2.4 Regelmäßig auftretende Fragen zum Thema „Private Insolvenz“

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2.4 Regelmäßig auftretende Fragen zum Thema „Private Insolvenz“
PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL
2.4
Regelmäßig auftretende Fragen zum Thema „Private Insolvenz“
(gekürzter Beitrag, der direkt an die Ratsuchenden gerichtet ist, abgedruckt mit freundlicher
Genehmigung von http://www.insolvenz-ratgeber.de)
1. Wer kann ein Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen?
Das Verfahren greift nur, wenn Sie zahlungsunfähig sind oder die Zahlungsunfähigkeit droht, das
heißt, wenn Ihre Einkünfte nicht mehr ausreichen, alle monatlichen Rechnungen zu begleichen. Das
Verbraucherinsolvenzverfahren steht allen in Deutschland wohnenden Personen offen, die keine
selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Kleingewerbetreibende oder ehemals unternehmerisch Tätige mit bis zu 19 Gläubigern können diesen Weg auch beschreiten – für alle anderen gilt das
Regelinsolvenzverfahren.
2. Brauche ich professionelle Hilfe?
Ja. Die zu beachtenden gesetzlichen Regelungen und die Aufgaben sind in der Regel zu vielfältig, um
von Laien ordnungsgemäß durchgeführt zu werden. Verfahrensfehler können zum Scheitern Ihres
Verbraucherinsolvenzverfahrens führen.
3. Ohne Geld – ohne Wohnung?
Nein. Ohne Geld zu sein, bedeutet nicht, dass Sie keine Rechte haben. Aber Ihre besondere Aufmerksamkeit muss jetzt auf der Existenzsicherung liegen.
4. Mein Gläubiger hat das Insolvenzverfahren für mich beantragt – darf er das?
Auch ein Gläubiger kann das Insolvenzverfahren beantragen, da er Interesse hat, seine Forderungen
bezahlt zu bekommen. Dann erhalten Sie vom Gericht die Aufforderung einen eigenen Antrag zu stellen. Dieser ist wichtig, um eine mögliche Restschuldbefreiung nicht zu gefährden. Danach müssen Sie
versuchen, sich außergerichtlich zu einigen. Falls diese Einigung scheitert, müssen Sie innerhalb 3
Monaten eine Bescheinigung über deren Scheitern vorlegen. Jetzt gehen Sie den regulären Weg des
Verbraucherinsolvenzverfahrens.
5. Wer stellt die Bescheinigung über das Scheitern der Einigung aus?
„Geeignete Personen" oder „geeignete Stellen" sind die Schuldnerberatungsstellen, Rechtsanwälte,
Steuerberater und Notare, die Regelungen sind vom Bundesland abhängig. TIPP: Fallen Sie nicht auf
so genannte Finanzdienstleister herein. Die nennen sich zum Teil auch Schuldnerberater oder Schuldenregulierer. Doch Schuldnerberater, die Geld von Ihnen wollen, und Umschuldungsunternehmen
sind keine Alternative.
6. Wie bekomme ich einen genauen Überblick über meine Schulden?
Sammeln Sie alle Rechnungen, Mahnungen und diesbezüglichen Schreiben in einem Ordner. Ordnen
Sie die Schreiben den Gläubigern zu. Sind Sie sich über Gläubigeradressen und Höhe der Forderungen nicht sicher, können Sie sich auch an Gläubiger, Gerichtsvollzieher und die Schufa wenden, um
eine vollständige Liste zu erhalten.
7. Soll ich einen besonders hartnäckigen Gläubiger ausbezahlen? In dem Moment, in dem Sie
Ihren Insolvenzantrag gestellt haben, genießen Sie und Ihr Vermögen einen besonderen Schutz. Dies
soll dazu dienen, alle Gläubiger möglichst gerecht zu befriedigen. Bezahlen Sie nun einen Gläubiger
dennoch aus, weil dieser Ihnen sehr zusetzt, muss der Treuhänder wenn er davon erfährt, dieses
Geld im Interesse der anderen Gläubiger zurückfordern (die Zahlung wird angefochten).
