederholen - Fertig. Dann den Motor warm fahren (mindestens 10 Kilometer) oder einfach im Stand auf dem Hauptständer warm laufen lassen. Das lässt zum einen das Restwasser an den schwer zugänglichen Stellen – besonders am/im Auspuff -verdampfen. Zum anderen ist dies aber auch für den nächsten Schritt erforderlich. 2 ÖLWECHSEL Die Maschine wird auf dem Hauptständer aufgebockt. Der Ölwechsel sollte nur bei warmgelaufenen Motor vorgenommen werden. Nur so ist gewährleistet, dass Rückstände und Partikel sich nicht an der Ölwanne ablagern, sondern beim Ölwechsel mit ausgeschieden werden. Zum Ölwechsel gehört obligatorisch das Wechseln des Ölfilters mit den dazugehörenden Dichtungen (kleiner Ring für den Gehäusebolzen (GL 1000 –GL 1200), großer Ring für den Ölfiltergehäusedeckel) - auch wenn die alten noch gut aussehen. Noch ein Hinweis zum Gehäusebolzen: Ein großer Teil von uns hat sich sicher schon oft über den relativ kleinen 12 mm Sechskant-Bolzenkopf geärgert - besonders dann, wenn dieser (meist durch Verwendung von ausgelutschten Maulschlüsseln oder (in krassen Fällen) von Wasserpumpenzangen) schon fast rund war. Im Handel gibt es verchromte Austauschbolzen mit einem 24 mm Sechskant. Der verträgt auch die Behandlung mit der großen Knarre. Würde man das Öl nur ablaufen lassen, wurde fast 1 Liter im Motor verbleiben. Um auch hiervon noch möglichst viel aus dem Motor zu holen, stelle man den Kill-Schalter auf "OFF" und betätige den Anlasser mehrmals. Auf diese Weise wird noch ein gewisses Quantum Restöl aus dem Motor gepumpt. Die genau Füllmenge für das Frischöl entnehmt bitte dem Fahrer-Handbuch. A C H T U N G : In einigen Büchern sind zwei verschiedene Füllmengen angegeben. Es handelt sich hierbei nicht etwa um einen Druckfehler, sondern lediglich um den Unterschied zwischen Erstbefüllung bzw. Neubefüllung nach Motorzerlegung (höhere Füllmenge) und Wechselfüllung (niedrigere Füllmenge). Bleibt die Maschine längere Zeit abgemeldet, so sollte zum Saisonstart abermals das Öl gewechselt werden (auch wenn hier und da zu lesen ist, dass es dann noch gut und gerne für 2000 bis 3000 Kilometer reichen würde), da es durch den Nichtgebrauch mit der Zeit minderwertig wird und seine Aufgabe später nicht in der geforderten Art und Weise voll erfüllen kann. Man braucht ja extra zum Einmotten nicht unbedingt das teuerste Öl nehmen. Wer auf den winterlichen Ölwechsel verzichten möchte, sollte aber spätestens zum Saisonbeginn das Öl wechseln, ansonsten alle 5.000 Kilometer. Diese Wechselintervalle sowie die Verwendung nur erstklassiger Öle macht sich bezahlt und dem Motor merkt und sieht man es an. 3 KARDAN 1 ENDANTRIEB (nur GL 1000 + GL 1100) Schmierung(alle) Kardanwelle abschmieren, Der Schmiernippel sitzt unmittelbar am Übergang Schwinge/Endantrieb. Wer noch eine'75er GL 1000 besitzen sollte, der kann sich die Suche nach dem Schmiernippel ersparen - es gibt keinen. Statt dessen darf der Besitzer eines solchen Schätzchens das Hinterrad ausbauen. Nicht vergessen werden sollte das Hinterachsöl. Die Füllmenge ist von Typ zu Typ verschieden (GL 1000 = 220 - 250 cm' GL 1100 = 140 -160 cm'). Wer ganz sicher gehen will, der lasse das Öl in einen Messbecher ab. Einige bauen im Winter auch die Räder aus. Ein Strich Fett (MOLIKOTEFETT) auf der Steckachse ist keinesfalls verkehrt. Beim Hinterrad ist darauf zu achten, dass die zueinander passenden Zahnkranzstücke (Endantrieb / Felgenstern) gut gefettet sind, damit es auch weiterhin im wahrsten Sinne des Wortes wie geschmiert läuft. Mangelnde Schmierung ist für Verschleißschäden in diesem Bereich die häufigste Ursache. Da das Hinterrad schon mal ausgebaut ist, kann man sich gleich mal die Schwinge hinsichtlich Steinschlag genauer ansehen und ggfs. nachlackieren. 