Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
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Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Erdbeben – Österreich und weltweit Univ.-Doz.Dr. Wolfgang Lenhardt Abteilung Geophysik [email protected] Wodurch kommen Erdbeben zustande? 05.10.2011 Folie 2 Erdbeben entstehen durch Verschiebungen in der Erdkruste. Im Alpenraum ist die Ursache das Zusammenpressen der Erdkruste durch die beiden Platten von Europa und Afrika. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Ursache: Plattentektonik 05.10.2011 Folie 3 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Vorgang 05.10.2011 Folie 4 Epizentrum Epizentralintensität Lokale Intensität Größter Schaden Oberfläche Epizentralentfernung Herdtiefe Herdfläche Hypozentrum Magnitude = Logarithmisches Maß der am Hypozentrum freigesetzten Energie Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Wie tief im Erdinneren finden Erdbeben statt? 05.10.2011 Folie 5 Häufigkeit 0% 8% 16% 0 Tiefe der Hypozentren der Erdbeben in km Die meisten Erdbeben in Österreich finden in einer Tiefe zwischen 4 und 10 km statt. 10 20 Österreich 1900 - 2000 30 N = 694 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Intensität = Auswirkung 05.10.2011 Folie 6 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Intensität = Auswirkung 05.10.2011 Folie 7 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Historische Erdbebenforschung 05.10.2011 Folie 8 Vergangene Erdbeben sind nur durch aufwändige Studien zu interpretieren. Diese Information ist für die richtige Einschätzung der tatsächlichen Erdbebengefahr wichtig. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Was bedeutet Messbarkeit? 05.10.2011 Folie 9 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Seismisches Messnetz 05.10.2011 Folie 10 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Messstation 05.10.2011 Folie 11 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Beispiele von Beobachtungsstationen 05.10.2011 Folie 12 KBA Kölnbreinsperre ABTA Abfalterbach MYKA Terry Mystica OBKA Hochobir Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Strong-Motion Station 05.10.2011 Folie 13 Strong-Motion Sensor FBA-23 Datenaufzeichnung und Weiterleitung zum Erdbebendienst Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Technischer Fortschritt 05.10.2011 Folie 14 Seit Beginn der digitalen Erdbebenerfassung hat sich nicht nur das Datenvolumen erhöht, sondern auch die Einsicht in die tektonischen Verhältnisse in Österreich wesentlich verbessert. Beginn digitaler Datenübertragung Anzahl der erfassten Beben pro Jahr Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Kann ein fernes Erdbeben auch in Österreich registriert werden? 05.10.2011 Folie 15 Ja, es hängt nur von der Magnitude und von der Entfernung vom Erdbeben ab! Je weiter weg, desto weniger Erdbeben können registriert werden. Weltweit kann der Österreichische Erdbebendienst ab Magnitude 5,5 alle Erdbeben aufzeichnen. Der Österreichische Erdbebendienst wertet ca. 4000 seismische Ereignisse pro Jahr aus. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Die stärksten Erdbeben in Österreich 05.10.2011 Folie 16 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Beispiele 05.10.2011 Folie 17 1201 Katschberg 1348 Friaul 1590 Neulengbach 1670 Hall in Tirol 1690 Friaul/Kärnten/Slowenien 1794 Leoben 1927 Schwadorf 1936 Obdach 1938 Ebreichsdorf 1967 Molln 1972 Seebenstein 1976 Friaul Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1201 - Katschberg? 05.10.2011 Folie 18 Freitag, 4. Mai 1201, gegen 5h, I0 = 9? Ursprünglich in Murau vermutet, so dürfte sich dieses Erdbeben südlich des Katschbergs ereignet haben. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1348 - Friaul 05.10.2011 Folie 19 Freitag, 15. Jänner 1348, gegen 17h, I0 = 10? Dieses Beben fand unter dem Namen “Das große Villacher Beben von 1348” Eingang in die Geschichte. Eine umfangreiche Studie aus dem Jahre 1992 konnte aber nach kritischer Bearbeitung zahlreicher Originalberichte aus Klosterannalen, Stadtchroniken, Briefen von Kaufleuten – die entlang der alten Handelsstraßen die Schäden an Ort und Stelle sahen – zeigen, dass das Epizentrum nicht in Villach, sondern in Friaul gelegen haben muss. Schloß Karlstein, St. Maria Kapelle, nahe Prag. Angebliche Darstellung der Schäden anlässlich des Bebens. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1590 - Tullner Feld 05.10.2011 Folie 20 Dienstag, 15. September 1590, gegen Mitternacht, I0 = 9? Der mögliche Schaden würde laut Schätzungen der Versicherungen von 10 Milliarden EURO betragen. