Gottesdienst vom 27

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Gottesdienst vom 27
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Gottesdienst vom 27. Februar 2011
Thema: Wie ein Schlag ins Gesicht.
Wenn Bibeltexte nicht halten, was sie versprechen. – Was
dann?
Eingangsspiel
Orgel
Eingangswort
Der Friede von Gott sei mit Euch allen
Werft Euer Vertrauen nicht weg, welches eine grosse Belohnung hat.
Heb 10,35
Begrüssung
„Ich begrüsse Sie alle ganz herzlich zu unserem heutigen Gottesdienst
mit dem Namen Sexagesimae, was so viel bedeutet: Noch 60 Tage bis
zu Ostern..
„Jesus, Herr und Haupt der Deinen komm zu uns, wir sind beisammen,
giesse deines Geistesflammen, giesse Licht und Leben aus über dies
dein Gotteshaus.
Das ist mein grosser Wunsch für diesen Gottesdienst, dass dies möge
geschehen. Lasst uns im Singen, Gott darum bitten.
Eingangslied
163, 1 – 3
„Jesus, Herr und Haupt, Sonne der Gerechtigkeit, komm zu uns ...
Gebet
Lieber Gott, lieber Jesus
Lass es uns jetzt erleben, dass Du da bist.
Lass Dein Licht und Leben in unsere Herzen strömen.
Stärk die Verbindung zu Dir
Stärk das Vertrauen.
Erfrisch unseren Geist.
Du unser Morgenstern
Amen
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Lied
653, 1 – 4
„Wie schön leuchtet der Morgenstern ...“
„Werft Euer Vertrauen nicht weg, welches eine grosse Belohnung hat.“
Heb 10,35
Wie erleben Sie das mit der Bibel, mit biblischen Texten? Welche
Belohnung haben sie schon empfangen?
Oder mit Texten wie:
Rufe mich an in der Not, so will ich dich erhören – wurden sie immer
erhört?
Oder: Mit meinem Gott kann ich Mauern überspringen. Konnten sie das?
Johannes der Täufer
Wie hat das Johannes der Täufer erlebt. Er hat sein Leben ganz Gott
verschrieben. Mit grosser Entschlossenheit und Leidenschaft hat er sich
im Namen Gottes für eine gerechtere Welt eingesetzt. Was war die
Belohnung? - Gefängnis! Dunkelstes Verliess in den Kerkern Herodes.
Dann hörte er von Jesus. Hören Sie, was dann geschah. Ich lese aus
Mt. 11, 2 - 6
Lesung
Mt 11, 2 – 6 / Jesaja 35,5-6 + 61,1
„Bist du wirklich, der, der kommen soll,“ liess er fragen, „oder müssen wir
auf einen anderen warten?“
„Was hat er wohl erwartet, der Johannes?“ Ich an seiner Stelle hätte vom
Erlöser, vom Befreier „Befreiung“ erwartet.
Jesu Antwort
Und jetzt schauen wir die Antwort genau an. Jesus gibt nicht eine
spontane Antwort, sondern zitiert Texte aus dem Propheten Jesaja
(35,5-6 + 61,1), in denen der Prophet erklärt, an was man den Messias
erkennen wird. Wenn man diese mit der Aussage von Jesus vergleicht,
dann fällt bei der Antwort von Jesus etwas:
Beim Propheten Jesaja heisst es nämlich neben dem, was ich
vorgelesen habe noch: Gott hat mich gesandt, den Gefangenen zu
verkünden: „Ihr seid frei! Eure Fesseln werden gelöst.“ Genau,
dieser entscheidende Zusatz, auf den vermutlich der Johannes so
gewartet hat kommt nicht! Da Johannes der Täufer ganz und gar im
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Alten Testament verwurzelt war, nehme ich an, dass er auch diesen Text
aus dem Prophetenbuch gekannt hat.
Verschlüsselte Nachricht
Dadurch, dass Jesus diesen Teil weglässt, wird die Antwort an Johannes
zu einer verschlüsselten Nachricht ins Gefängnis: Du wirst nicht
freikommen!
Und wir verstehen jetzt vielleicht besser, warum dann Jesus als
Nachsatz erwähnt.
„Freuen darf sich, wer nicht an mir irre wird!“
An Jesus irre werden
Man kann also an Jesus irre werden!! Man kann auf Grund von
Versprechen der Bibel ins Zweifeln kommen, grosse Enttäuschungen
erleben, die den Glauben und das Vertrauen ins Wanken bringen.
