11.05.2016 Humboldt 2016 Werkvertrag Arbeitsvertrag AÜG.pptx

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Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG
RAin Dr. Mitsch
Abgrenzung
Arbeitnehmerüberlassung
Werkvertrag
Dr. Christina Mitsch
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kurfürstendamm 31, 10719 Berlin
Tel. +49 (0) 30. 88 717-00
Fax +49 (0) 30. 88 500-75
mailto: [email protected]
11.05.2016
Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016
Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“
Drittbezogener Personaleinsatz - Fallgestaltungen
Aufgabenerledigung durch Einsatz von Fremdpersonal innerhalb der
eigenen Betriebsorganisation
11.05.2016
• 
Werkvertrag
• 
Dienstvertrag
• 
Arbeitnehmerüberlassung
• 
Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen
• 
Geschäftsbesorgungsvertrag
• 
Mischvertrag
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Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“
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Ausgangsfall – Werk-/Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag?
Das IT-Systemhaus I-GmbH (300 Arbeitnehmer) hatte mit dem IT-Spezialisten N
einen Vertrag als selbständiger freier Mitarbeiter abgeschlossen. Dieser war
bereits seit 7 Jahren dafür verantwortlich, dass die IT in der Verwaltung der IGmbH „läuft“. Musste etwa eine neue Buchhaltungssoftware installiert, ein
Passwort neu gesetzt oder ein Druckertreiber eingerichtet werden, wandten sich
die Arbeitnehmer der I-GmbH, mit denen N räumlich und inhaltlich eng
zusammenarbeitete (auch Kantine etc.) unmittelbar mit entsprechenden Aufträgen
an ihn.
N verfügte bei der I-GmbH über ein eigenes Büro, das ihm mit PC-Arbeitsplatz
und Telefon etc. zugewiesen wurde. Innerhalb fester Servicezeiten (Mo-Fr 09:00 –
17:00 Uhr) hatte er Anwesenheitspflicht und erhielt konkrete Arbeitsanweisungen
von den Führungskräften, es sei denn, er befand sich während der allgemeinen
Betriebsferien im Urlaub.
stark vereinfacht nach LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.08.2013 – 2 Sa 6/13 und
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.09.2015- 15 Sa 90/14
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Rechtsverhältnisse beim Werk-/Dienstvertrag
•  Auftragnehmer
•  Arbeitgeber
Arbeitsvertrag
Kunde
Werk-/Dienstvertrag
• 
Arbeitsleistung
• 
Gegenstandsbezogene
Anweisung, § 645 I BGB
Arbeitnehmer
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Echte Selbständigkeit oder unechte Beschäftigung?
Bezeichnung des Vertrages durch Parteien ist nicht entscheidend,
sondern bildet lediglich ein Indiz für den Status.
PFERD
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Abgrenzung selbständige – unselbständige Beschäftigung
•  Maßgeblich ist der Grad der persönlichen Abhängigkeit im Hinblick
auf die
•  Ort und Zeit der Arbeitsleistung sowie die
•  Art- und Weise der Ausgestaltung einer Tätigkeit
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Merkmale der Selbständigkeit
•  Unternehmerisches Risiko wird selbständig getragen. Möglichkeit der
Tätigkeit für mehrere Unternehmen.
•  Erfolg des finanziellen und persönlichen Einsatzes ist ungewiss.
•  Insbesondere bei Werkverträgen: Übernahme der Haftung für
Arbeitsergebnisse auch in der gelebten Praxis.
•  Freie Möglichkeit der Gestaltung der Arbeitszeit.
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Indizien für unselbständige Tätigkeit
•  Mitarbeiter unterliegt uneingeschränkt den Weisungen des
Unternehmers.
•  Arbeitsleistung wird erst durch Weisung konkretisiert.
•  Berichts- und Rechenschaftspflicht des Mitarbeiters.
•  Zeitlicher Umfang ist vorgegeben, dabei keine freie Bestimmung der
Tätigkeit in diesem Zeitrahmen (fehlende Zeitsouveränität).
