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111 110 FUNJAZZl BLUE R H Y T H M Der neue Virtuose an der Flamencogitarre kommt aus Schweden, Natacha Atlas kokettiert mit Jazz, ein ZappaSchlagzeuger trommelt bei Ana Moura und der gute Bill Frisell liefert volle Breite für herzige Texmex-Songs einer guten Freundin, Wurzelsalat ohne Grenzen? Lesen Sie mal, was diesmal alles untergemischt ist. Route de Soleil Frankreich kann auch kosmopolitisch klingen, ohne das Seine-Ufer zu verlassen. Die Paris Combo macht das höchst charmant auf dem neuen Werk „5" (Cristal Records/Harmonia Mundi) vor. In die chansoneske Grundrezeptur mischt das Quintett um Sängerin Belle de Berry orientalische Riffs, nokturne Manouche-Färbungen, peppigen Charleston, Surfrock. Federnde RhythmusSektion, ein Cabaret-Klavier, glimmende Jazzgitarre, gestopfte Trompete - und zwischendrin mal ein süffiges Lied für verschlafene Sonntagnachmittage. Ein Ahleger der süditalienischen Folksupergroup Spaccanapoli hat sich mit Vesevo herausgebildet. Ihr selbstbetiteltes Album (Agualoca/Indigo) feiert die feurigen Pizziche und Tarantelle mit springendem Geigenbogen, schellender Rahmentrommel, ein wenig Stromgitarrenunterfütterung und raukehliger Stimme. Es braucht nicht immer ein Riesenorchester wie etwa bei Stewart Copeland, um der Musik vom Stiefelabsatz modern zu huldigen. Breitwandig angelegt dagegen ist das Projekt „Voces" (Nuba Records/Galieo MC) des spanischen Saxofonisten Perico Sambeat. Allein wie sich im Eingangsstück nach ein paar Pianolinien und der wie Espenlaub zitternden Stimme der grandiosen Sflvia Perez Cruz delikate Blechbläsersätze zu einem großen dramaturgischen Firmament aufwölben, ist zum Niederknien. Instrumental- und Gesangsstücke wechseln sich in der Folge ab, versehen mit feinen Soli vor allem auf Sax und E-Gitarre (Andre Fernandes). Eine famose, fast besinnliche Jazz-Bigband-Scheibe ohne iberische, aber mal leicht brasilianische Färbungen. Vokale Gegenspielerin von Cruz ist Viktorija Pilatovic mit ähnlich delikatem Timbre. Apropos Silvia Perez Cruz: „Domus" (Universal Spain/Import) heißt die aktuelle Scheibe dieser schönsten aller Stimmen Kataloniens; sie basiert auf einem Soundtrack, den Cruz für einen Schicksalsfilm über die Eurokrise in Spanien geschrieben hat. Fürs Album hat sie das Rohmaterial zu melancholisch-folkigem Ohrenschmaus ausgebaut. Die Songs leben von ihrer empfindsamen Stimme mit dem filigranen Vibrato, Harfe, zarte Gitarrentöne und Charango, kreiselndes Piano, der Gesang ihres Vaters treten hinzu, auch mal ein paar rustikale Chöre. Ana Moura, Portugals popaffinste Fadista, justiert auf ihrem neuen Werk „Moura" (Mercury/Universal) ihre Klangsprache unter erneutem Dirigat von Larry Klein neu. Ihre dunkle, sanft-schmirgelpapierne Stimme umgibt ein Ensemble, das von den üblichen Fado-Eckpfeilern erweitert wird, etwa mit einer leuchtenden Orgel und Schlagwerk wie aus feiner Watte. Klein hat Könner wie Vinnie Colaiuta und Dean Parks ins lusitanische Boot geholt, die es schaffen, die folkloristischeren Momente des Albums auch mal wie handfesten Country-Rock klingen zu lassen, oder im Umkehrschluss Nina Simones „Lilac Wine" wie einen sehnsuchtsvollen Gesang am Atlantikufer. Selten saßen die Fesseln des Fados so locker. Robert „Robi" Svärd hinge gen bleibt den Säulen seines Genres auf seine Weise treu: Der schwedische Gitarrist beherrscht die technischen Finessen des Flamencospiels in traumhafter Perfektion. Statt jedoch seine Virtuosität glitzern zu lassen, schüttelt er vertrackte Bulerias, Rumba oder Alegrias mit einer feinsinnigen Leichtigkeit aus dem Handgelenk, dass der Hörer sich mitten ins sonnenbeschienene Granada ver- setzt fühlt. Hier hat Svärd im Sommer letzten Jahres sein Debüt „Pa'ki Pa'ka" (Asphalt Tango/Indigo) aufgenommen, gelegentlich flankiert von der markanten Stimme des Cantaor Alfredo Tejado, zelebriert mit dezent agierender Perkussion. Hin und weg! Kairo to Kobane 20 Jahre nach ihrem Debüt hat Natacha Atlas viele stilistische Gefilde durchstreift, zuletzt versuchte sie es mit türkischen Streichern und indischer Poesie. „Myriad Road" (Universal) ist nun ihr erster konsequenter Ausflug