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IM_4_2015_Analystenempfehlungen_2015_XXXk_g 15.11.2015 19:55 Seite 90 Technik, die begeistert T H E O R I E & P R A X I S : A N A LY S T E N E M P F E H L U N G E N O Analystenempfehlungen. Eine Studie fördert beträchtliche Unterschiede von technischen und fundamentalen Kauf- und Verkaufsempfehlungen zu Aktien und anderen Assetklassen zutage. 90 Schlüsselbegriffe explizit ausgesprochen wurden. Vor allem bei den fundamentalen Einschätzungen erwies sich dies als zeitaufwendig, während die technischen Analysten klarere Aussagen trafen. Das im Übrigen erstmalig durchgeführte Experiment, Fernseh- beziehungsweise Internetprogramme im Hinblick auf die Treffsicherheit von Analystenprognosen auszuwerten, führte schließlich dazu, dass 1.000 duale, das heißt von Charttechnikern und Mehrwert?“ zeigt im oberen Teil die performancemäßige Entwicklung der fünf Körbe (Strong-Sell-, Sell-, Hold-, Buy- und Strong-Buy-Empfehlungen), jeweils kumuliert über die nächsten 250 Handelstage, der Techniker unter den Analysten, im unteren Teil jene der Fundamentalanalysten. Dabei zeigt sich eine Rendite innerhalb der nächsten zwölf Monate ab Empfehlung durch die technische Analysten für Strong Buys von 8,97 Prozent, Buys brachten es auf 1,56 » Aktienempfehlungen technischer Analysten liefern auch risikoadjustiert signifikantes Alpha. « Doron Avramov, Professor of Finance an der Hebrew University of Jerusalem, Israel fundamental orientierten Analysten abgegebene, Empfehlungen zu 262 Aktien (Panel A) und 620 duale Empfehlungen zu anderen Assets respektive Assetklassen (Panel B) extrahiert werden konnten. In einem ersten Schritt wurden die kumulierten abnormalen Renditen, beginnend mit der Ausstrahlung der jeweiligen Sendung, für jede der fünf Bewertungsklassen ermittelt und sodann vier Spread-Portfolios (Panel C) gebildet, die Long-Positionen in den Kaufempfehlungen mit Short-Positionen in den Verkaufsempfehlungen, jeweils getrennt nach den beiden Analystengruppen, kombinierten. Im Besonderen untersuchten die Wissenschaftler „Buy minus Sell“-Portfolios und „Strong Buy minus Sell“-Portfolios. Mehrwert liefernde Techniker Technische Analysten scheinen Stockpicking-Fähigkeiten zu besitzen, während bei den Fundamentalanalysten keine messbaren Prognosefähigkeiten festgestellt werden konnten. Die Grafik „Mehrwert oder kein Prozent, Holds auf minus 0,10 Prozent, Sells auf minus 0,59 Prozent, und Strong Sells kamen auf minus 8,13 Prozent. Die Ergebnisse in den Rand-Buckets, also bei Strong Buys und Strong Sells, sind dabei sowohl über sechs, neun als auch zwölf Monate ab dem Empfehlungstag mit einer Konfidenz von zumindest 98 Prozent signifikant und belegen damit die Selektionsqualitäten der Techniker sehr deutlich. Anders sieht es bei den Fundamentalanalystenempfehlungen aus. So erzielten SellEmpfehlungen mit einem Plus (!) von 8,28 Prozent das beste Ergebnis aller Buckets, gefolgt von Hold mit 1,38 Prozent, Strong Buy mit minus 1,33 Prozent, Buy mit minus 2,45 Prozent und Strong Sell mit einem Minus von 6,41 Prozent. Verkaufsempfehlungen schnitten also kurioserweise deutlich besser ab als die beiden Kaufkategorien. Wendet man diese Darstellungsweise auf die vier Spread-Portfolios an (siehe gleichlautende Grafik), dann zeigt sich, dass ein auf fundamentalen Empfehlungen basiertes „Buy minus Sell“ über den gesamten einjährigen Zeitraum ab Empfehlung keine poNo. 4/2015 | www.institutional-money.com F OTO : © M I K O L A J 6 4 | D R E A M S T I M E . C O M , H E B R E