Schweizer Malerei - Kunstsalon Franke

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Schweizer Malerei - Kunstsalon Franke
SCHWEIZER MALEREI
70 GEMÄLDE
VOM 18. BIS 20. JAHRHUNDERT
G A L E R I E D R . S C H E N K
ZÜRICH
Ausstellung zur 700-Jahr-Feier der Schweiz
SCHWEIZER MALEREI
70 GEMÄLDE
VOM 18. BIS 20. JAHRHUNDERT
Ausstellung:
Chesa Planta, Zuoz
Die mit * gekennzeichneten Katalognummern sind verkäuflich.
Preis auf Anfrage.
Les numéros de catalogue indiqués par * sont en vente.
Prix sur demande.
I numeri di catalogo indicati con * sono in vendita.
Prezzo su richiesta.
vom 26. Juli bis 18. August 1991
Geöffnet: täglich – ausser samstags – 14.00–18.30 Uhr
Mittwoch 19.30–22.00 Uhr
Galerie Dr. Schenk, Zürich
vom 30. August bis 21. September 1991
Geöffnet: Dienstag–Freitag 10.00–18.00 Uhr
Samstag 10.00–16.00 Uhr
The catalogue numbers marked with * are saleable.
Price on request
CUNOAMIET
(1868 Solothurn – Oschwand 1961)
APFELSTILLEBEN
Kat.Nr. 44*
G A L E R I E D R . S C H E N K
PARADEPLATZIBLEICHERWEG 3, CH-8001 ZÜRICH, TEL. 01/221 07 30
Idee und Gestaltung:
Dr. Ralf Schenk
R. Elisabeth Schenk
Einleitung:
Kristina Piwecki
Katalogbearbeitung:
Dr. Ralf Schenk
Dr. Leo Krause
Dr. Jürg Davatz
Dr. Stefani Kamm
Dr. Walter Früh
© GALERIE DR. SCHENK, Zürich 1991
Graphik: Giger, Giger, Firz, Hofackerstr. 13a, CH-8032 Zürich
Fotos: Peter Schälchli, Weinbergstr. 22a, CH-8001 Zürich
Druck: Druckerei Konstanz GmbH, Konstanz
Vorwort
Anlässlich der 700-Jahr-Feier der Schweiz haben wir uns entschlossen, im Rahmen
unserer Galerie einen Beitrag zu leisten in Form einer Ausstellung, in der wir
Schweizer Künstler des 18. bis 20. Jahrhunderts zeigen.
Der glückliche Zufall wollte es, dass wir diese Ausstellung auch in Zuoz im „Chesa
Planta“, der Stiftung der Familie von Planta, vom 26. Juli 1991 bis 18. August einem
weiteren Publikum vorstellen können. Danach ist sie vom 29. August bis 21. September
in Zürich in unseren Galerieräumlichkeiten zu sehen.
Den Schwerpunkt der Ausstellung haben wir auf die Landschaftsmalerei gelegt, zu der
Schweizer Künstler Wesentliches beitrugen. Sie haben erstmals mit der idealisierenden
Sichtweise der Natur des 17./18. Jhs. gebrochen und den Weg geebnet „für die freie
Erfassung des Stimmungsgehaltes eines bestimmten, realistisch gesehenen Landschaftsausschnittes“.
Für diese Entwicklung ist in der Schweiz besonders Caspar Wolf zu nennen. Er gehört
mit seinem zentralen Œuvre zu den Wegbereitern des Landschaftsrealismus des
19. Jhs. Sein Werk wird mit Recht zu den Marksteinen der realistischen Alpendarstellungen gezählt.
Wir beginnen unsere Ausstellung mit drei bedeutenden Werken dieses „Pioniers der
Hochgebirgsmalerei“. Weiter zeigen wir Werke von namhaften Zeitgenossen wie
Angelica Kaufmann, Pierre Louis De la Rive und Maximilien de Meuron, Künstler,
die man ebenfalls in die Reihe der Wegbereiter für das kommende Jahrhundert stellen
muss, in dem dann die Blüte der eigentlichen Schweizer Malerei begann. Die romantisch-realistische Gebirgsmalerei wird repräsentiert durch ihre beiden Hauptvertreter
François Diday und Alexandre Calame, und auch von Karl Girardet. Robert Zünd
vertritt mit seinem Werk eine sich wandelnde Landschaftsauffassung, zu der sich
parallel eine von den Nazarenern geprägte, religiöse Richtung um Melchior P. von
Deschwanden entwickelte, zu der hier Severin Benz und Joseph Borrer zu rechnen
sind. In der Gattung des Genres zeigen wir zwei Gemälde seines bedeutendsten
Darstellers Albert Anker.
Zu sehen sind auch Bilder von Künstlern, die weniger in der Schweiz, als vielmehr
in anderen Ländern zu Ruhm und Ehre gelangten, wo sie sich auch hauptsächlich
aufhielten, wie etwa Edmond Jean de Pury und der später dann so ziemlich in Vergessenheit geratene Johann Jakob Frey.
Als Kernpunkt unserer Ausstellung konnten wir Künstler auswählen, die nicht nur in
der Schweiz als Wegbereiter der Moderne angesehen werden. Trotz aller Modernität
kommt in ihren Werken doch noch eine volksverbundene, die humanistischen Positionen wahrende Eigenart zum Ausdruck, die eben als typisch schweizerisch gilt. Auch
haben sie alle die lichte Bergwelt des Engadins dargestellt:
Ferdinand Hodler, der in formgespannten, streng pathetischen Kompositionen die
Historien- und monumentale Wandmalerei erneuerte; Cuno Amiet, neben Hodler
der Pionier der eigentlichen Schweizer Malerei des 20. Jahrhundert, der auch einen
grossen Einfluss auf den deutschen Expressionismus ausübte; Giovanni Giacometti,
ein ­Schweizerischer Impressionist, der in lichten und farbenfrohen Bildern besonders seine Heimat, das Engadin, verherrlichte; Augusto Giacometti, dessen frühe
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„tachistisch“ verfliessenden Abstraktionen zu den ersten Beispielen ungegenständlicher Kunst überhaupt gehören, und von dem wir ein Hauptwerk seiner späteren Zeit
vorstellen können.
Wir beenden unsere Auswahl mit Künstlern, um die es meistens still geblieben ist,
einerseits, weil sie in ihrem Kunstschaffen dem heimischen Zeitgeschmack zu modern
waren und daher nur von wenigen Eingeweihten verstanden und gesammelt wurden,
wie Walter Jonas und Max Gubler, andererseits, weil schon zu ihren Lebzeiten fast
keine Bilder von ihnen zu erwerben waren, so von den beiden Berry’s.
Vollständigkeit und Kontinuität der einzelnen Kunstrichtungen zu erreichen, das
würde die Möglichkeiten einer Galerie überfordern, aber wir sind der Überzeugung,
dass uns doch mit dem vorhandenen Material ein kleiner Überblick über die Vielfältigkeit des vergangenen, 200-jährigen Schweizerischen Kunstschaffens gelungen
ist. Dies war uns nur möglich durch die Grosszügigkeit der verschiedenen Leihgeber, denen wir hier nochmals ganz herzlich danken möchten. Unser Dank gilt hier
auch besonders Herrn Tino Walz, der es als Veranstalter ermöglichte, die Ausstellung in Zuoz zu zeigen, weiter dem Kanton Graubünden und der Gemeinde Zuoz,
der Rhätischen Bahn, Chur, der Toramonon-Stiftung, Vaduz, der Generaldirektion
der Alpina-Versicherungs AG, Zürich, der Wirtschafts- und Privatbank, Zürich, Herrn
René Henggeler, Zürich, Herrn und Frau von Holzen, Zug und weiterer verschiedener privater Förderer, mit deren Unterstützung das Unternehmen auch wieder mit
einem Katalog realisiert werden konnte, in dem die Gemälde alle farbig abgebildet
und so bearbeitet sind, dass ein interessierter Leser Anhaltspunkte und Hinweise auf
die kunsthistorische Bedeutung jedes einzelnen Objektes und seines Künstlers finden
kann. Darunter sind auch wieder Werke, die überhaupt zum ersten Mal wissenschaftlich aufgearbeitet und publiziert wurden.
Danken möchten wir auch allen, die uns mit Rat und Tat bei der Bearbeitung des
Kataloges geholfen haben: Frau Kristina Piwecki, Zürich, für das einleitende Essay,
Herrn Dr. Leo Krause, München, für seine wesentliche Mitarbeit am Katalog, Herrn
Dr. Jürg Davatz, Näfels, Herrn Dr. Walter Früh, Uerikon, Frau Dr. Stefanie Kamm,
München, für die Bearbeitung diverser Bildtexte, und für ihre freundlichen Hinweise:
Frau Dr. Ellen Berry, St. Moritz, Herrn Hans-Jakob Diggelmann, Zürich, Herrn Kurt
Hofmann, Chur, Herrn Dr. Heinrich E. Schmid, Zürich.
R. Elisabeth Schenk
Rolf Schenk
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200 Jahre Schweizer Malerei
Beispiele eines multikulturellen Kunstschaffens
Kristina Piwecki
Als Friedrich Dürrenmatt vor etlichen Jahren gefragt wurde, welches die negativste
Eigenschaft des Schweizers sei, da antwortete er in seiner typisch provokanten Art:
„Dass er sich so positiv vorkommt.“ Modifiziert man diese Aussage im Hinblick auf
die künstlerische Tradition, so gewinnt der Mythos der Schweiz als „Landschaft der
Freiheit“ reale Bedeutung.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mehrten sich die Reisen in die Schweiz, die
vor allem Deutsche und Engländer unternahmen, in erstaunlichem Masse. Es waren
nun nicht die geologischen und geographischen Reize der Alpen, die immer wieder
Reisende anzogen, sondern die ästhetische Entdeckung der Schweiz als Landschaft.
Sie wurde durch das neue, „empfindsam“ geprägte Naturgefühl von Jean-Jacques
Rousseau ebenso ausgelöst wie durch einen poetischen Begriff der „Freiheit“, den die
deutsche Dichtung, von der ersten Schweizer Reise Goethes (1775) bis zu den frühen
Hymnen Hölderlins (1792), mit der Landschaft der Schweiz unauflöslich verknüpfte.
Erstieg 1555 der berühmte Zürcher Naturforscher Conrad Gessner den Pilatus und
legte seine Erfahrungen und Entdeckungen in einem lateinisch geschriebenen Traktat
nieder, unternahm der Zürcher Scheuchzer, Begründer der Alpenphysik, 1702 bis
1711 mit seinen Schülern manche Bergreise, so hat doch erst Rousseaus Ruf „Zurück
zur Natur!“ dem Alpinismus den Weg freigelegt. Rouseau ist der grosse Propagandist
des Bergwanderns geworden, ohne dass er freilich selbst seinen Fuss auf einen Gipfel
bemüht hätte. Erst der Berner Gelehrte Albrecht von Haller erklomm das Stockhorn,
erlebte den herrlichen Genuss einer alpinen Wanderung und sang seinen vielstrophigen Lobgesang auf die Alpen, um die kulturmüden Menschen jener Epoche anzuspornen, in Gottes freie Natur hinauszuwandern.
Am Ende des 18. Jahrhundert bricht elementar etwas auf, was man als schweizerischen Beitrag an die Kunstgeschichte ansehen darf: die Landschaftsmalerei. Die
grandiose Schönheit der Alpenwelt, die bald auch die Aufmerksamkeit der ersten
Touristen auf sich zog, wird Zu einer Inspirationsquelle schweizerischer Bildthemen.
In der europäischen Landschaftskunst treten die Alpen, das Hochgebirge im Herzen
des Kontinents, erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wirklich auf den
Plan. Was vordem auf Bildern dargestellt wird, ist vom Nimbus des Unerforschten
umgeben. Freilich ist Hackaerts im Juni 1655 ausgearbeitete Ansicht vom Glärnisch,
eine epochale Bergporträt-Inkunabel, und dessen zeichnerisches Meisterwerk, die
Viamala gegen Süden eine herausragende Ausnahme.
Als „Pionier der Hochgebirgsmalerei“ hat der 1735 in Muri/Aargau geborene Caspar
Wolf, mit fast wissenschaftlichem Eifer, das konsequente Bestreben nach wirklichkeitsnaher Darstellung der Berge gezeigt. Seine Kunst, geprägt von der unmittelbaren
und kühn erkämpften Anschauung im Unwegsamen der Schweizer Alpen, hat deutliche Signale gesetzt. Doch der topographisch beobachtende Künstler sucht nicht
primär Bilder von Bergformationen, sondern beseelte, aus seinem Innern gestaltete
Bergbilder als neue Wirklichkeit hervorzubringen. Es sind bei Wolf in einer Wirklichkeitssituation begründete Symbolbilder einer erobernden Aufbruchstimmung.
In der „Winterlandschaft des Staubbachfalls“, 1774/75, einem der Meisterwerke
von Caspar Wolf, ermisst man die künstlerisch gültige Wahrnehmung der NaturgeVII
walten und ihre geheimnisvolle Grösse. Fünf Jahre später, im Oktober 1779, gab
dieser ­erhebende Anblick im Lauterbachtal Goethe den „Gesang der Geister über den
Wassern“ ein.
Die nicht nur geographische Lokalisierung des Erhabenen, Unzugänglichen und
Furchtbaren bleibt in der gelehrten Anschauung der Schweiz stets gegenwärtig, und
es erstaunt nicht, dass noch 1788 der Göttinger Professor Christoph Meiners am
Schluss seiner vielgelesenen „Briefe über die Schweiz“ das nunmehr günstige Urteil
über bestimmte Quantitäten in diesem von Fremden jetzt meistbesuchten Land mit
dessen Lage begründet: „Als das höchste und gebirgigste Land in Europa enthält die
Schweiz die meisten und grössten Schönheiten der Natur, die meisten und fruchtbarsten Alpen, die trefflichsten Herden, und Produkte der Viehzucht, und die meisten
Flüsse und Seen.“
Erst gegen Ende des rationalistischen 18. Jahrhunderts verlieren die Alpen im allgemeinen ihren menschenfeindlichen Anblick, verblasst ihre Physiognomie des absoluten Schreckens. In diesem geistesgeschichtlich bedeutsamen Bewusstseinswandel
wird die Schweiz berühmt. Schon 1779 hatte der sächsische Kunstgelehrte und
spätere Dresdner Museumsdirektor Wilhelm Becker in Meusels „Miscellaneen artistischen Inhalts“ deutlich formuliert, welch grossartiger und schwieriger Wirkunsgkreis
der bildenden Kunst in Helvetiens Landen bestimmt sei: „Kein Land gibt dem Landschaftsmaler so viel Stoff, sich in seiner Kunst auszubilden, und es zu einem gewissen
Grad von Vollkommenheit in Nachahmung der Natur zu bringen, als die Schweiz. Sie
ist der Tempel der Natur, hingestellt für alle Fremdlinge aller Länder, drinnen anzubeten den allmächtigsten Baumeister und sein Meisterwerk zu bewundern.“
Viele Schweizer Künstler bildeten sich im Ausland aus und gewannen dort
Auskommen und Erfolg. Diejenigen, die zurückkehrten, werteten das helvetische
Kunstschaffen mit ihren Erfahrungen auf. Da es in der Schweiz keine Kunstakademie
gab, suchten sich Künstler ihre Lehrmeister an den Schulen in Paris, Rom, München,
Düsseldorf und Antwerpen. Mit wenigen Ausnahmen haben viele bedeutende Maler
vom 16. bis zum 19. Jahrhundert wie Hans Holbein d. J., Jean-Etienne Liotard, Johann
Heinrich Füssli, Charles Gleyre, Félix Vallotton u.a. einen wesentlichen Teil ihres
Werkes ausserhalb ihres Heimatlandes geschaffen. Jacques-Laurent Agasse, einer der
bedeutendsten Tiermaler des 18. Jahrhunderts, war in England berühmt. Die Gebrüder
Sablet lebten in Frankreich als gefragte Porträtisten, ebenso wie Angelica Kauffmann
und Anton Graff ihren Ruhm als Bildnismaler nicht in der Schweiz erwarben. Auch
der Mangel an Mäzenen und kunstinteressierten Auftraggebern verwehrte Schweizer
Künstlern eine gesicherte Existenz in ihrem Heimatland. Erst 1883 fand in Zürich
eine erste Gesamtschau schweizerischer Kunst statt.
Viele talentierte Kleinmeister betrieben eine eigenständige schweizerische Vedute.
Diese im 19. Jahrhundert konventionell gewordene Malerei kulminierte mit François
Diday und Alexandre Calame. Sie wurde danach durch neue europäische Einflüsse
erneuert und etablierte sich mit bedeutenden Vertretern in der realistischen Landschaftsmalerei.
Die Stärke der Schweizer Künstler lag eindeutig in der Landschaftsmalerei. Das
erkannte auch Charles Gleyre, der sich allerdings selbst vorwiegend der Historienmalerei widmete und in Paris als einer der erfolgreichsten Schweizer Maler galt.
Wird von den Genfern Malern François Diday und Alexandre Calame die romantisch empfundene Bergwelt mit heroischen Impetus prachtvoll inszeniert, so weiten
Maler wie Rudolf Koller und Robert Zünd das Landschaftserlebnis auch auf beschauliche Gegenden aus. Der Solothurner Frank Buchser hat seine Grösse durch den
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Ausbruch aus der engen Heimat erreicht; er arbeitete in Marokko und in Amerika
und widmete sich der pleinairistischen Landschaftsmalerei. Künstler wie Albert de
Meuron, Auguste Baud-Bovy und Hans Beat Wieland haben Älpler, Hirten, Sennen
und Bergführer in Einzelfiguren als Ausdrucksträger des nationalen Selbstbewusstseins gestaltet.
Die romantische Historienmalerei der deutschsprachigen Schweiz wurde von Martin
Disteli, Ludwig Vogel und Hieronymus Hess begründet. Die französische Schweiz
stand unter dem Einfluss der David- und Ingres-Schule, wie es sich in der hochkultivierten Art bei Charles Gleyre dokumentiert. Léopold Robert pflegte das überall
beliebte italienische Volksgenre und begründete das Schweizer Sittenbild.
Bereits im späten 18. Jahrhundert trennen sich die Wege zur porträthaften Vergegenwärtigung der Schweizer Alpenwelt. Die möglichst objektive Richtung führt zur
kartographisch abstrahierenden Geländedarstellung, über die einzigartige Relief- und
Panoramakunst eines Xaver Imfeld zur stereophotogrammetrischen Flugbildtechnik
im neuen Kartenwerk der Eidgenössischen Landestopographie. Die subjektive Richtung führt zur künstlerischen Expression individueller Anschauung, über die weithin
wirksame Romantik eines Alexandre Calame zum Symbolismus der Jahrhundertwende, den Ferdinand Hodler und Giovanni Segantini in besonderer geistiger Klarheit verwirklichen. Dort das exakte Abbild der gesehenen Geographielandschaft in
analysierter Ganzheit, hier das konzentrierte Inbild der erlebten Seelenlandschaft als
verewigter Augenblick.
Die Entwicklung läuft freilich nicht geradlinig, sondern in Schwüngen und Sprüngen.
Neben Wolfs Gemälden der Naturgewalten, Eschers Bergpanoramen, Birmanns Gletscherstudien, markieren Schlüsselwerke von Maximilien de Meuron, Barthélemy
Menn und Ferdinand Hodler einen eigenen Stil, und sind kunstgeschichtlich einsame
Höhepunkte ohne entsprechenden Vergleich.
Einen Höhepunkt der Schweizer Genremalerei im 19. Jahrhundert bildet dann Albert
Anker. Zweifellos gilt er als der Inbegriff Schweizer Malerei, als der genaue, künstlerisch hochkultivierte Schilderer der Menschen und ihrer Umwelt. Er hat Heimatkunst zur Weltkunst erhoben. Entwicklungsgeschichtlich gehört Anker wie Buchser,
Koller und Zünd zu den realistischen Malern, aber altersmässig stehen sie zwischen
den grossen Realisten Europas und den französischen Impressionisten. Anker, der,
als einziger unter den genannten Schweizer Malern an der deutsch-französischen
Sprachgrenze aufgewachsen und von Jugend an mit der französischen Kultur stark
verbunden, ganz auf die französische Malerei ausgerichtet war, hat das entwicklungsgeschichtliche Zurückgebliebensein gegenüber dem Impressionismus immer wieder
stark beschäftigt, obwohl er sich zeit seines Lebens von dieser modernen Kunstströmung entschieden distanzierte, ohne sie abzulehnen. Gleyre, sein Lehrer in Paris, hat
ihn in seinem Idealismus bestärkt. Ankers eigene Leistung indessen besteht darin,
dass er sich von der blässlichen Vorstellung der antiken Götterwelt abwandte und
seine Bildphantasie an den Dorfbewohnern seines Heimatortes Ins entzündete. Sein
Menschenbild atmet eine Innigkeit, wie sie wohl kaum einem anderen Künstler
gelang.
Auch die anderen grossen Schweizer Künstler seiner Generation: Böcklin, Buchser,
vor allem aber Koller und Zünd haben sich zu einer bürgerlichen Denkweise bekannt.
Für sie alle wurde die Gründung des Schweizerischen Bundesstaates 1848, ein Höhepunkt demokratisch-bürgerlicher Politik, zum prägenden Erlebnis. 1870 liess sich
Anker für vier Jahre in den grossen Rat des Kantons Bern wählen.
Arnold Böcklin, der den grössten Teil seines Lebens in Italien zugebracht hat, entführt
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in eine exotisch-mystische Epoche des Bürgertums. Mit seinen unsäglichen Themen
hat er allen erdenklichen Missverständnissen Vorschub geleistet, so dass seine Farbenautonomie, dieser bedeutende Vorgriff auf die Zukunft, lange Zeit unbemerkt blieb.
Naturanschauung und Ausdrucksweise wandeln sich im Laufe der Zeiten. Das nationale Porträt der Schweiz war über lange Zeit hindurch vorwiegend topographischer
Natur. Zu den Bergen gesellten sich die Seen. Der Lausanner Maler François Bocion
und später Hodler wählten vielfach den Genfersee zum Motiv. Die künstlerisch verinnerlichte Landschaft teilt sich in einem stets aufs neue überraschenden Facettenreichtum mit. Die Schweizer Malerei des 19. und auch noch des 20. Jahrhunderts
bringt in immer neuen Variationen weniger Grundmotive unzählige Landschaftsbilder
hervor.
Der Weg in die Moderne war für die Schweizer Künstler verschlungener und mühevoller als für ihre Nachbarn. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts entschloss sich der
Bundesstaat zu einer koordinierten Kulturpolitik, erst 1860 bezog der 1806 gegründete Schweizerische Kunstverein öffentliches Geld. 1890 fand in Bern die erste Nationale Kunstausstellung statt – mit mässigem Erfolg. Als der „Moderne Bund“ 1911 in
Luzern zum ersten Mal neue europäische Tendenzen vorstellte, stiess er bei Publikum
und Kritik auf einhelligen Zorn. Konservatismus, Vielfalt der Kulturen, selbstgenügsame Isolation, Abwanderung ins Ausland: die Schweizer Kunst hatte es schwer. Dass
jedoch gerade diese Beschwernisse ihr ein ureigenes Profil modellierten, erweisen die
Werke jener Künstler, die über die Grenzen ihres Landes hinausschauten, um mit dem
gewonnenen Erfahrungen ihr eigenes Kunstschaffen zu bereichern.
Wie Böcklin ist Ferdinand Hodler ein gesamteuropäischer Künstler, der alles, was
Malerei in der Schweiz an ikonographischen Sonderleistungen erbracht hat, mit
elementarer Kraft und genialem Ausdruckswillen erneuerte. Wie eine Art Initialzündung hat sein Künstlerturn andere Talente in der Schweiz auf den Plan gerufen und in
die Entwicklung der gesamteuropäischen Malerei miteinbezogen:
Giovanni Segantini, Giovanni Giacometti, Cuno Amiet und Félix Vallotton sind die
Grossen dieser Epoche.
Wenn es einem Schweizer Maler je gelungen ist, eine nationale Identität für die
Bildende Kunst zu finden, so war es der Berner Ferdinand Hodler mit seiner neuen
Sehweise der Landschaft und seinen symbolistischen Figurenkompositionen. Auf
der einen Seite vereinigte Hodler die Summe der Erfahrungen des 19. Jahrhunderts
und legte zugleich einen Grundstein für die Moderne. Hier – und beinahe nur hier –
kann man von einem nationalen Stil sprechen. Vallotton, der naturalisierte Franzose,
hat die Kunst um 1900 in Paris mitgeprägt und gehört zu den eigentlichen Erfindern
der Jugendstilmalerei. Auch der symbolistischen Tradition verpflichtet, fühlte sich
der aus dem Südtirol stammende Giovanni Segantini. Wie kein anderer Maler hat er
sich in die schweizerische Bilderwelt, besonders in die Engadiner Landschaft eingebunden gefühlt und sie zu seinem universellen Anliegen gemacht. Mit seiner divisionistischen Malweise schuf er ein geniales Werk höchsten Ranges.
Giovanni Giacometti und Cuno Amiet lassen sich an den Akademien in München
und Paris ausbilden. Cuno Amiet brachte aus diesen beiden Kunstzentren und auch
aus der Bretagne Einflüsse von Gauguin, van Gogh und den Spätimpressionisten mit.
Nicht nur zu Frankreich pflegte er intensive Beziehungen, sondern er wurde auch von
der Dresdner Künstlergruppe die „Brücke“ als einer der Initiatoren betrachtet. Seine
Fähigkeit, alles schnell aufnehmen und sich nach allen Richtungen wenden zu können,
konzentrierte sein Interesse in vermehrtem Mass auf die Farbprobleme. Er übersetzt
den freien Umgang mit der Farbe, der für die Maler der „Brücke“ ein Programm war,
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in ein blühendes Naturerlebnis und erschafft damit eine heitere, zuweilen fast paradiesische Natur- und Landschaftsmalerei.
Sein Freund Giovanni Giacometti liess sich an der Seine von Cézanne und den Fauves
inspirieren. Er steht in der Nachfolge Segantinis. Als dieser 1899 stirbt, beendet
Giacometti dessen letztes Bild „Die beiden Mütter“. Das Bergell und das Engadin,
die Landschaft seiner Heimat, wird für ihn zu einem immer wiederkehrenden Bildthema. Dank eines regen Kontaktes mit Künstlerfreunden und Museumsleuten wird
seiner Weltkunst aus der Einsamkeit der Berge in zahlreichen Ausstellungen weitreichende Beachtung geschenkt. Ähnlich wie Amiet arbeitet er ganz aus dem Erlebnis
der Farbe heraus.
Der in den ersten beiden Jahrzehnten dieses Jahrhunderts noch kühn zu nennenden
Experimentierlust mit vom Gegenstand gelösten Farben hat sich Augusto Giacometti mit grossem Eifer hingegeben. Als Vorläufer der abstrakten Malerei wird er
immer wieder zitiert. Er ist ein Vetter zweiten Grades von Giovanni Giacometti. An
der Kunstgewerbeschule Zürich holte er sich die künstlerische Grundausbildung. Mit
20 Jahren wandte er sich zielstrebig Paris zu, wo er sich von Eugène Grassets revolutionärer Lehrmethode angezogen fühlte. Ausgehend von Punkt, Linie und Fläche
war dessen Bildgestaltung eine unmittelbare Vorstufe der Bauhauslehre, die für eine
ganze Epoche von massgeblicher Bedeutung werden sollte.
Sein absolutes, leidenschaftliches Verhältnis zur Farbe hat ihn zu einem der grossen
Farbmystiker gemacht. Der magische Zauber seiner Bilder wird in all seinen Stilepochen evident. „Es hat sich bei mir immer darum gehandelt, der Natur ihre Gesetze
des Farbigen abzulauschen und zu entlocken, um mit Hilfe dieser Gesetze einen
Organismus zu schaffen (in diesem Fall eine Kunst), die in allen Teilen parallel zur
äusseren Welt läuft. Ja, ich wollte nichts anderes, als dem lieben Gott Konkurrenz
machen. Dass ist doch sehr viel?“, lässt er in seinem Vortrag „Die Farbe und ich“
1934 verlauten.
Während der beiden Weltkriege standen den Tendenzen zur kulturellen Öffnung in
der Schweiz starke Kräfte entgegen, die oft zu Eigenisolation und zur Abwehr des
Fremden führten. Zu verteidigen war offiziell das, was man als „echte“ nationale Kunst
betrachtete, die ohne alle Anlehnungen an auswärtige Entwicklungen als Landesprodukt gewachsen war. Diese Haltung führte allerdings bei so manchem Künstler dazu,
sich in die innere Emigration abzusetzen oder sich den sog. „gesicherten“ Werten
gegenüber provokativ zu verhalten. So muss man die zahlreichen Künstlergruppen,
die zwischen 1915 und 1937 in der Schweiz entstanden, nicht in erster Linie als Interessenvereinigung für bestimmte Kunstrichtungen, sondern als Abwehrgruppierungen
begreifen. Auf dem Schauplatz der kulturellen Auseinandersetzung kommt zusätzlich eine Situation zur Anschauung, in der sich Bilder von Einschliessungen, Erstarrungen und Bedrohungen thematisieren. Es war für diese Maler keineswegs einfach,
ein Publikum zu finden, das ihren Ausdruck des Zeitgeistes verstand.
Da auf der anderen Seite die neutrale Schweiz ein relativ sicheres Exilland war,
sickerte auch internationale Avantgarde-Kunst in die Kulturprovinz. Dada, die neue
Freiheit von und in der Kunst, erfanden Immigranten in Zürich. Von Dada gingen
Impulse zu konstruktiver Kunst aus, die sich in der Schweiz am nachhaltigsten etablierte.
Mit den aus dem Ausland heimkehrenden Künstlern wurden neuere Stilrichtungen
erprobt. Alice Bailly, Otto Morach und Gustave Buchet importierten den Kubismus,
wobei Morach sich auch mit den Werken der italienischen Futuristen und dem von
Robert Delaunay in Paris geprägten Orphismus auseinandersetzte.
XI
Auch Paris und ebenso Delaunay sollten für den hierzulande noch wenig populären
Walter Jonas Inspirationsquelle für seine künstlerische Laufbahn werden. Vor allem
aber haben sich bei ihm die Einflüsse des deutschen Expressionismus markant niedergeschlagen. Nach Friedrich Dürrenmatts Aussage wurde das Zürcher Atelier von
Walter Jonas während des Zweiten Weltkrieges zu einem „Zentrum der Beunruhigten,
der Fragenden, Suchenden, der Zweifler am Konventionellen.“
Die Schweiz liegt an den Kreuzwegen Europas. Ihre kulturelle Identität speist sich
stilgeschichtlich aus den Einflüssen und Konfrontationen ausländischer Kunstschulen. Die Evidenz dieser Verschmelzungen zeigt sich jeweils deutlich am
einzelnen Künstler. Der Kunstraum Schweiz wird für die im Ausland ausgebildeten
Künstler zu einer geistigen Geographie. Gerade aus dem Blickwinkel des sich mit
fremden Stileinflüssen ernsthaft auseinandersetzenden Schweizer Künstlers können
einseitige Fixierungen gelöst und überkommene Anschauungsformen wie Heimat,
Nation, Identität inhaltlich neu gefüllt werden. Die Einbildungskraft des Künstlers
lässt nicht die blosse Abbildung gelten. Im Ausmessen seiner malerischen Möglichkeiten bleibt er zwar den alten Motiven treu, veranschaulicht aber an ihnen seinen
komplexen formalen Informationsstand. Ferdinand Hodler gelingt es, mit seinen
kraftvollen Gipfelriesen und Bergpanoramen aufwühlende Seelenlandschaften zu
vergegenwärtigen, die von zeitloser Gültigkeit sind. Das Geistige der Kunst liegt
nicht im Darstellungsinhalt, sondern in der Ausdrucksform, redet in Symbolzeichen,
belebt sich im Visionären und ergreift durch die Vieldeutigkeit alles Schöpferischen.
In der Sichtbarmachung eines geistigen Konzentrats gewinnt die Schweizer Malerei
und die Kunst überhaupt, heute wie damals, unvermindert inspirierende Bedeutung.
Katalog
CHESA PLANTA
Zuoz
GALERIE DR. SCHENK
Zürich
XII
Caspar Wolf
(1735 Muri – Heidelberg 1783)
Als Sohn eines verarmten und dann wegen „Schatzsuchens“(1) für 101 Jahre aus dem
Amtsbereich Muri (Aargau) verbannten „Tischmachers“ hat Caspar Wolf schon sehr
früh die Not kennengelernt. Malerisch begabt, ging er mit 14 Jahren (1749) nach
Konstanz zu dem fürstbischöflichen Hofmaler J. J. A. von Lenz (1701 Messkirch –
Konstanz 1764) in die Lehre, um anschliessend als Geselle die übliche „grosse
Wanderschaft“ zur Vervollkommnung seines Könnens anzutreten.
Über Augsburg, als herausragendes süddeutsches Kulturzentrum schon lange das Ziel
manches Schweizer Künstlers, zog er wohl kurz nach 1757 dann zur Residenzstadt
München weiter, war anschliessend im fürstbischöflichen Pass au und kann ab 1760,
nach 11-jähriger Abwesenheit, mit seinem signierten und datierten Altarbild in der
Tellskapelle bei Küssnacht, wieder in Muri nachgewiesen werden. Bis 1768 ist er
nun in Muri und Umgebung als selbständiger Maler, u.a. auch für das dortige Kloster,
tätig. Dass er sich ab Mitte der 60er Jahre mehr der Landschaftsmalerei widmet, als es
vorher geschah, belegen seine damals entstandenen Skizzen und Studien.
1768 ging Wolf – wahrscheinlich unzufrieden mit seinen künstlerischen Fertigkeiten
zunächst nach Basel und dann nach Paris, wo er auf Grund eines Empfehlungsschreibens des Basler Kunstliebhabers Lukas von Hagenbach (1712–1788) in die Werkstatt des damals hochgeschätzten und viel bewunderten Landschafts-, Historien- und
Schlachtenmalers Ph. J. Loutherbourg d. J. (1740 Strassburg – London 1768) eintrat.
Nach Raebers Worten bedeutete für den Landschaftsmaler Wolf der Aufenthalt in Paris
die eigentliche „Konfirmation, ja mehr noch: „im Rückblick gewinnt jene fruchtbare
Begegnung mit der französischen Kunst insofern säkulare Bedeutung, als sich dort im
Werke eines Schweizer Malers zum ersten Male die das helvetische Kunstschaffen
bis in die jüngste Zeit charakterisierende Synthese von französischer und deutscher
Kunsttradition vollzogen hat“.(2)
Dem Alpinisten Abraham Wagner (1734–1782), als „typischem Vertreter der Epoche
der bergsteigerischen und wissenschaftlichen Eroberung der Hochalpen“, ist es zu
verdanken, dass sich Wolfs „neue, eigenständige Landschaftsauffassung frei und
ungehindert verwirklichen konnte“. (3) Mit ihm als „Maler-Mitarbeiter“ zog er durch
die ganze Schweiz, und sie „scheuten keine Gefahr und suchten alles auf, was die
Natur Wunderbares und Fürchterliches in diesem Lande aufweisen kann“.(4) Diese
Zusammenarbeit währte von 1773–77 und brachte insgesamt etwa 190 Werke(5) mit
Darstellungen von „Bergen, Gletschern, Alpenweiden, Pässen, Schluchten, Brücken,
Wasserfällen, Höhlen, Tälern, Flüssen, Seen und historische Stätten… Es ist der
grösste Auftrag dieser Art gewesen, der im 18. Jh. an einen Schweizer Maler vergeben
worden ist.“(6)
Sie bilden jenen Kern des Wolfschen Gesamt-Œuvres, für den er schon zu seinen
Lebzeiten, allerdings nur von sehr wenigen, geistig hochstehenden Persönlichkeiten,
Anerkennung erfuhr. Erst nach 1945 ist durch Willi Raeber sein herausragender Stellenwert in der Entwicklung der Schweizer Landschaftsmalerei, als „Pionier der Hochgebirgsmalerei“, voll und umfassend sichtbar geworden.
Erschütternd wirken heute die Umstände seines Todes: Nach einigen Solothurner
Jahren folgten ein zweiter und, nach seiner Tätigkeit in den Rheinlanden, ein dritter
Aufenthalt in Paris. 1783 ist er dann im St.-Annen-Hospital in Heidelberg, einem
„Zufluchtsort für Arme und Sieche“ gestorben und daselbst begraben worden.
2
Kat.Nr. 1
Caspar Wolf
Der Lauerzersee mit der Insel Schwanau
1777
Öl/Lwd.; sign. u. dat.: C.Wolf 1777.
S4 x 82 cm.
Provenienz: Kulturstiftung St. Martin, Muri, Caspar Wolf-Kabinett.
Literatur: Raeber, Willi: Caspar Wolf, 1735–1783, Sein Leben und sein Werk,
München 1979, S. 270/71, Nr. 302.
3
Kat.Nr. 1 Das Gemälde „Lauerzersee“(7) entstand im Zuge des oben beschriebenen Wagner-
schen Auftrages, und zeigt den Lowerzer- oder Lauerzersee im Kanton Schwyz. Der
Betrachterstandpunkt befindet sich wohl am Fusse des Ottenfelses (673 m) oberhalb
des Ufers an einem Felsüberhang, bewachsen von einem nach rechts gekrümmten
Laubbaum, der das Zentrum des Gemäldes bildet. In der Funktion eines Repoussoirs
verstärkt dieser den Tiefeneindruck und lenkt das Auge des Betrachters zur rechten
Bildhälfte, welche von der malerischen Insel(8) Schwanau dominiert wird. Das kleine
Eiland trägt auf seinem teils bewaldeten Felsrücken die mittelalterliche Burgruine
Schwanau mit einer Kapelle(9) und einen Bauernhof, am Inselufer befinden sich
Hütten. Am linken Bildrand erkennt man die, in Wirklichkeit ca. 1,5 km entfernte,
kleine Ortschaft Lauerz, mit ihrer 1674 erstellten zweiten Kirche(10) und dem
dahinter mächtig aufragenden Rigi (1798 m). Rechts davon der sanft ansteigende
Bergrücken des Rossberges (1580 m).
In seiner Suche nach einer objektiven Beschreibung der Landschaft vermeidet
Wolf jede dramatische Übersteigerung, doch der kulissenartige Aufbau besonders
der Vordergrundskomposition lassen noch in der phantastischen Inszenierung den
Einfluss der französischen Landschaftsmalerei aus seinen früheren Jahren erkennen.
Hier wird eine von Menschen geschaffene Idylle der Erhabenheit herausragender
Natur gegenübergestellt, aber ohne ihre Vergänglichkeit oder Bedrohlichkeit durch
Beifügung von anektodischen Details und der Emotion des Künstlers darzustellen.
Es kündigt sich hier schon an, was fünfzig Jahre später Caspar David Friedrich in der
Landschaftsmalerei erneuern sollte: eine phantastische Situation in Verknüpfung mit
realer Örtlichkeit ohne dramatisches Pathos als Symbol für Jenseits und Glaube an
die Göttlichkeit der Natur.
Kat.Nr. 2 Wie in vielen seiner Alpenbilder stellt C. Wolf auch in dem Bild der „Ansicht des
Gurtnellen-Weilers“ (nicht bei Raeber aufgeführt) Natur in ihrer Mächtigkeit dem
von Menschenhand-Geschaffenen gegenüber – hier Bergpyramide und Kapelle – aber
nicht wie die spätere Generation von Alpen-Malern, um die Naturgewalten in ihrer
Bedrohlichkeit zu schildern, sondern ihre Erhabenheit und Schönheit zu zeigen, wie
der Entdecker eines Neulandes, mit fast kindlicher Neugier und Interesse.
Der Standpunkt des Betrachters liegt auf einer Serpentine eines Teiles des alten
St. Gotthard-Weges, der von Altdorf über Attinghausen, Erstfeld, Amsteg und Ried,
vorbei an Gurtnellen durch Wiler bis nach Göschenen und weiter durch die Schlucht
der Schöllenen, über die Teufelsbrücke ins Urserntal, nach Andermatt führt und von
dort über den St.Gotthard-Pass.
Der Blick wird geleitet, von der sich fast im Bildzentrum befindenden St. AnnaKapelle, die heute noch dort steht, über den Grat des Rienzen-Stocks (2957 m), direkt
auf den leicht wolkenverhangenen Gipfel des – wie bei Wolf häufiger anzutreffen –
nicht „geologisch“ ausgeführten, spitzen Massivs des Bristenstocks (3074 m). Er ist
neben dem Matterhorn eine der prächtigsten und regelmässigsten Bergpyramiden
der Alpen, aber auch noch zu Wolfs Zeiten wegen seiner gefährlichen Lawinen sehr
gefürchtet. Linker Hand erblickt man den Hang des Geissbergs oder Witenstocks
(2392 m) mit Kirche und Häusern der Gemeinde Gurtnellen und weiter darunter am
linken unteren Bildrand, die zu ihr gehörende Ortschaft Wiler mit ihrer steinernen,
einbogigen Brücke über die Reuss.
Die Farbskala reicht vom dunklen, fast in Schwarztöne gleitenden Rot-Braun des
Felsens im rechten Bildvordergrund, über die Ockertöne des Weges und die gelbdurch-tränkten Grünwerte der Wiesen und Wälder bis hin zum strahlenden, fast hart
empfundenen Weiß der gekalkten Wand der Kapelle. Wolf wollte damit sicherlich
4
Kat.Nr. 2
Caspar Wolf
Ansicht des Gurtnellen-Weilers mit Blick auf die St. Anna-Kapelle
am alten Gotthard-Weg
1774–77
Öl/Lwd.; u. Mitte sign.: C.Wolff.
54 x 75 cm.
5
nicht nur farblich einen Gegenakzent zum verhaltenen Grau des Berges setzen. In der
Inszenierung der Bildkomposition ist die angelegte Symbolik zu offensichtlich, als
dass er, als Künstler des 18. Jahrhunderts, sie hier nicht hätte bewusst mit einfliessen
lassen: das Bild ist so angelegt, dass der Weg, der durch die Überdachung der Kapelle
führt, direkt in der Bildmitte zu liegen kommt, links und rechts flankiert einerseits
vom Kruzifix, dessen Stamm aus dem Schnittpunkt der Talsohlen herauszuwachsen
scheint, und andererseits dem Glockentürmchen über der grell beschienenen, weissen
Wand des Kapellenheiligsten, und gen au dahinter, fast wie ein Finger nach oben
deutend, der mächtig sich aufragende Bristenstock. Durch die verhaltene Farbigkeit
und die schlankere Form als in Wirklichkeit, nimmt Wolf ihm einen Teil seines gewaltigen Eindruckes und zeigt uns eine Idylle des harmonischen Einklangs von Natur
und Menschenwerk.
Kat.Nr. 3 Das Gemälde „Ansicht von Leukerbad“(11) ist sicherlich ebenso im Zuge des
oben beschriebenen Wagnerschen Auftrages entstanden wie die vorhergehenden.
Der Standpunkt des Betrachter liegt ungefähr auf der Torrent Alp, am Fusse des
Torrenthorn (2998 m). Man blickt leicht von oben auf die schon seit Alters her als
Heilbad bekannte Ortschaft Leukerbad (Loèche les Bains).
Schon in der Komposition seiner Vorzeichnung(12) gewährt C. Wolf dem Ort nur
das untere Bild-Viertel. Den restlichen Raum überlässt er der Natur, hier dem sich
mächtig und bedrohlich erhebenden Massiv, das das von der Dala durchflossene Tal
westlich begrenzt. Es reicht in unserem Bild vom Daubenhorn (2941 m) über die
Gemmi (2322 m) und die Plattenhörner bis zum Rinderhorn (3453 m). Die Gemmi,
ein Passübergang und eine schon seit der Bronzezeit wichtige Verbindung (13) von
Leuk über Leukerbad nach Kandersteg und Frutigen, liegt genau in der Bildmittelachse und wird überragt von dem dahinterliegenden Steghorn (3147 m).
Wolf, ein Künstler des 18. Jhs., inszenierte sein Bild so, dass er sich die, für dieses Tal
sicherlich schönste Übersicht (14) suchte und das dörfliche Zentrum – die Kirche mit
Turm – genau unterhalb des Gemmi-Passes in die Bildmittelachse legte. Er lässt, wie
es das klassische Schema vorgibt, hier den Betrachter über die rechte untere Seite,
quasi wie über eine Bühne, in das Bild eintreten. Als Repoussoir, in sehr dunklen,
rotbraunen Farben gehalten, ist dies auch ein kompositionelles Gegengewicht zum
mächtigen Daubenhorn. Ausstaffiert mit Raum schaffenden Elementen, wie Bäumen
und zum Niedersetzen einladenden Erhöhungen, verweilen auf ihr schon „Touristen“,
die den erhabenen Ausblick auf das Tal und die Bergkette geniessen.
Die Behandlung der Beleuchtung bei C. Wolf ist nicht zufällig oder den Tageszeiten
unterworfen, wobei er dies nicht ausser Acht lässt, sondern in ihrer oft punktuellen
Anwendung hebt er dadurch Einzelheiten hervor, bindet sie zusammen und verleiht
ihnen eine symbolhafte Bedeutung, in der der Natur – hier das mächtige Massiv des
Daubenhorns – in der Gegenüberstellung zu dem von – Menschenhand-Geschaffenen –
Dorf und Gemmi-Pass – das Bedrohliche und Gewaltige genommen wird.
6
Kat.Nr. 3
Caspar Wolf
Ansicht von Leukerbad mit Blick auf die Felswände der Gemmi
1774–77
Öl/Lwd.; u.r. sign.: Wolff.
54 x 75 cm.
Provenienz: Gemeinde Leukerbad.
Ausstellungen: Aarau, Gewerbemuseum, Der Maler der Alpen, 1948, Nr. l2
Literatur: Raeber, Willi: Caspar Wolf, 1735–1783, Sein Leben und sein Werk,
München 1979, S. 281, Nr. 329.
