Stellungnahme zur Bundesbeihilfeverordnung (April 2007)

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Stellungnahme zur Bundesbeihilfeverordnung (April 2007)
Stellungnahme des DGB vom
11. Juni 2007 zum Entwurf
einer Rechtsverordnung über die
Gewährung von Beihilfe in Krankheits-,
Pflege- und Geburtsfällen
(Bundesbeihilfeverordnung – BBhV
Stand: 02.04.07)
I. Allgemeines
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 17. Juni 2004 festgestellt,
dass die Beihilfevorschriften als Verwaltungsvorschriften nicht den Anforderungen des allgemeinen Gesetzesvorbehalts genügen. Die wesentlichen Entscheidungen über die Leistungen an Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter und Versorgungsempfängerinnen
und Versorgungsempfänger hat der Gesetzgeber zu treffen.
Der Anspruch auf Beihilfe ist demnach gesetzlich zu verankern. Die gesetzliche Verankerung
stellt gleichzeitig die Ermächtigungsgrundlage für eine Rechtsverordnung dar, mit der die
Regelungen zur Beihilfe konkretisiert werden können.
In § 80 BBG -neu- im Entwurf des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes (Stand: 1. Juni 2007)
werden die Grundzüge des Beihilferechts festgelegt und auf eine entsprechende Rechtsgrundlage gestellt. Mit dem Entwurf der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) werden die Regelungen aus den bisherigen Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) in eine Rechtsverordnung
überführt.
Gleichzeitig werden einige Änderungen vorgenommen. Unter anderem sollen die beihilferechtlichen Regelungen dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) angepasst werden.
Der DGB nimmt zum Entwurf der BBhV wie folgt Stellung:
1. Der DGB begrüßt, dass noch vor Inkrafttreten der Neufassung des BBG durch das geplante Dienstrechtsneuordnungsgesetz der Entwurf der BBhV vorgelegt wird.
Er vertritt aber weiterhin die Auffassung, dass die Festlegung der Bemessungssätze für die
Beihilfeberechtigten, ihre Familienangehörigen sowie Versorgungsempfänger (vgl. § 46
BBhV) grundsätzlich nicht dem Verordnungsgeber überlassen bleiben dürfen. Diese gehören
zu den wesentlichen Strukturprinzipen für die vom Bund zu gewährenden Beihilfeleistungen
im Sinne des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004, die der parlamentarische Gesetzgeber festzulegen hat. Die Festlegung der Mindestbemessungsgrenze in § 80
Abs. 3 Satz 1 BBG -neu- genügt diesen Anforderungen nicht. Der DGB weist darauf hin,
dass mit dem Saarländischen Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Art. 1 §
98 Abs. 3) die Bemessungssätze im dortigen Beamtengesetz verankert werden.
2. Der DGB kritisiert, dass begünstigende Regelungen bislang mit Verweis auf die fehlende
Verordnungsermächtigung nicht umgesetzt wurden. Dies gilt vor allem für die Erstattung der
Kosten für zuzahlungsbefreite Medikamente auf der Grundlage des ArzneimittelversorgungsWirtschaftlichkeitsgesetzes (AVWG). Deshalb wird die Aufnahme dieser Regelung in die
BBhV ausdrücklich begrüßt und zugleich bemerkt, dass dieser Schritt längst überfällig ist.
Der DGB fordert eine Vorgriffsregelung, da mit einem Inkrafttreten der Rechtsgrundlage nicht
vor Beginn des Jahres 2008 zu rechnen ist.
3. Der DGB kritisiert, dass mit der Neufassung des Beihilferechts die bereits vorhandene
Möglichkeit, durch Bonus- und Vorsorgeprogramme besonders gesundheitsbewusstes Verhalten zu steuern, zu konkretisieren und den Beihilfeberechtigten entsprechende Angebote
zu unterbreiten nicht genutzt wird. Dieser Schritt steht seit Übertragung der Gesundheitsreform 2004 in das Beihilferecht des Bundes aus und wurde vom DGB seinerzeit schon als
notwendige Maßnahme der wirkungsgleichen Übertragung angemahnt. Insoweit hätte der
Bund auch für die Landesgesetzgeber wichtige Signale setzen können.
