Gelber Backsteinweg - Hauptstele

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Gelber Backsteinweg - Hauptstele
Folge dem
Gelben Backsteinweg!
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Die Lage der abgerissenen Gelben Kaserne und des Kennedyparks im heutigen
Stadtgrundriss
Die Gelbe Kaserne und
der Kennedypark –
Geschichte und Gegenwart
eines städtischen Ortes
Das Ostviertel
ist unter den Aachener Stadtvierteln eines der urbansten Quartiere. Dies liegt nicht
allein an seiner hohen Bevölkerungsdichte und seiner baulichen und räumlichen
Kompaktheit, sondern besonders an der großen Vielfalt von gewachsenen und
„dazugekommenen“ Kulturen, die zusammenwirken, sich gegenseitig beeinflussen,
parallel nebeneinander bestehen und sich manchmal aneinander reiben.
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Vor 1914: Vor dem Hauptportal der Gelbe Kaserne am Elsassplatz fährt die Linie 18
der Aachener Kleinbahngesellschaft nach Eilendorf, Foto: Archiv R. Bimmermann
Aachen Ost war nicht nur ein wichtiger Güterumschlagsplatz und Industriestandort, sondern auch der Schwerpunkt der preußischen Garnisonsstadt Aachen. Heute
weiß man kaum noch etwas von jener alten Bedeutung … und vielleicht verdrängen
wir unbewusst diesen militärischen Teil der städtischen Vergangenheit.
Gelbe Kaserne
Elsassplatz
Nach dem 2. Weltkrieg: Die Gelbe Kaserne ist größteils nur gering zerstört,
Luftbild: Archiv Wilma Emmerich, Erzählcafé
Das Verschwinden der Gelben Kaserne
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19. Jh.: Geometrischer Städtebau im Ostviertel, gerade Straßenzüge laufen in Sichtachsen auf markante Gebäudeteile der Gelben Kaserne zu, Simulation: archigraphus
1 Bahnhof Rothe Erde
2 Rote Kaserne
3 Gelbe Kaserne
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Besonders die Gelbe Kaserne prägte das Stadtbild – sowohl wegen Ihrer Sichtbarkeit und räumlichen Inszenierung, als auch aufgrund ihrer Größe und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Hier arbeiteten viele Menschen, die wohnen mussten, einkaufen gingen, Geld ausgaben und deren Kinder die Schulen besuchten.
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Die stadträumliche Wirklichkeit des Ostviertels wird vom „Geometrischen Städtebau“ geprägt – einer klassischen Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts: Gerade
Straßenzüge, die in Sichtachsen auf markante Monumente zulaufen, bieten eine
effektive Erschließung. Die Straßenkanten werden von kleinteiligen, klar aneinandergereihten Baukörpern gefasst. In den Hinterhöfen der Baublöcke befinden
sich kleinere Wohneinheiten und größere Gewerbegebäude. Die größten und dominantesten Bauten im städtischen Raum waren früher – außer der Josefskirche –
zwei Kasernen: die Rote und die Gelbe Kaserne.
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1928: Stadtkarte mit der Lage der Roten
und Gelben Kaserne, überarbeitet
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frühes 20. Jahrhundert: Postkarte Rote
Kaserne, Kronprinzenstraße
Das preußische/deutsche Militär hat in der europäischen Geschichte eine aggressive
Rolle gespielt und großes Leid verursacht - die Gelbe Kaserne war ein gebautes
Zeugnis dieser Militärgeschichte.
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1962-64: Der Abriss der Gelben Kaserne und die Errichtung der sternförmigen
Hochhäuser erfolgten zeitgleich
Nach dem Ersten Weltkrieg war Aachen französisch und belgisch besetzt. Die Kasernen waren bekannt als als Caserne Rouge | Roode Kazerne und Caserne Jaune |
Geele Kazerne. Während die französischen Truppen bereits Anfang der zwanziger
Jahre abzogen, blieben die belgischen Truppen bis zum Ende des Jahrzehnts.
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17.09.1966: Eröffnung des Kennedyparks
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Gelbe Kaserne jedoch eine durchweg zivile
Rolle eingenommen: Da in Aachen viele Wohnungen zerstört waren, wurden in der
weitgehend intakten Gelben Kaserne provisorische Wohnungen eingerichtet. Ihre
Gebäude wurden zu vielfältigen Nutzungen herangezogen: Ein Jugendzentrum,
eine Polizeistation, Geschäfte, Räume zur Begegnung und zum Feiern … im großen
Hof fand das Pfarrfest von Sankt Fronleichnam seinen feierlichen Abschluss.