7
Angelica Kauffmann
(1741 Chur – Rom 1807)
Bei aller „Wunderkind-Begabung“ – sie soll bereits mit neun Jahren Porträts in Pastell
ausgeführt haben – ist es doch naheliegend, dass Angelica Kauffmann zumindest die
Grundlagen des malerischen Arbeitens bei ihrem Vater Jos. Joh. Kauffmann (1707
Schwarzenberg – Venedig 1782), einem mässig erfolgreichen Vorarlberger Kirchenund Bildnismaler, vermittelt bekam. (15) Sie lernte vornehmlich durch Kopieren religiöser, mythologischer und historischer Werke alter Meister und älterer zeitgenössischer Maler. Aufträge des Vaters erzwangen wiederholte Ortswechsel.(16) Mailand
wäre wichtig zu erwähnen, weil sie hier sicherlich die zahlreichen Pastellgemälde
der weit über Italien hinaus berühmten venezianischen Porträtistin R. Carriera (1675
Venedig 1757) kennenlernte.(17) Nach einer Zeit ruhiger Entwicklung im damals
abgelegenen Schwarzenberg(18), geht die berufsbedingte Wanderschaft weiter über
Mailand, Meersburg, Tettnang, Parma, Bologna nach Florenz, wo sie mit einem Selbstbildnis in die grossherzoglichen Uffizien aufgenommen und Mitglied der „Academia
delle Belle Arti“ wurde (1762) – was für eine Frau noch keineswegs selbstverständlich war. In Rom findet sie schnellen Zugang zum Kreis um den „Begründer der klassischen Archäologie“ J. Winckelmann (1717–1768). Aber auch die begehrte Mitgliedschaft in der „Academia di San Luca“ hindern sie nicht 1765 nach Venedig weiter zu
ziehen, von wo aus sie sich in Begleitung der Ehefrau des englischen Gesandten in
Rom, nach London begab. Hier verbringt sie die nächsten 15 Jahre. Alles was Rang
und Namen hatte, ob Adeliger oder Bürger, wollte von ihr dargestellt werden.(19)
Damals konnte sie sich die entscheidende materielle Grundlage schaffen auch für
spätere, wirtschaftlich schwierigere Zeiten. Vielleicht auch durch die sich häufenden
Diffamierungen und bösartigen Unterstellungen bedingt, verlässt sie London 1781,
inzwischen verheiratet mit dem venezianischen Maler, Antonio Zucci (1726 Venedig –
Rom 1795) und begibt sich über Venedig nach Rom. Hier bleibt sie, abgesehen von
mehreren berufsbedingten Reisen nach Neapel, bis zu ihrem Lebensende tätig. Ihr
Atelier wurde zu einem der bekanntesten Treffpunkte, nicht nur für die adeligen
Grand-Tour-Touristen, sondern auch für viele geistigen Grössen (Goethe u.a.) und
manchen Künstler. Es ist hier nicht der Ort auf die teils recht subtilen und in Kürze
nur schwerlich aufzuzeigenden stilistischen Wandlungen Angelicas einzugehen. Es
soll deswegen nur auf einige charakteristische Konstanten hingewiesen werden, wie
sie auch in unserem Bild zum Ausdruck kommen. Spätestens seit den ersten Jahren
ihres London-Aufenthaltes kann bei ihr im allgemeinen von einem dem „Rokoko
verhafteten Klassizismus“ gesprochen werden. Positiver formuliert, soll damit gesagt
werden, dass sie stets die kühle Strenge der Klassizisten vermeidet. Ihre Formen sind
weicher, die Farben wärmer, die Komposition lockerer. Das sind drei Komponenten,
die auch auf unser Bild zutreffen, zumal es in Pastell ausgeführt wurde. Bei dieser
Technik ist insbesondere der ausserordentlich feine Schmelz der Farben charakteristisch für Angelica. Dargestellt sind zwei Frauen der Tauben wegen wohl Priesterinnen der Venus(20) die in zeitlose Gewänder und golddurchwirkte Kopfschleier
gehüllt sind. Die Arbeit dürfte noch vor London entstanden sein. Das Kolorit weist
auf Venedig und der Stil teilweise auf die Kenntnis des bereits dem klassizistischen
Ideal verpflichteten Raphael Mengs (1728 Aussig – Rom 1779) hin, ohne dass eine
englische Komponente sichtbar ist. Eine Entstehung in Venedig 1765/66 wäre deshalb
möglich.
8
Kat.Nr. 4*
Angelica Kauffmann
Venuspriesterinnen
1765/66
Pastell; u. M. monogr.: AK
68 x 58 cm (Oval).
9
Balthasar Antoine Dunker
(1746 Saal/Stralsund – Bern 1807)
Von Dunker sprechen, heisst auch einige Worte vorausschicken über die „Schweizer
Kleinmeister“, von denen er einer der qualitätvollsten und gebildetsten war. Es ist
dies eine zusammenfassende Bezeichnung für jene Künstler, die etwa ab Mitte des
18. Jhs. aufgrund des rasch und kräftig einsetzenden europäischen Tourismus nach
dem Siebenjährigen Krieg (1756–63) kleinformatige Darstellungen fertigten von
schönen, erhabenen, historisch-topographisch oder sonstwie merkwürdigen Stellen
der Schweiz, die oftmals schon von den ersten Reiseschriftstellern und gern gelesenen Literaten, wie A.v.Haller (1708 Bern 1777) und J.J.Rousseau (1712 Genf –
Ermenonville 1778) populär gemacht wurden. Penibel realistisch oder in verschiedenen Graden idealisiert, sind sie zumeist belebt durch volkskundliche Genreszenen,
wenn solche Szenen nicht überhaupt zum Hauptthema gewählt worden sind. Hin und
wieder ist eine Landschaft auch ganz und gar erfunden, Schweiz-artig mit bäuerlicher
Staffage oder in südländischer Charakterisierung, wie etwa in dem ausgestellten Werk
von Dunker. Vorzugsweise sind die Darstellungen auf Papier als Aquarelle, Gouache
und lavierte Federzeichnungen gefertigt, als Radierungen und Stiche oft koloriert.
Käufer waren in erster Linie die via Schweiz nach Italien reisenden Grand-Tour- und
die speziellen AlpenTouristen, die in handlicher Form ein Stück sichtbar bleibende
Erinnerung mit nach Hause nehmen wollten. Bern ist zu einer der wichtigsten Stationen dieser Touristen und somit zu einem Zentrum dieser Künstler geworden, zu deren
„Kerngruppe“ neben Joh.L.Aberli (1723 Winterthur – Bern 1786), S.Freudenberger
(1745 Bern 1801), H.Rieter (1751 Winterthur – Bern 1818), J.J.Biedermann (1763
Winterthur – Aussershil1830), auch Dunker zu rechnen ist.(21)
Dunker war seit 1762 Schüler des hoch geachteten Landschaftsmalers Ph.Hackert
(1737 Prenzlau – San Piero di Carregio 1807). Mit ihm ging er 1765 nach Paris.
J. M. Vien (1716 Montpellier – Paris 1809), einer der Wegbereiter des Klassizismus
und Noël Hallé (1711 Paris 1781) wurden hier seine Lehrer. Im Radieren liess er
sich von J.Aliamet (1726 Abbeville 1788) unterrichten. 1772 wurde er in Vermittlung
durch J.G. Wille (1715 Obermühle/Giessen – Paris 1808) zu einer angeblich interessanten, lukrativen Arbeit nach Basel geholt, die sich aber bald mehr als schlecht
bezahlte handwerkliche Tätigkeit herausstellte.(22) Bereits 1773 setzte sich Dunker
via Bern ab, um dort den mit ihm seit der Pariser Zeit freundschaftlich verbundenen
S.Freudenberger zu besuchen. Dieser Besuch sollte indes ein Leben lang währen.
(23) Bis zu seinem Tode wirkte Dunker hier nun „in ungemein fleissiger und fruchtbarer Weise als“ Bücher-Illustrator „und als Zeichner, Maler und Radierer von Landschaften, Genre- und Trachtenbildern, Wappentafeln, Ex libris, und Silhouetten“. (24)
Dunker ist einer der wenigen Kleinmeister, die auch romantische Landschaftsvorstellungen zu verbildlichen wussten, sei es im Sinne des „Schönen“ oder des „Erhabenen“, als tages- oder als mondscheinerhellte Nachtstücke, mit mittelalterlichen
Burgruinen und Rittervolk oder mit antikisierender Architektur- und Personenstaffage. Das ausgestellte Werk „Rast an der Gräberstrasse“(25) gehört zweifellos zu den
stimmungsvollsten dieser Art. „Schönes“ und „Erhabenes“ in der allgemein verstandenen Bedeutung der damaligen Zeit, gleichmässig subtile Durchgestaltung des
ganzen Bildfeldes und grosszügiger Gesamtentwurf sind hier zu einer untrennbaren
ästhetischen Einheit zusammengeführt.
10
Kat.Nr. 5*
Balthasar Antoine Dunker
Rast an der Gräberstrasse
1779
Federzeichnung, Tusche laviert; r.u. sign. u. dat.: Dunker. 1779.
37 x 27,5 cm.
11
Pierre Louis De la Rive
(1753 Genf 1817)
Kat.Nr. 6
Pierre Louis De la Rive wurde als Sohn eines protestantischen Pastors in Genf geboren.
Schon sehr früh zeigte er Interesse an der Malerei, doch sollte er auf Wunsch seines
Vaters die juristische Beamtenlaufbahn einschlagen. Nachdem er sich bei einem
mittelmässigen Lehrer erste Kunstkenntnisse durch Kopieren holländischer Meister
des 17. Jhs. erwarb, brachte ein Aufenthalt in Dresden die entscheidende Begegnung
mit Werken des Claude Lorrain (1600 Champagne – Rom 1682), der für ihn das
erstrebenswerte Vorbild wurde. Auf Anraten des damaligen Direktors der dortigen
Akademie, F.-G. Casanova (1727 London – Brühl/Wien 1802), machte er es sich zu
einer auch später beibehaltenen, nützlichen Gewohnheit, Naturstudien zu betreiben.
Nach einer sicher kenntnisvertiefenden Reise nach Holland – manchen Künstler
kannte er ja schon durch Kopieren – verwirklichte er den schon lange gehegten
Wunsch, Italien zu besuchen. Venedig und vor allem Rom waren seine Stationen. Es
war die herbe Schönheit der römischen Campagna, in der klassischen Vorstellung des
„immortel Claude Lorrain“ gesehen, die ihn besonders beeindruckte und die er immer
wieder im Stile dieses Künstlers malerisch zu erfassen suchte. Seinem ebenfalls in Rom
weilenden, fast gleichaltrigen Freund J.P. Saint-Ours (1752 Genf 1809), einem bereits
erfolgreichen Historienmaler, hat De la Rive sicher manche brauchbare Kenntnis und
Erkenntnis in der Gestaltung von Mensch, Tier und Architektur und ihre Einfügung in
das landschaftliche Bildganze zu verdanken.
Auch nach Rückkehr in die Schweiz blieb das klassische Vorbild weiterhin wirksam,
trat jedoch durch die Tendenz zu einer mehr realistischen Darstellungsweise in den
Hintergrund. Dass er dabei Motive wählte, die seinem Landschaftsideal entgegenkamen bzw. keiner grossen Umformung bedurften, um diesem angeglichen zu werden,
war ganz im Sinn damaliger Tradition. Er holte sie sich aus der Bergwelt des Waadt,
des Wallis und des Foucigny (nördl. Teil von Haute-Savoyen).
Auch die Schweizer Künstler folgten dem allgemeinen Landschaftstypus, der von N.
Poussin (1594 Villers – Rom 1665) und Cl. Lorrain, im 17. Jh. in seiner vorbildlichen
Form entwickelt wurde. Er fand seine gültige Ausprägung in der folgenden Zeit in
„idyllischen, arkadischen, idealen und heroischen“ Landschaften. Die dann im ausgehenden 18. Jh. sich langsam wandelnde Naturauffassung zeigt sich u.a. in der Freude
an „pittoresken“ Landschaften, ein Typus, der zwischen der „Vedute“ – eine besonders im 18. Jh. entwickelte Form – als objektive Wiedergabe der Realität und der
tradierten Darstellung steht.
Pierre L. De la Rive beschrieb das Bild „Ansicht von Monnetier im Salève“ 1794 als
die Ansicht eines „…chemin qui passe sous des noyers, dessine derriere Monetier…
„(26) Monnetier ist eine kleine savoyische Ortschaft, zwischen dem Mont Salève und
dem Petit Salève gelegen, und ein beliebtes Ausflugsziel, da man von hier malerische
Ausblicke in das Arve- und Rhonetal hat.
Auch wenn die Teilansicht dieses Dorfes wohl etwas idealisiert wurde, so ist doch der
charakteristische savoyische Bauernhaustypus erkennbar.(27) Daneben eine ländliche
Szene mit einer Bäuerin, die ihre Habseligkeiten in einem Bündel auf dem Kopf trägt
und mit ihrer Herde von Rindern, Ziegen und Schafen wohl gerade auf die Alp zieht.
Dieser „realen“ Darstellung setzte De la Rive eine zweite, ebenfalls in sich abgeschlossene davor. Hierzu notierte er weiter, dass er dieser Ansicht von Monnetier, die
eine Wiederholung einer 1792 von dort gemachten, kleineren ist, „des femmes et un
12
Kat.Nr. 6*
Pierre Louis Oe la Rive
Ansicht von Monnetier im Salève
1794
Öl/Holz.
48 x 67 cm.
Provenienz: Ehemalige Slg. des Staatsrates der Republik Genf
M. François Tronchin des Délices (1704 Genf 1798).(31)
13
homme causant avec deux Soldats sur le Chemin et quelques animaux dans l’eau sur
le devant.“(28) hinzufügte.
Die Landschaften von Pierre Louis De la Rive sind meist von erhöhtem Standort aus
gesehen, mit Blick über eine weite, teils bewegte, vegetationsreiche Ebene auf bildbeherrschende Bergmassen. Ganz typisch in dieser Art seine Mont-Blanc-Darstellungen,( 29) für die er immer wieder gerühmt worden ist. Doch nie handelt es sich um
reine Naturlandschaften: Stets sind Mensch, Tier und/oder Architektur in die Darstellung mit einbezogen, als integraler landschaftlicher Bestandteil oder als heraus­
Kat.Nr. 7 ragendes erzählerisches Motiv, das in formaler und inhaltlicher Wechselwirkung mit
der landschaftlichen Umgebung steht.
Die Darstellung „Der Torrent St. Loup“, der Hoch-Zeit seiner künstlerischen Tätigkeit
angehörend, kann als qualitativ herausragendes Beispiel der zweiten Gruppe zugerechnet werden. Möglicherweise geht das hier dargestellte Unglück auf ein tatsächliches Geschehen zurück. Aber der von De la Rive selbst verfasste Katalog seiner
Gemälde, in dem unser Bild unter dem Datum von 1812 aufgeführt ist, gibt darüber
keine Antwort: „Une prise sur le Torrent de Ste. Loup près de St. Gingoulph, un pont
se rompte sous un homme à cheval. un char trainé par deux chevaux qui se cabrenne.
Deux femmes sur le char expriment leur effroy.“(30)
Kat.Nr. 7*
Pierre Louis De la Rive
Der Torrent „St.Loup“ bei St.Gingolph mit dramatischer Szenerie
1812
Öl/Lwd.
92 x 114,2 cm.
14
15
Peter Birmann
(1758 Basel 1844)
Die Absicht, das väterliche Handwerk des Steinmetzen zu erlernen, hat Peter Birmann
(auch Biermann) bald aufgegeben (1771). Sieben Jahre währte dann seine Suche nach
einer Ausbildungsstätte seines Geschmacks. Die Werkstätten, die er besuchte, führten
ihn kaum aus dem Bereich handwerklicher Fertigkeit heraus. Erst nach dem Eintritt in
das Atelier Ludwig Aberli‘s (1723 Winterthur – Bern 1786) in Bern (1777) „begann
Birmanns Talent zur Landschaftsmalerei sich voller zu entwickeln“.
Nach seiner Rückkehr nach Basel (1781), ermöglichte ihm ein Kunstfreund, der
Oberst und spätere General Joh. Rudolf Burckhardt-de Bary (1764 Basel 1841), die
lang ersehnte Gelegenheit zu einer Reise nach Italien mit einem Aufenthalt in Rom
(1781–90). Der damit verbundene Platz im Atelier des hier lebenden Waadtländer
Landschaftsmalers Pierre Ducros (1748 Yverdon – Lausanne 1810) nahm er allerdings nur ganze 3 1/2 Monate in Anspruch, dafür leitete er aber für 3 1/2 Jahre das
Kupferstecheratelier des Giov. Volpato (1733 Bassano – Rom 1803). Danach konnte
er sich endlich selbständig machen. Er wurde berühmt wegen seiner Veduten aus der
Umgebung von Rom, die „besonders von der englischen und russischen Aristokratie
sehr gesucht waren“(32). Sie zeigen „stets die Tendenz zu einer Monumentalisierung
und klassizistischen Stilisierung“, die letztlich auf Claude Lorrain zurückzuführen
ist. „Seine Naturauffassung erinnert an Arbeiten Hackerts, die ihm sicherlich bekannt
waren. Sein Zeichenstil hingegen klingt an Joh. August Nahl d. J. (1752 Zollikofen/
Bern-Kassel 1825; 1783–92 in Rom und Neapel) an, mit dem er in Rom verkehrte.
Birmanns Handschrift jedoch ist im Vergleich zu diesem von einer grösseren Freiheit
der Linienführung“.(33)
1790 kehrte Birmann nach Basel zurück. Die nun umfangreiche und sehr erfolgreiche
Betätigung im Kunsthandel, sowie die Führung einer eigenen „Werkstatt für Kunst
und Flachmalerei“ mit angegliedertem Kunstverlag, in der seine eigenen Arbeiten
und die seiner Söhne Samuel (1793 Basel 1847) und Wilhelm (1794 Basel – Pisa
1830), sowie anderer Schweizer Künstler reproduziert wurden, führte mit der Zeit zu
einem Qualitätsverlust seiner eigenhändigen Werke, besonders hinsichtlich der Farbgestaltung. Anfänglich waren jedoch auch seine Basler Werke besonders im Ausland
„ausserordentlieh geschätzt“.(34) Nur in seinen Zeichnungen hat er seine Fertigkeiten
zu wahren gewusst. Diese dienten wohl grösstenteils als Vorlagen für Stiche.(35)
Darauf weist schon die vereinfachte Formgebung hin, wobei jedoch stets auf die topographisch gen aue Wiedergabe des gewählten Naturausschnittes Wert gelegt wurde.
Kat.Nr. 8 In dem Bild „Ansicht der Burg von Arona“ ist die Position des Betrachters über dem
westlichen Ufer des Lago Maggiore, nördlich von Arona, etwa auf der Höhe des
„Colosso di San Carlone“(36). Der Blick geht gegen Ost auf das gegenüberliegende
Ufer mit der „Forteresse Arona“(37) oder der „Rocca“ hoch über Angera, einem
Städtchen römischen Ursprungs und berühmt wegen der dort gemachten prähistorischen Funde. Einst langobardisch, dann im Besitz des Erzbischofs von Mailand,
folgten als Eigentümer die Visconti, um gegen Ende des 15. Jhs. vom Geschlecht
der Borromeo‘s abgelöst zu werden. Der Mailänder Erzbischof Giovanni Visconti
(14 Jh.) liess die Burg aus dem 13./14. Jh. fast gänzlich abreissen und neuaufbauen.
In Anpassung an modernere Wohnverhältnisse erfuhr sie im 16. und 17. Jh. unter den
Borromeo‘s einige Veränderungen.
Der Besprechung der beiden Bilder vom Lago Maggiore mit „Ansicht der Isola
16
Kat.Nr. 8*
Peter Birmann
Ansicht der Burg von Arona
Um 1805
Federzeichnung über Bleistift, Sepia laviert; u.r. beschr. u. sign.: Forteresse Arona
P. Birmann ad. nat. f.; rs. m. Bleistift beschr.: No. 456.
52,5 x 74 cm.
17
Bella“ und „Ansicht der Isola Madre“, wäre vorauszuschicken, dass die Borromäischen Inseln, vier an der Zahl, Isola Bella, -Madre, -Pescatori oder -Superiore und
-San Giovanni, bereits zur Zeit Birmanns mit zu den bevorzugt esten touristischen
Attraktionen der italienischen Alpenregion gehörten. Besonders erstere beiden – auch
von Schweizer Kleinmeistern des öfteren zum Zwecke des Verkaufs dargestellt –
regten durch ihre Gartenanlagen manchen Dichter und Schriftsteller zu begeisterten
Aussagen an. Der Name der Inselgruppe, wie auch jener der tiefen Bucht, in der sie
situiert sind, Golfo Borromeo, erinnert an das ursprünglich aus Padua stammende
Adelsgeschlecht der (Grafen) Borromeo, das bereits im Mittelalter über ausgedehnte
Ländereien am Lago Maggiore verfügte. Im 16. Jh. gingen auch die Inseln, Isola Bella
und lsola Madre, durch Kauf in ihren Besitz über. Bereits im 17. Jh. erfolgte eine
direkte Nutzbarmachung für die Eigentümer unter Carlo Borromeo, dessen Gemahlin,
Isabella d‘Adda, denn auch den heute noch bestehenden Namen lieferte.
Kat.Nr. 9 Bei der Isola Bella wurden die Felsen geschleift, riesige Mengen Erde vom Festland
herübergeschafft und eine teilweise von Gewölben, Pfeilern und Grundmauern getragene, pyramidenförmig in 10 Terrassen hochgestaffelte Gartenanlage geschaffen, in
der bis heute exotische und südländische Vegetation vorherrscht: Lorbeer-, Zitronen-,
Myrthenbäume, Korkeichen, Magnolien, Kaffee-, Tee- und Zimmetsträucher, Palmen,
Agaven etc. Eine zusätzliche Bereicherung hat er durch künstliche Grotten und eine
gros se Fülle von Skulpturen erfahren. Dass die Terrassenanlage als Allegorie des
Musenberges Helikon verstanden wurde, darauf verweist sowohl ihre auf unserem
Bild erkennbare Bekrönung durch den geflügelten Pegasos, das „Dichterross“ der
Neuzeit, als auch die Tatsache, dass unter dessen Hufe auf der obersten Terrasse Dichterlesungen und Theaterspiele stattfanden. Der beständige Hinweis auf den Schiffscharakter der Anlage hingegen ist modernen Assoziationen zuzuschreiben. Birmann
hat den Standpunkt auf den Wassern kurz vor Stresa gewählt mit Blick gegen Norden.
Wir sehen nicht nur die Isola Bella, auch die nur wenige hundert Meter von ihr gegen
Nordwest gelegene Isola Pescatori. Dahinter die rahmende Kulisse der im einzelnen
zu identifizierenden Bergwelt: es beginnt zur Linken mit den Häusern von Baveno am
Fusse des Monte Camoscio, gefolgt von dem isolierten Bergkegel des Monte Orfano
(794 m) und jenem des Monte Todum (1298 m), um am rechten Bildrand mit dem bis
an die Ufer des Lago Maggiore herantretenden Monte Rosso (613 m) zu schliessen.
Kat.Nr. 9*
Peter Birmann
Ansicht der Isola Bella im Lago Maggiore
1805
Federzeichnung über Bleistift, Sepia laviert; u.r. beschr., sign. u. dat.: Isola Bella
sur le Lac Maggiore P. Birmann ad. nat fecit. 1805
50 x 70 cm.
18
19
Kat.Nr. 10 Die Isola Madre ist mit 330 x 220 Metern die grösste der Borromäischen Inseln. Sie
war schon im Mittelalter wegen ihrer üppigen Vegetation bekannt, doch wurde sie erst
im 18./19. Jh. mit einer Gartenanlage versehen, obwohl man den Palast(38) bereits im
17. Jh. über den Mauern eines römischen Kastells errichtete.
Auch dieser Garten, von Graf Vitalino Borromeo (1792–1874) im englischen Stil
umgestaltet(39), ist, wenn auch nicht so ausgeprägt, in (sieben) Terrassen angelegt.
Heute sind sie wegen der herangewachsenen Hecken, Bäume und Sträucher kaum
mehr auszumachen. Die gewaltige Kaschmirzypresse, in deren Schatten heute der
Palast liegt, war zur Zeit Birmanns noch ein recht bescheidenes Gewächs.
Kat.Nr. 10*
Peter Birmann
Ansicht der Isola Madre im Lago Maggiore
1805
Federzeichnung über Bleistift, Sepia laviert; u.r. beschr., sign. u. dat.: Isola Madre.sur
le Lac Maggiore P. Birmann ad. nat. f. 1805.
50 x 70 cm.
20
21
Maximilien de Meuron
(1785 Corcelles – Neuenburg 1868)
Mit 17 Jahren beginnt Maximilien de Meuron seine mehrjährige Ausbildung bei
Gabriel Lory d.Ä. (1763 Bern 1840), der zu jenen führenden Schweizer Landschaftsmalern gehört, die die Vedute der „Kleinmeister“ zu einer höheren künstlerischen
Qualität entwickelten. Die Ideallandschaften des Claude Lorrain (1600 Chamagne –
Rom 1682) haben de Meuron nachhaltig beeinflusst. Dessen Gestaltungsweise machte
er sich bis zu einem gewissen Grade – wie auch auf unserem Tivolibilde ersichtlich
durch Kopieren von im Louvre hängenden Werken zu eigen. Lorrain war denn ein
wichtiger Anstoss für seinen sechsjährigen Italienaufenthalt.
Es waren vor allem die Ruinen, die weite, stimmungsvolle „Römische Campagna“ und
einige andere als besonders eindrucksvoll empfundene Örtlichkeiten in der weiteren
Umgebung Roms, wie etwa Tivoli mit seinen Wasserfällen, die er in seinen Studien an
Ort und Stelle festhielt. Dass er Ruinen und Landschaften kaum ein archäologisches
bzw. topographisches Interesse entgegenbrachte, sondern sie primär als Stimmungsträger auffasste, ist für den romantischen Charakter seiner Bildwelten von entscheidender Bedeutung. In dieser Weise hebt er sich bereits damals klar von der Vedutenmalerei der Schweizer Kleinmeister ab und kann somit als wichtiges Bindeglied
zwischen diesen und den späteren, heroisch-romantisierenden Schweizer Landschaftern, wie etwa François Diday (1802 Genf 1877) und Alexandre Calame (1810 Vevey –
Menton 1864), angesehen werden.
Wie diese, aber doch noch mehr mit Blick auf ältere Meister der klassisch-idealistischen Auffassung, legt er Wert auf die Wiedergabe athmosphärischer Phänomene
im Zusammenhang mit besonderen tageszeitlichen Sonneneinstrahlungssituationen,
unter denen wiederum Abend- und Morgenstimmungen bevorzugt wurden. Unser
Bild, sicher noch vor 1815 entstanden, liefert hierfür ein gutes Beispiel.
1816 kehrte de Meuron dann wieder nach Neuchâtel zurück. Neben Motiven aus der
Umgebung seines Heimatortes, ist es vor allem die Bergwelt des Berner Oberlandes,
die ihn immer wieder faszinierte und eben auch zur Entstehung jenes Bildes führte,
das als „ein Schlüsselwerk der Schweizer Romantik“ bezeichnet wurde. Es ist dies
die Darstellung „le Grand Eiger“(40) mit Blick gegen Osten von der Wengeralp aus.
Wie neu hier Berglandschaft ästhetisch formuliert worden ist, zeigt das grosse (positive) Aufsehen, das dieses Bild auf der Ausstellung in Genf 1825 erregte. Es lässt sich
von hier aus durchaus eine Brücke schlagen zu de Meurons frühen in Rom gefertigten
Werken, wie dem hier gezeigten, in denen bereits deutliche Anklänge dessen zu finden
sind, was dann im Eigerbild so eindrucksvoll als Quintessenz langjähriger künstlerischer Tätigkeit zum Ausdruck kommt. Es ist bekannt, dass de Meuron zwischen
1810–15, während seines Aufenthaltes in Rom, auch in Tivoli weilte und dort die
malerischen sog. „Cascatelle“ verbildlichte. Der Standpunkt des Betrachters ist hier
westlich der hoch auf einem Felsenplateau, links ausserhalb des Bildfeldes gelegenen
Stadt Tivoli, dem alten Tibur, ca. 30 km östlich von Rom. Der Blick geht gegen SüdSüd-West auf die Substruktionen der seit 1549 nach Plänen von Pierro Ligorio (1500
Neapel – Ferrara 1583) angelegten Villa d’Este – so genannt nach dem Auftraggeber
Kardinal Ippolito d’Este (gest. 1572) – und weiter, durch das enge Tal des Anio, auf
einige Reste der unter Kaiser Hadrian (76 Rom – Bajä 138; Kaiser seit 117) erbauten
Villa Hadriana vor den ersten Höhenrücken der Monti Tiburtini.
22
Kat.Nr. 11*
Maximilien de Meuron
Die „Cascatelle“ von Tivoli mit Blick zur Villa d’Este
und Villa Hadriana
Vor 1815
Öl/Lwd.
76 x 100 cm.
Provenienz: Nachlass Pasquier-de-Meuron.
23
Fransçois Diday
(1802 Genf 1877)
François Diday, Sohn eines Alteisenhändlers, sollte ursprünglich einen handwerklichen Beruf erlernen. Doch unter dem Eindruck seines besonderen Interesses am
künstlerischen Gestalten liess sein Vater ihn bei L.-Th. Constantin-Hierzler (1782
Genf 1847) Zeichenunterricht nehmen. Dieser war immerhin ein Verwandter des
sehr erfolgreichen und hochdekorierten „peintre sur porcelain du Roi“ Abr. Constantin (1785 Genf 1855) und ein Freund Ingres (1780 Montauban – Paris 1867), sowie
Fr. Gerards (1770 Rom – Paris 1837). Nach dem Besuch der „Acadernie de l’ecole
de dessin“ und einem ersten Aufenthalt in Paris (1823), fand er mit einem eigenen
Atelier nur ein notdürftiges materielles Auskommen. Erst die Begegnung mit dem
französischen Porträtisten Auguste Robineau (18./19. Jh.), der auch im Genre- und
Historienfach bewandert war, brachte die entscheidende Wende. Wohl auf dessen
gewichtige Empfehlung erhielt Diday, zusammen mit seinem Malerfreund MichelAndré Rival (1802 Genf 1825), ein Stipendium für einen Studienaufenthalt in Italien
(1824/25). 1825–1828 ist er dann, gemeinsam mit dem wesentlich älteren AdamWolfgang Töpffer (1766 Genf 1847), malend und zeichnend unterwegs im Waadtland,
in Savoyen oder in der Umgebung von Genf und seit 1827 regelmässig im Berner
Oberland. Von Töpffer wurde er denn zunächst auch in seiner Landschaftsauffassung
beeinflusst, ebenso wie er wohl über ihn mit Werken P. L. De la Rive’s (1753 Genf –
Celigny 1817) näher bekannt geworden sein dürfte, da dieser ehemals, mit De la
Rive als Malgefährten, in den obengenannten Gegenden weilte. Bei seinem zweiten
Aufenthalt in Paris (1830) arbeitete er im Atelier des damals in seiner Malweise schon
verfestigten A.-J. Gros (1771 Paris – Meudon 1835) und schulte sich weiter durch das
Kopieren von Werken des Louvre. Sicherlich war diese Zeit in Paris nicht unerheblich für die damals beginnende Entwicklung seiner Malweise zu jenem „pathetischen
Realismus“, dem er im wesentlichen seine schnellen Erfolge zu verdanken hatte.
Mehrfache Auszeichnungen und die Ausstellung wirkungsträchtiger, den Geschmack
der damaligen Zeit treffender Landschaftsdarstellungen in der Schweiz und Paris,
aber auch in Wien und Turin, sind entscheidende Momente seiner Karriere. Zumeist
handelte es sich dabei um Darstellungen alpiner Motive von lyrischem bis dramatischem Charakter. Die Beliebtheit einiger Sujets führte dazu, dass er sie mit geringen
Abweichungen und oft auf Kosten der Qualität, mehrere Male verbildlichte.
Von der steigenden Schülerzahl erreichte nur Alexandre Calame (1810 Vevey – Menton
1864) – bald und oft in Konkurrenz zu den Werken seines Lehrers – eine vergleichbare
internationale Popularität. Da ledig geblieben, vermachte F. Diday einen Teil seines
Vermögens der Stadt Genf. Zusammengefasst in der „Fondation Diday“, dient es u.a.
auch zum Ankauf von Gemälden. Des weiteren wurde bei der Genfer „Societe des
Arts“ ein Fond eingerichtet zur Austragung zweijähriger Wettbewerbe unter Schweizer
Künstlern, die als „Coneours Diday“ bekannt geworden sind. Als Diday im 42ten
Lebensjahr das Bild mit der Ansicht von der „Rosenlaui mit WeIl-und Wetterhorn“
realisierte, stand er schon auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Maler und Lehrer.
Kat.Nr. 12 Trotz der aus kompositorischen Gründen und szenischen Effekten wegen allerdings
nur geringen Verschiebungen und Veränderungen lässt sich die Umgebung einwandfrei identifizieren. Der Standpunkt des Betrachters ist in der Rosenlaui, der Blick
geht links an der „Rosenlaui-Klamm“ vorbei über die Wellhörner (Kleines Wellhorn
2701 m; Wellhorn 3191 m) auf das schneebedeckte Wetterhorn (3701 m), mit dem
24
Kat.Nr. 12*
François Diday
Blick von der Rosenlaui gegen Well- und Wetterhorn
1844
Öl/Lwd.; u. Mitte sign. u. dat.: FDiday (ligiert) 1844.
121 x 162 cm.
Provenienz: Slg. Baron Auguste Saladin de Lubière (1785–1857), Genf.
Slg. Hf. Lullin Diodati, Genf.
25
danebenliegenden Mittelhorn (3704 m) und fällt über die nebelverhangene Scheidegg
zurück auf die Baumgruppe rechts, wo sich heute davor „Rosenlaui-Bad“ befindet.
Wie bei vielen Malern der damaligen Zeit, basieren zwar auch Didays Werke auf z. T.
recht ausführlichen, vor der Natur gefertigten Skizzen, doch sind seine grossformatigen Landschaften in Öl auf Leinwand stets Atelierkompositionen.
In ihnen ging es ihm weder darum bestimmte topographische Situationen nach Manier
der kleinmeisterlichen, Schweizer Vedutenmaler durchgehend gen au wiederzugeben,
noch momentane visuelle Wahrnehmungserlebnisse im Sinne der Impressionisten
zu registrieren. Sein Anliegen war die malerische Vergegenständlichung einer an der
Realität orientierten ästethischen Zusammenschau von für die jeweilige Gebirgsregion als typisch empfundenen Momenten.
Diese Momente ergaben sich sowohl aus Naturskizzen, als auch aus Erinnerungsvorstellungen an Form, Farbe und Stimmungen und aus den im Nachhinein gewählten,
wohl auch vom Auftraggeber gewünschten Stimmungswerten. Das heisst, Didays
„Landschaften“ entstanden in Zusammenfassung von Elementen unterschiedlichen
Realitätsbezuges.
Kat.Nr. 13 Dabei ist für Diday nicht entscheidend, ob die wesentlichen Elemente für die Ortsidentifizierung tatsächlich am darzustellenden Ort existierten – abgesehen von den dominanten, wie etwa hier bei dem Gemälde „Blick von Morschach auf den Vierwaldstädtersee“ der Urirotstock (2932 m), der Niederbauen (1927 m) und der Oberbauenstock
(2121 m) – sondern ob sie sich dazu eigneten, den in seinem Sinne als typisch interpretierten Charakter der jeweils bestimmten Örtlichkeit, „wirklicher“ als die Wirklichkeit zu verdeutlichen und ob sie etwas zur Darstellung der beabsichtigten Stimmungswerte beitragen konnten.
So entspricht in den meisten seiner Bilder der kompositorische Aufbau in Fläche und
illusionierter Tiefe noch ziemlich exakt dem klassischen Schema idealer oder idealisierter Landschaftsdarstellungen des 17. und 18. Jhs., doch die pathetischen Stimmungswerte, mit der die reale Gebirgslandschaft heroisiert wird, ist eine Ausformung
von Künstlern, die der Faszination der Gebirgswelt mit all ihren Stimmungswerten
erlegen sind. Wobei besonders François Diday und sein Schüler Alexandre Calame zu
den ganz Grossen zu zählen sind.
Kat.Nr. 13
François Diday
Blick auf den Vierwaldstättersee, Urirotstock, Niederbauenund Oberbauenstock
1
861
Öl/Lwd.; l.u. sign. u. dat.: F.Diday 186l.
84 x 57 cm.
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27
Edouard de Pourtalès-Pury
(1802 Neuchâtel 1885)
Edouard de Pourtalès-Pury, 1802 in Neuchâtel geboren, wurde während seiner militärischen Laufbahn bei der Schützen garde zu Berlin – er trat dort 1820 ein und
brachte es bis zum Leutnant – Schüler von Maximilien de Meuron (1785 Corcelles –
Neuchâtel 1868). Auf dessen Rat quittierte er 1829 den Dienst und reiste nach Italien,
wo er 1830 mit Léopold Robert (1794 La Chaux-de-Fonds – Venedig 1835) und
dessem Bruder Aurèle (1805 Eplâtures – Ried-sur-Bienne 1871) in Kontakt trat. 1832
kehrte Pourtalès in die Schweiz zurück und malte vornehmlich Ansichten aus der
Umgebung von Neuchâtel, Genf und dem Berner Oberland.(41)
Das ausgestellte Werk ist ein hervorragendes Beispiel für eine bestimmte Gruppe
innerhalb der schweizerischen Landschaftsmalerei des 19. Jhs., die realistische Landschaftsmotive mit Reminiszenzen an die Romantische Malerei, wie sie besonders in
Deutschland verbreitet war, verbindet. Dargestellt ist hier der Blick auf den östlichen
Teil des Genfer-Sees(42) mit Standpunkt westlich von St.-Prex. Auf einer kleinen
Landzunge – dezentes Gliederungselement der Wasserfläche – zeigt ein Kirchturm
die Lage dieser Ortschaft an.
Noch vor der gerundeten, turmbesetzten Bergkuppe des damals schon touristisch
bekannten Mont Pélerin sind die gestaffelten Häusermassen von Lausanne mit der
charakteristischen, kastellartigen Schlossanlage und dem dahinter aufragenden Turm
der mittelalterlichen Kathedrale erkennbar. Als Abschluss der Bildtiefe, auf der Horizontlinie angeordnet, die westlichen Ausläufer der Berner und der Walliser Alpen;
von links nach rechts: die hoch aufragende Spitze des Dent de Jaman, der Rücken der
Rochers de Naye, die charakteristische Sattelformation des Tour d’Aï, im Einschnitt
der Rhoneeinmündung in weiter Ferne zwischen den Baumstämmen des Vordergrundes die Dents des Mordes und, den Höhenzug oberhalb von St. Gingolph über­
ragend, die unverkennbaren Grade der Dent du Midi.
Wie bei anderen Gemälden von Pourtalès geht auch die Darstellung in vorliegendem
Bild weit über den Charakter einer Vedute hinaus: Nicht die sachlich getreue Wiedergabe einer bestimmten Örtlichkeit steht hier im Vordergrund, sondern die zwar durchwegs realistische, doch romantisierende malerische Umsetzung von Stimmungswerten
einer Landschaft, die auf Grund ihrer besonderen atmosphärisch-klimatischen Bedingungen an bestimmten Tagen (Föhn), weit voneinander distanzierte Landschaftsteile
von unterschiedlichster Klarheit zu stimmungsvoller, teleskopischer Dichte zusammendrängen. Das artifiziell wirkende, folienartige Hintereinanderstaffeln der Landschaftsteile hat hier somit durchaus seine Entsprechung in der Realität.
Eindeutig abgehoben von dieser in den Mittel- und Hintergrund gesetzten topographischen Schilderung ist das Vorsatzstück des Entrees im rechten Bildteil.(43) Während
links der Blick des Betrachters ungehindert in die Bildtiefe eindringen kann, wird er
hier von einem felsdurchsetzten Erdwall und den mächtigen, fast bis zum oberen Bildrand geführten Baumgruppen wirkungsvoll aufgefangen. In unaufdringlicher Weise
wird hier der fernen, pauschal zusammengefassten Landschaft in räumlich diagonaler Entsprechung eine nahe, differenziert ausgeführte folkloristische Alltagsszene
gegenübergestellt. Das lyrisch-realistische Element herrscht hier wie dort vor. Beide
Motive – Landschaft und Brunnenszene – entsprechen sich somit in ihrer Charakteristik und verweisen, trotz räumlicher Trennung, inhaltlich aufeinander.
28
Kat.Nr. 14*
Edouard de Pourtalès-Pury
Blick auf den Genfer See mit Lausanne, den Berner und
Walliser Alpen
1838
Öl/Lwd.; r.u. sign. u. dat.: Ed.de Pourtalès 1838.
67 x 89 cm.
29
Anton Winterle
(1805 Degerfelden – Basel 1894)
Anton Winterle, 1805 in Degerfelden im ehemaligen Herzogtum Baden geboren, kam
in jungen Jahren nach Basel und arbeitete zunächst als Zeichner in der DruckWerkstatt von Peter Birmann (1758 Basel 1844). In der Folge bildete er sich weiter bei dem
Landschaftsmaler Joh. Heinrich Luttringshausen (1783 Mülhausen – Basel 1857).
Er malte wie dieser in miniaturartiger Feinheit Landschaftsaquarelle. Seine Ölbilder,
von ebensolcher Feinheit und Genauigkeit der Details und mit einem ausgewählten
und harmonischen Kolorit, zeigen vor allem Anregungen aus der Zeit bei Birmann
und im panoramaartigen Aufbau der Kompostion den Einfluss von Marquard Wocher
(1760 Mimmenhausen – Basel 1830).
An vielen Basler Ausstellungen war er mit seinen Werken vertreten. Seit 1854 lebte
er ständig in dieser Stadt, zurückgezogen in seinem Atelier, emsig zeichnend und
malend, oft von Wahnideen verfolgt.
Die tradierte Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes an Alexandre Calame (1810
Vevey – Menton 1864)(44) lässt sich aufgrund neuerer Forschungen nicht mehr
aufrecht erhalten. Vergleiche mit gesicherten Werken(45) von Winterle lassen in
Komposition, Farbskala und Pinselduktus einzig den Schluss zu, dass es sich hier um
ein originales, allerdings unvollendetes Werk von Anton Winterle handelt.
Ganz in der Art traditioneller Landschaftskompositionen, wie sie auch von Caspar
Wolf (1735 Muri – Heidelberg 1783), Pierre-L. De la Rive (1753 Genf – Celigny 1817)
und Peter Biermann gepflegt wurden, sehen wir in unserem Bild ein ­miniaturhaft
gezeichnetes, aber in der malerischen Wirkung mächtiges Gebirgspanorama.(46)
Das Entrée mit der Eichengruppe als Repoussoir – eine Lorrainsche Rezeption –
ist ein häufig angewandter künstlerischer Kniff, die Bildtiefe zu verstärken und den
Hintergrund zu monumentalisieren.
Ein ganz besonderer Reiz liegt in dem „Infinito“ des Vordergrundes. Man sieht,
dass Winterle mit der gleichen Sorgfalt die Vorzeichnung in der jeweiligen Grundfarbe, je nach Licht und Schatten, von Hellbraun bis Dunkelgrün anlegte, wie er den
Hintergrund ausführte. Doch der durch das „Unfertige“ entstehende Eindruck von
Unschärfe im Vordergrund erhöht wiederum – allerdings vom Künstler sicherlich
nicht so gewollt – die monumentale Wirkung.
Der Anblick der mächtigen Finsteraarhorngruppe im Sonnenuntergang reicht vom
Finsteraarhorn bis zur Blümlisalp, mit der herausragenden Dreiergruppe Eiger, Mönch
und Jungfrau im Bildzentrum. Der Standpunkt des Betrachters ist in der Gegend
nördlich von Thun, oberhalb des Aaretals. Genau lässt er sich jedoch nicht eruieren,
da der Künstler im Atelier, wohl aus Kompositionsgründen, leichte Verschiebungen
vornahm.
30
Kat.Nr. 15*
Anton Winterle
Finsteraarhorngruppe im Abendlicht
Mitte 19. Jh.
Öl/Lwd.
118 x 162 cm.
31
Alexandre Calame
(1810 Vevey – Menton 1864)
Alexandre Calame, aus ärmlichen Verhältnissen stammend, musste nach dem Tode
seines Vaters 1826 durch Kopieren von Schweizer Veduten für den ­Lebensunterhalt
seiner Mutter aufkommen. In der Folge wurde es ihm ermöglicht, in das Atelier des
Landschaftsmalers Fr. Diday (1802 Genf 1877) in Genf einzutreten. Dort lernte er drei
Jahre und sein Lehrer weckte in ihm den Sinn und die Liebe für die wildromantische
Schönheiten seiner heimatlichen Bergwelt. Mit 25 Jahren reiste er zum erstenmal
in das Berner Oberland, um Vorlagen und Studien in situ zu machen. Seine ersten
grossen Erfolge errang er 1837 auf dem Pariser Salon. 1838/39 führte ihn der Weg über
Holland, wo er die Landschaftsmaler des 17. Jhs. studierte, nach Deutschland. Besonders in Düsseldorf beeindruckten ihn die Werke von J. W. Schirmer (1807 Jülich –
Karlsruhe 1863) und A. Achenbach (1815 Kassel – Düsseldorf 1910). Italien besuchte
er in den Jahren 1844/45, doch blieb diese Reise ohne eigentliche Wirkung; denn
seine Hauptmotive suchte er sich an den Seen und in den Bergen der Schweiz.
Ebenso wie von Diday waren seine Bilder in ganz Europa sehr begehrt. In ihnen
erfasste der „Spätromantiker“ Calame die pathetischen Strömungen seiner Zeit, in
der die vermögende Schicht aus einer romantisch-patriotischen Naturverbundenheit
heraus den in den Bergen manifestierten Naturgewalten erschaudernde Bewunderung
entgegenbrachte und diese von ihren Reisen mit nach Hause bringen wollten.