4. Vorsorgeleistungen sollen den Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit der Menschen frühzeitig stabilisieren und erhalten. Wartet man bis zu dem Stadium, in dem Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich werden, so steigen die Kosten außerordentlich und erhebliche Ausfallzeiten müssen in Kauf genommen werden. Deshalb kritisiert der DGB, dass der
Entwurf der BBhV keine Beihilfe für Rehabilitationsmaßnahmen vorsieht, die weitgehend der
Vorsorge dienen. Damit werden Beihilfeberechtigte gegenüber gesetzlich Versicherten
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schlechter gestellt. Nach § 23 Abs. 2 SGB V kann die Krankenkasse aus medizinischen
Gründen erforderliche ambulante Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten erbringen.
Der Ausschluss von Rehabilitationsmaßnahmen zur Vorsorge von der Beihilfefähigkeit widerspricht außerdem dem mit dem Entwurf des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes verstärkten Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“.
5. Der DGB begrüßt die in Folge der Herabsetzung der Altersgrenzen für den Kindergeldbezug geschaffene Übergangsregelung wonach Kinder, die im Wintersemester 2006/2007 an
einer Hochschule oder Fachhochschule eingeschrieben waren, abweichend längstens bis
zur Vollendung des 27. Lebensjahres als berücksichtigungsfähige Angehörige gelten. Damit
wird eine von den Gewerkschaften mit Nachdruck erhobene Forderung aufgegriffen.
6. Die Verordnung soll am Tag ihrer Verkündung in Kraft treten. Der DGB fordert für Fälle, in
denen die neue Bundesbeihilfeverordnungen nicht unerhebliche Konsequenzen für die Beihilfeberechtigten und ihre berücksichtigungsfähigen Angehörigen nach sich zieht, ähnlich wie
bei der neuen Einkommensgrenze für berücksichtigungsfähige Ehegatten, Übergangsregelungen zu schaffen. Dies ist vor allem dann geboten, wenn Verweise auf die mit dem GKVWettbewerbsstärkungsgesetz eingeführten Elemente Basistarif und Kontrahierungszwang
erfolgen, da diese erst zum 1. Januar 2009 wirksam werden.
7. Die Notwendigkeit, den freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten
Beamtinnen und Beamten sowie Versorgungsempfängern einen hälftigen Arbeitgeberanteil
an den Versicherungsbeiträgen zu gewähren, wird auch im Entwurf der BBhV ignoriert. Der
DGB hält an seiner Aufforderung an das BMI fest, eine entsprechende Gesetzesinitiative auf
den Weg zu bringen. Das Beamtenrecht muss an dieser Stelle sozial geöffnet werden.
8. Die Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sind in den Kreis der berücksichtigungsfähigen Angehörigen einzubeziehen. Wir verweisen auf die bereits in der Stellungnahme des DGB zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdisziplinargesetzes und des Bundesbeamtengesetzes vom 20. März 2006 erhobene Forderung.
9. Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert weiterhin mit Nachdruck eine nachvollziehbare
und differenzierte Darstellung der Beihilfeausgaben in einem Beihilfebericht.
II. Im Einzelnen
zu § 2 Nr. 2 (Begriffsbestimmungen)
Die Erweiterung des beihilfeberechtigten Personenkreises auch auf diejenigen Beamten und
Beamtinnen, die den dienstlichen Wohnsitz im Ausland haben und ins Ausland abgeordnet
sind, sowie deren berücksichtigungsfähige Angehörige, wird ausdrücklich begrüßt.
zu § 4 Nr. 1 (Berücksichtigungsfähige Angehörige)
Nach der beabsichtigten Änderung gelten Ehegatten, deren jährliches Einkommen 10.000
Euro übersteigt, nicht mehr als berücksichtigungsfähige Angehörige und werden so von der
Gewährung der Beihilfe zukünftig ausgeschlossen. Bisher betrug diese Grenze 18.000 Euro.