•  Eingliederung in Arbeitsorganisation (wie Dienstpläne, Nutzung
ausschließlich fremden Arbeitsmaterials, ständige und enge
Zusammenarbeit mit übrigen Beschäftigten des Auftraggebers,
Führung von Personalunterlagen).
•  Unternehmerrisiko fehlt, Nebentätigkeiten nur eingeschränkt zulässig.
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Ausgangsfall: Fehlerhafte Vertragspraxis - Konsequenzen
•  N war nicht freier Mitarbeiter der I-GmbH, sondern deren
Arbeitnehmer mit allen Rechten wie Kündigungsschutz, Urlaubs- u.
Lohnfortzahlungsanspruch
•  Rückwirkende Sozialversicherungspflicht, die regelmäßig allein den
Arbeitgeber trifft, § 28 e SGB IV (Lohnabzug möglich nur bei den drei
nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen)
•  Arbeitgeber und Arbeitnehmer haften gesamtschuldnerisch für die
Lohnsteuernachzahlungen, Korrektur der fehlerhaften Behandlung
der Umsatzsteuer
•  Risiko der Strafbarkeit der Verantwortlichen des Arbeitgebers wegen
Nichtentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen, § 266 a StGB
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Ausgangsfall Variante – Werkvertrag oder Arbeitnehmerüberlassung?
Die I-GmbH hat mit der M-AG einen „Rahmenvertrag über die Erbringung von
IT-Betriebsleistungen“ abgeschlossen, der das ordnungsgemäße Funktionieren der
EDV-Arbeitsplätze der einzelnen Arbeitnehmer der M-AG gewährleisten sollte.
Die Einzelaufträge (Druckereinrichtung, Softwareinstallation etc.) werden der IGmbH über ein Ticket-System-Tool erteilt.
Zur Vertragserfüllung setzt die I-GmbH ihren langjährig erprobten Freelancer N
ein, der nunmehr bereits seit 6 Jahren lang ausschließlich am Standort der M-AG
tätig ist. Dort ist ihm ein Büro nebst PC-Arbeitsplatz und Telefon etc. zugewiesen.
Innerhalb fester Servicezeiten (Mo-Fr 09:00 – 17:00 Uhr) unterliegt er der
Anwesenheitspflicht und erhält Arbeitsanweisungen von Arbeitnehmern der MAG, mit denen er eng zusammenarbeitet (Kantine etc.).
→ N macht klageweise geltend, er stehe nicht mehr zur I-GmbH, sondern
zur M-AG in einem Arbeitsverhältnis.
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§ 10 Abs. 1 S. 1 AÜG als mögliche Anspruchsgrundlage
§ 10
Rechtsfolgen bei Unwirksamkeit, Pflichten des Arbeitgebers zur Gewährung von
Arbeitsbedingungen
(1)  Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 unwirksam, so
gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher
und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen;
tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das
Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als
zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des
Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des
Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1
gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im
übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des
Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten
diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens
Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.
(2)  …..