Johannes blieb standfest, hielt an Gott fest und die Belohnung hier auf
Erden war, dass er enthauptet wurde. Hat er sich vielleicht das gesagt,
was wir im nächsten Kanon singen: „Wechselnde Pfade, Schatten und
Licht, alles ist Gnade, fürchte dich nicht.“
Hiob
Oder hat er es sich so überlegt wie Hiob? Nachdem alle seine Kinder
umgekommen und Hiob selbst schwer krank geworden war, fordert ihn
seine Frau auf: „Mach doch Schluss mit Gott!“ Schluss jetzt mit dieser
Frömmelei. Es lohnt sich nicht! Schau, was das Resultat ist!“
Offensichtlich ist sie durch all das Schwere an Gott irre geworden und
ich verstehe das sehr, sehr gut!
Hiob aber antwortete:
„Wenn wir doch schon das Gute von Gott annehmen, sollten wir dann
nicht auch zum Unheil, zum Schweren, Unangenehmen ja sagen?“
Was denken Sie dazu?
Lasst uns den Kanon singen:
„Wechselnde Pfade, Schatten und Licht, alles ist Gnade, fürchte dich
nicht.“
Lied
699 Wechselnde Pfade
Wie erlebte denn das Jesus mit seinen Zeitgenossen?
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Lesung zur Predigt
Joh 6, 51-52a.60.66-69
Viele kamen zum Glauben, viele aber distanzierten sich von ihm. Wollten
mit ihm nichts mehr zu tun haben, weil er nicht das brachte, was sie
erwartet hatten und was im Alten Testament doch von ihm versprochen
worden war.
Und die andern, die blieben. Warum blieben sie. Vielleicht aus dem
Grund, wie es im nächsten Lied anklingt?
Lied
682, 1.2.7 Ich will dich lieben ..
Predigt
Bibeltexte, die nicht halten, was sie versprechen?
1.
Noch 60 Tage bis Ostern
Wir feiern heute also den Sonntag mit dem Namen „Sexagesimae“. Das
bedeutet sechzig, weil es noch 60 Tage bis Ostern dauert.
Ostern, das Fest der Freude, des Triumphes, der Auferstehung, der
Ausgelassenheit, der Erlösung. Noch 60ig Tage dauert es und dann
kommt es bestimmt. Mindestens in unserem Kalender ist das so.
Was aber, wenn in unserem Leben Ostern nicht erfahrbar wird. Wenn es
sich immer in der Zeit vor Ostern bewegt im Schweren, Anstrengenden.
„Werft Euer Vertrauen nicht weg, welches eine grosse Belohnung hat.“
Eine wunderbare Aussage. Was aber wenn man vertraut und die
Belohnung bleibt aus. Es folgt kein Zahltag.
Bei einem Arbeitgeber, der nicht zahlt, wird man irgendwann kündigen.
Was aber bei Gott?
2.
Geplatztes Interview
Ich hatte auf den heutigen Sonntag ein Interview geplant mit einer
jungen Frau, Psychotherapeutin, die seid vielen Jahren von der äusserst
schmerzhaften Krankheit „Morbus Crohn“ geuqält wird. Morbus Crohn
ist eine entzündliche Darmkrankheit mit schubweisen Schmerzen,
Durchfall, Erbrechen. Entzündungen können vom Mundbereich bis zum
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After auftreten. Die Entzündung kann so stark sein, dass sie die
Darmwand zerstört und benachbartes Gewebe befällt.
Leider bekam ich am Freitagabend ein Mail, dass sie wieder einen
Schub habe und deshalb nicht kommen könne.
„Werft Euer Vertrauen nicht weg, welches eine grosse Belohnung hat.“
Ich habe diese Frau in einem Gottesdienst kennen gelernt, wo sie
darüber berichtet hat, was für sie Wunder sind. Nur schon einen
Patienten zu behandeln, ohne auf die Toilette rennen zu müssen, hat sie
zum Beispiel gesagt, sei für sie ein Wunder. Es hat mich extrem
beeindruckt, dass sie immer noch so an Gott festhält, ihr Vertrauen auf
ihn setzt, obwohl die Belohnung eine äusserst schmerzhafte Krankheit
ist, die ihr ganzes Leben beeinträchtigt. Was bewegt sie dazu?
3.
Wenn Bibeltexte schaden
3.1
Das Kind, das stirbt
Bibeltexte können nämlich auch sehr verletzen.
Eine Frau liegt im Krankenhaus. Sie war gerade 25 geworden. Ein
Mädchen hat sie zur Welt gebracht. Am Montag war es zur Welt
gekommen. Doch dann traten Komplikationen auf. Es gab Probleme mit
der Lunge und niemand wusste warum. Sie hat gebetet wie nie zuvor,
Gott angefleht, zu helfen. Vergeblich. 3 Tage später starb das Kind.