Nach der Übergangsregelung in § 55 Abs. 1 erfolgt die Anwendung der 10.000 Euro Grenze
beim erstmaligen Überschreiten der früheren Einkommensgrenze.
Der DGB lehnt die geplante Änderung ab. Den Hinweis in der Begründung der Verordnung,
dass sich Ehegatten bei entsprechendem Einkommen im Basistarif versichern können, wertet der DGB als einen weiteren Schritt zur Verabschiedung des Dienstherrn von seiner Fürsorgepflicht. Nach Bekundungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung dürfte
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sich die Beitragshöhe des Basistarifs in Richtung Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung entwickeln. Eine solche Beitragshöhe stellt eine erhebliche finanzielle Belastung des beihilfeberechtigten Angehörigen und damit auch des Beihilfeberechtigten dar. Die
Zahl 10.000 Euro sollte gestrichen und die Zahl 18.000 Euro beibehalten werden.
Bisher berücksichtigungsfähige mit ausreisende Ehegatten von Beschäftigten an Auslandsdienststellen wären von der Herabsetzung der Einkommensgrenze besonders betroffen. Der
künftige Kontrahierungszwang für Krankenversicherungen in Deutschland, der in der Begründung für die Herabsetzung der Einkommensgrenze angeführt wird, hat keine Konsequenzen für diesen Personenkreis.
Weiterhin fordert der DGB die Beibehaltung der Ausführung gemäß der Durchführungshinweise zu § 5 Abs. 4 Nr. 3 BhV: „Hat der berücksichtigungsfähige Ehegatte keine Einkünfte
mehr über 18.000 Euro und erklärt der Beihilfeberechtigte, dass im laufenden Kalenderjahr
die Einkommensgrenze nach Nummer 3 nicht überschritten wird, kann unter dem Vorbehalt
des Widerrufs eine Beihilfe bereits im laufenden Kalenderjahr gewährt werden; dem Beihilfeberechtigten ist aufzugeben, zu Beginn des folgenden Kalenderjahres zu erklären, ob die
Einkünfte des berücksichtigungsfähigen Ehegatten im abgelaufenen Kalenderjahr die Einkommensgrenze überschritten haben.“ Sollten für die BBhV keine Durchführungshinweise
vorgesehen sein, ist dieser Passus in die Verordnung selbst aufzunehmen.
zu § 5 Abs. 1 (Beihilfeberechtigung)
Die Formulierung, wonach Beihilfeberechtigung auch während der Elternzeit besteht, wird
als Klarstellung begrüßt.
zu § 6 Abs. 2 (Zusammentreffen mehrerer Beihilfeberechtigungen)
Der DGB begrüßt, dass eine Regelung für das Zusammentreffen mehrerer Beihilfeberechtigungen vorgesehen ist. Wir halten aber die vorgeschlagene Fassung von Abs. 2, wonach
Beihilfe zu Aufwendungen für ein Kind demjenigen gewährt wird, der das Kindergeld bezieht,
für zu einengend. Kindergeldberechtigung und Beihilfeberechtigung sind nicht zwingend aneinander gekoppelt. Gerade die Übergangsbestimmung, in der die Beihilfeberechtigung über
die Kindergeldberechtigung hinausgeht, macht diese Regelung unsinnig. Nach unserer Ansicht sollte durch eine Erklärung der beiden Beihilfeberechtigten bestimmt werden, wem der
Anspruch auf Beihilfe zu Aufwendungen für ein Kind zusteht.
zu § 7 (Beihilfefähigkeit der Aufwendungen)
Abs. 1 regelt, dass beihilfefähig grundsätzlich nur die nach einer wissenschaftlichen Methode
anerkannten Untersuchungen und Behandlungen sein sollen. Die Formulierung, wonach das
BMI „in anderen Fällen“ die Beihilfefähigkeit ausdrücklich zulassen kann, bleibt auch unter
Hinzuziehung der in der Begründung gewählten Formulierung „Ausnahmefälle“ unklar. Der
DGB hält eine explizite Härtefallklausel, die in begründeten Ausnahmefällen abweichende
Entscheidungen ermöglicht, für erforderlich.