8. Wie gehe ich mit Inkassobüros um?
Ihre Gläubiger können für die Eintreibung ihrer Forderungen ein Inkassobüro beauftragen und die
Kosten auf Sie abwälzen. Doch unter folgenden Bedingungen bleiben die Inkassokosten auf der Seite
des Gläubigers:
• Sie haben dem Gläubiger vor dem Inkasso mitgeteilt, dass Zahlungsschwierigkeiten auftreten
• Sie haben die Forderung als unsachgemäß erklärt, oder
• die Zahlungsunfähigkeit war für den Gläubiger ersichtlich
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Außerdem muss der Gläubiger die Kosten zur Beitreibung seiner Forderungen möglichst gering halten. Sie müssen sich nicht alles gefallen lassen!
Inkassobüros dürfen Sie auf keinen Fall in unfairer Weise unter Druck setzen, z.B. durch nächtliche
Telefonanrufe oder aufdringliche Außendienstmitarbeiter. In solchen Fällen können Sie sich beim
Amtsgericht oder dem Geschäftssitz des Inkassounternehmens beschweren, oder Anzeige bei der
Polizei erstatten. Sollte Ihr Gläubiger seine Forderungen an ein Inkassounternehmen verkaufen, haben Sie mit dem ursprünglichen Gläubiger nichts mehr zu tun! Sie müssen also auf zusätzliche Forderungen von dessen Seite nicht reagieren.
9. Wie bezahle ich das Verfahren?
• Gerichtskosten: Die Gerichtskosten belaufen sich auf mindestens 300 bis 400 €, abhängig vom
Wert des pfändbaren Vermögens und Einkommens.
•
Treuhänderkosten: Die Treuhänderkosten sind von der Zahl der Gläubiger abhängig. Die Mindestvergütung (bei 5 Gläubigern) beträgt ca. 800 € einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer.
Bei 20 Gläubigern beträgt die Vergütung des Treuhänders ca. 1.350 €. Für seine Arbeit während
der gesamten Wohlverhaltensphase erhält der Treuhänder 5 % der pfändbaren Beträge, mindestens 600 € plus Steuer. Dieser Betrag erhöht sich um 50 € je 5 weitere Gläubiger. Bei 20 Gläubigern sind dies 1.450 €. Bei 5 Gläubigern entstehen Ihnen im Verbraucherinsolvenzverfahren mit
Restschuldbefreiung bei 5 zu befriedigenden Gläubigern Kosten von mindestens 1.500 €. Bei 20
Gläubigern erhöht sich diese Summe auf mindestens 3.000 €.
Mittellosen Schuldnern sollen nach dem Willen des Gesetzgebers die Kosten gestundet werden, um
allen Zugang zum Verfahren zu ermöglichen. Stundung bedeutet, dass Sie die Schulden in Raten
bezahlen können.
Die Verfahrenskosten, d.h. Gerichtskosten, Treuhänderkosten und ggfs. Rechtsanwaltskosten können
bis zu 48 Monate nach Beendigung der Wohlverhaltensperiode gestundet werden. Fallen während
des Verfahrens pfändbare Beträge an, so werden zuerst die gestundeten Verfahrenskosten beglichen.
Sind sie verheiratet und hat ihr Ehepartner ausreichend Einkommen, prüft das Gericht, ob Ihr Partner
für die Verfahrenskosten aufkommen muss. Die Verfahrenskosten können bis zu vier Jahren nach
Abschluss des Verbraucherinsolvenzverfahrens gestundet werden. In dieser Zeit ist der Schuldner
verpflichtet, möglichst viele der Kosten zu begleichen; den gestundeten Rest trägt die Staatskasse.
Ausschluss oder Aufhebung der Stundung erfolgt aus denselben Gründen wie die Versagung der
Restschuldbefreiung.