Zeit seines Lebens schwächlich und lungenkrank, ging er 1863 an die Riviera, wo er
Linderung seines Leidens suchte, verstarb aber schon ein Jahr später.
Calame besass ein vielseitiges und differenziertes Einfühlungsvermögen in die
jeweilige Landschaft. Doch lassen sich in seinem Œuvre eigentlich nur zwei Typen
in der Landschaftscharakterisierung unterscheiden: Die der ruhigen, heiteren Landschaft des Mittellandes und die der dramatisch düsteren Gebirgslandschaft. Er geht –
ähnlich wie Diday – nicht vom Zufälligen aus, sondern ihm ist das Wesenhafte der
Natur wichtig. So sind seine Darstellungen weniger theaterhafte Szenerien, eher
Stimmungsbilder, in denen er die Natur als Organismus wiedergibt, indem er ihre
Raum- und Formgestalt wirkungsvoll mittels Licht und Farbe belebt und damit beim
Beschauer das Gefühl für die innere Einheit der Landschaft weckt. In der Darstellung
legt er Wert auf den linearplastischen Formgehalt, d. h., die Konturen bleiben immer
fest, werden nicht vom Licht aufgebrochen und in optische Tonwerte der Farben
aufgelöst, um malerische Wirkung zu erzielen – wie es z. B. die Barbizon-Maler zu
praktizieren begannen – sondern seine Formen gewinnen durch ihre Kompaktheit
Volumen und das Bild insgesamt Raum und Tiefe.
Das Bild des „Wetterhorns von der Schwarzwaldalp“ wurde von Calame 1858 vollendet.(47) Das Motiv taucht immer wieder variiert in seinem Œuvre auf. Der Standpunkt, den er selbst ungefähr bezeichn.ete, befand sich auf der Schwarzwaldalp,
eine Alpweide mit schönen Waldungen in der Gemeinde Meiringen, Kanton Bern.
Man blickt direkt nach Süden über den teilweise sonnenbeschienenen Scheenenbielhubel auf das Wellhorn, weiter sieht man neben dem schneebedeckten Rosenhorn
das Mittelhorn und dann, halb verdeckt durch die hoch aufragende „Wettertanne“(48)
im Vordergrund, das Wetterhorn und das Scheidegg-Wetterhorn. Den malerischen
Abschluss dieses Panoramas bildet der Blick über das Reichenbachtal auf die nebelverhangene Grosse Scheidegg.
32
Kat.Nr. 16
Alexandre Calame
Ansicht des Wetterhorns 1858 von der Schwarzwaldalp
Öl/Lwd., doubliert; r.u. sign. u. dat.: A. Calame fe. 1858; rückseitig auf den Keilrahmen, eigenhändig beschriebener Zettel: Vue du Wetterhorn, au dessus du Schwartz
Vale, Rosenlaui – Canton de Berne – Peint pour Monsieur Vander Donckt de Brüssel –
Terminé en août 1858. Largeur 9… Cent… 1m.27 – Genève 8. Novembre 1858.
A.Calame.
127 x 98 cm.
Provenienz: Slg. Bohlen und Halbach, Villa Hügel, Essen.
33
Johann Jakob Frey
(1813 Basel – Frascati 1865)
Johann Jakob Frey wurde als Sohn des Malers, Zeichners und Lithographen Samuel
Frey (1785 Sissach – BaseI1836) schon sehr früh zu künstlerischer Tätigkeit angeleitet. Unterricht ausserhalb des Elternhauses erhielt er bei Hieronymus Hess (1799
Basel – 1850), Karrikaturist, Historienmaler und Lehrer an der Basler Zeichenschule.
Bereits mit 20 Jahren ist er in Paris und vertraut sich dort durch Kopieren im Louvre
mit den holländischen Landschaftsmalern des 17. Jhs. 1834 geht er nach München,
dem Zentrum deutscher Landschaftsmalerei der damaligen Zeit. Schon ein Jahr später
finden wir ihn in Italien, das ihm nun künstlerische und auch bald familiäre Heimat
werden sollte.
Der Aufenthalt in Rom, verbunden mit Ausflügen in die nähere und weitere Umgebung, brachte die Bekanntschaft mit den dortigen Künstlerkreisen verschiedener
Nationalitäten und ihrer malerischen Werke. Ende der 30er Jahre reiste er von Neapel
über Paestum nach Sizilien und Spanien mit einem Abstecher nach Tunesien.
Seine orientalischen Landschaften, in ihrer topographisch recht genauen Wiedergabe, waren sicher entscheidend dafür, dass Frey 1842 von der „Königlich Preussischen Regierung“ für eine auf mehrere Jahre geplante Ägypten-Nubien-Expedition
als wissenschaftlich – künstlerischer „Bildberichtserstatter“ engagiert wurde. Der
Aufbruch zu dieser strapaziösen Reise erfolgte nach mehrmonatigem Aufenthalt in
Neapel und Umgebung von Malta aus. Die Teilnahme war jedoch nur von kurzer
Dauer. Bereits 1843 kehrte er aus gesundheitlichen Gründen über Griechenland nach
Europa zurück. Er liess sich in Rom nieder und heiratete auch eine Römerin. Bald
gehörte sein Atelier zu den bekanntesten der Stadt, das wohl vielen „Grand-TourTouristen“ eines Besuches und eines Auftrages Wert gewesen sein dürfte. Selbst
Angehörige des Hochadels, wie etwa die Könige Wilhelm IV. von Preussen, Ludwig I.
von Bayern und Wilhelm I. von Württemberg – damals zweifellos ein Gradmesser für
die auf gediegene Qualität beruhende Popularität eines Künstlers – liessen ihm teils
umfangreiche Aufträge zukommen. (49)
1865 starb Frey in der Nähe von Frascati im Alter von nur 52 Jahren an Thyphus. Er
fand seine letzte Ruhestätte auf dem „cimiterio degli acattolici“ in Rom, auf dem auch
heute noch sein Grab zu sehen ist.
Kat.Nr. 17 Da datiert, müssen zumindest die Skizzen zu dem im Atelier entstandenen Ölgemälde
„Tunesische Landschaft mit Blick auf La Goulette bei Tunis“ bei einem Abstecher
nach Tunesien während seiner Sizilien-Spanien-Reise entstanden sein. Dargestellt ist
im mittleren Durchblick gegen Osten mit den Resten des römischen Aquäduktes ein
Teil der Ebene, auf der früher Alt-Karthago gelegen war. Dahinter, zwischen See und
Golf von Tunis, die alte Festungsstadt der Spanier und Türken, La Goulette. Sie ist
heute Aussenhafen der Landeshauptstadt Tunis. Die Horizontlinie gegen rechts ist
von der Halbinsel Cap Bon besetzt mit ihrer höchsten Erhebung, dem Djebel Sidi Abd
er Rahmane (637m). Der Standpunkt des Betrachters ist etwa auf der Höhe der ausgedehnten Saline „Sebkha Ariana“, auf die der salinen artig weisse Boden im linken
Bildteil wohl einen Hinweis liefern soll.
34
Kat.Nr. 17*
Johann Jakob Frey
Landschaft mit Blick auf La Goulette bei Tunis
1840
Öl/Lwd. R.u. sign. u. dat.: J.Frey 1840.
73 x 111 cm.
35
Kat.Nr. 18 Das Gemälde „Blick auf den Nemisee“ stammt aus der künstlerischen Reifezeit Freys
und zeigt e.inen realen Landschaftsausschnitt, der in lockerer Form in das klassische
landschaftliche Kompositionsschema eingebunden ist.
Zwei im Vordergrund hoch ins Blickfeld hinaufragende Vegetationsgruppen von
asymmetrischer Gewichtigkeit rahmen den Fernblick gegen Südost über das türkisfarbige Oval des Nemi-Sees zum Monte Circeo auf der Horizontlinie.(50) Durch ihre
Grösse, Nähe und relative Dunkelheit steigern sie als Repoussoir die illusionierte
Bildtiefe in ihrer Wirkung kräftig. Besonders der linken Nähe wird eine rechte Ferne
gegenübergestellt bzw. der Blick wird von links nach rechts durch die Staffelung der
Bildteile in die Tiefe geleitet.
Ausgangspunkt bildet die kompakte Menschengruppe am Wurzelwerk des mächtigen
Baumes inmitten einer intensiv beleuchteten Freifläche, wandert entlang des Bergpfades bis zum Abschluss der ersten Bildschicht, springt in den Mittelgrund, in dem
der grell beleuchtete „Palazzo Ruspoli“ und die gegenüberliegenden silhouettierten
Häuser von Genzano die entscheidenden Elemente für die Bildtiefenwirkung sind,
um seinen Abschluss in der dritten Bildschicht mit dem „Monte Circeo“ zu finden.
Besonders schön auch die Sequentierung der Raumtiefe am rechten Bildrand durch
die gestaffelten Baumgruppen, die im Hintergrund als Pinien und Zypressen auf
die italienische Landschaft hinweisen. Eine solche Hinweisfunktion haben auch die
menschlichen Figuren durch ihre Landestracht.
Gemäss D. Burckhardt waren die 22 Jahre, die Frey in Rom verbracht hat „…die
Zeit von Frey’s reifster und intensivster Tätigkeit“.(51) Abgesehen davon, dass Frey’s
Darstellungen bereits vor der „Ägypten-Nubien-Expetition“ (1842/43) eine voll
entwickelte malerische und bildkompositorische Meisterschaft bezeugen, können wir
uns allerdings nicht der Gesamtbeurteilung seiner Werke durch Burckhardt anschliessen. Danach wäre er in seiner „Kunstweise… ein Epigone der klassizistischen Landschaftsmaler von der Wende des 18./19. Jahrhunderts“ und „seine in bunten und
schreienden Farben ausgeführten Oelgemälde“ seien mehr „zeichnerisch als malerisch behandelt“. Diese Formulierungen zeigen ein gewisses Mass an Unverständnis
gegenüber den künstlerischen Intentionen Freys, möglicherweise in Ermangelung
eines ausreichenden Überblicks über das Œuvre. Zwar hat Frey das besonders von
Claude Lorrain (1600 Chamagne – Rom 1682) entwickelte und über Generationen
hindurch variabel tradierte Kompositionsschema der rahmenden Vordergrundgestaltung mit Ausblick in eine tief illusionierte Landschaft aufgegriffen, doch innerhalb
dieses formalen Rahmens verfolgt er andere Absichten als die Klassizisten: An vielen
seiner stets im Atelier gefertigten Werke und an den vor der Natur skizzierten Studien
ist ersichtlich, dass es ihm ganz wesentlich auch um die malerische Umsetzung von
realistischen Farb-Licht-Phänomenen geht.
Dies geschieht zwar oft unter Ausserachtlassung exakter Gegenstands-Umrisslinien,
jedoch ohne dass damit die Gestalteinheit der dargestellten Objekte eine Auflösung
erfährt. Sehr differenziert wird dies an den Natur- und Staffageelementen der in
Nahsicht wiedergegebenen vorderen Bildschicht vorgenommen. Die einzelnen Blätter
und Blattgruppen sind durch das Aufstupfen des Pinsels erzeugt, andere Elemente,
wie Baumstämme, Äste, menschliche Figuren, durch aufgesetzte Pinselstriche, wobei
jeweils die helleren Partien auf die dunkleren gelegt sind. Diese Malweise bedarf eines
gewissen Abstandes des Betrachters von der Bildfläche, damit sich die Farbstupfer
und -striche zu grösseren Phänomengruppen vereinheitlichen. In dieser Hinsicht
ist Frey eben nicht „Epigone der klassizistischen Landschaftsmaler“, sondern muss
jenen Künstlern zugeordnet werden, die eine zu den Impressionisten hinführende, auf
36
Kat.Nr. 18*
Johann Jakob Frey
Blick auf den Nemi-See und den Monte Circeo
Mitte 19. Jh.
Öl/Lwd.
74,8 x 99,8 cm.
37
eine neue Sichtweise der Wirklichkeit beruhende, malerische Umsetzung von Wahrnehmungs-Phänomenen vorbereiteten.
Kat.Nr. 19 In dem Bild „Blick über Massa Lubrense nach Capri“ ist der zentrale Mittelpunkt die
durch die Darstellung so vieler Künstler vertraute, charakteristische Gestalt der Insel
Capri, gekennzeichnet durch ihre ostwestliche Gliederung in zwei konisch zulaufende Bergkuppen von unterschiedlicher Höhe.
Auch wenn der Vordergrund nicht der realen Örtlichkeit entspricht und der Mittelgrund durch die starke Verkürzung der Halbinsel Sorrento in veränderter Gestalt
wiedergegeben ist, lässt die dadurch auszumachende Ansicht von Nordost, im Zusammenhang mit der Sonneneinstrahlung, auf den Standpunkt des Betrachters schliessen:
er befindet sich auf einer gemuldeten Anhöhe über Massa Lubrense – einem Ort in der
Nähe von Castellamare – mit Blick auf Capri.
Kat.Nr. 19*
Johann Jakob Frey
Blick über Massa Lubrense nach Capri
1862
Öl/Lwd.; r.u. sign. u. dat.: J. J. Frey Roma 1862.
74,5 x 99 cm.
38
39
Karl Girardet
(1813 Le Locle – Paris 1871)
Karl Girardet war der Älteste der vier Kinder des Zeichners, Stechers und Lithographen Charles-Samuel Girardet (1780 Le Locle – Versailles 1863), der 1822 nach Paris
übersiedelte. Dadurch wuchs Karl im Schutze der Familie weit ungezwungener in
die künstlerische Atmosphäre der französischen Metropole hinein als Personen, die
alleine und als bereits Erwachsene hierher kamen. Aus seiner Familie hatte er die bei
weitem grössten Erfolge aufgrund der höheren Qualität seiner Werke zu verzeichnen.
Er erhielt sein handwerkliches Rüstzeug bei dem 1817 mit dem 1. Rompreis ausgezeichneten Historien- und Porträtmaler Leon Cogniet (1794 Paris 1880). Mit ihm,
der durch seine fruchtbare Lehrtätigkeit an der „Ecole des Beaux-Arts“ einen starken
Einfluss auf die französische Malerei der Generation Karls ausübte, blieb er auch
weiterhin beruflich verbunden. Dieser half ihm Anschluss an den Hof des „Bürgerkönigs“ Louis Philippe (1773–1850; 1830/48 König von Frankreich) zu finden. Das
Ergebnis waren u.a. lukrative staatliche Aufträge, in deren Rahmen er, zum Zwecke
von Vorstudien, u.a. nach Ägypten (über 1000 Skizzen) und Spanien reisen konnte.
Nach dem Sturz von Louis Philippe 1848 musste er in die Schweiz zurückkehren. Er
wählte Brienz im Berner Oberland für einige Jahre als Wohnort, wohin sich bereits
sein Bruder Edouard zurückgezogen hatte. Hier nun widmete er sich ganz intensiv
der Landschaftsstudie, ohne die Historienmalerei gänzlich zu vernachlässigen. Auch
die Beschickung des Pariser Salons (1836–1870) fand dadurch keine Unterbrechung.
Wohl noch in den 50er Jahren oder um 1860 ist Karl wieder nach Paris zurückgekehrt.
Er starb 1871 in Versailles im Alter von 58 Jahren.
Obwohl Karl Girardets grosse Erfolge auf dem Gebiet der damals allgemein hochgeschätzten Historienmalerei lagen,(52) hat er die Landschaftsdarstellung von Anbeginn
seiner Karriere bis zu seinem Tode nie ganz ausser acht gelassen. Der Höhepunkt in
diesem Bereich lag jedoch in den ca. 10 Jahren nach seiner Rückkehr in die Schweiz
im Jahre 1848. Aus der historischen Distanz gesehen, gehören die damals im Berner
Oberland gefertigten, ganz auf der Höhe der Zeit liegenden Landschaftsstudien, mit
zum Besten, das er geschaffen hat. Der kühle Realismus, mit dem hier, fast stets unter
Einfügung einfacher menschlicher Staffagefiguren, Natur erfasst wurde, verliert sich
dann aber zumeist in den für den Verkauf bestimmten Atelier-Landschaften. In ihnen
dominiert die romantisierende Sichtweise, unter Einbeziehung genrehafter Szenerien
und teils in Anlehnung an das klassische Kompositionsschema.
Unser Bild ist hierfür ein besonders gutes Beispiel: Ganz in tradierter Manier – Ort
der Situation ist das nördliche Ufer des Brienzer-Sees mit Blick gegen Südost zu
den Haslibergen(53) – werden hier Genreszenen und Ausblick auf See und Berge
differenziert gerahmt durch das asymmetrisch gewichtete Blätterdach eines astreichen Baumes. Die vordere Bildebene, durch Beleuchtungslicht besonders hervorgehoben und diagonal in die Tiefe geführt, ist als eine Art Bühne aufgefasst, auf der
die menschlichen und tierischen Figuren – eine touristische Ausflugspartie mit einem
heimischen Führer und Blumenverkäufer – ausgewogen verteilt sind. Es ist dies eine
Form der Bildinszenierung, wie sie bereits bei den ersten namhaften Schweizer Landschaftsmalern anzutreffen ist.
40
Kat.Nr. 20
Karl Girardet
Ausflugspartie am Brienzersee mit Blick zu den Haslibergen
1850/1860
Öl/Lwd.; l.u. sign.: KARL GIRARDET.
55 x 93 cm.
41
Joseph Anton Borrer
(1823 Oensingen – Solothurn 1905)
Joseph Anton Borrer studierte laut M. Gisi(54) von 1844 bis 1846 an der Akademie
in München Malerei. Nach vorübergehenden Aufenthalten in Clermont und Genf
schloss er seine Studien 1849 bis 1850 in München ab und lies sich dann in Solothurn
nieder. Er schuf Porträts, Altargemälde für verschiedene Kirchen umliegender, solothurnischer Dörfer, wie auch für die St. Ursen Kirche in Solothurn. Daneben betätigte
er sich auch als Bildhauer und schuf mehrere Altäre.
Unser Bild, von M. Gisi erwähnt, ist 1850 datiert und spiegelt unmittelbar die
Eindrücke der „Nazarener“-Malerei wider, die auf den Katholik Borrer in München
gewirkt haben müssen. Besonders beeindruckt hatte ihn wohl die Malerei von Fr.
Overbeck (1789 Lübeck – Rom 1869), die er durch die Vermittlung von den aus Rom
zurückgekehrten „Lukasbrüdern“, wie Peter von Cornelius (1783 Düsseldorf – Berlin
1867) u.a., kennengelernt haben muss. Zu fragen wäre, ob ihm die Overbeckschen
Ideale nicht auch durch den Zürcher Maler G.Ludwig Vogel (1788 Zürich 1879), der
in Wien und dann in Rom, wie Overbeck, mit zur Lukasgilde gehörte, nahegebracht
wurden? Overbeck malte 1815 für den Vater von Ludwig, den Zürcher Zuckerbäcker Daniel Vogel, ein Bild, das „Christus bei Maria und Martha“(55)darstellt und
die wichtigsten Ziele der Nazarener programmatisch aufzeigt: Die Erneuerung des
Andachtsbildes, in dem durch idealisierende Überhöhung mittels monumentaler
Formgebung, wie die Vorherrschaft der Linie und der kompakten Plastizität über die
Farbe im Sinne des Perugino, des Jungen Raffael und des späteren Dürer, der tradierte
religiöse Sinngehalt wirkungsvoll zum Ausdruck gebracht wird.
So verwendet auch Borrer diese künstlerischen Mittel in unserem Bilde, um eine
adäquate Wirkung zu erzeugen. Schon die Wahl des Themas, das in jener Zeit seines
ihm immanenten idyllischen Charakters wegen bevorzugt verwendet wurde, zeigt,
wie stark er den Idealen der Nazarener verpflichetet war.(56)
Die ausgewogene Komposition, die klaren Formen der Zeichnung und die an altniederländische Malerei erinnernde Glätte der Farben lassen zweifellos eine meisterlich
handwerkliche Hand erkennen, der es allerdings, das muss einschränkend hinzugefügt werden, an der Invention fehlt. Trotzdem dürfte auch Borrer für die sich eng an
die Nazarener anlehnende Richtung innerhalb der religiösen Schweizer Malerei des
19. Jhs., in der Nachfolge von Melchior-Paul von Deschwanden (1811 Stans – Rom
1881), an massgeblicher Stelle zu nennen sein.(57)
Kat.Nr. 21*
Joseph Anton Borrer
Christus und die Samariterin am Brunnen (Joh. 4,5-26)
1850
Öl/Lwd., l.u. sign. u. dat.: J.Borrer 1850.
99,5 x 77,5 cm.
42
43
Robert Zünd
(1827 Luzern 1909)
Bei Robert Zünd zeigte sich bereits sehr früh ein ausgesprochenes zeichnerisches
Talent, so dass der Vater, ein Regierungsrat und angesehener Bürger von Luzern,
seinem Wunsche Künstler zu werden, nur wenig Widerstand entgegensetzte. Nach
einer ersten Ausbildung im Zeichnen und Malen bei Jakob Schwegler, Placidus von
Segesser und Josef Zelger, arbeitete Zünd von 1848 bis 1850 in Genf bei Diday und
Calame. Mitte Februar 1851 reiste er nach München, wo er Rudolf Koller kennenlernte, mit dem ihn fortan eine enge Freundschaft verband. Das entscheidende künstlerische Erlebnis hatte Zünd jedoch im Jahr darauf, als er erstmals nach Paris kam, in
die Stadt, die ihn wiederholt und ausschlaggebend beeinflussen sollte. Vor allem seine
Studien im Louvre und im Musée Luxembourg, wo er Skizzen nach alten Meistern
anfertigte, und die Anregungen, die er von der französischen Malerei, speziell der
Barbizon-Meister, erfuhr, hatten wegweisenden Charakter für seine Kunstauffassung
und die ihm eigene Beschäftigung mit der Natur. Im Laufe seines Lebens unternahm
er längere Studienreisen, etwa nach Dresden, nach München und immer wieder nach
Paris.
Schon am Beginn von Zünds Schaffen stand die Zeichnung im Zentrum. Seine Zeichnungen sind nicht nur erster Ausdruck eines unmittelbaren Naturerlebens, sondern er
pflegte sie auch als Pausen im Verhältnis 1: 1 direkt auf die Leinwand zu übertragen.
Sein zeichnerisches Œuvre ist demzufolge sehr umfangreich. Farbstimmungen und
Lichteffekte hielt er in besonderen Ölstudien fest, die auf dem Weg zum vollendeten
Bild nach der Zeichnung eine zweite Arbeitsstufe darstellten. Nach diesen äusserst
gründlichen Vorbereitungen durch Zeichnung und Ölstudie, entstanden schliesslich
seine Ausführungen in Öl als reale Landschaften, teils mit Staffage. Bei dieser Bildplanung – und dies ist mehr als ungewöhnlich für die Epoche, in der Zünd zuhause war –
konnte der Auftraggeber „mitreden“, was konkret bedeutete, dass sich in gemeinsamen Besprechungen zwischen Auftraggeber und Maler im Atelier nach und nach
die Bildvorstellung klärte, ein Arbeitsvorgang, der uns sonst nur von den alten Meistern bekannt ist. „Die Ansichten des gebildeten Laien sollen für einen strebsamen
Künstler immer von grösster Wichtigkeit sein, denn die Geschichte lehrt uns, dass
diejenigen Künstler die höchste Stufe erreichen, die stets ‹mit Gelehrten im Umgange
waren“,(58) schrieb er an den Winterthurer Handelsherrn und Mäzen Dr. Theodor
Reinhart, der bei ihm zwei Bilder bestellt hatte.(59)
Zünd hat in seinen Gemälden die Wirklichkeit zeichnerisch minutiös erfasst, was ein
Detailstudium, bis an die Grenzen des Möglichen, voraussetzt. Ein ideales Element
durchzieht immer die reale Landschaft, was Gottfried Keller veranlasste, Zünd als
Vertreter der „wahren idealen Reallandschaft oder der realen Ideallandschaft“(60) zu
charakterisieren. Die Motive, die inhaltlich zum „Paysage intime“ gehören, entnahm
Zünd im wesentlichen der Luzerner Landschaft. Dabei zeigt sich eine Vorliebe für
sonnen- und lichterfüllte Landschaften, wobei das Licht als formgebendes Element,
ähnlich wie bei den Barbizon-Malern, dient. Seit Ende der 50er Jahre des 19. Jhs, hatte
er immer mehr die Wirkungen des Lichtes und der malerischen Elemente erprobt und
1867 schliesslich das „Weissmalen“ entwickelt, dessen Methode darin bestand, dass
die Bilder weiss untermalt und dann mit Lokalfarben lasiert wurden, damit das Licht
mehr Glanz erhielt.
Hierbei spielen immer wieder – neben einzelnen Bäumen und Baumgruppen – Wald44
Kat.Nr. 22
Robert Zünd
Kornfeld mit Eichen
Nach 1885
Öl/Lwd.; l.u. sign.: R.Zünd.
61 x 81,5 cm.
Ausstellung: Kunstmuseum Luzern, 1978, Nr. 11.
Literatur: Kunstmuseum Luzern, Kat.: Robert Zünd in seiner Zeit,
Luzern 1978, Nr. 11.
45
stücke eine bedeutende Rolle: Gerade in solchen Gemälden verstand Zünd es meisterhaft, die differenzierte Atmosphäre des Ortes und der Stunde einzufangen, ja nach
Ursula Isler vermitteln sie sogar ganz verschiedene Temperaturen.(61)
Neben der Landschaftsmalerei beschäftigte sich Zünd auch mit biblischen Themen,
was einerseits auf seiner tiefen Religiosität beruhte und auf der anderen Seite damit
zusammenhing, dass sein grosses Vorbild Claude Lorrain in seinen weiträumigen
Ideallandschaften biblische Figuren als Staffagen auftreten liess.
Kat.Nr. 22 „Die Ernte“, das erste Hauptwerk im Schaffen Zünds, zeigt ein Motiv, das eine zentrale Stellung in seinem Œuvre einnimmt, ein Motiv, mit dem er sich bereits ab 1860
und verstärkt wieder seit dem ersten Atelierbesuch Th. Reinharts beschäftigte, als
dieser mit der Frage an Zünd herantrat, ob er die Baumgruppe des „Eichenwaldes“ mit
einem „Kornfelde“ in den gleichen Dimensionen in Verbindung bringen könne.(62)
Bei diesem Werk legte er besonderen Wert darauf, seinem Ideale „einfacher veredelter
Wahrheit näherzukommen“(63), einem Ziel, das sich Zünd nach dem eingehenden
Studium der Werke Lorrains, Poussins und Ruisdals steckte. Es handelt sich dabei um
„klassische Werke“,(64) die im Laufe der Zeit immer stärkere Wirkungen durch eine
Monumentalisierung und Idealisierung erfahren konnten.
Kat.Nr.23 Betrachtet man das Kompositionsschema des bereits mehrfach publizierten Gemäldes
„Kornfeld mit Eichen“,(65) so zeigt sich eine Spezialität Zünds, nämlich die Gegenüberstellung einzelner Bildzonen durch verschiedene Lichtstärken. Das durch die
Wolken fallende Sonnenlicht fungiert als formgebendes Element und ist für eine
farbigmalerische Bildbehandlung verantwortlich, die ganz eindeutig auf die BarbizonMaler weist. Als Repoussoirs fungieren zwei beinahe schwarze Schattenzonen, die
den Blick über das hell beleuchtete, klare Kornfeld hinwegführen, vorbei an dem
Ährenwagen, den arbeitenden Schnittern in die vermeintliche Tiefe des Waldes,
der wie eine „schwarze Wand“ den sonnen erfüllten Mittelgrund abgrenzt. Bei aller
Schlichtheit des Dargestellten ist diesem und dem folgenden Gemälde „Bauern mit
Ochsengespann beim Eggen“(66), „ein heimlicher, doch starker Zug zum Monumentalen eigen“.(67) Auch berührt den Betrachter die eigentümlich feierliche, eindringlich stille Wirkung, die von fast allen Kompositionen Zünds ausgeht und für die
immer seine einfache und klare Gliederung des Bildaufbaues bestimmend ist.
Kat.Nr. 23
Robert Zünd
Bauern mit Ochsengespann beim Eggen
Vor 1901
Öl/Lwd. l.u. sign.: R.Zünd.
61 x 81 cm.
Ausstellung: Kunstmuseum Luzern, 1978, Nr. 13.
Literatur: Kunstmuseum Luzern, Kat.: Robert Zünd in seiner Zeit,
Luzern 1978, Nr. 13.
46
47
François Louis David Bocion
(1828 Lausanne 1890)
Wie die grossen Schweizer Landschaftsmaler F. Diday (1802 Genf 1877), A.Calame
(1810 Vevey – Menton 1864) und B.Menn (1815 Genf 1893) ist F.Bocion ein Kind des
Lac Leman und er ist es in einem weit ausgedehnte ren Masse als die drei genannten
älteren Malerkollegen auch späterhin als Künstler geblieben. Dieser See wird der
thematische Schwerpunkt seines Œuvres.
Die erste, auf den Künstlerberuf zielende Ausbildung, erhielt er bei dem in Lausanne
niedergelassenen französischen Landschafter Fr.Bonnet (1811 St. Marcellin – Fribourg
1894) seit dem 14. Lebensjahr, ging 1845 nach Paris in das Atelier des Bildnisund Genremalers L.A.Grosdaude (1784 Le Lode – Paris 1869), wechselte nach einem
Jahr zu dem von der Romantik beeinflussten Klassizisten Ch.Gleyre (1806 Chevilly –
Paris 1874) und kehrte, wie die meisten seiner Landsleute, wegen der Revolutionsunruhen von 1848 in die Schweiz zurück. Als er hier ein Jahr später mit nur 21 Jahren die
Stelle eines „Professeur de Dessin“ an der „Ecole Industrielle“ in Lausanne annahm,
dachte er nur an eine kurzfristige Tätigkeit im Lehrberuf. Geblieben ist er jedoch 41
Jahre d. h. bis zu seinem Lebensende.
Am Anfang seiner früh beginnenden Karriere als Künstler standen zunächst einige
z. T. figurenreiche Kompositionen mit historischen Themen,(68) die sich im Nachhinein als gute Übung erweisen sollten für seine später entstandenen Landschaften
mit Figuren und Genreszenen. Spätestens seit 1855 hatte Bocion seinen eigentlichen
Gegenstand gefunden: See-Ufer-Landschaften mit Schwerpunkt Genfersee. Einen
wichtigen Stellenwert im Œuvre Bocions nehmen aber auch die Land-See-Bilder ein,
die er während seiner mehrmaligen Aufenthalte in Italien, insbesondere in Venedig
fertigte. In ihnen allen verwendet unser Künstler fast stets die selbe, jedoch ausserordentlich variabel gehandhabte kompositionelle Grundstruktur, wie sie auch an dem
ausgestellten Werk zum Ausdruck kommt: Von massiven, zumeist dunkel gehaltenen
Vordergrundselementen mit Repoussoir-Wirkung geht der Blick über die mit Boot(en)
oder Schiff( en) besetzte Wasserfläche zu einem mehr oder weniger fernen Berg-,
Gebirgs- oder Stadthorizont. Die Berge sind also für Bocion kein Eigenthema mehr,
sondern nur stimmungsvoll silhouettierter Hintergrund seiner Seelandschaften. Auch
wenn das klassische Landschaftsthema Cl.Lorrains (1600 Chamagne – Rom 1682)
spürbar ist, steht er C.Corot (1796 Paris 1875) und der „Schule von Barbizon“, sowie
deren Schweizer Ausprägung durch B.Menn mit seinen Genfer Anhängern und der
englischen Variante dieser Schule (viele reiche Kunden Bocions kamen aus England)
nicht nur in der realistischen Haltung wesentlich näher.
Unser Werk, so klein es auch sein mag, ist durchaus ein gutes Beispiel für die ganz
persönliche Eigenart der Bocionschen Landschaftsvorstellung. Es zeigt ihn zudem
als einen ausserordentlich subtilen Koloristen, der die Farben zumeist stark gemischt
verwendet und mit ihnen nur verhalten akzentuiert. Zu korrigieren bleibt bei unserem
Bild die etwa von M.Reymondin vorgenommene Datierung von 1878.(69) Da es sich
hierbei einerseits zweifellos um eine an Ort und Stelle gefertigte Skizze handelt und
andererseits B.Aubert durch Quellenbelege nachweisen konnte,(70) dass Bocion nur
in den Sommern 1874 und 1881 in Venedig weilte, kann sie nur in diesen bei den
Jahren entstanden sein. Auf Grund von Bildvergleichen beider Jahre, schlagen wir das
Jahr 1881 als Entstehungszeit vor.
48
Kat.Nr. 24“
François Louis David Bocion
„Promenade sur la Lagune“
1881
Öl/Lwd.; l.u. sign.: F.Bocion.
29,2 x 45,4 cm.
Provenienz: Mme. de Meuron, Bern.
Literatur: Reymondin, Michel: Catalogue raisonné de François Bocion, Nr. 343.
49
Rudolf Koller
(1828 Zürich 1905)
Kaum ein Maler begann bereits so früh und mit dieser zügig qualitätsverbessernden
Ernsthaftigkeit wie Rudolf Koller danach zu streben, das domestizierte Tier in seiner
realen Ganzheitlichkeit ästhetisch bildhaft zu erfassen, was für ihn immer auch
bedeutete: Einbeziehung der Umgebung in der es existiert, d. h. mit Mensch und
Landschaft. So waren ihm denn auch diese beiden Themenkreise ein künstlerisches
Anliegen. Indes lag das Schwergewicht von Anfang an und in steigendem Masse bei
der Tiermalerei. Spätestens mit Werken, die in den 60er Jahren entstanden, ist Koller
in die Reihe der grossen europäischen Tiermaler einzureihen.
Über den Zeichenlehrer J. Schweizer (1800 Zürich 1869) und dem Bildnis- und
Genremaler R. Obrist (1809 Zürich 1868) kam er zu dem in Paris ausgebildeten Landschafts- und Marinemaler, Joh. Jak. Ulrich (1798 Andelfingen/a.Thur – Zürich 1877).
Im Übrigen empfahl er ihm eine Weiterbildung in Paris unter besonderer Empfehlung
seines dort tätigen Freundes R. Brascassat (1804 Bordeaux – Paris 1867). Als Koller
sich nach intensiven Pferdestudien in württembergischen Gestüten (1845/46) sowie
Aufenthalten in Düsseldorf (Akademie 1846) und Brüssel, zusammen mit seinem
Studienfreund Arnold Böcklin (1827 Basel 1901), 1847 nach Paris begab, zerschlug
sich die Hoffnung im Atelier Brascassats arbeiten zu können. Er nahm keine Schüler.
Trotzdem orientierte sich Koller an ihm u.a. ab 1862 in der Methode die Tiere zu
kaufen, die er als Hauptfiguren in seinen Bildern zu verwenden gedachte.(71) In Paris
hat sich Koller auch eingehend mit einer ganzen Reihe von tiermalenden Niederländern auseinandergesetzt, indem er einige ihrer Werke kopierte. Die Revolutions­
unruhen zwangen ihn jedoch 1848, zusammen mit Böcklin, Frankreich zu verlassen,
um über Zürich nach München zu reisen. 1851 dann, abgesehen von einigen Reisen
nach Paris und Italien, hat er sich endgültig in der Schweiz niedergelassen. In Zürich
erwarb er 1862 das Anwesen „zur Hornau“ am Zürichhorn, an das er Atelier und Stall
anbaute. Hier hat er sich in arbeitsreichen Jahren seine persönliche Eigenart erarbeitet
und ist zur künstlerischen Reife gelangt, von einer intensiven Koloristik über eine
differenzierende Hellmalerei zur Vereinfachung und Monumentalisierung von Form
und Hell-Dunkel-Kontrasten seiner Spätzeit. Allerdings ist die letzte Phase seines
Schaffens, insbesondere ab 1895, teilweise gänzlich überschattet gewesen von einer
seit 1870 beginnenden Augenkrankheit, die sich langsam aber kontinuierlich und
ohne Heilungsmöglichkeiten verschlechterte, bezüglich Sehschärfe und Unterscheidungsfähigkeiten nahe beieinanderliegenden Farbmischungen.(72) Nach der Jahrhundertwende hat Koller wohl kaum mehr gänzlich neue Werke geschaffen, sondern nur
noch tatsächlich oder scheinbar unvollendete überarbeitet. Auch das ausgestellte Werk
gehört zu diesem Œuvre teil. Übergangen bzw. „verbessert“ wurde auf ihm, unter
Hinzufügung von Signatur und Datierung, die gesamte Ecke rechts unten, ein Teil
des Weges, die Beine und der hintere Kuhkörper sowie die Kleidung der Hirtin. Die
Figur der jungen Hirtin, die in der Hand des ausgestreckt auf den Kuhkörper gelegten
Armes eine Gerte trägt, hat Koller in mehreren Bildern fast identisch verwendet. So in
dem Gemälde „an der Tränke“ (1865) und in der Ölstudie „stehende Haslitalerin mit
Gerte“ (1865/68)(73) Bei aller Kritik, die von verschiedenen Seiten an diesem Œuvre
teil Kollers und somit an ihm selbst geübt worden ist, bleibt er doch ein integraler und
interessanter Bestandteil seines künstlerischen Arbeitens.
50
Kat.Nr. 25*
Rudolf Koller
Haslitaler Hirtenmädchen mit Kuh
1902
Öl/Lwd.; r.u. sign. u. dat.: RKoller 1902.
97 x 144,5 cm.
51
Albert Anker
(1831 Ins 1910)
Ankers Absicht Maler zu werden hatte sich erst mit 22 Jahren (1853) so weit gefestigt, dass er sie auch seinen Eltern mitteilte. Er machte dies brieflich von Deutschland
aus, wo er in Halle, nach dem Wunsche seines Vaters, das in Bern begonnene Theologiestudium weiterführte. Die endgültige Entscheidung liess jedoch noch ein Jahr auf
sich warten.
Personell kann seine künstlerische Beschäftigung bis dahin nur mit dem Neuenburger
Gymnasial-Zeichenlehrer und Aquarellisten Friedrich Wilhelm Moritz (1783 Bern –
Neuchâtel 1855) – ein Vetter des Schweizer Kleinmeisters Lory fils (1784 Bern 1846)
– und wenigen erhalten gebliebenen Zeichnungen belegt werden, denen als Ergänzung insbesondere der erste Aufenthalt in Paris (1851), sowie die Besuche in Berlin,
Dresden und München (1852–54) hinzuzufügen sind.
Für Anker, der das Französische wie eine zweite Muttersprache beherrschte, schien
von vorneherein Paris als Studienort festgestanden zu haben. Desgleichen auch
sein Eintritt in das Atelier von Charles Gleyre (1806 Chevilly/Vaud – Paris 1874).
Dass dieser Schweizer war, und zudem ein erfolgreicher, spielte sicher eine Rolle.
Immerhin haben sich einige der kommenden Hauptmeister des Impressionismus bei
ihm, dem Klassizisten mit romantischem Einschlag, entscheidende Impulse für einen
eigenständigen, akademie-konträren künstlerischen Weg geholt. Die Ausbildung dort
war jeweils relativ kurz und muss dementsprechend intensiv gewesen sein. Bezüglich
Anker ist bekannt, dass Gleyre selbst es war, der ihn nach nur eineinhalb jährlicher
Betreuung in die Selbständigkeit entliess (1856) und der ihm wohl auch, schon aus
Gründen des besseren beruflichen Fortgangs, den Besuch der Ecole des Beaux-Arts
als Ergänzung empfahl. Dort wurde er noch 1856 und in den bei den darauffolgenden
Jahren mit einer Medaille ausgezeichnet.
Die Einrichtung eigener Ateliers in Ins und Paris (1859) signalisiert nicht nur den
selbstbewussten Abschluss seiner Lehrjahre, sondern setzte auch schon ein gehöriges Mass an Erfolg voraus, der sich von nun an beständig ausweitete. Ein wichtiges
Moment auf diesem Weg war die Steigerung des Bekanntheitsgrades. Die kontinuierliche Beschickung des Pariser Salons (ab 1859 bis 1900; Goldmed. 1866) und der
Ausstellungen der „Exposition de la Société des Amis des Arts“ in Neuchâtel (ab
1860 bis 1905) trug u.a. hierzu ebenso bei, wie die Präsentation auf den Weltausstellungen in Paris (1867/Goldmed., 1878 und 1889/Bronzemed.) und London (1872/
Bronzemed.). In deren Folge mehrten sich die Käufe von Werken Ankers, insbesondere auch von Seiten öffentlicher und privater Institutionen. Neben materiellem
Gewinn brachte es auch ein erhöhtes soziales Prestige. Anker machte sich dieses zum
Wohle der Öffentlichkeit zunutze, indem er vor allem im Grossen Rat des Kantons
Bern (1870–74), in der Eidgenössischen Kunstkommission (1889–93 und 1895–98)
und in der Eidgenössischen Kommission der Gottfried-Keller-Stiftung (1891–1901)
kunstpolitisch tätig wurde.
An Reisen sind neben seinem jährlichen Pendeln bis 1890 zwischen Ins (Sommer)
und Paris (Winter) auch jene nach Deutschland (1858, 1880, 1894, 1896, 1897) und
Italien (1861/62, 1887, 1889, 1891) zu erwähnen. Zum Teil dauerten sie monatelang
und beinhalteten das Kennenlernen von Werken alter und zeitgenössischer Künstler,
die ihn teilweise, trotz früher Festigung seiner spezifischen Handschrift, in Zeichnung, Farbe und Thematik beeinflussten oder ihn doch zumindest sichtbar anregten.
52
Man ist immer wieder erstaunt über die äussere Mobilität Ankers, zumal sich dies
keineswegs so offensichtlich, weder formal noch inhaltlich, in seinen Werken niederschlägt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Jahr für Jahr vorgenommenen
Ortswechsel, die ja, besonders im Falle von Ins (Dorf) und Paris (Weltstadt), zugleich
auch immer Milieu-Wechsel waren, sich nur zum Teil materiell-beruflich begründen
lassen. Ihm scheinen sie auch notwendig gewesen zu sein zur Aufrechterhaltung einer
inneren Lebendigkeit, um auf dem hohen Niveau seines künstlerischen Gestaltens
bleiben zu können.
Entscheidend verändert sich die Situation für Anker erst 1901. Ein Schlaganfall lähmt
seinen rechten Arm, so dass er nun, ungewohnterweise, nur noch den linken benutzen
konnte. In dem Jahrzehnt bis zu seinem Tode, 1910, sind deswegen fast ausschliesslich nur noch (die technisch leichter zu bewältigenden) Aquarelle entstanden.
Es gibt nur wenige Künstler des 19. Jhs., bei denen das Ende der Atelier- und AkademieAusbildung und die beinahe endgültige Festigung der eigenen spezifischen künstlerischen Handschrift, auf zudem hohem handwerklichen und gestalterischen Niveau,
so nahe beieinander liegen, wie bei Anker. Das hat sicher etwas zu tun mit seiner
Beschränkung auf ein recht enges thematisches Repertoire und mit der Beibehaltung und Vervollkommnung des einmal und recht früh diszipliniert erarbeiteten FarbForm-Systems. Zwar sind bei einer Überschau des Ankerschen Œuvres immer wieder
Anklänge an alte oder zeitgenössische Meister auszumachen, doch bleiben diese,
mit wenigen Ausnahmen, ganz im Allgemeinen und im üblichen Rahmen. Dass in
manchen seiner frühen Werke und, bei entsprechender Thematik (etwa: Genius des
Todes),(74) gelegentlich bis in die 80er Jahre hinein, der Gleyresche Klassizismus
aufscheint, ergibt sich durch seine Lehrzeit in dessen Atelier.
Noch konkreter lässt sich der Bezug zu G. Courbet (1819 Ornans – La Tour de Peilz
1877) herstellen.(75) Gleichfalls nicht zu übersehen und für unseren Zusammenhang wesentlicher ist die Affinität mit dem Werk J.-B. Chardins (1699 Paris 1779),
auch wenn sie weit mehr im Allgemeinen bleibt. Nicht nur in der „Poesie der einfachen Dinge“ der Stilleben ist dies zu erkennen, sondern auch in der Grundhaltung der
Menschendarstellung, wie sie etwa in unseren beiden Werken zum Ausdruck kommt.
(76)
Nach diesen durchaus berechtigten Vergleichen auf höchster qualitativer Ebene, in die
auch das Problem der Adäquatheit von Form-Farbe-Inhalt miteingeschlossen ist, muss
das übliche In-eine-Reihe-stellen Ankers mit den, wenn auch erfolgreichsten anekdotischen Genremalern der damaligen Zeit, Benjamin Vautier (1829 Morges – Düsseldorf 1898), Ludwig Knaus (1829 Wiesbaden – Berlin 1910), und Franz von Defregger
(1835 Stronach/Tirol – München 1921), fast schon unangebracht erscheinen. Zwar
ist Anker gemäss der üblichen Gattungseinteilung mit dem Grossteil seines Œuvres
als „Genremaler“ zu bezeichnen, doch sind seine Werke in Thematik und Bildfolge
durchgängig ernsthafter als die der Genannten, ohne indes stets einer gewissen
Heiterkeit zu entbehren, aber auch ohne dramatische Akzente. Bei ihm fehlt zumeist
das anekdotisch-erzählende Moment der üblichen Genremalerei, das zur weiterspinnenden Interpretation des dargestellten Handlungsausschnittes animiert.
53
Der Schwerpunkt in Ankers Darstellungen liegt zumeist im (wohl auch pädagogischmoralisierend verstandenen) Verweisungscharakter auf die menschliche Innerlichkeit
im Zustand ausgewogenen Befindens. Hierfür waren ihm junge und alte Menschen –
einzeln, zu zweit oder zu mehreren, ganz- oder halbfigürlich – die geeigneten Medien.
