Die Geschichte des kleinen Kreuzers Dresden
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Die Geschichte des kleinen Kreuzers Dresden
13 Unsere Bundestagsabgeordneten Die Geschichte des kleinen Kreuzers Dresden Arnold Vaatz / [email protected] m 5. Oktober 1907 taufte der Dresdner Oberbürgermeister Dr. Otto Beutler in der Partnerstadt Hamburg den Kleinen Kreuzer auf den Namen Dresden. Ihren ersten Einsatz hatte dass nun 100-jährige Schiff vor der mexikanischen Küste. Als die Dresden im Spätsommer 1914 auf der Rückreise nach Deutschland war, brach der 1. Weltkrieg aus und ihr Kommandant, Kapitän zur See Fritz Lüdecke erhielt den Befehl, in den Südatlantik zu laufen und Kreuzerkrieg zu führen. Der Kreuzer Dresden war mit seinem schnellen DampfTurbinenantrieb nicht für große Strecken ausgelegt. Dennoch machte sie sich auf den Weg über den Pazifik bis zur Osterinsel. Dort sammelte sich das deutsche Ostasiengeschwader, welches der Kreuzer Dresden bei der Rückfahrt nach Deutschland unterstützen sollte. Es folgte die Schlacht bei Coronel mit siegreichem Ausgang für das deutsche Geschwader bei großen britischen Verlusten und schließlich der daraufhin organisierte Gegenschlag des Empires bei Port Stanley. Bei dieser Schlacht kapitulierte das deutsche Ostasiengeschwader bei einem Verlust von fast 2.000 Matrosen. BILDQUELLE: ARCHÄOLOGISCHES LANDESAMT SCHLESWIG-HOLSTEIN Nur die schnelle Dresden konnte entkommen und sich in den chilenischen Fjorden der Magellan-Straße verbergen. Um sich mit einem Kohleschiff zu treffen, lief der Kreuzer Anfang März 1915 aus. Dabei traf sie auf den schweren britischen Kreuzer HMS Kent, der auf der Suche nach der Dresden war. Zwar konnte sie dem Verfolger entkommen, mußte aber mit erschöpften Kohlevorräten und defekten Turbinen die Insel Mas a Tierra, das heutige Robinson Crusoe Island, anlaufen. Am 10. März wurden Schiff und Besatzung einvernehmlich vom neutralen Chile interniert. Am 14. März erschienen morgens die britischen Kriegsschiffe HMS Kent und HMS Glasgow, die sofort das Feuer eröffneten. Die vor Anker liegende Dresden war nur bedingt gefechtsfähig; mit zum Land gerichtetem Bug konnte sie ihre Geschütze nur eingeschränkt einsetzen. Ihr Kommandant ließ noch während des Gefechtes große Teile der 350 Mann starken Besatzung zum Ufer ausbooten. In aussichtsloser Lage hisste er die weiße Flagge, ließ die vorderen Munitionskammern sprengen und versenkte damit den Kreuzer Dresden. Bei diesem Gefecht kamen auf deutscher Seite nur neun Matrosen ums Leben. Kommandant und Besatzung wurden von den chilenischen Behörden auf die Insel Quiriquina verbracht, wo sie bis zum Ende des Jahre 1919 auszuharren hatten. Gut ein Drittel der Besatzung verblieb im Land und gründete Familien. So entstand eine bis heute andauernde, unmittelbare Verbindung zwischen dem deutschen Kreuzer und der chilenischen Bevölkerung. 2003 fand eine von Chile unterstützte Expedition zum Wrack des Kreuzers Dresden statt. Dabei stellte sich heraus, dass die Dresden im Vergleich zu anderen Schiffswracks des I. Weltkrieges gut erhalten ist. Am Ende der Arbeiten wurde die Schiffsglocke entdeckt, an der ein frisches Stahlkabel hing – Zeichen eines mißglückten Plünderungsversuches. Wenige Tage nach der Entdeckung kam es zu einem erneuten Versuch, die Glocke zu stehlen, wobei einer der Taucher schwer verletzt wurde. Nachdem sich mehrere deutsche Ämter für die Bergung der Glocke des Kreuzers Dresden einsetzten und auch die diplomatischen Vertretungen beider Länder das Projekt unterstützten, konnte die Glocke im Februar 2006 mit großer Unterstützung der chilenischen Marine geborgen werden. Bei einem Besuch in Chile hatte ich die Gelegenheit mit der chilenischen Wissenschaftsministerin zu sprechen und sie von einer Leihgabe der Glocke an die Stadt Dresden zu überzeugen. Dem militärhistorischen Museum in Dresden gelang es, die chilenische Botschafterin für dieses Projekt zu gewinnen. In diesem Jahr wurde der Übernahmevertrag zwischen beiden Ländern unterzeichnet. Nach der Restauration durch das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein wird die Glocke im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden dann am richtigen Ort angemessenen präsentiert werden. Den etwa 1000 Bewohnern von Robinson Crusoe wurde eine originalgetreue Kopie der Glocke verbunden mit einer Ausstellung zugesagt. Damit wird auch ein Dank dafür möglich, dass die Inselbewohner seit mehr als 90 Jahren die am weitesten von der deutschen Heimat entfernten Kriegsgräber pflegen. Die DRESDNER UNION · August 2007 BILDQUELLE: ARCHÄOLOGISCHES LANDESAMT SCHLESWIG-HOLSTEIN A