10. Was mache ich, wenn ich kein Geld für die Beratung habe?
Die Schuldenberatung der freien Wohlfahrtsverbände und Städte ist in der Regel kostenlos. Allerdings
müssen Sie dort mit Wartezeiten bis zu 2 Jahren rechnen. Sind Sie nicht in der Lage, die erforderlichen Mittel für einen Rechtsanwalt und das Verbraucherinsolvenzverfahren aufzubringen, haben Sie
das Recht Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz in Anspruch zu nehmen. Informationen
hierzu erhalten Sie vom Bundesministerium der Justiz in der kostenlosen Broschüre „Guter Rat ist
nicht teuer".
Ein Beratungsschein, der vom Amtsgericht ausgestellt wird, ermöglicht Ihnen Beratung durch den
Anwalt Ihres Vertrauens für 10 € Eigenanteil.
11. Wie gehe ich mit einem Mahnbescheid um?
Sollten Sie einen Mahnbescheid erhalten, haben Sie zwei Wochen Zeit, Widerspruch oder Teilwiderspruch einzulegen. Dies kann z.B. aufgrund zu hoher Verzugszinsen oder unberechtigter Inkassokosten der Fall sein. Sie müssen Ihren Einspruch zwar nicht begründen, sollten das aber besser tun. Das
ausgefüllte Widerspruchsformular (liegt dem Mahnbescheid bei) senden Sie unterschrieben an das
Amtsgericht zurück. Sollten Unklarheiten auftreten, wenden Sie sich an eine Schuldnerberatungsstelle
oder einen Rechtsanwalt. Ist der Mahnbescheid rechtmäßig, ist ein Widerspruch sinnlos. Sie halsen
sich dadurch nur zusätzliche Kosten auf!
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12. Wie verhalte ich mich dem Gerichtsvollzieher gegenüber?
Sollte bei Ihnen der Gerichtsvollzieher erscheinen, der Ihr Eigentum pfänden will, müssen Sie diesen
grundsätzlich nicht in Ihre Wohnung lassen. Allerdings sollten Sie beachten, dass bei Verweigerung
oder mehrfachem Nichtantreffen trotz Ankündigung des Besuchs ein Durchsuchungsbefehl beantragt
werden kann.
13. Muss ich während der Insolvenz ohne Bankkonto leben?
Ohne eigenes Konto sind Sie nur ein „halber" Mensch. Auch den Banken ist dies bewusst und deshalb
haben sie sich dazu verpflichtet, Konten auf Guthabenbasis, auch Jedermannkonto genannt, zu führen. So gehen Sie vor: Beantragen Sie ein Konto auf Guthabenbasis, bei dem kein Dispo, d.h. keine
Kontoüberziehung erlaubt ist. Schreiben Sie auf den Kontoeröffnungsantrag mit der Hand „Bitte keine
Überziehung oder Dispo einräumen". Die Kopie des Antrags ist Ihr Beleg dafür, dass Sie sich ordnungsgemäß verhalten haben.
14. Stehe ich nach der Pfändung ohne Hausrat da?
Das müssen Sie nicht befürchten. Persönliche Gebrauchsgegenstände oder Hausrat sind nicht pfändbar. So ist ein Fernsehgerät (pro Haushalt) nicht pfändbar, sollte Ihr Fernsehgerät allerdings sehr
wertvoll sein kann der Gerichtsvollzieher eine Austauschpfändung anordnen. Dann wird z.B. Ihr Plasma-TV im Wert von 5.000 € gepfändet und Sie erhalten ein Standard-Röhren-TV-Gerät. Auch ein
Radiogerät ist grundsätzlich unpfändbar, es sei denn, dem Schuldner steht außerdem ein Fernsehgerät zur Verfügung. Videokamera oder Hifi-Anlage müssen aber dran glauben. Einen Kühlschrank halten die meisten Gerichte für unpfändbar. Eine Kühltruhe ist pfändbar, wenn ein Kühlschrank vorhanden ist. Überhaupt sind Haushaltsgegenstände nur pfändbar, wenn es sich um Luxus-Gegenstände
handelt. Alles, was für eine bescheidene Lebensführung notwendig ist, darf der Schuldner behalten.