In Abs. 5 ist der letzte Halbsatz „…wenn Aufwendungen in Fremdwährung entstanden sind.“
zu streichen. Der Kaufkraftausgleich im BBesG wird durch das Statistische Bundesamt ermittelt, unabhängig von der Frage, ob das Gastland der Euro-Zone beigetreten ist oder nicht.
Von daher ist dieser einschränkende Halbsatz systemwidrig. Der Kaufkraftausgleich dient
nicht nur dem Ausgleich von Währungsschwankungen, sondern, wie im § 7 BBesG formuliert, dem Ausgleich unterschiedlicher Kaufkraftniveaus. Selbst die Begründung stellt auf das
Ausland und nicht auf die Währung ab. Auch in Mitgliedsstaaten der Euro-Zone entsprechen
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die ortsüblichen Gebühren nicht den festgelegten Höchstbeträgen sondern orientieren sich
am allgemeinen Kaufkraftniveau.
zu § 8 Nr. 6 (Ausschluss der Beihilfefähigkeit)
Die künftige Beteiligung der Beihilfeberechtigten an den Folgekosten von medizinisch nicht
indizierten Operationen und Behandlungen als Maßnahme der wirkungsgleichen Übertragung der Gesundheitsreform stößt auf unsere Kritik. Mit dem Instrument der Leistungsausgrenzung bei selbst verschuldeter Erkrankung wurde erstmals das systemfremde Prinzip der
Selbstverschuldung in die GKV eingeführt. Ist ein solcher Paradigmenwechsel hin zu einer
strafenden Verhaltensprävention erst vollzogen, befürchtet der DGB weitere Streichungen im
Leistungskatalog (z. B. bei Fettleibigkeit, Rauchen, risikobehafteten Sportarten). Weiteren
Leistungsausgrenzungen bei selbstverschuldeten Behandlungskosten wären Tür und Tor
geöffnet.
§ 8 Nr. 6 geht sogar noch über die Regelung in § 52 Abs. 2 SGB V hinaus. Die dortige Formulierung lässt eine Ermessensentscheidung der Krankenkassen zu. Der DGB fordert die
Streichung von § 8 Nr. 6. Eine Alternativlösung wäre in Anlehnung an § 52 Abs. 2 SGB V
ein teilweiser Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach Ermessen.
zu § 14 (Zahnärztliche Leistungen)
Die zwingende Vorlage eines Heil- und Kostenplans „vor Aufnahme der Behandlung“ bei
Zahnersatz und kieferorthopädischen Behandlungen kann zu Konflikten führen. Für die Praxis sieht der DGB erheblichen Klärungsbedarf für eine interessengerechte Lösung in Konfliktfällen, in denen ein solcher Heil- und Kostenplan nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt werden kann oder aus vom Beihilfeberechtigten nicht zu vertretenden Gründen die tatsächliche
Behandlung vom Heil- und Kostenplan abweicht. Erläuternde Hinweise zur Anwendung dieser Vorschrift sind dringend erforderlich.
zu § 15 Abs. 1 (Implantologische, kieferorthopädische, funktionsanalytische und funktionstherapeutische Leistungen)
Im Vergleich zu Anlage 2 BhV Bund wurden die Regelungen zu implantologischen Leistungen systematisch umgestellt und teilweise von veränderten Voraussetzungen abhängig gemacht. Es wird außerdem direkt auf Abschnitt K des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte verwiesen. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist die Beihilfefähigkeit auf höchstens zwei Implantate je Kiefer beschränkt. Damit werden die wesentlichen
Fälle der Anlage 2 Nr. 4 erfasst. Allerdings sah diese bisher die Möglichkeit vor, in bestimmten Ausnahmefällen mehr Implantate zuzulassen. Darin sieht der DGB eine Verschlechterung.
zu § 16
Wie bisher sind Material- und Laborkosten bei zahntechnischen Leistungen bis zu 40 Prozent beihilfefähig. Der DGB hält diesen Erstattungssatz angesichts stetig steigender Aufwendungen für zu niedrig. Als Alternative schlägt er vor, verbindliche Festbetragsregelungen
auch für Labore einzuführen. Die Festbeträge sollten dann vollständig als beihilfefähig anerkannt werden.