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Rechtsverhältnisse bei der Leih-/Zeitarbeit (AÜG)
•  Verleiher
•  Arbeitgeber
Auswahl u. Überlassung
geeigneter AN gegen Vergütung Arbeitnehmerüberlassungsvertrag
Leiharbeitsvertrag
Equal Pay/Treatment
• 
• 
Leiharbeitnehmer
•  Entleiher
•  Kunde
Arbeitsleistung
Arbeitsbezogenes Weisungsrecht
(§ 106 GewO - Entscheidung auch nach Zeit
und Ort)
• 
Kein Arbeitsverhältnis zum Entleiher
Entleiher werden Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt, die in dessen Betrieb eingegliedert
sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers zur Förderung dessen
Betriebszwecke ausführen. – vgl. BAG 18.01.12 – 7 AZR 723/10
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Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG
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Arbeitnehmerüberlassung – Erlaubnispflicht, § 1 Abs. 1 AÜG
•  AÜG statuiert Verbot mit Erlaubnisvorbehalt
•  Erlaubnispflicht, wenn
•  ein Arbeitgeber als Verleiher
•  einem Dritten (Entleiher)
•  Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) à Problem beim Verleih von Scheinselbständigen - Ausgangsfall
•  im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit à vgl. nachfolgend
•  zur Arbeitsleistung
•  vorübergehend à Anpassung an Art. 3 Abs. 1 lit. E der RL 2008/104/EG v. 19.11.08 – Weder RL noch AÜG legen
Höchstüberlassungsgrenzen fest („flexible Zeitkomponente“ – Ausschluss jedenfalls von Dauerverleih, vgl. BAG, Urteil vom 10. 12. 2013
– 9 AZR 51/13 )
•  überlassen will à vor Vertragsschluss und Aufnahme Tätigkeit, ansonsten Nichtigkeit d. Verträge nach § 9 Nr. 1 AÜG
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Wirtschaftliche Tätigkeit, § 1 Abs.1 S. 1 AÜG
Unabhängig von einer Gewerbsmäßigkeit ab 01.12.11 Erlaubnispflicht für jede
wirtschaftliche Tätigkeit, d.h. „jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder
Dienstleistungen auf einem konkreten Markt anzubieten“ – EuGH v.
01.07.2008 – C 49/07, EuZW 2008, 605. Hierzu zählen nunmehr auch:
•  Gemeinnützige Einrichtungen (vgl. LAG Düsseldorf v. 26.07.2012, Az. 15
Sa 336/12, 15 Sa 788/12, 15 Sa 1452/11),
str. für hoheitl. Handeln der öffentlichen Hand bei ausschließlich
gemeinnütziger, karitativer, künstlerischer od. sonstiger ideeller
Zweckverfolgung.
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Arbeitnehmerüberlassung – Ausnahmen von der Erlaubnispflicht
•  Einschränkung Baugewerbe, § 1b AÜG
•  Lockerungen
•  wie Abordnung zu einer ARGE, § 1 Abs. 1, S. 3 u. 4
•  Fälle des § 1 Abs. 3 AÜG (europarechtlich höchst problematisch!)
• 
insbesondere Konzernprivileg, § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG: „Gesetz ist nicht
anzuwenden zwischen Konzernunternehmen i.S.d .§ 18 AktG, wenn der
Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und
beschäftigt wird,“
• 
§ 1 a AÜG - Kollegenhilfe
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Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG
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Folgen des Fehlens einer erforderlichen Arbeitnehmerüberlassung
Sog. unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung
•  Verhältnis Verleiher – Entleiher à Nichtigkeit AÜ-Vertrag, § 9 Nr. 1
•  Keine Leistungspflichten
•  §§ 812 ff. BGB; Achtung: bei Vorsatz § 817 BGB
•  Verhältnis Verleiher – Leiharbeitnehmer
•  Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis
•  Verhältnis Entleiher – Leiharbeitnehmer
•  Fiktion eines Arbeitsverhältnisses (!), § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG
•  Schadensersatz, § 10 Abs. 2 Satz 1 AÜG
•  Gesamtschuldnerische Haftung von Entleiher und Verleiher, § 10 Abs. 3 S.
1 AÜG
•  Ordnungswidrigkeiten gem. § 16 Abs. 1 Nrn. 1, 1a, 1b, 2 (€ 500.000 !)
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Rechtsverhältnis Verleiher - Leiharbeitnehmer
•  Arbeitsverhältnis (Zustimmung zum Verleih erforderlich à § 613 S. 2 BGB
•  Equal Pay / Equal Treatment (Gleichbehandlungsgebot/
Schlechterstellungsverbot),§ 10 Abs. 4 S. 1 AÜG
• 
• 
In Verleihzeiten Gewährung (zumindest) der für einen vergleichbaren ArbN des Entleihers
geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen, einschl. Arbeitsentgelt à Gesamtvergleich d.