Einige Tage später bringt ihr der Mann die Kirchenzeitschrift. Auf der
Vorderseite steht: „Und alles, was ihr bittet im Gebet, wenn ihr glaubt, so
werdet ihr’s empfangen.“
Dieses Bibelwort war wie ein Schlag ins Gesicht für sie! Aha, jetzt bin ich
also schuld daran, dass Gott nicht auf meine Gebete gehört hat, dass
das Kind sterben musste. Hätte ich genug geglaubt, hätte ich empfangen
und das Kind wäre jetzt unter uns. Es heisst ja „alles“!
Das ist nicht wahr! Was dieser Text sagt, stimmt nicht!. In ihrem Zorn
und ihrer Enttäuschung drückte sie es sehr klar aus: Die Bibel lügt!
Gottes Wort lügt! Ist grausam. Sie hat von diesem Moment an nicht nur
für lange Zeit die Bibel zugeschlagen und nie mehr geöffnet, sondern
auch die Verbindung zu Gott abgebrochen.
Ich verstehe das gut!
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Erst später kam sie allmählich wieder durch Lieder von Paul Gerhardt in
eine neue Beziehung. Doch bist heute versteht sie jenen Bibelvers nicht.
Eine Hilfe ist ihr dieser Text aus dem Johannesevangelium geworden:
„Was ich tue, das verstehst du jetzt nicht. Du wirst es aber hernach
verstehen.
3.2
Der schwere Unfall
Ähnlich ist es einer anderen Person gegangen. Sie erlitt einen schweren
Unfall. Während sie im Spital lag, kam eine Karte. Auf dieser Karte
standen die Worte: „Denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum
Besten dienen.“ Ein Wort aus der Bibel. Es war für sie wie ein
Messerstich ins Herz! Das Verletzte sie tief! An diesem schweren Unfall
sollte etwas Gutes dran sein. Nein, nie und nimmer.
Von da an wollte sie über Jahre nichts mehr mit dem Christentum zu tun
haben.
3.3
Erschöpfungssyndrom
Sie litt am CFS (chronique fatigue syndrom)) – chronisches
Erschöpfungssyndrom. Mit 17 Jahren brach die Krankheit aus. Dann las
sie in der Bibel jenen Text, wo Jesus dem Johannes antwortet:
„Blinde sehen, Lahme gehen, Taube hören und Aussätzige werden rein“
Sie war mittlerweile 35 Jahre. Das ist ja toll, sagte sie: Aber ich bin
immer noch krank. 20 Jahre bin ich nun Christ, folge Jesus nach und 18
Jahre krank. „Was stimmt mit mir nicht,“ fragte sie sich. Bitterkeit und
Enttäuschung kamen auf. Sie spürte, wie der Kontakt zum Text
abzubrechen drohte.
3.4
Hängen gelassen
Eine Person, die seid vielen Jahren Enttäuschung an Enttäuschung
erlebt hat, sich für Gott eingesetzt hat, Verbindung zu ihm suchte,
schrieb mir kürzlich:
Ich weiss wirklich nicht mehr, was ich von diesem Gott halten soll. So oft
wurde ich enttäuscht, hängen gelassen.“
4.
Scheidung
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Was hier geschieht, kann man mit einer Scheidung vergleichen! Der
enttäuschte Mensch trennt sich von Gott! Und wir verstehen das gut!
Denn da haben zwei ja einmal JA zueinander gesagt. Doch der eine Teil
hat nicht gehalten, was er zu mindest, was biblische Texte anbetrifft,
versprochen hat.
5.
Die offenen Arme Gottes
Trennt sich dann Gott auch von uns? Wendet er sich dann beleidigt von
uns ab? Wird er zur beleidigten Leberwurst?
Nein. In diesem vertrau ich ganz und gar den biblischen Aussagen.!
„Nichts kann uns von der Liebe Gottes trennen ...“
In der Geschichte vom verlorenen Sohn wartet Gott mit offenen Armen
bis er wieder zurückkommt und empfängt ihn. Petrus, der sich auch aus
grosser Enttäuschung von Jesus abgewandt hat, wird mit Liebe wieder
aufgenommen.
6.
Der Weg zurück!
Wie kann es wieder zu einem neuen Vertrauen kommen?
Gerne hätte ich im Interview die junge Frau gefragt. Das ist jetzt nicht
möglich. So will ich ganz persönlich von mir erzählen
Meist ist das eine längere Entwicklung, ein Prozess, durch den neues
Vertrauen entstehen kann.