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zu § 23 (Arznei- und Verbandmittel)
Mit der Gesundheitsreform wird in 2008 der gemeinsame Bundesausschuss umstrukturiert.
Der DGB hat sich in seiner Stellungnahme zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz gegen
die "Professionalisierung" des gemeinsamen Bundesausschusses ausgesprochen. Er befürchtet, dass die Unabhängigkeit der hauptamtlichen Ausschussmitglieder gegenüber dem
Bundesministerium für Gesundheit eingeschränkt wird. Nach Meinung des DGB sollte sich
das Beihilferecht daher von der Anbindung an den gemeinsamen Bundesausschuss lösen
und eigenständig Festlegungen treffen.
Der DGB begrüßt, dass nach Abs. 3 nunmehr auch Beihilfeberechtigte von der Zuzahlung
befreit sind, wenn das betreffende Arzneimittel von den Spitzenverbänden der Krankenkassen (ab 1. Juli 2007 Spitzenverband Bund der Krankenkassen) auf der Grundlage des Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetzes (AVWG) von der Zuzahlung freigestellt ist.
Diese Regelung ist allerdings längst überfällig. Der DGB fordert eine Vorgriffsregelung, da
mit einem Inkrafttreten der Rechtsgrundlage nicht vor Beginn des Jahres 2008 zu rechnen
ist.
Ungeachtet dessen hält der DGB an der Forderung nach Einführung einer „Positivliste“, in
die alle erstattungsfähigen Arzneimittel aufgenommen sind, fest, weil die Positivliste das
konsequentere und wirksamere Instrument der Kosteneindämmung darstellt.
Der DGB hält grundsätzlich die in Abs. 4 vorgesehene Übertragung, der mit der Gesundheitsreform eingeführten Zweitarztbegutachtung bei Verordnung besonders kostenintensiver
oder spezieller Arzneimittel, für einen positiven Ansatz, sofern das Patienteninteresse hinreichend Berücksichtigung findet. Wir sehen allerdings erheblichen Klärungsbedarf in der Praxis in verfahrensmäßiger Hinsicht, z. B. Rechtsmittel gegen ablehnende Stellungnahmen des
Zweitgutachters, bei divergierenden Stellungnahmen von Gutachtern usw. Hier sind erläuternde Hinweise für die Praxis der Rechtsanwendung aus unserer Sicht dringend erforderlich.
zu § 24 (Heilbehandlung)
Der Wegfall der besonderen Beihilfevorschriften Ausland (BhV-A) und die Einbeziehung der
Sonderregelungen in die allgemeine Beihilfeverordnung führt bei § 24 zu einer Regelungslücke. § 6 Abs. 1 Nr. 3 (7) BhV-A legt fest, dass sich die Angemessenheit der Aufwendungen
für Heilbehandlungen nicht nach den beihilfefähigen Höchstbeträgen sondern nach den ortsüblichen Gebühren richtet. Der DGB schlägt deshalb die Ergänzung des § 24 um einen Absatz 3 mit folgender Formulierung vor: „Bei Personen nach § 2 Nr. 2 beurteilt sich die Angemessenheit der Aufwendungen für vom Arzt schriftlich verordnete Heilbehandlungen anstelle
der Höchstbeträge nach Anlage 4 unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im
Ausland nach den ortsüblichen Gebühren. Die beihilfefähigen Aufwendungen mindern sich –
außer bei Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres – um 10 vom Hundert der Kosten, die die nach dieser Vorschrift maßgeblichen Höchstbeträge übersteigen, höchstens jedoch um 10 Euro.“
zu Abschnitt III
Die Formulierungen in Abschnitt III des Inhaltsverzeichnisses sollten dahingehend verdeutlicht werden, dass die beihilferechtlichen Regelungen für den gesamten EU-Raum Gültigkeit
haben.