Entgelte im Überlassungszeitraum
Ausnahme (umstritten bei Mischbetrieben) à Abweichung durch
• 
• 
• 
• 
einschlägigen und damit die Zeitarbeitsbranche erfassenden Tarifvertrag à beiderseitige
Tarifbindung, Ausnahme in der Branche oder
einzelvertragliche Bezugnahme auf einschlägigen TV der Zeitarbeitsbranche à Tarifwerk
des BZA und iGZ mit Einzelgewerkschaften des DGB, Problematik der christlichen
Gewerkschaften (CGZP, vgl. Beschluss des BAG v. 14.12.10 u. Folgeentscheidungen)
Allerdings nicht im Fall d. Unterschreitens der Lohnuntergrenze (s. nächste Folie) und §§ 3
Nr. 3 S.4, 9 Nr. 3 AÜG – sog. Drehtürklausel
Bei Verstoß gegen Gleichbehandlung à § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG (Erlaubnis-Unzuverlässigkeit),
OWi nach § 16 Abs. 1 Nr. 7a AÜG (bis € 500.000)
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•  wie Abordnung zu einer ARGE, § 1 Abs. 1, S. 3 u. 4
•  Fälle des § 1 Abs. 3 AÜG,
Lohnuntergrenze, §3a AÜG – Das Mindestentgelt in der Zeitarbeit
•  insbesondere Konzernprivileg, § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG àzum 01.12.2011
•  modifiziert
Mit Erlass der
Verordnung
über eine Lohnuntergrenze
(vorher
nur „vorübergehende“
Überlassungin
imder
Konzern)
Arbeitnehmerüberlassung gilt ab 01.01.2012 eine Lohnuntergrenze
•  • § 1Aktuell
a AÜGgilt
- Kollegenhilfe
die am 1. April 2014 in Kraft getretene 2. Verordnung über
eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung (Laufzeit bis 31.
Dezember 2016.
Ost (einschließlich Berlin):
ab 1. April 2014: 7,86 €
ab 1. April 2015: 8,20 €
ab 1. Juni 2016: 8,50 €
West:
ab 1. April 2014: 8,50 €
ab 1. April 2015: 8,80 €
ab 1. Juni 2016: 9,00 €
•  Für die Einhaltung des Mindestentgelts ist nicht die Erlaubnisbehörde,
sondern die Zollverwaltung (FKS-Finanzkontrolle Schwarzarbeit) mit
weitreichenden Befugnissen zuständig, §17 Abs. 2 AÜG.
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Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG
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Rechtsverhältnis Verleiher - Entleiher
•  Überlassungsvertrag,§ 12 Abs. 1 S. 1 AÜG
•  Schriftform
•  Hinweispflichten, § 12 AÜG
•  Verleiher schuldet (nur) Auswahl d. AN und Zur-Verfügung-Stellung
•  Entleiher schuldet Vergütung (Vereinbarung von Stundenverrechnungssätzen)
•  Unwirksamkeit v. Abwerbungs- und Einstellungsverboten, § 9 Nr. 3 AÜG
•  Zulässigkeit der Vereinbarung einer angemessenen Vermittlungsgebühr
•  Bei Leistungsstörungen allg. Zivilrecht (§§ 280 ff. BGB)
•  Arbeitnehmer ist bei Erbringung seiner Leistung nicht Erfüllungsgehilfe (§278
BGB) des Verleihers, keine Haftung nach § 831 BGB
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Rechtsverhältnis Entleiher - Leiharbeitnehmer
•  Kein Arbeitsverhältnis
•  Bei Leistungsstörungen Haftung des Leiharbeitnehmers nach allg. Zivilrecht
(§§ 280 ff. BGB), beschränkt durch die arbeitnehmerprivilegierenden
Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs
•  Entleiher hat Arbeitsschutzvorschriften zu beachten
•  Fiktion des Entleihers als Arbeitgeber bei ArbN-Erfindungen (§ 11 Abs.