Ich war auch einmal bitter von Gott enttäuscht. Fühlte mich im Stich
gelassen. Biblische Worte an die ich mich klammerte hielten wie nicht
mehr. Ich stürzte seelisch tief. Fasste dann aber allmählich zu ihm
wieder vertrauen.
Einmal als ich ihn in jener Zeit im Gebet fragte, gibt es jemand, dem ich
noch nicht vergeben habe, sagte wie eine Stimme in mir: „Hast Du mir
schon vergeben?“
Das muss sie nicht überraschen, dass so etwas geschehen kann. Das ist
nichts Aussergewöhnliches, denn Jesus hat ja auch dies versprochen,
dass er uns seinen Heiligen Geist senden würde und dass uns dieser in
alle Wahrheit leiten würde. Im heiligen Geist lässt sich Gott ganz auf
unsere Stufe hinunter, so dass wir einander Auge ins Auge sehen und
als Partner, Freunde miteinander reden können. Wir sind nicht hier die
Kleinen und er dort der Grosse, Unnahbare unter den wir uns einfach
immer nur demütig bücken und erniedrigen müssen. Natürlich ist er Gott
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aber er ist auch Vater. Wir dürfen wirklich auf gleicher Augenhöhe mit
ihm uns unterhalten und er tut es auch mit uns.
So sagte es also in mir: „Hast Du mir schon vergeben?“
Ich erschrak. „Ich Dir Gott.“ Fragte ich zurück. Ich wäre nie auf den
Gedanken gekommen, dass Gott mich um Vergebung bittet. „Ja, sagte
dieselbe Stimme. Ich habe Dich doch nach Deinem Empfinden sehr
enttäuscht. Habe nicht so gehandelt, wie Du es von mir erwartet hast.
Als Du im Gebet zu mir geschrieen hast, bekamst Du keine Antwort und
es wurde Dir nicht geholfen. Kannst Du mir das vergeben?“
Ich war wirklich sehr durcheinander. Berührt. „Und sagte dann. Ja, Gott.
Du hast mich wirklich enttäuscht. Du hast nicht so gehandelt, wie es an
vielen Stellen in der Bibel erzählt wird. Ich habe viele Male geschrieen
und es hat nichts bewirkt. Hat mich nicht aus dem Loch und dem Elend
befreit. Es schien mir, wie wenn Du ein Hörgerät nötig hättest oder blind
wärest und nicht siehst, was da vorgeht.
Und trotzdem, von ganzem Herzen sage ich: Ich vergebe Dir, denn ich
liebe Dich und möchte mit Dir zusammenleben! Unbedingt“
7.
Liebe
Da wurde mir bewusst: Es geht um Liebe!
Deshalb wurde mir in letzter Zeit das Lied so wichtig, das wir vor der
Predigt gesungen haben:
„Ich will dich lieben“ und besonders die letzte Strophe:
„Ich will dich lieben, meine Krone, ich will dich lieben, meinen Gott; ich
will dich lieben ohne Lohne auch in der allergrössten Not. Ich will dich
lieben, schönstes Licht, bis mir das Herze bricht.“
Wenn Bibeltexte nicht halten, was sie versprechen, dann geht es um
diese Herausforderung: Auch wenn mir der Glaube gar nichts bringt, wie
er dem Johannes der Täufer oder einem Hiob nichts gebracht hat: Dann
werde ich gefragt: Liebe ich trotzdem! Stehe ich trotzdem zu Gott! Liebe
ich ihn?
Es wird oft nicht einfach sein, darauf zu antworten, wenn es schwer wird.
Amen
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Fürbitte
Vater im Himmel
Ich bitte jetzt gerade für die junge Frau, die gerne unter uns gewesen
wäre, und jetzt wieder so starke Schmerzen erlebt.
Ich bitte für alle die Personen, die so unter Schmerzen und schrecklichen
Krankheiten leiden und wo auch die Medizin keine Lösung findet.
Herr erbarme Dich über sie alle.
Ich bitte für alle, die durch die Bibel enttäuscht und verletzt worden sind,
die das Verhältnis zu Dir abgebrochen haben. Bitte begegne ihnen neu,
so dass Wunden heilen und Deine Kraft wieder strömen und fliessen
kann.
So bitte geh uns voran und hilf uns auch in den schwersten Tagen, damit
wir nicht verzweifeln müssen.
Amen
Lied
690, 1 – 4 Jesu geh voran..
Kollekte
Schwerstkranker
Vereinigung zur Begleitung
Orgel / alle
Unser Vater
Segen
Es segne und beschütze uns
Der barmherzige, gegenwärtige Gott
Der Vater, Sohn Jesus Christus und der Heilige Geist
Schlussspiel
Gottesdienst vom 27. Februar
Orgel