4 BATTERIE ausbauen und an einem kühlen, trockenen Platz lagern. Den Säurestand gilt es ebenso wie den Ladezustand zu kontrollieren. Einmal pro Monat wird die Batterie dann nachgeladen, damit sie ihre Kraft nicht verliert, Hierfür bietet der Fachhandel Batterie-Ladecontroller an. Noch besser ist der Anschluss an die Autobatterie, da auf diese Weise der Lade- / Entladeprozeß am besten realisiert wird. Die Plus- und Minus Pole werden dabei mit einem nicht zu dünnem Kabelstück verbunden. Ausgediente dreiadrige Kabel, deren Enden zusammengedreht sind, eignen sich hierfür bestens. Eine über einen längeren Zeitraum oder tief entladene Batterie kann nie wieder ihre ursprüngliche Kapazität erreichen. 5 REIFEN Während der Stillegung entfällt das für die Elastizität des Reifens erforderliche Walken. Damit sich der Reifen durch die lange Standzeit nicht verformt, sollten beide Räder entlastet werden. Beim Hinterrad wird dies durch den Hauptständer erreicht. Das Vorderrad wird mittels Holzklotz oder Wagenheber unter dem Motorblock (da, wo die Gewindestange für die Motorhalterung durch den Motor geht) entlastet. Der Reifendruck sollte um 0,5 bar erhöht werden. Sofern ein Reifenwechsel fällig wird, sollte der natürlich vollzogen werden. Hierbei sollte beachtet werden, dass die Reifenlager im Bereich Motorradlager teilweise leer sind und man mitunter bis zum Frühjahr warten muss. Es empfiehlt sich also, sich rechtzeitig um einen neuen Reifen zu bemühen und diesen ggfs. selbst auf Lagerzulegen. Ist das Rad einmal draußen, sollte man sowohl die Zahnung des Endantriebes als auch den Zahnkranz im Felgenstern mit hitzebeständigem MOLIKOTE-Fett (dunkel) oder ähnlichem abschmieren. Normales Wälzlager-Fett (hell) empfiehlt sich nicht, da es ausharzt bzw. krümelig wird. Das liegt an der mangelnden Hitzebeständigkeit. Des weiteren kann man bei dieser Gelegenheit auch gleichzeitig die Schwinge von allen Seiten richtig säubern, auch und vor allem an den Stellen, an die man bei eingebautem Rad nicht herankommt. Dabei wird einem auffallen, dass die Innenseite der Schwinge durch Steinschlag ziemlich aufgeraut ist. Um hier dem Rostfraß vorzubeugen, sollte die Schwinge gründlich gereinigt und nachlackiert werden. Das kostet außer ein wenig Farbe nicht viel und kann beim nächsten Reifenwechsel problemlos wiederholt werden. Zinkgrundfarbe als Grundierung und nachträglich aufgetragener schwarzer Glanzlack für Außenanstriche lassen die Schwinge wieder wie neu aussehen. Ist man schon mal bei Lackarbeiten, dann kann man sich gleichzeitig die Ständer, den Batteriekasten, nicht sichtbare Schweißnähte an den Trägem und Sturzbügeln vornehmen. Gerade an den Schweißnähten und Aufnahmepunkte setzt der Rost am ehesten an. Grundiert und mit Lack versiegelt, hat man fürs erste Ruhe. Das gleiche gilt für diverse Bereiche unter der Sitzbank. Dort ist der Lack teilweise bis aufs Metall abgewetzt und dort setzt der Rost natürlich am ehesten an, zumal die meisten ja nicht bei jeder Wäsche die Sitzbank abbauen (was sicher nicht verkehrt wäre). 