W U N I V E R S I T Y O F J E R U S A L E M b fundamentale oder technische Analysen von Wertpapiermärkten überhaupt irgendeinen Sinn haben, wird seit vielen Jahren diskutiert, und die Frage ist bislang nicht endgültig beantwortet. Glaubt man aber an die grundsätzliche Analysierbarkeit, stellt sich die Frage, ob eine fundamentale oder eine technische Herangehensweise aussichtsreicher ist, und auch diese Frage wird seit Langem kontroversiell diskutiert. Eine aktuelle Untersuchung von drei israelischen Kapitalmarktforschern – Doron Avramov und Haim Levy von der Hebrew University of Jerusalem sowie Guy Kaplanski von der Bar-Ilan-Universität – beschäftigte sich mit diesem Problem, und die Ergebnisse sind ebenso überraschend wie interessant. Die Wissenschaftler untersuchten die von technischen und fundamental orientierten Analysten in der CNBC-Börsensendung „Talking Numbers“ abgegebenen Empfehlungen vom 8.11. 21011 bis zum 31.12.2014 auf deren Erfolgsgehalt. Kann eine Strategie, die auf den Kauf- und Verkaufsempfehlungen der technischen oder Fundamentalanalysten aufsetzt, nachhaltige Überrenditen generieren, oder handelt es sich hier nur um Rauschen? Macht es einen Unterschied, ob Empfehlungen zu Einzeltiteln oder ganzen Assetklassen und Indizes ausgesprochen werden? Und spielt vielleicht der Anlagehorizont bei den Empfehlungen ebenfalls eine Rolle? Diese Hypothesen wurden getestet, indem sich die Forscher die einzelnen Sendungen, die mittlerweile von Yahoo Finance und CNBC gemeinsam ausgestrahlt werden, mehrmals ansahen und die darin ausgesprochenen Empfehlungen auf einer Skala von 1 bis 5 (Strong Sell – Sell – Hold – Buy – Strong Buy) getrennt für Chartisten und Markttechniker auf der einen und Fundamenalanalytiker auf der anderen Seite sammelten. Ein computergestütztes Auswerten war dem Trio leider nicht möglich, da nicht in jeder Empfehlung bestimmte IM_4_2015_Analystenempfehlungen_2015_XXXk_g 15.11.2015 19:55 Seite 91 T H E O R I E & P R A X I S : A N A LY S T E N E M P F E H L U N G E N C Kapitalmarktanalysten, die auf Basis von charttechnischen Methoden Einzeltitelempfehlungen geben, scheinen ihren Kollegen, die ihre Einschätzungen mithilfe fundamentaler Daten treffen, überlegen zu sein. sitiven Werte generiert und zudem nicht signifikant von null verschieden ist und damit keinen Wert besitzt. Ein fundamentales „Strong Buy minus Strong Sell“ ist zwar positiv und scheint auch mit fortschreitender Zeit zuzunehmen, das Ergebnis ist aber ebenfalls nicht statistisch signifikant von null verschieden. Im Gegensatz dazu ist der Wert der beiden aufgrund von charttechnischen Empfehlungen gebildeten Spread-Portfolios positiv und scheint auch mit längerem Zeithorizont zu wachsen. Über die gesamte Unter- suchungsperiode zeigte etwa das „Buy minus Sell“-Portfolio 42 Prozent Wertzuwachs, was einem jährlichen Alpha nach dem Capital Asset Pricing Model (CAPM) von 14,8 Prozent entspricht. Dieses Resultat geht mit einem t-Wert von 2,35 einher und ist damit statistisch hoch signifkant. Die Nullhypothese, dass dieses Portfolio keinenA von null verschiedenen Ertrag bringt, kann also getrost verworfen werden. Noch besser sieht es allerdings bei „Strong Buy minus Strong Sell“ aus. Hier ist über den Untersuchungszeitraum ein Zuwachs von 130 Pro- Mehrwert oder kein Mehrwert? zent zu beobachten, was einem JensenAlpha von 45,3 Prozent pro Jahr mit einer Signifikanz von jenseits der 99 Prozent (t-Wert hier: 3,58) entspricht. Selbst wenn man die Kosten des An- und Verkaufs berücksichtigt, bleibt noch genug übrig. So müssten etwa bei „Buy and Sell“ pro Transaktion 0,62 Prozent Kosten anfallen, bei „Strong Buy minus Strong Sell“ sogar 2,91 Prozent pro Trade. Die Autoren schränken aber ein, dass der Untersuchungszeitraum ein relativ kurzer ist und es daher vermessen wäre, diese Alphas einfach Empfehlungen der Charttechniker liefern ab, fundamental orientierte Analysten nicht. 