Gegenstände, die Sie beruflich benötigen, sind nicht pfändbar; das gilt sowohl für das Auto, als auch
für den Computer, wenn man diesen für seinen Broterwerb benötigt. Kann der Schuldner ebenso gut
mit Bus oder Bahn zur Arbeit fahren, darf der Gerichtsvollzieher pfänden. Austauschpfändungen kann
der Gerichtsvollzieher auch beim Auto vornehmen, das bedeutet, dass er LuxusGebrauchsgegenstände durch durchschnittliche Gebrauchsgüter ersetzen kann (VW statt Porsche).
15. Wie viel Lohn darf gepfändet werden?
Diese Teile Ihres Lohns/Gehalts sind unpfändbar: die Hälfte der Bruttoüberstundenvergütung und des
Weihnachtsgeldes (bis 500 €), zusätzliches Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Spesen und sonstige Aufsowie Gefahren-, Schmutz-, Erschwerniszulagen und Treueprämien. Un-pfändbar sind auch Erziehungsgeld, Mutterschaftsgeld, Leistungen der Pflegeversicherung, Grundren-te, Kinder- und Wohngeld, Studienbeihilfen, Sterbe- und Gnadenbezüge, Blindenzulagen. Ab einem monatlichen Nettoeinkommen von 990 € darf gepfändet werden. Bei Schuldnern, die für eine Person unterhaltspflichtig
sind, erhöht sich der Betrag auf 1.360 €, bei zwei Personen 1.570 €, vier Personen 1.980 €, bei fünf
und mehr Personen gilt der Höchstsatz von 2.190 €.
TIPP: Lassen Sie sich die unpfändbaren Sonderzulagen bar oder per Barscheck auszahlen und zahlen Sie diese direkt zur Existenzsicherung (Miete, Energiekosten, Lebensmittel, etc.) auf ihr Guthabenkonto ein.
Nicht gepfändet werden dürfen Einzahlungen für die Riester-Rente, betriebliche Leistungen für die
Altersvorsorge und Beiträge für vermögenswirksame Leistungen (VL-Sparen). Pfändungsgeschützt ist
auch für Schuldner zwischen 18-65 Jahren ein altersabhängiger Vorsorgebetrag in eine private Rentenversicherung.
TIPP: Auch wenn Ihr Konto gepfändet wurde, muss die Bank Ihnen den gesamten Betrag empfangener Sozialleistungen auszahlen, allerdings nur innerhalb einer 7-Tage-Frist. Verwenden Sie diese
Mittel unbedingt für Miete, Strom, Lebensmittel und Nebenkosten.
16. Welche Pflichten habe ich in der Wohlverhaltensperiode?
Während dieser sechs Jahre müssen Sie folgende Pflichten (sog. Obliegenheiten) erfüllen und dadurch beweisen, dass Sie ernsthaft an der Befriedigung der Gläubigerforderungen mitwirken:
• Angemessene oder zumutbare Erwerbstätigkeit oder ernsthafte Arbeitssuche.
Als zumutbar gilt Arbeit nach den Anforderungen für Arbeitslosengeld oder ALG II. Die Pflicht zur Erwerbstätigkeit entfällt bei: Personen über 65 Jahren, Erwerbsunfähigen, Erziehenden, und für die
Dauer einer beruflichen Umschulung.
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• Herausgabe von Vermögen.
Erbschaften und Schenkungen anstelle einer Erbschaft müssen Sie zur Hälfte abführen. Geschenke
und Lottogewinne dürfen Sie für sich behalten. Steuererstattungsbeträge müssen Sie auch nicht an
Ihre Gläubiger weiterreichen, es sei denn das Finanzamt ist einer Ihrer Gläubiger.
• Wohnsitz- und Arbeitsplatzwechsel mitteilen.
Sie müssen den Treuhänder und das Gericht sofort informieren, wenn Sie umziehen oder wenn Sie
eine neue Arbeitsstelle antreten.
• Auskunft erteilen.