AÜG)
•  Auskunftsanspruch d. Leiharbeitnehmers gg. Entleiher bzgl. vergleichbarer
Vergütung, § 13 AÜG
•  Informationspflicht des Entleihers über freie Arbeitsplätze, § 13 a AÜG (à
Klebeeffekt)
•  Zugang d. Leiharbeitnehmers zu Gemeinschaftseinrichtungen, § 13 b AÜG
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Betriebsverfassungsrecht
Verleiherbetrieb
•  LeihAN bleiben wahlberechtigt und wählbar, falls BR (selten!), vgl. § 14 AÜG
Entleiherbetrieb
•  LeihAN sind unter den Vor. der §§ 7, 8 BetrVG wahlberechtigt, aber nicht wählbar (14
Abs. 2 S. 2 AÜG)
•  Berücksichtigung bei Schwellenwerten im Entleiherbetrieb auf Grund neuerer Rspr.
à Betriebsgröße § 9 BetrVG (BAG, Beschl. 13.03.13 – 7 ABR 69/11) und § 23 Abs. 1 S.
3 KSchG (BAG, Urteil 24.01.2013 – 2 AZR 140/12), Betriebsänderungen § 111 S. 1
BetrVG (BAG, Urteil 18.10.11 – 1 AZR 335/10)
•  Rechte nach § 14 Abs. 2 (Sprechstunden etc.), 3 (Einsicht Pers. Akte, Beschwerderecht
u.a.) AÜG
•  Beteiligung bei der Übernahme (=Eingliederung, also tatsächliche Beschäftigung!) im
Entleiherbetrieb à Widerspruchsrecht bei nicht vorübergehender Übernahme, BAG
10.07.13 - 7 ABR 91/11
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11.05.16
Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG
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Zurück zur Variante des Ausgangsfalls
•  Der zwischen der I-GmbH und der M-AG abgeschlossene
„Rahmenvertrag über die Erbringung von IT-Dienstleistungen“, auf
dessen Grundlage der N bei der I-GmbH eingesetzt wurde, ist als
Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und nicht als Werk- oder
Dienstvertrag zu qualifizieren.
•  Die Rechtsfolgen der fehlerhaften Etikettierung hängen teilweise davon
ab, ob die I-GmbH im Besitz einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis
ist, ob also eine sog. offene oder eine sog. verdeckte illegale
Arbeitnehmerüberlassung vorliegt.
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Werkvertrag mit Einsatz von Scheinselbständigen
(Illegale) Arbeitnehmerüberlassung bei Einsatz eines fehlerhaft
etikettierten „Freien Mitarbeiters“ (→ Arbeitnehmers) als
„Subunternehmer“ im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages.
• 
• 
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.08.2013 – 2 Sa 6/13
Im Rahmen eines Werkvertrags zwischen Daimler und einem IT-Systemhaus
wurden zwei IT-Spezialisten als vermeintlich freie Mitarbeiter des ITDienstleisters – tatsächlich Scheinselbständige –eingesetzt → Das ITSystemhaus verfügte über keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis!
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.09.2015- 15 Sa 90/14
IT-Anbieter verlieh Arbeitnehmer auf der Grundlage eines
Scheinwerkvertrages, hatte aber Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis!
11.05.2016
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Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“
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Werkvertrag mit Einsatz von Scheinselbständigen
Ohne Verleiherlaubnis
•  Nichtigkeit des Scheinwerk-/
dienstvertrages
•  Nichtigkeit des Arbeitsvertrages
zwischen Verleiher und Leih-AN
•  Fiktion eines Arbeitsverhältnisses
zwischen Entleiher und Leih-AN
•  Haftung für Steuern und
Sozialversicherungsbeiträge
•  Ordnungswidrigkeiten nach AÜG,
ggfs Strafbarkeit nach § 266a StGB
Mit Verleiherlaubnis
•  Nichtigkeit des Scheinwerk-/
dienstvertrages
•  „Werkunternehmer“ ist Arbeitgeber
des Leiharbeitnehmers.