10 % CAR (%) CAR = kumulierte abnormale Rendite bei technischen Empfehlungen 8% Strong buy: 8,97 10 % CAR (%) CAR = kumulierte abnormale Rendite bei fundamentalen Empfehlungen 8% Sell: 8,28 6% 6% 4% 4% Buy: 1,56 2% Hold: 1,38 2% 0% 0% Hold: –0,10 -2 % Sell: –0,59 -4 % -6 % Strong sell: –8,13 -8 % -10 % Anzahl der Handelstage ab TV-Empfehlung -12 % 20 0 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 Strong buy: –1,33 -2 % -4 % Buy: –2,45 -6 % -8 % -10 % Anzahl der Handelstage ab TV-Empfehlung Strong sell: –6,41 -12 % 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 12 Monate nach Empfehlung der technischen Analysten (obere Grafik) zeigen deren „Strong Buys“ eine Rendite von 8,97 Prozent, „Buys“ brachten es auf 1,56 Prozent, „Holds“ auf minus 0,10 Prozent, „Sells“ auf minus 0,59 Prozent, „Strong Sells“ kamen auf minus 8,13 Prozent. Die Ergebnisse bei Strong Buys und Strong Sells sind dabei sowohl über sechs, neun als auch zwölf Monate ab dem Empfehlungstag mit einer Konfidenz von zumindest 98 Prozent signifikant von null verschieden. Bei dem Abschneiden der Empfehlungen der fundamental orientierten Analysten (untere Grafik) findet sich nichts dergleichen, sondern die Gruppe der „Sell“-Empfehlungen zeigt die beste Performance mit einem Plus von 8,28 Prozent. Quelle: Studie 91 No. 4/2015 | www.institutional-money.com C P IM_4_2015_Analystenempfehlungen_2015_XXXk_g 15.11.2015 19:55 Seite 92 T H E O R I E & P R A X I S : A N A LY S T E N E M P F E H L U N G E N Erklärungsansatz wiederum besagt, dass die Size, Kurs-Buchwert, Momentum und Voin die Zukunft zu extrapolieren. NichtsdesFähigkeit zur effizienten Verarbeitung öflatilität. Konträr dazu können die technitotrotz sei die Aussage zulässig, dass Empfentlicher Information oder zur Extraktion schen Analysten robuste Vorhersagen befehlungen der Techniker gewinnbringende privater Information aus Kursen und Voluzüglich aller Stile und Branchen mit AusPrognosen sowohl bei Auf- als auch Abmina charakteristisch für Einzelaktien ist. nahme der Bergbauindustrie liefern. Dabei wärtstrends darzustellen scheinen. So hat etwa Alexander Elder in seinem hat das Versagen technischer Analysten bei Weiterführende Analysen legen den 2014 erschienen Bestseller über Handeln Minentiteln mit dem Unvermögen beider Schluss nahe, dass Techniker in zwei Richgemäß der technischen Analyse an den Analystengruppen zu tun, in der Sendung tungen outperformen. Zum einen zeigen Märkten unter dem Titel „The New Trading „Talking Numbers“ Commodity-Preise ihre Empfehlungen eine höhere Trefferquofor Living“ festgehalten, dass Charts alle richtig vorherzusagen. te betreffend den künftigen Auf- oder AbTrades sämtlicher Marktteilnehmer und Tatsächlich schaffen es beide Denkschuschwung eines Titels, zum anderen produdamit auch der Insider umfassen. Damit len nicht, Returns aller großen Assetklassen zieren ihre Empfehlungen höhere prozentuale Gewinne, wenn sie richtigliegen, und geringere Verluste, so sie danebenliegen. Konsistenterweise bedeutet dies, dass bei allen Zeithorizonten zwischen einem und zwölf Monaten die Strong Buys und Buys der Techniker höhere Renditen generieren als deren Pendants auf