Auf Verlangen müssen Sie dem Treuhänder oder dem Gericht Auskunft über Ihre Arbeitsstelle oder
Arbeitssuche, Ihre Einkünfte und Ihr Vermögen erteilen. Ihren Gläubigern gegenüber sind Sie jedoch
nicht auskunftspflichtig.
• Treuhänderkosten erstatten.
Der Treuhänder erhält aus den Pfandbeträgen, die an ihn abgeführt werden, seine Vergütung. Diese
Kosten können Ihnen auf Antrag gestundet werden. Erfüllen Sie diese Obliegenheiten, so wird Ihnen
vom Gericht die Restschuldbefreiung erteilt. Verletzen Sie während der Wohlverhaltensperiode bewusst eine Ihrer Pflichten, so dass die Gläubiger weniger Geld erhalten, kann das Gericht die Restschuldbefreiung innerhalb eines Jahres widerrufen.
TIPP: Rechnen Sie damit, dass Ihnen nicht wohlgesonnene Gläubiger Ihre Handlungen in der
Wohlverhaltensperiode genau beobachten.
17. Was geschieht, wenn ich keine Zahlungen an die Gläubiger leisten kann?
Können Sie während der Wohlverhaltensperiode keine Zahlungen leisten, wird Ihnen dennoch am
Ende der Wohlverhaltensperiode die Restschuldbefreiung erteilt, wenn Sie Ihre Schuldnerpflichten
erfüllt haben.
18. Was ist ein Motivationsrabatt?
Ab dem 5. Jahr der Wohlverhaltensperiode erhält der Schuldner 10 % der vom Treuhänder durch
Abtretung erlangten Gelder zusätzlich zu dem pfändungsfreien Betrag – den so genannten Motivationsrabatt; nach Ablauf des 5. Jahres (also ab dem 6. Jahr der Wohlverhaltensperiode) erhöht sich
dieser Bonus auf 15 %. Das heißt Sie haben ab jetzt mehr Geld zur freien Verfügung. Wurden Ihnen
die Verfahrenskosten gestundet, so wird vom Gericht geprüft, ob der Motivationsrabatt zunächst zu
Begleichung der Gerichts- und Treuhänderkosten einbehalten wird.
19. Versagungsgründe – was ist das?
Die Gläubiger können Versagungsgründe geltend machen, so dass dem Schuldner die Restschuld
nicht erlassen wird. Versagungsgründe können sein:
Der Schuldner ist wegen Konkursbetrug oder Gläubigerbegünstigung rechtskräftig verurteilt;
er/ sie hat in den letzten drei Jahren vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben gemacht um
Sozialleistungen zu erhalten, Steuern zu vermeiden oder einen Kredit zu bekommen.
Er/sie hat falsche Angaben über seine/ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder Auskunfts- und
Mitwirkungspflichten verletzt.
Ihm/ihr ist in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Verbraucherinsolvenz bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt oder versagt worden.
20. Welche Schulden betrifft die Schuldenbefreiung?
Nach erfolgreichem Verfahren sind Ihnen alle aufgelisteten Forderungen erlassen.
Die Schuldenbefreiung gilt nicht für neue Schulden, Buß-, Ordnungs- und Zwangsgelder. Forderungen
z.B. wegen Schadenersatz oder Schmerzensgeld, Kreditbetrug oder Unterhaltspflichtverletzung bleiben auch bestehen.
TIPP: Steuerschulden können, auch bei Steuerhinterziehung, in das Verbraucherinsolvenzverfahren
einbezogen werden.
21. Familienmitglieder haben für mich gebürgt – können sie auch von der Restschuldbefreiung
profitieren?
Durch das Verfahren kann ausschließlich die Person vom Verbraucherinsolvenzverfahren profitieren,
die es beantragt hat. Dies bedeutet, dass wiewohl Sie die Restschuldbefreiung erlangt haben, der
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Gläubiger von Ihren Bürgen und Mitschuldnern den vollen Betrag verlangen kann. Familienmitglieder,
die als Bürgen oder Mitschuldner eingetreten sind, müssen ein eigenes Verfahren durchlaufen.