in den Jazz, zur Seite steht ihr Genre-Prominenz wie der Trompeter (und hier auch Arrangeur) Ibrahim Maalouf, Oudist Smadj oder Pianist Frank Woeste. Die zu sehr gewollte Vereinbarkeit der wie immer grandiosen Melismen mit der Jazzcombo zieht sich durch weite Teile der Produktion. Das liegt oft daran, dass die Instrumentalisten sich zu wenig auf die Dame einlassen, dadurch werden ihre Vocals eine Glasur, die nicht zum Kuchengeschmack passt. Wirkliche Interaktion passiert immer dann, wenn Atlas die arabischen Pfade verlässt, Anspieltipp: das reizende folkjazzige „Something". Eine rundum gelungene Synthese ist dagegen das Album „Jardins Migrateurs" (Ma Case/Broken Silence). Dahinter versteckt sich das kanadische Ensemble Constantinople um die beiden iranischstämmigen Brüder Kiya und Ziya Tabassian. Von Quebec aus starten sie immer wieder in andere Weltgegenden, verbünden zeitlos Nahen Osten und Abendland mit maurischem Mittelmeer und Afrika. Hier ist der Senegalese Ablaye Cissoko ihr Partner. Kora, Setar, Gambe und Perkussion, Griotweisheiten und Poesie von Hafez, Lauten- und Stegharfenimpro, Gambengrooves Hildener Jazztage 24-29. Mai 2% r® .•-•' Hilden Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen 5 Sparkasse Hilden • Ratingen • Velbert B6LLINGHAUS* * CEWERBEPARK-SÜD STEEL cö&lihri HllM/lB-itk e . V . 'wts.Haus Hotel am Stadtpark T AIR LIQUIDE O Horst www.hildener-jazztage.de i Capio K l i n i k im Park, WeStitlCket| Ticketzentrale 0211-274000 Hilden/Mettmann westticket.de und schnipsende Tombak fügen sich zu einem berührenden Fluss zusammen, der mal an einem Barockschloss, mal an imposanten Lehmbauten, mal an prächtigen Moscheen vorbeiströmt. Auch bei Abaji spielen traditionelle Instrumente die dominante Rolle, wobei der aus Beirut stammende Songschreiber seine Musik diesmal in Armenien mit einem Dudukspieler machte, anschließend in der Türkei recherchierte und später in Paris den Kemence-Spezialisten Mahmut Demir mit ins Studio nahm. „Route & Roots" (Absilone/Galileo MC) klingt balladesk und modern, mediterran und gelegentlich chansonesk. Ferhat Tunc ist der musikalisch verlängerte Arm im Kampf des kurdischen Volkes und anderer Minderheiten um Selbstbestimmung. Seine Arbeit kann gar nicht überschätzt werden, seinen Einsatz für Menschenrechte kommentierte die türkische Regierung wiederholt mit Gefängnis, zensierte seine Lieder. Sein aktuelles Werk „Kobani" (KKV/Indigo) fällt in musikalischer Hinsicht eher mau aus. Die bewegenden Melodien sind eingebettet in pathetische Chor-Dramatik, klagende Duduk- und Saz-Intermezzi und eine Soft-Rock-Ästhetik der ig7oer. Fast schon einer Selbstzensur kommt gleich, dass die Texte über die aktuellen Sündenfälle der Türkei ziemlich unleserlich im Booklet abgedruckt sind. Blaue Gitarren und Banjos Zu den jüngeren Göttern des Blues-Rocks zählt der 38-jährige Joe Bonamassa, der pro Jahr locker ein halbes Dutzend Tonträger schafft, an denen er beteiligt ist. „Blues Of Desperation" (Provogue/Rough Trade), das zwölfte Studiowerk des „Grammy"-nominierten Gitarristen, düst mit dem schnittigen „This Train" gleich im Turbomodus los, um anschließend zwischen lärmenden Headbanger-Boogies, ein paar traditioneller bestückten Blues und weichen Lagerfeuerballaden hin und her zu schalten. Mittendrin fährt Bonamassa die Hallspirale vor seiner Stimme eine Spur runter und siehe da, es lässt sich ein wenig „Blue Eyed Soul" vernehmen. Kirk Fletcher ist laut Joe einer der besten Bluesgitarristen der Welt. Singen kann der ehemalige T-Bird nicht, weshalb er sich auf „Burning Blues" (M2/in-akustik) weitgehend damit zurückhält. Noch weniger wäre allerdings noch besser gewesen. Mit seinem Gitarrenstil steht Fletcher beidbeinig bombenfest im Schatten von SRV, liefert seine eigene Version von dessen melancholischem Instrumental „Lenny", outet sich mit dem Titel „Blues For Robben And Larry" als Fan zweier anderer bekannter Edelfrickler und fügt dem ewigen Kanon der Bluesgitarre mit alldem nichts aufregend Neues hinzu. Relativ unbescholten bisher ist der folgende Spätstarter aus Chicago. Toronzo Cannon ist 48, hat zwar schon ein paar Platten gemacht und zirkuliert seit 15 Jahren in seiner