•  Keine Fiktion eines
Arbeitsverhältnisses mit Entleiher
Erlaubnis wirkt wie „Fallschirm“
•  Equal Pay/Equal Treatment
•  Haftung für Steuern und
Sozialversicherungsbeiträge
•  Ordnungswidrigkeiten nach AÜG,
ggfs. Strafbarkeit nach §266a StGB
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Entwurf zur Änderung des AÜG und anderer Gesetze
•  Koalitionsvertrag vom 16.12.2013:
• 
Regulierung der Arbeitnehmerüberlassung durch Aufnahme einer
Höchstüberlassungsdauer („vorübergehend“)
• 
Schaffung gesetzlicher Regelungen zur Einschränkung des Missbrauchs von
Werkvertragsgestaltungen
•  1. Referentenentwurf vom 16.11.2015 – 1. R.E.
•  2. Referentenentwurf vom 17.02.2016 – 2. R.E.
•  3. Referentenentwurf vom 14.04.2016 – 3. R.E.
(wortgleich mit 2. R.E., nur Erläuterung zum Umstellungsaufwand für
Wirtschaft geändert)
•  Koalitionsgipfel 10.05.2016 – Verständigung über neue
Zeitarbeitsregelungen
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3. R.E. v. 14.04.2016 - §611a BGB R.E.
•  Streichung des höchst umstrittenen Kriterienkatalogs des
1. Referentenentwurfs
•  Wortlaut des § 611a BGB - 3. R.E.
Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines
anderen zur Leistung weisungsgebundener fremdbestimmter Arbeit in persönlicher
Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer
und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im
Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann; der Grad
der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab.
Für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft ist eine Gesamtbetrachtung aller
Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses,
dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag
nicht an.
→ Nachbildung der Rechtsprechung ohne Änderung der Rechtslage
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3. R.E. v. 14.04.2016 – AÜG - Höchstüberlassungsdauer
• 
Koalitionsvertrag:
„Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten“, wobei „durch einen Tarifvertrag
[…] oder auf Grund eines solchen Tarifvertrages in einer Betriebs- bzw.
Dienstvereinbarung […] abweichende Lösungen vereinbart werden“ können.
• 
3. RE: Höchstdauer ist arbeitnehmerbezogen. Vorherige Überlassung desselben
Leih-AN durch denselben oder anderen Verleiher soll ab dem 01.01.2017
vollständig angerechnet werden, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht
mehr als 6 Monate liegen.
• 
Nach Ablauf der 18 Monate kann Verleiher dem Entleiher anderen Leih-AN
überlassen, nicht aber den bisherigen - selbst auf unterschiedlichen
Arbeitsplätzen .
• 
Bei Verstoß:
• 
• 
• 
11.05.2016
Fiktion Arbeitsverhältnis Entleiher – Leiharbeitnehmer
Versagung der AÜ- Erlaubnis möglich
OWi mit Geldbuße bis zu 30.000,00 Euro für Verleiher
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11.05.16
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3. R.E. v. 14.04.2016 / Koalitionsgipfel 10.05.2016 – Equal Pay
• 
Zwingendes Equal Pay/Treatment nach 9 Monaten, bei Geltung eines
(Branchen-) Zuschlagstarifvertrages nach 12 Monaten. Koalitionsgipfel vom
10.05.2016: Bisherige Branchenzuschlagstarifverträge, die ein
Lohnangleichungssystem ab vier bzw. sechs Wochen in 5 Stufen bis zum 9.