TIPP: Hat Ihr Ehepartner für Sie gebürgt, so wird er/sie nicht automatisch in das Verfahren mit einbezogen. Denken Sie daran, dass er/sie einen eigenen Antrag stellt. Sonst könnte es sein, dass zwar
Sie von Ihren Schulden befreit werden, ihr Partner aber vor einem Schuldenberg steht.
22. Mahn- und Vollstreckungsbescheid erst nach Einspruchsfrist gefunden. Was nun?
Nachdem Sie sich zu dem Zeitpunkt der Zustellung im Urlaub befunden haben, haben Sie die Einspruchsfrist unverschuldet versäumt. Daher beginnt zu dem Zeitpunkt, in dem Sie den Bescheid in
Ihren Händen halten, eine neue zwei Wochen Frist zu laufen, innerhalb derer Sie sich an das Amtsgericht bzw. die Kammer des Amtsgerichts wenden, bei dem/der das streitige Verfahren behandelt wurde und mitteilen, weshalb Sie die Einspruchsfrist unverschuldet versäumt haben. Sie müssen die sog.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen (vgl. §§ 233 ff. BGB). Dieser Antrag wird deshalb
so bezeichnet, weil Sie bei erfolgreichem Antrag wieder in den vorherigen Stand zurückversetzt werden, d.h. als ob Sie die Einspruchsfrist noch nicht versäumt hätten. Es ist sinnvoll, gleichzeitig mit
diesem Antrag auch den Einspruch einzulegen, denn teilt das Gericht Ihre Auffassung, dass die Fristversäumnis nicht verschuldet war, dann kann der Einspruch gleich mit behandelt werden und Sie sparen sich ein weiteres Gerichtsschreiben.
23. Was ist eine Eidesstattliche Versicherung?
Führen Vollstreckungsversuche nicht zum Erfolg oder scheinen aussichtslos, können Gläubiger den
Gerichtsvollzieher beauftragen die eidesstattliche Versicherung (EV, früher „Offenbarungseid“ genannt) einzuholen. Die Abnahme der EV kann auch unmittelbar an eine erfolglose Pfändung erfolgen.
Es kann auch ein separater Termin festgesetzt werden.
Ziel ist es, dem Gläubiger Ihre Vermögens- und Einkommenssituation offen zu legen und die Adressen der sog. Drittschuldner (z.B. Arbeitgeber, Bankverbindungen, Versicherungen) zugänglich zu machen.
Die Angaben erfolgen schriftlich im sogenannten Vermögensverzeichnis. Es beinhaltet Angaben zu
Vermögensgegenständen wie Immobilien, wertvollem Schmuck, Lohnzahlungen, Kontoverbindungen,
Nennung der Arbeitsstelle, Nebenerwerbseinnahmen, Bausparguthaben sowie Lebensversicherungen
und Wertpapierdepots. Sie sind im Rahmen einer Eidesstattlichen Versicherung zu wahrheitsgemäßen und vollständigen Angaben verpflichtet. Vorsätzliche und fahrlässige Falschangaben sind strafbar. Lassen Sie sich nach Abgabe der EV eine Kopie des Pfändungsprotokolls geben.
Verweigern Sie die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, oder „versäumen“ Sie den anberaumten Termin, kann gegen Sie ein Haftbefehl erlassen werden. Die Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung wird in ein Schuldnerverzeichnis beim Amtsgericht eingetragen und erscheint auch bei Datenabfragen der Schufa. Die Eintragung wird nach drei Jahren automatisch gelöscht. Wenn Sie Ihre
Schulden bereits vorher bezahlt haben, können Sie eine vorzeitige Löschung beantragen.
TIPP: Wer nach Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung neue Kreditverpflichtungen eingeht (z.B.
Ratenkäufe), läuft Gefahr des Betrugs angeklagt zu werden.
Sind Sie sich hinsichtlich der Abgabe der EV unsicher, fragen Sie vor dem Termin bei Ihrer Schuldnerberatungsstelle, Ihrem Anwalt, dem Rechtspfleger beim Amtsgericht oder dem Gerichtsvollzieher
nach.
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