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zu § 34 (Rehabilitationsmaßnahmen)
In der Begründung zur Rechtsverordnung (Allgemeiner Teil) wird darauf hingewiesen, dass
die Beihilfefähigkeit der ambulanten Heilkuren gestrichen wird. Der bisher verwendete Begriff
der Heilkur (§ 8 BhV Bund) wird im Entwurf der BBhV nicht mehr verwendet.
In § 34 werden ausschließlich stationäre Rehabilitationsmaßnahmen als beihilfefähig anerkannt. In Abs. 2 werden Vorsorgemaßnahmen grundsätzlich ausgeschlossen. Mit diesen
eindeutigen Formulierungen werden die Beihilfeberechtigten gegenüber den gesetzlich Versicherten schlechter gestellt. Für die gesetzlich Versicherten kann nach § 23 Abs. 2 des SGB
V die Krankenkasse ambulante Vorsorgeleistungen am Wohnort oder in einem anerkannten
Kurort erbringen. Die Satzung der Krankenkasse kann darüber hinaus einen Zuschuss von
bis zu 13 täglich an den Versicherten vorsehen. Darüber hinaus kann nach § 23 Abs. 4
SGB V eine Maßnahme in einer Vorsorgeeinrichtung erbracht werden.
Bereits in der Vergangenheit konnten im Rahmen der Beihilfe ambulante und stationäre
Maßnahmen zur Erhaltung der Dienstfähigkeit in Form einer Heilkur bewilligt werden. Besonders im Bereich der Beamten im Schichtdienst sind so Möglichkeiten vorhanden, die Folgen einer gesundheitlichen Belastung anzugehen. Allerdings stehen diese Maßnahmen nur
den aktiven Beamten zu. Mit dem Ausschluss der Vorsorgeleistungen außerhalb des Wohnortes, erfolgt eine weitere Verschlechterung des Leistungsangebotes für die Beihilfeberechtigten gegenüber den gesetzlich Versicherten.
Vorsorgeleistungen sollen den Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit der Menschen frühzeitig stabilisieren und erhalten. Wartet man bis zu dem Stadium, in dem Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich werden, so steigen die Kosten außerordentlich und erhebliche Ausfallzeiten müssen in Kauf genommen werden. Die BBhV grenzt hier Leistungen für
die Berechtigten aus.
Die Formulierungen in § 34 sind eindeutig und abschließend. In der Begründung für die Neufassung wird aber dargelegt, dass grundsätzlich stationäre Heilkuren beihilfefähig sein sollen, obwohl dieser Begriff nicht im Verordnungstext genannt wird. Dies ist widersprüchlich
und bedarf einer Korrektur.
In der weiteren Begründung wird darauf abgestellt, dass ambulante Heilkuren nicht wirtschaftlich seien und daher keine Notwendigkeit zur Beihilfefähigkeit bestehe. Führt man Heilkuren jedoch grundsätzlich stationär durch, so fallen erhebliche Kosten für die Unterkunft an.
Auch wird die Arztrechnung ebenfalls höher ausfallen als die Abrechnung eines Badearztes,
der mit der Überwachung einer ambulanten Heilkur betraut ist. Insgesamt liegen die Kosten
für eine stationäre Heilkur deutlich über denen einer ambulanten Heilkur. Der dargelegte wirtschaftliche Vorteil der stationären Heilkur ist nicht gegeben.