Besonders in den Darstellungen von einzelnen Kindern, Jugendlichen und Greisen
beiderlei Geschlechts hat Anker, mit den Worten eines profunden Kenners, „den
höchsten Rang seines Schaffens erreicht“.(77)
Möglicherweise ist es gerade die qualitativ hochrangige Projektion eines solch idealistisch einfachen Menschenbildes von puritanischer Heiterkeit, das einen grösseren
Bekanntheitsgrad Ankers über die Grenzen der Schweiz hinaus verhindert hat.
Zugleich ist es aber gerade diese weit über die übliche Genremalerei hinausreichende
Form-Inhalt-Qualität, die immer wieder aufs neue die besondere Aufmerksamkeit
einer umsichtigen Kunstgeschichtsschreibung auf sich zieht und einen gebührenden
Platz Ankers anmahnt.
Kat.Nr. 26 Mit den hier gezeigten Einzelpersonen-Darstellungen „Grossvater die Bibel lesend“
Kat.Nr. 27 und „Mädchen mit Katze“ haben wir zwei hochrangige Werke Ankers vor uns.(78)
Sie zeigen in typischer Weise einige der bereits weiter oben allgemein angesprochenen wesentlichen Qualitäten der Ankerschen Menschendarstellung.
Wie zumeist, führt der Künstler auch hier die Gestalten ganz nahe vor die Augen des
Betrachters, indem er sie gross in den Bildraum setzt. Und doch sind sie auf eine
gehörige Distanz gehalten durch ihren engen, nicht über das Bild hinausreichenden
Aktionsradius. Die Objekte ihrer konzentrierten, doch heiteren Aufmerksamkeit,
Katze bzw. Bibel, sind ihnen körpernah zugeordnet. Die Tiefe des Bildraumes ist
zwar jeweils zugunsten einer besseren Wirkung dieser davor gesetzten Hauptmotive
im Unbestimmten gelassen, dafür sind sie fest in ein präzise realistisch illusioniertes
Nah-Umfeld eingebunden. Es handelt sich dabei um Objekte – Stuhl, Tisch, Tür –
denen, neben ihrer dinglichen Eigenwertigkeit und ihrer Funktion als bildgestalterische Strukturelemente, auch inhaltliche Bedeutung zukommt: sie definieren den Ort
des Befindens als Innenraum und verweisen, zusammen mit Kleidung und Habitus,
durch ihre Rustikalität auf den sozialen Stand der Dargestellten als einfache Dorfbewohner. Selbst die Farbgebung bezieht Anker hier in die Charakterisierung des
Ländlichen mit ein. Seine Palette reicht dabei von den für ihn so typischen warmen
Brauntönen in differenziertesten Abstufungen bis hin zu der ebenso eigenen, relativ
einheitlichen, grossen Farbfläche in gedämpftem Blau.(79)
Kat.Nr. 26
Albert Anker
Großvater, die Bibel lesend
1877
Öl/Lwd.; u.l. sign. u. dat.: Anker 1877.
50 x 61 cm.
Ausstellungen: Ins 1981.
Literatur: Kat. Berner Kunstmuseum: Albert Anker, Bern o.J., Nr. 328.
54
55
Überhaupt spielt im Schaffen Ankers das dörfliche Element bei seiner ästhetischen
Formulierung eines idealen Menschenbildes im Sinne einer am Äusseren aufscheinenden inneren Befindlichkeit eine wichtige Rolle. Und hierfür war ihm der Mensch
als Kind und als Greis das dankbarste Objekt, um, wie in unseren beiden Gemälden,
den Zustand gelassener Wohlerzogenheit und des geruhsamen In-Ehren-ergraut-seins
zur bildhaften Anschauung zu bringen. Spiel und Besinnung waren neben Schlaf und
konzentrierter Aufmerksamkeit auf eine individuelle Arbeitstätigkeit die Themata,
mit denen sich Anker seit Beginn seines selbständigen künstlerischen Schaffens, um
1859, immer wieder auseinandersetzte, ohne indes jemals in kopierende Wiederholungen abzugleiten.
Auch unsere beiden Bilder sind jeweils Teil einer Gruppe von Werken gleichen bis
annähernd gleichen Inhaltes. Sowohl die Thematik des lesenden alten Mannes als
auch jene des Mädchens mit Katzen – eine Zuordnung also in tradiert alters- und
geschlechtsspezifische Weise (GreislMann-Bibel und Kind/Mädchen-Katze) – hat
Anker über Jahre hinweg beschäftigt und in unseren bei den Werken auf hohem
Niveau zur idealen Formulierung gebracht.(80)
Kat.Nr. 27
Albert Anker
Mädchen mit Katze
1881
Öl/Lwd.; l. M. sign. u. dat.: Anker 1881.
55,5 x 40 cm.
Ausstellungen: Ins 1981; Bellinzona 1989.
56
Literatur: Kat. Berner Kunstmuseum: Albert Anker, Bern o.J., Nr. 216.
57
Severin Benz
(1834 Marbach/SG – München 1898)
Severin Benz kam 1834 im sanktgallischen Marbach als Sohn einfacher Bauersleute
zur Welt. Nachdem er in Feldkirch eine Schlosserlehre hinter sich gebracht hatte, zog
er 1853 nach München. Er fand Aufnahme an der Akademie der bildenden Künste
und arbeitete von 1857 bis 1865 als Schüler des damals berühmten Historienmaler
Karl von Piloty (1826 München 1886). Wie mancher andere Schweizer Maler wohnte
er bis an sein Lebensende in München, doch blieb er mit seiner Heimat verwurzelt.
In St. Gallen fand er seine zweite Frau, die Fabrikantentochter Carolina Stoffel, und
einen Kreis von Freunden und Käufer seiner Werke. Alljährlich reiste die Familie
Benz in die Ostschweiz. Der Maler hielt sich im Sommer oft wochenlang an einem
Ort auf um Skizzen, Studien und Aquarelle mit Landschaften, Orts ansichten und
Gebäuden anzufertigen. 1898 starb er in seinem Heim in München.
Benz, ein tiefgläubiger Katholik, erachtete die religiöse Malerei als seine Hauptaufgabe. Drei seiner Altarbilder befinden sich in Bayern und etwa zwei Dutzend in seiner
Heimat. Darunter sind Arbeiten, die zu den besten Altarbildern schweizerischer
Künstler aus dem letzten Jahrhundert zählen. Besondere Beachtung verdient Benz
als Porträtist. Hinsichtlich der Einfühlung in das Wesen der Dargestellten und bezüglich der malerischen Ausführung erweist er sich als einer der bedeutenden Schweizer
Bildnismaler seiner Zeit. Seit seiner Jugend malte Benz Landschaften, vor allem mit
Wasserfarben, seltener auch mit Ölfarben. In der Auffassung und in der Stimmung
herrscht die „intime Landschaft“ vor, d. h. der knapp und gleichsam zufällig gewählte
Landschaftsausschnitt. Eher nebenbei schuf Benz noch Stilleben und Genrebilder.
Das Lebenswerk von Severin Benz erreicht zwar nicht die Qualitäten seiner berühmteren schweizerischen Zeitgenossen Arnold Böcklin, Robert Zünd, Frank Buchser,
Rudolf Koller und Albert Anker, aber es zeichnet sich durch eine aussergewöhnliche
Vielseitigkeit und eine gediegene malerische Handwerklichkeit aus. Stilistisch ist es
in der damaligen Münchner Malerei verhaftet und lässt verschiedenartige Einflüsse
erkennen. Zweifellos war Benz der bedeutendste Kunstmaler des 19. Jahrhunderts aus
dem Kanton St. Gallen. Ein durchschlagender Erfolg blieb ihm allerdings selbst in
der engeren Heimat versagt. Die Nachkommen des Malers hüten bis heute den Hauptteil seines Schaffens.
Kat.Nr. 28 Landschaftliche Gemälde von Benz kamen bis jetzt nur wenige zum Vorschein.
Eines der qualitätvollsten ist die „Walenseelandschaft“.(81) In der Besprechung der
„Schweizerischen Kunstausstellung in St. Gallen“ von 1875 hiess es: „Benz… wählte
den Wallenstadtersee von dem herrlichen Erdenplätzchen Fly bei Weesen aus, und
zwar mit einer Originalität und Grösse der Auffassung, mit einer Durchführung der
Uferpartie, die seinen Namen unter den Landschaftern ein für allemal begründen und
unsere Bewunderung für seine vielseitige Begabung erregen“.(82) Dieser Hinweis galt
wohl dem undatierten Gemälde, das hier abgebildet ist. Benz nahm einen erhöhten
Standpunkt ob Weesen ein, wo er gegen Osten hin die ganze Walenseelandschaft
überblicken konnte. Im Vordergrund fällt die bewaldete Halde nach rechts gegen den
See hin ab. Im Mittelgrund liegt der Ortsteil Fly und die Seebucht, im Hintergrund die
den See umschliessenden Berge: Leistchamm, Churfirsten, Prodchamm und Kerenzerberg. Über der Erde weitet sich der Himmel mit Schönwetterwolken.
Das Gemälde entstand um 1874 im Atelier nach Studien im Freien. Die Landschaft
ist sehr genau dargestellt, aber in der Auffassung von niederländischen Vorbildern des
58
Kat.Nr. 28
Severin Benz
Walenseelandschaft
Um 1874
Öl/Lwd.; l.u. sign.: S.Benz.
75,5 x 117 cm.
59
17. Jahrhunderts beeinflusst. Diagonalen und eine fein beobachtete Farb- und Luftperspektive schaffen eine starke Tiefenwirkung. Der Vordergrund ist in dunklen, warmen
Grüntönen abgesetzt und links unauffällig mit einigen Spaziergängern staffiert. Die
Landschaft im Mittel- und Hintergrund liegt in sommerlichem Abendlicht; das stimmungsvolle Wechselspiel von Licht und Atmosphäre im Erd- und im Himmelsraum
ist wirklichkeitsnah eingefangen. In der Mitte leuchtet ein rotes Ziegeldach wie
ein Brennpunkt auf. Mag die Malweise auch etwas altmeisterlich und unpersönlich wirken, so überzeugt sie doch durch ein gediegenes Handwerk und nuancierte
Tonwerte.
Kat.Nr. 29 In den Jahren 1878/79 erarbeitete Benz ein grossformatiges Ölgemälde „Flucht nach
Ägypten“, das in seinem Schaffen in mancherlei Hinsicht eine zentrale Stellung
einnahm. Das Thema entstammt den apokryphen Kindheitsevangelien und war seit der
Renaissance beliebt. Das Gemälde, das dem religiösen Genre zuzuordnen ist, wurde
Ende des Zweiten Weltkrieges zerstört und ist nur in Fotos überliefert, doch lässt
sich seine Entstehung anhand zahlreicher Zeichnungen und Studien verfolgen.(83)
Im Verlaufe des Gestaltungsprozesses komponierte Benz nicht allein die Anordnung
der Menschen und des Esels, sondern auch die Landschaft gen au und beziehungsreich
durch. Anfänglich erscheint Joseph im Bild immer rechts hinter Maria, halb versteckt
in Büschen und Bäumen. Schliesslich sitzt Maria mit dem Kind in der rechten Bildhälfte, und Joseph steht mit dem Esel in der linken. In einer schönen Aquarellstudie
sind die Figuren bereits annähernd wie im Gemälde angeordnet, aber noch selbstverständlicher und ungezwungener in die Landschaft eingefügt; Bäume und Büsche
füllen den ganzen Hintergrund. In einer bildmässig ausgeführten Ölskizze, die hier
vorgestellt wird, ist die endgültige Fassung vorbereitet, die Malweise aber spontaner
und frischer, Menschen und Umgebung noch etwas verbindend. Die freier gemalte
Ölskizze wirkt insgesamt lebensvoller als das bis in alle Einzelheiten realistisch
ausgeführte Gemälde. Während die Skizze eine augenblicklich wirkende Situation
wiedergibt, hielt das Gemälde einen seltsam und künstlich anmutenden Zustand von
Ruhe fest. So vergegenwärtigt diese Ölskizze beispielhaft die malerischen und gestalterischen Qualitäten der Malerei von Benz, aber zugleich auch deren künstlerischen
Grenzen.
Kat.Nr. 29
Severin Benz
Die Heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten
Um 1878
Öl/Lwd.; nicht bezeichnet.
51 x 62 cm.
60
61
Beinah den ganzen August des Jahres 1877 verbrachte Benz im glarnerischen Bergdorf Elm. In einem sicher und schön ausgeführten Aquarell hielt Benz den dortigen
Dorfplatz mit dem Brunnen beim „Grosshaus“ fest. Das mächtige, aus der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts stammende Blockhaus ist links zum Teil sichtbar. Im
Mittelgrund, gegen Norden gesehen, stehen Ställe und das steilgieblige, gemauerte
Suworowhaus. Gegenüber dem heutigen Zustand deckt dieses Aquarell mancherlei
Veränderungen auf.(84)
Kat.Nr. 30 Ausgehend vom „Dorfplatz in Elm“ vollendete Benz 1884 ein grösseres bäuerliches
Genrebild, in dem das Landschaftliche vorherrscht. Neben dem „Grosshaus“ ragt nun
ein knorriger Baum hervor; die Berge erscheinen weniger prägnant. Beim Brunnen
spielt sich eine kleine Marktszene ab. Im Vordergrund stehen Frauen, Kinder und ein
Mann um einen Tisch, auf dem zwei Körbe mit Kirschen, Brote und andere Dinge
zum Verkauf ausgebreitet sind. Zwei Ziegen und hinten die Postkutsche ergänzen die
ländliche Szene.
Benz bereitete einzelne Figuren mit Bleistiftzeichnungen und Aquarellstudien vor,
vermutlich zur Hauptsache eher in München als in Elm. Immerhin ist es möglich,
dass er an Ort und Stelle eine derartige Begebenheit sah; Kirschen gediehen damals in
Elm. Jedenfalls ist die alltägliche Szene schlicht und natürlich dargestellt, ohne jeden
anektodischen oder sentimentalen Beigeschmack. In der Auffassung des Themas und
im stillen Dasein der Menschen erinnert das Bild an Werke Albert Ankers. Die Farbgebung ist warm und tonig gedämpft; die unmittelbare, frische Wirkung des Aquarells
geht ihr jedoch ab. Das Bild „Ein Tag in Elm“ ist ein typisches Beispiel dafür, wie
damals viele repräsentative Ölgemälde entstanden: nämlich im Atelier unter Verwendung von vielen genauen Studien nach der Natur, aber nicht in jeder Einzelheit naturgetreu. Auch für dieses Gemälde fand Benz keinen Käufer, obschon es neben dem
„Mutterglück“(85) sein bestes Genrebild ist.
Kat.Nr. 30
Severin Benz
Ein Tag in Elm
1884
Öl/Lwd.; r.u. sign. u. dat.: Sev.Benz 1884.
66,5 x 95 cm.
62
63
Edmond Jean de Pury
(1845 Neuenburg – Lausanne 1911)
Wohl durch seine Erziehung in einem noblen und reichen Elternhaus – sein Vater war
Alphonse Louis de Pury (1819 Neuenburg 1886) und seine Mutter Uranie de Muralt
(gest. Neuenburg 1872) – wurde in ihm der Drang geweckt, ein Künstler zu werden.
Auf Empfehlung des Malers Albert de Meuron (1823 Neuenburg 1897) – ein Freund
der Familie 7 reiste de Pury 1863 nach Paris, um für drei Jahre im Atelier des Malers
Charles Gleyre (1808 Chevilly – Paris 1874) zu arbeiten. 1869 lässt er sich in Italien
nieder, wo er sich in den folgenden fünf Jahren in Florenz, Rom und Capri aufhält.
1881 heiratete er eine Cousine, Uranie de Marval, die ihm im Jahr darauf einen Sohn
(Raoul, gest. 1891) schenkte. Doch bald darauf, 1884, verstarb sie. Zwei Jahre später
schon ging de Pury eine neue Ehe ein, mit der von ihm schon langjährig verehrten
Tochter eines reichen Schweizer Bankiers aus Florenz, der Blumen- und Porträtmalerin Marie-Amelie-Mathilde Wagnière (1850 Florenz – ?).
Seit 1885 hatte er in Venedig sein Atelier. Er reiste sehr viel und pflegte ein intensives
gesellschaftliches Leben. Er beschickte Ausstellungen in Neuchâtel, Basel, Paris,
doch ein durchschlagender Erfolg war ihm nicht beschieden. Einige Bilder, die er an
eine Ausstellung 1893 nach München sandte, fanden allerdings ein sehr gutes Echo,
worauf die „Illustrierte Zeitung“ eine Serie seiner Arbeiten zu publizieren begann.
Abgesehen von den Porträts und den Hauptwerken seiner frühen Zeit: „Abel“ und
„Kain“ (heute Musée de Neuchâtel), nimmt er hauptsächlich seine Themen aus
dem Leben der Männer, Frauen und Kinder von Capri, Rom, Florenz und besonders
Venedig. Er stellt sie nicht in der Mühsal ihres Daseins dar, sondern, beeindruckt von
der lichtdurchdrungenen Farbigkeit, der scheinbaren Leichtlebigkeit und ausstrahlenden Fröhlichkeit seiner Protagonisten, zeigt er ihre alltägliche Umgebung und
Tätigkeit glorifizierend. Durch dieses betontes Herauslösen aus ihrer Welt, wirken sie
fast sakral erhöht.
Nach Aussagen von W. Ritter müsste das „Bildnis einer jungen Venezianerin“ in die
Reihe jener vorbereitenden Studien gehören, die Edmond de Pury für seine grossen
Gemälde fertigte. Doch Komposition und Malweise gehen weit über das, was man
eigentlich noch als „Studie“ betrachten könnte, hinaus. Brustbild im Profil, ganz nach
dem Vorbild italienischer Renaissancebildnisse, setzt er das dunkle, klassisch hinten
geknotete Haar und die braune sonnengetränkte Haut der Dargestellten in starken
Gegensatz zum hellen mit zügigen Pinselstrichen gemalten Hintergrund und dem
Kleid. Milderung erfährt dieser Kontrast durch das Durchschimmern des dunklen
Untergrundes und besonders durch den farblichen Akzent des Blumenbouquets am
Ausschnitt des Mädchens.
Angetan von dem farblichen Reiz südländischer Typen, vom Spiel des Lichtes auf
Haar, Haut und Kleid, waren de Pury’s Modelle jene einfachen Menschen, die ihn in
seinen bevorzugten Aufenthaltsorten in Italien umgaben.
W. Ritter schreibt in seiner Biographie,(86) dass im Jahr 1892 das Ehepaar Pury sich
schon im April nach Venedig begab, dann aber am 21. August nach Brixen in Tirol
abfuhr, um, wie es Mode war, zu „Kneippen“. Das Jahresende verbrachten sie nach
ihrer Rückkehr über Bozen und Trento – wie gewohnt – wieder in Neuchâtel.
In dieser Zeit in Venedig entstand u.a. unser Bild, von Ritter bezeichnet als „la
Marchande de poteries“. Er erwähnt besonders zwei von de Pury bevorzugte
Modelle: „Helena“ und „Irene“, die Pury zu seinen eindruckvollsten Bildern inspi64
Kat.Nr. 31
Edmond Jean de Pury
Bildnis einer jungen Venezianerin
1891
Öl/Holz; u.l. sign. u. dat.: E.de Pury Venise 1891
58,5 x 44,5 cm.
65
riert haben sollen: „Le Printemps“ und „La Cantilène“,(87) wie auch die beiden Bildnisse „Helena“ und „Irene“.(88) In unserer Darstellung erkennen wir „Helena“, eine
Jugendliche aus Venedig, die ganz dem von de Pury bevorzugten Typ eines italienischen Mädchens entsprach und des öfteren von ihm porträtiert und als Protagonistin
seiner Bilder verwendet wurde.
Mögen heute auch die Sujets, wie die Farbigkeit seiner Darstellungen, von manchem
Betrachter auf den ersten Blick in ihrem Leuchten und in ihrer kontrastreichen „Buntheit“ leicht an der Grenze des Erträglichen angesiedelt werden, so wird man doch bei
näherer Betrachtung sein Urteil revidieren müssen. Seine Palette lässt an die sonnendurchglühte Farbigkeit französischer Orientalisten denken und in seiner äusserst
ausgewogenen Komposition, seiner flotten und zugleich delikaten Pinselführung
zeigt Pury, mehr als sein Freund Ritter sehen konnte, dass er sein Handwerk meisterlich beherrschte. Und eben darüber hinausgehend verstand er es, seinen Bildern
jene Innerlichkeit und Ausstrahlung zu geben, die sie auch bei längerer Betrachtung
nicht langweilig werden lässt. Die scheue Empfindsamkeit, mit der er seine Modelle
erfasste und die auch ihnen immanent ist, zeigt aber auch die Distanziertheit eines
Beobachters, dem es, wohl aus der unbewussten Angst einer sich auslebenden Epoche
heraus, nicht gelang, gewisse Dinge in Frage zu stellen und so gezwungenermassen
nur seine Idealvorstellungen darstellen konnte.
De Pury war ein Künstler, dem die sogenannte „Tendenzkunst“ – eine Verquickung
von Kunst und Politik oder ein sozialkritischer Naturalismus – vollkommen ferne lag.
Als ein Mensch, der nie um seine Existenz kämpfen musste, der mit den Gütern eines
angenehmen Lebens gesegnet war, stellte er auch in seinen Bildern nie die Mühsal
und die Last eines arbeitsschweren Daseins dar. Es ist fast so, als wollte er in seiner
lichtdurchfluteten und kräftigen, reinen Farbigkeit, alles, was sein „Bild“ nur trüben
könnte, verdrängen.
Kat.Nr. 32
Edmond Jean de Pury
Helena, die kleine Strassenverkäuferin
1892
Öl/Lwd.; l.u.: 1892; r.u.: Edmond de Pury
136 x 86 cm.
66
67
Ferdinand Hodler
(1853 Bern – Genf 1918)
Als Hodler 1872 als 19-jähriger nach Genf zog und dort von Barthélemy Menn (1815
Genf 1893) an der Ecole des Beaux Arts als sein Schüler aufgenommen wurde, konnte
er bereits auf eine bescheidene Karriere als „Ansichts-Maler“ zurückblicken.(89) Im
Stile der Schweizer „Klein-Meister“ oder nach den romantisierenden Landschaften
von Française Diday (1802 Genf 1877) und Alex. Calame (1810 Vevey – Menton
1864) hatte er seit 1867 kleine, sentimentale Alpenansichten mit figürlicher Staffage
gemalt. Menn, ein Schüler J. A. D. Ingres (1780 Montauban – Paris 1867) und Freund
C. Corots (1796 Paris – Ville d’Avray 1875), machte ihn mit dem „Pleinairismus“
der „Schule von Barbizon“ vertraut. Bereits 1874 gewinnt er mit einem Landschaftsbild in der Art der „Paysage intime“ dieser Schule seinen ersten Preis.(90) Doch
auch in der Bildnis-, ja, in der Figurenmalerei überhaupt, weiss Menn ihm entscheidende Impulse zu geben ohne ihm seine früh sichtbar werdende Eigenart nehmen
zu wollen. Eine dieser für unseren Zusammenhang wichtigen Eigenarten war seine
Lust am grossen Format. Sie zeigt sich erstmals mit der noch während seiner Akademiezeit entstandenen (1876) Wettbewerbsarbeit „Das Turnerkabinett“, für die er zum
erstenmal einen Preis für eines seiner Figurenbilder zugesprochen bekam.(91) Trotz
des realistischen Charakters dieses Werkes, mit traditionellen Figurengruppierungen,
lässt es sich, bezüglich der gestalterischen Bewältigung eines grossen Formates
durchaus in Beziehung setzen zu dem noch grösseren, weiter unten (Kat.Nr. 33) näher
angesprochenen Symbolismus-Wandbild der „Einmütigkeit“ von Hannover (1912/13)
mit der parallelistischen Reihung stark stilisierter Figuren, und sei es auch nur, um die
grossen inhaltlichen und formalen Differenzen festzustellen.(92) Dazwischen liegen
35 Jahre unermüdlichen künstlerischen Arbeitens, in denen Hodler auch das entwickelte, was er in seinem Bekenntnis „Über die Kunst“ von 1908 als „Parallelismus“
bezeichnete.(93) Dies ist für ihn eine „jede Art von ­Wiederholung“(94) und bedeutet
ein grundlegendes, bewusst auf rhythmisierende Wiederholungen gleicher oder ähnlicher Form- und Farbeinheiten angelegtes künstlerisches Kompositionsprinzip, das
aus der parallelistisch strukturierten äusseren Realität („formaler Parallelismus“) als
auch von der parallelistisch individuierten Menschheit („Parallelismus der Empfindung“ bzw. „psychologischer Parallelismus“) abgeleitet ist. Grundfunktion für dieses
Verfahren ist für Hodler, den „Eindruck von Einheit“ herzustellen und zu steigern
und somit auch die Wirkung dessen zu intensivieren, was ausgesagt bzw. was in
dem Betrachter bewirkt werden soll. „Ist ein Gegenstand angenehm, so vermehrt die
Wiederholung seinen Reiz, drückt er Trauer oder Schmerz aus, so erhöht sie die Traurigkeit“.(95) Allerdings löst für Hodler „die Wiederholung einer Form oder Farbe
an sich angenehme Empfindung aus“, wenn man vom Stoff absieht. Der Stoff, die
Thematik, ist also für die Spezifizierung der Wirkung ein wichtiges Moment. Für
unseren Zusammenhang wäre in dieser Hinsicht auf die „stoffliche „Differenz von
Landschaft und Figurenbild hinzuweisen.
Eine Naturdarstellung ohne Menschen, wie in unseren beiden Landschaftsbildern,
auch wenn sie symbolistisch angelegt wurde, wie in dem Bild „Genfersee mit MontBlanc“ (Kat.Nr. 36), ist in der Bedeutung allgemeiner zu fassen, als etwa das „Schreitende Weib“ (Kat.Nr. 34) oder der „Schwörende“ (Kat.Nr. 35).
Das erste ausgesprochen parallelistische Landschaftswerk Hodlers ist der 1885 für
den Calame-Wettbewerb gemalte „Buchenwald“, mit seinen über das ganze Bild68
Kat.Nr. 33*
Ferdinand Hodler
Kastanienbaum
1889
Öl/Lwd.; r.u. sign.: F. Hodler. Rückseitige Aufkleber.
36,1 x 27 cm.
Ausstellung: F.Hodler Exposition Commémorative 1918–1938, Nr. 43/1889.
Provenienz: Galerie Moos, Genf, Nr. 6587; Slg. Max Moos, Genf;
Slg. Mme. Jeanne Amstutz.
69
feld nebeneinandergestellten Baumstämmen.(96) In solch einförmig zu nennender
vertikaler Rigorosität, ohne Zäsur, Hierarchie und unterschiedlicher Gewichtung der
Elemente, hat er dieses Kompositionsschema später in den Naturdarstellungen kaum
mehr angewandt, auch nicht in jenen, seit Anfang des 20. Jahrhunderts gemalten
Landschaften, in denen die waagerechten Strukturen – für Hodler Ausdruck der Ruhe,
des Schlafes, des Todes – vorherrschen.
Kat.Nr. 33 Landschaften mit einem mehr oder weniger zentral in die Bildtiefe geführten Weg
oder Bach – ein spätestens seit der holländischen Landschaftsmalerei tradiertes Mittel
der symmetrischen Bildgliederung – finden wir bei Hodler schon während seiner
Genfer Studienzeit. Im Sinne des „Parallelismus“ („Symmetrie-Parallelismus“)
jedoch konzentriert sich die Verwendung dieses Motives bei Hodler auf die Jahre
1887–1892/3. Dabei stand die gleichmässig mit Bäumen flankierte Strasse im Mittelpunkt der Bemühungen, „symbolisch“ als menschlichen Lebensweg zu verstehende
Landschaftsdarstellungen zu kreieren, die hin und wieder von Hodler selbst als „Le
chemin symbolique“ bezeichnet wurden. Sie gipfeln schliesslich in seinem „Herbstabend“ von 1892/93.(97) Daneben entstanden im Rahmen der gleichen Bemühungen
eine ganze Reihe von Landschaften, in denen diese symmetrische Gliederung kräftig
aufgelockert wird. So etwa, wie in dem Bild „Kastanienbaum“ (Kat.Nr. 33), mittels
klar signifikanter Unregelmässigkeiten im Verlauf und im Umriss des in die Bildtiefe geführten Weges, der zudem nur einseitig von einer parallelistisch in den Hintergrund gestaffelten Baumreihe begleitet wird. Der Symmetrie ist damit, zugunsten
einer stärkeren Spannung im Kompositionsgefüge, eine markante (asymmetrische)
Gewichtung entgegengesetzt, die Hodler ganz bewusst noch durch die Baumgruppe
im Mittelgrund verstärkt hat. Dieses Werk, in dem die gleiche melancholisch stimmende Jahreszeit wie in seinem oben genannten „Herbstabend“ mit Hilfe des am
Wegrand stehenden Kastanienbaumes zum Thema genommen wurde, gehört zweifellos zu den stimmungs- und qualitätvollsten Beispielen der verhalten symbolischparallelistischen Landschaften Hodlers.
Das erste Figurenbild, das wir im Sinne Hodlers als parallelistisch bezeichnen können,
ist das 1884 für den Diday-Wettbewerb erstellte Bild „Calvin und die Professoren
im Hofe des Genfer Gymnasiums“.(98) Von hier aus setzt die Entwicklung ein, die
über mehrere Etappen bis zur „Einmütigkeit“ von Hannover führt, dem extremsten
Beispiel des Hodlerschen „Vertikal-Parallelismus“.
Kat.Nr. 34 Da wir alle von „einerlei Fleisch und Bein“ sind und deswegen der Ausdruck
unserer Empfindungen und der seelisch-geistigen Befindlichkeiten durch körperliche
Haltung, Gestik und Mimik gleich oder analog (parallel) ist, wird der Schmerz, die
Freude oder eine andere menschliche Regung über die entsprechenden körperlichen
Gebärden für den Anderen nachvollziehbar. Diesen „Parallelismus der Empfindung“
und der Empfindungsäusserung machte sich Hodler in seinen symbolistischen Werken
bewusst zunutze. Er übersetzte die körperliche Ausdruckssprache – reduziert auf das
ihm wesentlich Erscheinende in die bildliche Darstellung. Das hiess, die menschliche
Gestalt in „realistischer“ Wiedergabe, stand bei ihm als Symbolelement im Vordergrund, wobei er „Seelenzustände oder überhaupt Stoffe auswählte, an welchen die
Einheit unserer Empfindung am deutlichsten sich offenbart“.(99)
In solchen Werken mit symbolistischer Thematik nimmt die Frau und insbesondere
die junge, nackte Frau – in Hodlerscher Ausdrucksweise „das Weib“ – als Verkörperung des Werdens, des Lebens und der Reinheit eine seit Besserung seiner materiellen Lebenssituation ab Anfang der 90er Jahre herausragende optimistische Bedeutung ein. Erstmals kommt dieser „neue Ton“ einer lebensbejahenden Einstellung in
70
Kat.Nr. 34*
Ferdinand Hodler
Schreitendes Weib
1911
Öl/Lwd.; r.u. dat. u. sign.: 1911 F. Hodler. Rückseitige Aufkleber.
88 x 66 cm.
Ausstellungen: Hodler-Gedächtnis-Ausstellung, Bern 1921, Kat.Nr. 441.
Provenienz: Sammlung M. Albert Schmidt, Genève.
71
„Aufgehen im All“ (1892)(100) zum tragen. Neu auch, dass Hodler nun „einen ganz
realistischen Stil verwandte, um eine abstrakte Idee auszudrücken“. Neu aber auch,
dass es sich hierbei um eine nackte, weibliche Einzelfigur handelt, die die bereits
in früheren Bildern anklingende „pantheistische Botschaft“(101) zum Ausdruck
bringen soll. Der weibliche Körper im „Aufgehen im All“ ist, in farblich geringer
Hell-Dunkel-Differenzierung, noch ganz naturalistisch aufgefasst, mit dem Signalwert: helles, weiches Fleisch. In manieristisch geschraubter Körper-, Kopf- und
Armhaltung und geschlossener Beinstellung richtet die Frau ihre Blicke und gefalteten Hände vor eintönig grünem, baumlosen Hintergrund bittend nach oben. Als
Standfläche dient ein schwarzes Tuch in naturalistisch genauer Drapierung.
Im Vergleich damit lässt sich bei unserem Bild „Schreitendes Weib“ (1911) vorbildlich die Entwicklung des Künstlers im Rahmen seiner Verbildlichungen von abstrakten
Ideen in realistischer Manier aufzeigen, wodurch zugleich sein herausragender Stellenwert im Gesamtœuvre der symbolistischen Werke Hodlers bestimmt werden kann.
Diese auffallende und oft kritisierte Diskrepanz zwischen Realismus der Bildelemente und Abstraktheit des Inhaltes wird in dem fast 20 Jahre später entstandenen
Werk „Schreitendes Weib“/„Die Befreiung“(102) weitestgehend vermieden. Zwar
ist der nackte, weibliche Körper als solcher klar definiert, doch sind Umrisslinien
und Binnenzeichnung härter, fester und unsinnlicher gefasst. Der stoffliche fleischliche Realismus wurde zugunsten einer reichen, farblichen Durchgestaltung im Sinne
impressionistischer Hell-Dunkel-Werte aufgelöst. Räumlichkeit ist der Figur nur in
der Standfläche von geringer Tiefe und vage angedeuteter Stofflichkeit zugestanden.
Ansonsten: Bildgrund in gegenstandsloser Farbigkeit. Er ist ein mit Grün, Blau und
Rot zu schimmerndem Grau gemischtes Weiss, flankiert von schmalen Streifen in
Gelb und Grau, die mittels dezent gesetzter Rottupfer eine farbkomplementäre
Akzentuierung erfahren. Es ist dies eine Farbigkeit, wie sie, durchaus im Verständnis
des Hodlerischen „Parallelismus“, auch im Körper der Frau aufscheint, hier nur in
impressionistischem Duktus und wesentlich differenzierter in der Abstufung und
Mischung der einzelnen Farben von Hell zu Dunkel. Gleichfalls „parallel“ im Hodlerschen Sinne kann die Entsprechung der vertikalen Elemente des Bildgrundes zu dem
vorherrschend vertikalen Liniengefüge der aufrechten weiblichen Figur interpretiert
werden. Die Senkrechten sind hier, neben ihrer kompositorischen Funktion, zugleich
als „Bedeutungsträger“ zu fassen; den~ Hodler „hat in seinem Werk… die vertikale
Linie (immer) als Symbol des Lebens und die horizontale Linie als Ausdruck des
Todes verwendet“.(103) Nicht anders war sein Verständnis von den Farben. Für ihn
hatten sie gefühlsevozierende Qualitäten, die die Grundlagen dazu bildeten, sie als
künstlerischer Ausdruck für die Darstellung und Hervorrufung bestimmter menschlicher Regungen zu verwenden. Helle Farben waren ihm ein „Element der Freude, der
Heiterkeit“, dunkle hingegen „gebären die Melancholie, die Traurigkeit und selbst
das Entsetzen“(104). In diesem Erklärungszusammenhang kann unser Bild, einer vor
hellen Farben, dem Licht aufrecht entgegenschreitenden Frau, auch unabhängig von
einer inhaltsanzeigenden Titulierung, als Ausdruck einer optimistischen Gefühls­
situation interpretiert werden.
Kat.Nr. 35
Ferdinand Hodler
Studie zu einer Figur aus der „Einmütigkeit“
Nach 1911
Öl/Lwd.; r.u. sig.: F. Hodler.
119 x 59 cm.
72
73
Kat.Nr. 35 Als Hodler 1911 durch die Stadtbehörden von Hannover gebeten wurde für den
Sitzungssaal des neuerbauten Rathauses ein Wandgemälde zu schaffen, war er bereits
ein erfahrener Meister in der Bewältigung grossformatiger Kompositionen auf Wandund Leinwandflächen im Sinne seines 1908 auch theoretisch formulierten Kompositionsprinzip, des „Parallelismus“. Der überaus positive Ruf, den Hodler seit der
Einweihung des Wandbildes „Auszug der Jenenser Studenten 1813“ 1909, in Deutschland genoss, dürfte von ausschlaggebender Bedeutung gewesen sein, dass er diesen
Auftrag erhielt (Auftragsvergabe 1911).(105) In diesem Jenenser Werk hat er sich
erstmals wieder einem historischen Thema zugewandt seit der Vollendung der Fresken
im Landesmuseum Zürich (1899). Hiermit sind auch die zwei wichtigsten Stationen
der Entwicklung genannt auf dem Wege zu der „Einmütigkeit“ von Hannover, was die
künstlerische Gestaltung und den Zusammenhalt von Inhalt und Form anbelangt: Die
tanzposenhaft (Jena) oder athletisch (Zürich) stilisierten, ausdruckstarken Gebärden
gleicher oder ähnlicher Art, die, wie die Reihung der Figuren auch, Einheit des
Fühlens, Denkens und Handelns anzeigen soll. Das Hannoversche Werk der „Einmütigkeit“ ist in dieser Reihe das extremste Beispiel der Vereinheitlichung von Form und
Inhalt, von „formalen Parallelismus“ und „Parallelismus der Empfindung“, das auch
die farbliche Gestaltung mit einschliesst.
Das Thema war: Der gemeinsame Schwur der Vertreter der Hannoveraner Bürgerschaft von 1533 in Einigkeit zum neuen, reformierten Glauben zu stehen. Von Anbeginn konzentrierte sich Hodler darauf, den Moment des von den Versammelten gleichzeitig und einstimmig geleisteten Schwures formal klar zur Anschauung zu bringen.
Ca. 65 Schwörende scharen sich, friesartig auf eine Länge von 15 Metern (Bildhöhe
5 m) auseinandergezogen, um eine erhöht angeordnete Mittelfigur.(106) Allerdings
sind mit ihr nur 13 Personen ganzfigurig dargestellt. Zusammen mit den hochgereckten Armen sind sie die bestimmenden parallelistischen Elemente der vertikalen
Bildgliederung.
Von jeder der im Körper sichtbaren Personen hat Hodler 1911/12 mehrere Zeichnungen und Ölstudien angefertigt. Unser Bild mit ähnlich raumandeutenden
Elementen wie an den Flanken der fertigen Wanddarstellung, ist die Ölstudie von
einer ganz aus dem Rahmen fallenden Figur. Nicht nur dass sie als einzige der vollansichtigen Figuren einen Mantel trägt, sie ist auch die neben der Mittelfigur am eindeutigsten individualisierte Person der ganzen Darstellung. Es fehlt ihr die athletische
Statur und die expressive Schwurgebärde. In lockerer Standhaltung ist die Rechte
eher lässig erhoben und die Linke in die Manteltasche gesteckt. Auch in Berücksichtigung der Entfernung des Betrachters vom Wandbild, scheint die Nachdenklichkeit
zu überwiegen. In Anbetracht der Tatsache, dass Hodler sich lange und immer wieder
von neuem Gedanken machte über die einzelnen Figuren, dürfte dieser charakteristische Unterschied zu den anderen Personen sicher kein Zufall sein. Das Wandgemälde
wurde im Jahre 1913 in Anwesenheit des Künstlers eingeweiht.
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Im Jahr 1918 malte Ferdinand Hodler vom Januar bis zum Ende seines Lebens Kat.Nr. 36
(19. Mai) 15 Bilder, die alle eine Ansicht zum Thema haben: „Den Genfer See mit
der Mont-Blanc-Kette“. Er malte sie von dem Fenster aus seiner Wohnung am Quai
du Mont-Blanc in Genf und meistens am Morgen, vor oder während des Sonnenaufganges, wenige bei Tageslicht. Diese Werkreihe wird zusammengefasst zu den sog.
„Aubes- oder Aurores-Bilder“, er selbst nennt sie „paysages flamboyants“ und diese
Bilder gehören zu den Besten seines Gesamtœuvres überhaupt.
Unsere Landschaft zeigt, wie die Inschrift rückseitig auf dem Keilrahmen bestätigt
den: „Mont-Blanc brûmeux Mars 1918“. Die vorliegende Version unterscheidet sich
von all den anderen in ihrer besonderen Darstellung der dunstigen Atmosphäre, in die
diese Landschaft, wie in einem Traum, kurz vor Tagesanbruch über dem Mont-Blanc,
getaucht ist. Die goldige Aura der aufgehenden Sonne bricht durch den Morgennebel
und überzieht den mit bläulichen Wolken leicht bedeckten Himmel und ebenso den
See, in dem sich das Gelb verschwommen widerspiegelt. Zwischen diesem Himmel
und dem See im Morgenlicht breitet sich die scharf gezeichnete Silhouette blauer
Berge aus: der Mole, der Mont-Blanc und der Petit Salève, während die bewaldeten,
sich im Mittelgrund dahinstreckenden Hügel von Cologny, durch das Gegenlicht
noch in einen dunklen Schatten getaucht sind. Die lineare Schlichtheit dieser Landschaft, die zu einem Bild wurde, zu einem Bild, das eine Landschaft ist, gibt ohne den
geringsten Pathos die tiefe Erhabenheit der Natur wieder und in der farblichen Feinheit und Ausgewogenheit verdichtet sich die ganze Poesie eines Sonnenaufganges im
Dunst des anbrechenden Morgens.
Dieter Honisch ist einer der Ersten, der in einem ausgezeichneten Essay den kunsthistorischen Stellenwert des Hodlerschen Spätwerkes neu überdachte und aufzeigte,
welch hoher Rang innerhalb der Kunst des 20. Jahrhunderts eben diesem Künstler
gebührt.(107) Allein schon aufgrund der Serie der „Aurores oder Aubes“, zu welcher
ja unsere Landschaft gehört, hält er Hodler mit Recht für „einen der grossen Meister
unseres Jahrhunderts“ und sieht in ihm, ganz ähnlich wie in Matisse, die absolute
Alternative zum Kubismus. Während Werner Müller schon ca. 40 Jahre früher „die
Bilder der allerletzten Zeit (seit 1916) in Anlehnung an das frühe Werk Picassos als
die „blaue Periode Hodlers“ bezeichnet.(108)
Weiter schreibt Honisch, dass „Hodler in seinem Spätwerk Bild und Gegenstand
derart harmonisiert und in Einklang gebracht“ hat, „dass man ihn zu den grossen
Bilderfindern und Bildfindern des frühen 20. Jahrhunderts zählen muss. Die Auflösung von Figur und Motiv im Bild haben nicht allein Cézanne, Gauguin und Matisse,
sondern auch Hodler hat sie geleistet und dies auf ganz eigenständige Weise.“ Angesichts seines Spätwerkes – der Serie über das Sterben seiner Geliebten Valentine und
seines allerletzten Zyklus der „Aubes-Bilder“, „wird die Kunstgeschichtsschreibung
ihr vorschnelles Hodlerbild revidieren müssen. Neben der Verherrlichung des schönen
Scheins im Impressionismus und einer analogen Verherrlichung der Angst im Expressionismus steht hier, unmittelbar vor der formalen Verselbständigung des Bildes, die
im Kunstwerk aufgehende Frage nach dem eigentlichen Sinn des Lebens, ohne jede
Überhöhung, ohne jede Verfälschung, auch ohne falschen Trost.“
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Unser Bild, das letzte „vollendete“ Gemälde von Hodler und in der Serie der „AubesBilder“ ohne Zweifel das ausdrucksvollste und poetischste, kann in seiner gesamten
Darstellung als Summe all dessen angesehen werden, wonach Hodler in seinem künstlerischem Wollen strebte. Er bringt hier in künstlerischer Vollendung seine Theorie des
„Parallelismus“ zur Darstellung. Seine in horizontalen Linien liegende Symbolik des
Todes verbindet er, und mildert sie zugleich, mit der schon seit seiner Jugend bevorzugten „Farbharmonie“ von Blau und Gelb, die als helle Farben für ihn ein „Element
der Freude, der Heiterkeit“ sind.(109) In der Zartheit der Farben, der Ausgewogenheit
der Flächen und parallelen Linien liegt über dem Ganzen eine Abgeklärtheit, die das
Bild zu einem letzten Manifest seiner gesamten Kunsttheorie werden lässt. Hier ist
die erschreckende „Permanenz des Todes“, wie sie am dramatischsten in dem Zyklus
des Sterbens von Valentine Godé-Darel zum Ausdruck kommt, zu der Einsicht in die
eigene Endlichkeit im Ahnen des herannahenden Todes gereift.
Kat.Nr. 36*
Ferdinand Hodler
Genfer See mit Mont-Blanc im Morgengrauen, März 1918
1918
Öl/Lwd., doubliert; r.u. dat. u. sign.: 1918. F. Hodler.
60 x 80 cm.
Provenienz: Galerie Moos, Genève. Privat-Sammlung, Genève. Privat-Sammlung, Zürich.
Ausstellungen: Galerie Moos, Genf, Mai–Juni 1918, Nr. 183. USA-Berkeley University
Art Museum, Nov.–Jan. 1972/73, Nr. 66. USA-New York, The Solomon R. Guggenheim
Museum, Feb.–Apr. 1973, Nr. 66. USA-Cambridge, Busch-Reisinger Museum ,
Harvard University, Mai-Juni 1973, Nr. 66.
Literatur: Loosli, C. A.: Ferdinand Hodler, Zürich 1920, Ausgabe C, Bd. III, Nr. 153. –
Loosli, C. A.: Ferdinand Hodler – Leben, Werk und Nachlass, Bern 1921–1924, Bd. IV,
General-Katalog Nr. 1502. – Müller, W. Y.: Die Kunst Ferdinand Hodlers,
Reife und Spätwerk 1895–1918, Zürich 1941, Nr. 621.
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Wilhelm Ludwig Lehmann
(1861 Zürich 1932)
Die Entscheidung Maler zu werden fiel bei Lehmann erst nach einem Architekturstudium an der ETH mit Diplomabschluss und anschliessender Berufstätigkeit als
Bauführer im Alter von 24 Jahren. Die Stationen seiner künstlerischen Ausbildung
waren die Akademien in Karlsruhe (1885/87) und München (1887/90).