Einsatzmonat vorsehen, sollen nach Darstellung des iGZ uneingeschränkt
erhalten bleiben
• 
Unterbrechungszeiten von weniger als 6 Monaten führen zur
Zusammenrechnung der Einsatzzeiten, selbst wenn Leih-AN von verschiedenen
Verleihern verliehen wurde. Im Koalitionsgipfel vom 10.05.2016 wurde eine
Verkürzung auf 3 Monate verhandelt
• 
Übergangsregelung, etwa Nichtberücksichtigung von Einsatzzeiten vor dem
01.01.2017, nicht vorgesehen. Koalitionsgipfel vom 10.05.2016: Nur
Überlassungszeiten nach Inkrafttreten des Gesetzes sollen berücksichtigt
werden
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3. R.E. v. 14.04.2016 – AÜG – Scheinwerkverträge
Der „Fallschirm“ wird gekappt:
• 
Vor Einsatzbeginn muss Überlassung im Vertrag zwischen Verleiher
und Entleiher ausdrücklich als AÜ unter Angabe der Person des
Leiharbeitnehmers bezeichnet werden
• 
Verleiher muss Arbeitnehmer vor jeder Überlassung darüber
unterrichten, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird
• 
„Verleiherlaubnis in der Schublade“ (verdeckte illegale AÜ) hilft nicht
mehr (vgl. Variante Ausgangsfall) → Fiktion des Arbeitsverhältnisses
zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer
• 
Neues Widerspruchsrecht des Leiharbeitnehmers gegen gesetzlich
begründetes Arbeitsverhältnis mit Entleiher
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3. R.E. v. 14.04.2016 – AÜG – Sonstiges
• 
Streik: Kein Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher.
Koalitionsgipfel vom 10.05.2016: Klarstellung, dass Leiharbeitnehmer
auch dann weiter im Kundenbetrieb eingesetzt werden dürfen, wenn sie
keine Aufgaben Streikender erledigen
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Mitbestimmung:
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Gesetzliche Klarstellung, dass Leiharbeitnehmer bei den für die
Mitbestimmung geltenden Schwellenwerten zu berücksichtigen
sind, sofern dies der Zielrichtung der jeweiligen Norm nicht
widerspricht
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Informationsrecht des Betriebsrats über den Einsatz von Personen,
die nicht im Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber des Betriebs stehen,
soll im BetrVG ausdrücklich formuliert
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Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016
Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“
30
11.05.16
Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG
RAin Dr. Mitsch
Reform: Wie geht es weiter?
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Koalitionsgipfel in der Nacht zum 14.04.2016:
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„Die Gesetze zu Leiharbeit und Werkverträgen werden in den Ministerien erneut abgestimmt werden“
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Neben dieser Ressortabstimmung Anhörung der Arbeitgeberverbände und Abstimmung mit
Sozialpartnern
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Geplante Öffnung der Zeitarbeitsbranche für Flüchtlinge. Für den Zeitraum von 3 Jahren soll
Vorrangprüfung bei Asylbewerbern und Geduldeten entfallen → Möglichkeit der Beschäftigung in der
Zeitarbeit nach bereits drei Monaten
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Koalitionsgipfel am Abend des 10.05.2016:
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Grundsätzliche Einigkeit zu den besprochenen Eckdaten (vgl. farbige Markierungen)
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In dem eingeleiteten Gesetzgebungsverfahren werden die Details zu regeln sein. Bestreben
der Arbeitgeberverbände in der Zeitarbeit: Einräumung der Möglichkeit, dass die
Zeitarbeitsbranche selbst eigene Tarifvereinbarungen zur Höchstüberlassungsdauer treffen
darf und nicht nur – wie vorgesehen – die Vertreter der Kundenunternehmen
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Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016
Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“
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(Schein-)Werk-/Dienstverträge-Arbeitnehmerüberlassung
FAZIT
•  Werkverträge und erst recht Dienstverträge als Grundlage von
Fremdpersonaleinsatz sind heikel und werden es auch bleiben!
•  Wesentliche Grundlagen der Arbeitnehmerüberlassung stehen
im Fokus der Gesetzesreform → Hohe Risiken für Verleiher
und Entleiher
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Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016
Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“
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