6 LUFTFEDERUNG (ab GL 1100) Luftdruck vorne (nur GL 1100 + GL 1200) und hinten reduzieren -jedoch nicht zu viel, da sonst Dämpferöl mit auslaufen würde - damit die Simmeringe und Dichtungen nicht unnötig unter Druck stehen. Aspencade Besitzer und GL 1500-Halter haben hierbei Dank eingebautem Manometer und Kompressor sicher die geringsten Schwierigkeiten. 7 VERGASER Kurz und schmerzlos: Schwimmerkammern leer laufen lassen, damit der Benzinfarbstoff die Düsen nicht zusetzt. 8 KÜHLWASSER Wasserstand kontrollieren, gegebenenfalls nachfüllen. Am besten destilliertes Wasser verwenden, da Leitungswasser Kalk enthält, welcher die Kanäle zusetzen bzw. deren Querschnitte verkleinern kann. Mit Entkalker für Waschmaschinen oder sonstige wasserführenden Haushaltsgeräte können auch die Wasserkanäle im Motor entkalkt werden. Essig soll hierbei (und bei Chrom) auch gute Dienste leisten. Motor aber nur kurze Zeit laufen lassen. Danach das Entkalker/Wassergemisch ablaufen lassen und destilliertes Wasser mit Frostschutz im Verhältnis 50 : 50 einfüllen. Die entsprechende Füllmenge könnt Ihr dem Bordbuch entnehmen. 9 KERZEN herausdrehen, prüfen, mit kleiner Drahtbürste reinigen, ggfs. durch neue ersetzen. Ein Spritzer Caramba oder ähnliches in die Brennräume ist nicht verkehrt. Gewinde mit Graphit oder Kupferpaste bestreichen und die Kerzen eindrehen, aber nicht zu fest. 10 TANK Der Tank sollte randvoll gefüllt sein, damit sich im Innern des Tanks kein Rost bilden kann, der die Düsen und Kanäle verstopfen könnte. 11 METALL-UND LACKPFLEGE Zum Schluss sollten alle Metallteile mit Korrosionsschutz behandelt werden. Zur Behandlung der Lackteile (nicht nur über den Winter) eignet sich Möbelpolitur hervorragend, da diese antistatisch wirkt. Staubpartikel werden so nämlich abgewiesen. Man sollte nur darauf achten, daß die Politur nicht wachshaltig ist. Öl- oder Fettzusätze dagegen sind unproblematisch. Die übrigen Wartungsarbeiten (z. B. Luftfilter etc.) sind im Bordbuch beschrieben. Die genannten Intervalle sollten eingehalten werden. Auf keinen Fall die Maschine mit einer luftundurchlässigen PVC-Plane abdecken (außer die Einmottfolie mit Korrosionsschutz). Wenn die nicht zur Hand ist, dann eine atmungsaktive Plane verwenden. Am besten sind alte Wolldecken, Vorhänge oder ausgediente Bettlaken. Gute Erfahrungen haben Benutzer auch mit Korrosionsschutzfolien (Bei HEIN GERICKE - knappe DM 100,-) gemacht. Diese Folien, in die das ganze Motorrad verpackt wird, schützen die Maschine wirksam für Korrosion. Vorteil: die Verpackung kann ruhig mal geöffnet werden, ohne das die Wirkung der Folie beeinträchtigt wird. Die so eingemottete Maschine sollte bis zum Frühjahr wirklich still stehen. Durch manuelles Drehen des Hinterrades im großen Gang kann der Motor ohne Zündung hin und wieder gedreht werden. Dagegen würden ein paar Kurbelwellenumdrehungen durch den gezündeten Motor, nur um zu sehen, ob der Motor noch läuft, die ganze Arbeit zunichte machen. Im Verbrennungsraum setzen sich dabei nämlich Kondensate ab, welche die feinstgeschliffenen Laufflächen beschädigen können. Es gilt also, seine Neugierde bis zum nächsten Zweiradfrühling zu zügeln -und der kommt bestimmt. Einen angenehmen Winterschlaf wünscht die Club-Redaktin