Schon während seiner Studienzeit hatte er einen beachtlichen Erfolg mit seinen sog.,
in Kohle gezeichneten „Tell-Landschaften“, die in situ skizzierte Motive am Vierwaldstädtersee und Figurenstaffage aus der Tellsage zeigen:(110) Sie wurden auf
Empfehlung des in München zu Ruhm und Ehre gekommenen Schweizer Malers
Arnold Böcklin (1827 Basel – San Domenico/Florenz 1901) durch den Schweizer
Bund angekauft. Bereits in diesen kommt seine besondere Vorliebe und Veranlagung
zur Landschaftsmalerei zum Ausdruck. Er liebt von Anbeginn die weite, grossteilige
Naturvorlage, sei es Hochgebirge, Flachland oder Meeresfläche, die seinen Darstellungen zumeist ein monumentales Gepräge geben. Das Detail als Form wird fast stets
vernachlässigt, dafür tritt es als Farbe nuancenreich differenziert in Erscheinung.
Wasser, sei es als Fluss, See oder Meer, und atmosphärische Erscheinungen (Lichtverhältnisse, Wolkenbildung) sind prägende Charakteristika nahezu aller seiner Landschaften.
In Bayern, wo er zwischen 1887 bis 1918 des öfteren längere Zeit seinen Wohnsitz hatte und deswegen mit einem Teil seines Œuvres zur sog. „Münchner Schule“
gerechnet wird, malte er insbesondere im Isartal südlich von München,(111) im
Malereidorado Etzenhausen in der Amperniederung bei Dachau oder auf der Fraueninsel im Chiemsee. Allerdings machte er mit seiner Frau, der Malerin Lore Streiff
(Heirat 1894), immer wieder z. T. ausgedehnte Abstecher in die Schweiz (Zürichsee,
Limmattal, Davos) fuhr zu Malaufenthalten in die Küstenregionen der Normandie
und der Bretagne und weilte ab 1914 des öfteren auf der Insel Sylt. Die Kriegssituation 1918 zwingt ihn, wie fast alle seine in München lebenden Landsleute, zur Rückkehr in die Schweiz. Hier beschäftigt er sich seit 1920, neben seiner Lehrtätigkeit
für Architektur- und Landschaftszeichnen, bis zu seinem Lebensende hauptsächlich
mit dem bedeutenden Auftrag für eine Folge von 22 Wandbildern in den Treppenhaushallen der ETH, die die Schweizer Baukunst, Technik und Industrie zum Thema
haben.(112)
Die Figurenmalerei(113) und das Blumenstilleben sind indes, thematisch gesehen, nur
Ausnahmeerscheinungen und haben somit Seltenheitswert. In ästhetischer Hinsicht
jedoch befinden sie sich auf der gleichen qualitativen Ebene wie seine Landschaften.
Unseres Wissens hat Lehmann erst nach 1900 angefangen Blumenbilder zu malen.
Soweit wir sie zu sehen bekamen, hat er in allen das gleich,e Kompositionsschema
und die gleiche impressionistische Manier angewandt: Spiegelnde bzw. lichtreflektierende Vase auf nicht zu bestimmender Standfläche, hier mit einem Strauss Nelken,
vor einem gedämpft bunt schillernden Tuch, dessen schattiger Faltenwurf eine Nische
andeutet.(114)
Kat.Nr. 37*
Wilhelm Ludwig Lehmann
Blumenstilleben mit Nelken
1920
Öl/Karton; u.r. sign. u. dat.: W. L. Lehmann 1920.
45 x 65 ,5 cm.
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Peter Robert Berri
(1864 St. Moritz – Samedan 1942)
Peter Robert Berri(115) studierte nach dem Abschluss an der Katonsschule in Chur,
wie sein Vater, Medizin. 1892 schloss er in Zürich seine Studien mit dem Staatsexamen
ab. Nach der Assistenzzeit, die er in Zürich, London, Paris, Berlin und Wien verbrachte,
übernahm er 1894 die Praxis seines Vaters und wurde Kurarzt in St. Moritz.
Schon seit seinem Studium beschäftigte er sich intensiv mit der Kunst. 1897 lernte
er den Maler Giovanni Segantini (1858 Arco – Pontresina 1899) kennen, als dieser
gerade an der Ausführung eines Riesenpanoramas(116) des Oberengadins arbeitete,
das er, unterstützt von einheimischen Hoteliers, für die Pariser Weltausstellung 1900
geplant hatte.(117) Es war hauptsächlich dieser Künstler, der Berri zuerst ermutigte
zu malen und durch ihn wurde er auch in der Folge am meisten künstlerisch inspiriert. Berri empfand wie dieser die Freiheit in der Höhe der Bergwelt, wie sie sich
für Segantini besonders in der Klarheit des Lichtes darstellte, und er liebte es ebenso
seine Alpenbilder mit weitem Horizont und weitem Blickwinkel, getaucht in gleissendern Licht oder mit klaren Komplementärfarben, zu komponieren.
Nach dem Tode Segantinis (1899) beschloss er, sich endgültig der Malerei zu
widmen. Er ging nach Paris um dort an der Académie Julian bei Benj. Constant (1845
Paris 1902) und Jean P. Laurens (1838 Fourquevoux – Paris 1921) zu studieren und
daneben besuchte er regelmässig in München die Knirr-Schule – bekannt wegen des
geforderten exakten Zeichnens – und die veterenärmedizinische Fakultät, um sich in
Pferdeanatomie weiterzubilden.
Peter R. Berri war befreundet mit den Künstlern Giovanni und Augusto Giacometti,
mit Cuno Amiet und Ferdinand Hodler. Doch in seiner künstlerischen Entwicklung
blieb der Einfluss Giovanni Segantinis den anderen Freunden gegenüber vorherrschend. Seine frühen Berg- und Schneebilder sind in ähnlicher Technik des von
Segantini praktizierten „Divisionismus“ gemalt, wobei diesen allerdings die in Paris
empfangenen Eindrücke des Impressionismus manchmal zu überlagern scheinen.
Seine Bildthemen – weite Bergpanoramen, die teilweise auch in ihrer Bildkomposition den Einfluss Hodlers erkennen lassen – entsprechen seinem grossen Vorbild und
wurden ebenso in der freien Natur, teilweise auch bei eisigster Kälte und Stürmen,
geschaffen. Doch beschränkt Berri sich darauf, die Bewältigung dieser Bergwelt
durch Mensch und Pferd in seinen „Säumerzügen“ festzuhalten.
Kat.Nr. 38 Da P. R. Berri nur zögerlich seine Bilder für Ausstellungen hergab und wenig verkaufte,
blieb sein Werk relativ unbekannt(118). Auf Anraten Ferdinand Hodlers reichte er im
Sommer 1914 die Bernina-Landschaft „Das grosse Stille Leuchten“ bei der Jury der
Biennale in Venedig ein und sie wurde dann auch angenommen und ausgestellt. Unser
Bild, die wohl früheste Version des Motives „Berninapost“ (1908), verkaufte Berri
an einen Direktor der Rhätischen Bahn um damit das Studium seines Sohnes finanzieren zu können.(119) 1931 erwarb der Bund eine Darstellung der „Berninapost im
Winter“, die heute im grossen Sitzungssaal der Oberpostdirektion in Bern aufgehängt
ist.
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Kat.Nr. 38
Peter Robert Berri
Berninapost
1908/14
Öl/Lwd.; l.u. beschr. u. dat.: Posta del Bernina dip. R. Berri 1908. R.u. sign.:
P. R. Berrij.
180 x 300 cm.
Provenienz: Rhätische Bahn, Chur.
Ausstellung: Kunsthaus Chur: Gedächtnisausstellung Peter Robert Berry,
Chur 1945, Nr. 100.
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Seine Ansichten der winterlichen, weniger der sommerlichen, Bergpässe Julier und
Bernina sind oft mit bewegten Szenen von Saumtieren und Wagen ausgestattet.
Wie sein Vorbild Segantini, der sich eindringlich mit der Idee des weissen oder
braunen Tieres in der Frühlingslandschaft auseinandersetzte, hat sich auch Peter
R. Berri damit beschäftigt. Dass ihn dabei besonders Pferde faszinierten, kommt in
vielen seinen Bilder zum Ausdruck. Das Bild „Reitergesellschaft“ zeigt, wie er mit
diesem Problem, des weissen oder farbigen Tieres im Grün der Wiesen und Weiden
mit den weissen Bergen im Hintergrund, zu ringen scheint; beliess er auch die
Figuren im „Infinito“, so ist aber deutlich abzulesen, wie er ganz im Sinne des „Divisionismus“ das Licht der Sonne mit ihrer besonderen Leuchtkraft und die klar sich im
gesamten Bild abzeichnenden Schatten zum Hauptmerkmal gestaltete.
Kat.Nr. 39
Peter Robert Berri
Reitergesellschaft am Julierpass
1908
Öl/Lwd.
65 x 81 cm.
Ausstellung: Kunsthaus Chur: Gedächtnisausstellung Peter Robert Berry,
Chur 1945, wohl Nr. 31.
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Wie die Bilder von Segantini sind auch die Werke Berri’s – nicht nur die frühen – naturalistische Verherrlichungen der Engadiner Landschaft in der Sonne, die alle Dinge
in der Höhe der Bergwelt mit ihrem klaren Licht überflutet. Er bemüht sich ebenso,
die Wahrhaftigkeit der Gegenstände in ihrer leuchtenden Schönheit wiederzugeben,
und wenn die Darstellungen poetisch anmuten, so ist es, nach den Worten Segantini’s,
dass „kein Idealismus erhabener ist als der der Wirklichkeit“. Berri zeigt in allen
hier ausgestellten Werken, wie er die Wirklichkeit zu beobachten versteht. Er vermag
sie mit solch scharfer Absonderung von jeder Anekdotenhaftigkeit wiederzugegeben,
dass ihre Darstellung eine epische Form, fern jeder Symbolhaftigkeit, annimmt. Seine
eindruckvollsten Bilder sind die, in denen er die absolute Stille auszudrücken vermag,
wie sie nur im Winter bei eisiger Kälte in einer Hochgebirgslandschaft zu erfahren
ist. Dort kommt er seinem grossen Vorbild am nächsten, dem er Zeit seines Lebens
besonders in den Sujets verpflichtet bleibt, und, wie dieser, ebenso seine Bilder ~
im Freien bei eisiger Kälte vom frühen Morgen an zu malen pflegt. Durch die in
klaren, und in teilweise Komplementär-Farben nebeneinander gelegten Pinselstriche
erzeugt er eine flimmernde Oberfläche, in der sich für den Betrachter das Licht, wie
in Schneekristallen, zu brechen scheint. Hierbei würde ein Haus, ein Mensch, ein Tier
die gemalte Stille nur durchbrechen.
Kat.Nr. 40
Peter Robert Berri
Julierpass im Winter
Um 1908
Öl/Lwd.; rückseitiger Aufkleber: Kat.Nr. 35.
102 x 74 cm.
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Das Charakteristische in der weiteren künstlerischen Entwicklung des Divisionismus von Berri werden die in freier und spontaner Art fliessend aufgetragenen,
relativ breiten Pinselstriche, die das Bild als lebendig gestaltete Farbfläche erscheinen
lassen, in der Form und Gestaltung teilweise aufgelöst wirken. Aber ihre farbliche
Gegensätzlichkeit – besonders auffallend sind die violetten und gelben Farbtöne
der Licht-Schatten-Effekte – verhindert, dass sie miteinander verschmelzen oder im
Hintergrund aufgehen.
Ein auffallendes Beispiel ist das Bild „Sonnenuntergang am St. Moritzersee“,(120)
mit der Ansicht der „Meierei“ über dem St. Moritzersee im Bildzentrum. Das dahinter
liegende, in leuchtendem Orange der untergehenden Sonne aufglühende Bergpanorama erstreckt sich vom Piz Utèr (2971 m) über die davorliegenden drei Gipfeln der
Las Sours (3008 m), dem Massiv des Piz Muragl (3157 m), weiter zum steil aufragenden Piz Languard (3261 m) bis zum abschliessenden mächtigen Gipfel des Piz
Albris (3165 m). Der Standpunkt des Betrachters liegt auf der Höhe des Palace-Hotels
in St. Moritz, von wo aus man auch heute noch diese Aussicht geniessen kann.
In der Bildkomposition erkennt man noch den Einfluss Hodlers. Berri baut, ähnlich
diesem, sein Bild in zentralperspektivisch angelegten Linien auf, während er die
farblichen Komponenten in schwingenden „Parallelen“ staffelt. In starker Gegensätzlichkeit legt er die Farben wie in Bändern nebeneinander über das Bild und versteht
in ihnen mit wenigen, kräftigen, komplementärfarbigen Strichen die Landschaft zu
modellieren. Hierin zeigt sich sein künstlerisches Vermögen, aus den Vorgaben seiner
Malerfreunde einen ihm eigenen Stil entwickelt zu haben.
Kat.Nr. 41
Peter Robert Berri
Sonnenuntergang am St. Moritzersee mit Blick auf die
Piz Languard-Gruppe
Um 1920
Öl/Lwd.; u.r. sign.: P.R.Berri.
38 x 55 cm.
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Félix-Edouard Vallotton
(1865 Lausanne – Paris 1925)
Félix Vallotton, dessen Begabung man schon frühzeitig förderte, begann als nur
17-jähriger (1882) seine Ausbildung in Paris. Obwohl er als einer der Besten die
Aufnahmeprüfung der „Ecole des Beaux-Arts“ bestand, versprach er sich – wie viele
seiner ebenfalls nach neuen Anregungen strebenden Altersgenossen(121) – wesentlich mehr vom Besuch der freien „Académie-Julian“, an der G. Boulanger (1824
Paris – 1898) und J. Levèfre (1836 Tourman – Paris 1912) die geachteten Lehrer
waren. 1885 stellt er sich im „Salon des artistes français“ erstmals mit einem Werk,
dem „Portrait de M. Ursenbach“ ,der allgemeinen Öffentlichkeit vor. Die Reaktion,
begleitet durch eine preisliche Anerkennung, war ermutigend.(122)
In den 90er Jahren kam es dann zu Entscheidungen, die eine steigende berufliche
Anerkennung brachten. Er begann seine kunstschriftstellerische Tätigkeit für französische und schweizer Zeitschriften (ab 1890). Der Holzschnitt wurde nun ein wichtiges Experimentierfeld, in dem er einen ganz eigenen Stil entwickelte (ab 1891 bis
1900): „Er fügte einer stark vereinfachten Liniensprache die reine Schwarzfläche
hinzu, steigerte diese von Blatt zu Blatt zur eigentlich aussagenden Kraft innerhalb
des graphischen Gefüges…“.(123) Die Anerkennung war allgemein(124) und seine
Bedeutung zeigt sich auch in dem Einfluss, den er auf die Graphik des Jugendstils und
des Expressionismus ausübte. Auch in dieser, auf starker Vereinfachung angelegten
Technik, entstanden eine Reihe von weitverbreiteten und populär gewordenen Bildnissen, die Schriftsteller, Musiker und Politiker darstellen.
1892 tritt Vallotton den „Nabis“ bei.(125) Einer der Gründungsmitglieder dieser
Künstlervereinigung und ihr bedeutendster Theoretiker, Maurice Denis (1870 Grandville – St. Germain-en-Laye 1943), formulierte den für diese Gruppe oftmals in
programmatischer Bedeutung zitierten Satz: „Ein Bild ist, ehe es ein Schlachtross,
ein weiblicher Akt oder irgendeine Anekdote ist, in erster Linie eine in bestimmter
Ordnung mit Farben bedeckte Fläche“.(126) Zwar wird hier der künstlerische Kompositionsfaktor in engstem Zusammenhang mit der Verwendung von Gegenständlichem
gesehen, doch ist er so allgemein gefasst, dass sich unter ihm recht heterogene künstlerische Richtungen zusammenfinden konnten. Auch Vallottons Bekenntnis zu „einer
grossen Malerei, die von jedem direkten Naturbild frei ist“, lässt sich ohne weiteres
mit ihm vereinbaren. Das Werk „Bad am Sommerabend“ (1892/93) – von H. Rousseau (1844 Laval – Paris 1910) u.a. spontan begrüsst, von anderen mit Befremden
registriert und im folgenden viel berätselt – ist hier in erster Linie als ironisch überspitzte programmatische Zusammenfassung seiner damaligen Bemühungen um ein
neues Verhältnis von Form und Inhalt, von formaler Gestaltung mit durchgängig
realistischen Elementen zu verstehen. Desgleichen die gemalten Innenraumbilder,
mit anklingendem, sozialkritischem Gehalt, in denen Farben und Formen, neben ihrer
ästhetischen Wirkung, auch eine psychologisierende Funktion ausüben.
1899 heiratete er die Witwe Gabrielle Rodrigues-Henriques, eine Tochter aus dem
wohlhabenden Kunsthändler-Haus Bernheim-Jeune. Der Wechsel vom Quartier Latin
in komfortablere Wohnbereiche verändert auch Motivwahl und Darstellungsform
seiner Kunst. Es entstehen jetzt jene „stimmungsvollen Innenraumbilder“, die zu den
„köstlichsten, heitersten in seinem gesamten Œuvre“ gehören. „Es ist als spiegle sich
darin auch das erste Glück der Ehe“.(127) „So vielgestaltig sein malerisches Werk
weiterhin im einzelnen sein mag, …in Aktkomposition, Interieur, Bildnis, Stilleben
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Kat.Nr. 42*
Félix Edouard Vallotton
Bildnis einer Unbekannten
1910
Öl/Lwd.; r.o. sign. u. dat.: F.VALLOTTON 10
81 x 65 cm.
Provenienz: Galerie Druet, Paris.
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und zum Teil auch in der Landschaft, entwickelt er nun das darstellerische Vokabular
eines gemässigten, malerischen Realismus in Lokalfarben, das in diesen Interieurbildern zuerst benutzt wurde und sich in seinen grundsätzlichen Qualitäten bis zu
seinem Tode gleich bleibt“. „…die plastischen, die haptischen Qualitäten seiner Bildgegenstände, Gestalten wie Dinge, werden nie wieder gänzlich zugunsten der rein
flächenhaften unterdrückt … mit Ausnahme gewisser Landschaften“.(128)
Kat.Nr. 42 Félix Vallotton verwendet in dem „Bildnis einer Unbekannten“(129) ein traditionelles
Darstellungs-Schema, wie es z. B. in einer häufigen Ausformung bei dem von ihm viel
bewunderten J. A. Ingres (Montauban 1780 – Paris 1867) zu finden ist: h­ albfigurig,
seitlich auf einem Stuhl sitzend, einen Arm über die Lehne gelegt und den Betrachter
direkt anschauend. Scheint es, dass dieser durch den direkten Blickkontakt zunächst
einbezogen wird, so ist es eben jene spontan wirkende Zuwendung über die Stuhllehne, die ihn auf Distanz hält. Es ist ein Bildnis, das aus den Gegensätzen von Ruhe
und Bewegung seine Kraft gewinnt. Es lebt aus der Spannung der Kontraste, wie der
parallelen Tapetenstreifen im Hintergrund mit der bewegten Umrisslinie der Dargestellten und dieses Verhältnis steigert der Künstler noch durch den farblichen Gegensatz des rosafarbenen Kleides mit dem darüberliegenden türkis-farbenen Schal.
Bei den erwähnten „Interieurbildern“ handelt es sich um jene, auf denen Vallottons
Ehefrau Gabrielle selten fehlt. Ihre Gestalt ist zumeist nicht mehr als ein wenn auch
farblich kräftig hervorgehobenes Bildelement unter anderen im Gesamt des Kompositionsgefüges. Als Typus können sie somit den damals populären „genrehaften Innenraumdarstellungen“ zugerechnet werden, bei denen der Bildwirkung ganz entschieden
der Vorrang vor der Porträtwirkung gegeben worden ist. Es existieren viele Bildnisse, von der gleichen dezidierten Charakterisierung, in denen die nicht namentlich
bezeichneten Dargestellten oft Menschen aus seiner nächsten Umgebung sind. Von
der Frau in unserem Bild schreibt Vallotton in seinem „Livre de Raison“ nur ganz
allgemein.(130) Nach den vorliegenden Erkenntnissen kann man sie aber als seine
23-jährige Stieftochter Madelaine Rodriguez-Henriques identifizieren.
Kat.Nr. 43 Zur Charakterisierung der familiären Intimität der Situation trägt dazu bei, dass der
Bildhintergrund, den er zwar raumillusionistisch nur in Farbflächen mit minimaler
Linienführung im Unbestimmten lässt, inhaltlich als bergende Nische interpretiert
werden kann, in deren Mitte er die dargestellte Person, in Entsprechung mit Bett,
ungezwungener Körperhaltung und Bekleidung, hineinsetzte. Das aufeinander Bezogensein der einzelnen Elemente im Bildraum – Farben, Flächen und Linien – lässt den
in pointierter Bewegungslosigkeit fast attitüdenhaft erstarrten Körper, wie eine Hülse
umfassen, in der die einzelnen Aspekte als Reflexe des Charakters der D
­ argestellten
erscheinen. Die eindringliche Konzentrierung der Lebendigkeit im Blick geht weit
über eine Idealisierung einer allgemeinen Person – eines Modells hinaus; denn so
typisierend und genrehaft darstellend und in seinem „Livre de raison“ beschreibend auch Vallottons bei vielen anderen Bildern sein mag, hier jedenfalls lassen
die einzelnen Elemente in ihrem starken Aufeinanderbezogensein jene Phänomene
für den Betrachter offentsichtlich werden, aus denen eine nahe familiäre Beziehung
zu dieser Person zu erkennen ist. Das Bildnis gehört schon aufgrund seiner hohen
Qualität der ästhetischen Inszenierung, zu den reifsten und eindrucksvollsten der über
200 Porträtwerke, die Vallotton zwischen 1885 bis zu seinem Tode (1925) fertigte.
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Kat.Nr. 43’’
Félix Edouard Vallotton
„Femme brune assise de face“
1913
Öl/Lwd.; r.o. sign. u. dat.: F. VALLOTTON. 13
89 x 116 cm.
91
Cuno Amiet
(1868 Solothurn – Oschwand 1961)
Es ist zunächst der weitgereiste und weltgewandte Frank Buchser (1828 Feldbrunnen/
So 1890), der dem jungen Cuno Amiet (seit 1884) in der ihm eigenen Art das Malerhandwerk lehrt. 1886 beginnt er an der Münchner Akademie, wo er auch einen
weiteren, später über die Landesgrenzen hinaus berühmten Schweizer Künstler
kennenlernt, Giovanni Giacometti (1868 Stampa – Glion-sur-Montreux 1933). Mit
dem gleichaltrigen Bergeller verbindet ihn eine lebenslange Freundschaft. Die beiden
„Malerlehrlinge“ reisen 1888 gemeinsam nach Paris. Amiet besucht nun die Académie
Julien (bis 1992), an der gleichzeitig P. Bonnard (1867 Fonténay-aux-Roses – Cannet
1947), E. Vuillard (1868 Luiseaux – La Baule 1940) und andere Mitglieder der neu
gegründeten Gruppe der „Nabis“ arbeiteten.
Die Grosstadt Paris mit ihren Museen, besonders natürlich dem Louvre, schlug den
Schweizer zu Beginn wohl in seinen Bann, führte ihn aber auch in eine erste künstlerische Krise. Von einem Studienkollegen erfuhr er von Pont-Aven, einem kleinen
Ort in der Bretagne, wo ganz neue und merkwürdige Kunst ausgeübt und diskutiert
würde. Kurz entschlossen fuhr Amiet dorthin. Der dreizehnmonatige Aufenthalt in
der Bretagne brachte ihn nun in unmittelbare Berührung mit jenem Schaffen, das als
eine der Grundlagen der modernen Malerei gilt.
Mit der entscheidenden Erfahrung in der Künstlerkolonie Pont-Aven ist Amiets Studienzeit abgeschlossen. Mit der Rückkehr in die Schweiz beginnt seine selbständige
künstlerische Entwicklung, bei der er jedoch seine Herkunft nie verleugnet.
Die neuere Amiet-Forschung hat aufgezeigt, dass der Schweizer nicht, wie durch
einzelne Ausstellungen der „Brücke-Maler“ suggeriert wurde, nur ein Mitglied am
Rande der Gruppe war, sondern er nahm, trotz der räumlichen Distanz zwischen
Dresden und der Oschwand, von Beginn seiner Mitgliedschaft (1906), bis zur Auflösung der Gruppe (1913), aktiv an deren Veranstaltungen teil.
Wie George Mauner in seiner Studie „Cuno Amiet und die Maler der Brücke“ plausibel nachgewiesen hat, mag es sogar eine Ausstellung Amiets in Dresden (1905)
gewesen sein, die den dortigen Akademiestudenten entscheidende Impulse für ihre
Bildfindungen gegeben hatte: „Dies bedeutet (die erwähnte Ausstellung), dass die
künftigen Brücke-Mitglieder etwa 40 Bilder von Amiet gesehen hatten, noch bevor
sie die Malerei von Nolde und Munch, geschweige denn von Gauguin und van Gogh
gesehen hatten.“
Amiet, der sich nach der Zeit seiner Zugehörigkeit zur „Brücke“ auf dem Höhepunkt
seiner bisherigen künstlerischen Laufbahn befand, blieb jedoch nicht von einem
Schicksalsschlag verschont, wie ihn später, während des zweiten Weltkrieges, auch
andere Künstler treffen sollte. Ein Brand am 6. Juni 1931 im Westflügel des Münchner
Glaspalastes, wo Amiet ausstellte, zerstörte fast fünfzig seiner Werke. Nicht das
ganze Frühwerk ging dabei in den Flammen auf, aber Amiet verlor einen Grossteil
der Bilder, die er zum Abschluss seiner Studienzeit in Pont-Aven geschaffen hatte.
Wo bei anderen Künstlern, wie z. B. bei P. Klee (1879 Bern – Murallo-Locarno 1940)
oder W. Kandinsky (1866 Moskau – Neuilly-sur-Seine 1944) ein reifes, kontemplatives Alterswerk einsetzt, das oft auch mit einer gewissen Sesshaftigkeit und Etabliertheit der Maler verbunden ist, reist der 64-jährige Amiet ein erstes Mal seit seiner
Studienzeit für einen längeren Sommeraufenthalt wieder nach Paris, dem sollten bis
1939 jährliche Reisen in die Seine-Stadt folgen.
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Kat.Nr. 44*
Cuno Amiet
Stilleben mit Äpfeln
Um 1900
Aquarell auf Bleistift; r.u. monogr.: CA.
8,5 x 13,5 cm.
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Amiet blieb bis ins hohe Alter kreativ, wobei einige routinemässige Bilder, die aus
seinem ungezügelten Maltrieb entstanden, seinen hohen Rang unter den europäischen
Künstlern unseres Jahrhunderts nicht herabsetzen können. Die besondere Überzeugungskraft in Amiets Kunst liegt denn einerseits in seinem hervorragenden Können
als Maler und andererseits in der intimen Art, in der er seine Reaktionen auf die
unmittelbare Umgebung ausdrückt, auf seine Familie, seinen Garten, sein Dorf, seine
Gegenstände. Seine Kunst lag darin, dies alles durch subtiles Spiel von Farben und
Stofflichkeiten in die absolute Sprache der Malerei umzusetzen.
Kat.Nr. 44 Schon als Student in München war es für Amiet, und auch seinem Freund Giovanni
Giacometti, ein beliebter Zeitvertreib, die Natur in ihrer unmittelbaren Umgebung
zu aquarellieren. Amiet wurde dieser Übung nie überdrüssig und ist gewiss einer der
bedeutenden Aquarellisten diese Jahrhunderts. In diesem Medium ist seine Arbeit von
einer gleichbleibend guten Qualität; denn mit seinem Anspruch an Spontaneität und
Sicherheit des Strichs, unbelästigt von den Sorgen und Problemen, die der formalere
und langsamere Prozess an der Staffelei mit sich bringt, brachte dieses Medium die
grosse natürliche Begabung Amiets besonders zum Vorschein.
Der Apfel bedeutete für Amiet eine Art Talisman, man spürt die Faszination, die diese
Frucht auf ihn ausübte in dem ausgezeichneten Selbstporträt von 1895, wo er den
Rahmen voller Äpfeln malte. Auch 1898 hatte er acht Äpfel, so wie sie vom Baum
gefallen waren, gemalt und damit ein naturalistisches Symbol geschaffen, das wohl
nicht zufällig an fernöstliche Tuschebilder erinnert.
Das Bild „Stilleben mit Äpfeln“ bringt seine Fähigkeit zum Ausdruck, mit scharfem
Blick und einer ungewöhnlichen handwerklichen Geschicklichkeit die Arbeitsmethoden von anderen Künstlern aufzugreifen und für sich selbst zu verarbeiten. Man
wird im Duktus an Stilleben von Paul Cézanne (1839 Aix-en-Provence 1906) erinnert, von denen Amiet sicherlich einige gesehen hat, doch die Intimität und Konzentration im lockeren Spiel der Farben und Pinselstriche, zeigt die ureigene Kreativität
mit der er dieses Sujet, in diesem Medium auch im Kleinen, darzustellen vermag.
Anfangs der 20er Jahre befindet sich Amiet auf dem ersten Höhepunkt seiner künstlerischen Anerkennung in der Schweiz. Kurz vorher war Ferdinand Hodler gestorben,
der durch seine starke künstlerische Persönlichkeit immer einen Schatten über ihn
geworfen hatte. Befreit davon, doch traurig über den Verlust seines Künstler-Freundes,
begann er mit steigender Energie die expressive Intensität seiner Maltechnik weiter
zu entwickeln.
Er erreicht eine Abstraktheit, bei der die Farblinien und Farbflächen in freudiger
Gegensätzlichkeit oft solch eine Eigendynamik entwickeln, dass z. B. Figuren in ihrer
farbigen Umbegung fast aufgehen. Hierbei war sein Problem weniger die Darstellung
einer Figur selber, eher ihre Integration in die Bildkomposition. Durch die teilweise
fibrige Auflösung von Farben und Formen wird, besonders in seinen Landschaftsbildern, aber auch oft in den Hintergründen seiner Porträts, im Gesamtbild ein starker
flächiger Eindruck erweckt. Durch den Einbezug menschlicher Figuren in dem Einen,
und durch knapp gezogene Umrisslinien im Anderen, gelingt es ihm, in solchen sich
in Farbflächen scheinbar auflösenden Bildern, beim Betrachter Räumlichkeit zu
evozieren.
Kat.Nr. 45 Die sommerliche Farbigkeit seines Gartens in Oschwand flutet in dem „Mädchenbildnis“( 131) durch das Fenster in den Vorraum des Ateliers, von wo aus C. Amiet
die Dargestellte, eine Verwandte von ihm, malte, während er sich mit dem Kunstkritiker der NZZ, Dr. Hans Trog,(132) unterhielt. Er lässt das farbige Erlebnis des
Gartens sich in ihrem Antlitz widerspiegeln und mildert so das spontane Element des
94
Kat.Nr. 45
Cuno Amiet
Mädchenbildnis
1922
Öl/Lwd.; r.u. monogr. u. dat.: CA 22; rücks. beschr.: O.35. u. auf Etikette: 12221
1932 M. C. Amiet „Jeune Fille dans un paysage“ H.t1m05X0m8l peinture.
86 x 66 cm.
95
von der Lektüre gespannten Aufschauens. Das Ineinanderfliessen der kaleidoskopischen Flächen von Hinter- und Vordergrund wird verhindert durch die klar gezogenen
Umrisslinien von Figur und den sie umgebenden Raum.
Amiet hatte eine grosse Bindung an die Natur in ihren Formen und ihrer Vielfalt und
das Motiv übte einen beträchtlichen Einfluss auf die Wahl seiner Mittel aus. Garten
und Bäume sind daher schon fast ein zentrales Thema in seinem Œuvre. In ihnen
spiegelt sich seine besondere Vorliebe für die Vegetation in all ihren jahreszeitlichen Erscheinungen wieder. Es ist die Vorliebe eines Augenmenschen, der sich am
Schillern der Farben und im Flackern der Lichter, wenn die Sonne durch das Blattwerk bricht oder sich im Schnee reflektiert, berauscht und dies mit dem Medium der
Malerei festhalten will.
Kat.Nr. 46 Die „Blühenden Bäume“ zeugen in ihrer Darstellung mit den rauhen Überkreuzungen
der lichtvollen Pinselstriche von der Freude am physischen Akt des MaIens fern
jeder Abbildung. Die kühnen Farblinien, die scheinbar willkürlich ihren Weg laufen
und an die Kraft eines van Gogh’s erinnern, lössen sich ab mit solchen, in denen
ein verhaltener, sicher auf Gauguin zurückzuführender Symbolismus zu spüren ist.
Hierdurch wird unser Bild in einer bewundernswerten Ausgewogenheit gehalten. Das
Motiv selbst ist zurückhaltend, sogar gewöhnlich, und nur die Umsetzung der gehobenen Stimmung Amiets angesichts dieses Stückes Natur in reine Malerei durch seine
Maltechnik, gibt dem Gemälde Schönheit und Ausdruckskraft.
Die handwerkliche Genauigkeit im Auftrag feiner, paralleler Streifen zarter Farben
im frühen Werk Amiets hat sich in unserem Bild zu einer spontanen, scheinbar rauhen
Annäherung an Formen entwickelt, die in explosiven Pinselhieben gegeben sind. Das
findet sich sowohl im späteren Werk nicht weniger subtil als im früheren, wie es nur,
in der Wahl der Farben, im Gefühl für die Ordnung in der Unordnung, die erfahrene
Hand, die einer grossen angeborenen Begabung folgt, hervorbringen kann.
Kat.Nr. 46
Cuno Amiet
Blühende Bäume
1926
Öl/Lwd.; r.u. monogr. u. dat.: CA 26; rücks. beschr.:
Unseren lieben E.u.R. Sautter zur Silbernen Hochzeit.l928. C.u.A.Amiet.
73 x 59 cm.
96
97
Kat.Nr. 47 „Ich als Maler kann nur aus mir heraus keine Linie und keine Farbwerte geben, die
mir genügen. Die finde ich in meiner sichtbaren Umgebung oder in der Erinnerung an
sie. Und die Linien und Farbwerte, die ich dort finde, sind einem Gesetz unterworfen.
Das Gesetz wird gegeben vom Licht, das auf jedem Ding liegt. Die Linien und Farbwerte kann ich von diesem Gesetz nicht trennen, und ich muss es mit in mein Bild
nehmen…“.(133)
Amiet, der neben anderen Schweizer Künstlern das Motiv der „Winterlandschaft“
sich sehr zu eigen gemacht hatte, stellt uns in diesem Bild(134) klar vor Augen, was
er mit solchem Gesetz meint. Er zeigt auch welches Gewicht er dem expressiven Wert
abstrakter Farbenzusammenstellungen beimisst und wie er im Wechselspiel der unregelmässigen Formen der Vegetation den Effekt einer äussersten Flächigkeit hervorbringt. Darin lässt sich die anhaltende Nachwirkung von Pont-Aven erkennen, die
Zeit seines Lebens seine Malerei bestimmte. Dort war er davon überzeugt worden,
dass Malerei nur mit ihren eigenen Mitteln arbeiten sollte: Formen und Farben, arrangiert auf einer Fläche, mit einem Blick für Masstab, Format und Struktur, ohne narrative und literarische Umsetzung. Amiet wird so zu einem Interpreten der modernen
Kunst, der mit rein ästhetischen Mitteln die Ideale der „reinen Malerei“ (MeierGraefe) auszudrücken vermag und die ethischen und symbolischen Schichten unseres
Bewusstseins berührt.
Kat.Nr. 47*
Cuno Amiet
Winterlandschaft
1929
Öl/Lwd.; r.u. monogr. u. dat.: CA 29.
77,5 x 65 cm.
98
99
Kat.Nr. 48 „Für mich ist die Malerei die Sichtbarmachung eines Seelenzustandes. Ist nun meine
Seele in zitternder Erregung beim Anblick einer Blume, so stellt sich sogleich auch
der Wunsch ein, diesem Eindruck Ausdruck zu geben. Es handelt sich also nicht
darum die Blume darzustellen, wie sie der Verstand sieht, sondern so, wie sie die
Seele wahrnimmt.“(135)
Bei Amiet beginnt um 1950 eine neue künstlerische Phase, die allgemein etwas pejorierend als sein Alterstil bezeichnet wird. Er schuf aus einem ungezügelten Maitrieb
heraus viele Bilder, die oft routinehaft wirken, aber es wäre ungerecht ihn deshalb in
seinem hohen Rang als Künstler herabzusetzen; denn ihm war die tägliche Arbeit an
der Staffelei ein Bedürfnis wie auch eine notwendige Suche nach der künstlerischen
Vollkommenheit.
Unser „Blumenstilleben“, ein Jahr vor seinem Tod gemalt, zeigt wie dynamisch sein
Farbempfinden trotz des hohen Alters geblieben ist und wie er immer auf erneuter
Suche nach Vollkommenheit sein, in einem langen Leben erworbenes, künstlerisches
Repertoire zur Wirkung bringt. Die Darstellung ist bedingt nicht durch das Naturvorbild sondern durch das innere Gesetz einer erst im Tempo des Erschaffens sich
ausreifenden, nicht vorbedachten Komposition. Jeder gestupfte oder gezogene Pinselstrich gibt gleichzeitig das Volumen der Dinge, ihren Farbwert, ihre Tonstärke. Aus
diesen Beziehungen, wie durch die Verwandschaft und Gegensätzlichkeit der Farbwerte, formt sich die zufällige Komposition eines Blumenstrausses im Interieur. Im
Unterschied zu seinem frühen Werk ist das dialogische Gegenspiel von Form und
Farbe aufgegeben. Blumen, Bücher und Hintergrund sind nicht mehr nur farbige
Flächen oder Linien – wie es frühere Bilder bei oberflächlicher Betrachtung vermitteln sondern durch die vibrierenden Pinselstriche und -stupfer verdichten sie sich in
plastischer Gegenständlichkeit, über der der malerische Zauber einer klaren Komposition liegt.
Kat.Nr. 48*
Cuno Amiet
Blumenstilleben
1960
Öl/Lwd.; r.u. monogr. u. dat.: CA 60.
61 x 50 cm.
100
101
Giovanni Giacometti
(1868 Stampa – Glion sur Montreux 1933)
Giovanni Giacometti wurde im März 1868 in Stampa geboren, im selben Monat wie
sein späterer Freund Cuno Amiet (1868 Solothurn – Oschwand 1961). Der Vater war
Bergbauer und wirtete daneben im „Piz Duan“. Giacometti verlebte in einfachen
Verhältnissen eine glückliche Jugendzeit. Nach Volks- und Sekundarschule durfte der
künstlerisch begabte Junge in Chur die Kantonsschule besuchen. Da er nicht mit der
Maturität abschloss, konnte er 1886 in München nur eine Kunstgewerbeschule, nicht
aber die Akademie besuchen. 1888 ging Giacometti gemeinsam mit seinem Freund
Amiet, den er in München kennenlernte, nach Paris. Dort lebten und arbeiteten sie
zusammen und suchten den Weg zu einer neuen künstlerischen Ausdrucksweise.
Eine Krise in ihrer beider Entwicklung veranlasste sie, sich anfangs 1892 zu trennen.
Amiet ging für ein Jahr nach Pont-Aven in die Bretagne, um sich dort einem Kreis
junger Künstler anzuschliessen, die Paul Gauguin (1848 Paris – Fatu Iwa 1903) und
Vincent van Gogh (1853 Zundert – Auvers-sur-Oise 1890) verehrten.
Giacometti kehrte in seine Heimat zurück und im Frühjahr 1893 unternahm er, trotz
bescheidener Mittel, eine Reise nach Italien. Er besuchte Rom, Neapel und kam bis
Torre del Greco, in der Nähe der Ausgrabungsstätte Herculaneum. Einige sehr gute
Bilder von dieser Italienfahrt sind erhalten. Sie stehen alle auf der Stufe des helltonigen Pleinairismus, aber enthalten keine Spur von einer modernen Anschauung.
Schon im Herbst 1893 aber soll Giacometti tief deprimiert aus Italien zurückgekehrt
sein. 1894 kam der Maler Giovanni Segantini (1858 Arco – Pontresina 1899) mit
seiner Familie nach Maloja. Giacometti suchte sofort seine Bekanntschaft und freundete sich mit ihm an. Segantinis Malerei des von ihm weiterentwickelten „italienischen
Divisionismus“ muss für Giacometti ausserordentlich anregend gewirkt haben. Aber
die künstlerischen Charaktere waren so verschieden, dass der Jüngere den Älteren
in keiner Weise irgendwie nachahmen wollte, wie auch der Ältere und Arrivierte nie
versuchte den Jüngeren zu seinem Stil zu bekehren. So kam es, dass Giacometti noch
während Jahren seinen Weg mühsam selber suchen musste. Es berührt eigenartig,
dass der plötzliche Tod Segantinis im Herbst 1899 zwar Giacometti menschlich tief
traf, jedoch ihn als Künstler befreite. So entstanden seit 1900 herrliche Bilder, die
Giacomettis künstlerisches Naturell vollkommen zum Ausdruck bringen.
Im Jahre 1900 heiratete er Annette Stampa aus Borgonovo, wo er auch Wohnsitz
nahm. Der Ehe entsprossen vier Kinder: 1901 Alberto, der nachmalige Bildhauer,
Maler und Zeichner, 1902 Diego, Albertos Gehilfe und Kunsthandwerker, 1904
Ottilia und 1907 Bruno, der Architekt wurde. 1905 erwarb er ein stattliches Haus in
Stampa mit einem Stall, den er zum Atelier umbaute. Seit 1908 bewohnte die Familie
im Sommer ein Haus in Capolago bei Maloja. Giacometti blieb Zeit seines Lebens
in seinem Bergdorf, die Stadt scheint ihn nicht angezogen zu haben. Er pflegte aber
reichlich Kontakte mit Freunden und Bekannten und war über das Kunstgeschehen in
der Schweiz, wie auch im Ausland orientiert. An allen grossen Schweizer Kunstausstellungen beteiligte er sich regelmässig, wie auch an Ausstellungen in verschiedenen
grossen deutschen Städten. 1908 stellte er mit der Künstler-Gemeinschaft „Brücke“
in Dresden aus.
Ähnlich Amiet arbeitete Giacometti ganz aus dem Erlebnis der Farbe heraus. Da er
alle Gegenstände in Farbe umsetzte, brauchte er seine Motive nicht weit zu suchen.
Das Bergdorf, das enge Bergell, das weite Oberengadin, Frühling, Sommer, Herbst
102
Kat.Nr. 49
Giovanni Giacometti
Blick auf das Oberengadin von Muottas Muragl aus
Gegen 1900
Öl/Lwd.
40 x 62 cm.
103
und vor allem der sonnenreiche Winter boten ihm eine unendliche Vielfalt an landschaftlichen Motiven und immer neuen Erscheinungen des farbigen Lichts. Daneben
stehen bedeutend die Figurenbilder, Bildnisse von Familienmitgliedern und Dorfbewohnern, teils im Innenraum, teils im freien Sonnenlicht geschaffen. Giacometti hat
ein aussergewöhnlich grosses Repertoire an farbigen, malstrukturellen und kompositorischen Möglichkeiten entwickelt, die während Jahren nebeneinander hergehen,
ähnlich wie bei den Fauves. Neben der Ölmalerei manifestierte sich seine Spontaneität besonders in dem von ihm gepflegten Aquarell und er gehört hierin mit zu den
Besten, nicht nur in der Schweiz.
Kat.Nr. 49 In dem Bild „Muottas Muragl“ blickt der Betrachter vom bekannten Aussichtspunkt
Muottas Muragl (2520 m und 2436 m) links über das Val Rosegg mit dem abschliessenden Piz Rosegg, auf die Gruppe des Piz Rosatsch mit dem dahinterliegenden Piz
Surlej und dem darunterliegenden kleinen Stazersee, weiter über die Seen von St.
Moritz, Champfèr, Silvaplana und Sils bis auf Maloja. Das Panorama schliesst rechts
mit der Gruppe des Piz Lagrev und dem markanten Piz Julier. Im Bündner Kunstmuseum befindet sich ein vierteiliges Panorama von Giacometti, das die grossartige
Rundsicht von Muottas Muragl ob Pontresina (2500 m) darstellt. Es dürfte 1897/98
entstanden sein und steht fast sicher im Zusammenhang mit dem für die Pariser Weltausstellung (1900) geplanten Panorama Giovanni Segantinis. Es wirkt illustrativ und
die Technik Segantinis ist fast schulmeisterlich durchexerziert. Auffallend ist, dass
der zentrale Mittelteil mit dem Blick über die Oberengadiner Seen fehlt.
Unser Bild könnte eine spätere Wiederaufnahme des Sujets unter dem Eindruck dieses
Panoramas sein. Es besticht jedoch durch die Intensität seiner Farbigkeit; denn im
Unterschied zu Segantini sind die Farben erdhafter und schwerer und die einzelnen
Pinselstriche sind kürzer. Segantinis Einfluss ist noch greifbar, doch sehen wir, wie
Giacometti sich von seinem grossen Vorbild ablöst und seine künstlerische Eigenständigkeit findet.