Heimatstadt als Bluesmann durch die Clubs und Festivals, sein Debüt bei Alligator (in-akustik) aber ist in jeder Hinsicht bemerkenswert. Für die Songs auf „The Chicago Way" hat der ehemalige Busfahrer eigene Erleb- nisse treffsicher mit Biss und Humor verarbeitet, beackert seine messerscharfe Firebirdstyle mit der Linken und klingt dabei auch mal ein bisschen so, wie es sich für so einen Bluesmann gehört; nach Albert King. Seine Band kramt dafür 50 fahre alte Muster aus dem Dreck der Southside hervor, aber wenn's mal etwas schnittig und funky sein soll, ist auch ein Bläserdreier zur Hand. Alte Blues, R&B und Rocker versammeln die beiden CDs „Groovin1 The Blues" und „Rockin' The Groove" (Bear Family/in-akustik), die den Output des Groove-Labels aus den frühen igsoern präsentieren: Sonny Terry, Champion Jack Dupree oder Roy Gaines sind unter den bekannteren Namen der Interpreten dieser knapp 70 Songs, die allesamt dancefloorkompatibel sind. Vom rustikalen Shuffle Terrys über Sue Allens leidenschaftliche Shouts hin zu saxlastigen Boogies und fiesem Slidesound reicht die Palette, mittendrin singt ein Knirps namens George Benson ins Mikrofon. Da war er elf; das mit der Gitarre kommt dann später... Die Songschreiber und Gitarristen Neal Black & Larry Garner verbindet, dass sie auch mal über den Tellerrand des Blues hinausgucken, weshalb das erste gemeinsame Album „Guilty Saints" (Dixiefrog/H'Art) an ein paar Ecken überrascht, etwa mit einer psychedelisch schluchzenden Mundharmonika mitten im Bandgetümmel oder meditativem Klampfengeplucker, mit lustigem Slidegefummel oder gemütlich countryeskem Flair. Mit Danny Barnes landen wir beim Gewinner des Steve Martin Prize in Banjo and Bluegrass, der bereits Bill Frisell aus den Socken haute. „Got Myself Together" (Eight 30/ in-akustik) ist Barnes' selbstbewusste Neueinspielung einer Scheibe, die er vor zehn Jahren schon einmal veröffentlicht hatte. Alles nochmal neu also? Warum? Oder ist der nur faul? Weil er die Songs von damals immer noch klasse findet und sie inzwischen durch das jahrelange Spielen anders spielt, antwortet Barnes. Ein MUSS für Fans des kauzigen Ex-Bad-Livers-Bandmitglieds also. Zum Schluss noch ein Album, das Bill Frisell gefällt, hatte er doch Carrie Rodriguez vor Jahren für die Ruhrtriennale kuratiert. Und außerdem spielt er Gitarre auf „Lola" (Luz Records/Broken Silence), für das die Texanerin neben eigenen Liedern klassische BorderSongs ausgesucht hat, „my own blend of TexMex music", wie sie im Textheft notiert. Knackige Conjuntos, schmelzende Rührstücke, Oldies wie das mexikanische „Perfidia" betören das Ohr: Gitarren mit Nylonsaiten umflirren die sanfte Violine der Sängerin, Frisell gibt sich elegant reduziert, die Lap Steel reiht sich ein. Schönklang mit Brüchigkeit, ein Soundtrack fürs Auf-und-davon-Wollen. Orchestral Favorites Als Rhabdomantie bezeichnet man das Wahrsagen mit einer Wünschelrute. Was den italienischen Sänger und Multiinstrumentalisten Manuel Volpe getrieben hat, sein Ensemble Rhabdomantie Orchestra zu nennen, wissen wir nicht. Wir wissen aber, dass die Suite, die er uns auf „Albore" (Agogo Records/Ky/Indigo) mit seinen 14 Mitstreitern K TELARC ^•M^^^^^ Hiromi | Sparks Hiromis Trio Projekt geht mit dem Album Spark in eine neue Runde. Dabei zeigt sich die japanische Pianistin und Komponistin mit den Begleitmusikern Anthony Jackson (Bass) und Simon Phillips (Drums) LIVE zu erleben am 05. Juli in Hattingen (Ruhrfestival) L U T Z HF N ER m Lutz Hafner | No Lonley Nights Echo Jazz Gewinner Lutz Hafner mit neuem Album. Rainer Böhm und Lutz Hafner, erweitert um vier Cellisten, beweisen erneut ihre unvergleichliche Fähigkeit zu lyrischen, sensiblen Interpretationen. Julian Lage | Arclight Arclight ist Julian Lages erster Ausflug auf der E-Gitarre und im Trio-Format. Unterstützt wird er durch Scott Colley am Kontrabass und Kenny Wollesen am Schlagzeug. M>~M:i'O RODR Alfredo Rodriguez | Tocororo Jede Aufnahme des kubanischen Pianisten und Komponisten Alfredo Rodriguez erzählt eine Geschichte. Featuring: Richard Bona, Ibeyi, Antonio Lizana, Ganavya Ibrahim Maalouf. Produziert von Quincy Jones. inakustik KABEL | LAUTSPRECHER | MUSIK