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1966: Der Kennedypark kurz nach seiner Fertigstellung
Nicht allein die Notwendigkeit einer grünen Mitte in einem zu dicht besiedelten
Stadtquartier, sondern auch das Bedürfnis nach der „Entmilitarisierung des Stadtbildes“ dürfte den Ausschlag dafür gegeben haben, dass die Stadt Aachen die
Gelbe Kaserne erwarb, um sie Anfang der 1960er Jahre bis auf die Eingangssäulen
vollständig abzureißen. Die städtebaulichen Leitbilder der 50er und 60er
Jahre wurden vom Bedürfnis nach Licht, Luft und Freiraum geprägt. Diesen
Leitbildern folgend, wurden an Stelle der Gelben Kaserne ein großzügiger
Park und zwei Hochhäuser mit sternförmigem Grundriss angelegt – gleichsam als
Gegenbild zur kompakten Stadt des 19. Jahrhunderts und als Ausgleich für die
Wohnungsnot und die Knappheit an öffentlichen Freizeit- und Grünräumen.
Die gelben Backsteine der Fassade
Die Namensgebung der Roten und der Gelben Kaserne geht unmittelbar auf die
Materialien ihrer Fassaden zurück: Sie bestanden aus roten und gelben Backsteinen.
Zur Zeit ihrer Errichtung – die Gelbe Kaserne wurde 1882 bezogen – baute man mit
Backsteinen im „Alten Reichsformat“. Ihre Abmessungen unterscheiden sich von
denen heutiger Ziegelsteine im „Normalformat“.
Der Gelbe Backsteinweg ist mit gelben Ziegelsteinen im alten Reichsformat markiert:
Die Backsteine sind in den Gehweg eingearbeitet und weisen auf einen Rundweg
hin, der über sechs Stationen durch das Ostviertel führt.
Gelber
Backstein [Kopf] im „Alten Reichsformat“
Der Mythos der Yellow Brick Road
Der Park wurde im Frühjahr1966 als Kennedypark eröffnet. Der Name des Parks
erinnert an den amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy, der 1963 einem Attentat zum Opfer gefallen war. Diese Namenswidmung ist durchaus als Verbeugung
vor einem Amerikaner zu verstehen, der sich für den Frieden und die gegenseitige
Akzeptanz unterschiedlicher Kulturen und Völker eingesetzt hat.
Gelber Backstein [Läufer] im „Alten Reichsformat“
Die „Inszenierung“ des Gelben Backsteinwegs spielt mit einem Mythos der amerikanischen Kultur, der dieses Thema der gegenseitigen Akzeptanz beschreibt: „Der
wunderbare Zauberer von Oz“, eine Geschichte, die 1900 von L. Frank Baum veröffentlicht wurde.
Ein Mädchen – Dorothy – begegnet in einer Traumwelt mehreren fremdartigen
Wesen, die es als Freunde gewinnt. Gemeinsam mit diesen Freunden folgt es der
„Yellow Brick Road“ – der gelben Backsteinstraße – um am Ziel zu erkennen, dass
sie gemeinsam mit ihren ungewöhnlichen Freunden zu wahren Heldentaten fähig ist.
1900: Der Gelbe Backsteinweg in„Der wunderbare
Zauberer von Oz“, Illustration: W. W. Denslow
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2012: Gelber Backstein / gelbe
Stele am Bahnhof Rothe Erde
Gelbe Vertikalen und eine „falsche Ruine“ im Kennedypark
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2012: Die Ecken der abgebrochenen Gelben Kaserne werden durch vier hohe
Masten markiert, sie geben Eindruck von der Größe des Gebäudes
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2012:Durch die Gucklöcher in den Steinen dieser „falschen Ruine“ werden die
gelben Maste an den Ecken der ehemaligen Gelben Kaserne sichtbar
Das Ostviertel hat im Kennedypark seine grüne Mitte. Bei gutem Wetter treffen
sich hier Junge und Alte, Zugezogene und Ur-Öcher, hier entsteht jedes Mal aufs
Neue eine multikulturelle Mischung, die charakteristisch ist für Aachen-Ost. Viele
alteingesessene Bewohner bedauern aber, dass die Gelbe Kaserne abgerissen
wurde. Da sie nach dem Krieg eine Lebensmitte des Stadtviertels war, verbinden
sich mit ihr viele schöne Erinnerungen – auch diese Erinnerungen sollen durch die
„falsche Ruine“, vor der Sie sich gerade befinden, und durch den Gelben Backsteinweg festgehalten werden.