Aus diesem Grund ist die Rücknahme der geplanten Begrenzungen angezeigt und mindestens der Fortbestand der bisherigen Bestimmungen für die Heilkuren für die aktiven Beihilfeberechtigten erforderlich. Die Ungleichbehandlung gegenüber den gesetzlich Versicherten
hinsichtlich der Anspruchsberechtigung auch für Rentner und Familienangehörige bleibt damit weiterhin bestehen.
Nach Abs. 3 sind bei Rehabilitationsmaßnahmen die Fahrkosten für die Hin- und Abreise auf
insgesamt höchstens 200 Euro begrenzt. Der DGB bemängelt diese Deckelungshöhe und
fordert eine angemessene Erhöhung des Betrages.
zu § 46 Abs. 1 (Bemessung der Beihilfe)
Wegen der Einführung des Basistarifs in der privaten Krankenversicherung zum 1. Januar
2009 soll die nach bisherigem Beihilferecht (§ 14 Abs. 3 BhV Bund) mögliche Erhöhung des
Beihilfesatzes um maximal 20 Prozent auf höchstens 90 Prozent entfallen. Eine Übergangsregelung ist nicht vorgesehen. Der DGB fordert für bisher Berechtigte, die Anspruch auf die
erhöhte Fürsorge des Dienstherrn und einen erhöhten Bemessungssatz haben, eine Übergangs- bzw. Besitzstandsregelung, falls die neue BBhV vor Einführung des Basistarifs am 1.
Januar 2009 in Kraft treten sollte.
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zu § 47 Abs. 1 Nr. 2b (Abweichende Bemessungssätze)
Die Möglichkeit der Erhöhung des Bemessungssatzes bei Versorgungsempfängern mit geringem Einkommen, die sonst durch die notwendigen Beiträge zur privaten Krankenversicherung übermäßig belastet würden, ist auf maximal 2 Jahre befristet. Zur Klarstellung sollte in
die Befristungsregelung ausdrücklich aufgenommen werden, dass nach Ablauf von 2 Jahren
die Erhöhung erneut beantragt werden kann. Die Begründung zum Entwurf legt nahe, dass
die Befristung in erster Linie dazu dienen soll, die Einkommensverhältnisse des Bedürftigen
auf zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen zu überprüfen, um sicher zu stellen, dass
nur tatsächlich bedürftige Beihilfeberechtigte die Leistung in Anspruch nehmen. Eine erneute
Beantragung steht diesem Zweck nicht entgegen.
zu § 49 (Eigenbehalte)
Nach Meinung des DGB sind Eigenbehalte im Beihilferecht (vorher § 12 BhV Bund) reine
Kürzungsmaßnahmen. Die zu zahlende Beihilfe wird reduziert, ohne dass der Beihilfeberechtigte eine Kompensation erfährt wie im Sozialversicherungsrecht, z.B. durch stabilisierte
oder gar sinkende Arbeitnehmerbeiträge zur GKV. Insbesondere fordert der DGB die Streichung der Bestimmung über den Eigenbehalt bei vollstationären Krankenhausleistungen und
Behandlungen in Rehabilitationseinrichtungen gemäß Abs. 1 Nr. 2. Darüber hinaus fordert
der DGB, die sogenannte "Praxisgebühr" für die Inanspruchnahme von ärztlichen, zahnärztlichen und Heilpraktikerleistungen gemäß Abs. 2 abzuschaffen (vgl. Stellungnahme vom 26.
Januar 2004 zum Entwurf der 28. allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften).
Wir weisen zudem auf einen grundsätzlichen Wertungswiderspruch zur Mindestbemessungsgrenze hin. § 80 Abs. 3 Satz 1 BBG -neu- schreibt fest, dass Beihilfe als mindestens
hälftige Erstattung der beihilfefähigen Aufwendungen gewährt wird. Ein Beihilfeberechtigter
mit einem Bemessungssatz von 50 vom Hundert erhält nach Abzug der Eigenanteile keine
hälftige Erstattung mehr. Insoweit ist die Regelung in Zusammenschau mit § 80 Abs. 3 BBG
-neu-, auch wenn dieser die Möglichkeit von Eigenbehalten vorsieht, zumindest missverständlich.