der Seite der Fundamentalanalysten. Haim Levy, emeritierter Professor an der Hebrew University of Jerusalem, Israel Ebenso erzeugen die beiden Klassen von Verkaufsempfehlungen der könne die technische Analyse helfen, Inzu prognostizieren. Dabei handelt es sich Techniker stärker negative Renditen als jene siderkäufe und -verkäufe herauszufiltern, um zehnjährige US-Treasuries, Marktindider fundamental orientierten Vergleichsdenn illegales Insider-Geschäft gibt es nur zes und Sektorindizes, Rohstoffe und Wähgruppe. Dabei zeigen sich die guten Ergebbei einzelnen Titeln. Das Forscherteam hat rungen. Der Unterschied in der Empfehnisse der technischen Analyse robust, wenn als erstes einen Kopf-zu-Kopf-Vergleich lungsgüte für Einzelaktien und Assetklassen man sie im Hinblick auf die Fama-Frenchvon Analysten der beiden Lager bewerkstelkönnte darin liegen, so das Autorentrio, dass Risikofaktoren (Market, Size und Value) ligt. Tatsächlich sehen sich ja beide Denkbei breiten Indizes Arbitragekapital auf den und Volatilität, Handelsvolumen und Moschulen derselben öffentlichen Information Plan tritt, das investierbare Muster in den mentum kontrolliert. Die Resultate zeigen gegenüber und geben simultan und voneinIndizes sofort erkennt und diese wegarbisich ebenfalls unbeeindruckt vom Geander unbeeinflusst Empfehlungen über triert. Ein anderer intuitiv verständlicher schlecht des Analysten, vom Impact der ähnliche Anlagehorizonte ab. Ausstrahlung des Programms Die Teilnehmer sind stets hochauf den Aktienkurs (dieser ist karätig, und die Zahl der eingefür sich hoch signifikant) und „Strong Buy minus Strong Sell“, „Buy minus Sell“: Techniker schafft signifikantes Alpha. schätzten Assets ist sehr umvon vernünftig angesetzten fangreich. Die fundamentale Handelskosten. Im GenderbeAnalyse scheint eher als Marreich fällt auf, dass sowohl in 2,4 Portfolio values (USD) ketinginstrument einsetzbar zu der technischen Analyse als 2,2 Pay-Off bei Spread-Portfolien 2 sein, das zwar Aufmerksamkeit auch der fundamentalen jeweils 1,8 erregt und für Medienpräsenz zehn Prozent Frauen tätig sind. Strong buy 1,6 sorgt, nicht aber zur NachahAuch hier zeigt sich die Domiminus sell 1,4 (techn.): 2,3 mung empfohlen werden kann. nanz der Empfehlungen der 1,2 Hingegen zeigt die hohe Signifitechnischen Analyse. 1 kanz der Ergebnisse der auf 0,8 Buy minus sell (techn.): 0,42 technischer Analyse basierenden 0,6 Robuste Resultate Strong buy minus sell (fund.): 0,38 Empfehlungen zu Einzelaktien, 0,4 0,2 dass diese nicht zufällig sind. Den Autoren gelang es eben0$ Nachdenklich stimmt, dass beifalls zu zeigen, dass die offen-0,2 de Analyserichtungen bei Assetsichtliche Unfähigkeit der FunBuy minus sell (fund.): -0,09 -0,4 klassen versagen und keinen damentalanalysten, die künfti0 ’11 2012 2013 2014 2015 Mehrwert liefern. Dadurch gen Renditen von Aktien zu könnten in Asset-Allocationprognostizieren, über alle BranVier Spread-Portfolios, jeweils zwei aus den Empfehlungen der technischen und fundamental orientierten Analysten abgeleitet, zeigen deutlich den Vorsprung Ersterer. Noch daÜberlegungen prognosefreie chen – mit Ausnahme der zu sind deren Alphas hoch signifikant. Untersuchungszeitraum 8.11.2011 bis 31.12.2014. Ansätze Auftrieb erhalten. Dienstleistungen – und über Quelle: Studie alle Anlagestile gilt, also für DR. KURT BECKER » Es fanden sich Hinweise, dass technische Analysten Aktien-Insiderkäufe und -verkäufe aufspüren können. « 92 No. 4/2015 | www.institutional-money.com F OTO : © H E B R E W U N I V. Spread-Portfolios