Kat.Nr. 50 „Das menschliche Antlitz bleibt immer die höchste Aufgabe der Kunst“.(136) Dieser
Satz Giovanni Giacomettis von 1910 gibt einen deutlichen Hinweis, dass ihm die
menschliche Gestalt künstlerisch mehr gewesen ist als nur ein Element der Bildgestaltung unter anderem. Da schwang ganz Persönliches, Intimes mit in der Beziehung
zum gemalten Gegenüber. Dies dürfte der wesentliche Grund gewesen sein, dass
er, bei dem die Landschaftsmalerei eine dominierende Rolle spielte, nur sehr selten
bezahlte Bildnisaufträge annahm. Neben Freunden und Bewohnern seines Heimatdorfes Stampa waren es vor allem die engeren Familienangehörigen, die er, nicht
immer als Porträts gedacht, im Bilde festhielt: Die Eltern, die Ehegefährtin, die vier
Kinder und sich selbst. „Ich genoss das Glück häuslichen Familienlebens, umgeben
von meinen Kindern, die heute meine Weggefährten sind. Meine Kinder leben in
meinen Bildern und in meinen Bildern steht meine Biographie geschrieben…“(137)
Besonders die Tochter Ottilia, einziges Mädchen unter den vier Kindern, hat Giacometti in den verschiedenen Lebensaltern immer wieder auf die Leinwand gebannt, sei
es alleine oder mit anderen zusammen. Als Kind eher zierlich und mit langen Haaren,
später, wie etwa auch auf dem ausgestellten Bild, eher stämmig und mit kurz geschnittenem Haar. Möglich, dass die tradierte Bezeichnung unseres Werkes „La jeune fille“
noch von Giacometti selbst stammt. Hin und wieder gab er gerade seinen Bildnissen
von Familienangehörigen Benennungen, die eine allgemeine Bedeutung beinhalten,
auch wenn oder vielleicht gerade weil kein Zweifel besteht, wen er gerade dargestellt
hat. Hinzuweisen wäre auf eines der interessantesten Beispiele dieser Art, das zudem
für unseren Zusammenhang, eine entscheidende Relevanz besitzt. Es ist das symbol104
Kat.Nr. 50*
Giovanni Giacometti
Bildnis der Tochter Ottilia mit Blumenstrauss
1924
Öl/Lwd.; r.u. monogr.: Gi. Gi.; rücks. sign. u. dat.: Giovni Giacometti Stampa 1924.
90,4 x 73,5 cm.
105
trächtige, monumental-blockhaft wirkende Werk Giacomettis „Le amiche“ von 1922,
auf dem ebenfalls die Tochter Ottilia, hier jedoch mit ihrer Cousine Clara Ganzoni,
wie auf unserem, zwei Jahre später entstandenem Bild, ganz dicht und eindeutig identifizierbar vor die Augen des Betrachters gesetzt ist.(138) Hier wie dort blickt sie in
beherrschter, aufrechter Sitzhaltung mit Ernst aus dem Bild. Hier wie dort aber auch
eine ähnliche koloristische Gewichtung von Blau und Grün, denen das Rot, wie in
so vielen Werken Giacomettis, als festliche Komplementärbeigabe oder auch nur als
aufmunternde Tupfer und Flecken hinzugegeben worden ist. Allerdings ist in vorliegendem Bildnis das Kompositionssystem durch eine Reihe von formal unterschiedlich eingesetzten Mitteln ganz auffallend dynamisiert. Es ist nicht nur die übliche
schräge Führung linearer Elemente wie Lattenzaun, Dachfuss, Kleidausschnitt und
Figurbegrenzungen oder der gewundene Baumstamm, sondern auch die bildtiefendiagonale Sitzhaltung des Körpers bei gleichzeitiger En-face-Ausrichtung des Kopfes.
Alles in allem ein typisches Werk aus der späten Schaffensphase Giacomettis, in dem
Form, Farbe und räumliche Elemente fast gleichgewichtig zur Erzielung einer guten
Bildwirkung zum Einsatz kommen.
Im Werke Giacomettis spielt die Winterlandschaft eine aussergewöhnliche Rolle.
Über alle Jahre seines Schaffens lässt er sich vom immer neu erlebten Naturereignis
der strahlenden Wintersonne und ihrer in der Landschaft hervorgerufenen Farbwunder gefangen nehmen. Das Gesamtwerk von Giacomettis Winterlandschaften
bildet in der Schweizer Kunstgeschichte des 20. Jhs. eine einzigartige Erscheinung
koloristischer Vielfalt. In unserem Bild scheint das winterliche Hochtal des Engadins
als gebändigte und bewohnte Natur: die zwei orange leuchtenden Häuser, die gepfadete Strasse und der schrägstehende Telegrafenmast, welcher die Elektrizität und
die Telefonverbindungen zuführt, geben Zeugnis von den Menschen, die hier leben.
Über dem Bergwald erst zeigt sich das wild bewegte Hochgebirge. Das orangefarbene Wohnhaus in der Mitte des Bildes wirkt wie eine Fanfare, die ihren notwendigen
Kontrast im äusserst differenzierten“ tiefblauen und über dem Ganzen leuchtenden
Kat.Nr. 51 Himmel findet. Die Verbindung von zartesten mit kraftvollsten Farben ist ein besondere Charakteristik der künstlerischen Handschrift Giacomettis.
In der „Winterlandschaft bei Maloja“ blicken wir über ein orangefarbenes Haus
gegen das Bergell. Im Hintergrund erkennt man links den Piz Lizun und rechts den
Piz Duan. Das Bild ist in einem der Register-Skizzenbücher des Malers festgehalten
mit einer Farbskizze; die dazugehörigen Notizen geben den authentischen Titel und
das Entstehungsjahr an. Da hochwinterliche Verhältnisse herrschen, dürfte das Bild
im Februar/ März 1927 entstanden sein; denn das Engadin erhält im Frühwinter in der
Regel nur wenig Schnee. Laut weiteren Notizen war das Bild in der Schweizer Turnusausstellung (1927) zu sehen, sowie in Baden-Baden 1928.
106
Kat.Nr. 51
Giovanni Giacometti
„Paesaggio d’Inverno“
1927
Öl/Lwd.; u.l. monogr.: Gi. Gi.; rücks. sign. u. dat.: Giovni. Giacometti/Maloja 1927.
50,3 x 62,5 cm.
107
Augusto Giacometti
(Stampa 1877 – Zürich 1947)
August (Antonio) Giacomettis künstlerische Ausbildung begann auf eigenem Wunsch
im Jahre 1894 mit seinem Eintritt in die Zürcher Kunstgewerbeschule.
Sicherlich ist ihm das Vorbild seines neun Jahre älteren Vetters (zweiten Grades),
Giovanni Giacometti (1868 Stampa – Glion-sur-Montreux 1933) Ermunterung zu
dem Entschluss gewesen, war dieser doch, nach langen Jahren des Lernens und der
malerischen Tätigkeit in München (ab 1886), Paris (ab 1888) und Italien (1891/92),
gerade im vorhergehenden Jahr (1893) endgültig in deren kleines, gemeinsames
Bergeller Heimatdorf Stampa zurückgekehrt. (139)
Für Augustos Talent konnte Zürich jedoch in Kenntnis seiner später sichtbar werdenden
Qualitäten notwendigerweise nur eine Durchgangs- bzw. Vorbereitungsstation sein.
Bereits 1897 finden wir ihn in Paris. Ziel war ihm wohl schon von vorneherein, dort
einen Platz in der Klasse von Eugène Samuel Grasset (1845 Lausanne – Sceaux 1917)
an der „Ecole Normale d’enseignement de dessin“ zu erhalten. (140) Kennen und
‹schätzen gelernt hatte er ihn schon in seiner Zürcher Zeit durch dessen 1896 herausgegebenes Werk „La plante et ses application ornamental“. Grasset war ein gefragter
Designer von hoher Qualität auf fast allen Gebieten der angewandten Künste, der auch
selbständige Werke in Öl, Aquarell und Pastell malte, sowie Vorlagen für Mosaike,
Glasgemälde, Teppiche, Tapeten und Stoffe entwarf. Er war als Lehrer und Künstler,
u.a. in fruchtbarer Auseinandersetzung mit der von ihm hochgeschätzten japanischen
Kunst und den Präraffaeliten, nicht nur mit wichtigen Impulsen an der Entwicklung
der „Art nouveau“ beteiligt, sondern verwies mit seiner von Punkt, Linie und Fläche
ausgehenden Lehrmethode von der Gestaltung als primäres Prinzip jeden bildkünstlerischen Schaffens bereits auf Zukünftiges, ja, auf die Möglichkeit von Abstraktion als
eigenwertige Werkthematik.
Es sind dies Momente, die für Augusto im Grundsätzlichen von entscheidender
Bedeutung werden sollten. Das gilt sowohl für sein gegenständliches als auch für sein
abstraktes Œuvre. Zumindest für die erste Phase seines selbständigen Arbeitens, von
1901 bis zur Aufnahme einer Lehrtätigkeit für Aktzeichnen an der Privatakademie
Jean Z’Binden-Kesselbach in Florenz (1907), ist ein weit engerer Zusammenhang
zwischen ihm und Grasset auszumachen als es bisher herausgearbeitet wurde. In ihr
herrscht, in jugendstilistischer Manier, formal das lineare Element und inhaltlich die
Symbolik vor.
Dass er gleichzeitig und sogar schon während der Pariser Akademiejahre (1897–
1901) im Medium Farbe und, als einer der ersten Künstler überhaupt, auch in Absehung vom Gegenständlichen experementierte (ab 1898), zeugt von seiner unkonventionellen, novativen Art der Suche nach neuen Formen des künstlerischen Gestaltens.
(141) In dieser Hinsicht sollte das folgende Dezennium, 1907–1917, zur entscheidenden (zweiten) Schaffensphase Augusto Giacomettis werden, mit wechselnden
Aufenthalten in Florenz (Lehrtätigkeit) und Stampa (Sommer) und seiner endgültigen
Niederlassung in Zürich (ab 1915).
Das lineare Strukturieren der Bildfläche und die figürliche Symbolisierung wird innerhalb kürzester Frist fast gänzlich aufgegeben. Das entscheidende Anliegen ist von
nun an der stets mit jedem Werk aufs neue vorgenommene Entwurf einer harmonisierten Farbenwelt im Kleinen. Nicht nur in den gänzlich abstrakten Kompositionen,
sondern auch in jenen, in denen eine gegenständliche Naturvorlage klar erkennbar
108
Kat.Nr. 52
Augusto Giacometti
„Rosen“
1924
Öl/Karton; rücks. sign. u. dat.: Augusto Giacometti „Rosen“ 1924.
23,7 x 32 cm.
109
bleibt, sind pastos mit Spachtel oder Pinsel aufgetragene diskrete Farbflecke von
durchwegs auffallend hellem Valeur die spezifische Charakteristik dieser Phase. Sie
sind so locker zu unterschiedlich grossen, wohlüberlegt gegeneinander abgewogenen
Einheiten zusammengefasst, das stets auch der Leinwandgrund als wichtiges Strukturelement des Bildganzen fungiert.(142)
Gegen Ende des zweiten Jahrzehnts beginnt eine neue (dritte) Phase im künstlerischen Schaffens Augustos, in der wohl die tiefgründigsten, semantisch und koloristisch schillernsten Werke seines Lebens entstanden, wie etwa auch die drei hier zu
besprechenden Bilder.
Nicht unwesentlich war die (fast plötzliche) Aufgabe der oben beschriebenen Fleckentechnik. Die Farben werden nun eng miteinander verzahnt, gehen zum Teil ineinander über oder sind zu ganz neuartigen Zwischentönen vermischt. Die Hell-DunkelKontraste – vom grellen Grau bis an die Grenze zum Schwarz – werden teilweise
ins Extreme gesteigert, so dass die hellen Farben eine bisher ungeahnte Leuchtkraft
entwickeln.
Es ist dies die Zeit (1918–1940), in der Augusto nicht nur im öffentlichen Kunstgeschehen der Schweiz als Mitglied und als Präsident der eidgenössischen Kunstkommission eine massgebliche Rolle spielt (1934–47) und mit öffentlichen und privaten
Aufträgen überhäuft wird. Er hält sein Blickfeld auch offen durch viele, z. T. ausgedehnte Reisen. Italien (erstmals auch Neapel) und Frankreich (fast regelmässig Paris)
gehörten schon traditioneller Weise zum fast jährlichen Besuchsrepertoire Augustos.
Hinzu kamen Reisen nach Deutschland, Schweden, Norwegen, Holland, Grossbritannien, Algerien und Tunesien.
In den letzten Jahren seines Lebens (1940–47), die teilweise durch eine schwere, 1947
zum Tode führende Krankheit geprägt wurden, reduziert sich zusehends der koloristische Erfindungsreichtum und die Ausdruckskraft der Farben auf einen schlichten
Masstab, so dass sie aufgrund dieser Charakteristik durchaus als eigenständige (vierte
und letzte) Schaffensphase zu bezeichnen sind.
Seine letzte Ruhestätte fand Augusto Giacometti im heimatlichen Stampa.
Kat.Nr. 53
Augusto Giacometti
Orchidee auf grünem Grund
1927
Öl/Karton; rücks. sign. u. dat.: Augusto Giacometti 1927 Orchidee auf grünem Grund.
23,7 x 32 cm.
110
111
Einen Schlüssel zum besseren Verständnis seiner Werke hat uns Giacometti mit dem
1934 veröffentlichten Vortrag „Die Farbe und ich“ in die Hand gegeben.(143) Insbesondere für jene, die in der zweiten und dritten Phase entstanden, und somit auch für
die hier vorgestellten drei Arbeiten, sind die dort gemachten Aussagen sehr hilfreich.
Danach war auch in den progressivsten Zeiten sein eigentliches Anliegen nie das
avantgardistische Aufbrechen verkrusteter ästhetischer Strukturen. Ihm ging es
schlicht um das „Aufspüren“ von Gesetzmässigkeiten „nach denen das Farbige in der
Natur gestaltet ist“, um dann mit „Hilfe dieser Gesetze einen Organismus zu schaffen
(in diesem Falle eine Kunst), die in allen Teilen parallel zur äusseren Welt läuft“. Er
vermeinte immer, dass „es ein Leben der Farben an sich geben müsse, losgelöst von
jedem Gegenstand. Objektiver Bezugspunkt blieben ihm jedoch stets die in der Natur
zu beobachtenden „Farbzusammenklänge“, die vom Künstler frei variierbar nachgestaltet werden können.(144)
Somit war ihm der viele Jahre praktizierte Wechsel zwischen abstrakter und gegenständlicher Aussage kein grundsätzliches Problem, sondern ein gänzlich unpolemisch
verstandenes methodisches Anliegen zur Annäherung und Vervollkommnung eines
freien, „naturparallelen“ künstlerischen Gestaltens. Allerdings schien ihm dieses nur
möglich, wenn die „Gesetzmässigkeiten“, nach denen sich in der Natur die „Farbzusammenklänge“ ergeben, bis zu einem gewissen Grade bewusst nachvollzogen
werden können. Seiner Erkenntnis nach, hat die Natur zwei, zumeist eng miteinander
verflochtene „Systeme“ der Farberscheinungen ausgebildet:
a)das Komponenten-System (Komponentenfarben ergeben sich aus der Mischung
von zwei oder mehreren anderen Farben), etwa: Grün mit den Komponenten
(Bestandteilen) Gelb und Blau. Auch das Grau, in seiner einfachsten Erscheinungsweise mit den Komponenten Schwarz als die „Verdunklung einer Farbe“ und Weiss
als die „Aufhellung einer Farbe“, wird von Giacometti hierbei miteinbezogen.
b)das Komplementär-System (belebender Gegensatz und Ergänzung zum Komponenten-System).
Um sie anschaulich vorzuführen, bringt er u.a. das einprägsame, als vereinfachtes
Modell verstandenes Beispiel von der „grünen Wiese im Vorfrühling“: „Wir sehen,
dass sie zuerst vollkommen Grün ist, ohne eine einzige Blume. Dann kommen gelbe
und blaue Blumen. Das sind die Komponenten des Grün. Was die Natur hier hervorbringt, ist das System der Anwendung zweier Komponenten einer Farbe. Am Tag, an
dem eine rote Blume kommt, wird ein zweites System angewendet, das System der
Komplementärfarbe. Daraus lernen wir, dass die Natur zwei Systeme übereinanderlegt“.
Bei der künstlerischen Gestaltung „ebenso vorzugehen“, he isst für ihn „naturparallel“ tätig zu sein. Unter Berücksichtigung der kompliziertesten Mischungsverhältnisse der Farben untereinander, entsteht so „ein fast unübersehbarer Reichtum an
Möglichkeiten … Das was man die reiche Orchestrierung der Farbe nennt.“
112
Für unseren Zusammenhang, insbesondere mit Blick auf das hier vorgestellte Bild Kat.Nr. 54
„Mannequin“, bleibt hervorzuheben, dass für Giacometti die jeweilige Komplementärfarbe in einer Komposition, aufgrund ihrer von ihm zumeist als kräftige Gegensätzlichkeit zu den Komponentenfarben verstandenen Funktion, mit entsprechend quantitativer Sparsamkeit gesetzt werden muss; denn für ihn ist sie „das, was in der Woche
der Sonntag bedeutet, das Fest“.(145)
Zusammenfassend wäre von Augusto Giacometti zu sagen, dass er als „Farb-Komponist“ mit einem farbsymbolistischen Grundzug nicht nur in der Schweizer Kunstgeschichte und nicht nur bezüglich seiner abstrakten Kompositionen eine zu seiner Zeit
singuläre Erscheinung ist. In dieser Eigenschaft lässt er sich spätestens mit seinen
Werken ab 1910 kaum eindeutig in einen der üblichen Stilschubladen einordnen. Nach
einer anfänglichen, der europaweiten Jugenstilbewegung eng verbundenen Schaffensphase, geht er ab 1907 konsequent seinen eigenen Weg, ohne signifikante, werkbeeinflussende künstlerische Bindung an Malerkollegen und auch ohne Schülerschaft.
Erst auf dem Hintergrund der weiter oben notwendigerweise nur sehr verkürzt wiedergegebenen farbgestaltungstheoretischen Aussagen Giacomettis werden Kompositionen wie die drei in dieser Ausstellung gezeigten Bilder koloristisch verständlicher.
Alle drei sind typische Arbeiten der bereits kurz charakterisierten dritten Schaffensphase unseres Künstlers, in der besonders Hell-Dunkel-Kontraste und „festliche“
Farbklänge zu den bildbestimmenden Elementen gehören.
Während jedoch die beiden Blumenbilder sehr gute Beispiele für den damals gefragten
Standard im thematischen Repertoire Giacomettis sind, haben wir mit der auch
masstablich ungewöhnlich grossen Komposition des „Mannequin“ nicht nur eines
der Schlüsselwerke jener Zeit vor uns, sondern auch eines der Hauptwerke seines
gesamten Œuvres. In ihm verdichten sich langjährige fruchtbare Bemühungen um die
bildästhetische Durchdringung und Vereinheitlichung von Farbe und Form mit einer
stets bis zum gewissen Grade im Unbestimmten gehaltenen Illusionierung von Licht,
Räumlichkeit und Gegenstand.
Giacometti selbst hat dieses zu den merkwürdigsten Spiegel-Bildern der Kunstgeschichte zählende Werk „Mannequin“ genannt.(146) Und er hat diesen Begriff hier
wohl in seiner alten Bedeutung verwendet: Modell- bzw. Schaufensterpuppe, und
nicht im modernen Sinn des Wortes: Model bzw. Vorführdame der Modebranche.
Doch bleibt die Beantwortung dieser Frage für den Bildsinn insgesamt unerheblich.
Wichtig ist, wie der Künstler hier Elemente einer äusseren Wirklichkeit, wie Figur,
Treppe, Räumlichkeit, Spiegelung, Lichtreflexe und Dunkelheit im Bild zu einer
eng miteinander verzahnten und durchaus gezielt mehrdeutigen ästhetischen Einheit
zusammenführt.
Die spiegelbildliche Verdoppelung der auf sehr knapp bemessenem Rundpodest
stehenden Figur, die labile Postierung auf dem oberen Absatz einer irgendwoher und
nirgendwohin führenden Treppe, ihre manieristisch stilisierte Körperlichkeit und
koloristische Exotik tragen ebenso zu der schillernden Charakteristik dieses Werkes
bei, wie die berechtigte Vermutung, dass der Betrachter, aus der sich im rechten Bildteil spiegelnden Dunkelheit einer sonst nicht weiter bestimmbaren Innenräumlichkeit
heraus, einen Blick hat durch die Schaufensterscheibe gegen ein ebenso im Unbestimmten gelassenes Draussen, dessen Existenz nur mittels gedämpft- bis grelldiffuser Lichtreflexe im linken Bildteil angedeutet wird.
Entscheidend für die Bildwirkung bleibt jedoch die koloristische Virtuosität der
Inszenierung. Wie so oft in dieser Schaffensperiode Giacomettis, wird auch hier der
„Komponentenfarbe“ Grün, vom lichtesten Wert bis an den Rand zu Schwarz, die
113
Funktion des Hintergrundes gegeben. Dies nicht als neutrale Folie, sondern als Katalysator für die Evokation einer Ahnung von räumlich und semantisch unauslotbaren
Tiefen. Es ist dies eine Ahnung von etwas nur koloristisch Mitteilbarem, in das auch
die davor gesetzten strahlenden Farbklänge an Figur und asymmetrischem Bildgerüst
miteinzubeziehen sind.
Auch auf dieses aussergewöhnliche Werk und den beiden stimmungsvollen, intimen
Blumenbilder können wir jene Aussage Giaciomettis beziehen, mit der er, bei
Betrachtung der farblichen Harmonie eines Geranienzweiges, in schlichter Tiefgründigkeit meinte, dass „seine farbliche Stimmung für uns ein Gleichnis (sein kann), ein
Sinnbild einer Proportion“.(147)
Kat.Nr. 54*
Augusto Giacometti
„Mannequin“
1930
Öl/Lwd.; r.u. monogr. A. G.; rücks. beschr.: Augusto Giacometti „Mannequin“ 1930.
170 x 205 cm.
Ausstellungen: Kunsthaus Chur, 1981. Kunstmuseum Luzern, 1987.
Literatur: Charensol, Georges: Augusto Giacometti, Paris 1932, mit Abb. Hartmann, Hans:
Augusto Giacometti, Chur 1981, Abb. S. 161, Nr. 1482. Kunstmuseum Luzern,
Kat.: Augusto Giacometti, Aquarelle, Pastelle, Entwürfe, Luzern 1987, Abb. Nr. 121.
114
115
Gottardo Segantini
(1882 Puisano – Maloja 1974)
Gottardo Segantini war der älteste Sohn von Giovanni Segantini und Luigia Bugatti
(Heirat 1880) und kam in Puisano in der Brianza, wohin seine Eltern ein Jahr zuvor
gezogen waren, zur Welt. Nach diversen Umzügen liess sich die Familie 1886 in
Savognin und dann acht Jahre später in Maloja nieder.
Seit seinem 12. Lebensjahr bekam Gottardo Unterricht von seinem Vater. 1899
besuchte er für wenige Monate die „Accademia belle arti di Brera“ in Mailand und
um 1900 ging er nach Zürich, wo er sich auf ein Ingenieur-Studium an der ETH
vorbereitete und nebenbei auch die Technik des Radierens erlernte. Er entschliesst
sich aber doch Maler zu werden und unternahm von 1902 bis 1904 Reisen nach
München und Berlin, wo er auch bei Emil Orlik (1870 Prag – Berlin 1932) Unterricht
nahm. Danach, bis zum Ende des I. Weltkrieges, wechselnde Aufenthalte in Maloja,
Rom und Zürich.
Nicht erst seit der Mailänder Triennale von 1891, die als der offizielle Anfang des
italienischen Divisionismus bezeichnet wird,(148) versuchten verschiedene Künstler
das Phänomen der Vibrationen von Farbe und Licht auf jeweils ihre Art und Weise
darzustellen. Antrieb und Mentor der „Divisionisten“ war der Kunsthändler, Maler
und Kunstkritiker Vittore Grubicy (1851 Mailand 1920), der schon 1886 in einem
Artikel über das Bild „Die bei den Mütter“ von Giovanni Segantini in wenigen Worten
die Technik des „Divisionismus“ beschrieben hatte: „…Segantini hat in seinem Bild
siegreich die Schwierigkeiten überwinden können, indem er sich der Maltechnik der
Farbteilung anstelle der üblichen Farbmischung auf der Palette bediente…“(149).
In dieser Technik, ähnlich der auf wissenschaftliche Erkenntnisse der Farbtheorie
und Optik beruhende Malweise der französischen „Pointillisten“ – Hauptvertreter:
Georges Seurat (1859 Paris 1891) – werden die Pinselstriche klein und regelmässig,
aber auch grössere Farbflächen, in komplementären Farbtönen nebeneinandergesetzt. Bei Segantini ist diese Technik am ausgeprägtesten: Er zieht die Farbe, fast rein
und wenig verdünnt, pastos in kleinen Strichen über die rau he Leinwand, oft nach
der Form des abgebildeten Objektes, wobei er die Komplementärfarben in dünnen,
länglichen Pinselstrichen danebenlegt und so den Eindruck vibrierender Atmosphäre vermittelt. Der von Giovanni Segantini zur Vollendung entwickelte ‹“Divisionismus“ wird nicht nur für das Schaffen Gottardos Grundlage und Vorbild, sondern
im Engadin bildete sich unter dem starken Einfluss seines Vaters schon vor 1900 eine
sog. „Segantini-Schule“, die sich der divisionistischen Landschaftsmalerei widmete,
wozu, bis zum Tode Giovanni Segantinis 1899, auch Giovanni Giacometti und in der
Folge die beiden hier ausgestellten Berry’s zu zählen sind.
Kat.Nr. 55*
Gottardo Segantini
„Frühlingsspiegelung“
1927
Öl/Lwd.; r.u. sign. u. dat.: S Gottardo (ligiert) 1927; rücks. beschriftet:
Gottardo Segantini Maloja 1927 Frühlingsspiegelung.
50 x 40,5 cm.
116
117
Gottardo steht Zeit seines Lebens unter dem Wirken seines Vaters, entwickelt dessen
Manier aber in rein technischer Form in der ihm eigenen Art weiter, in der auch
die Strichelung der Radiertechnik – die Radierung stand von Beginn seines selbständigen Schaffens mindestens gleichbedeutend neben der Malerei – zum Tragen
kommt. Er legt sein Hauptgewicht nach sorgfältiger Vorzeichnung auf der Leinwand
auf den Umriss der plastischen Form, wobei der Pinselstrich ihm nur als zeichnerisches Mittel zur gegenständlichen Charakterisierung dient. Er malt mit ausschliesslich reinen Farben, und Schwarz und Weiss. Auch in der Motivwahl macht sich der
mächtige Einfluss bemerkbar: Landschaften, Genremotive, Religiöses, Bildnisse und
Stilleben sind bei ihm ebenso zu finden, doch fehlt ihm die Verklärung und symbolische Eindringlichkeit der Bilder seines Vaters.
Kat.Nr. 55 Zu Beginn der 20er Jahre ist sein Stil gefestigt und es entstehen vor allem LandKat.Nr. 56 schaften aus dem Engadin. Die Bilder „Frühlingsspiegelung“ und „Julilandschaft“
sind qualitätsvolle Beispiele, wie Gottardo die Technik seines Vaters weiterentwickelte und die glasige Stimmung einer sonnenbeschienenen Engadiner Landschaft
mit dem ihm eigenen künstlerischen Vermögen ins Malerische übersetzte. Der Standpunkt des Betrachters befindet sich in dem einen Gemälde am Ufer des Cavlocciosee und er blickt direkt auf den dahinter sich mächtig aufragenden Pizzo dei Rossi
(2981 m). Das andere Bild zeigt das gleiche Bergmassiv nur nach links verschoben
mit Blick gegen das Forno-Tal im Bildzentrum.
Kat.Nr. 56*
Gottardo Segantini
„Julilandschaft“
1927
Öl/Lwd., auf Karton aufgezogen; l.u. sign. u. dat.: 1927 S. Gottardo (ligiert);
rücks.beschr.: Gottardo Segantini Julilandschaft Maloja 1927.
56,8 x 82,5 cm.
118
119
In der langen Schaffenszeit von Gottardo Segantini ist die künstlerische Entwicklung im Stilistischen wie im Inhaltlichen sehr einheitlich und geradlinig verlaufen.
Charakteristisch für fast alle seine Gemälde ist ein naiver Zug, besonders in seinen
figuralen Darstellungen, aber auch in der Komposition. Eine klare und einfache Gliederung, vertikal wie horizontal, prägt seinen, in der Linien- und Flächenverteilung
oft symmetrischen Bildaufbau, wobei die Figuren in statischer Anordnung hinteroder nebeneinander fast unbeweglich in ihren jeweiligen Tätigkeiten verharren. Seine
Staffage-Motive und Bildkompositionen sind oft in Anlehnung an die seines Vaters
oder anderer grosser Meister gestaltet. Die Komposition hier in vorliegendem Bild
ist sicherlich auf das Gemälde „Abend auf der Alp“ (1908) von Giovanni Giacometti zurückzuführen, das Gottardo gekannt haben muss. Es zeigt die fast identische Ansicht nur mit zwei Kühen, gemalt in breiten, blockhaften, parallel gezogenen
Kat.Nr. 57 Pinselstrichen.(150)
In unserem Bild „Abend auf der Alp bei Maloja“ sieht man eine Hirtin mit Ziegen vor
einer Maiensäss-Siedlung bei Maloja und blickt nach Süd-West gegen das Bergell,
wo noch der Schein der schon untergegangenen Sonne über dem Himmel liegt.
Rechts erkennt man die bei den Hörner des Piz Lizzun und den dahinterliegenden, das
Bergell beherrschenden Piz Duan (3133 m) und rechts das, die Komposition abschliessende, Val Marox.
Kat.Nr. 57
Gottardo Segantini
Abend auf der Alp bei Maloja
1941
Öl/Lwd.; r.u. sign. u. dat.: S.Gottardo (ligiert) 1941.
55 x 84,5 cm.
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121
Otto Morach
(1887 Hubersdorf/So – Zürich 1973)
Nach einem mathematisch-naturwissenschaftlichen Studium an der Universität Bern,
das Otto Morach mit dem Sekundarlehrerpatent abschloss, besuchte er Kurse an der
Kunstgewerbeschule um sich als Zeichenlehrer ausbilden zu lassen. Dort befreundete er sich u.a. mit Johannes Itten (1888 Sündern/Linden – Zürich 1967) und Arnold
Brügger (1888 Meiringen 1975). Von 1909 bis 1914 bildete er sich, neben einer
kurzen Broterwerb-Tätigkeit als Sekundarlehrer in Zug, weiter als Maler in Paris,
München, Dresden und Berlin. Ausschlaggebend für seine künstlerische Entwicklung
wurden die Kontakte mit den „Kubisten“ und Werken der italienischen „Futuristen“,
die 1912 in einer Ausstellung in Paris gezeigt wurden und die er wohl zusammen mit
der vielbeachteten Ausstellung (1912) kubistischer Künstler der „Section d’Or“,(151)
auf seinem zweiten Paris-Aufenthalt (1912/13) gesehen hatte. Es ist auch anzunehmen, dass Morach die Werke von R. Delaunay (1885 Paris 1941), dem Hauptvertreter des „Orphismus“ gekannt hat.(152) 1919 wird ihm die Stelle als Lehrer
für angewandte Malerei an der Kunstgewerbeschule in Zürich angeboten, wo er bis
1953 tätig war. Diese Stelle, die er zu Beginn gemeinsam mit S. Taeuber-Arp (1889
Davos – Zürich 1943) ausfüllte, liess ihm (bis 1928) genug Raum für längere Studienaufenthalte in Deutschland (1922/23), Italien (1923) und Frankreich (1927). Seine
künstlerische Tätigkeit beschränkte sich nicht allein auf die Malerei: Er gestaltete
Glasfenster, Wandbilder, Mosaiken und zusammen mit seiner Frau Hermana Teppichentwürfe, hervorzuheben ist auch sein Wirken als Pionier des Schweizerischen Marionettentheaters (1919–1932).
Für Morach wurde der Ort, wo er sich gerade befand, stets zu einem wichtigen Thema
seiner Bilder. Dies gilt besonders für die Stadt Solothurn, in der er sich von 1914 bis
zur Übersiedelung nach Zürich 1919 mehrheitlich aufhielt. Solothurn erscheint um
1914 erstmals als Bildvorlage und es entstehen bis 1925 über dreissig weitere Bilder.
Das zentrales Thema ist die St. Ursen Kathedrale, welche die Altstadt überragt und
aus vielen Sichten das Stadtbild dominiert.
Wir erkennen in unserer Ansicht von „Solothum“, das Palais Besenval am Aareufer,
das alte Schlachthaus und darüber die St. Ursen-Kathedrale. Als Vorlage dienten
einige Postkartenansichten dieser Stadt,(153) aus denen er jenen imaginären Standpunkt herauskristallisierte, von dem aus sich das Charakteristische dieser Stadt in
einem einzigen Bild erfassen lässt. Er benutzte hier ein kubistisches Darstellungsmittel: Die Perspektive aus wechselndem Standort. Die fotographischen Vorlagen
setzte er um zu einer einzigen gerafften, teils in die Fläche geklappten, teils in die
Höhe gestreckten Gesamtansicht. Morach ging es nicht darum, auf kubistische Art
ein vieldeutiges Gebilde zu schaffen. Mit der ihn faszinierenden Darstellungsweise
aus divergierenden Perspektivlinien, gelang es ihm, mit scheinbar willkürlichen
Beleuchtungs- und Farbübergängen innerhalb der geschlossenen Mauerflächen und
Dachschrägen, mit einem scharfkantigen Aufbrechen und einer farblichen Gegensätzlichkeit von Wasser und Himmel, das Stadtbild als eine Einheit darzustellen, in der
der innere Zusammenhang einer historisch gewachsenen Stadt und die daraus resultierende, gegenseitige Bezugnahme von Gotteshäusern, Palästen und Bürgerhäusern,
von Fluss, Flussufer und Brücke deutlich zu erkennen ist.
122
Kat.Nr. 58*
Otto Morach
„Solothurn“
1917
Öl/Lwd.; u.r. sign. u. dat.: Morach 1917
81,5 x 65 cm.
Ausstellungen: Kunsthaus Zürich, 1919, Nr. 95. Biberist, 1976, Nr. 19.
123
Literatur: Schaller, Marie-Louise: Otto Morach (1887–1973), Zürich 1983, S. 30, Abb. 73, S. 147,
Kat.Nr. 103 .
Reinhold Kündig
(1888 Uster –Horgen 1984)
Schon während der Schulzeit hat Kündig gerne und viel gezeichnet. Dass er dann
aber zunächst im angewandten Kunstbereich eine Ausbildung suchte, hat wohl eher
etwas mit seiner auch später beibehaltenen Bescheidenheit und der damaligen familiären wirtschaftlichen Situation zu tun: Er absolvierte eine dreijährige Lehre als
Theatermaler (1903–06) bei dem Bühnenbildner Albert Isler (1874 Langenau/a.A. –
Zürich 1933), der sich gerade in jenen Jahren einen über die Grenzen der Schweiz
hinausreichenden Ruf erwarb. Bereits damals schloss Kündig Freundschaft mit
dem sich später auf Wandmalerei sich spezialisierenden Paul Bodmer (1886 Zürich
1983) und insbesondere mit dem Maler Hermann Huber (1888 Zürich 1967), dessen
Schwester Hedwig er 1916 heiratete. Mit Huber ging er denn auch als Theatermaler
nach Düsseldorf und Berlin. In München (1907) hat er sich endgültig für die freie
Malerei entschieden. Dort nimmt er in einer Privatschule Zeichenunterricht bei dem
Maler und Graphiker M. Heymann (1870 Breslau – München 1937). Die nächsten
Stationen gelten dann der Suche nach dem eigenen Weg der künstlerischen Gestaltung:
Rom (1908/09), Schweiz, Paris (1910/11) und wiederum Rom, aber auch Terracina.
1912 hat er sich dann, unterbrochen von mehrmonatigen Aufenthalten in Nordafrika
(1913/14) und Terracina (1925), endgültig in der Schweiz niedergelassen. Zunächst
im Walliser Grächen, dann, nach Art am Zugersee (1914–16), für mehrere Jahre in
Baldern auf dem Üetliberg (1916–20) und von 1920–37 in der zur Gemeinde Hirzel
gehörenden Spreuermühle. Erst 1937 ist er in Hinterrüti ob Horgen in ein eigenes
Atelierhaus eingezogen, wo er bis zu seinem Lebensende wohnte und arbeitete.
Ein toniger Farbauftrag war bereits von Anbeginn der selbständigen Maltätigkeit ein
Merkmal der Kündigschen Bilder, nur dass er lange Jahre entweder im Sinne der französischen Impressionisten oder Postimpressionisten verwendet wurde. Erst nach der
intensiven Auseinandersetzung mit dem spezifischen Realismus Courbets Ende der
20er Jahre, erfolgte eine entscheidende Wende zur Ausbildung der ihm eigenen Handschrift. Sie zeigt sich insbesondere in dem pastos und porös gespachtelten, mehrschichtigen Farbauftrag, auch wenn der Pinsel, gestupft oder flächig verwendet, nie
ganz beiseite gelassen wird. Es ist eine Technik, die an jene der Pointillisten oder
mehr noch an die der Divisionisten erinnert.
Sein wichtigstes Thema war die Landschaft, mit oder ohne menschliche Figur, in
weiter Sicht oder als kleiner, unscheinbarer, zufällig erscheinender Ausschnitt, zu den
verschiedensten Tages- oder Jahreszeiten und bei den unterschiedlichsten Witterungsverhältnissen, als von Menschen unberührte oder von ihm bearbeitete Natur.
Unser Werk „Nähende in der Sonne“ gehört zu den wenigen, in denen auch Kündig,
wie des öfteren sein Freund Bodmer,(151) den Mensch in freier, doch ihn bergenden
Natur, mit einem nicht zu übersehenden symbolistischen Anklang, eine häusliche, d.
h. eine ihm ganz eigene Beschäftigung nachgehen lässt. Eine durchaus ganz andere
Auffassung als die tradierte Form dieses im 19. Jh. beliebten Motives, wo nicht der
Natur, sondern im Haus („Interieur“) die bergende Funktion zugeteilt wurde. Unser
Werk dürfte mit zu den ersten gehören, in denen Kündig, noch nicht in der lockeren
freien Art der späteren Zeit, die oben erwähnte und für die ästhetische Erscheinungsweise seiner Bilder wesentliche Technik der mit Spachtel und Pinsel pastos und porös
aufgetragenen Ölfarben angewendet hat. Es ist somit um 1920 anzusetzen.
124
Kat.Nr. 59
Reinhold Kündig
Nähende in der Sonne
1920
Öl/Lwd.; l.o. u. im Stein sign.
62 x 70 cm.
125
Maurice Barraud
(1889 Genf 1954)
Durch den frühen Tod seines Vaters hatte Maurice Barraud künstlerische Neigung
und Broterwerb in Einklang zu bringen. Das Naheliegenste schien ihm Ausbildung
und Berufstätigkeit als Gebrauchsgraphiker. Wie bereits 1907/08 sein bei einer Bank
angestellter Bruder Fransçois (1883 Genf 1964), liess er sich ab 1909 gleichfalls in
den Abendkursen der Menn-Schüler Eduard Gillard (1861 Buttes/VD – Genf 1921)
und Pierre Pignolat (1883 Genf 1913) im Malen und zudem im Modellieren bei dem
Bildhauer James Vibert (1872 Carouge – ?) ausbilden. Unter Aufgabe des zusammen
mit seinem Bruder Fransçois gegründeten werbegraphischen Ateliers, wendete er sich
jedoch spätestens seit 1914 ganz der Malerei zu. Es ist das Jahr in dem die bei den
Brüder mit einigen gleichgesinnten Genfer Gillard-Schülern, wie Eugen Martin (1880
Genf 1954), Emile Bressler (1886 Genf 1966) und Gustave Buchet (1888 Etoy –
Lausanne 1963) zu der Künstlergruppe „Le Fallot“ zusammenfanden. Die hier
geknüpften Beziehungen sollten ein Leben lang bestehen bleiben. Entscheidend für
die Entwicklung der spezifischen malerischen Handschrift Barrauds, wie sie auch
in unserem Bild zum Ausdruck kommt, wird der erste Aufenthalt im Tessin 1918.
Damals, schon fast 30-jährig, ist er zur Freilicht-Malerei übergegangen, was insgesamt, d. h. auch für seine nicht im Freien gemalten Motive (Interieurs, Porträts) eine
deutliche Aufhellung seiner Palette bewirkte. Danach bis zum Beginn des Zweiten
Weltkrieges (1918–1939) des öfteren, teils langandauerde Reisen nach Paris und
Spanien, aber auch Aufenthalte in Algier, Italien, Belgien und an der Côte d’Azur,
von denen er eine reiche Ausbeute an Werken (Stadtbilder, Landschaften) mit nach
Hause brachte. Ansonsten wechselweise wohnhaft in der Umgebung des Genfer Sees,
im Tessin und später hin und wieder in Cassis-sur-Mer (Côte d’Azur).
Maurice Barraud hat einen beachtlichen Beitrag zur Landschaftsmalerei geleistet,
daneben auch qualitätvolles an Stilleben, Porträts und Selbstbildnissen, an mythologischen und religiösen Werken geschaffen. Sein thematischer Schwerpunkt indes lag
von Anfang an auf der weiblichen Figur. Nackt, bekleidet oder nur spärlich bedeckt,
einzeln, zu zweit oder zu mehreren, in wechselnden Posen, liegend, sitzend, seltener
stehend, im Garten, auf der Terrasse, im Innenraum, vor Landschaft oder mit Meerblick, bilden sie in solcher Weise etwa ab 1918 das jeweils primäre Element der Bildgestaltung. Eine Individualisierung wird kaum je vorgenommen, aber auch keine Idealisierung betrieben. Eher könnten wir sagen, Barraud habe sich malerisch einen Typus
geschaffen, der ganz seinen formalen und farblichen Gestaltungsabsichten entsprach:
weich, voll, gerundet, sonnengebräunt. Auch wenn er hierbei eine ganz eigene, unverkennbare Handschrift ausgebildet hat, ist ein Bezug zu dem 20 Jahre älteren Henri
Matisse (1869 Le Cateau – Nizza 1954), von dem er sicher Werke zu sehen bekam,
offensichtlich. Zu nennen wäre aber ebenfalls, Amadeo Modigliani (1884 Livorno –
Paris 1920) und der vorkubistische Pablo Picasso (1881 Malaga – Mougins 1973).
Auch in unserem Werk ist das Vorbild Matisse’ nicht zu übersehen bezüglich Pose,
Sesselmotiv, Inkarnat, Festigkeit der Umrissformen, Einordnung in eine bunt dekorative Umgebung und Vernachlässigung der Details. Es ist Teil einer ganzen Serie von
dekorativen Aktdarstellungen mit erhobenem Arm und unter Verwendung diagonaler
Elemente, die Barraud um 1940 schuf.(152)
126
Kat.Nr. 60*
Maurice Barraud
Frauenakt
Um 1940
Öl/Lwd.; r.u. sign.: M. Barraud; rückseitige Aufkleber.
99,6 x 80,8 cm.
127
Max Gubler
(1898 Zürich 1973)
Dass grosse Talente unabhängig vom organisierten Akademiebetrieb und renommierten Lehrerpersönlichkeiten sich zu entfalten imstande sind, zeigt das Beispiel
Max Gubler. Zwar hatte er, der jüngste und begabteste dreier Brüder, schon recht früh
den ausserfamiliären Kontakt gesucht(153), doch die Hinführung zum künstlerischen
Arbeiten erfolgte zunächst durch den Vater, dem Dekorationsmaler und Wandgemälderestaurator Heinrich E. Gubler (1865 Zürich 1948), dann vor allem durch seine
beiden als Graphiker und Bilderhauer ausgebildeten Brüder Eduard (1891 Zürich
1971) und Ernst (1895 Zürich 1958).(154)
Das Malen in Öl eigneten sich die drei Brüder, trotz der Altersunterschiede, fast
zur gleichen Zeit gemeinsam und in autodidaktischer Weise an. Max dürfte dabei
wohl der eigentliche Initiator und die treibende Kraft gewesen sein, da die Öl/Leinwand-Malerei von Anbeginn das Medium seiner ästhetischen Aussage war und bis zu
seinem Schaffensende geblieben ist. Damals, d. h. etwa zwischen 1916–1920/22 war
die gestalterische Handschrift der Geschwister in manchen Bildern tlw. bis zur Ununterscheidbarkeit ähnlich. Doch beschränken wir uns im folgenden auf Max Gubler,
auch wenn seine Brüder weiterhin regen Anteil an seiner Entwicklung nahmen. (155)
Anfänglich, wie Eduard und Ernst, einer tonigen, spätimpressionistischen Malweise
verpflichtet (1913/16), beginnt bald eine im Werk sichtbar werdende Auseinandersetzung mit modernen Richtungen. Zu nennen wären in unserem Zusammenhang vor
allen Dingen die in einigen Arbeiten deutlich zu Ausdruck kommenden Einflüsse der
Expressionisten verschiedenen Couleurs, schon weil er später zu dieser Aussageform
auf einer höheren und ihm eigenen gestalterischen Ebene zurückfindet. Die frühen
Bildkäufe durch die avangardistisch ausgerichtete Zürcher Galerie Coray (Dadaisten u.a.) und die mäzenatische Unterstützung durch den Berliner Kunsthändler Paul
Cassirer ermöglichten Max Gubler die ersten Auslandsreisen(156), die stets auch zu
anregenden Kontakten mit Künstlern seiner Generation führten. Doch erst die z. T.
lang andauernden Aufenthalte auf der süditalienischen Insel Lipari zwischen 1923
bis 27 bringen ihm die notwendige Muse zur Entwicklung einer ganz eigenen, unverwechselbaren Bildsprache, auf Teils riesigen Leinwänden, von denen einige zu den
Hauptwerken seines gesamten Œuvres zu rechnen sind. Die Palette ist nun, wohl auch
unter dem Einfluss der lichten, südländischen Inselatmosphäre, ganz hell und luftig
geworden. In den Landschaften, insbesondere wenn Architektur mit einbezogen ist,
bleibt eine Bezugnahme auf das lyrisch-kubistische Kompositionsschema des von
ihm geschätzten Paul Cézanne (1839 Aix-en-Provence 1906) ersichtlich.