Auf Grundlage von Abs. 4 wird die Konstituierung einer Bonus-Regelung bei erfolgreicher
Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen, qualitätsorientierten Präventionsprogrammen oder
bei freiwilliger Teilnahme an besonderen Versorgungsangeboten angemahnt. Damit würde
gesundheitsbewusstes Verhalten belohnt. Bereits bei der Änderung sozialversicherungsrechtlicher Regelungen durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz war zugesichert worden, dass systemadäquate Regelungen auch im Beihilferecht geschaffen werden.
zu § 51 Abs. 4 (Antragsverfahren)
Es ist fraglich, ob die vorgesehene Möglichkeit der Beihilfestellen, bei Zweifeln an der Echtheit der vorgelegten Belege ohne Zustimmung des Beihilfeberechtigten direkt beim behandelnden Arzt oder der Verrechnungsstelle Auskünfte einzuholen, mit dem Daten- und Patientenschutz vereinbar ist. Der DGB mahnt eine nochmalige Rechtsprüfung an.
zu § 52 Abs. 2 (Geheimhaltungspflicht)
Der DGB sperrt sich gegen die Weitergabe personenbezogener Daten. Er zweifelt an der
Verfahrensweise, wonach sich Kindergeld, Besoldung oder Versorgung nach Informationen
richten, die sich aus der Beihilfeakte ergeben. Vielmehr führt dieses Vorgehen zu einem Aufbau von Bürokratie, weshalb die Streichung von Abs. 2 gefordert wird.
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zu § 53 Abs. 2 (Festsetzungsstellen)
Es ist vorgesehen, dass oberste Dienstbehörden die Bearbeitung der Beihilfefestsetzungen
auch auf Dritte übertragen dürfen. Der DGB erwartet insoweit eine Klarstellung im Verordnungstext, dass die Übertragung auf einen privaten Träger (Privatisierung) ausgeschlossen
bleibt. Die Bearbeitung von Beihilfeangelegenheiten ist nach unserer Auffassung allein Aufgabe des fürsorgeverpflichteten Dienstherrn und Ausdruck hoheitlichen Handelns.
zu § 55 (Übergangs- und Schlussvorschriften)
Der DGB fordert, Abs. 1 zu streichen, soweit die Einkommensgrenze von 18.000 Euro für
berücksichtigungsfähige Ehegatten beibehalten wird (vgl. Stellungnahme zu § 4 Nr. 1 des
Verordnungsentwurfs).
Begrüßt wird vom DGB die in Folge der Herabsetzung der Altersgrenzen für den Kindergeldbezug geschaffene Übergangsregelung in Abs. 2 wonach Kinder, die im Wintersemester
2006/2007 an einer Hochschule oder Fachhochschule eingeschrieben waren, abweichend
von § 4 Nr. 2 Satz 1 längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres als berücksichtigungsfähige Angehörige gelten.
In diesem Zusammenhang weist der DGB allerdings darauf hin, dass sich Übergangsregelungen im Bund und in den Ländern uneinheitlich verhalten. Die Länder belassen es für die
Eltern der Kinder gemäß Übergangsregelung bei den erhöhten Beihilfesätzen (in der Regel
70 Prozent), bis die alte Altersgrenze von 27 Jahren erreicht ist. Der Bund will nun eine Regelung schaffen, die zwar die Beihilfeberechtigung bei den Kindern erhält, aber den Zusammenhang zur Beihilfehöhe bei den Eltern auflöst. Das ist nicht gerechtfertigt. Die Belastung
von Eltern studierender Kinder wird durch die Neuregelung (Wegfall Kindergeld) ohnehin
erheblich erhöht, wenn nun der Bund – abweichend von den Ländern – die Beihilfeberechtigung der Eltern von der Beihilfeberechtigung der Kinder abkoppelt ist dies zum einen ein
Widerspruch im System, zum anderen eine erhebliche zusätzliche Belastung.
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