In den Landschaftsgärten des 18. Und 19. Jahrhundert wurden oftmals verrückte
Gebäude „inszeniert“, die zu nichts Weiterem als zur Erinnerung, zum Vergnügen
und zur Anregung des Denkens dienen sollten. Häufig waren es künstliche Ruinen
– in jener Tradition steht diese „falsche Ruine“ im Kennedypark.
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Planüberlagerung: Lage der Gelben Kaserne bis 1964, Plan alter Kennedypark seit
1966, Neuplanung Kennedypark seit 2007, Platzierung der Gelben Stelen 2012
Um die riesigen Ausmaße der Gelben Kaserne erkennbar zu machen, wurden vier
gelbe Maste im Park aufgestellt. Wenn man durch die mit Pfeilen markierten Gucklöcher in den gelben Steinen der „Ruine“ schaut, kann man jeweils einen solchen
Mast anpeilen und sich vergegenwärtigen, dass die Kaserne und der Kasernenhof
fast die gesamte Fläche des Parks einnahmen.
Weitere Abbildungen befinden sich auf der Rückseite.
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Konzept | 2012
archigraphus
architektur|raumkonzepte|architecture|conceptions d'espaces
Folge dem Gelben Backsteinweg!
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Mit freundlicher Unterstützung von
Bildnachweis
1_Stadt Aachen
2_archigraphus
3_Archiv Wilma Emmerich, Erzählcafé
4_Archiv Reiner Bimmermann
1 Gelbe Kaserne
am Elsassplatz
2 Adalbertsteinweg
3 Kaiserplatz
4 Dom
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Gelben Backsteinweg!
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Die Gelbe Kaserne und der Kennedypark –
Geschichte und Gegenwart eines
städtischen Ortes
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Bebaungsplan von 1879, Stadtbaumeister Joseph Stübben plante den Adalbertsteinweg
als Straßenachse zwischen Gelber Kaserne und Kaiserplatz, ausgerichtet auf den Dom
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Postkarte, Anfang 20. Jh., im Torbogen der Einfahrt kann man die Säulen erkennen,
die noch heute am Eingang des Kennedyparks stehen
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Postkarte, Anfang 20. Jh., eine niedrige Mauer und Gitter fassten die „Vorgärten“ der
Gelben Kaserne, ein Teil dieser Mauer existiert noch heute entlang der Elsassstraße
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Im 2. Weltkrieg wurden die Turmhelme
des Portals am Elsassplatz zerstört
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1913: Festschrift zum Jubiläum des hier
stationierten Regiments „von Lützow“
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Soldaten des Infanterieregiments „von Lützow“ im „Kriegsjahr 1914“
... Viele verloren in diesem Krieg ihr Leben
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Aufstellung auf dem Exerzierplatz der Gelben Kaserne
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1946/47: Freunde aus der englischen Stadt Halifax halfen bei der Instandsetzung der
Kaserne, die Umbaupläne zum Jugendtreff mit Schwimmbad wurden nicht realisiert
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Zur Ausbesserung des Bahnhofs Rothe
Erde wurden die Abrisssteine verwendet
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Nach dem zweiten Weltkrieg endete die Fronleichnams-Prozession im
Kasernenhof
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1962-64: Abriss der Gelben Kaserne
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1962-64: Abriss der Gelben Kaserne,
Neubau der sternförmigen Hochhäuser
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1962-64: Abriss der Gelben Kaserne, Neubau der sternförmigen Hochhäuser
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1962-64: Abriss der Gelben Kaserne, Neubau der sternförmigen Hochhäuser
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1966: Der Abriss der Gelben Kaserne ermöglichte den Bau der sternenförmigen
Hochhäuser und die Anlage des Kennedyparks
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1966: Feierliche Eröffnung des Kennedyparks
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Anfang der 1970er Jahre: Elsaastraße, vor den Hochhäusern stehen noch Bäume
aus dem Vorgarten der Gelben Kaserne
1966: Plan des alten Kennedyparks
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2007: Neuplanung, Büro 3+ FREIRAUMPLANER
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Das „Bienenhaus“, Ecke Düppel-/Alsenstraße, früheres Unteroffizierswohnheim
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2012: Die Ecken der abgebrochenen Gelben Kaserne werden durch vier hohe
Masten markiert, sie geben Eindruck von der Größe des Gebäudes
Ein ausführlicher Text befindet sich auf
der Vorderseite.
Folge dem Gelben Backsteinweg!
Bildnachweis:
1_Stadt Aachen
2_archigraphus
3_Archiv Wilma Emmerich, Erzählcafé
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Kennedybüste am Eingang des Parks,
Bildhauer: Hubert Löneke, 1966
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Skizze dieser „falschen Ruine“, die Farbfelder entsprechen dem Format der Backsteine