1928 kommt es erstmals zu einer schweren Depression mit Klinikaufenthalt, die ihm
in diesem Jahr kaum ein Arbeiten erlaubte. Er blieb nun vorläufig in Zürich (1928–
30), doch klingt die Lipari-Phase, sowohl stilistisch als auch thematisch einige Zeit
nach. Allmählich verliert sich aber die helle, leichte, lyrische Gestaltungsweise
zugunsten einer stärker und dichter werdenden Farbigkeit.
In seiner nun folgenden Pariser Zeit (1930–37) verstärkt sich diese Tendenz noch im
Zusammenhang mit einem spontaner und kräftiger werdenden Pinselduktus, mit einer
Erweiterung der Farbpalette und der formalen als auch koloristischen Verzahnung
von Vorder- und Hintergrund, von Nähe und Ferne. Auch wenn sich diese markanten
Verschiebungen in Richtung expressionistischer Ausdruck hier noch vornehmlich
am Interieur und Figurenbild manifestieren(157), werden sie nach seiner entgültigen
128
Kat.Nr. 61*
Max Gubler
Frühlingslandschaft im Limmattal
Um 1942
Öl/Lwd.; rücks. Atelierstempel u. Inv.Nr.:
Inventar Atelier Max Gubler UE 13 IX. 61 MR. R 446.
96 x 129 cm.
129
Rückkehr in die Schweiz (1937), besonders für seine mehr und mehr in den Mittelpunkt rückenden Landschaften, ganz entscheidende Charakteristika. Zentrum und
Ausgangspunkt der künstlerischen Aktivitäten wird hier nun bis zu seinem Schaffensende( 158) das eigene Atelierhaus, das sich die Gublers(159) noch im selben Jahr in
Unterengstringen kurz ausserhalb des nordwestlichen Zürcher Stadtgebietes bauen
liessen. Sein Standort auf dem Kamm des rechten Limmathochufers mit weitem Blick
gegen Süden über Fluss und ausgedehnte Talebenen bis zum Heisterberg und bis zu
den ersten massiven städtischen Baulichkeiten (Gaswerk Schlieren), wurde sicher mit
Bedacht gewählt. Es ist eine Position zwischen Stadt und Land, zwischen Geschäftigkeit und Ruhe, aber ebenso zwischen Nähe und jäher Ferne, zwischen Aufsicht
und Übersicht, die in bildgestalterischer Hinsicht für viele seiner Landschaften und
auch für unsere beiden Werke relevant geworden ist. Von hier aus waren Ausflüge
ins Limmattal oder entlang des Hochufers zum Zwecke der Motivbestimmung ohne
grossen Zeit- und Kraftaufwand zu bewältigen. Mit der Wahl des jeweiligen Landschaftsausschnittes bestimmt Gubler zugleich die Grundstruktur seiner Darstellung
mittels in der Natur vorgegebener und wohl hin und wieder von ihm hinzugefügter
vertikaler, horizontaler und diagonaler Elemente in Form von Baum und Bauwerk,
Ufer und Ackerstreifen, Wege, Bergrücken, Horizontlinie und Wolkenband. Das
Naturvorbild bleibt bei Gubler trotz aller ausdrucksträchtiger Abstraktionen und Stilisierungen identifizierbar deutlich zu erkennen, doch legen seine Landschaften nahe
– und nicht nur diese – sie jeweils auch zu interpretieren als ästhetisch-metaphorischer Ausdruck seiner eigenen und somit einer allgemein menschlichen Grundbefindlichkeit. Vielleicht ist trotz aller Tradiertheit der Thematik gerade dies ein wichtiger
Grund, warum er die Stimmungen bestimmter Wetterverhältnisse oder Tages- und
Jahreszeiten ganz explizit und expressiv zur Darstellung bringt. Besonders die
„Winter- und Frühlingslandschaften“ in unserer Ausstellung mit zwei beispielhaften
Exemplaren vertreten – sind neben den Nachtbildern besonders hervorzuheben. Da
unsere bei den Werke, wie so viele andere von der Hand Gublers, keine Signatur
aufweisen, ist es wichtig zu erwähnen, dass er sich fast stets über den Weg mehrerer
hintereinander schnell und spontan gemalter Bilder jenem Ideal annäherte, in dem das
durch Wahrnehmung evozierte Bild von der Landschaft mit dem der Darstellung in
Einklang stand. Signiert wurde von ihm nur die Fassung oder mehrere Fassungen und
Varianten desselben Motivs, in denen ihm die „gültigen Ausdrucksformen“ gelungen
schienen.
Kat.Nr. 60 Unser Frühlingsbild zeigt, mit geringem Standortwechsel’, in etwa denselben LandKat.Nr. 61 schaftsausschnitt am Limmatbogen bei Unterengstringen, wie jene „Winterlandschaft“
von 1942 der Max Gubler-Stiftung.(160) Hier wie dort Weg und Schleuse, Baumreihe
am Bachlauf, ein Stückchen Limmat (oben rechts mit Brücke) und Blick auf den Heisterberg. Nur dass in unserem Bild statt der strahlend hellbunten Schneeflächen, vielfältig abgestufte Grünfelder den Kontrapunkt zu den ausgreifenden, braun-violettlilafarbigen Baumotiven bilden. Nicht nur wegen der fehlenden Signatur handelt es sich
hier um eine unverkennbar nicht fertigstellte Fassung dieses Motivs. Ganz anders ist
in dieser Hinsicht unsere „Winterlandschaft“ zu bewerten. Sie macht durchaus einen
fertigen Eindruck, ja, sie kann, wie die ebenfalls nicht signierte „Winterlandschaft“
von 1952 der Max Gubler-Stiftung im Kunstmuseum Solothurn mit den Worten des
Gubler-Kenners Gotthard Jedlicka als „eine der schönsten Winterlandschaften“ dieses
Künstlers bezeichnet werden.(161)
130
Kat.Nr. 62*
Max Gubler
Winterlandschaft
Um 1946
Öl/Lwd.; rücks. Atelierstempel u. Inv .Nr.:
Inventar Atelier Max Gubler UE 13 IX. 61 MR. R 294.
114 x 145 cm.
Provenienz: Prof. Gotthard Jedlicka, Zürich.
131
Alois Carigiet
(1902 Truns/Gr. 1985)
Carigiet(162) fand seinen Weg zur Malerei in Öl auf Leinwand erst mit 37 Jahren (ab
1939), nachdem er bereits beachtliche Anerkennung als Graphiker, Plakatgestalter und
Bühnenbildner gefunden hatte (1923–39). Sicher kann diese späte Hinwendung zur
Ölmalerei, im Zusammenhang mit einer schon gefestigten Persönlichkeit, als eines
der wesentlichsten Kriterien dafür angesehen werden, dass er, wie kaum ein anderer
Maler der Moderne, bis zu seinem Lebensende ganz bestimmten Gestaltungsprinzipien ohne experimentelle Abweichung, aber auch ohne programmatischem Dogmatismus(163), treu geblieben ist. Für ihn war dieser Weg „keine Flucht“, sondern ein
„Durchbruch nach vorn“, ein Weg zu seinem „ureigenem Ich“(164).
Bei allen malerischen Werken Carigiets ist der graphische Duktus unverkennbar.
In Blei und/oder Kohle legte er das meist sperrige, kompositorische Gerüst seiner
Bilder fest, in das er dann die Farben, reich abgestuft oder in komplementärer Spannung zueinander, einsetzte. Kaum je sind Farben ohne trennende Linien unvermittelt nebeneinandergesetzt und selten fehlt ein festliches Rot. Thematisch bleibt er
stets im Bereich des Gegenständlichen, jedoch ohne jemals im naturalistischen Sinne
abzubilden oder bei den Personen eine porträthafte Kennzeichnung vorzunehmen.
Die zentralperspektivische Raumillusionierung sowie die natürliche Lokal- oder
Beleuchtungsfarbe der Gegenstände wird bei ihm weitgehend ausser Acht gelassen
zu Gunsten eines spannungsgeladenen Kompositionsgefüges, das der jeweiligen
Ausdrucksabsicht Carigiets entsprach. Flächige und lineare Elemente dominieren. Es
ist dies eine Gestaltungsweise, die auch die Werke der (französischen) Fauves und
der (deutschen) Expressionisten kennzeichnen, ohne dass damit eine Gleichsetzung
Carigiets mit jenen ungemein problematischeren und viel weiter in die Geschichte
zurückreichenden Bewegungen(165) vorgenommen werden soll.
Im Vergleich zwischen den bisher genannten allgemeinen Werkcharakteristika und
der vorliegenden Darstellung, kann festgestellt werden, dass an ihr in aller Klarheit
die spezifische Gestaltungsweise Carigiets zum Ausdruck kommt: Ganz am Gegenständlichen gebunden – Mädchen, Bäume, Ziegen, Zäune, Berge, Haus und Korb
– ist hier durch ein Netzwerk von Linien das asymmetrisch angelegte kompositorische Grundgerüst festgelegt. Unter Ausserachtlassung zentral- und luftperspektivischer Raumillusionierung, gliedern sie das gesamte Bildfeld in Flächen verschiedener
Grösse und Form. Zwar bildet die menschliche Figur sowohl in formaler als auch
in thematischer Hinsicht den zentralen Bildgegenstand, doch ist ihre Individualität
gänzlich negiert. Selbst den betont gestischen Motiven, wie des Greifens, Haltens
und Lesens, sowie der körperlichen Haltung des Stehens und Knieens, wird kaum ein
inhaltlicher Eigenwert zugestanden; sie sind fast nur Elemente der Bildkomposition.
Nicht naturalistische Wiedergabe ist hier das Anliegen Carigiets, sondern Einbindung der schon abstrakt zu nennenden Dinge in einen gegenstandsübergeordneten
Ausdrucksgehalt. Im gleichen Sinne wird mit der Farbe verfahren. Nicht Wiedergabe
des natürlichen Lokal-, Beleuchtungs- oder Gegenstandskolorits, sondern Wahl von
Farben, die dem jeweiligen Ausdrucksanliegen Carigiets entsprachen. In unserem
Bild kommt dies besonders deutlich zum Ausdruck: der in natura grüne Rasen ist in
strahlendem Rot wiedergegeben, für Carigiet, wie für so viele andere Künstler auch
– etwa bei Augusto Giacometti und Ferdinand Hodler – wohl die Farbe der Freude.
132
Kat.Nr. 63
Alois Carigiet
Obsternte im Baumgarten
1977
Kohle/Öl/Lwd.; r.u. monogr. u. dat.: A.C. 77.
100 x 80 cm.
133
Aimé Barraud
(1902 La Chaux-de-Fonds – Neuenburg 1954)
Die vier Brüder Charles, François, Aimé und Aurèle, als Söhne eines Uhrengraveurs
aus La Chaux-de-Fonds stammend, arbeiteten zunächst zum Broterwerb als Gipser,
Anstreicher oder Maurer, um nebenbei künstlerisch tätig sein zu können. Während
der Älteste, Charles, einer eher malerisch-Iuminaristischen Richtung verpflichtet
war, folgten die anderen drei ganz der Richtung der „Neuen Sachlichkeit“, wobei der
bestimmende François Barraud war.
Die „Neue Sachlichkeit“, war ein besonders in Deutschland gepflegter Stil, der sich
parallel zu dem allgemein formulierten Programm einer Reihe italienischer Künstler
entwickelte, die sich lose um die von Mario Broglio herausgegebene Zeitschrift
„Valori plastici“ am Ende des Ersten Weltkrieges zusammengefunden hatten. Er
entstand aus dem Protest gegen den das Emotionale bis zur Gefährdung der Form
überbetonenden Expressionismus.
Die Hauptvertreter dieser, in Frankreich von André Derain ausgehenden Stilrichtung,
waren u.a. Balthus, Jean Fautrier, Pierre Roy und Jean Hélion, in Deutschland wären
zu nennen: George Grosz, Otto Dix, Rudolf Schlichter, Christian Schad, Carl Hofer
und Georg Scholz, während aus der Schweiz Félix Vallotton, Nikolaus Stöcklin, die
drei Brüder Barraud aus La Chaux-de-Fonds mit François als führende Kraft, und
auch der frühe Alberto Giacometti dazuzurechnen wären. Viele von ihnen stehen, da es
noch keine einheitliche Abgrenzung des neusachlichen Stils in der Forschung gibt, an
den Grenzen zu anderen Stilrichtungen oder sie waren nur periodisch daran beteiligt.
Dieser Stil zeigt sich in einer undynamischen, nüchternen Formverfestigung und strebt
eine statische Gegenständlichkeit an, deren Dinghaftigkeit oft etwas Stillebenhaftes
an sich hat. Kennzeichnend sind intensiv beobachtete, puristisch streng, gleichsam
überscharf und nah und oft ungewöhnlich perspektivisch gezeichnete Gegenstände,
sowie ein statisch festgefügter Bildaufbau, der alles Dargestellte so fest bindet, dass
es wie regungslos starr und auch entfremdet erscheint. Die Klarheit des Bildaufbaus
ist mit Detailtreue verbunden und auf Fernwirkung berechnet.
Aimé Barraud, der Zweit jüngste aus der La Chaux-de-Fondschen Barraud-Familie,
lernte sein Handwerk in seiner Heimatstadt auf der Ecole d’Art appliqué. Es folgte
ein langjähriger Aufenthalt in Frankreich mit ausgedehnten Reisen durch Europa.
Hierbei wird er auch in Berührung mit der Kunst und den Künstlern der „Neuen Sachlichkeit“ gekommen sein, wobei er mehr die technischen Elemente dieser Gruppe
übernahm. Doch zeugt seine Malerei von der steten Auseinandersetzung mit den
Werken seines älteren Bruders François.
Das Bild „Häuser im Frühling“, im Œuvre von Aimé Barraud ein eher seltenes Sujet
Kat.Nr. 63 – Bildgegenstand ist bei ihm hauptsächlich Stilleben und Bildnis – stammt wohl
aus seiner frühen Pariser Zeit(166). Es zeigt in seinem Pinselduktus den Einfluss
von Cézanne, während in den streng umrissenen Formen und der klar aufgebauten
Komposition sich auch die Hinwendung zur technischen Raffinesse der „Neuen Sachlichkeit“ abzeichnet.
134
Kat.Nr. 64*
Aimé Barraud
Häuser im Frühling
Vor 1928
Öl/Lwd., doubliert; l.u. sign.: Aimé Barraud.
50 x 65 cm.
135
Aimé Barraud übernahm in keinem seiner Bildern das sozialkritische Element, das
die wichtigsten der oben genannten Künstler zu formulieren versuchten, indem sie
in scharfer, manchmal ans karikaturhaft-kritisch Grenzende, die gesellschaftlichen
Misstände ihrer Zeit anprangerten. Ihre Darstellungen von Fabriken mit Arbeitern
oder Strassen-, Wirtshaus- und Bordellszenen hatten allein die Funktion, die soziale
Situation der verschiedenen Gruppen zu verdeutlichen. Eine Auseinandersetzung mit
den malerischen Mitteln der Technik fand nicht statt.
Kat.Nr. 64 Aimé bleibt in seinen Darstellungen, meistens Stilleben, aber auch Porträts und Genre
in Landschaften, an der Oberfläche des Dekorativen und Gefälligen. Er setzt klare,
kräftige Farben nebeneinander, wobei er sie noch durch einen, dunklen oder ins Ocker
gehenden Hintergrund verstärkt.
In dem Bild „Les Roses“ lässt Barraud den in klarem Rot gemalten Rosenstrauch aus
einer Glasvase auf einem Fichtenbort scheinbar aus dem Bild herauswachsen, wobei
die Vase an der Grenze zum Umkippen verharrt. Hervorgerufen wird diese Spannung
durch die Verbindung zweier Effekte, der Auf- und Untersicht, d. h., der Vogel- und
Froschperspektive.
Kat.Nr. 65*
Aimé Barraud
„Les Roses“
Nach 1930
Öl/Lwd.; o.l. sign.: aimé barraud.
73,5 x 60,5 cm.
136
137
Walter Jonas
(1910 Oberursel – Zürich 1979)
Walter Jonas wurde am 27. März 1910 in Oberursel (Taunus) als mittleres von drei
Kindern geboren. Sein Vater entstammte einer freigeistigen jüdischen Familie, die
Mutter aus einem traditionell katholischen Milieu. Anfang 1911 übersiedelte die
Familie nach Baden (AG), wo der Vater, ein Ingenieur und Erfinder, die Leitung des
Patentamtes bei BBC übernahm. W. Jonas besuchte die Volks- und dann die Bezirksschule, anschliessend das Realgymnasium in Zürich, das er mit der Matura 1929
abschloss. Anschliessend ging er gegen den Widerstand der Familie, bes. des Vaters,
an die Reimannschule nach Berlin, eines der renommiertesten Kunstinstitute jener
Zeit. Hier arbeitete er u.a. bei einem so bekannten Lehrer wie Moritz Melzer (1877
Albendorf – Berlin ?), einem Mitglied der „Brücke“ und der „Novembergruppe“.
(167) Konflikte bei Ausschreitungen der Nazis veranlassten ihn Ende 1932 mit
Gleichgesinnten und -betroffenen nach Paris zu emigrieren, wo ihre Suche nach neuen
Ausdrucksformen mit neuen Impulsen angeregt wurde. Für Jonas ergaben sich hier
prägende Freundschaften, u.a. mit dem Bildhauer und Maler Otto Freundlich (1878
Stolp/P – Lublin 1943), den Malern Victor Brauner (1903 Piatra – Paris ?), Robert
Delaunay (1885 Paris 1941) und Albert Marquet (1875 Bordeaux – Paris 1947), den
Schriftstellern Antoine de Saint-Exupéry (1900–1944) und Manès Sperber (1905–?).
In seinen Bildern dieser Zeit finden sich die Einflüsse des Deutschen Expressionismus, der „Brücke“ und des Berliner „Dada“, aber er verarbeitet sie mit eigener
Prägung weiter. Dazu kommt noch der nachhaltig wirkende Kontakt mit den „Fauves“
und den grossen Malern der Epoche, wie Braque, Matisse, Picasso.
Während seiner Pariser Zeit unternahm er Reisen nach Südfrankreich, Korsika,
Kat.Nr. 65 Spanien und besonders Dalmatien. Unser Bild „Südliche Landschaft“ stammt von
einer dieser Reisen, wohl nach Korsika, und zeigt sehr eindringlich mit welcher
künstlerischer Sensibilität er die empfangenen Intentionen der einzelnen divergierenden Richtungen zu eigener Ausdruckskraft verarbeitet.
Die gestalterische Grundhaltung bei Jonas ist und bleibt, auch in der Folge seiner
künstlerischen Weiterentwicklung, der Expressionismus. Eine sich in Europa ab 1905
(bis ca. 1925) entwickelnde Kunstrichtung, mit sehr bildhaften Ausdruckssuggestionen, die sich meist in einer farb- und kontraststarken, scheinbar deformierenden, oft
chiffrehaften und ekstatischen Formensprache darstellen. Hierin trafen sich all jene
Künstler, die sich in erschütternden, aufwühlenden Bildern engagierten um gegen den
herrschenden Zeitgeist zu opponieren.
Ende 1935 kehrt W. Jonas in die Schweiz zurück, wird Bürger von Mellingen (AG),
und zur Zeit des Krieges auch zum Dienst eingezogen. 1942 heiratet er Maria-Rosa
Kemmler. Während der ganzen Zeit findet er keinen ihm angemessenen Platz in dem
hier vorherrschenden Kunsttrend, den sein Freund Dürrenmatt später treffend schildert: „Ein gewisser vaterländischer Stil war eingebrochen; … Daneben herrschte eine
uneingeschränkte Bewunderung für die französische Malerei bis und mit Cézanne.
Picasso war umstritten, Klee nur Kennern bekannt. In der Gewerbeschule der Stadt
Zürich begann Gubler zu herrschen; Erni wurde populär, ein schweizerisch gemildeter Picasso; und beim aufgeklärten Bürgerstand, bei den Ärzten etwa, hatte sich der
Genfer Maurice Barraud, ein genferisch gemildeter Matisse, eingenistet. Der Expressionist Jonas war ins Abseits geraten. „(168)
Das kaum vorhandene Existenzminimum zwang Jonas Zeichenunterricht am Zürcher
138
Kat.Nr. 66
Walter Jonas
Südliche Landschaft
Um 1932
Öl/Lwd. R. u. sign.: Jonas.
96 x 98 cm.
139
Gymnasium zu erteilen, was dank seinen Talenten und seinem feurigen Engagement
sehr erfolgreich verlief.
Ab 1943 beginnt er zu schreiben, und Bücher zu illustrieren. Er beschäftigt sich
intensiv mit Mythen, wovon besonders die 20 Kaltnadelradierungen über das Gilgamesch-Epos, eines der ältesten Epen der Weltliteratur, mit eigener textlicher Bearbeitung berede, künstlerische Zeugnisse sind.
Nach dem Kriege beginnt die Isolation nachzulassen und damit verbesserte sich
auch die materielle Situation langsam. 1947 kann er an der Biennale auf Einladung mit Erfolg ausstellen. Dez./Jan. 1950/51 erhielt er den Auftrag, einen französischen Schriftsteller, der auf seiner Hochzeitsreise als Buddhist in Indien geblieben
war, zurückzuholen. Er durchreiste den Subkontinent bis in die Vorberge des Himalaya. Krank, aber befreit und ungemein bereichert kehrt er in die Schweiz zurück.
Mit neuer Energie verarbeitet er die Eindrücke und Visionen von dieser Reise. Seine
Bilder reflektieren die innere Befreiung, die Erweiterung des Horizontes, die er dort
durch transzendentale Erfahrungen gemacht hatte.
Nebenbei gestaltete er für das Schweizer Fernsehen Sendereihen und Einzelsendungen über berühmte Maler und die Kunst unserer Zeit. Als scharfsinniger Kritiker
der Gesellschafts- und Kunstszene hält er aber Zeitlebens Distanz zu ihren Mechanismen und bewahrte sich seine Freiheit und Unabhängigkeit.
Ein erneuter Abschnitt in seinem künstlerischen Werdegang sind zwei weitere grosse
Reisen, die ihn 1958 und 1963 für mehrere Monate nach Brasilien führen. Die gnadenlose Unterwerfung der Natur durch materielle, technische Mittel wie sie ihm dort
vor Augen geführt wurde versucht er in expressiver Dramatisierung mittels Farben in
Kat.Nr. 66 seinen folgenden Bilder darzustellen. Im „Roten Berg“ sind noch Nachklänge dieser
Eindrücke verarbeitet.
Walter Jonas, der sich selber einen Pluralisten nennt, schreibt über sich: „…es
erscheint mir auch falsch eine einzelne Epoche meines Schaffens verabsolutieren
zu wollen. Das Essentielle; meines „Stils“, meiner Methode ist die Stillosigkeit, die
andauernde Revolution, das Dialektische meiner Entwicklung“. Für ihn ist der künstlerische Prozess der Weg vom Chaos zum Kosmos. Er versucht, eine Farb- und Formsprache zu schaffen, die Ausdruck unseres Seins ist. „Der Künstler muss sich mit aller
Intensität des Herzens dem Chaos hingeben“.
Hier beginnt auch seine architektonische Auseinandersetzung mit dem Schicksal des
Menschen, der im „Chaos“ der modernen Städte seine Lebensform finden muss. Seine
Vorstellung der „Intrapolis“ (Trichterstadt), ist der Versuch aus scheinbarem Chaos
einen Kosmos zu schaffen. Aus dieser Auseinandersetzung sucht Jonas die Grundzüge
des heutigen Menschenbildes herauszuschälen und ihm eine neue, humane Lebensform zu schaffen. So will er dem Elend der Bewohner dieser „chaotischen“ Städte
eine umfassende, menschlicher Würde angemessene, auch ökologisch sehr sinnvolle
Ordnung entgegensetzen, die, von der zentralen italienischen Piazza ausgehend, doch
noch Individualität und Introversionen ermöglicht. Er bringt das Konzept auf einen
Nenner: Uniformität im Grossen, Variabilität im Kleinen. Fortschrittlich und zukunftweisend ist die Idee, bes. auch wegen der klaren Trennung der Verkehrsebenen von
der Wohnebene. Trotz weltweiter Anerkennung, besonders in Deutschland, Frankreich und Japan führte sie bis heute noch nicht zu einer Realisierung.
Wer aber in allen Sparten seines Schaffens eindringen will, muss sein immenses
Schrifttum, das noch grösstenteils unverarbeitet in der Zentralbibliothek von Zürich
liegt, miteinbeziehen um sein Werk richtig erfassen und würdigen zu können. Er
wird, wie Alfred A. Häsler es ausdrückt, einen „faustischen Zeitgenossen“ finden und
140
Kat.Nr. 67
Walter Jonas
Roter Berg
1970
Öl/Lwd.; r.u. sign. u. dat.: Jonas 70.
65 x 85 cm.
Ausstellung: Kunsthaus Zürich, 1980.
Literatur: Schmid, H.E.(Hrg.): Walter Jonas Maler Denker Urbanist,
Zürich 1980, S. 97.
141
erkennen, dass das qualitativ hochstehende Œuvre von Jonas trotz seiner Vielfältigkeit eine seltene Einheitlichkeit und Geschlossenheit aufweist.
In den 70er Jahren zog er sich mehr und mehr in die „innere Emigration“ zurück. Da
viele Kritiker und Kunstleute dieses Abseitsstehen, das zusätzlich auch noch krankheitsbedingt war, mit Unverständnis und Unduldsamkeit quittierten, war er einfach
„kein Thema“ mehr. Dass ein Einzelmensch ein derart pluralistisches Werk schaffen
konnte, wurde ihm als Oberflächlichkeit ausgelegt.
Kat.Nr. 67 Würde man die Selbstbetrachtung eines Künstlers im Selbstbildnis als Ausdruck
einer gestörten Beziehung des Ichs zur Welt, des Einzelnen zu seinen Mitmenschen,
interpretieren, so läge die Ursache dieser Störung sicherlich nicht einseitig hier bei
unserem Künstler. Sie ist zumindest wechselseitig, wenn nicht sogar hauptsächlich
durch die Gesellschaft bedingt, und in der Selbstbeschäftigung reagiert das Ich auf
seine Verstossung. So zeigt sich uns Walter Jonas in seinen Selbstbildnissen in steter
Auseinandersetzung mit diesem Problem.(169) Unser Aquarell „Selbstbildnis mit
Mädchen“ ist ein signifikantes Beispiel hierfür. Hier zeigt sich seine Meisterschaft
der sicheren Strichführung und gekonnten Farbsetzung;denn besonders in Aquarellen
lässt sich die malerische Qualität eines Künstlers erfassen, in diesem Medium ist der
Malvorgang unkorrigierbar und die Beherrschung des Malerischen, das Form- und
Farbgefühl wird augenfällig dokumentiert. Wir sehen Jonas, zusammengesunken
mit Pinsel und Palette vor der imaginären Staffelei, sich im Spiegel betrachtend, mit
einem Kind, das engelgleich in der Aura seines hellen Kleidchens und blonden Haarschopfes neben ihm steht. Mit wenigen Strichen und Pinselzügen, fast nur aus der
Farbe heraus, zeigt er unbewusst, fast hellseherisch, seinen seelischen Zustand auf –
eine Vorahnung seines nahenden Endes.
Ein hartnäckiges Leiden seit Indien, mit zunehmenden Schmerzen, liess seine Lebenskraft immer mehr verlöschen. Walter Jonas starb am 12. Juni 1979 in Zürich.
Kat.Nr. 68*
Walter Jonas
Selbstbildnis mit Mädchen
Um 1978
Aquarell über Bleistift auf Papier; r.u. sign.: Jonas.
39,5 x 50,5 cm.
142
143
Peter Robert Berry
(1912 St. Moritz – Samedan 1983)
Bereits im Hause des Grossvaters P. R. Berry, Kurarzt in St. Moritz, spielte die
Malerei stets eine grosse Rolle, zumal er selbst gerne in diese Richtung studiert hätte.
Doch erst der Vater P. R. Berri (1864 St. Moritz – Samedan 1942) entschloss sich,
wenn auch zögernd und relativ spät, nach Ausbildung und jahrelanger Berufstätigkeit
als Arzt, ein akademisches Malstudium aufzunehmen und auch konsequent in den
grossen Kunstzentren, Paris und München, zwischen 1900 und 1904 durchzuführen.
Den entscheidenden Anstoss zu diesem Weg hat ihm sein inzwischen verstorbener
Freund Giovanni Segantini (1858 Arco – Pontresina 1899) gegeben, mit dessen divisionistischer Gestaltungsweise er sich auch weiterhin auseinandersetzte. Wichtiger für
unseren Zusammenhang hingegen ist jedoch der ebenfalls gegebene Einfluss Hodlers,
insbesondere auf die Kompositionsstruktur, weil dieser Einfluss an den hier zu besprechenden Sohn gleichen Namens, Peter Robert Berry weitervermittelt wurde. Anders
als sein Vater, hat er, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, den erlernten Beruf des
Arztes nie aufgegeben, obwohl er durch den Vater schon sehr früh eine anhaltend
positive Beziehung zum künstlerischen Gestalten in Form von Malen und Zeichnen
entwickelte. D.h., als Kurarzt in St. Moritz konnte er nur zwischen den sommerlichen
und winterlichen Saisonzeiten zum Pinsel greifen. Nach den gewünschten Motiven
brauchte er nicht lange Ausschau zu halten. Er fand sie in der näheren und weiteren
Umgebung von St. Moritz. Zumeist waren es Berg- und Hochgebirgslandschaften
zu den verschiedenen Jahreszeiten. Die Winterlandschaften gilt es dabei besonders
hervorzuheben, weil in ihnen, wie in unserem „St. Moritzsee im Winter“, die an
seinen Vater und an Hodler gemahnende Kompositionsstruktur auf Grund der starken
graphischen Betonung der dunkel aus den Schneefeldern herausragenden Felsgrate,
Bergkuppen und Waldflächen besonders gut zum Ausdruck kommt. Andere Winterbilder hingegen, wie der hier gezeigte „Schneepflug in St. Moritz“ lassen in dieser
Hinsicht an den 10 Jahre älteren, in der Schweiz ausserordentlich populär gewordenen Alois Carigiet (1902 Trun 1985) denken, von dem er sicher einige Werke zu
Gesicht bekommen hatte. Letzteres ist zugleich ein stimmungsvolles Beispiel für die
Fähigkeit Berry’s, dynamische, mit der Landschaft verbundene Arbeitsdarstellungen
wirkungsträchtig ins Bild zu setzen. Dass dabei, wie bei seinem Vater, das Pferdemotiv oftmals eine wichtige Rolle spielt, zeigt seine besondere Beziehung zu diesen
Tieren (siehe desgleichen die Arbeit ausser Kat.: „Holzfäller bei der Arbeit“). Soweit
uns bekannt ist, besass er selbst ein Pferd, mit dem er gerne Ausflüge unternahm.
Seit den 50er Jahren setzte Berry sich malerisch auch mit der flachen Landschaft
auseinander, indem er hin und wieder seine Ferienaufenthalte in die Niederlande
verlegte. Die ausser Katalog gezeigten skizzenartigen Bilder vom Rotterdamer Hafen
und von den in der Nähe gelegenen Küstenbereiche sind hierfür Beleg.
Damals begann Berry sich eine zügige, teilweise als dynamisch zu bezeichnende
Malweise anzueignen. Er arbeitete mit locker gesetzten pastosen Pinseltupfern und
Pinselstrichen auf Malunterlagen (Malkarton oder Leinwand) von kleinen Formaten.
Erst später werden die Farben zumeist wieder dünner aufgetragen, so dass die Leinwandstruktur die ästhetische Erscheinungsweise der Bilder mitbestimmt.
Kat.Nr. 68 Als ausgesprochener Landschaftsmaler hat sich Berry nur sehr selten dem Stilleben
gewidmet. Wohl unter dem unmittelbaren Eindruck von im Museum gesehener Bilder
während eines Parisbesuches ist das hier gezeigte Werk entstanden. Auch an ihm
144
Kat.Nr. 69
Peter Robert Berry
Stilleben mit Austern und Zitronen
1952
Öl/Lwd.; r.u. sign. u. dat.: Paris 1952 P. R. Berry.
20 x 40 cm.
145
zeigen sich die spezifischen Merkmale der Berryschen Gestaltungsweise: Einfaches
Motiv, wenige in Erscheinung tretende Farben, schnell und locker gesetzte Pinselstriche in der Manier der Impressionisten.’
Das Motiv als solches, mit Austern, angeschnittener und ganzer Zitrone, ist spätestens
seit den Holländern des 17. Jahrhundert in der europäischen Malerei populär. Lange
Zeit, und gelegentlich wohl auch heute noch, wurde es in symbolischer oder allegorischer Bedeutung verwendet, entweder im Rahmen von Vanitasdarstellungen oder von
Allegorien des Geschmacks.
Kat.Nr. 69 Das Bild „Schneepflug in St. Moritz“ dürfte wohl eines der eindrucksvollsten Landschaftsbilder mit einer Arbeitsdarstellung von Berry sein. Die dunklen, durch dünne
geschwungene Pinselstriche in Unruhe versetzten Pferdeleiber führen mit geballter
Kraft die Dynamik der Diagonalbewegung des Schneepfluges fort und deuten doch
zur gleichen Zeit, unterstützt durch die senkrecht in den Schnee gesteckten Pfähle
entlang des Weges, einen Richtungsumschwung an. Auch die unruhige Pinselführung
mit mehrfacher Richtungsänderung ist an dieser Dynamisierung entscheidend beteiligt. Sehr schön lässt sich an diesem Bild aufzeigen, dass für Maler ganz allgemein –
man beachte die anderen Schneebilder dieser Ausstellung: Amiet, Giacometti, Gubler
und so auch für Berry, Schnee nicht gleich Weiss bedeutet. Durch unterschiedlich
kräftige Beimischung, insbesondere von Rot und Blau, versteht er es, die Schneeflächen durch eine differenzierte Koloristik aufzulockern.
Kat.Nr. 70*
Peter Robert Berry
Schneepflug in St. Moritz
1976
Öl/Lwd.; r.u. sign. u. dat.: P. R. Berry 76.
50,5 x 69,5 cm.
146
147
Kat.Nr. 70 Diese beeindruckende Aussicht, die sich von St. Moritz (etwa auf der Höhe des
Palace-Hotels) aus mit Blick über den St. Moritzsee gegen Osten auf die LanguardGruppe bietet, hatte bereits der Vater mit einem etwas erweitertem Panorama und
zur Sommerzeit als Motiv gewählt (Siehe Kat.Nr. 41). Der Blick auf unserem Bild
reicht, von links nach rechts, vom Piz Utèr (2971 m) über die hier in ihrer Dreigipfligkeit nicht zu erkennenden Las Sours (3008 m), dem Massiv des Piz Muragl (3157 m)
bis zum spitz aufragenden Piz Languard (3261 m). Auch hier wieder die typische
Handschrift von Berry: Einfache, monumental zu nennende’ Bildstruktur, die an
späte Bilder von Hodler erinnern, in der horizontal gelagerten Abfolge von glatter
Seefläche, dunkel kleinteiliger Waldbereich, schlieriger Hochgebirgszone, in der die
dunkel gehaltenen Felsgrate und Bergkuppen aus den farblich zerrissenen Schneeflächen herausragen, sowie ruhiger Himmelsbereich. Die Pinselführung ist in dieser
späten Schaffensphase jedoch ruhiger geworden. Blaue, weisse und braune Farbtöne
herrschen vor unter ausserordentlich starker Mitsprache der gelb-braunen Leinwandstruktur. Nur an wenigen Stellen sorgen Rotbeimischungen für dezente Akzentuierungen.
Kat.Nr. 71
Peter Robert Berry
St. Moritzersee mit Piz Languard-Gruppe
1978
Öl/Lwd.; r.u. sign. u. dat.: P. R. Berry 78.
70 x 50 cm.
148
149
Anmerkungen
1Zur damaligen Zeit war die Suche nach „verborgenen Schätzen“, gerade bei den verarmten
Schichten, ein aus Verzweiflung immer häufiger angewendeter illusionärer Versuch, aus ihrer Situation herauszukommen, wobei der „hl. Christopherus“ um Hilfe angerufen wurde. Von Kirche und
profanen Gerichten wurde deswegen auch, wie in unserem Falle, exemplarisch hart bestraft.
2 Raeber, W.: a.a.O., S. 54.
3 Raeber, W.: a.a.O., S. 57, 58.
4 Raeber, W.: Zit. nach Füesslin, a.a.O., S. 57.
5 Die Gemälde hatten ein einheitliches Format von: 54 x 82/76 cm; 81 davon haben sich erhalten.
6 Raeber, W.: a.a.O., S. 65.
7 Abgeb. bei Raeber, a.a.O, S. 270, Abb. Nr. 302; S. 95. Abb. 48: Aquatinta von Ch. M. Descourtis
aus: Vue Remarquables, Amsterdam 1785.
8 Sie ragt ca. 12 m hoch aus dem See und ist eine Riffortsetzung des Ottenfels.
9 Die Burg wurde 1308 von den Schwyzern zerstört, da die Edlen von Schwanau vom althochdeutschen „swentan“ = „durch Feuer urbar machen“) ihr Raubritterunwesen zu weit getrieben hatten.
Die Kapelle wurde durch den Bergsturz von Goldau 1806 zerstört.
10 Ebenso diese Kirche ist 1806 bei dem grossen Bergsturz von Goldau zerstört worden.
11 Abgeb. bei Raeber, a.a.O, S. 280/281, Nr. 329, mit Abb.
12 Kantonale Kunstsammlung Aarau, Inv.Nr. 1948.281; abgeb. bei Raeber, a.a.O, S. 280, Nr. 328, m. Abb.
13 Siehe: Geographisches Lexikon der Schweiz, Neuenburg 1904, Bd. II, S. 244ff.
14 Nach den noch vorhandenen Werken zu schliessen, bei Raeber publiziert, wird Wolf die Gegend
um Leukerbad sicherlich intensiv begangen haben.
15 Bis heute ist von einer sonstigen Ausbildung nichts bekannt geworden. Möglicherweise hat sie
gerade diesem Umstand die relativ ungezwungene Entwicklung ihres vom Vater erkannten und
geförderten Frühtalentes zu danken, da sie keinem sich überlegen fühlenden Lehrmeister ausgesetzt war.
16 Chur (Geburt, Marbegno im Veltlin (1742–52; erste Porträts in Pastell), Corno 1752 u.a. Porträt
des Bischofs in Pastell) und Mailand, wo A. Kauffmann sich erstmals auf dem Gebiet des Porträtierens einen gewissen Namen erringen konnte, waren die Stationen bis 1757. In Mailand lernte sie
sicherlich auch die Pastellgemälde von Rosalba Carriera (1675 Venedig 1757) kennen.
17 Siehe: Tersio, Pignatti: Angelica Kauffmann und Venedig, in Vorarlberger Landesmus. Bregenz
Kat.: Angelica Kauffmann und ihre Zeitgenossen, Bregenz 1968, S. 1.
18 Ausmalung der Pfarrkirche; Angelica freskiert die Wand mit 12 Aposteln.
19 Welche Achtung ihr entgegengebracht wurde, zeigt der aussergewöhnliche Besuch der Königinmutter in ihrem Atelier ebenso wie ihre Berufung in den Kreis der 36 Gründungsmitglieder der
„Royal Academy of Arts“ 1768.
20 Siehe: „Offrante à Venus“ von J. M.Vien (1716 Montpellier – Paris 1809): Zwei Frauen bringen der
Venus auf einem Altar zwei Tauben dar. Im Stich abgeb. in Kat.: Diderot l’art de Boucher à David,
Paris 1984/85, Nr. 120, 145.
21 Wir beziehen uns hierbei auf Scheller, Bern 1990, S. 12.
22 Es handelt sich hierbei um die 1778 erschienene Publikation von Christian Mechel „Galerie électoral de Dusseldorff“ mit 365 Gemäldekopien in kleinem Format; siehe: Scheller, Bern 1990, S. 42.
23 1777 wurde Dunker das Kantonsbürgerrecht verliehen.
24 Brun, C.: Schweiz. Künstlerlexikon, Bd. I, S. 398.
25 Wir befinden uns auf einer antiken Gräberstrasse mit Totenhaus und Sockelaufbau für eine Statue.
Darauf verweist am eindeutigsten der Gedenkstein eines sterbenden Kriegers in der Ecke links
unten, aber auch die Girlanden-geschmückte Urne auf dem Haupt des Mannes, sowie die Rückenfigur, die sich auf dem Weg befindet, die letzte Ruhestätte verstorbener Angehörigen zu schmücken.
Es ist durchaus legitim, aus diesem Werk eine Art Vanitas-Symbolik herauszulesen, die dem ikonologisch versierten Dunker durchaus geläufig gewesen ist und auch in anderen Werken anklingt.
150
26 Catalogue manuscrit des œuvres de P.-L. De La Rive, Collection Musée d’art et d’histoire, Genève:
1794, Le 23 avril, g, Terminé un Tableau de 2 pieds 1 pouce sur 1–6. chemin qui passe sous des
noyers, dessiné derrière Monetier ce Tableau est une repetition d’un plus petit, notte f dans l’année
1792. j’y ai ajouté des femmes et un homme causant avec deux Soldats sur le Chemin et quelques
animaux dans l’eau sur le devant. 7 g assé biens peint feme de tons et d’effet. Je lai vendu le 25 mai
1794 a M. Tronchin pour 20 Louis.
27 Freundlicher Hinweis von Mme A. de Herdt, Musée d’art et d’histoire Genf.
28 Siehe: Anm. 26.
29 Genf, Musée d’art et d’histoire, Abgeb. in: Weber, B.: Die Alpen in der Malerei, Rosenheim 1981,
Abb. 68.
30 De La Rive, P.-L.: Catalogue des mes Tableaux avec leurs destinations autant que j’ai pu les
apprendre, 1779–1816. Liste der gemalten Bilder von De La Rive mit ihrer Beschreibung, Massen,
Daten, Verkaufspreisen und Namen der Käufer. Heute in der Sammlung des Musée d’art et
d’histoire, Genf. Septembre le 4.C.1812. Terminé un Tableau de 3 pieds 6 pouces sur 2 pieds
10 pouces. Vue prise Sur le Torrent de Ste … Remise a Mr. Divet en 1815. Für ihre Hinweise
und Unterstützung dazu möchten wir uns bei Fr. Dr. Anne de Herdt und Fr. Dr. René Loche ganz
herzlich bedanken.
31 Catalogue raisonné du Cabinet de feu Monsieur François Tronchin des Délices, ancien Conseiller
d’Etat de la République de Genève. Fait par lui-même, Genève, 1798, S. 153. Catalogue de la Vent
Tronchin à Paris, le 2 Germinal an IX (23. Mai 1801)…, Nr. 99. Loche, Renée in Kat.: De Genève
a l’Ermitage. Les collections de François Tronchin, Genève 1974, S. 172, Nr. 336. Freundlicher
Hinweis von Mme R. Loche, (Brief vom 13. Jan. 1986).
32 Brun, C.: Bd. 1, S. 137.
33 Kat.: Deutsche Landschaftszeichnungen des 18. Jhs., Stuttgart 1985, S. 14; und siehe: Abb. S. 96;
diese fast identische Zeichnung von Nahl lässt auf eine Fortführung ihrer in Rom geknüpften
Beziehung schliessen. Die Identität der beiden Zeichnungen geht (bis zu den Figurenstaffagen)
immerhin soweit, dass sie zur Annahme berechtigt, der eine habe entweder die Zeichnung des
anderen als Vorlage benutzt oder beide fertigten zur gleichen Zeit eine Skizze an Ort und Stelle.
34 Brun, C.: Bd. 1, S. 137.
35 Die Blätter stammen aus einer Serie, wohl gedacht für eine Edition mit Darstellungen populärer
Besuchs- und Ferienorte am Lago Maggiore und Lago di Corno, sowie weiterer tessiner und oberitalinischer Sehenswürdigkeiten.
36 Es handelt sich hierbei um eine Statue des in Arona geborenen Hl. Carlo Borromeo, wohl das
berühmteste Mitglied dieser Familie, von 21 m Grösse auf einem 11 m hohem Sockel, errichtet
1614–1687.
37 Von dieser Festung aus, auch „Rocca d’Arona“, beherrschte das Geschlecht der Borromeo von
1439–1797 die Stadt Angera und ihre Umgebung.
38 Erst seit 1978 der Öffentlichkeit zugänglich.
39 Heute ist er ein Botanischer Garten.
40 Abb. in Kat.: Die Alpen in der Schweizer Malerei, Chur 1977, S. 104, 105.
41 Im Musée des Beaux-Arts von Neuchâtel existiert eine kleine Version derselben Ansicht, möglicher­
weise ein Vorentwurf zu unserem Gemälde. Die Malweise ist nicht so sorgfältig ausgeführt, ebenso
fehlt die Staffagegruppe im Vordergrund.
42 Von einem ganz ähnlichen Standpunkt malte Wolfgang-Adam Töpffer (Genf 17661847) sein Bild
„Blick auf den oberen Genfer See“, abgeb. in: Zelger, Franz: Schweizer Maler des 18. und 19. Jhs,
Stiftung Oskar Reinhard Winterthur, Zürich 1982, Bd. I, S. 349.
43 Ähnliche Bildentrées wie bei Pourtalès finden sich auch bei seinem ehemaligen Lehrmeister Maximilian de Meuron, z. B. in: Vue de l’île Saint-Pierre, von 1825, abgeb. in: Kat. Musée des BeauxArts: Maximilian de Meuron et les peintres de la Suisse Romantique, Neuchâtel 1984, S. 23.
44 Siehe: Kat. Landschaft und Staffage – ihre Beziehung im Wandel der Zeit, Zürich 1986, S. 105 f.
45 Vergl. u.a.: Kunstmuseum Olten, Invnr: 1922. B 207; 1939.4824.
46 Vergl. Blick vom Hauenstein auf die Alpen der Zentralschweiz vom Tödi bis zum Titlis, abgeb. in:
Hugger, Paul: Der Jura. Aquarelle und Stiche des 18. u. 19. Jhs., Neuchâtel 1980, Abb. S. 27.