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1670 – Hall in Tirol 05.10.2011 Folie 21 Sonntag, 17. Juli 1670, gegen 2h15 , I0 = 8 Menschen flüchten aus den einstürzenden Gebäuden Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1690 – Kärnten/Friaul/Slowenien 05.10.2011 Folie 22 Donnerstag, 4. Dezember 1690, gegen 15h45, I0 = 9? In Gmünd in Kärnten weist ein Monument auf dieses Erdbeben hin. Diese ebenfalls als “Villacher Erdbeben” bekannte Naturkatastrophe ist bis heute weder örtlich noch seine maximale Auswirkung betreffend, eindeutig zuzuordnen. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1794 - Leoben 05.10.2011 Folie 23 Montag, 6. Februar 1794, 13h18, I0 = 7 - 8 Innerhalb der ehemaligen Stadtmauer von Leoben wiesen anlässlich des Erdbebens im Jahre 1794 die Häuser folgende Schäden auf: • 8% leichte Schäden • 78% mittlere Gebäudeschäden • 4% schwere Gebäudeschäden Durch das Erdbeben entstand der sogenannte „Schwammerlturm“. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1927 – Schwadorf/NÖ 05.10.2011 Folie 24 Samstag, 8. Oktober 1927, 20h49, I0 = 8 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1936 – Obdach/Stmk. 05.10.2011 Folie 25 Samstag, 3. Oktober 1936, 16h48, I0 = 7 - 8 Das heftigste Erdbeben, das in dieser Region seit dem entfernten LaibacherErdbeben von 1895 bemerkt wurde. Auch drei Personen sind durch herabstürzende Bauteile verletzt worden. Im Schloss Ehrenfels stürzte der Südtrakt vom Parterre bis zum 2. Stock ein. Am Klippitztörl führten die Erschütterungen zu Steinschlag und Felsabsturz. In Reichenfels – auf der Kärntner Seite des Obdacher Sattels – blieb kein Haus unbeschädigt. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1967 – Molln/OÖ 05.10.2011 Folie 26 Sonntag, 29. Jänner 1967, 1h12 I0 = 6 - 7 Hunderte Häuser in Molln wiesen Mauerrisse und Sprünge auf. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1972 – Seebenstein/NÖ 05.10.2011 Folie 27 Sonntag, 16. April 1972, 11h10, I0 = 7 Seebenstein: Kirche schwere Schäden Wiener Neustadt: Straße stundenlang gesperrt Wien: Über 800 Feuerwehreinsätze, Kaminabstürze, Balustrade der Universität stürzt ab Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1976 - Friaul 05.10.2011 Folie 28 I0 = 9-10 Gleich zwei Erdbeben erschütterten die Provinz Friaul im Jahr 1976, am 6.Mai und am 15. September. Todesopfer:ca. 1000 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1976 - Friaul 05.10.2011 Folie 29 6° 7° Gelb = leichte Gebäudeschäden Violett = stärkere Gebäudeschäden Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Gefühlte Erdbeben seit 1900 05.10.2011 Folie 30 Über 2000 tektonische Erdbeben wurden in Österreich seit 1900 verspürt. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Nutzen: Erdbebengefährdungskarte 05.10.2011 Folie 31 ÖNORM EN 1998-1 Neue Version: Wiederkehrperiode 475 Jahre, siehe auch www.oge.or.at Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Häufigkeiten 05.10.2011 Folie 32 Intensität Zeitspanne Auswirkung I=3 I=4 I=5 I=6 I=7 9 Tage 1 Monat 6 Monate 2-3 Jahre 30 Jahre gefühlt deutlich stark gefühlt leichte Gebäudeschäden größere Gebäudeschäden Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Andere seismische Ereignisse 05.10.2011 Folie 33 Lassing 1. Bergbau 2. Hangbewegungen 3. Felsstürze 4. Brückeneinstürze 5. Sprengungen, ... können erdbebenähnliche Erschütterungen erzeugen. Reichsbrücke 1.August 1976 Registrierung auf der Hohen Warte Eiblschrof‘n Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Felssturz am Einserkogel 05.10.2011 Folie 34 Datum 12.10.2007 Ort: Einserkogel (2698 m) bei Brixen Geogr. Länge: 46,70° Geogr. Breite: 12,32° Ortszeit: 09:39 MESZ Weltzeit: 07:39 UTC Photo: Dr. Jürgen Leikert http://www.stol.it/nachrichten/img_gallery.asp?m=3&GalleryId=1700 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Felssturz am Einserkofel 05.10.2011 Folie 35 Blaue Dreiecke = Erdbebenstationen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Erdbeben in Tuhoku/Japan 2011 05.10.2011 Folie 36 11.März 2011 Japan Mw 9,0, Seismogramm am Conrad Observatorium Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Erdbeben in Tuhoku/Japan - Folgewirkungen 05.10.2011 Folie 37 11.März 2011 Japan Mw 9,0 Hangrutschungen Tsunami Feuer Atomare Strahlenbelastung Fotoquelle: http://de.wikipedia.org/ Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Erdbeben in Tuhoku/Japan 05.10.2011 Folie 38 Fotoquelle: http://de.wikipedia.org/ Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Erdbeben in Tuhoku/Japan 05.10.2011 Folie 39 Fotoquelle: http://de.wikipedia.org/ Der mehr als 9000 km entfernte Österreichische Erdbebendienst ist in der Lage, japanische Erdbeben ab einer Magnitude von 4,5 zu registrieren, abhängig von der vorherrschenden Bodenunruhe. Erst Erdbeben mit Magnituden größer 5,2 werden vollständig erfasst. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Tsunami – Tuhoku/Japan 05.10.2011 Folie 40 11.März 2011 Japan Mw 9,0 7,5 Stunden später in Hawaii Wann ist eine TsunamiWarnung nicht möglich? Welche Probleme gibt es damit? Fotoquelle: http://de.wikipedia.org/ Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Sumatra – 26. Dezember 2004 05.10.2011 Folie 41 P S R Herdzeit: 26.12.2004 00:58:53 UTC Magnitude: 9.0 Über 280.000 Todesopfer, hauptsächlich durch Tsunami Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Tsunami - Sumatra 2004 05.10.2011 Folie 42 Zahlenangaben in Stunden nach der Auslösung des Tsunami Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Tsunami in Japan - Ursache 05.10.2011 Folie 43 Fotoquelle: http://de.wikipedia.org/ Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Geophysikalisches Umfeld 05.10.2011 Folie 44 Wie schnell verändert sich das geophysikalische Umfeld? Magnetik 1mal am Tag von Maximum zu Maximum (Sonnenwind), sonst alle 11 Jahre, 4.5‘/a Gravimetrie 2mal am Tag von Maximum zu Maximum (Gezeiten) Induzierte Beben Sekunden (Gebirgsschlag) – Jahre (Kriechen, Hangbewegungen) Tektonik cm/Jahr (Plattenbewegung), m/Sekunde (Erdbeben ) Wetter 1-10 km/Stunde Wettervorhersage Ausbreitungsmodell Erdbebenvorhersage Ursachenmodell Zukunft: 1. 2. 3. GPS-basierende Vermessungen Interferenzaufnahmen Geomechanische Modelle Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Besonderes Tierverhalten ? 05.10.2011 Folie 45 Aus Murck et al.1997. Dangerous Earth – An Introduction to Geological Hazards. Basierend auf Berichten von 36 weltweiten starken Erdbeben. Anzahl in Klammer. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Besonderes Tierverhalten – nicht wirklich! 05.10.2011 Folie 46 38 26 Conclusio: So enttäuschend es klingend mag, aber anomales Tierverhalten deutet nicht auf ein bevorstehendes Erdbeben hin. 21 15 6 21 12 21 9 16 13 14 Aus Murck et al.1997. Dangerous Earth – An Introduction to Geological Hazards. Basierend auf Berichten von 36 weltweiten starken Erdbeben. Anzahl in Klammer. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Mögliche Vorhersage 05.10.2011 Folie 47 Praktikable Vorhersage da, abhängig von Prozessgeschwindigkeit 1. 2. 3. 4. Erdbeben – Ursache: bis 100e von Jahren, Aufbau von Spannungen in der Erdkruste, probabilistisch, genauer Zeitpunkt nicht möglich, Ort und Magnitude schon Erdbeben – Auswirkungen: Minuten-Stunden nach Beben Wetter/Stürme – Tage vor eintreffen Vulkane – Monate bis Tage vor eintreffen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik CTBTO – Atomteststopp-Kontrolle 05.10.2011 Folie 48 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Internationale Katastrophenhilfe 05.10.2011 Folie 49 Der Erdbebendienst versorgt die • Bundeswarnzentrale • Landeswarnzentralen • AFDRU – ABC-Abwehrschule • und das Rotes Kreuz mit Szenarienabschätzungen im Falle von Katastrophenbeben. Außerdem werden Ausbildungskurse zum Thema „Erdbeben“ gehalten. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik http://geoweb.zamg.ac.at 05.10.2011 Folie 50 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Eine Bitte! 05.10.2011 Folie 51 Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik sammelt alle Berichte über die Auswirkungen von Erdbeben in Österreich. Senden Sie uns bitte Ihren Bericht über unsere Internetseite www.zamg.ac.at/bebenmeldung Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Eine Bitte! 05.10.2011 Folie 52 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Weitere Erdbebeninformation 05.10.2011 Folie 53 Internet www.zamg.ac.at > Erdbeben www.zamg.ac.at/HistSeism www.zamg.ac.at/bebenmeldung Literatur Erdbeben in Österreich Autoren: Hammerl & Lenhardt, erschienen im Leykam Verlag, 1997 Forschungsheft für Kinder und Jugendliche Siehe www.zamg.ac.at Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Stationen der Geophysik 05.10.2011 Folie 54 Erdbebenstand Archäologie Vortragssaal Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 05.10.2011 Folie 55 Danke für Ihre Aufmerksamkeit! www.zamg.ac.at Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik