Die Renaissance des Riesling

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Die Renaissance des Riesling
Reiseinformationen Deutschland
Die Renaissance des Riesling
Von Kröver Nacktarsch und anderem
Ein Bericht mit Fotos von Udo Haafke
"Süß und lieblich muss er sein, von der schönen Mosel der Wein!" - So
oder ähnlich vollmundig klangen wohl die markigen Werbesprüche in
den 50er und 60er Jahren, die der Moselregion einen Stempel aufdrükkten, von dessen Auswirkungen sie sich nun langsam erholt.
Die Trauben des Riesling waren und sind die bevorzugte Rebsorte, die
an den Hängen des sich wild schlängelnden Flusses angebaut wird.
Doch gerade diesem Tropfen haftet im allgemeinen Ansehen der Makel
an, ein schnöder Allerweltswein zu sein. Viel zu süß und nicht vornehm
lieblich, so hieß es, strapaziere er nur die Geschmacksnerven des
Weinkenners und sorge für den schweren Kopf am Morgen danach.
Hinzu kamen die, manchmal wohl zurecht kritisierten, etwas fragwürdigen Produktionsmethoden in dieser Zeit, die dann auch schon mal die
Zugabe von diversen Süßstoffen erlaubten. Winzer, die ihren Produkten
mit zugkräftigen, zumeist sehr weltlichen Namen auf die Sprünge helfen
wollten, erwähnt sei hier nur der "Kröver Nacktarsch", fügten ihr
Scherflein bei in den Reigen der Vorurteile. Während der geschmähte
Tourismus an den Ufern der Mosel zudem mit der weit verbreiteten
Vorstellung kämpfte in erster Linie Destination für nervige Kegelclubs zu
sein.
Damit jedoch wird nun kräftig aufgeräumt. Vor allem dem ehrgeizigen
Engagement der jungen Winzergenerationen ist es zu verdanken, dass
dem Riesling nun wieder wohlverdiente Beachtung zuteil wird. "Viele
angestammte Winzer mussten ihre Güter aufgeben, weil ihre Produkte
nicht mehr konkurrenzfähig waren. Qualitativ wie preislich". Klaus
Schweicher, Jungwinzer vom Leiwener Weingut St.Nikolaus-Hof, berichtet während einer Weinprobe von den Problemen, mit denen es umzugehen gilt. "Durch billige Importweine aus der ganzen Welt entstand
ein Preiskampf, der das wirtschaftliche Überleben der hiesigen Winzer
zum Schicksalsspiel machte." Der Wunsch der deutschen Verbraucher
exotische Produkte kredenzen zu können verschärfte diese Problematik
noch. Es blieben viele auf der Strecke, die ihre Ländereien aufgeben
mußten. Idealismus und guter Wille reichten allein nicht mehr aus.
Neue, ökologische Gedanken in Produktion und Vermarktung, eine
Abkehr vom Raubbau an den Weinbergen und Rückbesinnung auf
Qualität statt Quantität helfen dem Riesling nun zurück in international
konkurrenzfähige Standards.
KLEINES SCHILD VOR GROßEM WEINBERG
WEIN AM REBSTOCK
WINZERMAHLZEIT IM HOTEL
SORGFÄLTIGE PFLEGE SORGT FÜR QUALITÄT
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Von Kröver Nacktarsch und anderem
"Probieren Sie und überzeugen sich selbst!" präsentiert Klaus
Schweicher in aller Bescheidenheit seine Weine den staunenden
Testern, deren Skepsis von Tropfen zu Tropfen verfliegt. Vor allem dem
Sekt sind die Meisten ausgesprochen zugetan.
Später macht der engagierte Winzer mit der Gruppe noch einen
Ausflug per Zahnradbahn mitten hinein in seine Weinberge, um dort zu
demonstrieren, wie Wein gelesen wird und wie Triebe zurückgeschnitten werden, damit sie im Folgejahr wieder eine gute Ernte einbringen.
Rasant geht die Fahrt auf dem scheppernden Gefährt in die Höhe.
Wenn es nicht gerade als Open-Air Fahrstuhl zum Einsatz kommt, dient
es zum Abtransport der gelesenen Trauben. Ein Teil der Reben steht in
Steillage, die nicht mehr maschinell, sondern nur noch manuell zu bear
RASANTER AUFZUG
WUNDER DER NATUR - MOSELSCHLEIFE
beiten ist. Klaus Schweicher erklärt die Zusammenhänge von Lage und
Bodenbeschaffenheit, von Sonneneinstrahlung und Himmelsrichtung, die
allesamt den Wuchs und die Qualität der Trauben beeinflussen, sich
damit ebenfalls auf das Endprodukt auswirken. Nach der Lese folgt
dann das Pressen der Trauben und der anschließend einsetzende
Gärprozess. Von Weinkellerromantik keine Spur, keine hölzernen
Fässer auf denen flackernde Wachskerzen mattes Licht abgeben, keine
Spinnweben in den Ecken. In Schweichers Keller schwingt effektiv und
zweckdienlich eingesetzte Technik in Verbindung mit mächtigen
Stahltanks das Zepter. Es herrscht fast ernüchternde Ordnung und
Sauberkeit. Und doch überzeugen seine Rieslingweine ohne jegliches
verkitschtes Beiwerk.
Nur wenige Kilometer flussabwärts, dort, wo der Kröver Nacktarsch
immer noch seine eingeschworene Fangemeinde besitzt, in einer
besonders engen Windung der Mosel oberhalb von Traben-Trarbach,
liegen auf einem Hochplateau die Überreste der einstmals größten
Festungsanlage Europas.
Ludwig XIV. ließ von seinem Hofbaumeister Vauban 1687 den
Königsberg Mont Royal anlegen. Eine Anlage von geradezu bombastischen Dimensionen war geplant, um die französischen
Besatzungsgebiete zu versorgen und zu kontrollieren
HARTES GESCHÄFT GEGEN AUSLÄNDISCHE KONKURRENZ
KÖNIGSBERG MONT ROYAL
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Doch der Bau wurde nicht vollendet. Bereits drei Jahre nach Baubeginn, fertiggestellt war schon eine durchaus imposante Festungsstadt, in
deren gigantischen Kellern auch unzählige Weinfuder zur Versorgung
der Soldaten und Bewohner lagerten, kam es zur Besatzung und zu
kriegerischen Auseinandersetzungen. Bald erkannten die Franzosen,
dass diese Burg und deren Weiterbau zu hohe Kosten verursachte und
zudem nur äußerst schwierig zu halten war. Schon 1697 besiegelte der
Friede von Rijswijck ihr Ende. Der Sonnenkönig ließ Mont Royal schleifen, zog sich aus der Moselregion zurück und erhielt statt dessen im
Gegenzug die Stadt Straßburg. Heute sind von der Anlage, mittlerweile
von der Natur wieder zurück erobert, noch Teile der Fundamente, der
Bastionen und Keller zu erkennen und teilweise zugänglich. Bei der
Wanderung entlang des fünfseitigen Bollwerks lässt sich die gewaltige
Größe erahnen, zahllose Keller und Kasematten harren noch ihrer
Erforschung. Ob die französischen Rebensäfte zur Gänze geborgen
werden konnten, ist nicht bekannt. Die ausgezeichneten Rebenprodukte
von den Hängen der Mosel machen eine genauere Suche indes auch
überflüssig.
Information:
www.mosel-reisefuehrer.de
Anreise: die Moselregion ist leicht mit dem eigenen PKW erreichbar
(von Norden über die A61 bis Koblenz, die A48 und A1 Richtung
Trier; von Süden über die A6, A62 und A1 ebenfalls Richtung Trier und
Luxemburg). Zudem gibt es Zugverbindungen der Deutschen Bahn.
Unterkunft: Besonders geeignet als Standort um die Region Mittelmosel
zu erkunden sind die beiden schön gelegenen Landal Greenparks
Sonnenberg, oberhalb von Trittenheim, sowie Mont Royal bei Kröv. Die
Parks sind als komfortable Ferienhausanlagen konzipiert und sehr gut
für Familien geeignet. Es gibt Spiel- und Sportmöglichkeiten, Restaurants
und Shops sowie auch diverse kulturelle Angebote und Aktivitätsprogramme. Mont Royal, das eine Vinothek mit den Weinen aus der näheren Umgebung anbietet, liegt unmittelbar neben der alten französischen
Festungsruine. www.landal.de.
Weitere Tipps:
Weingut St.Nikolaus-Hof, Leiwen
www.wein-plus.de/deutschland/Weingut+St.+Nikolaus-Hof_54143.html
Restaurant und Hotel Galerie Riesling, Trittenheim (www.galerie-riesling.de)
Weingut und Restaurant Staffelter Hof, Kröv (www.staffelter-hof.de)
PANORAMA MOSELSCHLEIFE BEI KRÖV
VOLLE TRAUBENPRACHT
BLICK AUF WEINBERGE
LANDAL GREENPARK SONNENBERG