47 Es war ein Auftrag des Kunsthändlers M.Van der Donckt aus Brüssel, der Nachfolger des Kunst-
151
händlers M. Godecharles, Rambert, E.: Alexandre Calame, Sa vie et son œuvre, Paris 1884, S. 547,
Nr. 203.
48 Eigentlich eine Fichte (Picea excelsa). Siehe: Meyers Grosses Konversationslexikon, Leipzig/
Wien 1905, Bd. VI, S. 536–538.
49 Für König Wilhelm IV. von Preussen soll er eine Folge von italienischen Landschaften für das
Marmorpalais in Potsdam gemalt haben; siehe: Thieme-Becker, Bd. XII, S. 439/440.
50 Siehe auch: Nemi-See mit Blick über die Pontinische Ebene (Agro Pontino) auf den Monte Circeo
(541 m) von J. R. Cozens (London 1752 – Smithfield 1797), gegen 1790, Amsterdam Rijksprentenkabinet, abgeb. in: Leeuw, R. de: Herinneringen aan Italië, Zwolle 1984, S. 213. – Nemi-See
mit Blick gegen Süd von C. Rottmann in: Bierhaus Rödiger, Erika: Carl Rottmann, München
1978, Nr. 173,218,219. – Nemi-See mit Palazzo Ruspoli und Genzano von E. Fries in Kat.: Ernst
Fries, Heidelberg o.J., Nr. 56. – „Ansicht über die Pontinien mit Monte circello (Circeo) von der
Höhe des Monte Cavo gesehen“ von Leo v. Klenze, abgeb. in Kat.: Leo von Klenze als Maler und
Zeichner, München 1977, Akad. d. Schönen Künste, S. 101, Nr. Z 29.
51 In: Brun, C.: Schweizer Künstler-Lexikon, Nendeln 1982 (Nachdruck, Bd. I, S. 492.
52 Beginnend mit dem mit einer Medaille ausgezeichneten Werk „Assemblee des protestants surpris
par des troupes catholiques“ (1842).
53 Siehe den gleichen Ausblick: „Brienz und Brienzer-See“ (1769) von Joh. Ludwig Aberli (1723
Winterthur – Bern 1786), in: Malerische Reise durch die schöne alte Schweiz 1750–1850, Zürich
1982, S. 86.
54 In: Brun, C.: Schweizerisches Künstler-Lexikon, Nendeln (Nachdruck), S. 179.
55 Heute in: SMPK, Berlin (West); abgeb. in: Bestandskat.: 19. Jh., Nationalgal. Berlin, 1977, Bd. I,
S. 299.
56 Vgl.: Joh. D. Passavent (Frankurt/Main 1787–1861), Jesus und die Sameriterin, Abgeb. in: Kat.
SMPK, a.a.O., S. 301; W. Fr. von Olivier (Dessau 1791–1859), gleiches Thema, abgeb. in: Kat.
Kunstmuseum Düsseldorf, 1981, Bd. I, Abb. Nr. 139.
57 Diese Richtung fand allerdings nur wenig Verbreitung und ist erst 1985 durch eine umfassende
Ausstellung gewürdigt worden. Siehe: Kat. Kunstmuseum Luzern: Ich male für fromme Gemüter,
Luzern 1985.
58 26. Dezember 1884, zit. nach Hugelshofer, Walter: Robert Zünd, Zürich 1943.
59 Laut Briefwechsel aus den Jahren 1883/84 handelt es sich dabei um die Gemälde „Eichenwald“
und „Kornfeld mit Eichen“, vergl. auch Anm. 8.
60 Keller, Gottfried: Ein bescheidenes Kunstreischen, in: Neue Zürcher Zeitung, 23 März 1882,
wieder abgedruckt in: Sämtliche Werke, hrsg. von Fränkel, J. und Helbing, C., Bd. 22, Bern 1948.
61 Isler-Hungerbühler, Ursula: „Die ideale Reallandschaft“, Ausst. Robert Zünd im Kunstmuseum
Luzern, in: Neue Zürcher Zeitung, 8. April 1959, Nr. 1049.
62 Brief vom 5. August 1883.
63 In einem Brief an seinem Freund, den Maler Rudolf Koller, vom 25. November 1855.
64 Ein Protokoll über die Verhandlungen des Schweizerischen Kunstvereins von 1860 nennt Zünds
„Ernte“ (klassisch, d. h. von bleibendem Wert).
65 abgeb. in: Kat. Kunstmuseum Luzern: Robert Zünd in seiner Zeit, Luzern 1978, S. 194, Nr. 12.
66 abgeb. in: Kat. Kunstmuseum Luzern: Robert Zünd in seiner Zeit, Luzern 1978, S. 195, Nr. 13.
67 Hugelshofer, Walter: Schweizer Künstler, 1943, S. 12.
68 Vor allem zu erwähnen ist die grosse Komposition „La Dispute religieuse de Lausanne en 1836“,
die von der Regierung des Kanton Vaud 1853 in Auftrag gegeben wurde und an der Bocion vier
Jahre lang arbeitete (Musée Arlaud, Lausanne).
69 Reymondin, Michel: Catalogue raisonné de Fr. Bocion, Wormer/NL 1989, Nr. 343. Dort auch eine
fast identische Skizze mit Abb. als Kat.Nr. 342.
70 Aubert-Lecoultre, Beatrice: Fr. Bocion 1828–1890, étude biographique et essay d’analyse stilistique, memoire de lissence Univer. Lausanne 1975, Ms.
71 Koller selbst um 1863: „Ich habe geübt und gehalten was ich aus Brascassats eigenem Munde
gehört: Er hat die Tiere, die er malte, gekauft, gefüttert und studiert.“ Zit. nach: Fischer: Zürich
1951, S. 36. Koller besass ab 1862 Pferde, Kühe, Schafe, Ziege, Federvieh und einen Hund.
72 Koller litt an einer erblich bedingten Kurzsichtigkeit mit einer Degeneration des Gelben Flecks
(der Stelle des schärfsten Sehens im Auge). Allerdings ist „das Empfinden für (farbliche) Tonwerte
152
von dieser Krankheit gar nicht berührt worden und auch der Farbsinn hat seine Differenzierungsfähigkeit erst langsam und nie ganz verloren“. Zit. nach Fischer: Zürich 1951, S. 48.
73 Stiftung Oskar Reinhart, Winterthur, Kat.: Nr. 94 und Privatbesitz.
74 Berner Kunstmuseum, Kat.: Albert Anker, Bern 1962, Nr. 35.
75 Der (positive) Ausspruch Ankers soll vor einem Werk Courbets 1863 gemacht worden sein; abgedruckt in: Berner Kunstmuseum, Bern 1962, S. 18, Anm. 7.
76 1869 sind 17 hochrangige Werke Chardins in den Besitz des Louvre übergegangen Sammlung
(La Caze) und somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Man kann davon ausgehen,
dass auch Anker sie schon früh zu Gesicht bekam.
77 Huggler, Max in: Berner Kunstmuseum: Albert Anker, Bern 1962, S. 15.
78 Kunstmuseum Bern, Kat.: Albert Anker, Bern 1962, Nr 328, Nr. 216.
79 In anderen Werken auch in Grün und/oder Rot.
80 Siehe etwa die Katalognummern 216–219 in (Mädchen mit Katze bzw. mit Katzen) und 328–333
(lesender Alter Mann), in: Berner Kunstmuseum: Albert Anker, Bern 1962.
81 abgebildet in: Davatz, Jürg: Severin Benz, Näfels 1985, S. 87, Nr. 68.
82 „Ostschweiz“, 12. Mai 1875.
83 abgebildet in: Davatz, Jürg: Severin Benz, Näfels 1985, S. 38/39, Nr. 25.
84 abgebildet in: Davatz, Jürg, Severin Benz, Näfels, S. 70, Nr. 51.
85 Heute im Kunsthaus Glarus.
86 Ritter W.: Edmond de Pury, Essai Biographique et Critique, Genf 1913, S. 96.
87 Musée de Neuchâtel.
88 abgeb. bei Ritter: a.a.O., Anm. 1, S. 51,77.
89 Lehre bei dem „Ansichts-Maler“ Ferdinand Sommer (1822 Sachsen-Coburg – Luzern 1895) ab
1867, der in Thun fabrikationsmässig See- und Alpenlandschaften als Reisesouvenirs für die
Touristen malte. Ab 1870 selbständiger“ Veduten-Maler“.
90 1. Preis im „Coneours Calame“ mit der Landschaft „Waldinneres bei Frontenix mit Reh“.
91 Die 1. Fassung, für die er den ersten Preis von der Genfer „Société des Arts“ erhielt nur im Foto
erhalten. Eine 2. veränderte Fassung von 1877/78 im Kunsthaus Zürich.
92 Beide Werke sind, wenn auch in veränderten und verkleinerten Fassungen, im Kunsthaus Zürich
zu sehen.
93 Die Abhandlung „Über die Kunst“, die durch den gegen 1908 geschriebenen Abschnitt „Der
Parallelismus“ ergänzt wurde, geht auf einen Vortrag zurück, den Hodler 1897 in der Société des
Amis des Beaux Arts in Freiburg gehalten hat. Abgedr. in Zürcher Kunsthaus Kat.: Ferdinand
Hodler, Zürich 1983, S. 13 ff. Im folgenden beziehen wir uns auf diesen Text von Hodler.
94 a.a.O., Anm. 4, S. 17.
95 a.a.O., Anm. 4, S. 19.
96 Befindet sich im Kunstmuseum Solothurn; Abb. in Kunsthaus Zürich Kat.: F. Hodler, Zürich
1983, Kat.Nr. 15.
97 Aufbewahrt im Musée des Beaux Arts in Neuchâtel; Abb. in: S.I.K. Kat.: Ferd. Hodler, Zürich
1987, Abb. 30.
98 Befindet sich in der Genfer Société des Arts; Abb. in Kunsthaus Zürich Kat.: F.H., Zürich 1983,
Nr. 65.
99 Die Abhandlung „Der Parallelismus“ verfasste Hodler um 1908 und wurde seinen zusammenfassenden theoretischen Äusserungen „Über die Kunst“ hinzugefügt. Abgedr. in Kat.: Ferdinand
Hodler, Zürich 1983, S. 13 ff.
100 Hirsch, Sharon, L.: F. Hodler, München 1981, S. 78, Abb. 10.
101 So etwa in: „Zwiegespräch mit der Natur“ (1884), hier allerdings mit einer männlichen, nackten
Einzelfigur .
102 Von Hodler ursprünglich inhaltspräzisierdender „Die Befreiung“ genannt. Wann, warum und von
wem die Bezeichnung später geändert wurde, war nicht in Erfahrung zu bringen. Loosli, C.A.:
F. Hodler. Leben, Werk und Nachlass, Bern 1924, Bd. III, S. 119.
103 Hirsch, Sharon, L.: op. cit., S. 54, Anm. 43.
104 Hodler, F.: Über die Kunst, in: Kat.: F.H., Zürich 1983, S. 16.
105 Auch die Empfehlung Max Liebermanns (1847 Berlin 1935) spielte sicherlich eine gewichtige
Rolle.
153
106 Das Modell hierfür war sein Sohn Hektor aus der Verbindung mit Augustine Dupin.
107 Kat.: Ferdinand Hodler, Nationalgalerie Berlin/Kunsthaus Zürich, 1983, S. 447 ff.
108 Müller, W.: Die Kunst Ferdinand Hodlers, Reife und Spätwerk 1895–1918, Zürich 1941, Bd. 2.
109 Hodler, F.: Über die Kunst, in: Kat.: F.H., Zürich 1983, S. 16.
110 Lehmann liess sich zu diesen „Tell-Landschaften“ in Kohle (1887/89) und in Öl (1890/92) von
den sog. „Odyssee-Landschaften“ des thüringer Malers Fr. Preller (1804 Eisenach – Weimar 1878)
anregen, die dieser in zwei zeitlich weit auseinanderliegenden Teilen (1832/34 u. 1854/56) ebenfalls in Kohle, später aber auch in Fresko ausführte.
111 Siehe Bruckmanns Lexikon der München Malerei, München 1982, Bd. 3.
112 Diese Auftragsfolge mit jahrelangen ausgedehnten Studien zu Grossprojekten der Technik an
Ort und Stelle, haben bei der Gesamtbetrachtung seines Œuvres ein beachtliches Gewicht. Es ist
deswegen nicht korrekt, in ihm nur den Landschaftsmaler zu sehen.
113 Zumeist sind Kinder mit porträthafter Eindeutigkeit wiedergegeben.
114 Lehmann hat diesem Bild sicherlich einen symbolisierenden Sinn mitgegeben. Die Motive der
Vanitas und der Trauer sind hier zu offensichtlich, als dass sie übersehen werden könnten. Die
Nelken wurden in der Malerei Jahrhunderte lang immer wieder als Symbol der Nägel Christi
verwendet und ihr Violett ist die traditionelle Farbe der Trauer, auch die hängenden Köpfe der
Blumen, sowie die herabgefallene Blüte und das mit Schwarz durchsetzte Dunkelblau des Vasenkörpers lässt diese Bedeutung als naheliegend erscheinen.
115 Richtigerweise wird der Name am Schluss mit „y“ geschrieben, doch um sich als Künstler vom
Arzt abzusetzen signierte er oft seine Bilder „Berri“ mit „i“ am Schluss. Wir möchten diese
Schreibweise beibehalten, auch um ihn von seinem Sohn P. R. Berry zu unterscheiden.
116 In seinem Inneren sollten sogar einheimische Tiere gezeigt werden.
117 Finanzielle Schwierigkeiten und der unerwartete Tod Segantinis 1899 Hessen das Projekt jedoch
unausgeführt. Die drei mächtigen Bilder „Werden, Sein, Vergehen“ im Segantini-Museum in
St. Moritz geben noch Zeugnis von den Absichten des Malers, für den die Darstellung der Berge
und des in der Höhe erlebten Lichtes ein beinahe religiöser Akt der Naturverehrung bedeutete.
118 Der grösste Teil seines Œuvres befindet sich heute noch in Familienbesitz.
119 Hinweis von Herrn K. Hofmann, Kunstmuseum Chur, wofür wir uns herzlich bedanken möchten.
120 Zu diesem Bild existieren noch vier Versionen von gleicher Grösse, wobei das unsrige das vollendetste und einzig signierte ist. Laut mündlicher Information von Frau Dr. Berry gibt es noch eine
ganz grosse Version von diesem Motiv, die Berri für ein Churer Hotel geschaffen haben soll. Uns
gelang es leider nicht diese ausfindig zu machen.
121 So etwa einige der entscheidenden Personen, die später den Kern der Künstlergruppe der „Nabis“
bildeten, denen 1892 auch Vallotton beitrag: Paul Sérusier (1863 Paris – Morlaix 1927), der
eigentliche Initiator und Namengeber der Nabis: Denis Maurice (1870 Granville – St. Germainen-Laye 1943), der theoretische Kopf dieser Gruppe: Pierre Bonnard (1867 Fontenay-aux-Roses –
Le Cannet 1947) und Eduard Vuillard (1868 Cuiseaux – La Baulle 1940), dem Vallotton bald
bleibend freundschaftlich verbunden sein sollte.
122 Heute im Kunsthaus Zürich. Das Bildnis zeigt ihn als kühl und präzise registrierenden Porträtisten und der Stellenwert, den dieses Werk für Vallotton als Beginn einer neuen Lebensphase
markiert, ist schon daraus ersichtlich, dass das von ihm geführte Verzeichnis seiner Werke, das
„Livre de Raison“, mit ihm beginnt.
123 Zit. aus: Scheidegger, E.: F. Vallotton, Zürich 1982, S. 95.
124 Zu nennen sind hier besonders: der Artikel des bibliographischen Verlegers und Kunstliebhabers
Octave Uzanne vom Feb. 1882: „Die Renaissance des Holzschnitts – ein neuer Holzschneider:
Félix Vallotton“, in: L’Art et l’Idée, sowie die erste Monographie über ihn von Meier-Graefe,
Julius: Félix Vallatton, Berlin/Paris 1898.
125Die Künstlergruppe „Nabis“ (hebräisch: Propheten) wurde 1888/89 in Paris gegründet und
bestand bis um 1900. von Gaugin, Cézannes und dem japanischen Holzschnitt ausgehend, trat
sie für eine „archaisierende und ornamental-dekorative Vereinfachung des Naturvorbildes ein.
Undifferenzierte, meist blasse Farbflächen wurden mit kräftigen, weich geschwungenen Linien
umrandet (zit. nach: Lex. der Kunst, Bd. III, S. 479).
126 Zit. nach: Lex. der Kunst, Westberlin 1981, Bd. III, S. 479.
127 Zit. nach: Koella, R.: op. cit., S. 80 f.
154
128 Zit. nach: Scheidegger, E.: op. cit., S. 107.
129 Livre de raison, in: Hahnloser-Bühler, H.: Félix Vallotton et ses amis, Paris 1936, S. 295, Nr. 764.
„Buste jeune femme assise de trois quarts, tête de face, le bras droit appuyé sur le dossier de la
chaise, corsage rose, écharpe vert d’eau. Fond gris à raies“.
130„Femme brune assise de face, appuyée sur sa main droite, en chemise, jupe bleue, fond jaune,
divan chaudron, une guitare pend acec étoffes de couleur“. Hahnloser-Bühler, Hedy: Zürich 1936,
S. 305.
131 Das Bild war ehemals vom Louvre, Paris, bei Amiet angekauft, doch später gegen ein Landschaftsbild umgetauscht worden.
132 Amiet malte im selben Jahr ein Porträt von ihm. Abgeb. in: Mandach, C.v.: Cuno Amiet. Bern
1925, Tf. 72.
133 Zit. nach: Mauner, George: Cuno Amiet, Zürich 1984, S. 59.
134 Die „Winterlandschaft“ zeigt den Garten Amiets in Oschwand, vom Atelier aus.
135 Zit. aus: Amiet, Cuno: Über Kunst und Künstler, Bern 1948, S. 87.
136 Zit. nach: Stiftung Oskar Reinhart Winterthur, Zürich 1984, S. 132.
137 Zit. nach: a.a.O., Anm. 1, S. 132.
138 Abb. u. Beschreibung siehe: Galerie Dr. Schenk, Kat.: Das Porträt als Bildnis und als Landschaft,
Zürich 1988, Kat.Nr. 47.
139 Giovanni Giacometti, Maler, Radierer, Holzschneider und Lithograph, ist der Vater von Alberto,
Diego und Bruno Giacometti.
140 Der Schweizer Architekt, Maler, Designer, Illustrator, Plakatkünstler, Glas- und Mosaikmaler
Eugène Grasset wohnte seit 1871 in Paris; 1891 wurde er französischer Staatsbürger.
141 Es gibt zwar auch Aussagen, dass Augusto Giacometti es gewesen sei, der bereits ab 1898 die
ersten „abstrakten“ Werke der Malerei geschaffen hätte, doch handelt es sich unseres Erachtens
bei diesen frühen Farbkompositionen weit mehr um farblehrhafte Versuche, die notwendigerweise ungegenständlich waren.
142 Wir verzichten bewusst auf den von anderen Autoren verwendeten Begriff „Tachismus“ für diese
Art des Gestaltens mit Farbflecken durch Aug. Giacometti, nicht weil der Begriff erst 1950 von
M. Seuphor – nach anderen 1954 von Guéguen – eingeführt wurde, sondern weil es sich bei ihm
um eine Sammelbezeichnung handelt für verschiedene Varianten der „art informel“ (nach 1945),
bei denen dem mehr oder weniger unbewussten Spiel mit den gestalterischen Mittel (u.a. Farbe)
eine entscheidende Rolle zukommt (etwa: „psychischer Automatismus“; Wols, Pollock, etc.).
143 Giacometti, Augusto: Die Farbe und ich, Vortrag in Zürich 1934. Zit. nach Abdruck in Kat.:
Augusto Giacometti, Neuss 1987, S. 56.
144 a.a.O., Anm. 5, S. 56 f.
145 a.a.O., Anm. 5, S. 67 f.
146 Die Mehrzahlbezeichnung des Bildes mit „Mannequins“ in: Hartmann, Hans: Augusto Giacometti, Chur 1981, S. 160/61 und 241, Ausstellung Luzern 1987, dürfte auf ein Missverständnis
beruhen. Tatsächlich ist das Bild, dem tatsächlichen Inhalt entsprechend, rückseitig mit
„Mannequin“, also Einzahl, bezeichnet.
147 Zit. nach: Kunstmuseum Chur, Kat.: A. Giacometti, Chur 1981, S. 67.
148 Segantini Museum St. Moritz, Kat.: Der italienische Divisionismus der Galerie Grubiey, St. Moritz
1989, S. 19.
149 Segantini Museum St. Moritz, Kat.: Der italienische Divisionismus der Galerie Grubicy, St. Moritz
1989, S. 17.
150 Heute in: Museo Caccia, Lugano, Eigentum des Bundes, SK I, S. 26; Abgeb. in: Köhler, Elisabeth
Ester: Giovanni Giacometti 1868–1933, Leben und Werk, Zürich 1968, Abb. 36. Freundlicher
Hinweis von Herrn H.-J. Diggelmann, Zürich.
151 „Section d’Or – Goldener Schnitt“ ist eine Gruppe von Anhängern des Kubismus (ausser Braque
und Picasso), die sich 1911 zusammengefunden hat und in deren Theorien das geometrisch-konstruktive Element eine besondere Rolle spielte.
152 Diese aus dem „analytischen Kubismus“ hervorgegangene und wohl auch vom „Futurismus“
beeinflusste, kurzlebige Kunstrichtung, ging aus von der 1839 publizierten Lehre Eugène
Chevreuls über den Simultankontrast der Farben, und von Theorien der Nabis. R. Delaunay
entwickelte hieraus eine Bildauffassung, die in der scheinbaren rhythmischen Bewegung, wie
155
sie durch kreisförmige Anordnung kontrastierender Farben erzeugt wird, eine Nachahmung einer
„inneren Rhythmik der Natur“ und den eigentlichen, einzigen Gegenstand der Malerei erblickte.
So kam er mit den „Fenstern“ (1912) und „Simultanscheiben“ (1913) zu abstrakten Bildern, die
der begeisterte Interpret des „Kubismus“ und „Orphismus“, der polnisch-französische Dichter
Kostrowiecki, gen. Guillaume Apollinaire, als „reine Malerei“, als Gebilde, die neu waren und
nicht der visuellen Wirklichkeit entlehnt und ganz durch den Künstler selbst geschaffen, feierte.
153 Siehe: Schaller, M.-L.: Otto Morach, Zürich 1983, S. 30, Abb. 70–72.
154 Stiftung Oskar Reinhart, Winterthur, Kat.: Schweizer Maler und Bildhauer seit Hodler, Zürich
1984, Bd. III, Kat.Nr. 39: Beim Nähen. Dort auch weitere Hinweise.
155 Siehe: Bovy, Adrien: Maurice Barraud, Lausanne 1940; sowie: Carco, Fr.: Barraud, un peintre
chez lui, Zürich 1943: Nu au font rouge /1940.
156Hinzuweisen wäre insbesondere auf einige während des 1. Weltkrieges in Zürich weilende
Emigranden, so u.a. mit einigen Dada-Künstlern, siehe: Sigerist: S. 10.
157 Ausbildung Eduards: Münchner Kunstgewerbeschule und Akademie (1913 – 1916). Ausbildung
Ernst: Zürcher Kunstgewerbeschule (1920), Weimar/Kunsthochschule (1921), Münchner
Akademie (1922/23).
158 Zur Beziehung zu den Eltern und insbesondere zu den Brüdern, siehe: Sigerist: Zürich 1970.
159 Berlin 1920, Florenz/Palermo 1921 bzw. 1922.
160 Vielleicht verstärkt weitergetrieben durch seine Aufträge zu den grossen Wandgemälden (Viktorie
Haus/Zürich 1933; Kunstgewerbemuseum/Zürich 1934).
161 Seit dem Tode seiner Frau (1961) hat Max Gubler bis zu seinem Lebensende (1973) kein Bild
mehr gemalt.
162 Seine Frau Maria heiratete er 1927.
163 Abb. und Text in: Kunstmuseum Solothurn, Kat: Max Gubler-Stiftung, Solothurn 1982, Nr. 29,
Inv.Nr. C 81.109.
164 Eine ganz ähnlich strukturierte, vom gleichen Standpunkt aus gemalte Winterlandschaft siehe:
Eichenberger, Max (Hgr): Max Gubler, Zürich 1948.
165 Neuburg, Hans: Alois Carigiet. Mit autobiografischen Aufzeichnungen des Malers, Zürich 1977.
166 Diese undogmatische Haltung kommt in folgenden Worten Carigiets klar zum Ausdruck: „Ungegenständlich oder gegenständlich, konkret, surre al oder wie sonst immer: Ich akzeptiere jede
Ausdrucksform, wenn sie ehrlich ist und einem unabdingbaren Bedürfnis entspricht“; Neuburg,
Hans: Zürich 1977, S. 96.
167 Neuburg, Hans: Zürich 1977, S. 32 f.
168 Sie waren Bewegungen des Protestes gegen Akademismus und impressionistischem Naturalismus, mit dem entsprechenden gesellschaftspolitischen Hintergründen.
169 Vergl. Kat.: Sammlung Stoll, Zürich 1961, Nr. 295.
170 Ein lockerer Zusammenschluss oppositionell gesinnter Architekten, bildenden Künstler, Schriftstellern, Filmemacher und Musiker, die sich unter dem Einfluss der Novemberrevolution 1918
zusammenfanden, um „massgebenden Einfluss auf die Entscheidungen aller künstlerischen
Fragen (in der Gesellschaft) zu erlangen“. Zu ihren Mitgliedern gehörten, um nur die bekanntesten
zu nennen: Maler wie Max Pechstein, von dem der entscheidenden Impuls ausging, L. Feininger,
W. Kandinsky, Bildhauer wie H. Arp, E. Mataré, Architekten wie W. Gropius, L. Mies van der
Rohe und Komponisten wie H. Eisler.
171 Schmid, H.E.(Hrg): Walter Jonas, Maler, Denker, Urbanist, Zürich 1980, S. 20.
172 Siehe die Selbstbildnisse und Porträts abgeb. in: Schmid, Heiner: Walter Jonas, Zürich 1980, S. 3,
15, 25, 30, 53, 83–87, 100, 157, 163.
Literatur
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Genetti, M.: François Barraud, Genf 1935
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Staatsgalerie Stuttgart, Kat.: Deutsche Landschaftszeichnungen und Aquarelle des 19. Jhs. in der
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Amiet, Cuno: Über Kunst und Künstler, Bern 1948
Akad. der Schönen Künste, Kat.: Leo von Klenze als Maler und Zeichner, München 1977
Gewerbemuseum Aarau, Kat.: Caspar Wolf (1735–1798 sie!), der Maler der Alpen, Aarau 1948
Bündner Kunstmuseum Chur, Kat.: Die Alpen in der Schweizer Malerei, Chur 1977
Giacometti, Augusto: Da Firenza a Zurigo, Poschiavo 1948
Nationalgalerie Berlin, Kat.: Gemälde, Berlin 1977
Fischer, Marcel: Rudolf Koller, Zürich 1951
Neuburg, Hans: Alois Carigiet. Mit autobiografischen Aufzeichnungen des Malers. Zürich 1977
Musée des Beaux-Arts, Kat.: La salle de Willy Russ, Neuchâtel 1952
Bündner Kunstmuseum Chur, Kat.: Die Alpen in der Schweizer Malerei, Chur 1977
Musée de l’Athénée, Kat.: Gedächtnisausstellung François Barraud, Genf 1954
Bierhaus-Rödiger, E.: Carl Rottmann, München 1978
Frontinus: The Stratagens and The Aqueducts of Rom, London 1961
Galeria Carlo Virgilio, Kat.: Le vedute italiane di J. J. Frey, Roma 1978
Gal. Rathausgasse, Kat.: Caspar Wolf (1735–1783), der Maler der Alpen, Lenzburg 1961
Kunstmuseum Luzern, Kat.: Robert Zünd und seine Zeit, Luzern 1978
S.I.K, Kat.: Sammlung Arthur Stoll, Zürich 1961
Boetticher, Fr. von: Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Hofheim/T. 1979
Berner Kunstmuseum, Kat.: Albert Anker. Katalog der Gemälde und Ölstudien, Bern 1962
Canova/Wyder, Renée/Bernard: Maurice Barraud, Lutry 1979
Diverse Autoren, Festschrift: Gottardo Segantini, Zürich 1962
Kunsthaus Zürich, Kat.: Cuno Amiet und die Maler der Brücke, Zürich 1979
Gantner, J.: Kunstgeschichte der Schweiz, Frauenfeld 1962
Raeber, Willi: Caspar Wolf. 1735–1783. Sein Leben und sein Werk, Aarau 1979
Reinle, Adolf: Kunstgeschichte der Schweiz, Frauenfeld 1962
Galeria Carlo Virgilio, Kat.: Vedute Mediterranee di J. J. Frey, Disegni ed Acquarelli, Roma 1980
Schwarzenbach, James: Der Regimentsarzt, Zürich 1965
Hugger, Paul: Der Jura. Aquarelle und Stiche des 18. u. 19. Jhs., Neuchâtel 1980
Schreiber-Favre, A.: La lithograph. artist. en Suisse au XIXe siècle, Alexandre Calame. Le paysage,
Neuchâtel 1966
Bruckmanns, Lexikon: Münchner Maler im 19. Jh., München 1981
158
Schmid, Heinrich E.: Walter Jonas Maler Denker Urbanist, Zürich 1980
159
Centre Georges Pompidou, Kat.: Les Realismes, Paris 1981
Kunstmuseum Solothurn, Kat.: Otto Morach zum 100. Geburtstag, Solothurn 1987
Hartmann, Hans: Augusto Giacometti, Chur 1981
Gal. Dr. Schenk, Kat.: Das Porträt – als Bildnis und als Landschaft. Zum Individuellen in der künstlerischen Darstellung, Zürich 1988
Herdt, A. de: Introduktion a l’histoire de dessin genevois, de Liotard à Hodler, Extrait de Genava, n.s.,
Tome XXIX, o.O. 1981
Kunstmuseum Olten, Kat.: Cuno Amiet, eine Leidenschaft. Slg. E. Gerber, Bern, Stäfa 1988
Hirsch, Sharon L.: Ferdinand Hodler, München 1981
Kunstmuseum Solothurn, Kat.: Otto Morach. La boîte à joujoux, Solothurn 1988
Kunstmuseum Düsseldorf, Kat.: Gemälde, Düsseldorf 1981
Lüthy, Hans A.: Albert Anker, Aquarelle und Zeichnungen, Zürich 1989
Touring CLVB Italiano: Guida d’Italia: Roma e Dintorni Milano 1981
Museum zu Allerheiligen Schaffhausen, Kat.: Gemälde und Skulpturen, Schaffhausen 1989
Weber, B.: Die Alpen in der Malerei, Rosenheim 1981
Reymondin, Michel: Catalogue raisonné de Fr. Bocion, Wormer/NL 1989
Zeiger, Franz: Schweizer Maler des 18. und 19. Jhs., Zürich 1981
Segantini Museum St. Moritz, Kat.: Der italienische Divisionismus der Galerie Grubicy, St. Moritz 1989
Berner Kunstmuseum, Kat.: Verzeichnis der Gemälde und Aquarelle, Bern 1982
Bündner Kunstmuseum Chur, Kat.: Das Engadin Ferdinand Hodlers und anderer Künstler des
19. u. 20 Jhs., Chur/St. Moritz 1990
Brun, C.: Schweizer Künstler-Lexikon, Nendeln 1982
Flüeler, Niklaus: Malerische Reise durch die Schöne alte Schweiz, Zürich 1982
Kunstmuseum Solothurn, Kat.: Cuno Amiet. Bretonisches Skizzenbuch 1892/93, Pont-Aven 1982
Kunstmuseum Solothurn, Kat.: Max Gubler Stiftung, Solothurn 1982
Marxer, Peter: Reinhold Kündig. Maler der Zürcher Landschaft, Zürich 1982
Schaller, Marie-Louise: Annäherung an die Natur. Schweizer Kleinmeister in Bern 1750–1800, Bern
1990
Strauhof Zürich, Kat.: Helvetien in Deutschland, Schweizer Kunst aus Residenzen deutscher Klassik
1770–1830, Zürich 1990/91
Scheidegger, E.: Félix Vallotton, Zürich 1982
Aargauer Kunsthaus, Kat.: In Nebel aufgelöste Wasser des Stromes. Hommage a Caspar Wolf, Aarau
1991
Schindler, H.: Nazarener, romantischer Geist u. christl. Kunst im 19. Jh., Regensburg 1982
Kunstsalon Wolfsberg, Monogr.: Reinhold Kündig, Zürich 1991
Bündner Kunstmuseum Chur, Kat.: Giovanni Giacometti im Bündner Kunstmuseum Chur, Chur 1983
Huggler, Max: Schweizer Malerei im 19. Jh., Basel o.J.
Häsler, Alfred A.: Aussenseiter, Innenseiter: Porträts aus der Schweiz, Frauenfeld 1983
Koella, Rudolf: Neue Sachlichkeit und Surrealismus in der Schweiz 1915–1940, Winterthur o.J.
Kunsthaus Zürich, Kat.: Ferdinand Hodler, Zürich 1983
Noack, F.: Note su J. J. Frey, archivo dell’Instituto Germanico in Roma, o.O. o.J.
Kunstmuseum Bern, Kat.: Die Gemälde, Bern 1983 Schaller, Marie-Louise: Otto Morach (1887–
1973). Mit einem kritischen Katalog der Staffeleibilder, Zürich 1983
Schnegg, S.A.: Les milles et une vues de la Suisse, Paris o.J.
Leeuw, R. de: Herinneringen aan Italië, Zwolle 1984
Wechsler, S.: Ernst Fries, Heidelberg o.J.
Stanley, Mason: Ein Horgener Maler: Reinhold Kündig, o.O. o.J.
Mauner, George: Cuno Amiet, Zürich 1984
Musée des Beaux Arts, Kat.: Maximilien de Meuron et les peintres de la Suisse romantique, Neuchâtel
1984
Wohlgemuth/Zelger, Matthias/Franz: Schweizer Maler und Bildhauer seit F. Hodler, Zürich 1984
Davatz, Jürg: Severin Benz in Elm und Linthal, Näfels 1985
Davatz, Jürg: Severin Benz, ein Schweizer Kunstmaler in München, Näfels 1985
Kulturkomm. d. Verkehrsverein Oberengadin, Kat.: Das Oberengadin in der Malerei. 18. Jahrhundert
bis zur Gegenwart, St. Moritz 1985
Kunstmuseum Luzern, Kat.: Ich male für fromme Gemüter, Luzern 1985
Staatsgalerie Stuttgart, Kat.: Deutsche Landschaftszeichnungen des 18. Jhs. aus der Graphischen Slg.,
Stuttgart 1985
Wheelock Whitney & Comp., Kat.: J. J. Frey, a Swiss Painter in Italy, New York 1985
Haus der Kunst München, Kat.: Delaunay und Deutschland, München 1985/86
Gal. Dr. Schenk, Kat.: Landschaft und Staffage, ihre Beziehung im Wandel der Zeit, Zürich 1986
Kunstmuseum Solothurn, Kat.: Der späte Amiet, Werke 1950–1960, Solothurn 1986
Clemes-Sels-Museum, Kat.: Augusto Giacometti, Neuss 1987
Dewiel, Lydia: Lombardei und Oberitalienische Seen, Köln 1987
Kunstmuseum Luzern, Kat.: Augusto Giacometti, Aquarelle, Pastelle, Entwürfe, Luzern 1987
160
161
Personenregister
Aberli, J. L.: S. 10, 16
Achenbach, A.: S. 32
Adda, Isabella d’: S. 18
Aliamet, J.: S. 10
Amiet, Cuno: S. 80, Kat.Nr. 44, 45, 46, 47,
48, 102, 146
Anker, Albert: Kat.Nr. 26, 27, S. 58
Aubert, B.: S. 48
Balthus: S. 134
Barraud, Aimé: Kat.Nr. 64, 65
Barraud, Aurèle: S. 134
Barraud, Charles: S. 134
Barraud, Fr.: S. 126
Barraud, François: S. 134
Barraud, Maurice: Kat.Nr. 60, S. 138
Benz, Severin: Kat.Nr. 28, 29, 30
Bernheim-Jeune: S. 88
Berri, Peter Robert (II): Kat.Nr. 38,
39, 40, 41, S. 144
Berry, P. R. (II, III): S. 116
Berry, P. R. (I): S. 144
Berry, Peter Robert (III): Kat.Nr. 69,70,71
Biedermann, J. J.: S. 10
Biermann, Peter: Kat.Nr. 8, 9, 10, S. 30
Biermann, S.: S. 16
Biermann, W.: S. 16
Bocion, François L. David: Kat.Nr. 24
Bodmer, P.: S. 124
Bonnard, P.: S. 92
Bonnet, Fr.: S. 48
Borrer, Joseph Anton: Kat.Nr. 21
Borromeo: S. 16
Borromeo, C.: S. 18
Borromeo, Vitalino: S. 20
Boulanger, G.: S. 88
Böcklin, A.: S. 50, 58, 78
Braque, G.: S. 138
Brascassat, R.: S. 50
Brauner, V.: S. 138
Bressler, E.: S. 126
Broglio, M.: S. 134
Brügger, A.: S. 122
Buchet, G.: S. 126
Buchser, F.: S. 58, 92
Bugatti, L.: S. 116
Burckardt, D.: S. 36
Burckhardt-de Bary, J. R.: S. 16
162
Calame, Alexandre: S. 22, 24, 26, 30,
Kat.Nr. 16, S. 44, 48, 68
Calvin: S. 70
Carigiet, Alois: Kat.Nr. 63, S. 144
Carriera, R.: S. 8
Cassanova, F.-G.: S. 12
Cassirer, P.: S. 128
Cézanne, P.: S. 75, 94,128, 134, 138
Chardin, J.B.: S. 53
Charonsol, G.: S. 115
Cogniet, L.: S. 40
Constant, Benj.: S. 80
Constantin, Abr.: S. 24
Constantin-Hierzler, L.-Th.: S. 24
Coray, Gal.: S. 128
Cornelius, P. von: S. 42
Corot, C.: S. 48, 68
Courbet, G.: S. 53, S. 124
De la Rive, Pierre-Louis: Kat.Nr. 6, 7,
S. 24, 30
Defregger, Fr. von: S. 53
Delaunay, R.: S. 122, 138
Denis, M.: S. 88
Derain, A.: S. 134
Deschwanden, M. P. von: S. 42
Diday, François: S. 22,
Kat.Nr. 12, 13, S. 32, 44, 68, 70
Dix, O.: S. 134
Ducros, P.: S. 16
Dunker, Antoine Balthasar: Kat.Nr. 5
Dürer, A.: S. 42
Dürrenmatt, F.: S. 138
Erni, H.: S. 138
Fautrier, J.: S. 134
Freudenberger, S.: S. 10
Freundlich, O.: S. 138
Frey, Johann Jakob: Kat.Nr. 17, 18, 19
Frey, S.: S. 34
Friedrich, C. D.: S. 4
Ganzoni, Clara: S. 106
Gauguin, P.: S. 75, 92, 96,102
Gerards, Fr.: S. 24
Giacometti, Alberto: S. 102, 134
Giacometti, Augusto: S. 80,
Kat.Nr. 52, 53, 54, S. 132
Giacometti, Bruno: S. 102
Giacornetti, Diego: S. 102
Giacornetti, Giovanni: S. 80, 92, 94,
Kat.Nr. 49, 50, 51, S. 108, 116, 120, 146
Giacornetti, Ottilia: S. 102, 104, 106
Gillard, E.: S. 126
Girardet, Ch. S.: S. 40
Girardet, E.: S. 40
Girardet, Karl: Kat.Nr. 20
Gisi, M.: S. 42
Gleyre, Ch.: S. 48, 52, 64
Godet-Darel, V.: S. 75, 76
Goethe, J. W.: S. 8
Gogh, V. van: S. 92, 96, 102
Grasset, E.: S. 108
Gros, A. J.: S. 24
Grosclaude, L.A.: S. 48
Grosz, G.: S. 134
Grubicy, V.: S. 116
Gubler, Eduard: S. 128
Gubler, Ernst: S. 128, 138, 146
Gubler, H. E.: S. 128
Gubler, Max: Kat.Nr. 61, 62
Hackert, Ph.: S. 10
Hadrian, (röm. Kaiser): S. 22
Hagenbach, L. von: S. 3
Haller, A. von: S. 10
Hallé, Noël: S. 10
Hartrnann, H.: S. 115
Häsler, A.A.: S. 142
Hess, H.: S. 34
Heyrnann, M.: S. 124
Hélion, J.: S. 134
Hodler, Ferdinand: Kat.Nr. 33, 34,
35, 36, S. 80, 86, 94, 132, 144, 148
Hofer, C.: S. 134
Honisch, D.: S. 75
Huber, Hedwig: S. 124
Huber, Herrnann: S. 124
Ingres, J.A.D.: S. 24, 68, 90
Isler, A.: S. 124
Isler, U.: S. 46
Itten, J.: S. 122
Jedlicka, G.: S. 130, 131
Jonas, Walter: Kat.Nr. 66, 67, 68
Kandinsky, W.: S. 92
Kauffmann, Angelica: Kat.Nr. 4
Kauffrnann, J. J.: S. 8
Keller, G.: S. 44
Kernrnier, M. R.: S. 138
Kienast, P.: S. 125
Klee, P.: S. 92, 138
Knaus, L.: S. 53
Koller, Rudolf: S. 44, Kat.Nr. 25, S. 58
Kündig, Reinhold: Kat.Nr. 59
Laurens, J. P.: S. 80
Lehrnann, Wilhelrn Ludwig: Kat.Nr. 37
Lenz, J. J. A. von: S. 2
Levèfre, J.: S. 88
Ligorio, P.: S. 22
Lorrain, Cl.: S. 12, 16, 22, 36, 46, 48
Lory Fils: S. 52
Lory, Gabr. d. Ä.: S. 22
Louis-Philippe, König v. Frankreich: S. 40
Loutherbourg, Ph. d. J.: S. 2
Ludwig I. von Bayern: S. 34
Luttringhausen, J. H.: S. 30
Marquet, A.: S. 138
Martin, E.: S. 126
Marval, U. de: S. 64
Marxer, P.: S. 125
Matisse, H.: S. 75, 126, 138
Mauner, Georges: S. 92
Meier-Graefe, J.: S. 98
Melzer, M.: S. 138
Mengs, R.: S. 8
Menn, B.: S. 48, 68,126
Meuron, A. de: S. 64
Meuron, Maxirnilien de: Kat.Nr. 11, S. 28
Meuron-Pasquier, de: S. 23
Modigliani, A.: S. 124
Morach, Otto: Kat.Nr. 58
Moritz, W.: S. 52
Munch, E.: S. 92
Muralt, U. de: S. 64
Müller, W.: S. 75
Nahl, J.A.d.J.: S. 16
Nolde, E.: S. 92
Obrist, R.: S. 50
Orlik, E.: S. 116
Overbeck, Fr.: S. 42
Perugiono, P.: S. 42
Picasso, P.: S. 75, 126, 138
Pignolat, P.: S. 126
Piloty, K. von: S. 58
Pourtalès-Pury, Edouard de: Kat.Nr. 14
Poussin, N.: S. 12,46
Pury, Alph.L. de: S. 64
Pury, Edrnond Jean de: Kat.Nr. 31, 32
Pury, R. de: S. 64
163
Raeber, W.: S. 2, 3, 4, 7
Raphael: S. 42
Reinhart, Th.: S. 44, 46
Reymondin, M.: S. 48, 49
Rieter, H.: S. 10
Ritter, W.: S. 64, 66
Rival, M. André: S. 24
Robert, Aurèle: S. 28
Robert, Leop.: S. 28
Robineau, Aug.: S. 24
Rodrigues-Henriques, G.: S. 88
Rodrigues-Henriques, M.: S. 90
Rousseau, H.: S. 88
Rousseau, J. J.: S. 10
Roy, P.: S. 134
Ruisdals: S. 46
Saint-Exupéry, A. de: S. 138
Saint-Ours, J. P.: S.12
Schad, Chr.: S. 134
Schaller, M.-L.: S. 123
Schirmer, J.W.: S. 32
Schlichter, R.: S. 134
Schmid, H. E.: S. 141
Scholz, G.: S. 134
Schwegler, J.: S. 44
Schweizer, J.: S. 50
Segantini, Giovanni: S. 80, 82, 84, 102, 104,
116, 144
Segantini, Gottardo: Kat.Nr. 55, 56, 57
Segesser, Pl. von: S. 44
Serat, G.: S. 116
Sperber, M.: S. 138
Stampa, Annette: S. 102
Stoffel, C.: S. 58
164
Stöcklin, N.: S. 134
Streiff, L.: S. 78
Taeuber-Arp, S.: S. 122
Töpffer, A.W.: S. 24
Trog, H.: S. 96
Ulrich, J. J.: S. 50
Ursenbach, M.: S. 88
Vallotton, Félix Edouard: Kat.Nr. 42, 43,
S. 134
Vallotton, G.: S. 91
Vautier, B.: S. 53
Vibert, J.: S. 126
Vien, J. M.: S.10
Visconti, G.: S. 16
Vogel, D.: S. 42
Vogel, G. L.: S. 42
Volpato, G.: S. 16
Wagner, A.: S. 2, 4, 6
Wagnière, M.A.M.: S. 64
Wilhelm I. von Württemberg: S. 34
Wilhelm IV. von Preussen: S. 34
Wille, J. G.: S. 10
Winckelmann, J. J.: S. 8
Winterle, Anton: Kat.Nr. 15
Wocher, Marqu.:S.30
Wolf, Caspar: Kat.Nr. 1, 2, 3, S. 30
Z’Binden-Kesselbach, J.: S. 108
Zelger, J.: S. 44
Zucci, A.: S.8
Zünd, Robert: Kat.Nr. 22, 23, S. 58

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